405/A XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Mag.Dr. Udo Grollitsch, MMag.Dr. Brauneder, Madl, DI

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und Kollegen

betreffend Aussetzen der Rechtschreibreform

Die Proteste gegen die Rechtschreibreform reißen seit der Unterzeichnung der internationalen

Vereinbarung zur Reform der deutschen Rechtschreibung am 1. Juli 1997 nicht ab:

Sprachexperten bezweifeln, daß es sich dabei tatsächlich um eine Reform handelt, Autoren

und namhafte Verlage formulieren eine klare Ablehnung gegen die neue Orthographie.

Abgesehen von der Frage nach der Sinnhaftigkeit der Reform - zumindest in manchen Teilen

- liegt nach Auffassung der unterzeichneten Abgeordneten ein gravierendes Problem darin,

daß eine derartige, alle Bevölkerungs- und Altersgruppen betreffende Rechtschreibreform

eingeführt wird, ohne den Gesetzgeber damit zu befassen. Die Stellungnahme des

BKA Verfassungsdienstes mag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen, da nur von

bestehenden, nicht aber von zu schaffenden Rechtsvorschriften ausgegangen und

offenkundig daher der vom Ergebnis her falsche Schluß gezogen wird: "Der Bereich, in dem

die neue Rechtschreibung tatsächlich verbindlich sein soll, ist also ein sehr begrenzter!"

Diese verengte Sicht scheint je nach Rechtsvorschrift eine Teilung in Schul-, Gesetzes-,

Behörden-, Umgangs-, Rundfunk- und wohl auch EU-Deutsch für möglich zu halten.

Weiters löst die Einführung der neuen Rechtschreibung eine ungeahnte Kostenlawine aus:

Ersten Schätzungen zufolge rechnen die österreichischen Verlage mit Mehrkosten in der

Höhe von 100 Millionen Schilling. Den größten Anteil an den Kosten macht die Umstellung

der ca. 3500 Schulbücher aus, so daß man in diesem Bereich von Kosten in der Höhe von 80

Millionen Schilling auf vier Jahre verteilt für die Adaptierung der Unterrichtsmittel ausgeht.

Gerade in Zeiten rigoroser Sparmaßnahmen ist es unverantwortlich, das Budget, insbesondere

den FLAF, mit zusätzlichen Kosten zu belasten, wohingegen die fondseigenen Leistungen

gekürzt werden müssen.

Angesichts der bereits angelaufenen Rechtschreibreform überraschte eine in den Medien

wiedergegebene Absicht von Unterrichtsministerin Gehrer, die auf die Frage nach der

Reaktion Österreichs für den Fall, daß in Deutschland tatsächlich die Rechtschreibreform

aufgeschoben oder aufgegeben werde, meinte: "Österreich werde nicht wie ein Musterschüler

die Reform im Alleingang einführen" und sie, Gehrer, selbst "habe ohnehin nie ein Hehl

daraus gemacht, daß diese Reform nicht ihr Wunschkind war" (Kurier 2O.2. 1 997). Von Wien

als Vorort der "Wiener Gespräche" sowie der "Wiener Absichtserklärung" könnte daher eine

Initiative zum Innehalten in der Rechtschreibreform ausgehen, um das sogenannte

"Regelwerk" zu überdenken.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, die

Vertragspartner der "Wiener Absichtserklärung" unverzüglich zu einer Besprechung der

Kritiken an der Rechtschreibreform zu laden, in Österreich für das Aussetzen der neuen

Rechtschreibung umgehend Sorge zu tragen und dem Nationalrat ehebaldigst einen

umfassenden Bericht über die Art und die Kosten der Umsetzung der Rechtschreibreform

vorzulegen."

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die Erste Lesung dem

Unterrichtsausschuß zuzuweisen.