443/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dipl.Ing.Prinzhorn
und Kollegen
betreffend
Stopp der Gesetzesflut
Die Seitenzahl des Bundesgesetzblattes hat sich von 1946 bis 1996 wie folgt entwickelt:
1946 474 Seiten
1960 2272 Seiten
1975 2873 Seiten
1990 4512 Seiten
1991 2892 Seiten
1992 5044 Seiten
1993 8548 Seiten
1994 7728 Seiten
1995 9518 Seiten
1996 5632 Seiten
Diese besorgniserregende Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, daß dem Staat
immer wieder neue Aufgaben übertragen werden. Während sich der liberale Staat darauf
beschränkte, die Rahmenbedingungen für ein System gesellschaftlicher Selbststeuerung zu
schaffen und zu garantieren, ist der moderne Staat inzwischen zum Motor gesellschaftlicher
Steuerung und Verteilung geworden, Daneben war die Entwicklung durch ein Streben nach
zunehmender Regelungsdichte gekennzeichnet.
Heute stehen wir vor der Situation, daß die Bewältigung der Normenflut nicht zuletzt auch
wegen der hohen staatlichen und gesellschaftlichen Kosten immer schwieriger wird und auch
der Staat an die Grenzen seiner
Leistungsfähigkeit stößt.
Die zunehmende Menge der Rechtsnormen und deren ebenfalls in zunehmenden Maße fest-
stellbare schlechte Qualität gefährden aber auch die Rechtssicherheit und damit den Rechtsstaat
insgesamt.
In dieser Situation ist es notwendig, den Gesetzgebungsprozeß einer strengen Bedarfs- und
Qualitätskontrolle zu unterziehen. Diese soll insbesondere folgende Gesichtspunkte umfassen:
* Folgekostenabschätzung
Eine konsequente Folgekostenabschätzung umfaßt sowohl eine nachvollziehbare Darlegung
des voraussichtlichen Personal- und Sachaufwandes der Vollziehung einschließlich der
Auswirkungen auf andere Gebietskörperschaften als auch eine substantielle Darstellung der
zu erwartenden gesamtgesellschaftlichen Lasten, insbesondere der Folgekosten für
Unternehmern und private Haushalte. Dieses Verfahren muß auch die Konsultation
unabhängiger Experten vorsehen.
* Prüfung von Alternativen
Im Rahmen der Begutachtung von Gesetzesvorhaben wäre zu prüfen, ob der Zweck der
Regelung auf andere Weise erreicht werden kann.
* Beschränkung der zeitlichen Geltungsdauer
Eine zeitliche Befristung von Rechtsnormen ist dann sinnvoll, wenn die Entscheidung über
die Verlängerung erst nach Prüfung der Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweck-
mäßigkeit der Regelung fällt.
* Materielle Rechtsbereinigung
Maßnahmen zur institutionalisierten Revision des geltenden Rechtsbestandes sind umgehend
in Angriff zu nehmen. Daneben ist eine anlaßbezogene Revision im Rahmen von aktuellen
Novellierungsvorhaben mit klaren Zielvorgaben wie etwa einem zwingenden
Deregulierungsgebot zielführend.
Die unterfertigten Abgeordneten sind der Ansicht, daß angesichts der zunehmenden
Normenflut dringend Maßnahmen erforderlich sind und stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat im Sinne der obigen Ausführungen
innerhalb von drei Monaten einen Bericht über Maßnahmen vorzulegen, die geeignet sind, die
überbordende Normenflut erfolgreich zu stoppen, wobei insbesondere folgende Gesichtspunkte
von Bedeutung sind:
* Konsequente Folgekostenabschätzung aller legistischen Vorhaben bezüglich der
Auswirkungen auf die Verwaltung, die Wirtschaft und die privaten Haushalte
* Zwingende Prüfung von Alternativen im Begutachtungsverfahren
* Beschränkung der zeitlichen Geltungsdauer von Gesetzen
* Verlängerung der Geltungsdauer nur nach vorheriger Prüfung der Notwendigkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Regelung
* Konzept einer umfassenden Rechtsbereinigung
In formeller Hinsicht wird ersucht. den Antrag dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.