459/A XX.GP
ANTRAG
der Abgeordneten Dr. Höchtl , Amon
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Bundesgesetz über die Berufsreifeprüfung
Der Nationalrat hat beschlossen:
Allgemeine Bestimmungen
§ 1. (1) Für Personen ohne Reifeprüfung, die eine Lehrabschlußprüfung erfolgreich abgelegt
oder eine mindestens dreijährige mittlere Schule, Krankenpflegeschule oder Schule für den
medizinisch-technischen Fachdienst erfolgreich abgeschlossen haben, können nach Maßgabe dieses
Bundesgesetzes durch die Ablegung der Berufsreifeprüfung die mit der Reifeprüfung einer höheren
Schule verbundenen Berechtigungen erwerben.
(2) Zu den mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen zählen
insbesondere die Berechtigung zum Besuch von Kollegs, Akademien, Fachhochschul-Studiengängen,
Hochschulen und Universitäten sowie die Erfüllung der Ernennungserfordernisse gemäß Z 2. 11 der
Anlage 1 zum Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBI.Nr. 333.
(3) Die Berufsreifeprüfung ist eine Externistenprüfung im Sinne des § 42 des
Schulunterrichtsgesetzes, BGBI.Nr. 472/1986 in seiner jeweils geltenden Fassung. Soweit im
Folgenden nicht anderes bestimmt wird, gelten die Vorschriften über Externistenprüfungen.
§ 2. Personenbezogene Bezeichnungen in diesem Bundesgesetz gelten jeweils auch in ihrer
weiblichen Form,
Inhalt und Umfang der Berufsreifeprüfung
§ 3. (1) Die Berufsreifeprüfung umfaßt folgende Teilprüfungen:
1 . Deutsch: eine fünfstündige schriftliche Klausurarbeit mit den Anforderungen der Reife- und
Diplomprüfung einer berufsbildenden
höheren Schule;
2. Mathematik (bzw. Mathematik und angewandte Mathematik): eine vierstündige schriftliche
Klausurarbeit mit den Anforderungen der Reife- und Diplomprüfung einer berufsbildenden
höheren Schule;
3. Lebende Fremdsprache: nach Wahl des Prüfungskandidaten eine fünfstündige schriftliche
Klausurarbeit oder eine mündliche Prüfung, mit den Anforderungen der Reife- und Diplom-
prüfung einer berufsbildenden höheren Schule;
4. Fachbereich: Behandlung eines Projektes aus einem Berufsfeld im Rahmen einer zumindest
vierstündigen Klausurarbeit und eine diesbezügliche mündliche Prüfung mit dem Ziel einer
theoretischen Auseinandersetzung auf höherem Niveau.
(2) Die Prüfung gemäß Abs. 1 Z 4 entfällt für Personen, die eine Meisterprüfung oder die
Abschlußprüfung einer Werkmeisterschule erfolgreich abgelegt haben oder eine mindestens
dreijährige Ausbildung an einer Fachakademie, die bei einer Einrichtung einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts geführt wird, erfolgreich abgeschlossen haben.
Zulassung zur Berufsreifeprüfung
§ 4. (1) Das Ansuchen um Zulassung zur Berufsreifeprüfung ist bei einer öffentlichen oder
mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten berufsbildenden höheren Schule einzubringen, vor deren
Prüfungskommission der Prüfungskandidat die Berufsreifeprüfung abzulegen wünscht.
(2) Das Ansuchen hat zu enthalten:
1. den Nachweis der persönlichen Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 sowie des Geburtsdatums,
2. die vom Prüfungskandidaten gewählte(n) Schulart(en) (Fachrichtung[en]) für die Prüfungen
gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3,
3. die Wahl, ob die Teilprüfung "Lebende Fremdsprache" (§ 1 Abs. 1 Z 3) schriftlich oder mündlich
abgelegt wird,
4. Angaben zur Teilprüfung aus dem Fachbereich (§ 3 Abs. 1 Z 4),
5. gegebenenfalls den Antrag auf Anerkennung von Prüfungen gemäß § 8 sowie
6. den beabsichtigten Zeitpunkt der Ablegung der Berufsreifeprüfung (der Teilprüfungen).
(3) Der Prüfungskandidat darf zur ersten Teilprüfung nicht vor Vollendung des siebzehnten
Lebensjahres und zur letzten Teilprüfung nicht vor Vollendung des neunzehnten Lebensjahres
antreten.
(4) Über die Zulassung hat der Vorsitzende der Prüfungskommission zu entscheiden.
Prüfungskommission
§ 5. (1) Die Prüfungskommission für die einzelnen Teilprüfungen besteht aus dem Vor-
sitzenden und dem Prüfer der Teilprüfung.
(2) Vorsitzender ist der Leiter jener Schule, an der die Anmeldung zur Berufsreifeprüfung
(§ 4 Abs. 1) erfolgt ist; dieser Leiter kann die Vorsitzführung einem anderen Lehrer der betreffenden
Schule übertragen. Werden
Teilprüfungen im Rahmen einer Reifeprüfung abgelegt (§ 6 Abs.
3), so
obliegt dem Vorsitzenden der Reifeprüfungskommission auch bezüglich der Durchführung dieser
Teilprüfung(en) die Vorsitzführung.
(3) Die Prüfer für die einzelnen Teilprüfungen sind vom Vorsitzenden (Abs. 2 erster Satz) zu
bestellen. Bei Ablegung von Teilprüfungen im Rahmen einer Reifeprüfung gemäß § 6 Abs. 3 sind
Lehrer zu Prüfern zu bestellen, die bereits der Reifeprüfungskommission angehören.
Durchführung der Prüfung
§ 6. (1) Die Teilprüfungen können nach Wahl des Prüfungskandidaten gemeinsam zu einem
Termin oder getrennt abgelegt werden. Die Festlegung der Prüfungstermine hat durch den Vor-
sitzenden zu erfolgen, wobei Wünschen des Prüfungskandidaten nach Möglichkeiten zu entsprechen
ist.
(2) Die Ablegung der mündlichen Prüfung(en) hat vor der Prüfungskommission (§ 5) zu
erfolgen. Für die Beaufsichtigung während der schriftlichen Prüfung hat der Vorsitzende der
Prüfungskommission Vorsorge zu treffen. Die Prüfungskommission kann die Prüfung auch am
Standort einer Berufsschule oder einer mittleren Schule durchführen.
(3) Die Teilprüfungen können auch im Rahmen einer Reifeprüfung an der Schule, bei der sich
der Prüfungsbewerber angemeldet hat, abgelegt werden.
Beurteilung und Wiederholung der Teilprüfungen
§ 7. (1) Die Prüfungskommission der einzelnen Teilprüfung hat die allfällige schriftliche und
die allfällige mündliche Prüfung zu beurteilen und eine Gesamtbeurteilung für die Teilprüfung
auszusprechen. Die Beurteilungsstufen sind: "Sehr gut", "Gut", "Befriedigend", "Genügend" und
"Nicht genügend" . Grundlage für die Beurteilung sind die vom Prüfungskandidaten bei der Lösung
der Aufgaben erwiesene Kenntnis des Prüfungsgebietes, die hiebei gezeigte Einsicht in die
Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sachgebieten des Prüfungsgebietes, die Eigenständigkeit
im Denken und in der Anwendung des Inhaltes des Prüfungsgebietes sowie die Erreichung der
Bildungs- und Lehraufgabe sowie der Lernziele des betreffenden Prüfungsgebietes.
(2) Nach Entgegennahme der Aufgabenstellung ist ein Rücktritt nicht mehr zulässig. Die
Teilprüfung ist zu beurteilen.
(3) Vorgetäuschte Leistungen sind nicht zu beurteilen.
(4) Nicht bestandene Teilprüfungen oder Teilprüfungen, die gemäß Abs. 3 nicht beurteilt
wurden, dürfen jeweils nach Ablauf von drei Monaten höchstens zweimal wiederholt werden.
(5) Über die Gesamtbeurteilung der einzelnen Teilprüfungen ist ein Zeugnis auszustellen,
wobei im Zeugnis über die Fachprüfung gemäß § 3 Abs. 1 Z 4 die Themenstellungen dieser Prüfung
anzugeben sind. Zeugnisse über die
einzelnen Teilprüfungen sind nicht auszustellen, sofern alle
Teilprüfungen im Rahmen eines Prüfungstermines abgelegt werden und sofort ein Zeugnis über die
Berufsreifeprüfung gemäß § 9 ausgestellt werden kann.
Anerkennung von Prüfungen
§ 8. (1) Die erfolgreich abgelegte Abschlußprüfung eines als gleichwertig anerkannten Lehr-
ganges einer Einrichtung der Erwachsenenbildung ist als Teilprüfung(en) der Berufsreifeprüfung im
entsprechenden Fach (in den entsprechenden Fächern), mit Ausnahme zumindest einer Teilprüfung
gemäß § 3 Abs. 1 anzuerkennen. Der Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
kann einen zur Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung eingerichteten Lehrgang einer Einrichtung
der Erwachsenenbildung, die vom Bund als Förderungsempfänger anerkannt ist, nach Anhörung des
Landesschulrates als gleichwertig anerkennen, wenn die Lehrgangsausbildung für das betreffende
Prüfungsgebiet einer Ausbildung an einer öffentlichen berufsbildenden höheren Schule gleichwertig
ist. Die Anerkennung ist mit fünf Jahren zu befristen und bei Vorliegen der Voraussetzungen
neuerlich mit dieser Befristung auszusprechen.
(2) Die erfolgreich abgelegte Teilprüfung im Rahmen der Reifeprüfung einer höheren Schule
ist als Teilprüfung der Berufsreifeprüfung anzuerkennen, sofern sie im Inhalt und der Dauer
zumindest den im § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3 vorgesehenen Erfordernissen entspricht.
(3) Bei Anerkennung von Prüfungen gemäß Abs. 1 und 2 sind die diesbezüglichen Prüfungs-
unterlagen oder deren Kopien zusammen mit den sonstigen Unterlagen für die Berufsreifeprüfung bei
der in § 4 Abs. 1 genannten Schule aufzubewahren.
Gesamtbeurteilung der Berufsreifeprüfung
§ 9. Die Gesamtbeurteilung der Berufsreifeprüfung hat auf "Bestanden" zu lauten, wenn -
gegebenenfalls unter Einbeziehung von Anerkennungen gemäß § 8 - alle Teilprüfungen beurteilt
wurden, und keine Beurteilung auf "Nicht genügend" lautet. In diesem Fall ist ein Zeugnis über die
Berufsreifeprüfung auszustellen, Im Berufsreifeprüfungszeugnis sind die Beurteilungen der Teil-
prüfungen sowie die Themenstellungen der Teilprüfung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 anzuführen. Ferner
sind allfällige Anerkennungen gemäß § 8 zu vermerken.
Verfahrensvorschriften
§ 10. Auf das Verfahren betreffend die Zulassung zur Berufsreifeprüfung, die Anerkennung
von Prüfungen und die Berufung gegen eine nicht bestandene Teilprüfung der Berufsreifeprüfung
sind die §§ 70 und 71 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBI.Nr. 472/1986 in der jeweils geltenden
Fassung, mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Berufung innerhalb von zwei Wochen mit einem
begründeten Berufungsantrag beim Vorsitzenden der Prüfungskommission einzubringen ist.
Abgeltung für die Prüfungstätigkeit
§ 11. (1) Dem Vorsitzenden und den Prüfern der an öffentlichen Schulen eingerichteten
Prüfungskommissionen gebührt eine
Abgeltung gemäß dem Bundesgesetz über die Abgeltung für
Prüfungstätigkeiten im Bereich des Schulwesens mit Ausnahme des Hochschulwesens und über die
Entschädigung der Mitglieder von Gutachterkommissionen gemäß § 15 des Schulunterrichts-
gesetzes, BGBI.Nr, 3 14/1976 in der jeweils geltenden Fassung, nach Maßgabe der für Externisten-
reife- und -diplomprüfungen an berufsbildenden Schulen vorgesehenen Abgeltung.
(2) Der Prüfungskandidat hat eine Prüfungsgebühr in der Höhe der gemäß Abs. 1 vorge-
sehenen Prüfungstaxen vor Antritt zur Prüfung zu entrichten.
Inkrafttreten
§ 12. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. September 1997 in Kraft.
Vollziehung
§ 13. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Unterricht und
kulturelle Angelegenheiten betraut."
BEGRÜNDUNG
Allgemeiner Teil
Die mit einer Reifeprüfung verbundenen Berechtigungen können im Zweiten Bildungsweg derzeit
nur durch den Besuch von Aufbaulehrgängen oder von Schulen für Berufstätige erworben werden,
wobei erworbene Qualifikationen wegen der gesetzlich vorgeschriebenen inhaltlichen Gleichstellung
mit den Schulen des Ersten Bildungsweges nicht in entsprechender Weise berücksichtigt werden
können. Dazu kommt, daß Aufbaulehrgänge, Schulen für Berufstätige und andere schulische
Angebote oft aus regionalen oder zeitlichen Gründen für den Bildungsinteressierten nicht in Betracht
kommen.
Studienberechtigungsprüfungen und die Beamtenaufstiegsprüfung geben jeweils die mit einer
Reifeprüfung verbundenen Berechtigungen nur für einen Teilbereich, was die Mobilität sehr
einschränkt und bei Studien- oder Berufswechsel Ergänzungen der Basisberechtigung erfordert.
Daher ist im Rahmen des Schulwesens in Weiterentwicklung der Externistenprüfungen ein Institut
nötig, das aufbauend auf einer über die allgemeinbildende Pflichtschule hinausgehenden Schulbildung
und einer beruflichen Qualifikation die mit einer Reifeprüfung verbundenen Berechtigungen
vermittelt. Dies soll durch eine Berufsreifeprüfung erfolgen, durch welche einerseits die
Studierfähigkeit und andererseits die Voraussetzungen für einen gehobenen Dienst in der Verwaltung
nachgewiesen wird, Hiebei ist auf die in der Regel gegebene Berufstätigkeit des Interessenten
Bedacht zu nehmen.
Der vorliegende Entwurf geht davon aus, daß die Berufsreifeprüfung unter Einbeziehung der bis-
herigen Qualifikationen des Interessenten im Niveau dem Standard einer Reifeprüfung im berufs-
bildenden Schulwesen*) entspricht. Dies deshalb, weil nach Abschluß der Berufsreifeprüfung
folgende fünf Leistungsbereiche nachgewiesen sind:
1. Erfolgreicher Abschluß einer
a) Lehrabschlußprüfung oder
b) mindestens dreijährigen mittleren Schule oder
c) mindestens dreijährige Krankenpflegeschule oder
d) mindestens dreijährige Schule für den medizinisch-technischen Fachdienst.
2. Schriftliche Klausurarbeit in Deutsch im Niveau
einer berufsbildenden höheren Schule.
3. Schriftliche Klausurarbeit in Mathematik (an Höheren technischen Lehranstalten: Mathematik und
angewandte Mathematik) im Niveau einer berufsbildenden höheren Schule.
4. Schriftliche Klausurarbeit oder mündliche Prüfung in Lebender Fremdsprache im Niveau einer
berufsbildenden höheren Schule.
5 . Nachweis höherer Kenntnisse im Fachbereich eines Berufsfeldes durch
a) eine Klausurarbeit und mündliche Prüfung im Rahmen der Behandlung eines Projekts oder
b) erfolgreiche Ablegung einer Meisterprüfung oder
c) erfolgreiche Ablegung der Abschlußprüfung einer Werkmeisterschule oder
d) erfolgreichen Abschluß einer mindestens dreijährigen Ausbildung an einer Fachakademie.
Die Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung wird erfolgen können durch
1. Besuch von Angeboten an Berufsschulen, mittleren und höheren Schulen,
2. Besuch von Angeboten der Erwachsenenbildung,
3. Selbststudium.
Die Angebote an Berufsschulen knüpfen an die folgenden Feststellungen des Unterrichtsausschusses
des Nationalrates (442 der Beilagen, XX. GP) an:
"Für die geplante Einführung der Berufsreifeprüfung müssen insbesondere den Berufsschülern durch
Vorbereitungsmodule, Förderungsmaßnahmen und Anrechnungsmodelle auch in der Berufsschule
Angebote gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist eine Novellierung des § 46 SchOG über die
derzeitige Zielsetzung hinaus notwendig und bei der nächsten Gesetzesnovellierung unter Bedacht-
nahme auf die Kostenneutralität zu berücksichtigen,
Da die mit der gegenständlichen Novelle vorgesehenen Anrechnungen in der Berufsschule zu keiner
individuellen Verminderung der Berufsschulzeit führen dürfen, werden diese Anrechnungen für
erweiterte Unterrichtsangebote zu nützen sein. "
Aus diesem Grund wird gleichzeitig eine Novellierung des Schulorganisationsgesetzes in Angriff
genommen, wonach die Aufgabe der Berufsschule im Hinblick auf die Berufsreifeprüfung unter
Beachtung der Kostenneutralität für Bund und Länder erweitert werden soll, Die Vorbereitung auf
diese Prüfung soll durch Differenzierungsmaßnahmen und Freigegenstände gefördert werden. In
Analogie dazu sind in dieser Novelle auch entsprechende Angebote an den mittleren Schulen
vorgesehen. Im Bereich der höheren Schulen können für die Teilprüfungen maßgebliche Inhalte als
außerordentliche Schüler erlernt werden; in diesen Fällen wird die Ermöglichung der Ablegung einer
Teilprüfung im Rahmen einer Reifeprüfung (siehe § 6 Abs. 3) von besonderem Interesse sein, weil
dann bei entsprechender Planung der unterrichtende Lehrer auch Prüfer sein kann. Der Besuch von
Angeboten der Erwachsenenbildung ist insbesondere in den Fällen des § 8 Abs. 1 bedeutsam.
Infolge unmittelbarer Anknüpfung an Einrichtungen des Schulwesens und an Inhalte des berufs-
bildenden höheren Schulwesens handelt sich beim vorliegenden Entwurf um eine Angelegenheit des
Schulwesens, weshalb die kompetenzrechtliche
Grundlage Art. 14 Abs, 1 B-VG ist. Soweit der
Entwurf schulorganisatorische Angelegenheiten beinhaltet, bestehen die besonderen Beschluß-
erfordernisse des Art. 1 4 Abs. 1 0 B-VG für den Nationalrat.
Kosten:
Für die Durchführung der Prüfungen ist die Einhebung von Prüfungsgebühren in der Höhe der den
Vorsitzenden und den Prüfern auszuzahlenden Prüfungstaxen vorgesehen; daher diesbezüglich
Kostenneutralität.
Der administrative Aufwand im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung wird im Hinblick darauf,
daß es eine größere Anzahl von Prüfungskommissionen bei einer relativ geringen Anzahl von
Kandidaten geben wird, an den einzelnen Standorten bei entsprechenden Maßnahmen zur Ver-
waltungsvereinfachung im Rahmen des bisherigen Aufwandes bedeckbar sein.
Vorbereitungsmaßnahmen auf die Prüfungen sind im Rahmen des bisherigen schulischen Angebotes
vorgesehen, sodaß auch hier kein zusätzlicher Aufwand entsteht. In diesem Zusammenhang
vorgesehene Differenzierungsmaßnahmen an den Berufsschulen und mittleren Schulen können unter
Beachtung der Kostenneutralität eingerichtet werden.
EU-Konformität:
Ein dem Entwurf entsprechendes Bundesgesetz steht mit EU-Rechtsvorschriften nicht im
Widerspruch.
Besonderer Teil
Zu § 1:
Abs. 1 umschreibt die Zielsetzung der Berufsreifeprüfung und den Personenkreis, für den diese
Prüfung in Betracht kommt. Voraussetzung ist danach eine über die allgemeine Pflichtschulbildung
hinausgehende Schulbildung und eine berufliche Qualifikation; weitere persönliche Voraussetzungen
ergeben sich aus § 4 Abs. 3 des Entwurfes.
Abs. 2 dient der Klarstellung der Wendung "mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen
Berechtigungen". Bezüglich des Schul- und Universitäts(Hochschul)bereiches sind insbesondere die
im Folgenden dargestellten Studienberechtigungen erfaßt:
Die Berechtigung zum Besuch von Kollegs und Akademien im Sinne des
Schulorganisationsgesetzes, BGBI.Nr. 242/1962, sowie des Land- und forstwirtschaftlichen Bundes-
schulgesetzes, BGBI.Nr. 175/1966.
Die Berechtigung zum Besuch von Universitäten; diese bezieht sich auf die zwölf Universitäten
gemäß § 5 des Bundesgesetzes Über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), BGBI.Nr. 805.
Das Zeugnis über die Berufsreifeprüfung stellt ein "anderes österreichisches Zeugnis über die
Zuerkennung der Hochschulreife" (§ 7 Abs. 1 lit.a Z. 2 AHStG) bzw. im Sinne des ab 1. August
1997 geltenden Universitäts-Studiengesetzes ein österreichisches Reifezeugnis dar. Zu den
Universitäten zählt auch das Universitätszentrum für Weiterbildung mit der Bezeichnung "Donau-
Universität Krems" (BGBI.Nr.
269/1994). Da dort derzeit ausschließlich Universitätslehrgänge
angeboten werden, ist die Berufsreifeprüfung für die Donau-Universität Krems tatsächlich nicht von
Bedeutung, Der Begriff "Hochschulen" umfaßt zunächst die sechs Hochschulen künstlerischer
Richtung im Sinne des Akademie-Organisationsgesetzes 1988 (AOG, BGBI.Nr. 25) sowie des § 6
des Kunsthochschul-Organisationsgesetzes (BGBI,Nr. 54/1970). Außerdem sind die kirchlichen
theologischen Lehranstalten gemäß Art. 5 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und der
Republik Österreich (BGBI.Nr. 11/1934), welche die Bezeichnung "Hochschule" führen, hier
einordenbar. Bei den Fachhochschul-Studiengängen handelt es sich um jene nach dem Bundesgesetz
über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG), BGBI.Nr, 340/1993. Da "durch die Ablegung der
Berufsreifeprüfung die mit der Reifeprüfung einer höheren Schule verbundenen Berechtigungen"
erworben werden, ist auch der Umfang dieser Berechtigungen dem einer Reifeprüfung gleich; dies
bedeutet, daß in jenen Fällen, in denen auf der Grundlage des Schulorganisationsgesetzes
Zusatzprüfungen für die Immatrikulation oder die Inskription durch die Universitäts-
berechtigungsverordnung, BGBI.Nr. 510/1988, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBI.Nr.
500/1996, vorgeschrieben werden, das Erfordernis von Zusatzprüfungen auch für die
Berufsreifeprüfung gilt.
Durch Abs. 3 wird erstens die Stellung der Berufsreifeprüfung im Rahmen des Schulwesens
dokumentiert und andererseits wird die Anrechnungsmöglichkeit auf andere schulische Prüfungen
(im Rahmen des Schulrechts und bei der Studienberechtigungsprüfung im Hochschulrecht)
klargestellt.
Zu § 2:
Entsprechend der bisherigen bundesgesetzlichen Praxis (vgl. jeweils die §§ 2a des Schul-
organisationsgesetzes und des Schulunterrichtsgesetzes) soll auch im vorliegenden Gesetz den
Intentionen der Legistischen Richtlinien 1990 entsprochen werden. Es soll klargestellt werden, daß
personenbezogene Bezeichnungen im vorliegenden Gesetz jeweils auch in ihrer weiblichen Form
gelten,
Die vorgeschlagene Regelung orientiert sich an der Formulierung des § 6 Abs. 3 des Ausschrei-
bungsgesetzes 1 989, BGBI. Nr. 85.
Zu § 3:
Der vorliegende Entwurf geht davon aus, daß die Berufsreifeprüfung unter Einbeziehung der
bisherigen Qualifikationen des Interessenten im Niveau dem Standard einer Reifeprüfung im
berufsbildenden Schulwesen entspricht. (Vgl. den vierten Absatz des Allgemeinen Teiles dieser
Erläuterungen.)
Um Berufstätigen die Ablegung einer Berufsreifeprüfung ohne Beeinträchtigung ihrer beruflichen
Tätigkeit zu ermöglichen kann die Berufsreifeprüfung auch in zeitlich nicht unmittelbar
aufeinanderfolgenden Teilprüfungen abgelegt werden (siehe auch § 4 Abs. 2 Z 6, § 6 Abs. 1, § 8 und
§9).
Der allgemeinbildende Bereich der Ausbildung und Reife- und Diplomprüfung einer berufsbildenden
höheren Schule wird durch die im § 3 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Teilprüfungen abgedeckt, wobei je
nach Art der berufsbildenden höheren Schule auch berufsorientierte Bereiche einbezogen sind.
Abgesehen von den kompetenzrechtlichen
Überlegungen (vgl. den letzten Absatz des Allgemeinen
Teiles der Erläuterungen) und der einfachen Niveaudefinition ist die Gleichstellung mit Anfor-
derungen in Reifeprüfungsvorschriften aus Gründen der leichteren Durchführbarkeit (Vorbereitung,
Lernunterlagen, Prüfungsvorgang) geboten.
Der berufsorientierte Aspekt ist besonders durch Abs. 1 Z 4 berücksichtigt. Da gehobene theore-
tische und praktische Leistungen durch die im Abs. 2 genannten Prüfungen und Ausbildungen nach-
gewiesen werden, erscheint in diesen Fällen die Ablegung einer gesonderten Prüfung im Fachbereich
entbehrlich.
Zu § 4:
Die Absätze 1, 2 und 4 orientieren sich an bewährten Regelungen für Externistenprüfungen.
Die Angaben zur Teilprüfung aus dem Fachbereich gemäß Abs. 2 Z. 4 werden im Zulassungs-
verfahren gemäß Abs. 4 auf ihre Tauglichkeit im Hinblick auf die im § 3 Abs. 1 Z. 4 umschriebenen
Anforderungen zu prüfen sein. Hiebei wird der Themenbereich - sofern nicht bereits die Angaben
ausreichend sind - nach Möglichkeit einvernehmlich zwischen Prüfungskandidaten und Prüfer
abzustimmen sein. .
Durch die im Abs. 3 vorgesehene altersmäßige Zulassungsvoraussetzung wird erreicht, daß eine
Berufsreifeprüfung altersmäßig nicht vor der Reifeprüfung an einer berufsbildenden höheren Schule
abgelegt werden kann. Im Regelfall wird dies jedoch bereits auf Grund der im § 1 Abs. 1
umschriebenen persönlichen Voraussetzungen und der Vorbereitung auf die Berufsreifeprüfung
früher ohnehin nicht möglich sein,
Zu § 5:
Die Bestimmungen über die Prüfungskommission übernehmen positive Erfahrungen aus dem
Externistenprüfungswesen, wobei berücksichtigt wird, daß Teilprüfungen der Berufsreifeprüfung
auch im Rahmen einer Reifeprüfung abgelegt werden können. Ferner soll die Prüfungskommission
aus ökonomischen Gründen möglichst klein gehalten werden.
Der Vorsitzende gehört nicht nur den einzelnen Prüfungskommissionen an, sondern hat auch die
Aufgaben der Koordination und der Zeugnisausstellung.
Zu § 6:
Die Bestimmungen über die Prüfungsdurchführung sind bewußt knapp gehalten, da gerade bei der
Berufsreifeprüfung im Hinblick auf die Prüfungskandidaten eine flexible Vorgangsweise zweckmäßig
ist. Sohin genügen grundsätzliche Regelungen, die im Zusammenhang mit anderen Bestimmungen
(insbesondere die Umschreibung der Prüfungsgebiete und die Grundlagen für die Beurteilung [siehe
§ 7 Abs. 1 letzter Satz) eine ausreichende Basis für die Prüfungsdurchführung bieten. Sohin
erscheint auch eine Verordnungsermächtigung entbehrlich.
Zu § 7:
Die Regelungen betreffend die Beurteilung und Wiederholung der Teilprüfungen entsprechen dem
Konzept, daß die Berufsreifeprüfung auch durch zeitlich getrennte Teilprüfungen abgelegt werden
kann. Siehe in diesem Zusammenhang auch §
9.
Im übrigen enthält dieser Paragraph aus den Reifeprüfungsvorschriften generell geltende
Bestimmungen.
Zu § 8:
Abs. 1 entspricht im Wesentlichen den bei den Studienberechtigungsprüfungen bereits erprobten
Anerkennungen von Ausbildungsgängen der Erwachsenenbildung.
Wegen der Gleichartigkeit von Teilprüfungen der Berufsreifeprüfung mit den entsprechenden
Bereichen einer Reifeprüfung an einer höheren Schule soll es Anrechnungsmöglichkeiten für
Berufsreifeprüfung geben, wenn die Reifeprüfung wohl nicht zur Gänze bestanden wurde, aber in
dem der Teilprüfung der Berufsreifeprüfung entsprechenden Prüfungsgebiet erfolgreich abgelegt
wurde; dies wird durch Abs. 2 bestimmt. Unbeschadet dessen muß eine abgeschlossene Ausbildung
im Sinne des § 1 Abs. 1 vorliegen.
§ 8 Abs. 1 ist so gestaltet, daß trotz der Anerkennungen zumindest eine (einzige) Teilprüfung vor
einer schulischen Kommission abgelegt werden muß. Dies kann sowohl eine Prüfungskommission
gemäß § 5 des Gesetzentwurfes als auch die Reifeprüfungskommission sein, vor der die gemäß § 8
Abs. 2 angerechnete Prüfung abgelegt wurde. In diesem Zusammenhang wird gemerkt, daß die
Nachweise gemäß § 3 Abs. 2 zum Entfall des Prüfungsgebietes "Fachbereich" für den betreffenden
Prüfungskandidaten führt (keine "Anrechnung"), sodaß der Prüfungskandidat auch in diesem Fall
zumindest eine Teilprüfung vor einer schulischen Prüfungskommission abzulegen hat.
Zu § 9:
Auf die Ausführungen zu den §§ 6 und 7 wird verwiesen.
Zu § 10:
Wegen der Anbindung der Berufsreifeprüfung an die Schule sollen für die dort durchzuführenden
Verfahren die an den Schulen üblichen Verfahrensvorschriften gelten. Für die Berufungsverfahren
vor den Schulbehörden des Bundes gilt gemäß Art. 11 Abs. 2 und 4 des EGVG das Allgemeine
Verwaltungsverfahrensgesetz 1 99 1 .
Zu § 11:
Abs. 1 regelt die Abgeltung der Prüfungstätigkeit für den Vorsitzenden und die Prüfer unter
Bedachtnahme auf die Parallelität zu den Externistenreife- und -diplomprüfungen an den
berufsbildenden höheren Schulen.
Da im Regelfall die Kandidaten für eine Berufsreifeprüfung über ein eigenes Einkommen verfügen,
erscheint unter Bedachtnahme auf die Budgetsituation das Vorschreiben einer Prüfungstaxe
gerechtfertigt. Der mit der administrativen Tätigkeit verbundene Aufwand soll jedoch nicht
gesondert verrechnet werden.
Zu § 12:
Die Ablegung der Berufsreifeprüfung soll zum ehestmöglichen Zeitpunkt ermöglicht werden, Da
keine Verordnungen auf Grund eines dem Entwurf entsprechenden Gesetzes nötig und wegen der
Anbindung an die Schulen keine eigenen Verwaltungseinrichtungen erforderlich sind, kann als
Inkrafttretenstermin bereits der 1. September 1997 vorgesehen werden.
Zu§ 13:
Dieser enthält die Vollzugsklausel.