474/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Kier, Haselsteiner, Peter und Partner/innen
betreffend Vereinheitlichung aller Pensionsrechte und Neudefinition der unselbständigen
Erwerbsarbeit
Die im geltenden Arbeitsrecht festgeschriebene Unterscheidung zwischen Arbeitern und
Angestellten sowie öffentlich Bediensteten ist historisch gewachsen und entspricht in keinster
Weise den Anforderungen des 20. Jahrhunderts. Die geltende Rechtslage spiegelt in vielen
Bereichen das Obrigkeitsdenken früherer Zeiten wider und ist von einem ständisch geglieder-
ten Bild der Gesellschaft geprägt. Dies erzeugt nicht nur eine Vielzahl von Ungerechtigkeiten
sondern ist überdies auch mobilitätshemmend, fort- und weiterbildungsfeindlich und struktur-
konservativ.
Da jede Analyse des Arbeitslosigkeitsbefundes auf seine strukturellen Ursachen hin zeigt, daß
die mobilitätsfeindlichen Unterschiede in den einzelnen Teilarbeitsrechten, die Fesselung
durch zeitabhängig erworbene Ansprüche - die zudem im Selbstkündigungsfall verloren
gehen - und die sozialrechtlichen Verschlechterungen beim Wechsel zwischen den verschie-
denen Bereichen der unselbständigen Erwerbsarbeit wesentliche Mitursachen darstellen, ist
eine umfassende Reform des Arbeitsrechtes eine der Grundvoraussetzungen für eine positive
Trendwende am Arbeitsmarkt. Es erscheint daher unerläßlich. ein für alle unselbständig
Erwerbstätigen geeignetes einheitliches Rahmenarbeitsrecht zu schaffen. Dieses muß genü-
gend Spielraum offenlassen, so daß auf Berufsbild-bedingte Sonderheiten eingegangen
werden kann.
Die Anachronismen in den individuellen arbeitsrechtlichen Positionen sowie in den
Entlohungsschemata, in der Gestaltung der Sozialversicherungsbeiträge der Höhe und dem
Grunde nach und letztlich in den davon ableitenden Ansprüchen bis hin insbesondere zu den
Pensionen haben zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft geführt. Im Sozialbericht 1995
ist z.B. nachzulesen, daß die durchschnittliche Pension, die über eine der gesetzlichen Sozial-
versicherungsanstalten zur Auszahlung gelangt, bei 10.984 öS, der durchschnittliche monat-
liche Ruhebezug der Bundesbeamtlnnen (ohne Post und ÖBB) jedoch bei 31.900 öS liegt; ein
Vergleich der Aktivbezüge zeigt im übrigen ein ähnliches Mißverhältnis.
In der Altersversorgung wird im ASVG-Bereich zwar das Lebensstandardsicherungsprinzip
angewendet - dennoch sind die Beiträge, wie auch die Ansprüche über Höchstbeitrags- und
Höchstbemessungsgrundlagen gedeckelt und somit Höchstgrenzen fixiert
(Höchstbeitragsgrundlage ASVG: 40.800, Höchstpensionen: 27.573 öS). Im System der
Ruhegenüsse in der Beamtenversorgung gibt es solche Höchstgrenzen nicht, was dazu führt,
daß Beamte zwar nur 14 Prozent der Pensionsbezieher darstellen, aber 29 Prozent des gesam-
ten Pensionsvolumens (1995: knapp 100 Mrd. öS) verbrauchen. Obwohl die öffentlich
Bediensteten nur 6 Prozent der Beiträge an das volkswirtschaftliche Pensionskonto leisten,
sind die Zuzahlungen des Bundes mit 14.718 öS pro Pensionsfall höher als die durchschnitt-
liche ASVG-Pension. Allein zwischen 1992 und
1995 sind die Aufwendungen bei den Beam-
tenpensionen um 16,1% gestiegen - gegenüber einer Steigerung von nur 12,4% bei den übri-
gen Pensionsempfängern.
Eine Vereinheitlichung aller Pensionsrechte ist daher nicht nur angesichts der evidenten
Gefährdung der nachhaltigen Finanzierung dringend notwendig, sondern auch zur Herstellung
einer angemessenen Symmetrie zwischen der Aufbringung der Finanzierung und dem Kreis
der Pensionsempfänger unabdingbar. Es müssen daher die auch im Liberalen Forum längste
vorhandenen Vorschläge zur Schaffung einer einheitlichen Grundpension für alle von der
Regierung aufgegriffen und umgesetzt werden. Zusätzlich sollten nach Vorstellung der
Antragssteller/innen sozialpolitisch auskömmliche Höchstpensionen sowie einheitliche Bei-
tragssätze zur Anwendung kommen - eine darüber hinausgehende Lebensstandardsicherung
ist der privaten Initiative und Vorsorge zu überantworten.
Da eine Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit angesichts der Situation am
Arbeitsmarkt unabdingbar ist und die Notwendigkeit einer Harmonisierung der Pensions-
systeme angesichts deren baldiger Unfinanzierbarkeit dringend erforderlich ist,
stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Operationskalender auszuarbeiten, um - aus-
gehend von einer Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit - dem Parlament ein ein-
heitliches Arbeitnehmer/innen Gesetz, welches die rahmengesetzlichen Grundlagen für alle
unselbständig Erwerbstätigen abzubilden hat, beschlußreif vorlegen zu können. Weiters sind
bis 1. Oktober 1997 dem Nationalrat konkrete Vorhaben vorzulegen, die eine Harmonisierung
aller Gesetze vorsehen, die der Altersicherung dienen. Die gesetzliche Lage ist so zu gestalten,
daß jedenfalls jeweils für neu ins Berufsleben eintretende unselbständig Erwerbstätige (derzeit
Angestellte, Arbeiter und Beamte) einheitliche pensionsrechtliche Bestimmungen gelten.
Darüber hinaus müssen Übergangsbestimmungen sowie ein Stichtag, an dem diese in Kraft
treten sollen, definiert werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales
vorgeschlagen