507/A XX.GP
Antrag
der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die
Geschäftsordnung des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem Bundesgesetz über die Geschäftsordnung
des Nationalrates und das Strafgesetzbuch geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates, zuletzt
geändert mit BGBI. Nr.43811996, wird wie folgt geändert:
§33 lautet wie folgt:
,,§ 33. (1) Der Nationalrat kann auf Grund eines Antrages zur
Geschäftsbehandlung den Beschluß auf Einsetzung eines
untersuchungsausschusses fassen. Ein solcher Antrag ist dem Präsidenten
schriftlich zu überreichen und hat den Gegenstand der Untersuchung, den
Untersuchungsauftrag sowie die Zusammensetzung des
Untersuchungsausschusses zu enthalten. Jedem Untersuchungsausschuß muß
jedoch mindestens ein Mitglied jeder im Hauptausschuß vertretenen Partei
angehören.
(2) Die Debatte - falls fünf Abgeordnete, der beziehungsweise die
Antragsteller eingeschlossen, eine solche verlangen oder der Nationalrat sie
beschließt - und Abstimmung über den Antrag erfolgen nach Erledigung der
Tagesordnung. Die Debatte richtet sich nach den §§ 57a und 57b. Von
Abgeordneten, die demselben Klub angehören, kann nur ein solches Verlangen pro
Sitzungswoche eingebracht werden. Wird ein solches Verlangen von Abgeordneten
mehrerer Klubs unterstützt, ist es dem Klub, dem der Erstunterzeichner angehört,
anzurechnen. Gehört dieser keinem Klub an, gilt diese Bestimmung hinsichtlich des
Zweitunterzeichners und so weiter. Wenn ein Fünftel der Abgeordneten dies
schriftlich verlangt, ist die Abstimmung an den Beginn der nächsten Sitzung zu
verlegen.
(3) Für das Verfahren des Untersuchungsausschusses gilt die
Verfahrensordnung für parlamentarische untersuchungsausschüsse>, die als An lag
zu diesem Bundesgesetz einen Bestandteil desselben bildet. Sofern diese
Verfahrensordnung nicht anderes bestimmt, kommen für das Verfahren die
Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes zur Anwendung.“
Artikel II
Dem Geschäftsordnungsgesetz wird folgende Anlage betreffend die
Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse
(VO-UA) angefügt:
VERFAHRENSORDNUNG
FÜR
PARLAMENTARISCHE UNTERSUCHUNGSAUSSCHÜSSE (VO-UA)
1. Abschnitt
Beweisbeschluß und Vorbereitung der Sitzungen
1. Beweisbeschluß
§ 1. Der Untersuchungsausschuß erhebt die für die Erfüllung des
Untersuchungsauftrages gebotenen Beweise aufgrund von Beweisbeschlüssen.
§ 2. (1) In den Beweisbeschlüssen sind die Tatsachen, über welche der
Beweis zu erheben ist, und die Beweismittel genau zu bezeichnen.
(2) Als Beweismittel kann alles verwendet werden, was geeignet ist, der
Untersuchung im Rahmen des Untersuchungsauftrages zu dienen. Ausgeschlossen
sind jedoch solche Beweismittel, die durch eine strafbare Handlung zustande
gekommen sind oder die durch die Umgehung sonstiger gesetzlicher Bestimmungen
erlangt worden sind.
(3) Beweisbeschlüsse können vom Untersuchungsausschuß nach Maßgabe
des § 42 Abs. 2 GOG ergänzt und
abgeändert werden.
II. Ladung von Auskunftspersonen oder Sachverständigen
§ 3. (1> Die Ladung von Auskunftspersonen oder Sachverständigen ist auf
Beschluß des Untersuchungsausschusses durch den Präsidenten des Nationalrates
bzw. in dessen Auftrag durch die Parlamentsdirektion auszufertigen.
(2) Die Ladung hat neben der Benennung der geladenen Person und der
Bezeichnung des Gegenstandes der Untersuchung bzw. im Rahmen dieses
Gegenstandes die Themen der Befragung, Ort und Zeit derselben sowie einen
Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen über den Kostenersatz (§ 40 Abs. 3
GOG und Abs. 4) sowie allfällige Folgen des Ausbleibens zu enthalten.
(3) Wenn eine geladene Person der ihr zugestellten Ladung nicht Folge
leistet, so kann der Untersuchungsausschuß beim Gericht (§§ 21 f.) die Verhängung
einer Ordnungsstrafe beantragen und die Auskunftsperson unter der Androhung,
daß der Untersuchungsausschuß bei neuerlicher Nichtbefolgung der Ladung die
Vorführung beschließen könne, neuerlich laden. Leistet die Auskunftsperson auch
dieser Ladung nicht Folge, so kann der Untersuchungsausschuß unter Beantragung
einer neuerlichen Ordnungsstrafe beschließen, daß sie durch die politische Behörde
vorzuführen ist.
(4) Hinsichtlich des kostenersatzes ist § 40 Abs. 3 GOG anzuwenden.
Gegen entsprechenden Nachweis ist der Auskunftsperson auch der entgangene
Verdienst zu ersetzen.
(5) Bei der Ladung von öffentlich Bediensteten ist die vorgesetzte
Dienstbehörde unter Bekanntgabe des Beweisthemas, zu dem die Auskunftsperson
vernommen werden soll, zu benachrichtigen.
(6) Jede Auskunftsperson kann verlangen, daß einer Person ihres Vertrauens
die Anwesenheit bei der Anhörung gestattet wird. Dies gilt auch, wenn die
Öffentlichkeit gemäß § 4 Abs. 2 ausgeschlossen wird.
(7) Auskunftspersonen und Sachverständige können auch zur schriftlichen
Äußerung eingeladen werden, wenn ein Erscheinen vor dem Ausschuß nicht
zugemutet werden kann oder mit unverhältnismäßig hohen kosten verbunden wäre.
2.Abschnitt
Sitzungen und Beweisaufnahme
III. Öffentlichkeit von Sitzungen
§ 4. (1) Bei der Anhörung von Auskunftspersonen und Sachverständigen wird
Medienvertretern vom Präsidenten nach Maßgabe der räumlichen Möglichkeiten
Zutritt gewährt; der Präsident kann
sich hiebei der Vereinigung der
Parlamentsredakteure und anderer beruflicher Interessensvertretungen von
Journalisten bedienen. Fernseh- sowie Hörfunkaufnahmen und -übertragungen
sowie Film- und Lichtbildaufnahmen sind unzulässig.
(2> Auf Beschluß des Untersuchungsausschusses kann die Öffentlichkeit
ausgeschlossen werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen der
Allgemeinheit oder des einzelnen dies gebieten, es zum Schutz von Betriebs- oder
Geschäftsgeheimnissen notwendig ist oder wenn der Ausschluß der Öffentlichkeit im
Interesse der Erlangung einer wahrheitsmäßigen Aussage erforderlich erscheint.
(3) Die Befragung von Beamten, die gemäß § 6 zur Aussage verhalten
wurden, findet immer unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt.
(4) Die Beratungen des Untersuchungsausschusses sind nicht öffentlich.
IV. Beweis durch Befragung von Auskunftspersonen
1.Aussagepflicht
§ 5. Als Auskunftspersonen dürfen nicht angehört werden:
1. Personen, welche zur Mitteilung ihrer Wahrnehmung unfähig sind, oder
welche zur Zeit, auf welche sich ihre Aussage beziehen soll, zur
Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsache unfähig waren
2. Geistliche in Ansehung dessen, was ihnen in der Beichte oder sonst unter
dem Siegel geistlicher Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde.
§ 6. Öffentlich Bedienstete dürfen sich bei der Einvernahme nicht auf die
Amtsverschwiegenheitspflicht berufen. Hält die Dienstbehörde auf Grund der
Verständigung gemäß § 3 Abs. 5 die Wahrung der Vertraulichkeit von Aussagen
solcher Bediensteter für erforderlich, so hat sie dies dem Untersuchungsausschuß
mitzuteilen. Der Untersuchungsausschuß kann in einem solchen Fall mit
Zweidrittelmehrheit beschließen, daß der öffentlich Bedienstete wegen der
Wichtigkeit seiner Aussage ohne Rücksicht auf die Verpflichtung zur Wahrung der
Amtsverschwiegenheit auszusagen hat.
§ 7. (1) Die Aussage darf von einer Auskunftsperson verweigert werden:
1. über Fragen, deren Beantwortung der Auskunftsperson oder einem ihrer
Angehörigen (§ 72 StGB) zur Schande gereichen oder die Gefahr
strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen
würde;
2. über Fragen, deren Beantwortung der Auskunftsperson oder einer der in
Z 1 bezeichneten Personen einen unmittelbaren bedeutenden
vermögensrechtlichen Nachteil zuziehen würde
3. in bezug auf Tatsachen, über welche sie nicht würde aussagen können,
ohne eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit zu verletzen,
sofern sie von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht gültig entbunden wurde
oder sie als öffentlich Bediensteter gemäß § 6 zur Aussage verhalten
wurde;
4. in Ansehung desjenigen, was ihr in ihrer Eigenschaft als Verteidiger oder
Rechtsanwalt von ihrem Vollmachtgeber anvertraut worden ist;
5. über Fragen, welche die Auskunftsperson nicht würde beantworten können,
ohne ein Kunst— oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren;
6. über die Frage, wie die Auskunftsperson ihr Wahlrecht oder Stimmrecht
ausgeübt hat, wenn dessen Ausübung gesetzlich für geheim erklärt ist.
(2) Die Aussage kann in den unter Z. 1 und 2 angegebenen Fällen mit
Rücksicht auf die dort bezeichneten Angehörigen auch dann verweigert werden,
wenn das eheliche Verhältnis, welches die Angehörigkeit begründet, nicht mehr
besteht.
§ 8. Über Errichtung und Inhalt von Rechtsgeschäften, bei welchen die
Auskunftsperson als Urkundsperson beigezogen worden ist, darf die Aussage
wegen eines zu besorgenden vermögensrechtlichen Nachteiles nicht verweigert
werden.
§ 9. (1) Eine Auskunftsperson, welche die Aussage verweigern will, hat die
Gründe der Weigerung bei der zu ihrer Befragung bestimmten Sitzung oder in ihrer
schriftlichen Äußerung (§ 3 Abs. 7) anzugeben und, falls dies ein Mitglied des
Untersuchungsausschusses verlangt, glaubhaft zu machen.
(2) Der Untersuchungsausschuß entscheidet über die Rechtmäßigkeit der
Weigerung. kommt er zur Auffassung, daß die Verweigerung der Aussage nicht
gerechtfertigt ist, kann er beim Gericht (§§ 21 f.) die Verhängung einer Beugestrafe
beantragen.
2.Befragung und Wahrheitspflicht
§ 10. Der Untersuchungsausschuß beschließt unter Bedachtnahme auf die
beschlossenen Beweise auch einen Zeitplan für deren Aufnahme. Von diesem
Zeitplan soll nur aus schwerwiegenden
Gründen abgegangen werden.
§ 11. (1) Den Auskunftspersonen ist vor ihrer Anhörung bzw. bei ihrer
Einladung zur schriftlichen Äußerung bekanntzugeben, aus welchen Gründen die
Aussage verweigert werden darf (§ 7). Sie sind unter Hinweis auf die Folgen einer
falschen Beweisaussage an ihre Wahrheitspflicht zu erinnern.
(2) Über Verlangen der Auskunftsperson ist dieser vor Eingang in die
Befragung Gelegenheit zu einer zusammenhängenden Erzählung der den
Gegenstand des Zeugnisses bildenden Tatsachen zu geben.
(3) Die Auskunftspersonen sind einzeln in Abwesenheit der später zu
hörenden Auskunftspersonen zu befragen. Die Reihenfolge, in welcher die
Anhörung stattzufinden hat, bestimmt der Vorsitzende des Untersuchungsaus—
schusses unter Bedachtnahme auf das Beweisthema, den Zeitplan für die Befragung
und den in der Ladung der Auskunftsperson angegebenen Zeitpunkt ihrer Anhörung.
Er hat eine Entscheidung des Ausschusses einzuholen, wenn dies von wenigstens
einem Drittel der Mitglieder verlangt wird.
(4) Auskunftspersonen, deren Aussagen voneinander abweichen, können
einander gegenübergestellt werden. Dabei können unter Hinweis auf Widersprüche
zwischen den Aussagen von allen Ausschußmitgliedern weitere Fragen zur
Aufklärung dieser Widersprüche gestellt werden.
§ 12. (1) Auskunftspersonen und Sachverständige werden zunächst durch
den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses befragt. Sie sind vor ihrer
Anhörung auf die Pflicht zur Angabe der Wahrheit und die strafrechtlichen Folgen
einer falschen Aussage zu erinnern. Diese Erinnerung ist im Amtlichen Protokoll
festzuhalten. Der Vorsitzende hat zunächst nach den Personaldaten zu fragen. Er ist
danach auch berechtigt, Fragen zur Sache zu stellen. Anschließend erteilt er den
übrigen Ausschußmitgliedern in der Reihenfolge ihrer Anmeldung das Wort. Bei
gleichzeitiger Anmeldung mehrerer Mitglieder erteilt der Vorsitzende das Wort unter
Bedachtnahme auf Klubstärke und Abwechslung zwischen den Fraktionen. Der
Vorsitzende hat das Recht, aus wichtigen Gründen, insbesondere wenn dies der
Verhandlungsökonomie oder der Wahrheitsfindung dient oder wenn Widersprüche
klarzustellen sind, auf Antrag eines Mitgliedes oder — falls kein Widerspruch erhoben
wird - aus eigenem von der Reihenfolge der Worterteilungen abzuweichen.
(2) Sofern sich die Auskunftsperson einer Vertrauensperson bedient, ist auch
diese über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweisaussage als Beteiligter
zu erinnern. Auch diese Erinnerung ist im Amtlichen Protokoll festzuhalten.
§ 13. (1) Ist eine Frage nicht durch das im Beweisbeschluß festgelegte
Beweisthema gedeckt oder wird sonst die Zulassung oder Nichtzulassung einer
Frage durch den Vorsitzenden bestritten, so entscheidet hierüber auf Antrag eines
Mitgliedes nach Anhörung des Verfahrensanwaltes, jedoch ohne weitere Debatte,
der Untersuchungsausschuß.
(2) Die an die Auskunftsperson zu richtenden Fragen dürfen nicht
unbestimmt, dunkel, mehrdeutig, verfänglich, beleidigend oder unterstellend sein.
Es sind daher insbesondere solche Fragen unzulässig, in denen eine von der
Auskunftsperson nicht zugestandene Tatsache als bereits zugestanden
angenommen wird.
(3) Fragen, durch die einer Auskunftsperson Umstände vorgehalten werden,
die erst durch ihre Antwort festgestellt werden sollen, dürfen nur gestellt werden,
wenn die Auskunft nicht in anderer Weise erlangt werden kann.
3.Vertrauensperson
§ 14. (1) Jede Auskunftsperson kann sich bei ihrer Einvernahme vor dem
Untersuchungsausschuß durch eine Vertrauensperson begleiten lassen. Deren
Aufgabe ist die Beratung der Auskunftsperson. Die Vertrauensperson hat jedenfalls
nicht das Recht, offizielle Erklärungen vor dem Untersuchungsausschuß abzugeben
oder an Stelle der Auskunftsperson zu antworten.
(2) Als Vertrauensperson kann ausgeschlossen werden, wer voraussichtlich
als Auskunftsperson im Verfahren vor dem Untersuchungsausschuß geladen wird
oder wer besorgen läßt, daß seine Anwesenheit die Auskunftsperson bei der
Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflussen könnte.
V. Beweis durch Sachverständige
1.BestellungvonSachverständigen
§ 15. Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig,
so kann der Untersuchungsausschuß einen oder mehrere Sachverständige
bestellen. Hiebei soll, sofern nicht besondere Umstände etwas anderes notwendig
machen, vor allem auf die für Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellten
Sachverständigen Bedacht genommen werden.
§ 16. (1) Auf Antrag eines Mitgliedes des Untersuchungsausschusses können
Sachverständige abgelehnt werden, wenn Umstände glaubhaft gemacht werden,
welche die Unbefangenheit oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel
ziehen.
(2) Ablehnungsanträge können nur vor dem Beginn der Beweisaufnahme
durch Anhörung des Sachverständigung im Untersuchungsausschuß gestellt
werden.
(3) Über Ablehnungsanträge entscheidet der Untersuchungsausschuß mit
Beschluß.
§ 17. (1) Der Bestellung zum Sachverständigen hat Folge zu leisten, wer zur
Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art öffentlich bestellt ist oder wer die
Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Voraussetzung der
geforderten Begutachtung ist öffentlich als Erwerb ausübt oder zu deren Ausübung
öffentlich angestellt oder ermächtigt ist.
(2) Aus denselben Gründen, welche Auskunftspersonen zur Verweigerung der
Aussage berechtigen, kann die Enthebung von der Bestellung als Sachverständiger
begehrt werden.
(3) § 9 ist sinngemäß anzuwenden.
(4) Dem Sachverständigen gebührt für seine Tätigkeit eine angemessene
Entlohnung.
§ 18. Ergeben sich Fragen, deren Beantwortung für das Gutachten von
Bedeutung sind, kann der Sachverständige im Wege des Vorsitzenden die Klärung
dieser Fragen und von Widersprüchen, allenfalls auch durch Auskünfte von
Auskunftspersonen, verlangen.
VI. Verfahrensanwalt
§ 19. (1) Dem Vorsitzenden ist im Interesse des Schutzes der Grund- und
Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen sowie zur Wahrung eines fairen
Verfahrens ein Verfahrensanwalt beigegeben.
(2) Zum Verfahrensanwalt kann bestellt werden, wer durch seine beruflichen
Fähigkeiten und Erfahrungen insbesondere im Bereich der Rechtsprechung Gewähr
dafür bietet, daß er unabhängig von den Fraktionen des Untersuchungsausschusses
für die Einhaltung der Verfahrensregeln beiträgt und seine Position im Interesse des
Grund- und Persönlichkeitsschutzes ausübt.
(3) Der Verfahrensanwalt wird aus einer Liste der von den Fraktionen zu
nominierenden Kandidaten mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Findet ein Kandidat im
ersten Wahlgang nicht die erforderliche Mehrheit, findet ein zweiter Wahlgang
zwischen den Kandidaten mit den meisten Stimmen statt. In diesem Wahlgang
genügt die einfache Mehrheit.
(4) Dem Verfahrensanwalt gebührt für seine Tätigkeit ein angemessenes
Entgelt.
§ 20. (1) Der Verfahrensanwalt hat den Vorsitzenden auf Verletzungen der
Verfahrensordnung oder Eingriffe in die Grund- oder Persönlichkeitsrechte der
Auskunftsperson hinzuweisen. Zur Durchsetzung solcher Rechte kann sich auch
jede Auskunftsperson sowie deren
Vertrauensperson an den Verfahrensanwalt
wenden.
(2) Trägt der Vorsitzende den Hinweisen des Verfahrensanwaltes gemäß
Abs. 1 nicht Rechnung, so hat jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses das
Recht eine Entscheidung des Untersuchungsausschusses herbeizuführen. Jedem
Mitglied des Untersuchungsausschusses und dem Verfahrensanwalt steht das Recht
zu, eine Beratung zur Klärung dieser Frage zu verlangen.
VII. Zwangsmaßnahmen
§ 21. Abgesehen von der Vorführung einer Auskunftsperson für den Fall ihres
Nichterscheinens (§ 3 Abs. 3) und der Verhängung von Ordnungs- und von
Beugestrafen wegen ungerechtfertigter Weigerung einer Aussage stehen dem
Untersuchungsausschuß keine Zwangsmittel zur Verfügung. Insbesondere ist die
Durchführung von Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme von
Gegenständen unzulässig.
§ 22. (1) Beantragt der Untersuchungsausschuß die Verhängung einer
Ordnungs— oder einer Beugestrafe, so übermittelt er diesen Antrag unter Anschluß
der hiefür maßgeblichen Gründe an Landesgericht für Strafsachen Wien.
(2) Auf Grund des Antrages des Untersuchungsausschusses verhängt das
Gericht in sinngemäßer Anwendung der StPO (§§ 159ff.) die Ordnungs- oder
Beugestrafe. Auf die Gründe für eine Entschuldigung und das Rechtsmittel gegen
die Anordnung finden die Bestimmungen der StPO Anwendung.
VIII. Protokollierung
§ 23. (1) Über die Sitzungen des Untersuchungsausschusses wird ein
Protokoll angefertigt.
(2) Beweiserhebungen werden wörtlich protokolliert. Zum Zwecke der
Protokollierung darf die Beweisaufnahme auf Tonträger aufgenommen werden.
(3) Über die Art der Protokollierung der Beratungen entscheidet der
Untersuchungsausschuß.
(4) Das übertragene Protokoll ist der Auskunftsperson bzw. dem
Sachverständigen auf deren Ersuchen zur Einsicht vorzulegen. Diese können
binnen drei Tagen nach Einsichtnahme gegen Fehler der Übertragung
Einwendungen erheben. Werden Einwendungen erhoben, so entscheidet darüber
der Untersuchungsausschuß.
Ix. Vertraulichkeit
§ 24. (1) Der Inhalt der Beratungen des Untersuchungsausschusses und die
Inhalte der Aussagen von Auskunftspersonen in nichtöffentlicher Sitzung sind
vertraulich. Die Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes über die
Vertraulichkeit (§ 37 GOG) sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Die über vertrauliche Sitzungen angefertigten Protokolle dürfen nur den
Mitgliedern des Unterausschusses übermittelt werden. Der Präsident des
Nationalrates hat für eine entsprechende Verwahrung dieser Teile des Protokolls
Sorge zu tragen.
(3) Die von den öffentlichen Ämtern vorgelegten Akten (§ 25) dürfen nicht
veröffentlicht werden. Der Präsident kann vor Verteilung an die Mitglieder des
Untersuchungsausschusses durch eine entsprechende Kennzeichnung der
einzelnen Exemplare dafür Sorge tragen, daß diese Vertraulichkeit gewahrt bleibt.
X. Rechtshilfe und Aktenvorlage
§ 25. (1) Die Gerichte und alle anderen Behörden sind verpflichtet1 dem
Ersuchen von Untersuchungsausschüssen um Beweiserhebungen im Rahmen der
Befugnisse des Untersuchungsausschusses (§ 17) Folge zu leisten. Hiebei haben
sie die vorstehenden Bestimmungen anzuwenden.
(2) Alle öffentlichen Ämter haben auf Verlangen ihre Akten vorzulegen.
3. Abschnitt
Berichterstattung
§ 26. (1) Der Untersuchungsausschuß erstattet auf Grund der durchgeführten
Beweise einen Bericht an den Nationalrat. Für die Berichterstattung sind die
Vorschriften des Geschäftsordnungsgesetzes (§ 42 GOG) sinngemäß anzuwenden.
(2) Der Bericht hat neben dem Verlauf des Verfahrens und den
aufgenommenen Beweisen jedenfalls eine Darstellung der festgestellten Tatsachen,
gegebenenfalls eine Beweiswürdigung sowie schließlich das Ergebnis der
Untersuchung zu enthalten.
(3) Der Bericht des Untersuchungsausschusses kann auch Empfehlungen
enthalten.“
Artikel III
Das Strafgesetzbuch, zuletzt geändert mit BGBI. l Nr.12/1997, wird wie folgt
geändert:
Nach § 288 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:
„(4) Der Täter ist nach Abs. 3 jedoch nicht zu bestrafen, wenn sich die
Untersuchung des Ausschusses gemäß Art. 53 B-VG gegen die Person gerichtet
hat, die eine falsche Beweisaussage abgelegt hat, sofern eine wahrheitsgemäße
Aussage dieser Person die Gefahr ihrer strafgerichtlichen Verfolgung nach sich
gezogen hätte."
Begründung
A. Allgemeines
Die Untersuchungsausschüsse haben durch deren Medienöffentlichkeit, die mit der
GOG-Novelle 1988 geschaffen wurde, eine neue Qualität erreicht. So wurden
wegen der unmittelbaren Berichterstattung die Befragungen oft „medienwirksamer“
gestaltet, was manchmal zu Eingriffen in Persönlichkeitsrecht geführt hat.
Aus dieser Erkenntnis heraus, hat bereits nach dem Untersuchungsausschuß zur
Aufklärung der Gausa LUCONA die Diskussion über die Schaffung einer neuen
Verfahrensordnung begonnen, die sich insbesondere auf folgende Feststellungen
des Abschlußberichtes dieses Untersuchungsausschusses stützte:
„Es wäre zu prüfen, für Untersuchungsausschüsse eine eigene
Verfahrensordnung zu schaffen, weil mit dem Geschäftsordnungsgesetz des
Nationalrates und der sinngemäßen Anwendung der Strafprozeßordnung
nicht immer das Auslangen gefunden werden konnte. (Empfehlung Nr 3,
1000 dB., XVII. GP)
„Die Amtsverschwiegenheit von Organen des Bundes und das Ausmaß ihrer
Amtsverschwiegenheit gegenüber parlamentarischen
Untersuchungsausschüssen sind einer klaren Regelung zuzuführen.,,
(Empfehlung Nr 2,1000 d.B.‘ XVII. GP).
Diese Anliegen sollen mit dem nun vorliegenden Antrag verwirklicht werden:
1. Die für Untersuchungsausschüsse relevanten Verfahrensbestimmungen
sollen in einem Anhang zum GOG zusammengefaßt werden, um
Querverweisungen und die damit verbunden Probleme mit der
sinngemäßen Anwendung von anderen Gesetzen zu vermeiden;
2. um die in den Artikeln 52 und 53 B-VG normierten kontrollrechte effizient
ausüben zu können, soll durch die neue Verfahrensordnung festgelegt
werden, daß die Verpflichtung zur Wahrung des Amtsgeheimnisses dem
Untersuchungsausschuß gegenüber nicht gilt. Im Interesse der staatlichen
Sicherheit sollen jedoch Vorkehrungen getroffen werden, daß besonders
sensible Fragen in vertraulicher Sitzung behandelt werden können;
3. im Interesse des Rechtsschutzes der Auskunftsperson soll in der neuen
Verfahrensordnung neben der Möglichkeit der Beiziehung einer
Vertrauensperson auch ein Verfahrensanwalt geschaffen werden, der den
Vorsitzenden in seinen Aufgaben unterstützt und insbesondere die
Einhaltung der Verfahrensordnung und den Schutz von
Persönlichkeitsrechten überwachen
soll;
4. ausgehend von den Erkenntnissen der Untersuchungsausschüsse soll
sichergestellt werden, daß - außer der Möglichkeit der Vorführung - dem
Untersuchungsausschuß keine weiteren Zwangsmittel zur Verfügung
stehen. Der Untersuchungsausschuß kann bei Nichterscheinen bzw. bei
ungerechtfertigter Weigerung einer Aussage nur beim Gericht die
Verhängung einer Ordnungs- oder einer Beugestrafe beantragen
5. Das Prinzip, daß sich niemand selbst belasten muß, soll auch in dem
Verfahren vor den Untersuchungsausschüssen verwirklicht werden. Dies ist
insbesondere deshalb von Bedeutung, weil der Untersuchungsausschuß
nur Auskunftspersonen vernehmen kann, die sich aber möglicherweise -
als in Untersuchung gezogene Personen - selbst belasten müßten, weil sie
der durch § 288 StGB verankerten strafrechtlichen Wahrheitspflicht
unterliegen.
B. Zu den einzelnen Bestimmungen
1. Zu Artikel l
Die Änderung des § 33 GOG ist erforderlich geworden, weil Teile dieser
Bestimmung in die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse übernommen
werden sollen. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, daß die
Verfahrensordnung Teil des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates ist und
nur nach den für Geschäftsordnungsänderungen maßgebenden Bestimmungen
geändert werden soll.
In der Neufassung des § 33 GOG soll auch sichergestellt werden, daß die
Bestimmungen des GOG über Ausschüsse grundsätzlich gelten, sofern die
Verfahrensordnung nicht Spezialvorschriften enthält. Dies betrifft etwa die
Bestimmungen über das für Beschlußfassungen notwendige Quoren, Bestimmungen
über die Vertraulichkeit, Minderheitenberichte und abweichende persönliche
Stellungnahmen etc.
2. Zu Artikel II
Die Verfahrensordnung sieht eine Dreiteilung des Verfahrens in
• Beweisbeschluß und Vorbereitung der Sitzungen
• Sitzungen und Beweisaufnahme und
• Berichterstattung
vor.
1. Abschrift
Beweisbeschluß und Vorbereitung der Sitzungen
1. Beweisbeschluß
Zu§1
Durch diese Grundsatzbestimmung soll eindeutig zum Ausdruck gebracht werden,
daß Grundlage der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses der
Untersuchungsauftrag ist, wie er vom Nationalrat gemäß § 33 GOG festgelegt
worden ist. D.h. daß Beweisbeschlüsse, die durch diesen Grundsatzbeschluß des
Nationalrates nicht gedeckt sind, unzulässig sind.
Zu §2:
Mit der Einführung der Beweisbeschlüsse nach dem Muster des zivilgerichtlichen
Verfahrens soll die Struktur der Ausschußtätigkeit festgelegt werden und überdies
sichergestellt werden, daß die Auskunftspersonen entsprechend über das
Beweisthema ihrer Aussage informiert werden können.
Durch Abs. 3 wird unzweifelhaft festgelegt, daß Änderungen der Beweisbeschlüsse
nur nach den Regeln über die Reassümierung von Ausschußbeschlüssen zulässig
sein sollen.
Der Vernehmungszeitpunkt eines Zeugen ist nicht Gegenstand des
Beweisbeschlusses, doch gibt es hier ein Bindungswirkung durch den vom
Untersuchungsausschuß zu beschließenden (§ 10).
Wie in den gerichtlichen Verfahrensordnungen werden auch in der
Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse die Beweismittel nicht aufgezählt.
Es wird sich in der Regel um den Urkundenbeweis (Vorlage von Akten) und die
Vernehmung von Auskunftspersonen handeln. Hausdurchsuchungen und
Beschlagnahmebeschlüsse werden aber, wie ausdrücklich verankert ist, auch zur
Erlangung von Urkunden nicht zulässig sein. Die Verfahrensordnung schließt auch
Ortsaugenscheine nicht grundsätzlich aus, doch wird es sich dabei wohl um eine
seltene Ausnahme bei Fragen von besonderer Tragweite handeln.
Die Verfahrensordnung enthält jedoch ausdrückliche Beweismittelverbote. So sollen
Beweismittel, die durch eine strafbare Handlung oder durch die Umgehung sonstiger
gesetzlicher Bestimmungen zustande gekommen sind, nicht verwendet werden
dürfen. Dabei ist insbesondere an solche Beweismittel zu denken, die in Verletzung
der §§ 118ff. StGB (§118 StGB: Verletzung des Briefgeheimnisses, § 119 StGB:
Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, § 120 StGB: Mißbrauch von Tonaufnahme-
und Abhörgeräten, § 121 StGB: Verletzung von Berufsgeheimnissen, § 122 StGB:
Verletzung eines Geschäfts- oder Berufsgeheimnisses oder § 123 StGB:
Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Berufsgeheimnisses) gewonnen worden
sind.
II. Ladung von Auskunftspersonen oder Sachverständigen
Zu§3:
Die Bestimmung über die Ladung von Auskunftspersonen und Sachverständigen
folgt den Regelungen der Geschäftsordnung, daß die Ladung auf der Grundlage des
Beschlusses des Ausschusses durch den Präsidenten des Nationalrates zu erfolgen
hat.
Wie im gerichtlichen Verfahren, soll die Ladung — neben Zeit und Ort der
vorgesehenen Befragung - auch im Untersuchungsausschuß das Beweisthema
enthalten, um der Auskunftsperson die Möglichkeit zur Vorbereitung zu geben. Die
Angabe des Beweisthemas, auch in der Verständigung der Dienstbehörde von
öffentlich Bediensteten (Abs.5), ist auch im Hinblick auf die Neuregelung der
Auskunfstpflicht (§ 6) von Bedeutung.
Folgt eine Auskunftsperson einer Ladung nicht, so kann der
Untersuchungsausschuß nach entsprechender Androhung die Vorführung durch die
Sicherheitsbehörde beschließen. Neben dieser, den Ausschüssen des Nationalrates
bereits heute auf Grund des § 40 Abs. 2 GOG eingeräumten Möglichkeit sieht die
Verfahrensordnung nunmehr aber auch die Möglichkeit der Verhängung einer
Ordnungsstrafe vor. Hiezu soll jedoch die Entscheidung des unabhängigen Gerichts
erforderlich sein, das die entsprechenden Bestimmungen der Strafprozeßordnung
anwenden soll (vgl. § 22).
Zur Verbesserung der Situation der Auskunftspersonen sieht die Verfahrensordnung
neben der Einführung eines Verfahrensanwaltes die Möglichkeit vor, sich durch eine
Vertrauensperson (§ 14) begleiten zu lassen.
2.Abschnitt
Sitzungen und Beweisaufnahme
III. Öffentlichkeit von Sitzungen
Zu§4:
Diese Bestimmung enthält zunächst die aus dem GOG übernommenen Regelungen
über die Medienöffentlichkeit.
Sowohl im Interesse der Auskunftsperson, zum Schutz von Betriebs— oder
Geschäftsgeheimnissen sowie dann, wenn dies zur Erlangung einer
wahrheitsgemäßen Aussage erforderlich erscheint, soll der Untersuchungsausschuß
die Öffentlichkeit ausschließen können. Die Öffentlichkeit ist jedenfalls
auszuschließen, wenn ein Beamter gemäß § 6 zur Ablegung einer Aussage
verhalten wird.
Durch Abs. 4 soll klargestellt werden, daß die Beratungen der
Untersuchungsausschüsse in jedem Fall
nicht öffentlich sind.
In Zusammenhang mit der Nichtöffentlichkeit von Beratungen und Vernehmungen
einzelner Auskunftspersonen ist auch auf die Sonderbestimmungen über die
Protokollierung (§ 23) und die Vertraulichkeit (§ 24) zu verweisen.
IV. Beweis durch Befragung von Auskunftspersonen
1.Aussagepflicht
Zu§5:
Die Vernehmungsverbote des § 5 orientieren sich an den Bestimmungen über das
zivilgerichtliche Verfahren (§ 320 ZPO>. Für öffentlich Bedienstete enthält § 6 wegen
des Spannungsverhältnisses zwischen parlamentarischen kontrollrechten und der
Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit Sonderregelungen. Die
Entschlagungsrechte sind in § 7 geregelt und ebenfalls dem zivilgerichtlichen
Verfahren (§ 321 ZPO) nachgebildet.
Zu§6:
Um die Kontrollrechte des Parlaments nicht zu beschneiden, soll, der Empfehlung
des LUCONA-Untersuchungsausschusses folgend, eine Änderung hinsichtlich der
Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit herbeigeführt werden. So soll
künftig — in Umkehrung der bisherigen Rechtslage - grundsätzlich die Verpflichtung
öffentlich Bediensteter bestehen, vor dem Untersuchungsausschuß auszusagen.
Sofern die Dienstbehörde allerdings die Auffassung vertritt, daß die Vertraulichkeit
der Aussage gewahrt bleiben muß, so hat sie dies dem Ausschuß mitzuteilen.
Dieser kann auf Grund einer solchen Mitteilung von einer Vernehmung zu einem
bestimmten Beweisthema Abstand nehmen oder mit Zweidrittelmehrheit
beschließen, daß die Aussage trotz dieser Mitteilung zu erfolgen hat. Um den
Bedenken der Dienstbehörde jedoch Rechnung zu tragen, hat eine solche
Vernehmung in jedem Fall unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden.
Um sicherzustellen, daß die Dienstbehörde von der Vernehmung Kenntnis erlangt,
ist sie hievon unter Bekanntgabe des Beweisthemas (§ 3 Abs. 5) zu verständigen.
Im Interesse der Vertraulichkeit enthält die Verfahrensordnung auch entsprechende
Bestimmungen über die Protokollierung und die Vertraulichkeit.
Zu§7:
Die Gründe, sich einer Aussage zu entschlagen, richten sich im wesentlichen nach
den entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (§ 321 ZPO). Lediglich
hinsichtlich der Angehörigeneigenschaft wird auf § 72 StGB verwiesen. Dadurch soll
sichergestellt werden, daß auch Lebensgemeinschaften von Personen
verschiedenen Geschlechts die
Angehörigeneigenschaft bewirken.
Zu§8:
Auch diese Bestimmung folgt im wesentlichen dem in der ZPO enthaltenen
Grundsatz (§ 322 ZPO).
Zu§9:
Wie in der ZPO (§ 323 ZPO) soll die Auskunftsperson gegebenenfalls verpflichtet
werden können1 die Gründe für ihre Aussageverweigerung glaubhaft zu machen.
Kommt der Ausschuß zur Auffassung, daß die Weigerung durch die
Entschlagungsgründe nicht gedeckt ist, kann er beschließen, beim Gericht die
Verhängung einer Beugestrafe (§ 22) zu beantragen.
2.Befragung und Wahrheitspflicht
Zu § 10:
Der Untersuchungsausschuß soll neben den Beweisbeschlüssen auch einen
Zeitplan beschließen. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Zeugen zeitlich
gestaffelt geladen werden können und es nicht zu unzumutbaren Wartezeiten
kommt, wie dies in den letzten Untersuchungsausschüssen der Fall gewesen ist.
Da das Ergebnis von Aussagen der Auskunftspersonen und deren Bedeutung für
das Untersuchungsthema nicht in jedem Fall vorhersehbar ist, muß die Möglichkeit
geschaffen werden, von dem beschlossenen Zeitplan abzugehen. Von dieser
Möglichkeit soll jedoch nur aus schwerwiegenden Gründen, nach Möglichkeit nach
Anhörung des Verfahrensanwaltes, abgegangen werden.
Es ist eindeutig, daß sich der Zeitplan in erster Linie an den Vorsitzenden richtet,
weil dieser nach § 11 Abs. 3 die Reihenfolge der Vernehmung zu beschließen hat.
Auf Verlangen eins Drittels des Ausschusses würde eine Änderung allerdings der
Beschlußfassung des Untersuchungsausschusses bedürfen (vgl. § 11 Abs.3).
Zu§11:
Die Auskunftspersonen sind vom Vorsitzenden auf die Gründe für eine
Aussageverweigerung hinzuweisen sowie an die Wahrheitspflicht zu erinnern und
über die Folgen einer falschen Beweisaussage zu belehren. Entsprechend den
Grundsätzen der StPO soll der Auskunftsperson - über ihr Verlangen - die
Möglichkeit eingeräumt werden, eine zusammenhängende Darstellung zu geben.
Diese Bestimmung legt grundsätzlich fest, daß Auskunftspersonen einzeln und
voneinander unabhängig zu vernehmen sind, läßt aber die Möglichkeit einer
Gegenüberstellung offen, wenn diese zur Aufklärung von Widersprüchen
erforderlich scheint.
Was die Reihenfolge der Vernehmung anlangt, ist der Vorsitzende an den
beschlossenen Zeitplan gebunden. (vgl. dazu auch die Ausführungen zu § 10).
Zu§12:
Aufgabe des Vorsitzenden ist es, die Auskunftsperson vor ihrer Anhörung auf die
Wahrheitspflicht und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage
hinzuweisen. In Entsprechung dieser Belehrung wird auch eine allfällige
Vertrauensperson auf die strafrechtlichen Folgen einer Bestimmung (Anstiftung) zu
einer falschen Beweisaussage (§§ 12, 288 StGB) aufmerksam zu machen sein.
Nach dieser Belehrung hat der Vorsitzende die Personaldaten sowohl der
Auskunftsperson wie auch einer allfälligen Vertrauensperson aufzunehmen. Dem
Vorsitzenden steht es frei, danach auch Fragen zur Sache zu stellen.
Was die Reihenfolge der Fragestellung anlangt, soll der Vorsitzende das Wort unter
Bedachtnahme auf die Klubstärke und Abwechslung zwischen den Fraktionen
erteilen. In der Regel wird es am Beginn der Arbeiten jedes
Untersuchungsausschusses zur Festlegung der Reihenfolge der Fraktionen
kommen. Hiebei sollte auch berücksichtigt werden, daß sich jeweils die
Erstbefragung einer Auskunftsperson auch nach dieser Reihenfolge richtet.
Zu§13:
Durch diese Bestimmung wird klargestellt, daß Fragen nur im Umfang des
Beweisthemas zulässig sind. Der Vorsitzende wird Fragen aber auch dann
zurückzuweisen haben, wenn sei aus anderen Gründen unzulässig sind,
insbesondere wenn es sich um Fangfragen handelt. Über die Frage der Zulässigkeit
hat der Vorsitzende zu entscheiden, wobei er sich der Unterstützung durch den
Verfahrensanwalt bedienen kann. Jedes Mitglied des Untersuchungsausschusses
hat die Möglichkeit, eine Entscheidung des Ausschusses selbst herbeizuführen.
Diese Entscheidung soll jedoch, nach Anhörung des Verfahrensanwaltes, ohne
Debatte zu treffen sein.
Den Bestimmungen der StPO folgend, sollen Fangfragen unzulässig sein. Darüber
hinaus werden vom Vorsitzenden aber auch Fragen, die unterstellend oder
beleidigend sind, zurückzuweisen sein. Suggestivfragen sind, ebenso wie nach den
Bestimmungen der StPO, wörtlich zu protokollieren.
3.Vertrauensperson
Zu§14:
Durch die neue Verfahrensordnung soll Auskunftspersonen die Möglichkeit
eingeräumt werden, bei ihren Aussagen eine Vertrauensperson beizuziehen. Als
Vertrauenspersonen kommen neben Angehörigen auch Rechtsanwälte in Betracht.
Diese Vertrauenspersonen werden aber nicht die Möglichkeit haben, selbst
Erklärungen abzugeben oder an Stelle der
Auskunftsperson zu antworten.
Die Möglichkeit der Vertrauenspersonen bestehen, wie sich aus § 20 Abs. 1 ergibt
darin, den Vertrauensanwalt auf vermeintliche Verletzungen der Verfahrensordnung
oder der Privatrechte der Auskunftsperson hinzuweisen, der sich sodann an den
Vorsitzenden wenden kann, sofern er die Auffassung der Vertrauensperson teilt.
Als Vertrauenspersonen ausgeschlossen sollen jedenfalls jene Personen sein, die
möglicherweise noch selbst als Auskunftspersonen vor dem
Untersuchungsausschuß aussagen müssen. Ein Ausschluß als Vertrauensperson
soll ferner dann gegeben sein, wenn ihre Anwesenheit besorgen läßt, daß die
Auskunftsperson dadurch in der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage
beeinflußt werden könnte.
V. Beweis durch Sachverständige
1.BestellungvonSachverständigen
Zu§15:
Auch vor dem Untersuchungsausschuß soll der Sachverständigenbeweis zulässig
sein. Hiefür sollen in erster Linie die in der bei den Gerichtshöfen geführten Liste
eingetragenen Sachverständigen herangezogen werden.
Zu§16:
Sofern die Unbefangenheit oder die Sachkunde eines Sachverständigen in Zweifel
gezogen wird, kann der Untersuchungsausschuß seine Ablehnung beschließen.
Dieser Beschluß soll aber nur vor Abgabe des Gutachtens zulässig sein.
Zu§17:
Für die Vernehmung von Sachverständigen kommen im wesentlichen die für
Auskunftspersonen geltenden Bestimmungen zur Anwendung.
Was den Entlohnungsanspruch des Sachverständigen anlangt, enthält die
Verfahrensordnung nur den Grundsatz. Für die Festlegung der Höhe werden die
auch für gerichtliche Verfahren geltenden Bestimmungen zur Anwendung kommen.
Zu§18:
Da für die Erstellung eines Gutachtens die entsprechenden Vorfragen geklärt sein
müssen, räumt § 18 dem Sachverständigen das Recht ein, solche Fragen im Wege
des Vorsitzenden klären zu lassen.
VI. Verfahrensanwalt
Zu§19
Diese Bestimmung enthält eine der wesentlichsten Neuerungen der
Verfahrensordnung. Sie geht auf Anregungen zurück, die sich aus der Tätigkeit der
letzten (medienöffentlichen) Untersuchungsausschüsse ergeben, in denen
manchmal mit der Privatsphäre von Auskunftspersonen mit gewisser Leichtfertigkeit
umgegangen worden ist. In diesem Sinn soll der Verfahrensanwalt dem
Vorsitzenden im Interesse des Schutzes der Grund- und Persönlichkeitsrechte der
Auskunftspersonen sowie zur Wahrung eines fairen Verfahrens beigegeben werden.
Der Verfahrensanwalt soll zunächst von allen Fraktionen unabhängig sein. Er soll
Fähigkeiten und berufliche Erfahrungen haben, die diese Unabhängigkeit nicht in
Zweifel ziehen. Die Erfahrungen sollen sich insbesondere auf Erfahrungen im
Bereich der Rechtsprechung beziehen, auf Grund derer er die Einhaltung der
Verfahrensordnung einschließlich des Schutzes der Grund— und
Persönlichkeitsrechte zu beurteilen in der Lage ist.
Der Verfahrensanwalt soll sich auf eine möglichst breite Mehrheit des
Untersuchungsausschusses stützen können, weshalb vorgesehen ist, daß er auf der
Grundlage einer Liste der von allen Fraktionen nominierten Kandidaten zunächst mit
Zweidrittelmehrheit gewählt werden soll. Erst wenn diese Mehrheit nicht zustande
kommt, soll in einem zweiten Wahlgang die einfache Mehrheit ausreichen.
Zu§20:
Aufgabe des Verfahrensanwaltes wird es sein, den Vorsitzenden auf allfällige
Verletzungen der Verfahrensordnung oder der Grund- und Persönlichkeitsrechte
aufmerksam zu machen. Er hat selbst nicht die Möglichkeit, eine Entscheidung des
Untersuchungsausschusses herbeizuführen, wenn der Vorsitzende seinen
Anregungen nicht Folge leistet. Da aber Interventionen des Verfahrensanwaltes vom
Untersuchungsausschuß wahrgenommen werden, kann eine solche Anlaß dafür
sein, daß über Antrag eines Mitglieds des Untersuchungsausschusses eine
Entscheidung herbeigeführt wird. Dieser kann, im Falle komplexer Fragen, eine
Beratung des Untersuchungsausschusses vorangehen, die nicht nur von Mitgliedern
des Untersuchungsausschusses, sondern auch vom Verfahrensanwalt verlangt
werden kann.
VII. Zwangsmaßnahmen
Zu§21:
Durch diese Bestimmung sollen die Zwangsmaßnahmen weitgehend beschränkt
werden. Unmittelbar hat der Untersuchungsausschuß nur das Recht, eine
Vorführung durch die Sicherheitsbehörde zu veranlassen. Ordnungs— und
Beugestrafen können durch den Untersuchungsausschuß nur beantragt werden (vgl.
§ 22)
Zu§22:
Kommt der Untersuchungsausschuß zur Auffassung, daß eine Beuge- oder eine
Ordnungsstrafe zu verhängen ist, kann er deren Verhängung nur bei Gericht, und
zwar beim Landesgericht für Strafsachen Wien, beantragen, das hiefür die
Strafprozeßordnung anzuwenden hat. Das Gericht ist hiebei nicht an den Antrag des
Untersuchungsausschusses gebunden, sondern hat auch die Voraussetzungen der
Verhängung solcher Strafen unabhängig zu prüfen.
VIII. Protokollierung
Zu§23
Für die Vernehmung von Auskunftspersonen soll, der bisherigen Praxis folgend, ein
Wortprotokoll angefertigt werden. Zu diesem Zweck sollen die Aussagen durch
Tonband aufgenommen werden dürfen. Inwieweit Beratungen protokolliert werden,
sei es Beschluß, Resümee- oder Wortprotokoll, soll der Untersuchungsausschuß
selbst entscheiden.
Die Auskunftspersonen und Sachverständigen sollen das Recht haben, eine ihrer
Meinung nach unrichtige Protokollierung zu berichtigen. Über derartige
Einwendungen entscheidet der Untersuchungsausschuß.
lx. Vertraulichkeit
Zu §24:
Die nichtöffentlichen Teile der Untersuchungsausschüsse sind vertraulich zu
behandeln. Dies betrifft auch die Akten, die dem Untersuchungsausschuß vorgelegt
worden sind und die nicht veröffentlicht werden dürfen. Diesbezüglich sollen die
Bestimmungen des GOG (§ 37 GOG> entsprechend zur Anwendung kommen.
Darüber hinausgehend könnte allenfalls auch noch überlegt werden, einen Bruch
der Vertraulichkeit ähnlich wie bei den Ständigen Unterausschüssen (§§ 32 b if.
GOG und § 310 Abs. 2 StGB) zu behandeln.
X. Rechtshilfe und Aktenvorlage
Zu§25:
Die Bestimmungen über Rechtshilfe und Aktenvorlage richten sich im wesentlichen
nach den geltenden Regelungen.
3. Abschnitt
Berichterstattung
Zu§26
Entsprechend der Dreiteilung des geplanten Verfahrens wird in dieser Bestimmung
die Berichterstattung geregelt. Der Bericht hat, abgesehen vom Verfahrensverlauf,
insbesondere eine Darstellung der festgestellten Tatsachen und das Ergebnis der
Untersuchung zu enthalten. Der Untersuchungsausschuß soll die Möglichkeit haben,
auch eine Beweiswürdigung vorzunehmen, also darzustellen, warum er einzelne
Umstände angenommen hat oder nicht. Ausdrücklich wird das Recht verankert, daß
der Untersuchungsausschuß - wie in den letzten Untersuchungsausschüssen —
Empfehlungen beschließen kann.
Ausdrücklich verankert wird das Recht, Minderheitenberichte oder abweichende
persönliche Stellungnahmen abzugeben.
3. Zu Artikel III
Im gerichtlichen Strafverfahren gilt der Grundsatz, daß niemand gezwungen werden
kann, sich selbst zu belasten. In diesem Sinn kommt dem Beschuldigten eine
besondere Rechtsstellung zu; er kann insbesondere wegen einer Falschaussage
nicht zur Verantwortung gezogen werden.
Anders als im gerichtlichen Strafverfahren gibt es vor einem
Untersuchungsausschuß ausschließlich Auskunftspersonen, die der
Wahrheitspflicht unterliegen. Diese haben zwar die Möglichkeit, sich der Aussage zu
entschlagen wenn, sie sich selbst belasten würden. Da Untersuchungsausschüsse
daraus jedoch ihre Schlüsse ziehen würden, könnte eine Entschlagung einer
Person, die selbst von der Untersuchung betroffen ist, als Schuldeingeständnis
interpretiert werden. Aus diesem Grund soll im § 288 StGB ein
Strafausschließungsgrund für jene Personen geschaffen werden, gegen die sich die
Untersuchung des Untersuchungsausschusses richtet, sofern sie eine falsche
Beweisaussage abgelegt haben, weil eine wahrheitsgemäße Aussage vor dem
Untersuchungsausschuß die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung nach sich
gezogen hätte.
In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag gemäß § 108 GOG nach
Durchführung der ersten Lesung dem Geschäftsordnungsausschuß zuzuweisen.