558/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde
betreffend Bundessozialhilfegesetz
Nach Art. 12. Abs. 1 Z 1 B-VG ist das Armenwesen eine Materie, in der an sich die
Gesetzgebung über die Grundsätze Bundessache ist und nur Ausführungsgesetzgebung und
Vollziehung Landessache sind. Bereits in den fünfziger und sechziger Jahren legte der Bund
Entwürfe zu einem Grundsatzgesetz vor, die aber von den Ländern abgelehnt wurden. 1968
erklärte der Bund seinen Verzicht, im Bereich des „Armenwesens‘ gesetzgeberisch tätig zu
werden. Daher kann derzeit die Landesgesetzgebung diese Angelegenheiten selbst regeln.
Diese Landesgesetzgebung in den einzelnen Bundesländern hat dazu geführt, daß die
unterschiedlichsten Bestimmungen in den einzelne österreichischen Ländern zum Tragen
kommen. Einerseits gibt es große Unterschiede in der Höhe der jeweils maximalen
Sozialhilferichtsätze. So hat beispielsweise der Richtsatz für Hauptunterstützte in den
einzelnen Bundesländern derzeit eine Bandbreite zwischen 3.910.- (Salzburg) und 5.710.-
(Oberösterreich). Dies noch dazu in zwei angrenzenden Bundesländern. Andererseits gibt es
aber auch extrem unterschiedliche Zugangsbestimmungen (Regreß, Vermögensverwertung,
Zumutbarkeitsbestimmungen) und Regelungen betreffend Wohnkosten.
Daneben muß festgestellt werden, daß bundesgesetzliche Regelungen der letzten Jahre
vermehrt dazu geführt haben, den Kreis von Sozialhilfeempfängern zu vergrößern. Erwähnt
seien hier nur verschlechternde Bestimmungen im Arbeitslosenversicherungsbereich, die
vermehrt zur Inanspruchnahme von Sozialhilfe zwingen. Diese Leistungsreduktionen auf
Bundesebene führen zu strukturellen Defiziten, die derzeit von Ländern, Gemeinden und
Familien abgedeckt werden müssen.
Des weiteren ist eine Zunahme von Personen zu konstatieren, die neben einem
Erwerbseinkommen noch zusätzlich auf die Sozialhilfe angewiesen sind.
Die bundesgesetzlichen Maßnahmen, die dazu geführt haben Kosteneinsparungen des
Bundes teilweise mit Mehrbelastungen der Länder zu kompensieren, die daraus
resultierenden noch restriktiveren Zugansbedingungen, die in den einzelnen Ländern äußerst
unterschiedlich gehandhabt werden und nicht zu Letzt, die bestehenden enormen monetären
Unterschiede in einem so kleinen Land wie Österreich, machen aus unserer Sicht eine
Grundsatzgesetzgebung des Bundes
unerläßlich.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschliessungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Bundesgesetz, das die
Grundsätze der Sozialhilfe regelt, vorzulegen.
Ein solches Grundsatzgesetz muß
• sozialpolitisch problematische Niveauunterschiede in den einzelnen Ländern verhindern
und einheitliche Richtsätze vorgeben
• jene Leistungen und deren Umfang festschreiben, auf die ein unbedingter
Rechtsanspruch bestehen soll
• den Rechtsanspruch auf Sozialhilfe sichern und erweitern
• die verfahrensrechtliche Position der Hilfesuchenden verbessern und die Verfahren
beschleunigen
• den Kreis der anspruchsberechtigten Personen auf die ausländische Wohnbevölkerung
auszudehnen
• den Regreß auf Körperschaften und Institutionen beschränken. Regreß beim
Hilfeempfänger selbst ist zu streichen. Außer für Vermögensübertragungen der letzten
drei Jahre und bei Vermögen aus Erbschaft, soll es keinen Regreß auf Vermögen von
Familienangehörigen geben
• die Sozialhilfekosten zwischen Bund (im Falle von „sozialhilfebelastender“
Gesetzgebung), Ländern und Gemeinden gerecht aufteilen
• die Zumutbarkeitsbestimmungen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einheitlich
und in Anlehnung an die Notstandshilfebestimmungen festlegen
• die Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitsmarktservice und den Sozialämtern festlegen
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales
vorgeschlagen.