597/AE XX.GP

 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hans Helmut Moser, Martina Gredler, Partnerinnen und Partner

betreffend Vollbeitritt Österreichs zur Westeuropäischen Union(WEU)

Im Vertrag über die Europäische Union (Maastricht) von 1993 (Art. J 4) war vorgesehen, eine

eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union zu entwickeln und eine

größere Verantwortung in Sicherheits- und Verteidigungsfragen zu übernehmen. Die

Westeuropäische Union (WEU) wird als integraler Bestandteil des Prozesses der Entwicklung

der Europäischen Union (EU) bezeichnet und soll schrittweise zur Verteidigungskomponente

der Union aufgebaut werden. Als solche soll sie Beschlüsse und Aktionen mit

verteidigungspolitischen Implikationen planen und ausführen. Beschlüsse zum Einsatz von

Einheiten werden im Einklang mit der UN- Charta vom WEU- Rat getroffen, über die konkrete

Teilnahme entscheiden die Mitgliedsländer, gemäß der Petersberger Erklärung von 1992, als

souveräne Staaten gemäß ihrer Verfassung.

Im Vertrag von Amsterdam, der im Oktober 1997 unterzeichnet wurde, ist das Vorhaben, ein

europäisches Sichehrheitssystem rund um die WEU zu entwickeln, leider nur wenig

weiterverfolgt worden. Im Art. J 7 EUV sind nun die sogenannten ,,Petersberg - Aufgaben

(humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende und friedensschaffende

Maßnahmen) als Aufgaben der Union definiert, die von der WEU durchgeführt werden. Die

vollständige Integration der WEU in die EU wird hingegen in einem angeschlossenen Protokoll

nur als eine Möglichkeit bezeichnet, deren Verwirklichung einer neuerlichen Beschlußfassung

durch den Europäischen Rat bedarf. Auch die inaktive Rolle, welche Österreich bei den

Verhandlungen in diesem Bereich spielte, hat dazu beigetragen. In Zukunft muß Österreich

eine viel aktivere Rolle beim Ausbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsarchitek-

tur spielen, wobei die Mitgliedschaft in der WEU eine wichtige Voraussetzung darstellt, da

diese ein Angelpunkt des Sicherheitssystems sein sollte, wenn Europa eigenständige

Interessen vertreten soll.

Auch wenn Österreich seit 1995 den Status eines Beobachters in der WEU einnimmt und somit

gewisse Rechte und Verpflichtungen übernommen hat, ist es doch von der Mitbestimmung

sowie von der Beistandsgarantie nach Artikel V ausgeschlossen. Für eine aktive und

gleichberechtigte Mitwirkung Österreichs bei der Entwicklung einer gemeinsamen

Verteidigungspolitik und Verteidigung im Rahmen der EU ist ein Vollbeitritt zur WEU

unumgänglich. Ein Vollbeitritt zur WEU verpflichtet im übrigen nicht dazu, die Stationierung

fremder Streitkräfte auf österreichischem Territorium zuzulassen oder bei „out- of- area“

Einsätzen der WEU teilnehmen zu müssen.

Die Weiterentwicklung der NATO von einem reinen Verteidigungsbündnis zu einem Bestandteil

eines Sichehrheitssystems soll nach den Beschlüssen von Berlin 1996 (die auch eine eine

enge Zusammenarbeit mit der WEU im Rahmen der Combined Jomt Task Forces vorsehen)

und Madrid 1997 sowie dem Abkommen mit Rußland im Frühjahr 1997 nicht negiert werden.

Solange jedoch nicht sichergestellt ist, daß im Rahmen der NATO eigenständige europäische

Vorhaben und Aktionen ohne Zustimmung der USA möglich sind, hat der Ausbau der WEU und

die Teilnahme Österreichs daran Vorrang vor einem Beitritt zur NATO. Denn die strategischen

Interessen der USA decken sich nicht immer mit denen Europas, weshalb der Ausbau einer

glaubwürdigen und durchschlagskräftigen Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU

in Zusammenarbeit mit den nordamerikanischen Ländern, nicht aber unter deren Kontrolle,

stattfinden soll.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend mit der Westeuropäischen Union in

Verhandlungen bezüglich eines Vollbeitritts Österreichs zu treten, damit die sicherheits- und

verteidigungspolitischen Interessen des Landes bestmöglichst gewahrt werden können. Infolge

des Vollbeitritts wird das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität

Österreichs (BGBI. 1955/21) aufzuheben sein

In formeller Hinsicht wird beantragt, den Antrag dem Außenpolltischen Ausschuß zuzuweisen.