622/A XX.GP

 

der Abgeordneten Maria Schaffenrath und PartnerInnen betreffend

ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz

(BGBl. Nr. 242/1962) idgF geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert

wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt

geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 766/1996, wird wie

folgt geändert:

1. § 13 Abs. 1 lautet:

" (1) Der Unterricht in jeder Volksschulklasse ist - abge-

sehen von einzelnen Unterrichtsgegenständen und einzelnen

Unterrichtsstunden - durch einen Klassenlehrer oder eine

Klassenlehrerin zu erteilen. Für SchülerInnen mit sonder-

pädagogischem Förderbedarf sowie für SchülerInnen mit

nichtdeutscher Muttersprache, welche die Unterrichtssprache

nicht ausreichend beherrschen ist eine entsprechend aus-

gebildete Lehrerin bzw. ein entsprechend ausgebildeter

Lehrer zusätzlich einzusetzen. Wenn dies pädagogisch

verantwortbar ist, kann unter günstigen Bedingungen vom

zusätzlichen Einsatz einer entsprechend ausgebildeten

Lehrkraft abgesehen werden.

2. § 15 Abs. 3 lautet:

(3) Die Aufgabe der Hauptschule umfaßt insbesondere auch

die soziale Integration behinderter SchülerInnen. Schüler-

Innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist nach Mög-

lichkeit eine der Hauptschule entsprechende Bildung zu

vermitteln. Hierbei sind die Bildungsaufgaben der der

Behinderung entsprechenden Sonderschulart zu berück-

sichtigen.

3. § 16 Abs. 5 lautet:

„(5) Für SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf

findet der Lehrplan der Hauptschule insoweit Anwendung, als

erwartet werden kann, daß ohne überforderung die Bildungs-

und Lehraufgabe des betreffenden Unterrichtsgegenstandes

grundsätzlich erreicht wird; im übrigen findet der der

Behinderung entsprechende Lehrplan der Sonderschule

Anwendung. Für SchülerInnen mit Körper- oder Sinnes-

behinderungen ohne sonderpädagogischem Förderbedarf können

Lehrplanabweichungen festgesetzt werden.

4. (Grundsatzbestimmung) § 18 Abs. 3 lautet:

(3) Die SchülerInnen jeder Schulstufe sind in den Pflicht-

gegenständen Deutsch, Lebende Fremdsprache und Mathematik

entsprechend der Einstufung in Leistungsgruppen nach Mög-

lichkeit in SchülerInnengruppen zusammenzufassen. Die

Führung von Leistungsgruppen entfällt bei einem gemeinsamen

Unterricht von SchülerInnen mit und SchülerInnen ohne

sonderpädagogischem Förderbedarf.

5. Der § 18 Abs. 3a entfällt.

6. (Verfassungsbestimmung) § 27a lautet:

„(1) Sonderpädagogische Zentren sind Schulen, die die

Aufgabe haben, durch Bereitstellung und Koordination

sonderpädagogischer Maßnahmen in anderen Schulen dazu

beizutragen, daß SchülerInnen mit sonderpädagogischem

Förderbedarf auch in allgemeinen Schulen unterrichtet

werden können.“

(2) Der Landesschulrat (Kollegium) hat auf Antrag des

Bezirksschulrates bestimmte Schulen als Sonderpädagogische

Zentren festzulegen. Vor der Festlegung ist Einvernehmen

mit dem Schulerhalter / der Schulerhalterin herzustellen.

„(3) LandeslehrerInnen, die an allgemeinbildenden Schulen

für SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf

zusätzlich eingesetzt werden, sind durch Sonderpädagogische

Zentren zu betreuen.“

7. § 34 Abs. 2 lautet:

„(2)Die Aufgabe der Unterstufe einer allgemeinbildenden

höheren Schule umfaßt insbesondere auch die soziale

Integration behinderter SchülerInnen. SchülerInnen mit

sonderpädagogischem Förderbedarf ist nach Möglichkeit eine

der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule

entsprechende Bildung zu vermitteln. Hierbei sind die

Bildungsaufgaben der der Behinderung entsprechenden

Sonderschulart zu berücksichtigen.“

8. Der § 35 Abs. 4a entfällt.

9. § 43 Abs. la lautet:

(1a) Sofern in Klassen der allgemeinbildenden höheren

Schulen ein integrativer Unterricht von SchülerInnen mit

und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf erfolgt, soll der

Anteil an SchülerInnen mit sonderpädagogischem

Förderbedarf nur jenes Ausmaß betragen, bei dem unter

Bedachtnahme auf Art und Schweregrad der Behinderung die

erforderliche sonderpädagogische Förderung erfolgen kann;

in der Regel soll die Anzahl von SchülerInnen mit

sonderpädagogischem Förderbedarf in einer Klasse vier

Kinder nicht übersteigen. Bei der Feststellung der

KlassenschülerInnenzahl gemäß Abs. 1 zählt jeder Schüler

bzw. jede Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf

doppelt.

10. § 131a Abs. 1 lautet:

(1) Für die Erprobung von Maßnahmen zur Ermöglichung des

gemeinsamen Unterrichts behinderter und nicht behinderter

Schüler in Schulklassen können in Polytechnischen Schulen,

in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sowie in

berufsbildenden Pflichtschulen Schulversuche durchgeführt

werden.

BEGRÜNDUNG

ad 1

Der Einsatz eines ausgebildeten Zeitlehrers bzw. einer Zweit-

lehrerin in Integrationsklassen sollte die Norm sein, von der

lediglich - nach verantwortungsvoller Beurteilung der konkreten

pädagogischen Einzelsituation - abgewichen werden kann, wenn

dies den Erfolg der Integration nicht beeinträchtigt.

ad 2

Analog zu den bereits geltenden Bestimmungen über die Aufgaben

der Volksschule (§ 9 Abs. 2 SchOG) wird in dieser Formulierung

der zusätzliche Bildungsauftrag der Hauptschulen (die soziale

Integration behinderter Kinder) besonders betont, wodurch die

besondere Wichtigkeit der sozialen Integration zum Ausdruck ge-

bracht werden soll.

Damit die Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förder-

bedarf sichergestellt ist, ist sonderpädagogische Unterstützung

in der Regel unverzichtbar. Die Zuteilung der Ressourcen (Stun-

denzuteilung der sonderpädagogischen Lehrkraft) erfolgt über

den Bescheid, daß eine Schülerin bzw. ein Schüler sonderpäda-

gogischen Förderbedarf hat. Da nicht von vorneherein angenommen

werden kann, daß der sonderpädagogische Förderbedarf von

SchülerInnen mit Sinnes- und Körperbehinderungen beim Übertritt

in die folgende Schulform wegfällt, soll der diesbezügliche

Bescheid aus der Volksschule übernommen werden. Für jene

SchülerInnen, für die eine Lehrplanabweichung ausreichend

erscheint1 soll diese Möglichkeit jedoch eingeräumt werden.

Eine "Kann" - Bestimmung birgt die Gefahr in sich, daß die be-

hinderten SchülerInnen weiterhin in Leistungsgruppen aufgeteilt

werden, was dem Sinn sozialer Integration fundamental wider-

spricht. Bei entsprechenden Maßnahmen zur inneren Differenzie-

rung ist die Trennung weder notwendig, noch erwünscht.

ad 5

Für die Ermöglichung eines zeitweisen gemeinsamen Unterrichtes

von nicht behinderten SchülerInnen mit SchülerInnen mit

sonderpädagogischem Förderbedarf ist keine eigene gesetzliche

Regelung nötig. Darüber hinaus soll eine Weiterführung des

Integrationsmodelles in Form von kooperativen Klassen nicht

gefördert werden, da diese sich in allen evaluierten Versuchen

als wenig geeignet und erfolglos erwiesen haben.

ad 6

Die Aufgabe sonderpädagogischer Zentren sollte vordringlich in

der Unterstützung von Integration bestehen, daher sollten sie

nach Möglichkeit an Schulen mit integrativer Erfahrung

eingerichtet werden. Sonderschulen stellen jedoch geradezu das

Gegenteil von Integration dar, haben dementsprechend keine

integrative Erfahrung und können die Forderung nach Integration

daher nicht immer glaubwürdig vertreten. Daher wird die enge

Definition von sonderpädagogischen Zentren als „Sonderschulen“

erweitert.

ad7

Siehe Begründung zu Punkt 1.

ad 8

Siehe Begründung zu Punkt 3.

Nimmt man die Integration von SchülerInnen mit sonderpäda-

gogischem Förderbedarf ernst und will sie unter fairen

Bedingungen in allen Schularten ermöglichen, besteht kein

Grund, für Integrationsklassen an allgemeinbildenden höheren

Schulen abweichende Bestimmungen vorzuschlagen. Daher sollen

für die Festlegung der Klassenschülerlnnenzahlen in

Integrationsklassen der AHS dieselben Regeln gelten, wie sie

bislang aus guten Gründen für die Volksschulen festgelegt waren

(vgl. § 9 Abs. 1 SchOG). Aus Gründen der Wichtigkeit einer

fairen Regelung für das Gelingen von Integration sei hier der

Kommentar zum Schulunterrichtsgesetz aus

Jonak/Kövesi(6.Auflage) zitiert:“Die Schulversuche gemäß § 131a

des Schulorganisationsgesetzes haben ergeben, daß der Anteil

der behinderten Kinder in Integrationsklassen im Regelfall vier

Kinder nicht übersteigen soll". (S.532, Anm.4)

Die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Regelung (1. im

Durchschnitt (bezogen auf das Bundesland)mindestens fünf Schü-

ler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ...„) stellt einen

eklatanten Widerspruch zu allen bisherigen Erfahrungen und Emp-

fehlungen zu einer sinnvollen und menschenwürdigen Integration

dar.

Die in der Regierungsvorlage zur letzten Gesetzesnovelle in den

Erläuterungen angeführte Begründung für eine Erhöhung der

Anzahl zu integrierender Schüler pro Klasse ist nicht

nachvollziehbar und atmet den Geist der Ausgrenzung. Gleiches

gilt für die vorgeschlagenen Regelung, daß die Führung von

Integrationsklassen kein Grund für die Überschreitung der

Klassenschülerlnnenhöchstzahl gemäß Abs. 1 darstellen könne. Es

ist nicht einzusehen und keinesfalls „unbillig“, daß

Integration nicht ein ebenso wichtiger Grund für die

Überschreitung der Klassenschülerlnnenhöchstzahl gemäß Abs. 1

darstellt, wie alle anderen relevanten Gründe. Daher entfällt

der entsprechende und unserer Ansicht nach diskriminierende

letzte Satz der Regierungsvorlage.

ad 9

Um in allen jenen Schulformen, die durch das vorliegende Gesetz

nicht erfaßt sind, soziale Integration zumindest in Form von

spezifischen Schulversuchen zu ermöglichen und um für Kinder

mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeine Schul-

pflicht zu ermöglichen, wird der § 131a auf weitere Schulformen

erweitert.

In formeller Hinsicht wird unter Verzicht auf eine erste Lesung

die Zuweisung an den Unterrichtsausschuß vorgeschlagen.