822/A XX.GP

 

Antrag

 

der Abgeordneten Heide Schmidt, Maria Schaffenrath und PartnerInnen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetzes (BGBl.

Nr. 242/1962) idgF geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. Nr. 20/1998, wird wie folgt geändert:

§2 Abs. 1 lautet:

(1) Die österreichische Schule hat die Aufgabe, zur Entwicklung von jungen

Menschen zu mündigen, selbständigen und verantwortungsbereiten

Bürgerinnen und Bürgern nach den Grundsätzen von Eigenständigkeit,

Urteilsfähigkeit, Verantwortungsbewußtsein und Toleranz durch einen

ihrer Entwicklungsstufe und ihrem Bildungsweg entsprechenden

Unterricht beizutragen. Sie hat die Jugend mit Wissen und Können und

der Fähigkeit und Bereitschaft zur Weiterentwicklung der eigenen

Kompetenzen auszustatten. Sie hat weiters die Aufgabe, die jungen

Menschen zur Teilnahme am wirtschaftlichen und kulturellen Leben

Österreichs, Europas und der Welt und zu einer Mitwirkung am

staatlichen Gemeinwesen nach den demokratischen Prinzipien, zu sozialem

Verständnis und zu Gewaltfreiheit zu befähigen. In allen Bereichen ist

darauf Bedacht zu nehmen, daß die Gleichstellung von Mann und Frau als

Selbstverständnis vermittelt wird.

Begründung

Die derzeitige Fassung des Schulorganisationsgesetzes will die Anlagen der

Jugend nach nicht näher definierten ‚sittlichen, religiösen und sozialen Werten

des Wahren, Guten und Schönen‘ entwickeln und spricht von ‚gesunden,

arbeitstüchtigen, pflichttreuen und verantwortungsbewußten Gliedern der

Gesellschaft‘. Diese Diktion ist insbesondere insoferne höchst problematisch, als

sie ‚das Gute, Wahre und Schöne‘ mit einem Ausschließlichkeitsanspruch

impliziert.

Die Entwicklung der Massenmedien unter Einschluß der immer weiteren

Verbreitung von Satelliten - TV und Internet ermöglicht heute immer mehr

Menschen einen direkten Zugriff auf Informationen unterschiedlichster Art und

auf Angebote von Meinungsbildnern mit unterschiedlichsten Interessen.

Zugleich nimmt die Bedeutung traditioneller Formen politischer

Erwachsenenbildung ab und kann die an den Schulen ohnehin nur halbherzig

betriebene politische Bildung ihrer Aufgabe weniger denn je gerecht werden. In

dieser Situation kommt den Bildungsinstitutionen verstärkt die Aufgabe zu, zum

kritischen Umgang mit der öffentlichen und veröffentlichten Meinung zu

erzielen und den Wert einer eigenständigen Meinungsbildung herauszustellen.

Diesem Auftrag werden die heutigen Bildungsinstitutionen noch nicht

ausreichend gerecht.

Bildung orientiert sich auch heute noch zu sehr am Leitbild der Vermittlung von

Faktenwissen und zu wenig am Leitbild der Persönlichkeitsbildung. Entscheidend

für ein solides Urteilsvermögen ist heute aber nicht nur ein gesichertes Wissen

über Fakten, sondern auch ein solides Wissen darüber, wie wissenschaftliche

Erkenntnisse zustande kommen und nach welchen Gesetzen sich öffentliche

Meinung bildet und durch Medien und Einzelpersonen beeinflußt werden kann.

Auch diesem Auftrag werden die Bildungsinstitutionen heute nicht in

ausreichendem Maße gerecht.

Eine besondere Herausforderung an die Bildungsinstitutionen stellen die

wachsende Fremdenfeindlichkeit, die Verunsicherung von Menschen durch den

Wandel der Arbeitswelt und die veränderten Arbeits -  und Lebensbedingungen

im Zeitalter der Globalisierung und unter den Rahmenbedingungen der

europäischen Einigung dar. Die daraus resultierenden Probleme werden aber im

Rahmen der Bildungsinstitutionen zur Zeit eher als Gegenstand von Berufs - und

Bildungsberatung begriffen, als zum Inhalt von Bildung und Aufklärung über die

dahinterstehenden Prozesse selbst gemacht. Erziehung zur Demokratie

beinhaltet auch Erziehung zur Geschlechterdemokratie. Auch hier kommt den

Bildungsinstitutionen Vorbildwirkung zu.

Aus all diesen genannte Gründen, die nur exemplarisch für eine Reihe weiterer

angeführt wurden, halten wir eine rasche Änderung der Definition der Aufgaben

der Bildungsinstitutionen für unabdingbar.

In formeller Hinsicht wird eine Erste Lesung und die Zuweisung an den

Unterrichtsausschuß beantragt.