858/AE XX.GP
Entschließungsantrag
des Abgeordneten Thomas Barmüller
und weitere Abgeordnete
betreffend Einführung eines Gutpunkteführerscheins
Obwohl u.a. in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, den USA und Japan
im Hinblick auf die Situation der Verkehrssicherheit mit unterschiedlichen
Punkteführerschein - Modellen durchwegs positive Erfahrungen gemacht wurden sieht
das neue österreichische Führerscheingesetz keine Weichenstellungen in diese
Richtung vor. In den einzelnen Staaten wurden zur Einführung des
Punkteführerscheins begleitende Studien erarbeitet. In Frankreich sind in der Folge
der Einführung des Punkteführerscheins im Jahr 1992 die Unfälle mit Schwerverletzten
und Toten innerhalb eines Jahres um 15% zurückgegangen.
Laut Meinungsforschung wird der Einführung eines Punkteführerscheins von den
Österreichern mit 70 Prozent die Zustimmung erteilt.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellt in diesem Zusammenhang folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
“Die Bundesregierung wird ersucht, eine Regierungsvorlage betreffend Einführung
eines Gutpunkteführerscheins zu erarbeiten und dem Nationalrat bis zum
31. Dezember 98 zu übermitteln.”
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuß
vorgeschlagen.
Gutpunkteführerschein
Ein Modell des Liberalen Forum
Jährlich sterben rund 1000 Menschen auf Österreichs Straßen. 150 davon könnten
durch die Einführung eines Punkteführerscheins gerettet werden.
Das Liberale Forum befürwortet daher die Einführung eines Punkteführerschein -
systems, namentlich eines Gutpunkteführerscheins. Mit diesem Modell wird ein
positives Anreizsystem für verantwortungsbewußtes Verkehrsverhalten geschaffen.
Der Gutpunkteführerschein basiert auf einem 12 - Punkte - Konto, das alle Auto -
lenkerinnen mit der Ausstellung ihres Führerscheins erhalten. Einerseits werden bei
schweren oder unfallkausalen Delikten Punkte von diesem Konto abgezogen, anderer -
seits haben die Lenkerinnen die Möglichkeit, durch Verkehrssicherheitsschulungen
sowie durch längerfristiges korrektes Fahrverhalten Gutpunkte zu sammeln.
Im liberalen Modell des Gutpunkteführerscheins werden BerufsfahrerInnen besonders
berücksichtigt. Diese sind wegen der höheren jährlichen Kilometerleistungen von der
Einführung jedes Punkteführerscheinsystems stärker betroffen als der Durchschnitt
der Bevölkerung. Während bisher laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) viele
Firmen praktisch beliebige Budgets für Strafgelder zur Verfügung haben und daher die
finanzielle Ahndung von Verkehrsdelikten für sie kaum eine Rolle spielt, kann dieser
Umstand zukünftig - wegen des drohenden Verlustes des Führerscheins - nicht zu
risikobereiterem Verhalten führen. Da aber bei oft sieben - bis neunfacher Kilometer -
leistung von BerufsfahrerInnen gegenüber dem Durchschnitt nicht ein lebensfremder
Sorgfaltsmaßstab angelegt werden darf, sieht das liberale Modell bei hohen Kilometer -
leistungen die Möglichkeit vor, aufgrund korrekten Verhaltens in kürzeren Fristen
abgezogene Punkte wieder zurück oder aufgrund unfallfrei zurückgelegter Kilometer -
mengen zusätzliche Gutpunkte zu erhalten.
Darüber hinaus soll es nach dem liberalen Modell auch zu einer eigenen Regelung für
junge LenkerInnen kommen: Der Punkteabzug je Delikt wird in der Zeit des Probe -
führerscheins höher sein. Dadurch soll für diesen Zeitraum jungen LenkerInnen die
Wichtigkeit korrekten Fahrverhaltens klar und eindeutig vor Augen geführt und einer
Überschätzung des eigenen Fahrkönnens vorgebeugt werden.
Die Bewußtseinsbildung hinsichtlich erhöhter Verkehrssicherheit schreitet quer durch
die Bevölkerung weiter voran. 70 Prozent aller ÖsterreicherInnen treten mittlerweile für
ein Punkteführerscheinsystem ein. In zahlreichen EU - Ländern (BRD, GB, F; weitere
Systeme z.B. in Japan, USA) wurden außerordentlich positive Erfahrungen mit
Punkteführerschein - Modellen gemacht. In Frankreich sind die Unfälle mit
Schwerverletzten und Toten innerhalb eines Jahres aufgrund der Einführung eines
Gutpunkteführerscheins um 15% zurückgegangen.
Der Erfolg jedes Punkteführerscheinsystems ist auf die abschreckende Wirkung des
drohenden Führerscheinentzugs bei wiederholten Verkehrsdelikten zurückzuführen.
Von den LenkerInnen wird diese Form der Ahndung ernster genommen als die rein
finanzielle.
Trotz der positiven internationalen Erfahrungen mit Punkteführerschein - Modellen und
der unterstützenden Äußerungen auch von Regierungsvertretern gibt es in Österreich
parlamentarisch keinerlei Bewegung in diese Richtung. Es ist bisher lediglich bei
Absichtserklärungen der Regierungsfraktionen geblieben, denn auch das neue
österreichische Verkehrsrecht sieht keine inhaltlichen Weichenstellungen in diese
Richtung vor.
In der EU - Verkehrsopferstatistik rangiert Österreich derzeit an trauriger elfter Stelle
und damit im letzten Drittel. Unser Ziel muß es aber sein, in puncto Verkehrssicherheit
zur Spitze zu gehören und nicht am Status quo festzuhalten. Ein wesentlicher Schritt,
dieses Ziel zu erreichen, ist der Gutpunkteführerschein.
Gutpunkteführerschein
Eckdaten des liberalen Modells
Mit der Ablegung der Fahrprüfung erhält der Führerscheinbesitzer ein
Verkehrssicherheitskonto von 12 Gutpunkten.
Für dieses Verkehrssicherheitskonto ist keine maximale Gutpunktezahl vorgesehen,
sondern das Konto ist nach oben offen. Durch die Absolvierung von Verkehrs -
sicherheitsschulungen bei Autofahrerclubs, KfV, Fahrschulen oder anderen privaten
Anbietern können Gutpunkte erlangt werden.
Je nach begangenem Verkehrsdelikt werden 1, 2 oder 4 Punkte vom Gutpunktekonto
abgezogen.
Die Punkte werden nur dann entzogen, wenn das Delikt entweder durch endgültige
Verurteilung nach Ausschöpfung sämtlicher Rechtswege oder durch Zahlung einer
pauschalen Geldstrafe anerkannt wurde.
Die Punkte werden im “Zentralen Führerscheinregister” verwaltet, das laut § 17 FSG
vom BM für Wissenschaft und Verkehr im Bundesrechenzentrum ab 1. März 1999 zu
führen ist.
Gutpunkte - Gutschrift
Die FührerscheininhaberIn kann durch die Teilnahme an Schulungen nicht nur
abgezogene Gutpunkte wiedererlangen und sondern auch das Verkehrssicherheits -
konto über einen Gutpunktestand von 12 Gutpunkten hinaus aufstocken. Dabei ist
keine maximale Gutpunktezahl für dieses Verkehrssicherheitskonto vorgesehen,
sondern das Konto nach oben offen.
Die Schulungen sind grundsätzlich freiwillig.
Verkehrssicherheitsschulungen sind aus dem Maßnahmenkatalog gegen 'Verkehrs -
sünder‘ nicht mehr wegzudenken, da ein rein repressives System ohne Hilfsangebote
keine Akzeptanz bei den Beteiligten mehr finden wird.
Schulungsmodalitäten
Die Schulungen müssen zielgruppen - und problemorientiert sein.
Die Schulungen müssen folgende Aspekte umfassen:
1. allgemeinen Unsicherheitsfaktoren im Straßenverkehr,
2. tiefere Analyse von unfallverursachenden Situationen und Faktoren,
3. Trainingsfahrten
Die Schulungen werden von privaten Ausbildungszentren (Fahrschulen, Autofahrer -
clubs etc.) nach bestimmten, überprüfbaren Qualitätskriterien durchgeführt.
Die Schulungen dauern 'Kurs I‘ 16 Stunden (Intensivschulung) oder ‚Kurs II‘ 8
Stunden, bringen eine Gutschrift von 3 bzw. 2 Punkten und werden von Diplom -
psychologInnen und FahrlehrerInnen geleitet. Diese freiwilligen Schulungen können
maximal einmal in 3 Jahren anrechenbar absolviert werden.
Punktegutschrift; Schulungen
;
2; freiwillige Schulung 'Kurs II‘ + Trainingsfahrt
3; freiwillige Schulung 'Kurs I‘ + Trainingsfahrt
Sinkt der Punktestand auf 6 Punkte ab, so ist der/die FührerscheininhaberIn von der
Behörde davon zu informieren. Gleichzeitig ist er/sie über die Möglichkeit der
Absolvierung anrechenbarer freiwilliger Verkehrssicherheitsschulungen zu informieren.
Damit sollen Eigeninitiative gefördert und böse Überraschungen (Führerscheinentzug)
vermieden werden.
Weitere Bestimmungen zur Wiedererlangung von Punkten
• 3 - Jahres Frist:
Hat die InhaberIn des Führerscheins innerhalb einer Frist von drei Jahren (ab
letzten rechtskräftigen Bestrafung) kein weiteres durch Punkteentzug straf -
bares Delikt begangen, wird dem Verkehrssicherheitskonto wieder die
ursprüngliche Punkteanzahl gutgeschrieben.
BerufsfahrerInnen: 18 Monate Frist
• 10 - Jahres Frist:
Unbeschadet der Anwendungen der zuvor angeführten Bestimmungen werden
jene Punkte, die aufgrund eines durch eine pauschale Geldstrafe geahndeten
Delikts entzogen wurden, der FührerscheininhaberIn nach Ablauf einer Frist
von 10 Jahren ab Datum der endgültigen Rechtskräftigkeit der Verurteilung
oder der Zahlung der entsprechenden pauschalen Geldstrafe rückerstattet.
BerufsfahrerInnen: 5 Jahres Frist
Punkteabzug
Je nach begangenem Verkehrsdelikt werden 1, 2 oder 4 Punkte vom 'Punktekonto‘
abgezogen.
Für zwei oder mehr Delikte in Tateinheit, ist nur die Punkteanzahl für das am höchsten
bewertete Delikt einzutragen, ausgenommen wenn zwei Delikte in Tateinheit
begangen werden und eines davon ein Alkoholdelikt ist, werden 5 oder 6 Punkte vom
Verkehrssicherheitskonto abgezogen.
ProbeführerscheinbesitzerInnen werden je Delikt doppelt so viele Punkte abgezogen.
'Verkehrssicherheitskonkurs‘
Mit dem Verlust aller 12 Punkte verliert der Führerschein seine Gültigkeit.
Um die Fahrberechtigung wiederzuerlangen, muß die betroffene Person
• nach einer medizinischen und psychologischen Untersuchung als verkehrs -
tauglich eingestuft werden,
• nach einer Frist von 6 Monaten eine erneute Führerscheinprüfung
ablegen. Fahrer, die bereits länger als drei Jahre im Besitz eines Führer -
scheins waren, sind vom praktischen Teil der Prüfung befreit.
Punktekatalog
1 Punkt
Jeweils ein Punkt ist abzuziehen bei einer rechtskräftigen Bestrafung wegen:
1. Fahren gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung (ausgenommen
Einparken), § 7 Abs.5 StVO;
2. Überholen bei Überholverbot, auf Kreuzungen, eines überholenden Fahr -
zeugs, § 16 Abs. 2 lit. a, c und d StVO;
3. Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h,
aber weniger als 30 km/h im Ortsgebiet, um mehr als 30 km/h, aber weniger
als 40 km/h außerhalb des Ortsgebietes.
2 Punkte
Jeweils zwei Punkte sind abzuziehen bei einer rechtskräftigen Bestrafung wegen:
1. Lenken oder Inbetriebnahme eines Kfz mit einem Alkoholgehalt des Blutes
von 0,5 - 0,8 Promille, § 99 Abs. 1 lit. a StVO;
2. Lenken oder Inbetriebnahme eines Kfz mit einem Alkoholgehalt des Blutes
von 0,1 - 0,5 Promille bei jenen Lenkern, die gemäß diesem Bundesgesetz
oder anderer gesetzlicher Vorschriften ein Kfz mit mehr als 0,1 Promille nicht
in Betrieb nehmen und lenken dürfen;
3. Überholen bei Gefährdung anderer Straßenbenützung und Überholen auf
unübersichtlichen Kuppeln oder in unübersichtlichen Kurven, § 16 Abs. 1 lit.a
und 0 und Abs. 2 lit. b StVO;
4. Fahren, Parken oder Rückwärtsfahren auf dem Pannenstreifen einer Auto -
bahn, § 46 Abs. 4 lit. d, e und f Stvo;
5. Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h,
aber weniger als 40 km/h innerhalb des Ortsgebiets, um mehr als 40 km/h,
aber weniger als 50 km/h außerhalb des Ortsgebiets;
6. Lenken eines Kfz ohne Lenkerberechtigung für die betreffende Klasse oder
Unterklasse, § 1 Abs.3 FSG;
7. Nichtangepaßte Geschwindigkeit oder Nichtanhalten bei Schutzwegen und
Radfahrerüberfahrten, um Fußgängern oder Radfahrern, das gefahrlose
Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, § 9 Abs. 2 StVO;
8. Vorbeifahren an Schülertransporten, § 17 Abs. 2a Stvo;
9. Überfahren des Zeichens ‚Halt‘ (Armzeichen, ‚Rot‘, ‚Stop‘), § 37 Abs. 3, § 38
Abs. 5 und 52 lit. c Z 24 Stvo;
10. Nichtbefolgung einer Anordnung betreffend das Anhalten des Fahrzeuges
im Zusammenhang mit einer Fahrzeug - und Lenkerkontrolle, § 97 Abs. 5
StVO;
11. Nichtbefolgung des Fahrverbots für Tankfahrzeuge und Gefahrengut -
transporte, § 52 lit. a Z 7d und 7e StVO;
12. Überschreitung der höchstzulässigen Lenkzeiten oder Nichteinhaltung der
festgelegten Ruhezeiten gemäß der VO (EWG) Nr. 3820/85 über die
Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, AbI. Nr. L
370 vom 31.12.1985, wenn die Lenkzeit zwischen 20 und 30% über - oder
wenn die Ruhezeit zwischen 10% bis 20% unterschritten wurde.
4 Punkte
Jeweils vier Punkte sind abzuziehen bei einer rechtskräftigen Bestrafung wegen:
1. Lenken oder Inbetriebnahme eines Kfz mit einem Alkoholgehalt des Blutes
von 0,8 oder mehr Promille (§ 99 Abs. 1 lit. b) oder einer Verweigerung der
Alkohohluntersuchung, § 99 Abs. 1 lit. c Stvo;
2. Lenken oder Inbetriebnahme eines Kfz mit einem Alkoholgehalt des Blutes
von 0,5 oder mehr Promille bei jenen Lenkern, die gemäß diesem Bundes -
gesetz oder anderer gesetzlicher Vorschriften ein Kfz mit mehr als 0,1
Promille nicht in Betrieb nehmen und lenken dürfen;
3. Fahrerflucht in Verbindung mit einem Unfall mit Personenschaden, § 4 Abs.
1 StVO;
4. Fahren gegen die Fahrtrichtung, Umkehren, Rückwärtsfahren, Halten oder
Parken auf einem Fahrstreifen einer Autobahn, § 46 Abs. 4 lit. a, b, c und f
StVO;
5. Überholen auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, § 16 Abs. 1 lit. d
StVO;
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h
innerhalb des Ortsgebiets, um mehr als 50 km/h außerhalb des Ortsgebiets
oder Geschwindigkeitsübertretung bei besonders gefährlichen Verhältnissen
oder Rücksichtslosigkeit, § 7 Abs. 3 Z 3 FSG;
6. Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mehr als 20 km/h
innerhalb des Ortsgebiets, um mehr als 30 km/h außerhalb des Ortsgebiets
durch Probeführerscheinbesitzer;
7. Lenken eines Kfz ohne gültige Lenkberechtigung, trotz Lenkverbots oder
trotz vorläufiger Abnahme des Führerscheins;
8. Vorbeifahren an vor Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten haltenden
Fahrzeugen sowie Gefährdung von Kindern, § 29a Abs. 1 StVO;
9. Überschreitung der höchstzulässigen Lenkzeiten oder Nichteinhaltung der
festgelegten Ruhezeiten gemäß der VO (EWG) Nr. 3820/85 über die
Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Abl. Nr. L
370 vom 31.12.1985, wenn die Lenkzeit um mehr als 30% über - oder wenn
die Ruhezeit um mehr als 20% unterschritten wurde.