860/AE XX.GP

 

DRINGLICHER ANTRAG

gemäß § 74a Abs. 1 GOG - NR

der Abgeordneten Mag. Schweitzer

und Kollegen

betreffend wirksame Maßnahmen gegen Kindesmißbrauch und Kinderporno -

graphie

Die Freiheitliche Parlamentsfraktion hat schon seit Jahren intensive Bemühungen

gesetzt, um eine massive und wirksame Bekämpfung sowohl des Kindesmiß -

brauchs als auch der Kinderpornographie zu erreichen. Leider konnten bislang

nur geringe Verbesserungen erreicht werden (zu nennen ist hier vor allem der

aufgrund einer parlamentarischen Initiative entstandene § 207a StGB und die am

heutigen Tage vor der Beschlußfassung stehenden einschlägigen Punkte des

StRÄG 1998 wie Verlängerung der Verjährungsfrist, Einbeziehung der beischlafs -

ähnlichen Handlungen in die höhere Strafdrohung nach § 206 StGB, Entschla -

gungsrecht in der Hauptverhandlung nach kontradiktorischer Vernehmung, Aus -

weitung des Anwendungsbereiches der schonenden Vernehmung im Vorver -

fahren und in der Hauptverhandlung). Die Freiheitlichen sind aber der Meinung,

daß diese Maßnahmen nur erste Schritte darstellen können, die angesichts der in

den letzten Jahren bekanntgewordenen entsetzlichen Fälle und einer deutlich

steigenden Zahl angezeigter Delikte bedeutend zu kurz greifen. Es ist dringend

erforderlich, alle weiteren Möglichkeiten zu nutzen, um die frühzeitige Auf -

deckung der Straftaten an Kindern und Jugendlichen zu erleichtern, adäquate

Reaktionen des Rechtsstaates sicherzustellen, das Rückfallsrisiko zu verringern, die

Opfer bestmöglich zu schützen und eine wirksame Prävention zu ermöglichen.

Dies umso mehr, als immer mehr von den Freiheitlichen erhobene Forderungen

auch von anderer Seite Unterstützung finden oder ausländische Vorbilder schon

verwirklicht sind. Zu nennen ist hier beispielsweise die Forderung, die Anzeige -

verpflichtungen deutlich auszudehnen, die auch vom Oberlandesgericht Inns -

bruck erhoben wird. Die Forderung, Vergewaltigung und schweren sexuellen

Mißbrauch von Unmündigen mit Todesfolge auch mit einer lebenslangen Frei -

heitsstrafe zu bedrohen, wird auch von der Ständige Konferenz der Kinder - und

Jugendanwälte Österreichs und dem Jugendgerichtshof Wien erhoben. Die

Forderung einer lebenslangen Führungsaufsicht für Sexualstraftäter, die in Groß -

britannien schon umgesetzt wurde, wurde erst vor wenigen Tagen auch vom

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie geteilt.

Um jegliche Behauptung der Bundesregierung wirksam hintanzuhalten, ihre Ver -

sprechen und die Wünsche der Bevölkerung zur Bekämpfung von Kindesmiß -

brauch und Kinderpornographie seien mit den heutigen Beschlüssen schon erfüllt,

stellen die unterzeichneten Abgeordneten gemäß § 74a Abs. 1 GOG - NR den

nachstehenden

DRINGLICHEN ANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat umgehend Gesetzesent -

würfe zuzuleiten, die zum umfassenden Schutz der Kinder folgende Maßnahmen

vorsehen:

1. Einrichtung einer zentralen Meldestelle pro Bundesland, an die Ärzte alle

Fälle zu melden haben, in denen ein Verdacht physischen, sexuellen oder

psychischen Kindesmißbrauchs besteht, und die entsprechende Auskünfte an

Sicherheitsbehörden, Jugendwohlfahrtseinrichtungen und Ärzte erteilt;

2. Meldepflicht an den Amtsarzt für alle Personen, die beruflich die Betreuung

von Kindern übernommen haben (z.B. Kinderbetreuer, Lehrer, Ärzte,

Psychotherapeuten, Psychologen, Schulärzte), wenn ein begründeter

Verdacht physischen, sexuellen oder psychischen Kindesmißbrauchs besteht;

3. absolute Anzeigepflicht für Behörden, die primär zum Schutz der Kinder

eingerichtet sind (Jugendwohlfahrtseinrichtungen, Kinder - und Jugendan -

 wälte etc.) für alle an Unmündigen begangenen Straftaten;

4. Schaffung eines neuen Straftatbestandes der unterlassenen Anzeige für alle

Personen, die der Anzeigepflicht unterliegen;

5. Einrichtung von Sonderabteilungen der Sicherheitsbehörden zur Be -

kämpfung der Kinderpornographie, die auch Schein - und Vertrauenskäufe

durchführen dürfen;

6. Abnahme eines genetischen Fingerabdrucks bei jedem Täter zur leichteren

Aufklärung künftiger Delikte;

7. Strafdrohung von lebenslanger Freiheitsstrafe für schweren Straftaten im

Bereich des Kindesmißbrauchs und der Kinderpornographie;

8. Einführung erhöhter Strafdrohungen für alle Sittlichkeitsdelikte, wenn sie

aus wirtschaftlichen Gründen wie etwa zur Herstellung von Kinderporno -

graphie begangen werden;

9. Einführung eines besonderen Erschwerungsgrundes für die vorsätzliche

Begehung von strafbaren Handlungen an Kindern;

10. Klarstellung, daß für Vergewaltigungen oder geschlechtliche Nötigungen an

Unmündigen dieselben höheren Strafrahmen gelten wie wenn diese Delikte

an Erwachsenen in besonders qualvoller Weise begangen werden;

11. Gleichstellung der Strafdrohung für Vergewaltigung mit Todesfolge mit der

für schweren Raub mit Todesfolge (lebenslang);

12. Erhöhung der Strafobergrenze für geschlechtliche Nötigung von drei auf

fünf Jahre (wie bei schwerer Nötigung);

13. Ausdehnung des Straftatbestandes der Schändung auch auf Opfer männ -

lichen Geschlechts;

14. Verschärfung der Strafdrohungen im Bereich des Pornographiegesetzes für

alle Formen von Kinderpornographie;

15. Schaffung eines neuen Straftatbestandes im Pornographiegesetz für das

öffentliche Anpreisen von Sittlichkeitsdelikten an Unmündigen (auch über

das Internet);

16. gesetzliches Verbot vorzeitiger Haftentlassung und bedingter Strafen für

Sexualstraftäter an Unmündigen;

17. bei psychischer Auffälligkeit des Täters, Tatbegehung mit besonderer Grau -

samkeit, bei Sittlichkeitsdelikten und im Maßnahmenvollzug (§ 21 Abs. 1

oder 2 StGB): Verbot aller Hafterleichterungen, die mit einem unbeauf -

sichtigten Entfernen aus der Haftanstalt bzw. dem unbeaufsichtigten Kon -

takt mit anstaltsfremden Personen verbunden sind und Bindung der Ein -

leitung des Entlassungsvollzuges an eine vorhergehende gründliche Begut -

achtung durch anstaltsfremde Sachverständige und an eine darauffolgende

gerichtliche Entscheidung, für die auch die anstaltsinternen Erfahrungen mit

dem Häftling heranzuziehen sind; wenn das Risiko der Begehung weiterer

Straftaten gegeben zu sein scheint, oder wenn eine lebenslange Freiheits -

strafe verhängt und die Tat mit besonderer Grausamkeit begangen wurde,

hat die Entscheidung sich am Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung zu orien -

tieren;

18. lebenslange Führungsaufsicht nach der Haftentlassung für alle Personen, die

wegen sexuellen Kindesmißbrauchs verurteilt wurden (regelmäßige Meldun -

gen bei den Sicherheitsbehörden; dauernde Überwachung und Kontrolle der

Therapie; Verbot aller Tätigkeiten, die den Täter mit Kindern in Kontakt

bringen würden; nötigenfalls elektronische Kontrolle des Aufenthalts und

Bekanntgabe der Vorstrafe bei Nachbarn);

19. erweiterte Rechte des Opfers im Strafverfahren (Einbindung des Opfers als

Prozeßpartei neben dem Staatsanwalt unabhängig von zivilrechtlichen An -

sprüchen; Miterledigung zivilrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren als

Regelfall; umfangreichere und präzisierte Informationsverpflichtung des

Gerichtes gegenüber dem Opfer; Berechtigung zum Einbringen von Beweis -

anträgen; volle Akteneinsicht; Beigebung eines kostenlosen Verfahrenshilfe -

anwalts bei schwieriger Sach - und Rechtslage ohne Bezugnahme auf die

finanziellen Verhältnisse des Opfers; volles Berufungsrecht; Entscheidung

über die privatrechtlichen Ansprüche auch in freisprechenden Urteilen; vor -

läufige Entschädigung durch eine vor den Zivilgerichten bekämpfbare

Festlegung des Strafgerichtes nach billigem Ermessen; bevorzugte Wieder -

gutmachung aus der Arbeitsvergütung des Täters in Strafhaft);

20. Recht auf Beiziehung einer Vertrauensperson bei jedem Behördenkontakt

des Opfers;

21. weitestgehende Einschränkung der Zahl der Einvernahmen minderjähriger

Opfer; Vernehmung nur durch erfahrene und psychologische geschulte

Personen;

22. bevorzugte rasche Abwicklung der Strafverfahren, um das Opfer zu

schonen;

23. prinzipielle Wegweisung des Täters aus dem Familienverband zum Schutz

des unmündigen Opfers;

24. Soforthilfe für das Opfer durch unmittelbar nach der Anzeige einsetzende

Therapie und Betreuung auf Kosten des Täters (staatliche Vorfinanzierung);

25. Ausweitung der Leistungen des Verbrechensopfergesetzes zur Sicherstellung

einer unentgeltlichen Betreuung der psychischen Schäden von Unmündigen

über das Versorgungsniveau der Krankenversicherung hinaus, zur Gewähr -

leistung einer fairen Berechnung des künftigen Verdienstentganges und zur

Übernahme der Schmerzengeldansprüche;

26. verstärkte Anonymisierung des Opfers und seiner Lebensumstände in der

medialen Berichterstattung;

27. verpflichtende Aufklärung und Warnung der Bevölkerung durch die Medien

zu den bestmöglichen Sendezeiten analog zur AIDS - Aufklärung und

28. verstärkte Warnung der Kinder und Jugendlichen in Schulen und Kinder -

gärten.