932/AE XX.GP
der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
betreffend Struktur - und Finanzierungsreform des Öffentlichen Verkehrs
Aufgrund ökologischer, ökonomischer und verkehrspolitischer Gründe ist eine General -
reform des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Österreich dringend notwendig.
Durch verschiedene Liberalisierungsbestrebungen seitens der EU - Kommission verstärkt sich
die Notwendigkeit von Reformmaßnahmen, denn die rechtzeitige Gewährleistung von
Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung des ÖPNV zählt zu den Grundvoraus -
setzungen für die ökonomischen Perspektiven der heimischen Verkehrsträger.
Seit Jahren wird ein Finanzierungsgesetz und eine Reform des Konzessionsrechtes disku -
tiert. Die vorliegenden und begutachteten Entwürfe verabsäumen jedoch wesentliche
Aspekte einer Gesamtreform und berücksichtigen die im Auftrag des Verkehrsministeriums
vom Institut für Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik der Technischen Universität
Wien erarbeitete Studie über die “Neuordnung der Verkehrsverbünde und der Finanzierung
des öffentlichen Personennahverkehrs in Österreich” nicht im vorgeschlagenen Ausmaß.
Die Studienautoren sehen wesentlichen Reformbedarf auf nachfolgenden fünf Ebenen:
• Harmonisierung: Gewährleistung eines Mindestmaßes an Kompatibilität (Erleichterung
der Verrechnung grenzüberschreitender Verkehrsdienstleistungen, Lösung des Stich -
linienproblems u.a.); Gleichbehandlung aller Akteure durch den Bund
• Integration aller ÖPNV - bezogenen Staatstätigkeiten: Abstimmung der sich bisher
gegenseitig negativ beeinflussenden öffentlichen Eingriffe (Verkehrsverbünde, Schü -
lerfreifahrt, Konzessionsrecht, Bahnsubventionierung, Eigentümerfunktion der öffentli -
chen Hand)
• Umorientierung des öffentlichen Mitteleinsatzes: Abzug bisheriger nicht rein sozial
motivierter Ausgaben von der Tarifsubventionierung und Einsatz dieser Mittel für die
Angebotsverbesserung.
• Dezentralisierung: Stärkere Einbindung der Bundesländer und Gemeinden in Gestal -
tung und Verantwortung; Enthebung des Bundes von regionalen und lokalen Planungs -
aufgaben, jedoch - zum Unterschied von der BRD - Beibehaltung einer generellen
Steuerungsfunktion.
• Aufgabentrennung zwischen “staatlich” und “privat", Effizienzsteigerung der
Aktivitäten beider Bereiche: Exakte Definition unternehmerischer Aufgabenbereiche
mit größtmöglicher Entscheidungsfreiheit, Rückzug der Gebietskörperschaften auf ein
gemeinwirtschaftlich notwendiges Tätigkeitsminimum - nicht nur, um den einschlägi -
gen EU - Normen zu entsprechen, sondern auch, um die Staatstätigkeit grundsätzlich
effizienter zu gestalten.
Insgesamt muß bei allen gesetzlichen Änderungen und Neuregelungen für die Optimierung
des Öffentlichen Verkehrs für
_ konkrete Verantwortlichkeiten,
_ klare Zuständigkeiten und Finanzierungsquellen,
_ die Erschließung neuer Finanzmittel für Investitionen (Komfort und Geschwindigkeit)
nach deutschem Vorbild,
• die Bindung von Fördermittel an Qualitätsstandards (Taktfahrpläne, Komfort, etc.) und
• konkrete Verkehrsleistungen
gesorgt werden. Weiters sollte
• die Vergabe von Netzkonzessionen (nicht nur Linienkonzessionen) und
• die Regionalisierung der Konzessionsvergabe (auch Länder und Gemeinden)
ermöglicht werden.
Nur unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es aufgrund internationaler Erfahrungen
möglich, eine Generalreform des Öffentlichen Verkehrs in Hinblick auf Attraktivität, Kun -
denorientierung und Effizienz zu erreichen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
“Die Bundesregierung wird aufgefordert, die bestehenden und geplanten Gesetzesgrund -
lagen zur Generalreform des Öffentlichen Verkehrs entsprechend den nachfolgend angeführ -
ten Empfehlungen der Studie “Neuordnung der Verkehrsverbünde und der Finanzierung des
öffentlichen Personennahverkehrs in Österreich” der TU Wien zu überarbeiten:
1. gesamtösterreichische Prioritäten für den ÖV,
2. klare Zuständigkeiten und Finanzierungsquellen, konkrete Verantwortlichkeiten,
3. verpflichtender 50 % - Bundesanteil für eine künftige Finanzierung des ÖV,
4. Wettbewerb unter klaren Rahmenbedingungen, Übergangsfristen,
5. fixe Regelung für die Abgeltung der Schüler - und Lehrlingsfreifahrt,
6. Aufrechterhaltung der Tarifsubvention (Ökobonus,...)
7. Wertsicherung der Verbundzuschüsse,
8. Erschließung neuer Finanzmittel für Investitionen (Komfort und Geschwindigkeit),
9. Bindung von Fördermittel an Qualitätsstandards (Taktfahrpläne, Komfort, etc.) und
konkrete Verkehrsleistungen,
10. Vergabe von Netzkonzessionen und nicht nur Linienkonzessionen,
11. Regionalisierung der Konzessionsvergabe (auch Länder und Gemeinden) sowie
12. Festlegung der Pflichten von Konzessionsträgern.”
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verkehrsausschuß vorgeschlagen.