989/A XX.GP
ANTRAG
der Abgeordneten Mag. Doris Pollet - Kammerlander, Dr. Gabriela Moser,
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesverfassungsgesetz vom ........für ein atomfreies Österreich
§ 1. Österreich darf Atomwaffen weder besitzen, noch herstellen, noch eine Verwendung
derselben versuchen. Ferner ist die Stationierung, der Transport, die Bin -, Aus - und
Durchfuhr von Atomwaffen verboten.
§ 2 Österreich verpflichtet sich, keinerlei Einrichtungen, welcher Art auch immer,
bereitzustellen, die eine Stationierung oder Lagerung von Atomwaffen möglich
machen.
§ 3. Anlagen, mit denen zum Zwecke der Energieversorgung elektrische Energie durch
Kernspaltng oder Kernfusion erzeugt werden soll, dürfen in Österreich nicht errichtet
werden. Sofern derartige Anlagen bereits bestehen, dürfen sie nicht in Betrieb
genommen werden.
§ 4. Der Transport von spaltbaren Stoffen zum Zwecke der zivilen Nutzung sowie von
Atommüll durch oder nach Österreich ist untersagt, soferne dem völkerrechtliche
Verpflichtungen nicht entgegenstehen. Darüber hinaus sind keine
Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, und ist jedenfalls ein Transport, der Gesundheit
und Umwelt gefährdet, zu untersagen. Von diesem Verbot ausgenommen ist der
Transport für heimische medizinische Zwecke und Forschungszwecke.
§ 5. Die Lagerung, Endlagerung sowie die Konditionierung von ausländischen radioaktiven
Abfällen in Österreich ist untersagt.
§ 6. Die Vollziehung dieses
Bundesverfassungsgesetzes obliegt der Bundesregierung.
Begründung:
Im Sinne einer dynamischen Anpassung der Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich der
Nuklearpolitik und basierend auf dem 5 - Parteien - Entschließungsantrag des Nationalrates
vom 10. Juli 1997 ist bis November 1997 von der Bundesregierung unter Einbindung von
NGO's ein antiatompolitisches Maßnahmenpaket zur Umsetzung vorbereitet worden. Darin
wurde unter anderem festgelegt, bis März 1998 dem Parlament ein Atomverfassungsgesetz
vorzulegen, mit dem auch das vor 20 Jahren beschlossene Atomsperrgestz in
Verfassungsrang gehoben werden sollte. Da diese Frist nun bereits ein halbes Jahr
abgelaufen ist, legen die Grünen obigen Initiativantrag zur Debatte und Beschlußfassung
vor.
Atomwaffen und Atomkraft sind Technologien, die sich wie keine anderen gegen Menschen
richten können. Österreich ist aufgrund seines atomfreien Status Schrittmacher für ein
atomkraftfreies Mitteleuropa und muß auf ein Umdenken der Atompolitik in ganz Europa
hinarbeiten. Es kann auf dem Weg zu einem atomfreien Europa auch weiterhin eine
Schrittmacherfunktion einnehmen. Dabei ist ein atomwaffenfreies Europa, oder noch
umfassender formuliert, die Vision einer atomwaffenfreien Welt ein großes Anliegen, dem
mit einer verfassungsmäßigen Verankerung eines umfassenden Atomwaffenverbotes gerade
hierzulande Rechnung getragen werden kann. Europa muß daher auch im Bereich des
internen Krisenmanagements bis hin zu einer gemeinsamen Sicherheitspolitik eigene
Ressourcen und eine eigene Identität ohne Nuklearpotential entwickeln. In diesem
Zusammenhang war von der Bundesregierung geplant noch in der XX.GP das sogenannte
Atomsperrgesetz in den Verfassungsrang zu heben.
Völkerrechtlich ist davon auszugehen, daß sich Österreich ohne Einschränkung dazu
verpflichtet hat, auf den Besitz, die Verwendung und die Stationierung von Atomwaffen zu
verzichten. Dieser völkerrechtlichen Verpflichtung auch im Atomverfassungsgesetz
Rechnung zu tragen, kann dem atomaren Abrüstungsprozeß in ganz Europa nur helfen. Die
nukleare Komponente der WEU und der NATO, die in beiden Organisationen ja
ausschließlich im Beistandsfall Relevanz hätte, spielt bei der Durchführung der
Petersbergaufgaben keine Rolle. Die Beteiligung Österreichs findet ausschließlich in den -
nicht - nuklearen - Bereichen friedenserhaltender Operationen, humanitärer und Katastro -
phenhilfe sowie von Such - und Rettungsdiensten statt.
Die Politik, die gegen die Gefahren der Atomkraft kämpft ist ein Thema das ganz
Österreich angeht und bewegt und hinsichtlich dessen wir auch in Zukunft eine gemeinsame
Position in Österreich brauchen, auch weil Österreich nach wie vor das einzige europäische
Land ist, in dem sich alle Parteien mit einem klaren und unmißverständlichen Nein gegen
die Nutzung der Atomenergie ausgesprochen haben. Ein Atomverfassungesetz unterstreicht
diesen Konsens und wirkt auch international weiter.
In formeller Hinsicht wird die Durchführung einer 1.Lesung innerhalb von drei Monaten
sowie die Zuweisung an den Verfassungsausschuß vorgeschlagen.