993/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde
betreffend Ausdehnung der Sendezeit für Volksgruppen und MigrantInnen
Nach Art. 7 Z. 1 des Staatsvertrages von Wien, BGBl. 152/1955 genießen
österreichische Staatsangehörige der slowenischen und kroatischen Minderheiten in
Kärnten, Burgenland und Steiermark dieselben Rechte auf Grund gleicher Bedingungen,
wie alle anderen österreichischen Staatsangehörigen, einschließlich des Rechtes auf ihre
eigenen Organisationen, Versammlungen und Presse in ihrer eigenen Sprache.
Ausgehend von dem in § 2 StGG 1867 normierten Gleichheitsgrundsatz, muß diese
Bestimmung auch für die tschechische Volksgruppe in Wien, die ungarische
Volksgruppe im Burgenland und Wien sowie die Volksgruppe der Roma und Sinti
Anwendung finden. In diesem Zusammenhang ist darauf Bedacht zu nehmen, daß die
mediale Versorgung der ungarischen und kroatischen Volksgruppenangehörigen in
Wien sichergestellt ist. Nach Art. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974,
BGBl. 396/1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, ist Rundfunk
eine öffentliche Aufgabe, wobei die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und
seine Organisation bundesgesetzlich festzulegen sind.
Der in Art. 7 Z 1 des Staatsvertrages von Wien verwendete Begriff “Presse” umfaßt
zweifellos auch den Rundfunk. Dies ergibt sich auch daraus, daß das Bundesgesetz vom
12. Juli1981 über die Presse und andere publizistischen Medien im § 1 Abs. 1 Z. 1
unter Medien jedes Mittel zur Verbreitung von Mitteilungen oder Darbietungen mit
gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild an einen größeren Personenkreis im
Wege der Massenherstellung oder der Massenverbreitung versteht.
Der Österreichische Rundfunk kommt in seiner bisherigen Praxis in nur ungenügender
Weise den sich aus dem Staatsvertrag von Wien und vor allem den sich gegenüber den
nicht im Staatsvertrag genannten ethnischen Minderheiten ergebenden Verpflichtung
nach. Das Rundfunkgesetz 1974 in der Fassung vom BGBl. 505/1993 enthält keine dem
Art. 7 des Staatsvertrages von Wien entsprechenden Regelungen.
Im Regionalradiogesetz wurde es - im Gegensatz zu internationalen Modellen -
verabsäumt, den Betreibern von privaten Radiosendern die Ausstrahlung von gewissen
Programmteilen in Minderheitensprachen vorzuschreiben, sofern die Programme in
Gebieten empfangen werden können, in
denen ethnische Minderheiten leben. Im
Gegensatz zu den ausschließlich gewinnorientierten Privatradiogesellschaften gewinnt
der ORF einen bedeutenden Anteil seiner Legitimation als öffentlich - rechtliche Anstalt
aus dem besonderen Auftrag, für alle relevanten Gruppen der Gesellschaft, und damit
insbesondere auch für die ethnischen Minderheiten, spezifische Programme anzubieten.
Dieses Bundesgesetz soll den staatsvertraglichen Verpflichtungen Rechnung tragen und
die Legitimation des ORF als öffentlich - rechtliche Anstalt stärken, in dem die
Berichterstattung über Minderheiten und in den Minderheitensprachen verstärkt wird
und für eine Vertretung der ethnischen Minderheiten in den Gremien des
Österreichischen Rundfunks Sorge getragen wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, im Sinne der Europäischen Charta der Regional - und
Minderheitensprachen und der Rahmenkonvention des Europarates zum
Minderheitenschutz dafür Sorge zu tragen, dass
a) die Sendezeit im Hörfunk für die ungarische und kroatische Volksgruppe in Wien
und Burgenland und für die slowenische Volksgruppe in Kärnten binnen fünf
Jahren kontinuierlich zu einem Ganztagesprogramm ausgebaut wird;
b) für die Slowenen in der Steiermark, die Roma und Sinti im Burgenland, die
Tschechen in Wien und die MigrantInnen einzelner Sprachzugehörigkeit in den
jeweiligen Bundesländern eine ausreichende Sendezeit im Hörfunk eingeräumt
wird;
c) zusätzlich zu den bestehenden sonntäglichen Fernsehsendungen für die
Volksgruppen und MigrantInnen (“Heimat, fremde Heimat”, “Dobar dan, Hrvati”,
“Dober dan Koroska”) täglich in den bundesländereigenen Sendungen zumindest
ein Beitrag in der Sprache der dort lebenden Volksgruppe bzw. MigrantInnen mit
deutschen Untertiteln ausgestrahlt wird;
d) bei Bestellung von Mitgliedern für die Hörer- und Sehervertretung durch den
Bundeskanzler die in Österreich anerkannten Volksgruppen berücksichtigt
werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuß vorgeschlagen.