1026/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Gottfried Feurstein, Georg
Schwarzenberger, Ingrid Tichy - Schreder
an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales
betreffend Abfertigung neu
Das derzeit bestehende Abfertigungssystem, das aus dem Jahre 1921 stammt,
hat seine historische Funktion durch die Veränderungen in der Arbeitswelt und
neu hervortretende Bedürfnisse der Arbeitnehmer teilweise verloren. Es führt zu
Nachteilen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist nicht mobilitätsfreundlich.
Aus diesen Gründen soll die Abfertigung insbesondere in Richtung einer
zusätzlichen Pensionsvorsorge umgestaltet werden.
Folgende Grundsätze sind zu beachten:
1. Der gesetzliche Anspruch auf Abfertigung bleibt bestehen. Der Arbeitgeber
soll einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu bestimmenden
Prozentsatz des Bruttoentgelts (etwa 2,5 % ) in eine Abfertigungs - und
Pensionskasse einbezahlen. Hiedurch werden ein gleichmäßiges Anwachsen
des Abfertigungsanspruches gewährleistet und die negativen Auswirkungen
der Abfertigungssprünge nach 3, 5, 10, 15 und 20 Jahren beseitigt.
2. Die Zahlungen der Arbeitgeber sollen an Pensionskassen geleistet werden.
Hiezu bedarf es der Novellierung des Pensionskassengesetzes; es bedarf ev.
noch einer den §§ 25, 25 a BUAG vergleichbaren Regelung. Durch die
Novelle des Pensionskassengesetzes müssen auch die Informationspflichten
der Abfertigungs - und Pensionskasse gegenüber dem Arbeitnehmer über den
für ihn angesparten Betrag etc. (§ 19 PKG) sichergestellt werden.
3. Da es sich bei den Abfertigungsbeiträgen um laufende Betriebsausgaben
handelt, ist durch eine Novelle des § 4 Abs. 4 EstG 1988 die steuerliche
Absetzbarkeit zu garantieren. Die Regelung über die Rückstellungen für
bisherige Abfertigungsansprüche bleiben hingegen unverändert. Für die
Vereinbarung der
Beitragsüberführung bestehender Abfertigungszeiten an
die Abfertigungs - und Pensionskasse muß sichergestellt werden, daß die
bestehenden Rückstellungen bzw. diese Beiträge steuerfrei an die
Abfertigungs - und Pensionskasse geleistet werden können.
4. Um die positiven Auswirkungen dieses Modells allen Arbeitnehmern
zukommen zu lassen, bedarf es auch der Novellierung des Bauarbeiter -
Urlaubs - und Abfertigungsgesetzes, BGBl. Nr. 414/1972 und der Landes -
Vertragsbedienstetengesetze.
5. Um die Zeiträume, wofür nach den derzeitigen Bestimmungen eine
Abfertigung gebührt, nicht zu verändern, bedarf es einer Novellierung der
§§ 8 Arbeitsplatz - Sicherungsgesetz 1991 sowie 15 Abs.2
Mutterschutzgesetz, damit auch weiterhin für die Zeit des Präsenzdienstes
und des Mutterschutzes eine Abfertigung gebührt.
6. Durch die “Abfertigung neu” ist sicherzustellen, daß allen Arbeitnehmern,
die 25 Beschäftigungsjahre aufweisen, während der Zeit ihres Arbeitslebens
eine Gesamtabfertigung eines Jahresentgelts zukommt. Die Arbeitnehmer
können somit langfristig mit diesem Geld planen und damit für ihre Zukunft
vorsorgen, ohne ihren sonstigen Verdienst dafür verwenden zu müssen.
7. Für den Arbeitnehmer besteht im Rahmen dieses Abfertigungsmodells - je
nach Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entweder im Zeitpunkt der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei Pensionierung eine freie
Wahl zwischen einer Ausbezahlung oder einer Zusatzpension.
8. Da die Abfertigungszahlungen vom Betrieb ausgelagert werden und damit
nur die monatlichen Beiträge statt der Gesamtabfertigung gesichert werden
müssen, wird hiedurch längerfristig der Insolvenz - Ausfallgeld - Fonds
entlastet (vgl. § 1 Abs. 3 Z 5 IESC). Dies führt zu einer Beitragssenkung für
den Arbeitgeber.
9. Da der Einzahlungsbetrag immer vom aktuellen Monatsbezug und damit
indirekt auch vom Beschäftigungsausmaß abhängig ist, werden die
Ungerechtigkeiten des bestehenden Systems, nämlich das die Abfertigung
immer nur auf Basis des Letztbezuges berechnet wird, beseitigt.
10. Die Unternehmensübergabe - bzw. nachfolge im klein - und mittelständischen
Bereich wird erleichtert, da zum Übergabezeitpunkt keine hohen
Abfertigungszahlungen ausstehen, da diese bereits an die Abfertigungs - und
Pensionskasse geleistet sind.
11. Es gibt Betriebe, für welche die vorgeschlagene Regelung zu einer
erheblichen
Belastung führen würde. Aufgrund der Struktur der kurzen
Arbeitsverhältnisse in Saisonbetrieben fallen dort bisher Abfertigungen kaum
an. Daher sollen auch in Zukunft Arbeitsverhältnisse erst dann von der
gegenständlichen Regelung erfaßt werden, wenn ein Dienstverhältnis länger
als ein Jahr gedauert hat.
12. Ältere Arbeitnehmer werden kostengünstiger, da nach 25 Beitragsjahren der
Arbeitgeber nichts mehr in die Abfertigungs - und Pensionskasse
einzubezahlen hat.
13. Es ist zu prüfen, ob es einerseits sinnvoll ist, und andererseits ob es aufgrund
des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich überhaupt zulässig ist, in
bestehende Arbeitsverhältnisse einzugreifen, und das Modell “Abfertigung
neu” ab einem in der Zukunft liegenden Stichtag anzuwenden.
14. Aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus könnte man mit einer Verzinsung der
Deckungsrückstellung von 6 - 7,5 % p.A. rechnen. Aus der
Gesamteinzahlungssumme inklusive Zinsen ergibt sich innerhalb von
25 Jahren ca. ein Jahresbezug als Gesamtabfertigung. Bei längerer
Veranlagung ergibt sich sogar ein Betrag, welcher den derzeitigen
Abfertigungsanspruch übertrifft.
15. Europareifes Modell: Das Modell Abfertigung Neu wäre mit dem Grundsatz
der Mobilität der Arbeitnehmer soll vereinbar und würde daher eine moderne
europakonforme Regelung darstellen. Ein ähnliches Abfertigungsmodell
besitzt seit Jahrzehnten bereits Italien.
16. Um die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen in Österreich nicht zu
gefährden, ist in einem Bereich, welcher dem arbeitsrechtlichen Synallagma
nicht entspricht, ein Korrektiv vorzunehmen. Nach der derzeitigen Regelung
des Urlaubsgesetzes (§ 9 Abs. 1 UrlG) ist es nämlich so, daß ein
Arbeitnehmer bei Kündigung durch den Arbeitgeber den gesamten
Jahresurlaub erhält, auch wenn er nur mit dem letzten Tag der
Kündigungsfrist in das neue Urlaubsjahr fällt. In Hinkunft soll der
Arbeitnehmer den Urlaub, welcher der Zeit seiner Beschäftigung während
des Urlaubsjahres entspricht, anteilig erhalten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem
Nationalrat einen Gesetzesentwurf über
die “ABFERTIGUNG NEU” mit
nachstehenden Grundsätzen sowie einen Entwurf für die erforderliche
Novellierung der betroffenen Gesetze vorzulegen, um allen Arbeitnehmern
während ihres Arbeitslebens einen Abfertigungsanspruch in sozialer
Ausgewogenheit zu sichern.
I. Aufrechte Arbeitsverhältnisse sollen von dieser Neuregelung nicht erfaßt
werden, es sei denn, Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren die
Anwendung des Modells “Abfertigung neu” auf ihr bestehendes
Arbeitsverhältnis.
II. Ab einem bestimmten Zeitpunkt leistet der Arbeitgeber für 300 Monate
(=25 Jahre) einen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu
bestimmenden Prozentsatz des Bruttomonatsentgeltes (etwa 2,5 %) des
Arbeitnehmers an eine private Abfertigungs - und Pensionskasse (auf
Basis des Kapitaldeckungsverfahrens).
III. Der Beitrag des Arbeitgebers wird mit der Einbezahlung unverfallbar
zugunsten des Arbeitnehmers.
IV. Im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 23
Abs. 7 Angestelltengesetz (Kündigung des Arbeitnehmers, unberechtigter
Austritt, verschuldete Entlassung) besteht zum Zeitpunkt der Beendigung
des Arbeitsverhältnisses l(ein Anspruch auf Auszahlung des angesparten
Betrages. In diesen Fällen soll der Arbeitnehmer erst zum Zeitpunkt der
Pensionierung ein Wahlrecht zwischen Ausbezahlung des angesparten
Betrages oder einer Zusatzpension haben.
V. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch
Arbeitgeberkündigung, einvernehmliche Lösung, unverschuldete
Entlassung, berechtigten Austritt oder Fristablauf hat der Arbeitnehmer
ein Wahlrecht zwischen Ausbezahlung des angesparten Betrages und
einer Weiterveranlagung.
VI. Im Todesfall des Arbeitnehmers soll dieses Wahlrecht den gesetzlichen
Erben (insbesondere dem Ehegatten / der Ehegattin, den Kindern)
zustehen.
VII. Die vorstehenden Regelungen sollen erst dann gelten, wenn das
Arbeitsverhältnis länger als ein Jahr gedauert hat.
VIII. Da Zeiten des Präsenz - und Zivildienstes sowie des Mutterschutzes bei
der Bemessung der Abfertigung zu berücksichtigen sind, sind das
Arbeitsplatzsicherungsgesetz und das Mutterschutzgesetz an die neue
Rechtslage anzupassen.
IX. Die Besteuerung der Abfertigung bleibt mit 6 % unverändert.
X. Jenen Arbeitgebern, die Beiträge an die private Abfertigungs - und
Pensionskasse leisten, soll der Insolvenzentgeltsicherungsbeitrag für jene
Dienstnehmer, die unter die neue Regelung fallen, entsprechend ermäßigt
werden.
XI. Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für Arbeitgeber (zB
Berücksichtigung als Betriebsausgaben etc) sind zu normieren.
XII. Urlaub: Das Urlaubsgesetz soll derart geändert werden, daß entsprechend
dem arbeitsrechtlichen Grundsatz des Einvernehmens bei
Geltendmachung des Urlaubsanspruchs dieser aliquot monatlich entsteht
und bei Beendigung entsprechend dem offenen Urlaubsguthaben immer
eine Urlaubsabfindung (§10 UrlG) gebührt.