1071/A XX.GP
Antrag
der Abgeordneten Andreas Wabl, Freundinnen und Freunde
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wer -
den soll.
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert werden soll.
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Wasserrechtsgesetz 1959 idF. BGBl. Nr. 85/1997 wird wie folgt geändert:
1. §103, Abs.1, lit. b wird wie folgt ergänzt:
Erschöpfende Angaben über die Resultate einer umfassenden Variantenoptimierung
nach dem Stand des technischen Wissens bei optimierbarer Aufgabenstellung.
2. §104a wird wiederverwendet und lautet:
Variantenoptimierung nach dem Stand des Technischen Wissens;
Begriffserläuterungen
In der Ergänzung zu §103, Abs.1 lit. b und in §105,Abs.1 lit.n verwendete Begriffe
werden wie folgt erläutert:
1. Optimierbare Aufgabenstellung
Eine optimierbare Aufgabenstellung liegt dann vor, wenn bei einer verbal - qualitativ
und zumindest teilweise analytisch - quantitativ gegebenen Zielvorstellung , ausge -
drückt durch eine entsprechende quantitative Zielfunktion, die Änderung von Sy -
stemvariablen zu verschiedenen Werten dieser Zielfunktion führt. Durch Vergleich
der Zielfunktionswerte wird dann die Bestimmung einer im Sinne der gewählten
Zielvorstellung optimalen Lösung möglich.
2.Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens
Eine Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens liegt dann vor,
wenn für eine optimierbare Aufgabenstellung die aus der Fachliteratur bekannten
und erprobten computergestützten Optimierungsverfahren für komplexe Systeme,
unter voller Ausnützung moderner Informationstechnologien zur Bürgerinformation
angewendet werden.
3. § 105, Abs. 1 wird um lit. n erweitert, wobei lit. n wie folgt lautet:
n) eine umfassenden Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wis -
sens bei optimierbarer Aufgabenstellung nicht vorliegt.
Begründung
Einleitung
Zunächst muß ausdrücklich festgehalten werden werden, daß die Grünen die ver -
bindlichen Vorschreibung einer umfassenden Variantenoptimierung nach dem Stand
des technischen Wissens auf alle durch das WRG erfaßte optimierbaren Aufgaben -
stellungen verlangen. Die Notwendigkeit einer sochen Forderung ergibt sich alleine
schon aus der verfassungsrechtlichen Verankerung der Grundsätze der Sparsam -
keit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung (Siehe etwas VfGH
G169/86, V70/85) immer dann, wenn in einem bestimmten Bereich der Verwaltun -
gen die diese Grundsätze verletztende Fehlentwicklungen auftreten
Unmittelbarer Anlaß für den vorliegenden Antrag auf Novellierung des WRG 1959
waren daher die offensichtlichen, weiterhin andauernden und sich verstärkenden
Fehlentwicklungen in der mit jährlichen Milliardenförderungen gestützten
Siedlungswasserwirtschaft (SWW), die durch die negativen Erfahrungen der Grü -
nen bei der in den letzten drei Jahren besonders intensiven Mitarbeit in der Kom -
mission für Siedlungswasserwirtschaft (KSWW) bereits ausführlich belegt wurden.
Siehe hierzu die Protokolle der 12. bis 20. KSWW - Sitzung aus den Jahren 1996 bis
1999.
Hinzu kommt, daß die auf Anregung des Grünen Klubs in der WRG - Novelle
1997 in §103,Abs.1 lit b und §108,Abs.1 WRG getroffenen Vorkehrungen1
sicherlich nicht ausreichen, um den eingetretenen Fehlentwicklungen wirksam
gegenzusteuern.
Die Begründung selbst gliedert sich in die Abschnitte „Sozio - ökonomische Aspekte“
und „Systemanalytische Aspekte“ und wird an Hand der Situation in der Siedlungs -
wasserwirtschaft beispielhaft näher ausgeführt.
1. Sozio - ökonomische Aspekte der Begründung
1.1 In der Praxis zeigte sich für die Grünen bei der Arbeit in der KSWW, im KSWW -
Ausschuss „Ländlicher Raum“ und in begleitenden Beratungen und Bürgerversamm -
lungen in den Bundesländer immer wieder, daß Abwasserbehandlungskonzepte ins -
besondere im ländlichen Raum durchgedrückt werden, die offensichtlich die ver -
fassungsrechtlich verankerten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit
und Zweckmäßigkeit (Siehe Erkenntnis des VfGH G169/86, V70/85) dadurch
verletzten, daß
1 Siehe hierzu die Antwort des BMLF auf die Frage 4 der Grünen Anfrage „„Versäumnisse bei der
Umsetzung der WRG -
Novelle 97“ vom 24.4.1998
„öffentliche Kanalanlagen in Gebieten mit geringer Verbauungsdichte bzw. öffentliche
Kanalanlagen mit Bauführungen "im Grünen" errichtet werden“. (Zitiert nach dem
oben angeführten VfGH - Erkenntnis)
1.2 Und immer wieder war eine Hauptursache für diese Fehlentwicklung das
Fehlen einer Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens
über das Gesamtspektrum der vorhandenen Technologien und gesellschaftlichen
Organisationsformen - selbstverständlich vor Erteilung der wasserrechtlichen Bewilli -
gung. Unterstützt wird diese Fehlentwicklung durch die Förderungsrichtlinien (FRL)
und Technischen Richtlinien (TR) zum Umweltförderungsgesetz (UFG) sowie die
Kanalisationsgesetze auf Landesebene, die ein Erreichen des Optimums - in Form
eines Kostenminimums für den Bürger bei voller Berücksichtigung der Ziele des im
WRG verankerten Gewässerschutzes - in verfassungswidriger Weise verhindern.
Herausragendes Beispiel dafür ist die Vorschreibung eines bestimmten Anschlußbe -
reiches.
Überzeugend illustriert wurde diese Fehlentwicklung durch jene Fälle, in denen es
den Grünen durch die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der als Abwicklungs -
stelle für die Bundesförderung verantwortliche Österreichischen Kommunalkredit AG
(ÖSTKK) in der KSWW gelang, die ÖSTKK von einer Rückstellung der
Förderansuchen und Neuplanung zu überzeugen. Hierzu gehören Projekte in der
Steiermark, die mit den Orten Heiligenkreuz am Waasen, Glojach, Jagerberg und
Frojach - Katsch verbunden sind.
In vielen Fällen, insbesondere bei Großprojekten wie dem Abwasserverband Unte -
res Pustertal war die Überzeugungskraft der Grünen leider nicht ausreichend bzw.
das Projekt schon zu weit fortgeschritten.
1.3 Eine gesellschaftspolitisch sehr ernste Folge dieser Fehlentwicklungen ist das
weitverbreitete Auftreten von
sozial unverträglichen Gebühren für Kanalanschluß und - benützung insbeson -
dere im ländlichen Raum
Diese weitverbreitet Sozialunverträglichkeit hat im Bundesland Kärnten bereits zur
Einführung eines Härteausgleichsfond für Kanalanschlußgebühren durch die Lan -
desregierrung geführt.
Auch im Bundesland Steiermark sind ähnliche Forderungen neulich von einem
Mitglied der Landeasregierung erhoben worden.
1.4 Laufend verschärft wird diese Situation insbesondere im ländlichen Raum da -
durch, daß das Bundesministerium für Land - und Forstwirtschaft....
(1)...mit der durch die Novelle 90 zum WRG notwendig gewordenen Inkraftsetzung
von Verordnungen im Verzug ist. So ist die für den ländlichen Raum so wichtige
Zweite Abwasseremissionsverordnung (2. AEV) noch immer nicht in Kraft, also seit
neun Jahren (!!) ausständig.
(2)... von der mit der Novelle 97 zum WRG verbundene Verordnungsermächtigun -
gen wie sie etwa im § 12b enthalten sind, bisher kaum Gebrauch gemacht hat.²
1.5 Solche Vollzugsdefizite verhindern auch in einer noch so guten
Variantenoptimierung die volle Ausschöpfung kostendämpfender Möglichkeiten. Als
Beispiel sei nur auf das vollständige Fehlen des Einsatzes der Methoden der
statistischen Qualitätskontrolle bei der Fremdüberwachung der immer zahlreicheren
Kleinkläranlagen im ländlichen Raum hingewiesen. Deren Einsatz würde für die
Verwaltung und die Betreiber solcher Kleinkläranlagen wesentliche
Kostenreduktionen zur Folge haben.
1.6 Bei der Analyse der vorliegenden Problematik muß immer wieder in Erinnerung
gerufen werden, daß nach den seriösen Schätzungen der ÖSTKK für den Zeitraum
1999 - 2008 über ein
Investitionsvolumen von 186 Mrd. in der österreichischen SWW
(Siehe hierzu den Jahresbericht 1998 der ÖSTKK, p.33) von der KSWW die
entsprechenden Förderungsempfehlungen in Zusammenarbeit mit der ÖSTKK an
das BMUJF weitergeleitet werden müssen.
Die für diese Investitionen notwendigen Förderungmittel müssen unter den zeitlichen
Vorgaben des Wasserrechtes im nächsten Finanzausgleich sichergestellt werden.
1.7 Schon aus den angeführten sozio - ökonomischen Gründen ist daher eine
Variantenoptimierung nach dem Stand des technischen Wissens vor der
Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung unbedingt erforderlich - wegen
des hohen Investitionsvolumens insbesonders bei den Großprojekten von
Wasserverbänden.
2. Systemanalytische Aspekte der Begründung
Dieser Teil der Begründung sei unter das Botzmannsche Motto „Es gibt nichts
Praktischeres als eine gute Theorie“ gestellt.
2.1 Stand des technischen Wissens
Systemanalytisch gesehen handelt es sich um ein diskretes, stochastisches Optimie -
rungsproblem für ein oft großes und komplexes System mit....
(1)...einer quantifizierbaren Zielfunktion nämlich der Kostenminimierung für die
Dienstleistung „Abwasserbehandlung“
(2).... ökologischen und sozio - ökonomischen Nebenbedingungen, die mit dem
„Wenn - dann Verfahren“ ebenfalls hinreichend quantifiziert werden können.
Wegen des komplexen und diskreten Charakters der Problemstellung sind
computergestützte Methoden zur Bestimmung des Optimums unerläßlich, doch sind
einige allgemeine Strukturen der Lösungen wohl bekannt
² Siehe hierzu
auch die Antwort auf die Frage 1 der schon in der Fußnote 1 zitierten
Grünen Anfrage
Von besonderer praktischer Wichtigkeit ist dabei die “Flachheit“ des Minimums.
Die mathematischen Methoden und die Anwendung in der Praxis der SWW sind
Wohlerprobt. ³
2.2 Vorteile gegenüber dem „intuitiven“ Lösungsansatz.
Ohne Vollständigkeit anstreben zu wollen seien einige praktisch besonders wichtige
Vorteile kurz angeführt:
a) Versachlichung der Diskussion und Entfall von einer Folge von schwer oder
garnicht vergleichbarenStudien, die mit einem beträchtlichem Zeit - und Geldaufwand
für die Gemeinden verbunden sind.
b) Wegen der Flachheit des Kostenminimums können gewisse Bürgerwünsche
leicht berücksichtigt und sofort vom Planer quantitativ abgeschätzt werden. Diese
Möglichkeit stellt eine enorme Entscheidungshilfe für Bürgermeister und die
Gemeinderäte dar.
c) Die Erstellung einer „gelben Linie“ kann entfallen, da das Programm automa -
tisch die gemeinsam zu entsorgenden Bereiche von den Einzellösungen in einer
kosteminimierenden Weise trennt. 4. Diese Bereiche sind natürlich eine Funktion der
eingesetzten Technologien und gesellschaftlichen Organisationsformen, etwa: Ge -
nossenschaft in Eigenverantwortung versus öffentliche Ausschreibung nach amtli -
chen Vergaberichtlinien.
d) Möglichkeit der Bestimmung der Stabilität einer Lösung gegenüber Änderung in
den Kostenansätzen. Dies stellt einen entscheidenden Fortschritt gegenüber dem
immer noch verwendeten und in den TR zum UFG ausdrücklich angeführten LAWA -
Verfahren dar, der insbesondere im ländlichen Raum zum Tragen kommen
kann. (Struktursensitivität der optimalen Lösung gegenüber Kostenvariationen)
e) Die Festlegung eines Anschlußbereiches muß entfallen, da dies nach
allgemeinen Grundsätzen der Optimierungstheorie nur zu einer
Kostenerhöhung führen kann.
f) Beim Einsatz der entsprechenden Informationstechnologie ist in Bürgerversamm -
lungen eine anschauliche Darstellung der Verhältnisse leicht möglich und dies kann
sicherlich zu einem Abbau von Emotionalität und Spannungen in der Gemeinde
beitragen.
³ Siehe hierzu etwa die Diplomarbeit und die Dissertation von Dr. Ambros, Graz
4 Siehe hierzu auch die von allen KSWW - Mitgliedern mitgetragene Resolution des KSWW
Ausschusses „Ländlicher Raum“. Nähere Eionzelheiten sind auch von der ÖSTKK zu erfahren , da
Abteilungsdirektor
DI D. Fras der Leiter dieses Ausschusses war.
2.3 Gegenwärtiger Stand der Planungspraxis in Österreich
Dieser ist „Lichtjahre“ von den oben nur ansatzweise geschilderten Möglichkeiten
entfernt. Die praktizierten Vorgangsweisen und das damit verbundene Verharren im
Status quo wird durch das gültige Regelwerk noch aktiv unterstützt.
Als eines der letzten Beispiele dazu sei auf § 6 der Neuausgabe der
Förderungsrichtlinien zum UFG hingewiesen. Diese stellen - übrigens nicht nur in
diesem Punkt - einen deutlichen Rückschritt gegenüber den vorher geltenden
Richtlinien dar, wie ein auch nur flüchtiger Vergleich sofort erkennen läßt.
4. Schlußbemerkung
Daß es im öffentlichen Interesse sein muß im Sinne des anfangs zitierten Boltz -
mannschen Leitgedanken und angesichts der offensichtlichen Mißstände und
Fehlentwicklungen bei den riesigen Förderungsmittel den hier vorgestellten Weg
einzuschlagen, ist zumindest für die Grünen unerläßlich - insbesondere im
wirtschaftlich an sich schwachen ländlichen Raum.
In formaler Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuß für Land - und Forstwirt -
schaft vorgeschlagen.