1173/A XX.GP

 

                                                               Antrag

 

der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Feurstein

und Genossen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender

Bestimmungen das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammer -

gesetz, die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das

Finanzstrafgesetz, die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch,

das Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden.

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz, mit dem zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen

  das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Arbeiterkammergesetz, die

Allgemeine Bergpolizeiverordnung, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz,

    die Abgabenexekutionsordnung, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das

  Gerichtsorganisationsgesetz und die Strafprozeßordnung 1975 geändert werden.

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

                                                               Artikel 1

                Änderung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG

 

 Das Allgemeine Verwaltungsverfahrengesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt

geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr...../19.., wird wie folgt geändert:

 

 

                1. Nach § 17 wird folgender § 1 7a samt Überschrift eingefügt:

 

                               „Blinde und hochgradig sehbehinderte Beteiligte

 

§ 17a. Blinden oder hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters

entbehren, hat die Behörde auf Verlangen den Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch

Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst

geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

  2. § 40 Abs. 1 lautet:

 

    ,,§ 40. (1) Mündliche Verhandlungen sind unter Zuziehung aller bekannten Beteiligten

sowie der erforderlichen Zeugen und Sachverständigen vorzunehmen und, sofern sie mit

einem Augenschein verbunden sind, womöglich an Ort und Stelle, sonst am Sitz der Behörde

oder an dem Ort abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint. Bei der

Auswahl des Verhandlungsortes ist, sofern die mündliche Verhandlung nicht mit einem

Augenschein verbunden ist, darauf zu achten, daß dieser für körperbehinderte Beteiligte

gefahrlos und tunlichst ohne fremde Hilfe zugänglich ist.“

 

    3. § 76 Abs.1 lautet:

 

,,§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür,

sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu

tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als

Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.

Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach §  17a erwachsen, sowie die einem

Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des §

52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen,

nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.“

 

    4. § 76 Abs. 5 lautet:

 

   „(5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie

die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind - falls hiefür nicht

die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen, in

dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.“

 

 

                                                               Artikel 2

                                               Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992

 

Das Arbeiterkammergesetz 1992, BGBl. Nr. 626/1991, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. I Nr. 166/1998, wird wie folgt geändert:

 

      § 19 letzter Satz lautet:

 

„Die Arbeiterkammer - Wahlordnung kann vorsehen, daß sich körper -  oder

sinnesbehinderte Wähler von einer Person, die sie sich selbst auswählen können, führen und

sich bei der Wahlhandlung helfen lassen dürfen.“

                                                               Artikel 3

                Bundesgesetz, mit dem die Allgemeine Bergpollzeiverordnung geändert wird

 

 

Die Allgemeine Bergpolizeiverordnung, BGBl. Nr. 114/1959, zuletzt geändert durch das

Mineralrohstoffgesetz, BGBl. I Nr. 38/1999, wird wie folgt geändert:

 

   § 327 Abs. 1 lautet

 

   ,,§ 327. (1) Arbeitnehmer, von denen dem Arbeitgeber bekannt ist, daß sie an

körperlichen Schwächen oder an Behinderungen in einem Maße leiden, daß sie dadurch bei

Arbeiten im Bergbau einer besonderen Gefahr ausgesetzt wären oder andere Arbeitnehmer

gefährden könnten, dürfen mit Arbeiten im Bergbau nicht beschäftigt werden."

 

 

                                                               Artikel 4

                               Änderung der Bundesabgabenordnung - BAO

 

 

Die Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. I Nr....../1999, wird wie folgt geändert:

 

      In § 90 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

 

    „Blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien, die nicht durch Vertreter (§§ 80 ff)

vertreten sind, ist auf Verlangen der Inhalt von Akten und Aktenteilen durch Verlesung oder

nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur

Kenntnis zu bringen.“

 

                                                               Artikel 5

                                               Änderung des Finanzstrafgesetzes

 

Das Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I

Nr. 55/1999, wird wie folgt geändert:

       1. Im § 79 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt

 

      „Sind Beschuldigte oder Nebenbeteiligte blind oder hochgradig sehbehindert und nicht

durch Verteidiger oder Bevollmächtigte vertreten, so hat ihnen die Finanzstrafbehörde auf

Verlangen den Inhalt der Akten oder Aktenteile durch Verlesung oder nach Maßgabe der

vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

 

       2. § 84 Abs. 3 lautet:

 

      „(3) Der Vernehmung ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn der Beschuldigte oder ein

Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder

hochgradig hörbehindert ist.“

 

      3. Im § 117Abs. 2 und im § 126 tritt jeweils an die Stelle des Wortes „Gebrechlichkeit“

das Wort „Behinderung“.

 

     4. Im § 127 Abs. 1 lautet der zweite Satz:

 

„Der mündlichen Verhandlung ist ein Schriftführer und, wenn der Beschuldigte oder ein

Nebenbeteiligter der Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig, gehörlos oder

hochgradig hörbehindert ist, ein Dolmetscher beizuziehen.“

 

     5. Im § 185 Abs. 1 lautet der letzte Satz:

 

     „Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn

die Beiziehung notwendig war, weil der Beschuldigte der Verhandlungssprache nicht

hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.“

 

      6. Im § 185 Abs. 2 wird folgender letzter Satz angefügt

 

      Die Kosten für die Beiziehung eines Dolmetschers sind nicht zu berücksichtigen, wenn

die Beiziehung notwendig war, weil der Nebenbeteiligte der Verhandlungssprache nicht

hinreichend kundig, gehörlos oder hochgradig hörbehindert war.“

                                                               Artikel 6

                               Änderung der Abgabenexekutionsordnung - Abg. E .O.

 

Die Abgabenexekutionsordnung - Abg. E. O., BGBl. Nr. 104/1949, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl. Nr. 694/1993, wird wie folgt geändert:

 

    1. § 25 erhält die Bezeichnung (1).

 

     2. Als Abs. 2 wird ein gefügt:

 

     „(2) Ist der Abgabenschuldner blind oder hochgradig sehbehindert und nicht vertreten

(§§ 80 ffBAO), so ist ihm auf Verlangen der Inhalt von Akten oder Aktenteilen durch

Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst

geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.“

 

                                                               Artikel 7

                               Änderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches

 

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I

Nr......./1999, wird wie folgt geändert:

 

        1. § 566 lautet:

 

 

        "§ 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem hiefür erforderliche Besonnenheit

ausschließenden Zustand, wie einer psychischen Krankheit, einer geistigen Behinderung oder

der Trunkenheit, geschehen sei, so ist sie ungültig.“

 

        2. § 591 lautet:

 

        ,,§ 591. Personen unter achtzehn Jahren, Personen, denen aufgrund einer Behinderung

die Fähigkeit fehlt, entsprechend der jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des

Erblassers zu bezeugen, sowie diejenigen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen,

können bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.“

 

       3. Im § 616 werden die Worte „einem Sinnlosen " durch die Worte „einer

testierunfähigen Person“ ersetzt.

      4. § 1308 lautet:

 

       „§1308. Wenn Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, oder Unmündige

jemanden beschäftigen, der durch irgendein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben

hat, so kann er keinen Ersatz ansprechen.“

 

      5. Im § 1494 ABGB wird die Wendung „wie gegen Pupillen, Wahn - oder Blödsinnige,

durch die Wendung „wie gegen Minderjährige oder Personen, die den Gebrauch der

Vernunft nicht haben,“ ersetzt.

 

                                                               Artikel 8

                               Änderung der Gerichtsorganisationsgesetzes - GOG

 

Das Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 56/1999 in der Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 76/1999,

wird wie folgt geändert:

 

      1. Nach dem § 79 wird folgender § 79a ein gefügt:

 

      „§ 79a. (1) Wenn dies erforderlich scheint, hat das Gericht - gegebenenfalls unter

Verwendung technischer Hilfsmittel - dafür zu sorgen, dass eine blinde oder hochgradig

sehbehinderte Partei, die nicht vertreten ist, vom wesentlichen Inhalt der zugestellten

Schriftstücke und der bei Gericht befindlichen Akten Kenntnis erlangen kann; die Kosten

trägt der Bund.

 

      (2) Kann mit den Maßnahmen nach Abs. 1 das Auslangen nicht gefunden werden, ist in

Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen einer solchen Partei unabhängig von ihren

Einkommens - und Vermögensverhältnissen auf Antrag Verfahrenshilfe (§ 64 Abs. 1 Z 3 und

4 ZPO) zu gewähren; für die Beigebung eines Verteidigers in Strafsachen ist § 41 Abs. 2 Z 6

StPO mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Einkommens - und Vermögensverhältnisse

des Beschuldigten nicht Bedacht zu nehmen ist.

 

       2. Im § 98 wird nach dem Abs. 4 folgender Abs. 5 angefügt

 

       (5) § 79a tritt mit dem 1. August 1999 in Kraft.“

                                                               Artikel 9

                               Änderung der Strafprozeßordnung 1975

 

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. 631/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz

BGBl. I Nr. 153/1998, wird wie folgt geändert:

 

     Im § 198 Abs. 3 wird das Wort „taub“ durch den Ausdruck „gehörlos“ersetzt.

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird angeregt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem

Verfassunsausschuß zuzuweisen.

                                                               Erläuterungen

 

 

Allgemeiner Teil

 

Die Bundesregierung hat aufgrund einer Entschließung des Nationalrates eine Arbeitsgruppe

zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich

behindertenbenachteiligender Bestimmungen eingesetzt und hierüber dem Nationalrat in

III - 178 d.B. einen umfangreichen Bericht erstattet. In diesem Bericht sind zahlreiche

Bestimmungen aufgelistet, die Behinderte - zumindest in ihrer sprachlichen Form -

diskriminieren.

 

Mit dem vorliegenden Antrag sollen jene behindertendiskriminierenden Bestimmungen

geändert werden, deren Änderung ohne weiteres möglich ist und die in die

Vollziehungszuständigkeit von Bundesministerien, die von sozialdemokratischen

Bundesministem geleitet werden, und dem Bundesministerium für Justiz fallen. Durch diesen

Antrag soll Gelegenheit gegeben werden, im Wege der Behandlung im Ausschuß auch noch

weitere Bestimmungen, die Behinderte benachteiligen, zu ändern.

 

Durch diesen Antrag kann nur ein weiterer Schritt zum Abbau der Benachteiligung von

Behinderten gesetzt werden. Es sind auch in der Zukunft noch große Anstrengungen nötig,

um Behinderten die tatsächliche Gleichstellung zu gewährleisten.

 

Durch diesen Antrag sind keine nennenswerten Mehrkosten in der Vollziehung zu erwarten.

 

 

Besonderer Teil

 

Zu Art. 1 Z1 (§ 17a AVG):

 

Blinde bzw. hochgradig sehbehinderte (vgl. § 4a des Bundespflegegeldgesetzes idF BGBl. I

Nr. 111/1998) Beteiligte sind aufgrund ihrer Behinderung im Schriftverkehr mit der Behörde

- bzw. als Partei auch im Rahmen der Akteneinsicht - Benachteiligungen ausgesetzt, da sie in

der Regel eine Hilfsperson, die ihnen den Inhalt sie betreffender behördlicher Schriftstücke

vorliest, benötigen. Durch die Bestimmung des § 17a AVG wird eine Amtspflicht der

Behörde geschaffen, einem blinden bzw. hochgradig sehbehinderten Beteiligten, der weder

durch einen gesetzlichen noch durch einen gewillkürten Vertreter vertreten ist, den Inhalt von

Akten oder Aktenteilen durch Verlesung bzw. - nach Maßgabe der vorhandenen technischen

Möglichkeiten - in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.

Aus der systematischen Einordnung des § 17a in die Bestimmungen des 3. Abschnittes des

Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes über den Verkehr zwischen Behörden und

Beteiligten ergibt sich zum einen, daß diese Regelung nicht auf das Ermittlungsverfahren

beschränkt ist. Zum anderen handelt es sich hiebei um eine (sehbehinderten -) spezifische

Anleitungspflicht der Behörde, an die keine Zustellwirkungen geknüpft sind. Als „sonst

geeignete Weise“ kommt insbesondere der Ausdruck von Schriftstücken in Brailleschrift

(Normalschrift oder Kurzschrift) in Frage, sofern der Beteiligte diese Schrift beherrscht. Nach

Angaben des Österreichischen Statistischen Zentralamtes entfällt ein hoher Anteil der

Sehbeeinträchtigungen in Form der „praktischen Blindheit“ bzw. der „vollen Blindheit an

beiden Augen“ auf altersbedingte Sehbeeinträchtigungen (ca. 8.000 der insgesamt rund

13.000 Fälle betreffen Personen, die über 60 Jahre alt sind. Dies entspricht einem Anteil von

etwa 60 %.). Da ein Großteil dieser Personen die Braille - Schrift erfahrungsgemäß nicht mehr

erlernt, ist die Herstellung eines Braille - Schriftausdruckes in diesen Fällen wohl nicht als

geeignetes Mittel anzusehen.

Bei den Kosten für die Verlesung bzw. die Umsetzung des Inhaltes von Akten oder

Aktenteilen in „sonst geeigneter Weise“ handelt es sich nicht um Barauslagen der Behörde im

Sinne des § 76 Abs. 1 AVG, vielmehr sind diese Kosten - wie die Gebühren für den

Gehörlosendolmetscher nach § 39a AVG - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen

Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat (vgl. § 76 Abs. 5 AVG).

 

Zu Art. 1 Z 2 (§ 40 AVG):

 

Durch § 40 Abs. 1 zweiter Satz soll sichergestellt werden, daß die Behörde bei der

Ermessensentscheidung, die mündliche Verhandlung am Sitz der Behörde oder an dem Ort

abzuhalten, der nach der Sachlage am zweckmäßigsten erscheint, auch den Aspekt des

barrierefreien Zuganges zum Verhandlungsort für körperbehinderte Beteiligte berücksichtigt.

Aufgrund der beweismäßigen Bedeutung von Augenscheinsverhandlungen für das

Ermittlungsverfahren findet diese Regelung keine Anwendung auf Verhandlungen, die mit

der Durchführung eines Augenscheins an Ort und Stelle verbunden sind.

 

Zu Art 1 Z 3 und 4 (§ 76 Abs. 1 und 5 AVG):

 

Bei den Kosten für die Verlesung bzw. die Umsetzung des Inhaltes von Akten oder

Aktenteilen in „sonst geeigneter Weise“ handelt es sich nicht um Barauslagen der Behörde im

Sinne des § 76 Abs. 1 AVG, vielmehr sind diese Kosten - wie die Gebühren für den

Gehörlosendolmetscher nach § 39a AVG - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen

Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

 

Zu Art. 2 (Änderung des Arbeiterkammergesetzes 1992):

 

Einem Wunsch Behindertenvertreter entsprechend wurde im § 66 Abs. 1 der Nationalrats -

Wahlordnung 1992 die Wortfolge „blinde, schwer sehbehinderte und gebrechliche Wähler“

durch die Wendung „körper - oder sinnesbehinderte Wähler“ ersetzt (BGBl. I Nr. 161/1998).

Mit der vorgesehenen Regelung über das persönliche Wahlrecht (Änderung des § 19 des

Arbeiterkammergesetzes 1992) erfolgt eine Anpassung an diese Änderung in der

Nationalrats - Wahlordnung.

 

Zu Art. 3 (Bundesgesetz, mit dem die Allgemeine Bergpolizeiverordnung geändert

wird):

 

Die derzeitige Formulierung des § 327 Abs. 1 der als Bundesgesetz in Geltung stehenden

Allgemeinen Bergpolizeiverordnung wurde im Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur

Durchforstung der Bundesrechtsordnung auf behindertenbenachteiligende Bestimmungen von

der Untergruppe mehrheitlich als diskriminierend kritisiert, da die verwendeten Ausdrücke

„Gebrechen“ und „behaftet“ als nicht mehr zeitgemäß erachtet wurden. Diese Formulierung

wird daher durch eine zeitgemäßere Formulierung ersetzt. Inhaltlich tritt dadurch keine

Änderung ein.

 

Zu Art. 4 (Änderung der BAO):

 

Die Ergänzung des § 90 Abs. 1 erfolgt in Anlehnung an den Textvorschlag zu § 17a AVG,

wonach die Behörde blinden oder hochgradig sehbehinderten Beteiligten, die eines Vertreters

entbehren, auf Verlangen den Inhalt von Schriftstücken durch Verlesung oder nach Maßgabe

der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu

bringen hat.

 

Zu Art. 5 Z 1 (§ 79 Abs. 1 FinStG):

 

Der Behinderung von Blinden oder hochgradig sehbehinderten Beschuldigten und

Nebenbeteiligten soll, sofern sie nicht vertreten sind, dadurch Rechnung getragen werden, daß

die Akteneinsicht durch Verlesung der Akten oder Aktenteile oder sonst in geeigneter Weise

ermöglicht wird.

 

Zu Art. 5 Z 2 (§ 84 Abs. 3 FinStG):

 

So wie bei der Vernehmung von Beschuldigten und Nebenbeteiligten, die der

Verhandlungssprache nicht hinreichend kundig sind, ein Dolmetscher beizuziehen ist, soll

auch bei der Vernehmung solcher gehörloser oder hochgradig hörbehinderter Personen ein

Gehörlosendolmetscher beigezogen werden.

 

Zu Art. 5 Z 3 (§117 Abs. 2 und § 126 FinStG):

 

Das als sprachlich diskriminierend empfandene Wort „Gebrechlichkeit“ soll durch das Wort

„Behinderung“ ersetzt werden.

 

Zu Art. 5 Z 4 (§ 127 Abs. 1 FinStG):

 

Die im neuen § 84 Abs. 3 vorgesehene Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers bei der

Vernehmung eines gehörlosen oder hochgradig hörbehinderten Beschuldigten oder

Nebenbeteiligten soll auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung gelten.

 

Zu Art. 5 Z 5 und 6 (§ 185 Abs. 1 und 2 FinStG):

 

Die aus der Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers für gehörlose oder hochgradig

hörbehinderte Beschuldigte oder Nebenbeteiligte erwachsenen Kosten sind bei der

Auferlegung eines Kostenersatzes nicht zu berücksichtigen.

 

Zu Art. 6 (Änderung der Abgabenexekutionsordnung):

 

§ 25 AbgEO enthält abweichend von den einschlägigen Bestimmungen der BAO, die nach §

1 AbgEO im Vollstreckungsverfahren anzuwenden sind, eine eigene Regelung über die

Akteneinsicht. In Berücksichtigung der sowohl im AVG als auch in der BAO

vorgenommenen Ergänzungen, wonach die Behörde blinden und hochgradig sehbehinderten

Beteiligten, die eines Vertreters entbehren, auf Verlangen den Inhalt von Schriftstücken durch

Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst

geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen hat, erfolgte auch eine entsprechende Ergänzung in

der Abgabenexekutionsordnung. Eine weitergehende Regelung in der Abgabenexekutions -

ordnung ist mit dem Ziel des Abgabenvollstreckungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen.

Bezüglich all fähiger Kosten ist auf die § § 313 f BAO zu verweisen.

 

Zu Art. 7 (Änderung des ABGB):

 

Alte sprachliche Formulierungen, die geeignet sind, Behinderte zu diskriminieren, sollen

durch zeitgemäße ersetzt werden, wobei sich diese teilweise an die §§ 310 und 865 ABGB

anlehnen. Dadruch soll der Inhalt der gesetzlichen Bestimmung nicht geändert werden.

 

Zu Art. 8 (Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes):

 

Blinde oder hochgradig sehbehinderte Personen (§ 4a Abs.4 und 5 Bundespflegegeldgesetz)

sind bei der Kenntnisnahme vom Inhalt gerichtlicher Schriftstücke und Akten mit erheblichen

Schwierigkeiten konfrontiert. Die vorgeschlagene Bestimmung soll diese Probleme nach

Möglichkeit beseitigen.

 

Wenn auch davon ausgegangen werden kann, dass viele blinde oder hochgradig sehbehinderte

Personen durch die Unterstützung von Vertrauenspersonen in die Lage versetzt sind,

gerichtliche Schriftstücke zur Kenntnis zu nehmen, ist doch dafür vorzusorgen, dass solche

Personen, die diese Hilfe nicht haben, aufgrund ihres beeinträchtigten Sehvermögens bei der

Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte keine Nachteile erleiden. Das Gericht hat daher nach

den Erfordernissen des Einzelfalls in allen gerichtlichen Verfahren durch geeignete

Maßnahmen sicherzustellen, dass eine blinde oder hochgradig sehbehinderte Person, die

weder über einen gewillkürten oder gesetzlichen Vertreter noch über einen Verteidiger

verfügt, vom wesentlichen Inhalt gerichtlicher Schriftstücke, etwa Protokollen und

Entscheidungen, und Akten Kenntnis erlangen kann. Als solche Maßnahmen des Gerichts

kommen insbesondere Ausdrucke in Braille - oder Kurzschrift, die Übermittlung von

Disketten oder Tonbändern oder - bei kürzeren Schriftstücken - auch Vorlesen in Betracht.

Die dafür entstehenden Kosten hat jedenfalls der Bund zu tragen.

 

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien die

adäquate Wahrnehmung ihrer Verfahrensrechte zu ermöglichen, soll ihnen unabhängig von

ihrer Einkommens - und Vermögenslage in Zivilverfahren Verfahrenshilfe gewährt, im

Strafverfahren ein Verteidiger beigegeben werden.

 

Zu Art. 9 (Änderung der Strafprozeßordnung):

 

Eine alte sprachliche Formulierung, die geeignet ist, Behinderte zu diskriminieren, wird durch

eine zeitgemäße sprachliche Fassung ersetzt. Dadurch soll der Inhalt der gesetzlichen

Bestimmung nicht geändert werden.