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Die Abgeordneten zum Nationalrat Anna Elisabeth Aumayr,

Dr. Jörg Haider, Ing. Mathias Reichhold und Kollegen haben am

31. Jänner 1996 unter der Nummer 61/J-NR/1996 an mich eine

schriftliche Anfrage betreffend Erleichterung der Viehimporte

aus Osteuropa gerichtet, welche den folgenden Wortlaut hat.

 

1) Stimmt es, daß der EU-Ministerrat eine Senkung der Zoll-

sätze für Lebendvieh aus Osteuropa, rückwirkend mit

1.7.1995, beschloß?

2) Wie hat sich der zuständige Bundesminister in bezug auf

diese Zollsenkung verhalten?

3) Trifft es zu, daß in Hinkunft aus Osteuropa jährlich

500.000 Lebendrinder (einschließlich Kälber) in die EU

verbracht werden dürfen?

4) Galt diese Aufstockung bereits für 1995?

5) Wie hat sich der zuständige österreichische Bundesminister

in bezug auf diese Importaufstockung verhaten?

6) Wieviel Stück dieser Lebendrinderimporte stehen den ein-

zelnen EU-Mitgliedstaaten zu?

7) Wurden zwischenzeitlich seitens der EU und anderen Dritt-

staaten ähnliche neue Einfuhrregelungen für Agrarimporte

beschlossen? Wenn ja, mit welchen Ländern und mit welchen

Auswirkungen auf Österreich?

 

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

 

ad 1) : Der Rat "Allgemeine Angelegenheiten" vom 6. März 1995

hat der Europäischen Kommission ein Verhandlungsmandat erteilt,

welches vor dem Hintergrund der Erweiterung der Europäischen

Union um Finnland, Österreich und Schweden sowie der Umsetzung

der Uruguay-Runde die Wiederherstellung der Gleichgewichte im

Agrarhandel zwischen der Europäischen Union und den assoziier-

ten Staaten Mittel- und Osteuropas vorsieht. Um nicht das Ende

der zur Zeit noch laufenden Verhandlungen abwarten zu müssen,

wurden seitens der EU per 1. 7 . 1995 auf reziproker Basis ent-

sprechende autonome Maßnahmen - jeweils für ein halbes Jahr -

beschlossen (derzeit verlängert bis 30. 6. 1996) .

 

Um den derzeitigen handelspolitischen acquis im Agrarbereich

aufrecht erhalten zu können, ist es aufgrund der WTO-Verpflich-

tungen notwendig, die Präferenzmarge bei allen Erzeugnissen,

die eine Präferenz im Rahmen eines Zollkontingents genießen,

auf 80% zu erhöhen. Ohne diese Maßnahmen würde es zu einer

deutlichen Verschlechterung der präferentiellen Handelsmöglich-

keiten zwischen EU und den mittel- und osteuropäischen Staaten

(MOEL) kommen.

 

Dies würde Österreich aufgrund seiner starken Handelsbeziehun-

gen mit den MOEL in weit überdurchschnittlichem Ausmaß treffen.

Auch seitens der assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas

wurden Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, die Aufrecht-

erhaltung des handelspolitischen acquis zu gewährleisten.

 

Am 20. November 1995 hat der Rat "Allgemeine Angelegenheiten"

eine Zollsenkung im Ausmaß von 5% per anno über einen Zeitraum

von 5 Jahren beschossen. Auf Wunsch mehrerer Mitgliedstaaten -

auch Österreichs - wurde Lebendvieh von dieser Zollsenkung aus-

genommen.

 

ad 2) : Österreich hat der Anpassung der Europa-Abkommen an

die Erweiterung der Union bzw. den Verpflichtungen aus der

 

GATT-Uruguay-Runde zugestimmt, um den handelspolitischen acquis

und in Folge sein großes wirtschaftliches Engagement in den

assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas nicht zu ge-

fährden.

 

ad 3) : Das Verhandlungsmandat der Kommission vom 6.3.1995

sieht die Erhöhung der Importquote für Rinder von 425.000

Tieren auf 500.000 Tiere für die gesamte EU vor. Diese Erhöhung

trägt der Einbeziehung Rumäniens, Bulgariens, Estlands,

Lettlands und Litauens sowie der Erweiterung der Europäischen

Union um Finn- land, Österreich und Schweden Rechnung. Von

dieser Ouote ent- fallen 35,6 % (178.000 Tiere) auf Kälber mit

einem Lebendge- wicht von unter 80 kg.

 

Auf Wunsch einiger Mitgiedstaaten, darunter auch Österreich,

wurde eine Schutzklausel eingefügt: Sollte der Import von

Rindern aus den mittel- und osteuropäischen Staaten den Wert

von 500.000 Tieren überschreiten, kann die Europäische

Kommission entsprechende Maßnahmen zum Schutz der heimischen

Produktion ergreifen.

 

ad 4) : Diese Aufstockung wurde autonom per 1.7.1995 gegenüber

jenen assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas, die eben-

falls Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des handelspolitischen

acquis getroffen haben, in Kraft gesetzt und am 1.1.1996 (bis

30.6.1996) verlängert.

 

ad 5) : Die im Vorsch1ag der Kommission enthaltene Erhöhung

bzw. Anpassung der Rinderimportquote ist Teil eines Gesamt-

pakets, das die Anpassung der Europa-Abkommen aufgrund der Er-

weiterung der EU, die notwendige Umsetzung der GATT-Uruguay-

Runde und die Ausweitung des Präferenzhandels zwischen EU und

den assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas umfaßt.

 

Die Anpassung der Europa-Abkommen an die Präferenzbestimmungen

aus den multi1ateralen Abkommen der EFTA mit den mittel- und

osteuropäischen Staaten ist zwecks Aufrechterhaltung des

 

handelspolitischen acquis notwendig.

 

Der Handel mit den assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas

bzw. die Investitionen in diesen Staaten zählen heute zu einer

der bedeutendesten Konjunkturstützen der heimischen Wirtschaft.

Österreich hat daher aus übergeordneten Gründen für die Annahme

des Gesamtpakets inkusive Erhöhung bzw. die Anpassung der

Importkontingente für Rinder gestimmt, um das erfogreiche und

volkswirtschaftlich bedeutende Engagement Österreichs in den

assoziierten Staaten Mittel- und Osteuropas nicht zu gefährden

und seine wirtschaftlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen.

 

Über eine zustimmende Haltung zum Vorschag der Europäischen

Kommission bestand zwischen sämtlichen zuständigen Bundes-

ministerien und den Soziapartnern in Österreich einhelliger

Konsens.

 

ad 6) : Importe werden aufgrund von Einfuhrlizenzsystemen, die

allen Mitgliedstaaten zu denselben Bedingungen offenstehen,

vergeben. Die Aufteiung der Gesamtquote in EU-Länderkontin-

gente ist nicht vorgesehen und würde dem Grundsatz der Gleich-

behandlung widersprechen.

 

ad 7) : Präferentielle Bestimmungen für Agrarimporte in be-

stimmten Sektoren (Oliven, Tomaten, Haselnüsse etc. , jedoch

keine Rinder) sind in den Assoziierungsabkommen mit Tunesien

(Unterzeichnungsdatum: 17 .7. 1995) , Israel (20. 11. 1995) und

Marokko (26. 2 . 1996) vorgesehen. Diese Präferenzen sind weniger

weitgehend als jene gegenüber den assoziierten Staaten

Mittel- und Osteuropas.