2364/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Moser, Gredler, Partnerinnen und Partner haben

an mich eine schriftliche Anfrage betreffend Wiener Kurden-Mord gerichtet und

folgende Fragen gestellt:

1. Warum wurden dem Bericht des Bundesministeriums für auswärtige

Angelegenheiten keine Akten und Dokumente, wie den beiden anderen Berichten,

beigelegt?

2. Werden Sie dem Parlament noch alle für die Kurden-Morde relevanten Akten und

Dokumente vorlegen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht?

3. Warum unterließ es das Bundesministerium für auwärtige Angelegenheiten, ganz

im Gegensatz zum BMI und BMJ, die Ereignisse des Zeitraums vom 13. Juli bis

Ende Dezember 1989 zu kommentieren und beschränkte sich lediglich auf eine

chronologische Darstellung der Geschehnisse?

4. Welche formellen und informellen Kontakte bestanden zwischen dem

Bundesministerium für auswärtige Angelenheiten und den Bundesministerien für

Inneres und Justiz zum Thema „Kurdenmorde“? In welcher Form sind diese

Verbindungen dokumentiert?

5. Wurde seitens des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten Druck auf

die Bundesministerien für Inneres oder Justiz ausgeübt, die Erhebungen gegen

die drei des Mordes verdächtigten Iraner einzustellen? Wenn nein, wie erklären

Sie sich die Ausreise des Verdächtigen Sahraroodi am 28. Juli 1989 trotz der zu

diesem Zeitpunkt vorliegenden 8 konkreten Verdachtsmomente (vg. Bericht des

BMI, S.1O-11) und die praktisch ungehinderte Flucht des Verdächtigen BozoYgian

im November/Dezember 1989?

6. Wie kommen Sie zu der am 6. Mai in der Sondersitzung aufgestellten

Behauptung, wonach gegen Sahraroodi „bis zur Ausreise kein Tatverdacht“

vorgelegen sei, wenn Sie nun den Bericht des BMI, 5.10 und 11, lesen, wovon 8

konkreten Anhaltspunkten für die Verwicklung der Iraner zum Zeitpunkt der

Ausreise Sahraroodis die Rede ist?

7. Würden Sie den damaligen Innenminister Franz Löschnak der Lüge bezichtigen,

wenn Sie am 6. Mai 1997 bei der Sondersitzung behaupteten, dieser habe am 25.

Juli 1989 dem Ministerrat berichtet, gegen Sahraroodi lägen keine

Verdachtsmomente vor? Oder müssen Sie Ihre Antwort vom 6. Mai dieses Jahres

revidieren?

8. Wie beurteilen Sie die im „Profil“ vom 26. Mai dieses Jahres (5. 32-33>

veröffentlichten Aktenvermerke vom Juli 1989, die von hohen Beamten verfaßt

wurden, bezüglich der dadurch auftretenden Indizien dafür, daß sich das BMaA

dem iranischen Druck so weit wie möglich gebeugt hatte?

9. Wie erklären Sie sich die APA-Aussendung von Dr. Alois Mock vom 16.4. dieses

Jahres, wonach es „absolut falsch“ sei, daß der Iran Druck auf ihn ausgeübt habe,

angesichts der Widerlegung durch den Bericht des BMaA?

10. Welche Stellungnahme gab der damalige Außenminister Dr. Alois Mock in der

Ministerratssitzung vom 25. Juli 1989 und in der vorangegangenen

Vorbesprechung zu dem Thema „Kurdenmorde“ ab?

11. Wie erklären Sie sich den Umstand, daß sowohl amerikanische als auch britische

Stellen, im Gegensatz zu österreichischen, über das Treffen zwischen den drei

Kurden und den drei Iranern informiert gewesen sein sollen (vgl. „Profil“ vom 17.

Mai 1997)?

12. Stimmt es, daß der damalige außenpolitische Sprecher der ÖVP, Andreas Khol,

die Koordinierung der inoffiziellen Kontakte zu amerikanischen und britischen

Stellen übernehmen sollte?

13. Werden Sie das vom amerikanischen Botschafter Ende August 1989 übermittelte

,Aide memoire", in dem es offensichtlich klare Hinweise gab, daß nur die Iraner

die Täter sein konnten, dem Parlament zur Verfügung stellen?

14. Ab wann war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten darüber

informiert, daß die Morde im Auftrag bzw. mit Wissen der iranischen Staatsspitze

ausgeübt worden waren?

15. Im Zuge der Dringlichen Anfrage zum Thema "Kurdenmorde" am 6. Mai dieses

Jahres beantworteten Sie die Frage, ob der damalige Generalsekretär im BMaA

um den 28.11.1989 eine Sachverhaltsdarstellung vom BMI angefordert habe, mit

"Unseres Wissens nicht". In welcher Weise haben Sie diese Fragestellung

überprüft?

16. Welche Aufzeichnungen und Aktenvermerke gibt es über die Kontakte des

damaligen Generalsekretärs Klestil mit Innenminister Löschnak oder anderen

Vertretern des BMI zwischen der Ausstellung der Haftbefehle wegen Mordes am

28. November 1989 und Mitte Dezember 1989, also in der Zeit, in welcher der

Druck seitens der iranischen Diplomatie besonders stark war?

17. Welche Veranlassungen traf Außenminister Mock oder Generalsekretär Klestil,

vor allem gegenüber dem Innenministerium, nach der Drohung des iranischen

Botschafters Shirazi am 4. und 5. Dezember 1989, wonach Österreich

"Retorsionsmaßnahmen" zu gegenwärtigen habe, wenn man die iranische

Botschaft weiterhin überwache (siehe Bericht des BMaA, S.17-18)?

18. Wie erklären Sie sich die Stellungnahme der Präsidentschaftskanzlei vom 21.

April 1997, wonach beim damaligen Generalsekretär Klestil "keine iranischen

Interventionen erfolgt sind", wenn sie diese mit Ihrem eigenen Bericht (vor allem

S. 18) vergleichen?

19. Ihrem Bericht ist zu entnehmen, daß die Botschaft in Den Haag am 11.12.1989

einen Bericht an das BMI übermittelte. Diesem, zufolge soll sich nach

"niederländischen Quellen" Bozorgian noch in der iranischen Botschaft in Wien

aufgehalten haben. Welchen Inhalts war dieser Bericht und wie hat das BMaA

darauf reagiert? Präzisieren Sie bitte den Terminus "niederländische Quellen"!

20. Ab welchem Zeitpunkt ging das Bundesministerium für auswärtige

Angelegenheiten davon aus, daß der Tatverdächtige Bozorgian die iranische

Botschaft in Österreich verlassen hat und aus Österreich ausgereist war?

21. Wann hat Bozorgian Österreich aus heutiger Sicht verlassen?

22. Dem Bericht ist zu entnehmen, daß das Bundesministerium für auswärtige

Angelegenheiten am 15.9.1989 "Kenntnis von Drohungen gegen österreichische

UNIMOG-Mitglieder in Kurdistan" erhalten habe. Welchen Inhalts waren diese

Drohungen? Von wem stammten diese Drohungen? Gab es gegen andere

österreichische UN-Kontigente Drohungen, die im Zusammenhang mit den

Kurden-Morden zu sehen sind?

23.Aus dem Bericht ist zu entnehmen, daß Außenminister Dr. Alois Mock in einem

Schreiben vom 11.12.1989 an Bundesminister Dr. Franz Löschnak ersucht,

bezüglich Überwachungsmaßnahmen von Botschaften in "künftigen derartigen

Fällen" hinsichtlich der einzuschlagenden Vorgangsweise Einvernehmen

herzustellen. Liegt ein derartiges Einvernehmen vor? Wenn ja, erläutern Sie

dieses bitte. Wenn nein, warum nicht?

24. Aus dem vorliegenden Bericht ergibt sich, daß Dr. Klestil anläßlich einer Iran-

Irak-Türkei-Reise im Juni 1990 Gespräche mit hochrangigen iranischen

Funktionären in Teheran führte. Dabei soll der Generalsekretär. im iranischen

Außenministerium zu verstehen gegeben haben, daß sich alle drei des Mordes

verdächtigten Personen (wieder) im Iran aufhalten würden. In welcher Weise hat

Dr. Klestil hierauf reagiert?

25. Wurde von Seiten des Bundesministeriums für auwärtige Angelgenheiten auf das

iranische Angebot, "als Zeichen des guten Willens" den österreichischen

Behörden Kontakte zu den drei des Mordes verdächtigten Iranern zu ermöglichen,

um von diesen eine Stellungnahme einholen zu können, zurückgegriffen? Wenn

ja, in welcher Weise? Wenn nein, warum wurde dieses "Angebot" nicht

wahrgenommen?

26. Inwieweit wurde vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nach

dem 28. Juni1990 (Ende des Berichts) die Causa "Kurden-Morde" weiterverfolgt?

Bei welchen der seit damals sehr zahlreichen Kontakte auf Außenminister-Ebene

wurde die Frage der Auslieferung der Verdächtigen konkret angesprochen und

wie hat die iranische Seite darauf reagiert?

27. Wurde seitens des Iran zu irgendeinem Zeitpunkt gedroht, daß die Kurden-Affäre

konsequenzen für den UNO-Standort Wien haben könnte, wenn sie nicht

zufriedenstellend im Sinne des Iran abgeschlossen würde?

Ich beantworte diese Anfragen wie folgt:

Zu den Fragen 1 - 3:

Das BMaA hat eine Chronologie aufgrund der Aktenlage vorgelegt, um einen

Überblick über die Aktivitäten des Ressorts zu geben. Der wesentliche Inhalt von

Aktendokumenten wurde in die chronologische Darstellung aufgenommen. Eine

Beifügung ausgewählter Akten hätte demgegenüber einen geringen

Informationsgehalt gehabt und eine weniger objektive Beurteilung ermöglicht. Von

einer eigenen Wertung und Kommentierung wurde bewußt Abstand genommen, um

auch nicht den Anschein einer Beeinflussung zu erwecken.

Sowohl dem Parlament als auch der Staatsanwaltschaft wurden die für die Kurden-

Morde relevanten Akten bzw. Akteninhalte übermittelt.

Zu den Fragen 4 -6:

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten hat die Bundesministerien

für Inneres und Justiz über iranische Vorsprachen im BMaA sowie über Kontakte

zwischen der österreichischen Botschaft Teheran und dem iranischen

Außenministerium informiert. Diese Informationen sind aktenmässig festgehalten.

Im Rahmen dieser Kontakte wurde seitens des BMaA kein Versuch unternommen,

Druck auf die genannten Ressorts auszuüben. Dies wird u.a. durch den Bericht des

BMfInneres (Seite 11) bestätigt. In gleicher Weise äusserten sich auch die

Bundesminister für Inneres und Justiz bereits anläßlich der Pressekonferenz am

28.7.1989. Das BMflnneres hat in seinem Bericht überdies darauf hingewiesen, daß

das ,,BMaA viel von dem iranischen Druck auf Österreich und damit auch auf die

Ermittlungsorgane abfing" (Seite 11).

Die Genehmigung oder Nichtgenehmigung der Ausreise Sahraroodis fiel nicht in den

Kompetenzbereich des BMaA. Über die Umstände und den Zeitpunkt, wie und wann

Bozorgian Österreich verlassen hat, enthalten die Akten des BMaA keine

Informationen.

Zur Frage 1:

Nein

Zur Frage 8:

Die gegenständlichen Aktenvermerke enthalten keinerlei diesbezügliche Indizien.

Von den österreichischen Gesprächspartnern des iranischen Botschafters im BMaA

wurde vielmehr auf die Unabhängigkeit der österreichischen Justiz sowie der Medien

verwiesen. Hinsichtlich möglicher negativer Reaktionen in der iranischen

Bevölkerung gegenüber Österreich wurde vom österreichischen Gesprächspartner

ausdrücklich festgestellt, daß solche Reaktionen wohl nur dann denkbar seien,

wenn das iranische Volk falsch informiert werde, wobei auch auf unrichtige iranische

Pressemeldungen hingewiesen wurde.

Zur Frage 9:

Weder im Schreiben von Außenminister Velayati an Bundesminister Mock vom

13.9.1989 noch anläßlich des Zusammentreffens der beiden Minister anläßlich der

44. UNO-Generalversammlung in New York am 27.9.1989 wurde von iranischer

Seite Druck auf Bundesminister Dr. Mock ausgeübt. In beiden Fällen brachte die

iranische Seite die Hoffnung zum Ausdruck, daß es zu einer Verbesserung und

einem weiteren Ausbau der bilateralen Beziehungen kommen würde.

Zur Frage 10:

Dem BMaA ist keine Stellungnahme von Bundesminister Dr. Mock bekannt.

Zu den Fragen 11 und 13:

Der US-Vertreter erklärte bei seiner Vorsprache im BMaA am 22.8. über Nachfrage,

daß die Informationen der USA hauptsächlich aus österreichischen Quellen

(BMfInneres sowie Äußerungen von BM Dr. Mock) stammten und der Zeitpunkt der

Intervention im Zusammenhang mit einem Zeitungsartikel (Washington Post) stehe.

Gleichzeitig versicherte der US-Vertreter, daß die USA keinerlei Vorwurf gegen

Österreich erhebe. Nachstehend der Text des US-Aide Memoire:

The United States Govemment wishes to express its deep concern with the

unresolved murder on JuIy 13 in Vienna of Abdul-Rahman Quassemlou,

internationally respected leader of the Iranian kurdish Democratic Party, and two of

his colleagues, Abdullah Ghaderi-Azar and Fadel Mala Mahmoud Rasoul.

Credible evidence exists that the Tranian Govemment and the Iocal Iranian embassy

were involved in this heinous act of terrorism. Among other things, the uspects

reportedly held Iranian diplomatic passports. Two of the suspects sought the refuge

and protection of the local Iranian Embassy.

We urge the Goverment of Austria to pursue prompt, official and concrete action to

identify, arrest and prosecute those responsible for the attack. We believe such

actions should indude steps:

(A) To indict those suspected of responsibility;

(B) To arrest and prosecute any non-offidal, non-accredited suspects remaining

inside Austria,

(C) To initiate Interpol red notices for all suspects and to use all available avenues

of international cooperation to obtain any necessary evidence Iocated abroad;

(D) lf suspects are located abroad, to initiate and effect extradition;

(E) To dedare persona non grata any foreign official accredited to the Govemment

of Austria through his Iocal embassy who may be shown to have played a role

in the assassination or its aftermath, to refuse a replacement, and to announce

the Intention to prosecute any PNG'd offidal if he or she were to return to

Austria in the future.

We share your outrage at the repeated misuse of diplomatic Status for the purpose

ot carrying out state-sponsored terrorist attacks in Austrian soll. In May 1987 the

Libyan People's Bureau was implicated in an assassination attempt against a former

Libyan ambassador turned dissident, Ezzedin al Ghadamsi.

Ihe U.S. fully supports all firm and decisive action bx the Govemment ot Austria in

order to make dear that lt will not condone the use of its territory as a venue to

organize and carry out state-sponsored terrorist attacks, induding politbal

assassinations.

All civilized states must stand together in our refusal to capitulate to state-sponsored

terrorism. To do otherwise would place the whole world at greater risk to increased

attacks by state sponsors of terrorism.

Dem Alde Memoire ist nicht zu entnehmen, daß amerikanische Stellen über das

Treffen zwischen den kurden und den Iranern im vorhinein informiert gewesen

wären; andernfalls hätten sie wohl unverzüglich Kontakt mit den österreichischen

Sicherheitsbehärden aufgenommen. Es existieren auch keine derartigen

Informationen von britischer Seite.

Zur Frage 12:

Klubobmann Abg. Dr. Khol hat in dem entsprechenden Artikel des ,,Profil" bereits selbst

Stellung genommen.

Zur Frage 14:

Das BMaA hat keine diesbezüglichen Informationen, die gegen die Tatverdächtigen kein

rechtskräftiges Urteil vorliegt.

Zur Frage 15:

Durch Sichtung der Aktenlage des BMaA.

Zu den Fragen 16 und 17:

Über Kontakte des Generalsekretärs für auswärtige Angelegenheiten mit Bundesminister

Löschnak bzw. Generaldirektor Danzinger besteht eine Information vom 5. Dezember, deren

Inhalt nachstehend wiedergegeben wird:

Information

Heute früh rief Bundesminister Löschnak an und erkundigte sich nach der Lage in Teheran.

Er betonte, es ginge ihm vor allem darum, daß unser Botschaftspersonal nicht gefährdet sei

und ersuchte, Vorsorge zu treffen, daß dieses notfalls in den nächsten Tagen ,,herausgeholt"

werden kann. Ich informierte Bundesminister Löschnak, daß wir laufend mit der

Österreichischen Botschaft Teheran in Verbindung wären, diese zwar von sehr kritischen

Zeitungsartikeln berichte, ansonsten aber keine Aktionen gegen österreichische

Einrichtungen melde (s. hiezu das FS 25236 von heute).

Kurz danach rief der iranische Botschafter an und bat um eine dringende Vorsprache, die am

Spätnachmittag des 5. Dezember stattfand. Der Botschafter wiederholte die schon in den

Vortagen gegenüber Botschafter Nettel geäußerten Argumente, beklagte sich neuerdings

über das Vorgehen der Wiener Polizei, die durch Sondereinheiten die Botschaft praktisch

belagere und nachts durch Scheinwerfer beleuchte. Dies würde von Iranern (offenbar meinte

er Pressevertreter) natürlich beobachtet und nach Teheran berichtet, wo es zu

entsprechenden Pressekommentaren führe. Besonders unangenehm wäre es gewesen, daß

zwei anläßlich der OPEC-Konferenz anwesende Abgeordnete zur Ausweisleistung

aufgefordert worden seien. Das Außenministerium und die iranische Regierung habe stets

die Haltung der österreichischen Bundesregierung dem Iran gegenüber

geschätzt und die Bemühungen um einen weiteren Ausbau der Beziehungen

unterstützt. (Ich verwies in diesem Zusammenhang auf den jüngsten Brief des Herrn

Bundesministers an Herrn Velayati sowie auf die ausdrückliche Anerkennung der

österreichischen Haltung in der 3. Kommission der UN-GV durch den iranischen

UNO-Botschafter.)

Leider - so führte der Botschafter weiter aus - habe sich durch das Vorgehen der

Wiener Polizei die Medienberichterstattung in Teheran heute so verschärft, daß er

gezwungen war, den für die nächsten Tage geplanten Besuch der österreichischen

Wirtschaftsdelegation (Wittmann) abzusagen, da in der derzeitigen Atmosphäre ein

solcher Besuch nicht zielführend wäre. Trotz Bemühungen der iranischen Behörden,

eine weitere Eskalation zu vermeiden, möchte er mir gegenüber deswegen große

Sorge ausdrücken.

Zu den erlassenen Haftbefehlen bedauerte der Botschafter, daß ihm die Unterlagen,

die zu diesen geführt haben, nicht zugänglich gemacht werden können, was ich mit

dem Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justizbehörden bestätigte. Der

Gesprächspartner meinte abschließend, er wolle noch klarstellen, er habe nie

gesagt, daß der gesuchte Herr Bosorgian in der Botschaft sei. Er habe ausdrücklich

gesagt, "wir haben ihn bei uns". (Was ich so auffassen mußte, daß Herr Bosorgian

sich nicht in der Botschaft aufhalte.) Ich verwies auf die Gespräche der letzten Tage

mit Botschafter Nettel und auf dessen Ausführungen zu den Klagen des Botschafters

(siehe ZI. 0.07.18181-IV.1189 vom 5. Dezember 1989) sagte jedoch darüber hinaus

eine Information des Innen… und Außenministers zu.

In einem darauffolgenden Telefonat mit Bundesminister Löschnak sagte dieser, er

habe ohnehin schon angeordnet, daß die Observierung der iranischen Botschaft auf

ein notwendiges Maß reduziert würde, wiederholte aber sein Ersuchen, Vorsorge

dafür zu treffen, daß wir notfalls unser Botschaftspersonal aus Teheran herausholen

können. Generaldirektor Danzinger bestätigte kurz darauf, daß Weisung ergangen

sei, die Botschaftsbewachung auf den Stand von vor 28. November, d.h. auf zwei

Kriminalbeamte zurückzunehmen (Iranischer Botschafter wurde seitens Abteilung

11.4 entsprechend informiert).

Bei einem anschließenden Gespräch mit den zuständigen Kollegen im Hause wurde

beschlossen, noch heute mit dem österreichischen Geschäftsträger in Teheran

Verbindung aufzunehmen und ihn um eine Lagebeurteilung zu ersuchen. Die in

Wien verfügte Zurücknahme der Polizeimaßnahme sollte zu einer Beruhigung der

Situation führen, was weitere Maßnahmen nicht mehr erforderlich machen könnte.

Die Vornahme von Flugreservierungen für jeden der nächsten Tage für das gesamte

Botschaftspersonal - wie von Bundesminister Löschnak angeregt - ist technisch im

Hinblick auf die Überwachungen schwer durchführbar, weiters als Vorsorge deshalb

nicht zielführend, weil im Fall eines tätlichen Angriffs auf die Botschaft die

Reservierung auch nichts nütze. Schließlich würde eine solche Maßnahme ja nicht

unbemerkt bleiben und praktisch die Vorstufe einer Evakuierung darstellen, eine

Maßnahme, die in ihrer Schwere schon dem Abbruch von Beziehungen nahekommt.

Die Situation wäre daher morgen, 6. Dezember, im Lichte der Berichterstattung des

Botschafters, der heute Nacht nach Teheran zurückkehrt, neuerlich zu überprüfen.

PS: Telefonat Botschafter Trax mit Gesandtem Kuen heute morgen: Botschafter

Traxl verwies auf Artikel in Teheran Times und teilte mit, daß iranisches

Außenministerium umgehend über Rücknahme der Polizeiaktion gegenüber

iranischer Botschaft in Wien informiert wurde (s. FS 25238 bzw. 10117 vom 6.

Dezember 1989). Ansonsten sei Lage ruhig. Er werde Zentrale über weitere

Entwicklung umgehend informieren.

Wien, am 5. Dezember 1989

Zur Frage 18:

Der Herr Bundespräsident hat in einem Schreiben vom 13.6. an die Kubobleute der

Oppositionsparteien im Parlament hiezu persönlich Stellung genommen. Der Inhalt

dieses Schreibens wurde auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Zur Frage 19

Der fernschriftliche Bericht des österreichischen Botschafters in Den Haag lautet wie

folgt: "Von unbedingt verläßlicher offizieller niederländischer Seite wurde ich soeben

davon informiert, daß der im Zusammenhang mit dem Mord an Kurdenführer

Ghassemlou gesuchte iranische Staatsbürger Amir Mansur Bozorgian sich noch in

der iranischen Botschaft in Wien versteckt halte. Um absolute Geheimhaltung der

Mitteilung und ihrer Quelle wurde ersucht. Weitere Angaben ausdrücklich

ausgeschlossen

Darüber hinaus liegen dem BMaA keine Präzisierungen vor. Dieser Bericht wurde

dem BMInneres umgehend zur Verfügung gestellt.

Zu den Fragen 20 und 21:

Das BMaA hat keine Unterlagen über diesen Zeitpunkt oder diese Zeitpunkte.

Zur Frage 22:

Die Botschaft Teheran berichtete am 14.9.1989 über ein an den Kommandanten der

UN-Friedenstruppe gerichtetes Schreiben, welches von "Anhängern und Mitgliedern

der untergetauchten "Demokratischen Partei im iranischen Kurdistan" unterzeichnet

war. Darin wird erklärt, "daß von nun an die österreichischen Mitglieder der

Friedenstruppe, die sich in den Staaten Kurdistans befinden, schwer gefährdet sind.

Sollte die österreichische Regierung nach wie vor ihr Schweigen über die

Angelegenheit fortsetzen, werden diese Mitglieder nirgends in Kurdistan in Sicherheit

sein". Nachstehend der Text des Berichtes der Botschaft Teheran:

Kurdenmorde in Wien, Kurdische Drohung gegen österr. Unimog-Mitglieder

1.) Botschaft hat soeben Kopie eines Schreibens (aufgegeben lt. Poststempel in

Kurdistan am 9. d.M.) erhalten, welches an Kommandant der UN-Friedenstruppe

gerichtet ist und wie folgt lautet (ho. Arbeitsübersetzung):

"Geschätzter Kommandant der UN-Friedenstruppe.

Mit Gruß und Dank für ihre anstrengenden Bemühungen um Wahrung des Friedens.

Wie Sie sicher schon wissen, ist am 13. Juli1989 in Wien der große Kurdenführer

Abdurrahman Ghassemloo einem Attentat zum Opfer gefallen und die österreichische

Regierung hat trotz vielen Bemühungen in allen europäischen Staaten und trotz vielen

Demonstrationen und Resolutionen über dieses Verbrechen und Forderungen nach

Preisgabe der Täter bis jetzt nur geschwiegen und sich geweigert, die Drahtzieher

dieses traurigen Aktes dem kurdischen Volke und den freiheitliebenden Menschen der

Welt bekanntzugeben. Daher erklären wir Anhänger der Partei und Freunde von

Ghassemloo dem geschätzten Kommandanten, daß von nun an die österreichischen

Mitglieder der Friedenstruppe, die sich in den Städten Kurdistans befinden, schwer

gefährdet sind. Sollte die österreichische Regierung nach wie vor ihr Schweigen über

die Sache fortsetzen, werden diese Mitglieder nirgends in Kurdistan in Sicherheit sein.

Nehmen Sie bitte diese Warnung ernst und leiten sie den höheren Stellen weiter.

Anhänger und Mitglieder der untergetauchten Demokratischen Partei im iranischen

Kurdistan.

Kopie an:

UN-Posten in Saghiz, Sardasht, Sanandaj, Marivan und an die österreichische

Botschaft in Teheran."

Wml habe umgehend administrativen Chef von Unimog (Österr. Sta. Steinbacher)

informiert (Unimog Kommandant Jovic und Kommandant Friedenstruppe auf Iran. Seite

Kallstroem derzeit nicht in Teheran). Dieser wird Jovic und UN-New York in Kenntnis

setzen.

3.) Wenn es sich auch um anonyme Schreiben handelt, das ho. nicht v erifiziert

werden kann, so glaubt Botschaft doch, daß Drohung nicht auf leichte Schulter

genommen werden darf. Drohungen beziehen sich territorial allerdings nur auf Gebiet

von Kurdistan. Auf iran. Seite sind bei Unimog nur zwei Österreicher tätig, und zwar

Sanitätsunteroffiziere Willibald Sodomka und Siegfrid Baier, beide sind in Teheran

stationiert, reisen allerdings manchmal in Unimog Einsatzgebiete. Weiters pendelt ve.

Steinbacher zwischen Bagdad und Teheran. Ein weiterer Österreicher soll an Stelle

des soeben nach Bagdad versetzten Field-Service-Mitglied Zulner nach Teheran

kommen.

4.) In Kontakt mit Steinbacher hat dieser nicht die Absicht geäußert, iran. Seite von

Drohungen zu verständigen, wird diese Frage jedoch mit seinen Vorgesetzten klären.

5.) Auch wenn vordringlich un betroffen, so stellt Botschaft zur Erwägung, ob Kontakt

mit Kop-Angehörigen aufgenommen werden sollte, um über diesen Weg allenfalls

mehr Informationen zu erhalten sowie Einfluß auf kurdische Gruppen zu nehmen. Es

könnte versucht werden, ho. bekannten kurdischen Kontaktmann (allerdings kop-irak.,

während Drohung von kop-lran kommen dürfte), diesbezüglich anzusprechen (kann

allerdings infolge komplizierter Kontaktaufnahme einige Tage dauern).

fs-weisung erbeten.

Von Drohungen gegen andere österreichische UN-Kontingente in Zusammenhang mit

den Kurden-Morden ist dem BMaA nichts bekannt.

Zur Frage 23:

In seinem Schreiben vom 11.12.1989 an Bundesminister Dr. Löschnak hat Bundesminister

Dr. Mock im Sinne des Bundesministeriengesetzes 1986 auf die Zuständigkeit des BMaA für

Angelegenheiten der ausländischen Vertretungsbehörden in Österreich verwiesen und

gebeten, Vorsorge zu treffen, daß über normale Sicherheitsmaßnahmen hinausgehende

polizeiliche Aktionen gegen ausländische Vertretungsbehörden nur nach Herstellung eines

Einvernehmens mit dem BMaA erfolgen sollten. Hiedurch sollte das BMaA auch in die Lage

versetzt werden, getroffene Maßnahmen gegenüber ausl ndischen Vertretungsbehörden zu

vertreten und zu verantworten.

Davon abgesehen sind keinerlei Absprachen oder Veranlassungen zwischen den beiden

genannten Ressorts in diesem Zusammenhang getroffen worden. Nachstehend der Text des

gegenständlichen Schreibens von Bundesminister Dr. Mock an Bundesminister Dr. Löschnak:

Sehr geehrter Herr Bundesminister!

Im Gefolge der Haftbefehle gegen die des Kurdenmordes vom 13. Juli dieses Jahres

verdächtigten Iraner ist es zu Vorgängen gekommen, die das bereits diffizile Verhältnis

Österreichs zum Iran zusätzlich belastet haben. Am 29. November dieses Jahres hat die

iranische Seite in Wien und in Teheran gegen die am Abend zuvor von den

österreichischen Sicherheitsbehörden um die Iranische Botschaft getroffenen "Zernierungs -

maßnahmen" protestiert, in deren Rahmen Spezialeinheiten der Polizei eine strikte

Ausweiskontrolle - angeblich zum Teil mit vorgehaltener Waffe - der Botschaftsangehörigen

einschließlich des Missionschefs sowie von Mitgliedern einer iranischen OPEC-Delegation,

die gleichzeitig Parlamentsabgeordnete sind, vorgenommen haben.

Soweit von meinem Ressort festgestellt werden konnte, hat die Polizeidirektion Wien,

nachdem ihr die Haftbefehle zur Kenntnis gebracht worden waren, das Bundesministerium

für Inneres und das Gericht befragt, auf welche Weise sie zu vollziehen seien. Ihr Ressort

soll der Polizeidirektion Wien dringend geraten haben, mit dem Bundesministerium für

auswärtige Angelegenheiten Kontakt aufzunehmen. Eine solche Kontaktnahme ist leider

nicht erfolgt. Sie hätte vermutlich dazu geführt, daß die Über-

wachungsmaßnahmen, die unmittelbar nach Erlassung des Haftbefehls sehr einschneidend

gewesen sein dürften und am Morgen des 29. November sowie in weiterer Folge neuerlich

reduziert wurden, von Anfang an das durch den Zweck dieser Maßnahmen gebotene

Ausmaß und die durch das Völkerrecht gesetzten Grenzen nicht überschritten hätten.

Im Hinblick auf die Zuständigkeit meines Ressorts für die auswärtigen Angelegenheiten, zu

denen gemäß Teil 2A der Anlage zu §2 des Bundesministeriengesetzes 1986 insbesondere

auch die Angelegenheiten der ausländischen Vertretungsbehörden in Osterreich gehören,

wäre ich Ihnen dankbar, könnten Sie unabhängig vom konkreten Anlaßfall dafür Vorsorge

treffen, daß über normale Sicherheitsmaßnahmen hinausgehende polizeiliche Aktionen

gegen ausländische Vertretungsbehörden niemals ohne vorheriges Einvernehmen mit dem

Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten unternommen werden, es sei denn bei

unmittelbarer Gefahr im Verzug. Als Kontaktstelle in meinem Ressort käme in erster Linie

das Generalsekretariat in Frage. Ein solches Einvernehmen erscheint mit auch deshalb von

großer Wichtigkeit, weil das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten dadurch

von vornherein in der Lage ist, die getroffenen Maßnahmen gegenüber der ausländischen

Vertretungsbehörde voll zu vertreten und zu verantworten.

Mit meinen besten Grüßen

Zur Frage 24:

Der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten verwies gegenüber seinem

iranischen Gesprächspartner auf die schwerwiegenden Verdachtsmomente, die sich

gegenüber Bozorgian ergeben hätten und appellierte, die drei der Kurdenmorde

verdächtigten iranischen Staatsbürger mögen sich den österreichischen Behörden

stellen.

Zur Frage 25:

Von diesem Angebot wurden die zuständigen Bundesministerien für Inneres und

Justiz informiert.

Zur Frage 26:

Nach Erhalt eines Rechtshilfeersuchens vom BMfJustiz hat das BMaA dieses am

7.1.1992 an die iranischen Behörden auf diplomatischem Wege weitergeleitet.

Im folgenden wurde von der OB Teheran laufend im iranischen Aussenministerium

auf die Beantwortung des Rechtshilfeersuchens gedrängt. Die Botschaft erhielt

jeweils eine ausweichende Antwort. Auf Aussenministerebene wurde das

Rechtshilfeersuchen regelmässig bei Zusammenkünften von BM Dr.Mock mit

Aussenminister Velayati angesprochen (im Zeitraum 1991-1995 insgesamt 7 mal).

Die erste schriftliche Reaktion von Seiten des Iran erfolgte im Juli1994, wobei die

österreichischen Behörden um die Adressen der zu befragenden Personen ersucht

wurden. Im September 1994 teilte das iranische Aussenministerium mit, dass

gegenständlichem Rechtshilfeersuchen nicht entsprochen werden könne, da die zu

befragenden Personen unbekannt seien und auch ihr Aufenthalt nicht festgestellt

werden könnte. Im Oktober 1995 erhielt das BMaA eine Beantwortung des

Rechtshilfeersuchens, welche am 17.10.1995 an das BMfJustiz weitergeleitet wurde.

Die Beantwortung enthält die Niederschrift von Aussagen von zwei der

Verdächtigten.

Die Frage einer Auslieferung der Verdächtigen wurde bereits im Juni 1990 vom

Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten anlässlich dessen Aufenthaltes in

Teheran gegenüber dem Generalsekretär im iranischen Aussenministerium zur

Sprache gebracht. Der genannte Gesprächspartner stellte hiezu fest, dass der Iran

keine völkerrechtliche Verpflichtung habe, eigene Staatsangehörige auszuliefern.

Zur Frage 27:

Den Akten des BMaA sind keine derartigen iranischen Äusserungen zu entnehmen.