4690/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner haben
am 08. Oktober 1998 unter der Nummer 5036/J - NR/1998 eine schriftliche
parlamentarische Anfrage an mich gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
"1) Welche Qualifikationen waren für die Ernennung des bis dahin eher unerfahrenen
Dr. Ziegler zum Österreichischen Botschafter in China, dem bevölkerungsreichsten
Land der Erde, ausschlaggebend?
2) Welche Rolle spielte dabei die Tatsache, daß Dr. Ziegler langjähriger Pressesprecher
von Ex - Außenminister Dr. Alois Mock war?
3) Gab es zum Zeitpunkt der Ernennung Dr. Zieglers zum Botschafter in China Vorbehalte
gegen ihn? Wenn ja, von wem, und mit welcher Begründung?
4) Welche Ergebnisse haben die Recherchen von Ex - Botschafter Nikolaus Horn in China
zur Erhellung der Gerüchte um Dr. Ziegler erbracht?
5) Aus welchen Gründen wird Dr. Ziegler tatsächlich aus China abberufen?
6) Welche Dienstpflichten hat Dr. Ziegler tatsächlich verletzt?
7) Hat Dr. Ziegler in irgendeiner Weise seinen Status als Botschafter gegenüber dem
Botschaftspersonal oder anderen Personen ausgenutzt?
8) Erfolgte die Abberufung Dr. Zieglers aufgrund einer Intervention des Gastlandes?
9) Welche Kontrollmechanismen gibt es im Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten, um Vorfälle wie jene an der Botschaft in Peking oder auch an der
Botschaft in Belgrad, wo angeblich ein Handel mit der Erteilung von Visa aufgezogen
wurde,
zu verhindern?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Fragen 1 und 2:
Der mit Ablauf des 4. November 1998 einberufene Botschafter Dr. Gerhard Ziegler war
vor seiner Entsendung nach Peking unter anderem über drei Jahre lang als
Stellvertretender Missionschef an der österreichischen Botschaft in Bangkok, danach
Stellvertretender Leiter des Kabinetts und vom 1. Februar 1993 bis 14. November 1996
Leiter der Abteilung 1.3 "Presse und Information" im Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten. Dabei wirkte er immer wieder auch an der Vorbereitung und Abwicklung
offizieller Besuche österreichischer Delegationen im Ausland sowie von offiziellen
Besuchen ausländischer Delegationen in Österreich erfolgreich mit, sodaß er unter
Bedachtnahme auf seine frühere Diensterfahrung in Asien im Jahre 1996 von der
gesetzlich vorgesehenen Beurteilungskommission als für die Betrauung mit der Leitung
der österreichischen Botschaft in Peking qualifiziert beurteilt und nach diesbezüglicher
Beschlußfassung im Ministerrat und Vorliegen der völkerrechtlichen Zustimmung der
Volksrepublik China vom Herrn Bundespräsidenten als österreichischer Missionschef in
diesem Staat beglaubigt wurde.
Zu Frage 3:
Bezüglich der Entsendung von Botschafter Dr. Gerhard Ziegler nach Peking wurden
vereinzelt Vorbehalte dahingehend geäußert, daß die VR China jüngere Botschafter -
insbesondere solche, die erstmals Missionschef werden - nicht schätzen würde. Bei der
Überprüfung dieser Überlegungen wurde festgestellt, daß zum damaligen Zeitpunkt einige
europäische Botschafter in Peking dort zum ersten Mal eine Missionschefs - Funktion
übernommen hatten, sodaß diese Vorbehalte im Jahre 1996 nicht mehr stichhaltig sein
konnten. Darüberhinaus hatten auch andere österreichische Auslandsbeamte durchaus
erfolgreich erstmals größere Vertretungsbehörden als Missionschefs übernommen.
Zu den Fragen 4, 5 und 7:
Der Inhalt des Inspektionsberichtes unterliegt gemäß Art. 20 Abs. 3 B - VG im Interesse
der auswärtigen Beziehungen der Verschwiegenheitspflicht.
Zu Frage 6:
Ob und gegebenenfalls welche Dienstpflichten ein Beamter verletzt hat, ist gemäß § 126
Beamten - Dienstrechtsgesetz 1979 durch ein Disziplinarerkenntnis der zuständigen
Disziplinarkommission (bzw. der im Berufungswege befaßten, beim Bundeskanzleramt
eingerichteten Disziplinaroberkommission)
auszusprechen.
Gegen Botschafter Dr. Gerhard Ziegler ist eine Disziplinaruntersuchung anhängig, die der
Abklärung des Verdachts von Dienstpflichtverletzungen dient.
Zu Frage 8: Nein
Zu Frage 9:
Neben der (durch die seit 1969 geltende "Haushaltsvorschrift für Vertretungsbehörden"
vorgeschriebenen) laufenden Kontrolle der Geld-, Konten-, Material- und Inventar -
verwaltung der österreichischen Auslandsvertretungen durch die Buchhaltung des
Bundeskanzleramtes an Hand der monatlich im Geleite aller Belege vorzulegenden
Dienstrechnungen und neben den stichprobenweise an Ort und Stelle erfolgenden
Gebarungsprüfungen durch eine jeweils ohne Vorankündigung seitens des Bundes -
ministeriums für auswärtige Angelegenheiten entsandte Skontrierungskommission sowie
neben der immer wieder auch direkt bei den Auslandsvertretungen erfolgenden
Gebarungseinschau durch den Rechnungshof unterliegt die Tätigkeit der österreichischen
Dienststellen im Ausland und das Verhalten der diesen zugeteilten Bediensteten einer
periodischen Inspektion durch das mit der Wahrnehmung der Aufgaben der internen
Revision und der begleitenden Kontrolle betraute Generalinspektorat im
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.
Seit dem Beitritt Österreichs zu den Schengener Übereinkommen wurde überdies die
Bearbeitung von Sichtvermerksanträgen und die Ausstellung der sogenannten
"Schengenvisa" an den österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland schrittweise auf
automationsunterstützte Abwicklungsformen (elektronische Datenverarbeitung)
umgestellt. Die hierfür in Verwendung stehende Applikation wird weiterhin laufend
verbessert. Durch die nun edv - mäßig erfolgende Protokollierung praktisch aller
einschlägigen Arbeitsschritte ist sowohl die laufende interne Kontrolle durch die
Dienststellenleitung als auch die stichprobenweise Kontrolle durch das Bundesministerium
für auswärtige Angelegenheiten in Wien im Wege des technisch ermöglichten Direkt -
zugriffs auf das lokale EDV - Netzwerk der Vertretungen sichergestellt.
Weiters wurden und werden in Schalterräumen und Visabüros der Vertretungsbehörden
Videoüberwachungsanlagen installiert.
In personeller Hinsicht erfolgt die Kontrolle durch die laufend wahrgenommene
Dienstaufsicht und durch Ausschreibungs - bzw. Begutachtungsverfahren sowie durch
das einer Auf - bzw. Übernahme von Bediensteten in den Personalstand des Bundes -
ministeriums für auswärtige Angelegenheiten jeweils vorangehende kommissionelle
Verfahren zur Feststellung der Eignung für eine Verwendung im auswärtigen Dienst
(siehe die einschlägige Verordnung vom 16. Februar 1989, BGBl. Nr.120/1989).
Vor der Betrauung einer/eines Bediensteten mit der Leitung einer österreichischen
Vertretungsbehörde im Ausland ist
überdies folgendes Verfahren durchzuführen:
Gemäß § 4 Ausschreibungsgesetz 1989, BGBl. Nr.85/1989 in der geltenden Fassung,
sind alle den Funktionsgruppen A 115 bis A 1/9 bzw. der Funktionsgruppe A 2/8 zuge -
ordneten Arbeitsplätze an nachgeordneten Dienststellen - dies sind praktisch alle
Leitungsfunktionen an Botschaften und Generalkonsulaten (siehe Anlage 1 zum BDG
1979) - jeweils ressortintern auszuschreiben.
Die diesbezüglichen Bewerbungen sind sodann von der gemäß § 7 leg. cit. eingerichteten
Ständigen Begutachtungskommission zu bewerten, die der Ressortleitung ein Gutachten
über die festgestellte Eignung für die ausgeschriebene Funktion vorzulegen hat.
Die von der Ressortleitung in Aussicht genommene Betrauung mit einer Vorgesetzten -
funktion ist gemäß § 9 Abs. 3 lit. a Personalvertretungsgesetz vor ihrer Verfügung mit dem
Dienststellenausschuß abzuklären.
Da die Bestellung der österreichischen Botschafter und Generalkonsuln gemäß Art. 65
Abs. 1 Bundes - Verfassungsgesetz dem Herrn Bundespräsidenten vorbehalten ist, hat die
Ressortleitung weiters über jede beabsichtigte Betrauung mit einer derartigen Funktion
einen Beschluß des Ministerrates zu erwirken.
Aufgrund völkerrechtlicher Bestimmungen ist überdies zu einer derartigen Betrauung die
Zustimmung des jeweiligen Empfangsstaates (in Form des Agréments für Botschafter
bzw. des Exequaturs für Generalkonsuln) einzuholen.
Daß trotz dieses in keinem anderen Ressort gegebenen Ausmaßes an Kontroll- und
Mitwirkungsmechanismen bei der Personalauswahl menschliches Versagen bedauer -
licherweise nicht völlig ausgeschlossen werden kann, ist eine Erfahrung, die sich in allen
Lebensbereichen erweist.