20 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 30. 1. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der Sozialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Quebec geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Die dem Bundesgesetz über die Regelung der Beziehungen im Bereich der Sozialen Sicherheit im Verhältnis zur Provinz Quebec, BGBl. Nr. 551/1993, angeschlossene Vereinbarung wird durch die in der Anlage angeschlossene Zusatzvereinbarung geändert. Diese Änderungen treten mit dem im Artikel II der in der Anlage angeschlossenen Zusatzvereinbarung genannten Zeitpunkt in Kraft.

Artikel II

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat im Rahmen seines Wirkungsbereiches die geeigneten Maßnahmen zu treffen, die die Sicherstellung der Anwendung der in der Anlage angeschlossenen Zusatzvereinbarung zum Ziel haben, soweit dadurch weder völkerrechtliche noch außenpolitische Fragen berührt werden.

Artikel III

Die Vollziehung dieses Bundesgesetzes obliegt dem Bundesminister für Arbeit und Soziales.

Anlage

ZUSATZVEREINBARUNG

zur Vereinbarung zwischen der Regierung der Republik Österreich
und der Regierung von Quebec
im Bereich der
Sozialen Sicherheit

Die Regierung der Republik Österreich

und

die Regierung von Quebec

haben zur Änderung und Ergänzung der am 9. Dezember 1993 in Wien geschlossenen Vereinbarung im Bereich der Sozialen Sicherheit – im folgenden Vereinbarung genannt – folgendes vereinbart:

Artikel I

1. Artikel 6 der Vereinbarung erhält folgende Fassung:

“Artikel 6

Soweit die Artikel 7 bis 9 nichts anderes bestimmen, gelten für eine Person, die im Gebiet einer Vertragspartei unselbständig oder selbständig erwerbstätig ist, hinsichtlich dieser Erwerbstätigkeit ausschließlich die Rechtsvorschriften dieser Vertragspartei. In bezug auf eine unselbständige Erwerbstätigkeit gilt dies auch dann, wenn sich der Sitz des Dienstgebers im Gebiet der anderen Vertragspartei befindet.”

          2. a)    Im Artikel 7 Absätze 1 und 2 der Vereinbarung wird die Zahl “24” durch die Zahl “60” ersetzt.

              b)    Nach Artikel 7 Absatz 2 der Vereinbarung wird ein Absatz 3 mit folgendem Wortlaut eingefügt:

“(3) Würde eine Person, die sich im Gebiet einer Vertragspartei gewöhnlich aufhält, auf Grund ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit der Pflichtversicherung nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsparteien unterliegen, so gelten für diese Person ausschließlich die Rechtsvorschriften der Vertragspartei, in deren Gebiet sie sich gewöhnlich aufhält.”

3. Artikel 9 Absatz 1 der Vereinbarung erhält folgende Fassung:

“(1) Auf gemeinsamen Antrag des Dienstnehmers und des Dienstgebers oder auf Antrag eines selbständig Erwerbstätigen können die zuständigen Behörden beider Vertragsparteien einvernehmlich Ausnahmen von der Anwendung der Artikel 6 bis 8 unter Berücksichtigung der Art und der Umstände der Erwerbstätigkeit vorsehen.”

4. Artikel 11 der Vereinbarung erhält folgende Fassung:

“Artikel 11

Beanspruchen eine Person, die nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsparteien Versicherungszeiten erworben hat, oder ihre Hinterbliebenen Leistungen, so hat der zuständige österreichische Träger nach den österreichischen Rechtsvorschriften festzustellen, ob die betreffende Person unter Zusammenrechnung der Versicherungszeiten nach Artikel 10 und unter Berücksichtigung der folgenden Bestimmungen Anspruch auf die Leistung hat:

         a)  Hängt nach den österreichischen Rechtsvorschriften die Gewährung bestimmter Leistungen von der Zurücklegung der Versicherungszeiten in einem Beruf, für den ein Sondersystem besteht, oder in einem bestimmten Beruf oder in einer bestimmten Beschäftigung ab, so sind für die Gewährung dieser Leistungen die nach den Rechtsvorschriften von Quebec zurückgelegten Versicherungszeiten nur zu berücksichtigen, wenn sie in einem entsprechenden System oder, wenn ein solches nicht besteht, im gleichen Beruf oder in der gleichen Beschäftigung zurückgelegt worden sind.

         b)  Verlängern nach den österreichischen Rechtsvorschriften Zeiten der Pensionsgewährung den Zeitraum, in dem die Versicherungszeiten zurückgelegt sein müssen, so verlängert sich dieser Zeitraum auch durch entsprechende Zeiten der Pensionsgewährung nach den Rechtsvorschriften von Quebec.

         c)  Ein Kalenderjahr, das am oder nach dem 1. Jänner 1966 beginnt und in dem Beiträge nach den Rechtsvorschriften von Quebec entrichtet wurden, gilt als zwölf Beitragsmonate nach den österreichischen Rechtsvorschriften.”

5. Artikel 12 der Vereinbarung erhält folgende Fassung:

“Artikel 12

(1) Besteht nach den österreichischen Rechtsvorschriften auch ohne Anwendung des Artikels 10 ein Leistungsanspruch, so hat der zuständige österreichische Träger die Leistung ausschließlich auf Grund der nach den österreichischen Rechtvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten festzustellen.

(2) Besteht nach den österreichischen Rechtsvorschriften nur unter Anwendung des Artikels 10 ein Leistungsanspruch, so hat der zuständige österreichische Träger die Leistung ausschließlich auf Grund der nach den österreichischen Rechtsvorschriften zu berücksichtigenden Versicherungszeiten und unter Berücksichtigung der folgenden Bestimmungen festzustellen:

         a)  Leistungen oder Leistungsteile, deren Betrag nicht von der Dauer der zurückgelegten Versicherungszeiten abhängig ist, gebühren im Verhältnis der nach den österreichischen Rechtsvorschriften für die Berechnung der Leistung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten zu 30 Jahren, höchstens jedoch bis zur Höhe des vollen Betrages.

         b)  Sind bei der Berechnung von Leistungen bei Invalidität oder an Hinterbliebene nach dem Eintritt des Versicherungsfalles liegende Zeiten zu berücksichtigen, so sind diese Zeiten nur im Verhältnis der nach den österreichischen Rechtsvorschriften für die Berechnung der Leistung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten zu zwei Dritteln der vollen Kalendermonate von der Vollendung des 16. Lebensjahres der betreffenden Person bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zu berücksichtigen, höchstens jedoch bis zum vollen Ausmaß.

         c)  Buchstabe a gilt nicht

                  i)   hinsichtlich von Leistungen aus einer Höherversicherung,

                 ii)   hinsichtlich von einkommensabhängigen Leistungen zur Sicherstellung eines Mindesteinkommens.

2

(3) Erreichen die nach den österreichischen Rechtsvorschriften für die Berechnung der Leistung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten insgesamt nicht zwölf Monate und besteht auf Grund dieser Versicherungszeiten allein kein Leistungsanspruch nach den österreichischen Rechtsvorschriften, so ist nach diesen Rechtsvorschriften keine Leistung zu gewähren.”

6. Die Artikel 13 und 14 der Vereinbarung entfallen.

7. Artikel 19 Absatz 2 der Vereinbarung erhält folgende Fassung:

“(2) Ein nach den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei nach dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung gestellter Antrag auf eine Leistung gilt auch als Antrag auf eine entsprechende Leistung nach den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei, wenn der Antragsteller bei der Antragstellung angibt, daß Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei zurückgelegt worden sind; dies gilt nicht, wenn der Antragsteller ausdrücklich beantragt, daß die Feststellung einer nach den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei erworbenen Alters‑ oder Ruhestandspension aufgeschoben wird.”

Artikel II

(1) Diese Zusatzvereinbarung tritt am ersten Tag des dritten Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die beiden Vertragsparteien einander durch Notifikation mitteilen, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieser Zusatzvereinbarung vorliegen.

(2) Artikel 12 Absatz 1 der Vereinbarung in der Fassung dieser Zusatzvereinbarung tritt rückwirkend mit dem 1. Juni 1994 in Kraft.

(3) Unterliegt zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Zusatzvereinbarung eine Person auf Grund ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit der Pflichtversicherung nach den Rechtsvorschriften beider Vertragsparteien, so gilt Artikel 7 Absatz 3 der Vereinbarung in der Fassung dieser Zusatzvereinbarung für die betreffende Person nur dann, wenn sie dies schriftlich beantragt. Wird ein solcher Antrag innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Zusatzvereinbarung bei dem zuständigen Träger einer Vertragspartei gestellt, so gilt diese Bestimmung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Zusatzvereinbarung. In allen anderen Fällen gilt sie ab dem ersten Tag des Kalendermonats nach Ablauf des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten beider Vertragsparteien diese Zusatzvereinbarung unterzeichnet.

GESCHEHEN zu ............, am ................. in zwei Urschriften in deutscher und französischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise authentisch sind.

Für die Regierung der Republik Österreich:

 

Für die Regierung von Quebec:

 

 

 

 

vorblatt


Problem:

Mit dem Inkrafttreten des EWR‑Abkommens für Österreich am 1. Jänner 1994 hat sich auch das zwischenstaatliche Recht im Bereich der sozialen Sicherheit wesentlich geändert (insbesondere Sicherstellung der innerstaatlich gebührenden Pension). Darüber hinaus hat die mit 1. Juli 1993 wirksam gewordene Pensionsreform eine Änderung der nationalen Rechtslage gebracht, die eine Durchführung der bisher vorgesehen gewesenen zwischenstaatlichen Pensionsberechnungsmethode erheblich erschwert.

Ziel und Inhalt:

Durch die dem vorliegenden Bundesgesetz als Anlage angeschlossene Zusatzvereinbarung zur Vereinbarung im Bereich der sozialen Sicherheit mit Quebec wird der zwischenstaatlichen und innerstaatlichen Rechtsentwicklung dadurch Rechnung getragen, daß zum einen der Betrag der nach innerstaatlichem österreichischen Recht gebührenden Pension sichergestellt wird und zum anderen die zwischenstaatliche Pensionsberechnungsmethode wesentlich vereinfacht wird.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Keine.

EG‑Konformität:

Hinsichtlich von Regelungen im Bereich der sozialen Sicherheit mit Drittstaaten stehen keine EG‑Vorschriften in Kraft, sodaß auch die durch EG‑Recht gebundenen Staaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben.

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Erläuterungen

A. ZUM BUNDESGESETZ, MIT DEM DAS BUNDESGESETZ ÜBER DIE REGELUNG DER BEZIEHUNGEN IM BEREICH DER SOZIALEN SICHERHEIT IM VERHÄLTNIS ZUR PROVINZ QUEBEC GEÄNDERT WIRD

Die Republik Österreich hat am 24. Februar 1987 mit Kanada ein Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit geschlossen, durch das ein umfassender Schutz im Bereich der Pensionsversicherung durch die Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen, die Zusammenrechnung der Versicherungs‑ bzw. Wohnzeiten für den Leistungsanspruch, die Leistungsfeststellung entsprechend dem jeweiligen Zeitenverhältnis und den Leistungsexport sichergestellt wird (BGBl. Nr. 451/1987).

Unter Berücksichtigung der kanadischen Verfassungsrechtslage gilt in der Provinz Quebec im Bereich der Pensionsversicherung nicht der für alle anderen Provinzen Kanadas geltende “kanadische Pensionsplan”, sondern ein eigener “Quebec Pensionsplan”. Darüber hinaus fallen auch die Bereiche der Kranken‑ und Unfallversicherung in die Kompetenz der Provinzen. Dementsprechend wurde im Art. 24 des österreichisch‑kanadischen Abkommens festgelegt, daß die Republik Österreich und eine Provinz Kanadas Vereinbarungen über Angelegenheiten der sozialen Sicherheit, die in Kanada in die Zuständigkeit einer Provinz fallen, schließen können, soweit solche Vereinbarungen den Bestimmungen dieses Abkommens nicht widersprechen. In diesem Zusammenhang bestand Einverständnis darüber, daß der Abschluß solcher Vereinbarungen in Durchführung des Art. 24 des Abkommens nur im Rahmen der jeweiligen Verfassungsordnung erfolgen kann.

In der Folge wurde eine solche Vereinbarung mit Quebec ausgearbeitet.

Die innerstaatliche Anwendung durch die zuständigen österreichischen Behörden und Träger mußte im Hinblick auf die österreichische Rechtslage durch ein eigenes Bundesgesetz sichergestellt werden, dem die Vereinbarung mit Quebec als Anlage angeschlossen ist (BGBl. Nr. 551/1993). Die Vereinbarung wurde sodann am 9. Dezember 1993 unterzeichnet und ist am 1. Juni 1994 in Kraft getreten (BGBl. Nr. 464/1994).

Aus den unter Teil B/1 dargelegten Gründen wurde eine Änderung der Vereinbarung erforderlich. Im Hinblick auf die österreichische Rechtslage ist für die innerstaatliche Anwendung auch der diesbezüglichen Zusatzvereinbarung ein eigenes Bundesgesetz erforderlich.

Hinsichtlich des Gesetzes ist im einzelnen insbesondere noch darauf hinzuweisen, daß zu den vom Bundesminister für Arbeit und Soziales zu setzenden Maßnahmen nach Artikel II auch die Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung zählt. Die Zusatzvereinbarung tritt daher nicht gemeinsam mit dem Gesetz zu dem nach Art. 49 B‑VG bestimmten Zeitpunkt, sondern erst am ersten Tag des dritten Monates nach Ablauf des Monates in Kraft, in dem Österreich und Quebec einander durch Notifikation mitteilen, daß die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Zusatzvereinbarung vorliegen (Artikel I).

Dieses Bundesgesetz stützt sich auf den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG (“Sozial‑ und Vertragsversicherungswesen”).

B. ZUR ZUSATZVEREINBARUNG ZUR VEREINBARUNG ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER REGIERUNG VON QUEBEC IM BEREICH DER SOZIALEN          SICHERHEIT

I. Allgemeiner Teil

1. Die Zusatzvereinbarung im allgemeinen

Bereits mit dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (EWR‑Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993, hat Österreich das Recht der EG im Bereich der sozialen Sicherheit übernommen. Im Bereich der Pensionsversicherung sieht die in diesem Bereich maßgebende Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABl. 1971, Nr. L 149, S. 2) als wesentlichen
Grundsatz vor, daß nach innerstaatlichem Recht erworbene Ansprüche nicht gemindert werden dürfen. Unter Bedachtnahme auf diesen Grundsatz ist Österreich bestrebt, auch in jenen bilateralen Beziehungen, die nicht vom EG‑Recht erfaßt werden, die innerstaatlich gebührende Pension (sogenannte “Alleinpension”) sicherzustellen.

Mit der Pensionsreform (51. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 335/1993, sowie die entsprechenden Novellen zum GSVG und BSVG) wurde die Pensionsberechnung nach den österreichischen Rechtsvorschriften in wesentlichen Bereichen geändert. Insbesondere die neu eingeführten versicherungsmathematischen Faktoren bei der Pensionsberechnung (zB § 261 Abs. 3 und § 261b ASVG) machen die Pensionsberechnung nach der in den von Österreich bisher geschlossenen Abkommen vorgesehenen zwischenstaatlichen Pensionsberechnung entsprechend dem Zeitenverhältnis (sogenannte “Pro-rata-temporis-Berechnung”) sehr schwierig. Dazu kommt, daß nach dieser Berechnungsmethode die österreichische Leistung in Fällen mit Kindererziehungszeiten über den innerstaatlichen Betrag hinausgehend erhöht wird. Darüber hinaus ist für die endgültige Feststellung der österreichischen Leistung stets auch die Kenntnis des genauen Ausmaßes der jeweiligen ausländischen Versicherungszeiten erforderlich, sodaß daher oftmals ein erheblicher Zeit‑ und Verwaltungsaufwand erforderlich ist. Durch die nunmehr vorgesehene direkte Pensionsberechnungsmethode können diese Nachteile vermieden werden. Für die Berechnung der österreichischen Leistung werden nunmehr ausschließlich die österreichischen Versicherungszeiten maßgebend sein (sogenannte “Direktberechnung”). Dies bedeutet eine wesentliche Vereinfachung der Pensionsberechnung in zwischenstaatlichen Fällen sowohl im Interesse der Versicherungsträger als auch der Betroffenen.

Die in der vorliegenden Zusatzvereinbarung diesbezüglich vorgesehenen Änderungen haben auch bereits im Verhältnis zu Kanada in einem am 12. September 1995 unterzeichneten Zusatzabkommen zum Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit ihren Niederschlag gefunden. Darüber hinaus enthält die Zusatzvereinbarung eine Anpassung einzelner Bestimmungen der Vereinbarung an die in Österreich und Quebec seit dem Abschluß der Vereinbarung im Jahre 1993 eingetretene Rechtsentwicklung, wie sie auch in dem Zusatzabkommen mit Kanada enthalten ist.

Die Zusatzvereinbarung sieht daher zusammenfassend im wesentlichen vor

         a)  die Sicherstellung der Alleinpension, sofern ein Pensionsanspruch nach innerstaatlichem österreichischen Recht besteht,

         b)  die zwischenstaatliche Pensionsberechnung in allen anderen Fällen durch Direktberechnung und

         c)  eine formale Anpassung einzelner Abkommensbestimmungen an die geänderte Rechtslage.

Mit dem Inkrafttreten des erwähnten Zusatzabkommens mit Kanada sowie der vorliegenden Zusatzvereinbarung wird daher für das gesamte Gebiet Kanadas wiederum eine harmonisierte zwischenstaatliche Rechtslage sichergestellt sein.

2. Finanzielle Auswirkungen

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen der vorliegenden Zusatzvereinbarung ist zu berücksichtigen, daß das Abkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit mit Kanada auch in bezug auf Personen, die Versicherungszeiten im Pensionsplan der Provinz Quebec zurückgelegt haben, die von diesen Personen als Einwohner Kanadas im Rahmen des Gesetzes über die Alterssicherung erworbenen Wohnzeiten erfaßt.

Der Umstieg auf die Direktberechnung von zwischenstaatlichen Leistungen wird daher auch für Personen, die Versicherungszeiten im Pensionsplan der Provinz Quebec zurückgelegt haben, bereits auf Grund des bereits erwähnten Zusatzabkommens mit Kanada erfolgen. Die vorliegende Zusatzvereinbarung hat daher keine über die sich aus dem Zusatzabkommen mit Kanada ergebenden finanziellen Auswirkungen (Einsparungen von rund 4,8 Millionen Schilling im Zeitraum 1995 bis 1998) hinausgehenden Auswirkungen zur Folge.

II. Besonderer Teil

Zu Art. I Z 1 und Z 3:

Unter Bedachtnahme auf die für selbständig Erwerbstätige im Rahmen der Zusatzvereinbarung vorgesehene Sonderregelung (Art. I Z 2 lit. b der Zusatzvereinbarung) war auch eine Einbeziehung dieser Personengruppe in die allgemeinen Bestimmungen betreffend die anzuwendenen Rechtsvorschriften erforderlich. Durch die Neufassung des Art. 6 der Vereinbarung (Art. I Z 1) wird nunmehr klargestellt, daß sich der Grundsatz des Territorialitätsprinzips auch auf selbständige Erwerbstätige bezieht. Auch diese unterliegen daher grundsätzlich den Rechtsvorschriften jener Vertragspartei, in deren Gebiet sie ihre selbständige Erwerbstätigkeit ausüben. Die Neufassung des Art. 9 der Vereinbarung (Art. I Z 3) erstreckt die Möglichkeit, von der durch die Vereinbarung an sich vorgesehenen Zuordnung zu den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei Ausnahmen vereinbaren zu können, auch auf selbständig Erwerbstätige.

Zu Art. I Z 2 lit. a:

Über Wunsch von Quebec wird im Art. 7 der Vereinbarung die bisher für die automatische Weitergeltung der Rechtsvorschriften der Vertragspartei, aus der die Entsendung erfolgt, vorgesehen gewesene Entsendedauer von 24 auf 60 Monate ausgedehnt. Damit entspricht die Rechtslage der Vereinbarung mit Quebec nunmehr der bereits bisher im Verhältnis zu den USA geltenden Rechtslage (Art. 7 Abs. 1 des Abkommens mit den USA, BGBl. Nr. 551/1991).

Zu Art. I Z 2 lit. b und Art. II Abs. 3:

Unter Bedachtnahme darauf, daß nach den Rechtsvorschriften von Quebec hinsichtlich der Beitragspflicht von selbständig Erwerbstätigen sämtliche Einkünfte heranzuziehen sind, wenn die betreffende Person ihren Wohnort in Quebec hat, kann es im Fall einer selbständigen Erwerbstätigkeit, die in Österreich ausgeübt wird, zu einer doppelten Beitragspflicht hinsichtlich ein und derselben Einkünfte kommen. Zur Vermeidung dieser Rechtsfolge wird – wie bereits im Verhältnis zu den USA (Art. 7 Abs. 2 des Abkommens mit den USA) – durch den neu eingefügten Art. 7 Abs. 3 der Vereinbarung (Art. I Z 2 lit. b) vorgesehen, daß in solchen Kollisionsfällen ausschließlich die Rechtsvorschriften der Vertragspartei, in deren Gebiet die betreffende Person sich gewöhnlich aufhält, zum Tragen kommen.

Im Hinblick darauf, daß die bisher geltende Rechtslage zu einer doppelten Beitragspflicht, damit aber auch zu einem doppelten Versicherungsschutz in beiden Vertragsparteien geführt hat, sieht Art. II Abs. 3 der Zusatzvereinbarung vor, daß die Befreiung von den Rechtsvorschriften jener Vertragspartei, in der kein Wohnort besteht, nur über Antrag der betreffenden Person möglich ist. Sofern der entsprechende Antrag innerhalb von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten der Zusatzvereinbarung gestellt wird, tritt die Befreiung von den Rechtsvorschriften der nunmehr unzuständigen Vertragspartei rückwirkend mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Zusatzvereinbarung ein.

Zu Art. I Z 4 bis 6 und Art. II Abs. 2:

Die Neufassung der Art. 11 und 12 der Vereinbarung trägt einerseits der Sicherstellung der innerstaatlich gebührenden Pension in Fällen Rechnung, in denen ohne Berücksichtigung von Versicherungszeiten des Pensionsplanes der Provinz Quebec ein Leistungsanspruch besteht, berücksichtigt aber andererseits auch die insbesondere im Hinblick auf die Pensionsreform 1993 angestrebte Direktberechnung ausschließlich auf der Grundlage der innerstaatlichen Versicherungszeiten auch in den Fällen, in denen ein Leistungsanspruch nur unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten des Pensionsplanes der Provinz Quebec besteht.

Zu den einzelnen Bestimmungen der beiden Artikel ist aus grundsätzlicher Sicht festzuhalten, daß diese soweit möglich an die entsprechenden Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und des Europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 14. Dezember 1972, BGBl. Nr. 428/1977, angepaßt wurden, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß sich die Bestimmungen der Verordnung unter Berücksichtigung der sicherzustellenden umfassenden Freizügigkeit zum Teil in einer sehr kasuistischen Weise entwickelt haben und damit ausschließlich den Sondersituationen in einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen wurde.

Im einzelnen ist zu den beiden Artikeln folgendes festzuhalten:

Art. 11 der Vereinbarung (Art. I Z 4)

Dieser Artikel enthält die hinsichtlich der nach Art. 10 der Vereinbarung vorgesehenen generellen Zusammenrechnung der Versicherungszeiten in bezug auf die österreichischen Rechtsvorschriften ergänzenden Regelungen, wobei lit. a hinsichtlich der Berücksichtigung von Versicherungszeiten in einem Sondersystem inhaltlich der Regelung des bisherigen Art. 12 Z 9 der Vereinbarung und lit. b hinsichtlich der neutralen Wirkung von Zeiten eines Pensionsbezuges jener des bisherigen Art. 12 Z 4 lit. a der Vereinbarung entspricht. Die abstraktere Fassung dieser beiden Bestimmungen trägt dem Bemühen Österreichs Rechnung, möglichst im Verhältnis zu allen Vetragspartnern Österreichs auch sprachlich einheitliche Fassungen der einzelnen Bestimmungen vorzusehen. Die Regelung der lit. c betreffend die Berücksichtigung der Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Quebec bei der Zusammenrechnung entspricht dem bisherigen Art. 12 Z 3 der Vereinbarung.

Art. 12 der Vereinbarung (Art. I Z 5)

Abs. 1 sichert die Gewährung der innerstaatlichen Alleinpension, wenn auch ohne Zusammenrechnung der Versicherungszeiten beider Vertragsparteien ein Anspruch auf eine österreichische Pension besteht. Entsprechende Regelungen finden sich bereits in den von Österreich in letzter Zeit geschlossenen bzw. revidierten Abkommen (zB Art. 20 Abs. 1 lit. e des Abkommens mit Kroatien, BGBl. Nr. 594/94). Unter Bedachtnahme darauf, daß im Verhältnis zu den EWR‑Staaten die Alleinpension mit dem Inkrafttreten des EWR‑Abkommens ab 1. Jänner 1994 vorgesehen ist, wurde den österreichischen Versicherungsträgern empfohlen, in Vorweganwendung von Revisionen der entsprechenden Abkommen auch im Verhältnis zu den Staaten außerhalb des EWR für Versicherungsfälle ab diesem Zeitpunkt die Alleinpension zu gewähren. Art. II Abs. 2 der Zusatzvereinbarung sieht daher das rückwirkende Inkrafttreten dieser Bestimmung bereits mit dem Inkrafttreten der Vereinbarung (1. Juni 1994) vor.

Abs. 2 sieht entsprechend Abs. 1 die innerstaatliche Berechnung auch für jene Fälle vor, in denen nur unter Zusammenrechnung der Versicherungszeiten ein Leistungsanspruch besteht und enthält die erforderlichen ergänzenden Regelungen. Diesen Regelungen liegen die Bestimmungen des Art. 29 Abs. 3 und 4 des Europäischen Abkommens zugrunde, nach denen bestimmte nicht auf Beiträgen beruhende und von der Wohndauer unabhängige Leistungen in einem bestimmten Verhältnis gekürzt werden können. Diese seinerzeit im Hinblick auf die besonderen Systeme der nordischen Staaten ausgearbeiteten Grundsätze haben einerseits insbesondere im Rahmen von innerstaatlichen Rechtsänderungen in den nordischen Staaten einen Niederschlag gefunden, andererseits aber auch im internationalen Bereich durch die Übernahme in die Empfehlung 167 der Internationalen Arbeitsorganisation Eingang gefunden. Eine entsprechende Übernahme dieser Grundsätze auf zeitunabhängigen Leistungen oder Leistungsteile (in Österreich der Kinderzuschuß zB nach § 262 ASVG) bzw. auf Zurechnungszeiten (in Österreich der Zurechnungszuschlag zB nach § 261a ASVG) erscheint im Hinblick darauf zweckmäßig und geboten, daß eine ungekürzte Gewährung des Kinderzuschusses bzw. des Zurechnungszuschlages auch in Fällen, in denen eine Zusammenrechnung der Versicherungszeiten zur Eröffnung von Leistungsansprüchen erforderlich ist, eine Überkompensation in Einzelfällen bewirken würde. Durch die vorgesehene Berechnungssondervorschriften wird sichergestellt, daß eine Kürzung entsprechend der Anzahl der österreichischen Versicherungszeiten vorzunehmen ist. Im einzelnen ist ergänzend folgendes zu bemerken:

lit. a: Zeitunabhängige Leistungen oder Leistungsteile

In Österreich gebührt zur Pension für jedes Kind ein Kinderzuschuß in der Höhe von 300 S. Liegen zB zehn Versicherungsjahre in Österreich vor, so gebührt – unabhängig von der Dauer der Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Quebec – der Kinderzuschuß in der Höhe von 10/30, somit in der Höhe von 100 S. Liegen 30 österreichische Versicherungsjahre oder mehr vor, so gebührt der Kinderzuschuß in voller Höhe.

lit. b: Zurechnungszuschlag

Die in Österreich bei Eintritt des Versicherungsfalles der Invalidität vor dem 56. Lebensjahr hinsichtlich des Zurechnungszuschlages zu berücksichtigenden Kalendermonate sollen ebenfalls nur in einem bestimmten Zeitenverhältnis berücksichtigt werden. Tritt der Versicherungsfall zB mit dem 46. Le­bensjahr ein und liegen nur zehn österreichische Versicherungsjahre vom 16. Lebensjahr bis zum 26. Le­bensjahr vor, so sind der Berechnung des Zurechnungszuschlages (zB § 261a ASVG) nicht die in Betracht kommenden 120 Kalendermonate, sondern nur die im Verhältnis der österreichischen Versicherungszeit zu 2/3 der Zeit vom 16. Lebensjahr bis zum 46. Lebensjahr (= 120/240) gekürzte Anzahl, dh. 60 Kalendermonate, zugrunde zu legen und ist damit insbesondere auch auf der Grundlage dieser so gekürzten Kalendermonate der in Betracht kommende Höchstbetrag des Zurechnungszuschlages (zB § 261a Abs. 2 und Abs. 3 ASVG) festzustellen.


lit. c: Die Leistungen für Beiträge zur Höherversicherung sowie die Ausgleichszulage sind entgegen der Bestimmung der lit. a jedenfalls in der innerstaatlich gebührenden Höhe zu gewähren. Diese Regelung entspricht daher Art. 12 Z 4 lit. c und Z 8 der Vereinbarung in der geltenden Fassung.

Abs. 3 betreffend den grundsätzlichen Ausschluß von Leistungsansprüchen, wenn weniger als zwölf österreichische Versicherungsmonate vorliegen, entspricht Art. 11 Abs. 2 der Vereinbarung in der geltenden Fassung.

Ergänzend ist zu der neuen Berechnungsmethode in Fällen, in denen eine Zusammenrechnung der Versicherungszeiten für den Anspruch auf eine Pension nach den österreichischen Rechtsvorschriften erforderlich ist, noch festzuhalten, daß diese neue Berechnungsmethode im Durchschnitt zu gleichen Ergebnissen wie die bisherige Pro‑rata‑temporis‑Berechnung führt, das Ergebnis aber nicht mehr von der Dauer der Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Quebec abhängig ist, wobei bisher mehr Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Quebec zu einer niedrigeren österreichischen Leistung bzw. weniger Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften von Quebec zu einer höheren österreichischen Leistung führen. Die neue Berechnungsmethode bringt daher eine unter Bedachtnahme auf die zurückgelegten österreichischen Versicherungszeiten gerechtere Lösung.

Die Vereinfachung der Berechnungsmethode sowie die Sicherstellung der Alleinpension machen die bisher ergänzend vorgesehenen Sonderregelungen überflüssig, sodaß die bisherigen Regelungen der Art. 13 und 14 der Vereinbarung entfallen können (Art. I Z 6).

Zu Art. I Z 7:

Die über Wunsch Quebecs vorgesehene Neufassung des Art. 19 Abs. 2 der Vereinbarung stellt klar, daß sich die Antragsgleichstellung zum einen nur auf nach dem Inkrafttreten der Vereinbarung gestellte Anträge beziehen kann und zum anderen für eine solche Wirkung auch ein Hinweis auf das Vorhandensein von Versicherungszeiten nach den Rechtsvorschriften der jeweils anderen Vertragspartei vorliegen muß. Diesbezüglich entspricht diese Bestimmung nunmehr Art. 21 Abs. 2 lit. a des Abkommens mit den USA.

Zu Art. II:

Dieser Artikel enthält die Schlußbestimmungen betreffend das Inkrafttreten der vorliegenden Zusatzvereinbarung. Hinsichtlich Abs. 2 siehe unter Art. I Z 4 bis 6 und hinsichtlich Abs. 3 unter Art. I Z 2 lit. b.