33 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 27. 2. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, das Bewährungshilfegesetz, das Tilgungsgesetz, das Strafregistergesetz, das Suchtgiftgesetz, das Lebensmittelgesetz und das Sicherheitskontrollgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 1996)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 622/1994, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift des dritten Abschnitts im Allgemeinen Teil hat zu lauten:

„Strafen, Abschöpfung der Bereicherung, Verfall und vorbeugende Maßnahmen“.

2. § 19 Abs. 4 wird aufgehoben.

3. An die Stelle der §§ 20 und 20a sowie deren Überschriften treten folgende Bestimmungen:

„Abschöpfung der Bereicherung

§ 20. (1) Wer eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen und dadurch Vermögensvorteile erlangt hat, ist zur Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der dabei eingetretenen unrechtmäßigen Bereicherung zu verurteilen. Das gleiche gilt, wenn jemand Vermögensvorteile für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung empfangen hat. Soweit das Ausmaß der Bereicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann, hat das Gericht den abzuschöpfenden Betrag nach seiner Überzeugung festzusetzen.

(2) Wenn

        1.   der Täter fortgesetzt oder wiederkehrend Verbrechen (§ 17) begangen und Vermögensvorteile durch deren Begehung erlangt oder für diese empfangen hat und

        2.   ihm im zeitlichen Zusammenhang mit den begangenen Verbrechen weitere Vermögensvorteile zugeflossen sind, bei denen die Annahme naheliegt, daß sie aus weiteren Verbrechen dieser Art stammen, und deren rechtmäßige Herkunft nicht glaubhaft gemacht werden kann,

sind auch diese Vermögensvorteile bei der Festsetzung des abzuschöpfenden Betrages zu berücksichtigen.

(3) Zur Zahlung eines Geldbetrages, den das Gericht in Höhe der eingetretenen Bereicherung nach seiner Überzeugung festsetzt, ist auch der Täter zu verurteilen, dem im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation (§ 278a) Vermögensvorteile zugeflossen sind, bei denen die Annahme naheliegt, daß es sich um Vermögenswerte der kriminellen Organisation handelt oder daß sie aus strafbaren Handlungen stammen, und deren rechtmäßige Herkunft nicht glaubhaft gemacht werden kann.

(4) Wer durch die mit Strafe bedrohte Handlung eines anderen oder durch einen für deren Begehung zugewendeten Vermögensvorteil unmittelbar und unrechtmäßig bereichert worden ist, ist zur Zahlung eines Geldbetrages in Höhe dieser Bereicherung zu verurteilen. Ist eine juristische Person oder eine Personengesellschaft bereichert worden, so ist sie zu dieser Zahlung zu verurteilen.

(5) Ist ein unmittelbar Bereicherter verstorben oder besteht eine unmittelbar bereicherte juristische Person oder Personengesellschaft nicht mehr, so ist die Bereicherung beim Rechtsnachfolger abzuschöpfen, soweit sie beim Rechtsübergang noch vorhanden war.

(6) Mehrere Bereicherte sind nach ihrem Anteil an der Bereicherung zu verurteilen. Läßt sich dieser Anteil nicht feststellen, so hat ihn das Gericht nach seiner Überzeugung festzusetzen.

Unterbleiben der Abschöpfung

§ 20a. (1) Die Abschöpfung ist ausgeschlossen,

        1.   wenn das Ausmaß der Bereicherung 100 000 S nicht übersteigt oder

        2.   soweit der Bereicherte zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder sich dazu in vollstreckbarer Form vertraglich verpflichtet hat, er dazu verurteilt worden ist oder zugleich verurteilt wird oder die Bereicherung durch andere rechtliche Maßnahmen beseitigt wird.

(2) Von der Abschöpfung ist abzusehen, soweit

        1.   der abzuschöpfende Betrag oder die Aussicht auf dessen Einbringung außer Verhältnis zum Verfahrensaufwand steht, den die Abschöpfung oder die Einbringung erfordern würde, oder

        2.   die Zahlung des Geldbetrages den Bereicherten unbillig hart träfe, insbesondere weil die Be­reiche­rung im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr vorhanden ist; aus einer Verurteilung erwachsende andere nachteilige Folgen sind zu berücksichtigen.

Verfall

§ 20b. (1) Vermögenswerte einer kriminellen Organisation (§ 278a) sind für verfallen zu erklären.

(2) Vermögenswerte, die aus einer mit Strafe bedrohten Handlung herrühren, sind, soweit nicht an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Personen Rechtsansprüche auf sie haben, für verfallen zu erklären, wenn

        1.   die Tat, aus der die Vermögenswerte herrühren, auch durch die Gesetze des Tatorts mit Strafe bedroht ist, aber nach den §§ 62 bis 65 nicht den österreichischen Strafgesetzen unterliegt, oder

        2.   der Täter unbekannt ist.

(3) Der Verfall ist ausgeschlossen, soweit sein Zweck durch andere rechtliche Maßnahmen erreicht wird, insbesondere soweit die unrechtmäßige Bereicherung in einem ausländischen Verfahren abgeschöpft wird und die ausländische Entscheidung in Österreich vollstreckt werden kann.“

4. § 26 Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Von der Einziehung ist abzusehen, wenn der Berechtigte die besondere Beschaffenheit der Gegenstände beseitigt, insbesondere indem er Vorrichtungen oder Kennzeichnungen entfernt oder unbrauchbar macht, die die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen erleichtern. Gegenstände, auf die eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person Rechtsansprüche hat, dürfen nur eingezogen werden, wenn die betreffende Person keine Gewähr dafür bietet, daß die Gegenstände nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden.“

5. Nach dem § 31 wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Nachträgliche Milderung der Strafe, der Abschöpfung der Bereicherung und des Verfalls

§ 31a. (1) Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, die zu einer milderen Bemessung der Strafe geführt hätten, hat das Gericht die Strafe angemessen zu mildern.

(2) Verschlechtern sich nachträglich die persönlichen Verhältnisse oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines zu einer Geldstrafe Verurteilten nicht bloß unerheblich, so hat das Gericht für die noch aushaftende Geldstrafe die Höhe des Tagessatzes innerhalb der Grenzen des § 19 Abs. 2 neu zu bemessen, es sei denn, daß der Verurteilte die Verschlechterung vorsätzlich, und sei es auch nur durch Unterlassung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, herbeigeführt hat.

(3) Befriedigt ein zur Abschöpfung der Bereicherung Verurteilter nachträglich zivilrechtliche Ansprüche aus der Tat oder treten sonst Umstände ein, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils nicht auf Abschöpfung der Bereicherung oder nur auf Zahlung eines geringeren Betrages zu erkennen gewesen wäre, so hat das Gericht die Entscheidung entsprechend zu ändern. Ebenso ist vorzugehen, wenn solche Umstände nachträglich bekannt werden.

(4) Wenn nachträglich Umstände eintreten oder bekannt werden, bei deren Vorliegen im Zeitpunkt des Urteils nicht auf Verfall oder nur auf Verfall geringerer Vermögenswerte zu erkennen gewesen wäre, hat das Gericht die Entscheidung entsprechend zu ändern.“

6. Im § 32 Abs. 2 hat der erste Satz zu lauten:

„Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen.“

7. Im § 33 hat die Z 5 zu lauten:

       „5.   aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat;“

8. § 34 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Inhalt erhält die Absatzbezeichnung „(1)“, an die Stelle des Punktes am Ende der Z 18 tritt ein Strichpunkt, und folgende Zahl wird angefügt:

       „19.  dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.“

b) Folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Ein Milderungsgrund ist es auch, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.“

9. § 44 Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Nebenstrafen und Rechtsfolgen der Verurteilung können unabhängig von der Hauptstrafe bedingt nachgesehen werden.“

10. Im § 45 Abs. 1 hat der letzte Satz zu lauten:

„§ 43 Abs. 2 gilt dem Sinne nach.“

11. Im § 46 Abs. 4 hat der erste Satz zu lauten:

„Verbüßt ein Rechtsbrecher mehrere Freiheitsstrafen, so ist ihre Gesamtdauer maßgebend, sofern sie unmittelbar nacheinander verbüßt oder lediglich durch Zeiten unterbrochen werden, in denen er sonst auf behördliche Anordnung angehalten wird.“

12. An die Stelle des § 50 und seiner Überschrift tritt folgende Bestimmung:

„Erteilung von Weisungen und Anordnung der Bewährungshilfe

§ 50. (1) Wird einem Rechtsbrecher die Strafe bedingt nachgesehen oder wird er aus einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme bedingt entlassen, so hat das Gericht ihm Weisungen zu erteilen oder die Bewährungshilfe anzuordnen, soweit das notwendig oder zweckmäßig ist, um den Rechtsbrecher von weiteren mit Strafe bedrohten Handlungen abzuhalten. Ordnet das Gericht die Bewährungshilfe an, so hat der Leiter der zuständigen Dienst- oder Geschäftsstelle für Bewährungshilfe dem Rechtsbrecher einen Bewährungshelfer zu bestellen und diesen dem Gericht bekanntzugeben.

(2) Weisungen sowie die Anordnung der Bewährungshilfe gelten für die Dauer des vom Gericht bestimmten Zeitraumes, höchstens jedoch bis zum Ende der Probezeit, soweit sie nicht vorher aufgehoben oder gegenstandslos werden.“

13. § 52 hat zu lauten:

§ 52. (1) Der Bewährungshelfer hat sich mit Rat und Tat darum zu bemühen, dem Rechtsbrecher zu einer Lebensführung und Einstellung zu verhelfen, die diesen in Zukunft von der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen abzuhalten vermag. Soweit es dazu nötig ist, hat er ihn auf geeignete Weise bei seinen Bemühungen zu unterstützen, wesentliche Lebensbedürfnisse zu decken, insbesondere Unterkunft und Arbeit zu finden.

(2) Der Bewährungshelfer hat dem Gericht über seine Tätigkeit und seine Wahrnehmungen zu berichten,

        1.   soweit dies das Gericht verlangt oder es erforderlich oder zweckmäßig ist, um den Zweck der Bewährungshilfe zu erreichen,

        2.   wenn Anlaß besteht, die Bewährungshilfe aufzuheben,

        3.   in jedem Fall aber sechs Monate nach Anordnung der Bewährungshilfe sowie bei deren Beendigung.

(3) Das Gericht hat während der Probezeit die Bewährungshilfe auch nachträglich anzuordnen oder sie aufzuheben, soweit dies nach § 50 geboten erscheint.“

14. § 53 Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Wenn der Rechtsbrecher während des vom Gericht bestimmten Zeitraumes eine Weisung trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt oder sich beharrlich dem Einfluß des Bewährungshelfers entzieht, hat das Gericht die bedingte Strafnachsicht oder die bedingte Entlassung zu widerrufen und die Strafe oder den Strafrest vollziehen zu lassen, wenn dies nach den Umständen geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.“

15. § 57 Abs. 4 hat zu lauten:

„(4) Mit dem Eintritt der Verjährung werden auch die Abschöpfung der Bereicherung, der Verfall und vorbeugende Maßnahmen unzulässig.“

16. § 59 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Die Vollstreckbarkeit anderer Strafen, einer Abschöpfung der Bereicherung, eines Verfalls und vorbeugender Maßnahmen erlischt durch Verjährung. Die Frist für die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, in der auf die Strafe, die Abschöpfung der Bereicherung, den Verfall oder die vorbeugende Maßnahme erkannt worden ist.“

b) Dem Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Ist gegen denselben Täter sowohl auf eine Strafe als auch auf Abschöpfung der Bereicherung erkannt worden, so richtet sich die Verjährung der Vollstreckbarkeit der Abschöpfung der Bereicherung nach jener der Strafe.“

17. § 64 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

a) Der Einleitungssatz hat zu lauten:

„Die österreichischen Strafgesetze gelten unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts für folgende im Ausland begangene Taten:“

b) In der Z 4 werden vor dem Wort „Menschenhandel“ die Wendung „ausbeuterische Schlepperei (§ 104a),“ und nach dem Klammerausdruck „(§ 237)“ die Wendung „ , kriminelle Organisation (§ 278a Abs. 1)“ eingefügt.

c) Nach der Z 7 wird folgende neue Z 8 eingefügt:

       „8.   Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (§ 177a), wenn der Täter Öster­reicher ist;“

d) Die bisherige Z 8 erhält die Bezeichnung „9.“ und hat zu lauten:

       „9.   Beteiligung (§ 12) an einer strafbaren Handlung, die der unmittelbare Täter im Inland begangen hat, sowie Hehlerei (§ 164) und Geldwäscherei (§§ 165, 278a Abs. 2) in bezug auf eine im Inland begangene Tat.“

18. Nach dem § 65 wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Geltungsbereich des Verfalls und der Einziehung

§ 65a. Der Verfall und die Einziehung treffen alle Vermögenswerte und Gegenstände, die sich im Inland befinden.“

19. Im § 83 Abs. 1 werden die Worte „sechs Monaten“ durch die Worte „einem Jahr“ ersetzt.

20. § 91 Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Wer an einer Schlägerei oder an einem Angriff mehrerer tätlich teilnimmt, ist schon wegen dieser Teilnahme mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wenn die Schlägerei oder der Angriff mehrerer eine Körperverletzung (§ 83 Abs. 1) eines anderen verursacht. Verursacht die Schlägerei oder der Angriff mehrerer eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) eines anderen, so ist der Teilnehmer mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, im Falle des verursachten Todes eines anderen aber mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

21. Nach dem § 104 wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Ausbeuterische Schlepperei

§ 104a. (1) Wer eine Person durch Täuschung über die Möglichkeiten, sich als Fremder in einem Staat niederzulassen oder dort einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen, zur rechtswidrigen Einreise in einen Staat sowie dazu verleitet, für deren Förderung ein Entgelt zu entrichten oder sich zur Entrichtung eines Entgelts zu verpflichten, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer einer Person zum Zweck ihrer Ausbeutung in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, die rechtswidrige Einreise in einen Staat verschafft.

(3) Wer die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande oder einer kriminellen Organisation begeht oder durch die Tat viele Menschen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Ebenso ist der Täter zu bestrafen, wenn die Tat den Tod eines Menschen zur Folge hat.“

22. Nach dem § 177 werden folgende Bestimmungen eingefügt:

„Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

§ 177a. (1) Wer zur Massenvernichtung bestimmte und geeignete atomare, biologische oder chemische Kampfmittel

        1.   herstellt, verarbeitet oder zum Zweck der Herstellung entwickelt,

        2.   in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt oder

        3.   erwirbt, besitzt oder einem anderen überläßt oder verschafft,

ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

(2) Weiß der Täter, daß die Kampfmittel in ein Gebiet gelangen sollen, in dem ein Krieg oder ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen ist oder unmittelbar auszubrechen droht, so ist er mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, weiß er aber, daß die Kampfmittel zum Einsatz gelangen sollen, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.

Unerlaubter Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen

§ 177b. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag

        1.   Kernmaterial oder

        2.   radioaktive Stoffe, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, durch ionisierende Strahlen den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen herbeizuführen,

aufbewahrt, befördert, bearbeitet, verarbeitet oder sonst verwendet, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer durch die Tat die Gefahr herbeiführt, daß Kernmaterial oder die im Abs. 1 erwähnten Stoffe der Herstellung oder Verarbeitung von zur Massenvernichtung geeigneten atomaren Kampfmitteln zugänglich werden, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(3) Wird durch eine der im Abs. 1 erwähnten Handlungen die im § 171 Abs. 1 genannte Gefahr herbeigeführt, so ist die dort angedrohte Strafe zu verhängen. Hat die Tat eine der im § 169 Abs. 3 genannten Folgen, so sind die dort angedrohten Strafen zu verhängen.

(4) Der Begriff Kernmaterial bezeichnet Ausgangsmaterial und besonderes spaltbares Material sowie Ausrüstung, Technologie und Material, die dem Sicherheitskontrollsystem nach dem Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992, unterliegen.“

23. An die Stelle des § 181b und seiner Überschrift treten folgende Bestimmungen:

„Vorsätzliches umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen

§ 181b. (1) Wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag Abfälle so behandelt, lagert oder ablagert, abläßt oder sonst beseitigt, daß dadurch die Gefahr einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung nach Art und Umfang des § 180 Abs. 1 oder einer schweren, nachhaltigen und in großem Ausmaß eintretenden Verunreinigung oder sonstigen Beeinträchtigung eines Gewässers, des Bodens oder der Luft entstehen kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag Abfälle, deren ordnungsgemäße Behandlung auf Grund ihrer Art, Beschaffenheit oder Menge zur Vermeidung einer der im Abs. 1 bezeichneten Gefahren erforderlich ist, in das Inland einführt, aus dem Inland ausführt oder durch das Inland durchführt.

Fahrlässiges umweltgefährdendes Behandeln von Abfällen

§ 181c. Wer fahrlässig entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der im § 181b Abs. 1 mit Strafe bedrohten Handlungen begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Vorsätzliches umweltgefährdendes Betreiben von Anlagen

§ 181d. Wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine Anlage, die Schadstoffe freisetzt, so betreibt, daß dadurch die Gefahr einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung nach Art und Umfang des § 180 Abs. 1 oder einer schweren, nachhaltigen und in großem Ausmaß eintretenden Verunreinigung oder sonstigen Beeinträchtigung eines Gewässers, des Bodens oder der Luft entstehen kann, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

24. § 183a wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 treten an die Stelle des Wortes „und“ nach dem Zitat „181b“ ein Beistrich und die Wendung „181d und“.

b) Im Abs. 2 treten an die Stelle des Wortes „und“ ein Beistrich und die Wendung „181c und“.

25. § 194 wird aufgehoben.

26. An die Stelle des § 195 und seiner Überschrift tritt folgende Bestimmung:

„Kindesentziehung

§ 195. (1) Wer eine Person unter sechzehn Jahren dem Erziehungsberechtigten entzieht, sie vor ihm verborgen hält, sie verleitet, sich ihm zu entziehen oder sich vor ihm verborgen zu halten, oder ihr dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.

(2) Wer die Tat in Beziehung auf eine unmündige Person begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Der Täter ist nur auf Antrag des Erziehungsberechtigten zu verfolgen. Entzieht er diesem eine Person, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, so bedarf die Verfolgung überdies der Ermächtigung des Jugendwohlfahrtsträgers.

(4) Der Täter ist nicht zu bestrafen, wenn er Grund zur Annahme hatte, daß ohne sein Handeln das körperliche oder seelische Wohl der Person unter sechzehn Jahren ernstlich gefährdet wäre, und er – soweit erforderlich – deren Aufenthalt dem Erziehungsberechtigten, dem Jugendwohlfahrtsträger oder einer Sicherheitsbehörde ohne unnötigen Aufschub bekanntgegeben hat.

(5) Eine Person unter sechzehn Jahren, die einen anderen dazu verleitet, sie dem Erziehungsberechtigten zu entziehen oder ihr Hilfe zu leisten, sich selbst dem Erziehungsberechtigten zu entziehen, ist nicht zu bestrafen.“

27. Im § 278 Abs. 1 werden nach dem Ausdruck „Sklavenhandel (§ 104),“ der Ausdruck „ausbeuterische Schlepperei (§ 104a),“ sowie nach dem Zitat „176,“ das Zitat „177a, 177b,“ eingefügt.

28. Im § 283 Abs. 1 werden die Worte „einem Jahr“ durch die Worte „zwei Jahren“ ersetzt.

Artikel II

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 507/1994, wird wie folgt geändert:

1. Im § 9 Abs. 1 Z 1 wird die Wendung „des umweltgefährdenden Beseitigens von Abfällen und Betreibens von Anlagen (§ 181b StGB)“ durch die Wendung „des fahrlässigen umweltgefährdenden Behandelns von Abfällen (§ 181c StGB)“ ersetzt.

2. § 13 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 3 wird das Zitat „410a“ durch das Zitat „410 Abs. 1“ ersetzt.

b) Folgender Abs. 5 wird angefügt:

„(5) In den Fällen der §§ 201 bis 207 StGB muß dem Schöffengericht sowohl mindestens ein Richter oder Schöffe des Geschlechtes des Angeklagten als auch mindestens ein Richter oder Schöffe des Geschlechtes jener Person angehören, die durch die strafbare Handlung in ihrer Geschlechtssphäre verletzt wurde.“

3. Im § 16 werden nach dem Wort „Nichtigkeitsbeschwerden“ die Worte „ , über Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens“ eingefügt.

4. § 41 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 Z 2 wird das Zitat „164 Abs. 3 StGB“ durch das Zitat „164 Abs. 4 StGB“ ersetzt.

b) Im Abs. 1 wird am Ende der Z 6 der Punkt durch einen Beistrich ersetzt; folgende Z 7 wird angefügt:

       „7.   zur Ausführung eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens und für den Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über einen solchen (§§ 363a Abs. 2 und 363c).“

c) Dem Abs. 5 werden am Ende vor dem Punkt die Worte „oder eines Antrags auf Erneuerung des Strafverfahrens“ angefügt.

5. Im § 45 Abs. 4 wird nach dem Wort „Briefverkehr“ die Wendung „und die Telefongespräche“ eingefügt.

6. Im § 48 Z 2 wird im zweiten Satz die Wendung „drei Monaten“ durch die Wendung „einem Jahr“ ersetzt.

7. Im § 49 Abs. 2 Z 2 entfallen die Worte „außer der Beschwerde gegen die Einstellung der Voruntersuchung“.

8. § 50 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 wird vor den Worten „vom Verfall“ die Wendung „von der Abschöpfung der Bereicherung,“ eingefügt.

b) Im Abs. 3 wird das Zitat „§ 45a Abs. 1“ durch das Zitat „§ 45b Abs. 1“ ersetzt.

9. Nach dem § 58 wird folgender § 59 eingefügt:

§ 59. (1) Für die Erledigung von Ersuchen um Rechtshilfe sind, wenn nichts anderes bestimmt ist, die Bezirksgerichte zuständig.

(2) Wären für mehrere Amtshandlungen in derselben Strafsache verschiedene Bezirksgerichte örtlich zuständig, deren Amtsgebäude in derselben Gemeinde gelegen sind, so hat das ersuchte Bezirksgericht alle diese Amtshandlungen vorzunehmen, wenn es zumindest für eine von ihnen zuständig ist.

(3) Ein unzuständiges Gericht hat bei ihm einlangende Rechtshilfeersuchen an das zuständige Gericht weiterzuleiten; Abs. 2 gilt sinngemäß.“

10. Dem § 68 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Von der Entscheidung über einen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens (§ 363a) sowie von der Mitwirkung und Entscheidung im erneuerten Verfahren ist ausgeschlossen, wer in derselben Sache als Richter tätig gewesen ist.“

11. Im § 80 Abs. 1 entfällt der zweite Satz.

12. Im § 120 wird das Zitat „§ 152 Abs. 1 Z 1“ durch das Zitat „§ 152 Abs. 1 Z 2“ ersetzt.

13. Im § 144a Abs. 1 hat der erste Satz zu lauten:

„Besteht der Verdacht der unrechtmäßigen Bereicherung und ist anzunehmen, daß diese Bereicherung nach § 20 StGB abgeschöpft werden wird, oder besteht der Verdacht, daß Vermögenswerte in der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation stehen oder aus einer mit Strafe bedrohten Handlung herrühren, und ist anzunehmen, daß diese Vermögenswerte nach § 20b StGB für verfallen zu erklären sein werden, so hat der Untersuchungsrichter auf Antrag des Staatsanwaltes zur Sicherung einer solchen Anordnung eine einstweilige Verfügung zu erlassen, wenn zu befürchten ist, daß andernfalls die Einbringung gefährdet oder wesentlich erschwert würde.“

14. Im § 180 Abs. 5 hat die Z 8 zu lauten:

       „8.   die Anordnung der vorläufigen Bewährungshilfe nach § 197.“

15. § 187 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 werden die Wendung „§§ 85 und 88 des Strafvollzugsgesetzes“ durch die Wendung „§§ 85, 90b und 96a des Strafvollzugsgesetzes“ ersetzt und nach den Worten „schriftlich verkehren“ die Wendung „sowie Telefongespräche führen“ eingefügt.

b) Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Der Briefverkehr unterliegt keinen Beschränkungen, es sei denn, daß durch den außerordentlichen Umfang des Briefverkehrs eines Untersuchungshäftlings die Überwachung beeinträchtigt wird. In diesem Fall sind unter Bedachtnahme auf § 87 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes diejenigen Beschränkungen anzuordnen, die für eine einwandfreie Überwachung notwendig sind. Schreiben, von denen eine Beeinträchtigung des Haftzweckes zu befürchten ist oder die den Verdacht erwecken, daß durch sie eine nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten zu untersuchende strafbare Handlung begangen wird, sind zurückzuhalten, soweit sich nicht aus der Bestimmung des § 90b des Strafvollzugsgesetzes über den schriftlichen Verkehr mit Behörden, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen etwas anderes ergibt.“

16. § 188 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 werden im ersten Satz nach den Worten „schriftlich verkehren“ die Wendung „und telefonieren“ sowie nach den Worten „die Überwachung des Briefverkehrs“ die Wendung „ , der Telefongespräche“ eingefügt; im zweiten Satz wird nach den Worten „Überwachung des Briefverkehrs“ die Wendung „und der Telefongespräche“ eingefügt.

b) Im Abs. 2 werden die Worte „der Ratskammer“ durch die Worte „dem Untersuchungsrichter“ ersetzt.

17. § 190 Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Gegen Kaution oder Bürgschaft sowie gegen Ablegung der im § 180 Abs. 5 Z 1 und 2 erwähnten Gelöbnisse kann der Beschuldigte freigelassen oder die über ihn verhängte Untersuchungshaft aufgehoben werden, sofern ausschließlich der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 180 Abs. 2 Z 1) vorliegt oder nicht ausgeschlossen werden kann (§ 180 Abs. 7); die Haft muß gegen die angegebenen Sicherheiten unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die strafbare Handlung nicht strenger als mit fünfjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Die Höhe der Kautions- oder Bürgschaftssumme ist vom Untersuchungsrichter unter Bedachtnahme auf das Gewicht der dem Beschuldigten angelasteten strafbaren Handlung, die Verhältnisse der Person des Verhafteten und das Vermögen des Sicherheit Leistenden zu bestimmen.“

18. § 197 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Vorläufige Bewährungshilfe ist anzuordnen, wenn der Beschuldigte dem zustimmt und es ge­boten erscheint, dadurch die Bemühungen des Beschuldigten um eine Lebensführung und Einstellung, die ihn in Zukunft von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten werde, zu fördern.“

b) Im Abs. 2 werden die Worte „die vorläufige Bestellung eines Bewährungshelfers“ durch die Worte „die Anordnung der vorläufigen Bewährungshilfe“ ersetzt.

19. Im § 218 entfällt im Klammerausdruck das Zitat „ , § 114 Abs. 4“.

20. Dem § 221 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

„Auf § 13 Abs. 5 ist Bedacht zu nehmen.“

21. Im § 265 Abs. 1 werden im letzten Satz die Worte „einen Bewährungshelfer zu bestellen“ durch die Worte „die Bewährungshilfe anzuordnen“ ersetzt.

22. § 300 wird wie folgt geändert:

a) Nach dem Abs. 2 wird folgender Abs. 2a eingefügt:

„(2a) Liegt dem Angeklagten eine der in den §§ 201 bis 207 StGB bezeichneten strafbaren Handlungen zur Last, so müssen dem Geschworenengericht sowohl mindestens zwei Geschworene des Geschlechtes des Angeklagten als auch mindestens zwei Geschworene des Geschlechtes jener Person angehören, die durch die strafbare Handlung in ihrer Geschlechtssphäre verletzt wurde.“

b) Dem Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

„Auf Abs. 2a ist Bedacht zu nehmen.“

23. § 346 hat zu lauten:

§ 346. Der Ausspruch über die Strafe kann in den im § 283 angeführten Fällen mit Berufung angefochten werden.“

24. Die Überschrift des XX. Hauptstückes hat zu lauten:

„XX. Hauptstück

Von der Wiederaufnahme und der Erneuerung des Strafverfahrens sowie der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“.

25. Nach dem § 363 wird folgender neuer II. Abschnitt eingefügt:

„II. Erneuerung des Strafverfahrens

§ 363a. (1) Wird in einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine Verletzung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder eines ihrer Zusatzprotokolle durch eine Entscheidung oder Verfügung eines Strafgerichtes festgestellt, so ist das Verfahren auf Antrag insoweit zu erneuern, als nicht auszuschließen ist, daß die Verletzung einen für den hievon Betroffenen nachteiligen Einfluß auf den Inhalt einer strafgerichtlichen Entscheidung ausüben konnte.

(2) Über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens entscheidet in allen Fällen der Oberste Gerichtshof. Den Antrag können der von der festgestellten Verletzung Betroffene und der Generalprokurator stellen; § 282 Abs. 1 ist sinngemäß anzuwenden. Der Antrag ist beim Obersten Gerichtshof einzubringen. Zu einem Antrag des Generalprokurators ist der Betroffene, zu einem Antrag des Betroffenen ist der Generalprokurator zu hören; § 35 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.

§ 363b. (1) Der Oberste Gerichtshof hat über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens nur dann in nichtöffentlicher Sitzung zu beraten, wenn der Generalprokurator oder der Berichterstatter einen der im Abs. 2 oder 3 angeführten Beschlüsse beantragt.

(2) Bei der nichtöffentlichen Beratung kann der Oberste Gerichtshof den Antrag zurückweisen,

        1.   wenn der Antrag des Betroffenen nicht von einem Verteidiger unterschrieben ist,

        2.   wenn der Antrag von einer Person gestellt worden ist, der das Antragsrecht nicht zusteht, oder

        3.   wenn der Gerichtshof den Antrag einstimmig als offenbar unbegründet erachtet.

(3) Bei der nichtöffentlichen Beratung kann der Gerichtshof dem Antrag stattgeben, die strafgerichtliche Entscheidung aufheben und die Sache erforderlichenfalls an das Gericht erster oder zweiter Instanz verweisen, wenn schon vor der öffentlichen Verhandlung über den Antrag feststeht, daß das Verfahren zu erneuern ist. Im erneuerten Verfahren darf keine strengere Strafe über den Verurteilten verhängt werden, als das frühere Urteil ausgesprochen hatte.

§ 363c. (1) Wird über den Antrag nicht schon in nichtöffentlicher Sitzung entschieden, so ist ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung der Sache anzuberaumen. Für dessen Anordnung und Durchführung gelten die §§ 286 und 287 dem Sinne nach mit der Maßgabe, daß der nicht verhaftete Angeklagte stets vorzuladen und auch die Vorführung des verhafteten Angeklagten zu veranlassen ist, wenn er dies beantragt hat oder die Vorführung sonst im Interesse der Rechtspflege geboten erscheint.

(2) Wenn der Oberste Gerichtshof den Antrag weder nach § 363b Abs. 2 Z 1 oder 2 zurückweist noch als unbegründet erachtet, gibt er ihm statt, hebt die strafgerichtliche Entscheidung auf und verweist die Sache erforderlichenfalls an das Gericht erster oder zweiter Instanz.“

26. Der bisherige II. Abschnitt des XX. Hauptstückes erhält die Bezeichnung „III.“.

27. Im § 373b wird das Zitat „§ 20a StGB“ durch das Zitat „§ 20 StGB“ ersetzt.

28. § 381 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 Z 4 hat zu lauten:

        „4.  die Kosten der Beförderung und Bewachung des Beschuldigten im Zusammenhang mit seiner Überstellung aus einem anderen Staat sowie die Kosten aus dem Ausland geladener Zeugen, sofern diese Kosten insgesamt den Betrag von 1 000 S übersteigen;“.

b) Im Abs. 3 werden die Beträge von 30 000 S, 15 000 S, 6 000 S und 3 000 S durch die Beträge von 60 000 S, 30 000 S, 12 000 S und 6 000 S ersetzt.

c) Dem Abs. 5 wird folgender Satz angefügt:

„Ist der Verurteilte zum Kostenersatz verpflichtet, so ist bei der Bemessung des Pauschalkostenbeitrages überdies auf die ausgesprochene Strafe und die sonstigen den Verurteilten treffenden Folgen der Tat Bedacht zu nehmen.“

d) Abs. 7 hat zu lauten:

„(7) Die Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft sind bei Bemessung des Pauschalkostenbeitrages nicht zu berücksichtigen.“

29. Im § 389 Abs. 3 hat der zweite Satz zu lauten:

„Von mehreren Angeklagten ist jeder einzelne zur Tragung des Pauschalkostenbeitrages, der dem gegen ihn gefällten Erkenntnis entspricht, sowie der Kosten zu verurteilen, die durch seine Verteidigung oder durch besondere, nur bei ihm eingetretene Ereignisse oder durch sein besonderes Verschulden entstanden sind.“

30. Im § 393a Abs. 1 werden die Worte „gemäß den §§ 353 oder 362 erfolgten Wiederaufnahme“ durch die Worte „gemäß den §§ 353, 362 oder 363a erfolgten Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens“ ersetzt.

31. Im § 395 Abs. 1 wird das Zitat „§ 393 Abs. 3“ durch das Zitat „§ 393 Abs. 4“ ersetzt.

32. Im § 409 Abs. 3 entfällt der letzte Satz.

33. § 410 hat zu lauten:

„§ 410. (1) Über die nachträgliche Strafmilderung, die Neubemessung des Tagessatzes sowie die Änderung der Entscheidung über die Abschöpfung der Bereicherung oder den Verfall (§ 31a StGB) entscheidet das Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, auf Antrag oder von Amts wegen nach Erhebung der für die Entscheidung maßgebenden Umstände mit Beschluß.

(2) Gegen einen Beschluß nach Abs. 1 steht dem Verurteilten und dem Staatsanwalt die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu.

(3) Wenn der Zweck der Entscheidung nach Abs. 1 sonst ganz oder teilweise vereitelt werden könnte, hat das Gericht den Vollzug der Strafe, der Abschöpfung der Bereicherung oder des Verfalls bis zur Rechtskraft seiner Entscheidung vorläufig zu hemmen oder zu unterbrechen, es sei denn, daß ihm ein offenbar aussichtsloser Antrag vorliegt.“

34. Die §§ 410a und 410b werden aufgehoben.

35. § 411 hat zu lauten:

§ 411. Mit dem Tod des Verurteilten erlischt die Verbindlichkeit zur Zahlung von Geldstrafen, soweit sie noch nicht vollzogen worden sind. Dies gilt dem Sinne nach für den Verfalls- und Wertersatz.“

36. § 433 Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Für die Wiederaufnahme und die Erneuerung des Strafverfahrens sowie für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten die Bestimmungen des XX. Hauptstückes dem Sinne nach.“

37. Im § 444 Abs. 1 wird im ersten Satz das Wort „Sachen“ durch die Worte „Vermögenswerte oder Gegenstände“ ersetzt.

38. § 445 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Liegen hinreichende Gründe für die Annahme vor, daß die Voraussetzungen der Abschöpfung der Bereicherung, des Verfalls oder der Einziehung gegeben seien, ohne daß darüber in einem Strafverfahren oder in einem auf Unterbringung in einer der in den §§ 21 bis 23 StGB genannten Anstalten gerichteten Verfahren entschieden werden kann, so hat der Ankläger einen gesonderten Antrag auf Abschöpfung der Bereicherung, auf Verfall oder auf Einziehung zu stellen.“

b) Im Abs. 2 werden vor dem Wort „Gegenstand“ die Worte „Vermögenswert oder“ eingefügt.

39. Im § 479 werden die Worte „ist nur die Nichtigkeitsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zur Wahrung des Gesetzes (§§ 33 und 292) zulässig“ durch die Worte „ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig“ ersetzt.

40. Im § 480 entfallen der Abs. 2 und die Absatzbezeichnung „(1)“.

41. § 482 und die davorstehende Überschrift werden aufgehoben.

42. § 490 Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Für die Wiederaufnahme und die Erneuerung des Strafverfahrens sowie für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gelten die Bestimmungen des XX. Hauptstückes dem Sinne nach; über die Zulassung der Wiederaufnahme entscheidet der Einzelrichter.“

43. In der Überschrift des XXVIII. Hauptstückes werden die Worte „Bestellung eines Bewährungshelfers“ durch die Worte „Anordnung der Bewährungshilfe“ ersetzt.

44. Im § 494 und in der davorstehenden Überschrift wird jeweils die Wendung „Bestellung eines Bewährungshelfers“ durch die Wendung „Anordnung der Bewährungshilfe“ ersetzt.

45. Im § 494a Abs. 6 wird die Wendung „ein Bewährungshelfer bestellt“ durch die Wendung „die Bewährungshilfe angeordnet“ ersetzt.

46. Im § 498 Abs. 1 wird die Wendung „Bestellung eines Bewährungshelfers“ durch die Wendung „Anordnung der Bewährungshilfe“ ersetzt.

Artikel III

Das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz, BGBl. Nr. 529/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 756/1992, wird wie folgt geändert:

1. Im § 9 Abs. 2 werden nach der Zahl „392“ die Worte „sowie § 393 Abs. 3 letzter Satz“ eingefügt und die Worte „der Ratskammer“ durch die Worte „des Untersuchungsrichters“ ersetzt.

2. Im § 11 Abs. 1 zweiter Satz wird das Zitat „§ 11 Z 1 des Jugendgerichtsgesetzes 1961“ durch das Zitat „§ 5 Z 4 des Jugendgerichtsgesetzes 1988“ ersetzt.

3. Im § 22 wird der Klammerausdruck „(§ 1 Z 2 des Jugendgerichtsgesetzes 1961)“ durch den Klammerausdruck „(§ 1 Z 2 des Jugendgerichtsgesetzes 1988)“ ersetzt.

4. Im § 26 Abs. 2 hat der letzte Satz zu lauten:

„§ 34 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 ist sinngemäß anzuwenden.“

5. Im § 29 treten an die Stelle des Abs. 3 folgende Abs. 3 bis 6:

„(3) Vor der Entscheidung über die Verhängung der Auslieferungshaft ist die auszuliefernde Person über die gegen sie erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten und darauf hinzuweisen, daß es ihr freistehe, sich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich zuvor mit einem Verteidiger zu verständigen. Sie ist auch über ihr Recht zu belehren, die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof zweiter Instanz zu beantragen.

(4) Wird über eine auszuliefernde Person, die nicht durch einen Verteidiger vertreten ist, die Auslieferungshaft verhängt, so ist ihr sogleich ein Pflichtverteidiger (§ 42 Abs. 2 der Strafprozeßordnung 1975) beizugeben. Dieser hat sie bei der gemäß § 181 Abs. 2 Z 1 der Strafprozeßordnung 1975 durchzuführenden Haftverhandlung und danach so lange zu vertreten, bis ein nach § 41 Abs. 2, 3 oder 4 der Straf­prozeßordnung 1975 bestellter Verteidiger einschreitet. Ein solcher ist nicht beizugeben, wenn sich die auszuliefernde Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt. Mit dem Einschreiten eines gewählten Verteidigers erlischt die Bestellung des Pflichtverteidigers jedenfalls.

(5) Die Wirksamkeit des zuletzt ergangenen Beschlusses auf Verhängung oder Fortsetzung der Auslieferungshaft ist durch die Haftfrist nicht mehr begrenzt, wenn und sobald sich die auszuliefernde Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt (§ 32) oder der Gerichtshof zweiter Instanz beschließt, daß die Auslieferung zulässig sei (§ 33); Haftverhandlungen von Amts wegen finden danach nicht mehr statt.

(6) Die auszuliefernde Person ist jedenfalls zu enthaften, wenn sie sich schon ein Jahr in Auslieferungshaft befindet, ohne daß über das Auslieferungsersuchen entschieden worden ist (§ 34). Über sechs Monate hinaus darf die Auslieferungshaft nur dann aufrechterhalten werden, wenn dies wegen besonderer Schwierigkeiten oder besonderen Umfangs des Verfahrens unvermeidbar ist und es sich bei der der Auslieferung unterliegenden strafbaren Handlung um ein Verbrechen (§ 17 des Strafgesetzbuches) handelt.“

6. § 31 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 tritt an die Stelle des ersten und zweiten Satzes folgender Satz:

„Der Untersuchungsrichter hat die auszuliefernde Person zum Auslieferungsersuchen zu vernehmen; § 29 Abs. 3 gilt sinngemäß.“

b) Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Nach Abschluß etwa erforderlicher Erhebungen hat der Untersuchungsrichter die Akten dem Gerichtshof zweiter Instanz mit einer begründeten Äußerung darüber vorzulegen, ob die Auslieferung zulässig ist.“

7. § 32 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Die auszuliefernde Person kann sich auf Grund eines ausländischen Ersuchens um Auslieferung oder um Verhängung der Auslieferungshaft mit der Auslieferung einverstanden erklären und einwilligen, ohne Durchführung eines förmlichen Auslieferungsverfahrens übergeben zu werden. Befindet sich die auszuliefernde Person in Auslieferungshaft, so kann sie diese Einwilligung jedoch frühestens in der gemäß § 181 Abs. 2 Z 1 der Strafprozeßordnung 1975 durchzuführenden Haftverhandlung wirksam abgeben. Die Einwilligung wird jedenfalls nur dann rechtsgültig, wenn sie gerichtlich zu Protokoll gegeben wird.“

b) Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Die vereinfachte Auslieferung eines Jugendlichen ist nur zulässig, wenn auch sein gesetzlicher Vertreter zustimmt oder er durch einen Verteidiger vertreten ist.“

c) Folgender Abs. 4 wird angefügt:

„(4) Hat sich die auszuliefernde Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt, so hat der Untersuchungsrichter die Akten unmittelbar dem Bundesministerium für Justiz vorzulegen.“

8. Im § 35 Abs. 2 werden die Worte „der Ratskammer“ durch die Worte „des Untersuchungsrichters“ ersetzt.

9. Im § 50 hat der Abs. 1 zu lauten:

„(1) In Strafsachen einschließlich der Verfahren zur Anordnung vorbeugender Maßnahmen und zum Ausspruch einer vermögensrechtlichen Anordnung sowie der Angelegenheiten der Tilgung und des Strafregisters, der Verfahren über die Entschädigung für strafgerichtliche Anhaltung und Verurteilung, der Gnadensachen und der Angelegenheiten des Straf- und Maßnahmenvollzuges kann nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf Ersuchen einer ausländischen Behörde Rechtshilfe geleistet werden.“

10. Im § 55 Abs. 1 haben der erste Satz und der zweite Satz zu lauten:

„Zur Erledigung eines Rechtshilfeersuchens ist unbeschadet der Abs. 2 und 3 das Bezirksgericht, in den Fällen, in denen die Entscheidung nach der Strafprozeßordnung 1975 der Ratskammer vorbehalten ist oder in denen um eine Durchsuchung, Beschlagnahme oder einstweilige Verfügung ersucht wird, der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel die Rechtshilfehandlung vorzunehmen ist. Die §§ 23 und 24 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 sind sinngemäß anzuwenden.“

11. § 56 hat zu lauten:

§ 56. (1) Rechtshilfe darf nur geleistet werden, wenn dem Ersuchen der Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung der dem Ersuchen zugrunde liegenden strafbaren Handlung entnommen werden kann. Bei Zustellersuchen genügt ein Hinweis auf die im ersuchenden Staat anzuwendenden oder angewendeten strafgesetzlichen Bestimmungen.

(2) Einem Ersuchen um Durchsuchung von Personen oder Räumen, um Beschlagnahme von Gegenständen oder um Überwachung eines Fernmeldeverkehrs muß die Ausfertigung, beglaubigte Abschrift oder Ablichtung der Anordnung der zuständigen Behörde beigefügt sein. Handelt es sich nicht um die Anordnung eines Gerichts, so muß eine Erklärung der um die Rechtshilfe ersuchenden Behörde vorliegen, daß die für diese Maßnahme erforderlichen Voraussetzungen nach dem im ersuchenden Staat geltenden Recht erfüllt sind.“

12. Dem § 58 wird folgender Satz angefügt:

„Wird Rechtshilfe durch eine Beschlagnahme (§ 143 der Strafprozeßordnung 1975) oder einstweilige Verfügung (§ 144a der Strafprozeßordnung 1975) geleistet, so ist diese zu befristen; hievon ist die ersuchende ausländische Behörde auf dem vorgesehenen Weg zu benachrichtigen.“

13. Im § 60 Abs. 2 werden die Worte „Strafbezirksgericht Wien“ durch die Worte „Bezirksgericht Innere Stadt Wien“ ersetzt.

14. Im § 63 Abs. 2 hat der dritte Satz zu lauten:

„Die §§ 23 und 24 des Jugendgerichtsgesetzes 1988 sind sinngemäß anzuwenden.“

15. § 64 hat zu lauten:

§ 64. (1) Die Vollstreckung oder weitere Vollstreckung der Entscheidung eines ausländischen      Gerichtes, mit der eine Geld- oder Freiheitsstrafe, eine vorbeugende Maßnahme oder eine vermögensrecht­liche Anordnung rechtskräftig ausgesprochen worden ist, ist auf Ersuchen eines anderen Staates zulässig, wenn

        1.   die Entscheidung des ausländischen Gerichtes in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Konven­tion zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen ist,

        2.   die Entscheidung wegen einer Handlung ergangen ist, die nach österreichischem Recht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist,

        3.   die Entscheidung nicht wegen einer der in den §§ 14 und 15 angeführten strafbaren Handlungen ergangen ist,

        4.   nach österreichischem Recht noch keine Verjährung der Vollstreckbarkeit eingetreten wäre,

        5.   der durch die Entscheidung des ausländischen Gerichtes Betroffene nicht wegen der Tat im Inland verfolgt wird, rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen oder sonst außer Verfolgung gesetzt worden ist.

(2) Die Vollstreckung der Entscheidung eines ausländischen Gerichtes, mit der eine Freiheitsstrafe oder vorbeugende Maßnahme ausgesprochen worden ist, ist nur zulässig, wenn der Verurteilte öster­reichischer Staatsbürger ist, seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland hat und der inländischen Vollstreckung zugestimmt hat.

(3) Der Vollzug vorbeugender Maßnahmen ist nur zulässig, wenn das österreichische Recht eine gleichartige Maßnahme vorsieht.

(4) Die Vollstreckung der Entscheidung eines ausländischen Gerichtes, mit der vermögensrechtliche Anordnungen getroffen werden, ist nur zulässig, soweit nach österreichischem Recht die Voraussetzungen für eine Geldstrafe, eine Abschöpfung der Bereicherung, einen Verfall oder eine Einziehung vorliegen und eine entsprechende inländische Anordnung noch nicht ergangen ist.

(5) Die Vollstreckung der Entscheidung eines ausländischen Gerichtes, mit der eine Geldstrafe oder eine Abschöpfung der Bereicherung ausgesprochen worden ist, ist überdies nur zulässig, wenn die Einbringung im Inland zu erwarten ist und der Betroffene gehört worden ist, sofern er erreichbar ist.

(6) Die Vollstreckung der Entscheidung eines ausländischen Gerichtes, mit der ein Verfall oder eine Einziehung rechtskräftig ausgesprochen worden ist, ist überdies nur zulässig, wenn sich von der Entscheidung erfaßte Gegenstände oder Vermögenswerte im Inland befinden und der Betroffene gehört worden ist, sofern er erreichbar ist.

(7) Geldstrafen, abgeschöpfte Geldbeträge, verfallene Vermögenswerte und eingezogene Gegenstände fallen dem Bund zu.“

16. Im § 65 haben die Abs. 1 und 2 zu lauten:

„(1) Wird die Vollstreckung einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung in Strafsachen übernommen, so ist unter Bedachtnahme auf die darin ausgesprochene Strafe oder Maßnahme nach öster­reichischem Recht die im Inland zu vollstreckende Strafe, vorbeugende Maßnahme oder vermögensrechtliche Anordnung zu bestimmen. Ein in einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung angeordneter Verfall kann auch im Inland als Verfall vollstreckt werden, wenn nach österreichischem Recht eine Abschöpfung der Bereicherung stattfände.

(2) Der von der Entscheidung Betroffene darf durch die Übernahme der Vollstreckung nicht ungünstiger gestellt werden als durch die Vollstreckung im anderen Staat.“

17. § 67 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Über das Ersuchen um Vollstreckung und die Anpassung der Strafe, der vorbeugenden Maßnahme oder der Abschöpfung der Bereicherung entscheidet der im § 26 Abs. 1 bezeichnete Gerichtshof erster Instanz, des Verfalls oder der Einziehung jedoch der Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel sich der Vermögenswert oder Gegenstand befindet, durch einen Senat von drei Richtern (§ 13 Abs. 3 der Strafprozeßordnung 1975) mit Beschluß. Gegen diesen Beschluß steht dem öffentlichen Ankläger und dem Betroffenen die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz offen.“

b) Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Nach der Übernahme der Vollstreckung einer Strafe oder vorbeugenden Maßnahme darf ein Strafverfahren wegen der dem Urteil zugrundeliegenden Tat nicht mehr eingeleitet werden.“

18. Im § 75 wird im ersten Satz nach der Zahl „43,“ die Zahl „43a,“ eingefügt und das Zitat „§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1961“ durch das Zitat „§ 13 des Jugendgerichtsgesetzes 1988“ ersetzt.

19. § 76 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 hat der erste Satz zu lauten:

„Besteht Anlaß, einen anderen Staat um die Übernahme der Vollstreckung einer rechtskräftigen Entscheidung zu ersuchen, mit der eine Strafe oder vorbeugende Maßnahme ausgesprochen oder widerrufen oder eine Abschöpfung der Bereicherung angeordnet wurde, so hat der Vorsitzende (Einzelrichter) des Gerichtes, das in erster Instanz erkannt hat, dem Bundesministerium für Justiz die zur Erwirkung der Übernahme der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen zu übermitteln.“

b) Im Abs. 2 hat der erste Halbsatz zu lauten:

„Ein Ersuchen um Übernahme der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder vorbeugenden Maßnahme ist zulässig,“.

c) Im Abs. 3 hat der erste Halbsatz zu lauten:

„Um Übernahme der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder vorbeugenden Maßnahme darf nicht ersucht werden,“.

d) Nach dem Abs. 3 wird folgender neuer Abs. 4 eingefügt:

„(4) Ein Ersuchen um Übernahme der Vollstreckung einer Geldstrafe oder der Anordnung einer Abschöpfung der Bereicherung ist zulässig, wenn die Einbringung im ersuchten Staat zu erwarten ist.“

e) Die bisherigen Abs. 4, 5 und 7 erhalten die Absatzbezeichnungen „(5)“, „(6)“ und „(8)“.

f) Der bisherige Abs. 6 erhält die Absatzbezeichnung „(7)“ und hat zu lauten:

„(7) Auf die im ersuchten Staat zu vollstreckende Strafe oder vermögensrechtliche Anordnung bleiben die Bestimmungen des österreichischen Gnadenrechtes weiterhin anwendbar.“

g) Der bisherige Abs. 8 erhält die Absatzbezeichnung „(9)“ und hat zu lauten:

„(9) Vor einem Ersuchen um Übernahme der Vollstreckung ist eine Äußerung des Staatsanwaltes einzuholen und der Betroffene zu hören, wenn er sich im Inland befindet.“

Artikel IV

Das Bewährungshilfegesetz, BGBl. Nr. 146/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 91/1993, wird wie folgt geändert:

1. Im § 12 wird in den Abs. 2 und 6 das Wort „Geschwornen“ jeweils durch das Wort „Geschworenen“ ersetzt.

2. § 15 und seine Überschrift werden wie folgt geändert:

a) Die Überschrift hat zu lauten:

„Vorbereitung der Anordnung der Bewährungshilfe“.

b) Im ersten Satz treten an die Stelle der Worte „ein Bewährungshelfer zu bestellen“ die Worte „Bewährungshilfe anzuordnen“.

3. § 16 hat zu lauten:

§ 16. Das Gericht hat die Entscheidung, mit der Bewährungshilfe angeordnet wird, nach deren Rechtskraft dem Leiter der Dienststelle für Bewährungshilfe, in deren Sprengel der Rechtsbrecher seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuzustellen. Der Dienststellenleiter hat die Person des Bewährungshelfers zu bestimmen und diese dem Gericht unverzüglich bekanntzugeben. Zur Vorbereitung der Entscheidung des Dienststellenleiters sind die Bestimmungen des § 19 Abs. 1 bis 3 dem Sinne nach anzuwenden.“

4. § 18 hat zu lauten:

§ 18. Ordnet das Gericht Bewährungshilfe an, so hat es den Rechtsbrecher über diese zu belehren.“

5. § 20 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Der Bewährungshelfer hat dem Gericht über seine Tätigkeit und seine Wahrnehmungen zu berichten,

        1.   soweit dies das Gericht verlangt oder es erforderlich oder zweckmäßig ist, um den Zweck der Bewährungshilfe zu erreichen,

        2.   wenn Anlaß besteht, die Bewährungshilfe aufzuheben,

        3.   in jedem Fall aber sechs Monate nach Anordnung der Bewährungshilfe sowie bei deren Beendigung.

Die Berichte sind schriftlich zu erstatten, sofern das Gericht nicht anderes bestimmt.“

b) Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Schriftliche Berichte sind im Wege der Dienststelle für Bewährungshilfe zu übermitteln. Der Dienststellenleiter hat die Berichte, wenn es nach seiner eigenen Kenntnis des Einzelfalles und nach seinen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiete der Bewährungshilfe erforderlich ist, ergänzen zu lassen oder auch selbst zu ergänzen; die Ergänzung ist als solche zu kennzeichnen. Den wesentlichen Inhalt mündlich erstatteter Berichte hat der Bewährungshelfer in seinen Akten festzuhalten und dem Dienststellenleiter zur Kenntnis zu bringen.“

6. § 22 hat zu lauten:

§ 22. (1) Der Dienststellenleiter hat den einem Rechtsbrecher bestellten Bewährungshelfer zu entheben und an seiner Stelle einen anderen Bewährungshelfer zu bestimmen,

        1.   wenn der hauptamtlich tätige Bewährungshelfer aus dem Dienststand ausscheidet oder für eine andere Dienststelle bestellt wird oder der ehrenamtlich tätige Bewährungshelfer aus dem Verzeichnis (§ 12 Abs. 1) ausgeschieden wird, oder

        2.   wenn der Bewährungshelfer wegen seines Gesundheitszustandes oder aus anderen Gründen voraussichtlich für einen sechs Wochen übersteigenden Zeitraum verhindert ist, dem Schützling weiterhin Bewährungshilfe zu leisten, oder wenn der Bewährungshelfer hiezu nicht geeignet ist.

(2) Nimmt der Schützling seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Sprengel einer anderen Dienststelle für Bewährungshilfe, so hat der Dienststellenleiter den bisher bestellten Bewährungshelfer zu entheben, es sei denn, daß die Fortführung der Bewährungshilfe durch diesen zweckmäßiger erscheint als ein Wechsel in dessen Person und wirtschaftlich gerechtfertigt ist. An Stelle des enthobenen Bewährungshelfers hat der nunmehr zuständige Dienststellenleiter einen Bewährungshelfer seiner Dienststelle (§ 17 Abs. 1) zu bestimmen. Die Enthebung des bisher bestellten Bewährungshelfers wird erst mit der Bestellung des neuen Bewährungshelfers wirksam. Das Gericht ist von der Neubestellung zu verständigen.“

(3) Wird die Bewährungshilfe vorzeitig aufgehoben (§ 52 Abs. 3 des Strafgesetzbuches), so hat das Gericht dies dem Leiter der zuständigen Dienststelle für Bewährungshilfe (§ 17 Abs. 1) mitzuteilen, der den Bewährungshelfer zu entheben hat. Endet die Bewährungshilfe mit dem Ablauf der Probezeit oder des sonst vom Gericht bestimmten Zeitraums (§ 50 Abs. 2 des Strafgesetzbuches), so gilt der Bewährungshelfer als mit diesem Zeitpunkt enthoben.“

7. Im § 23 werden die Worte „Bestellung eines Bewährungshelfers“ durch die Worte „Anordnung der Bewährungshilfe“ ersetzt.

8. Im § 24 haben die Abs. 1 und 2 wie folgt zu lauten:

„(1) Der Bundesminister für Justiz kann die Besorgung der Aufgaben der im ersten Abschnitt dieses Bundesgesetzes vorgesehenen Einrichtungen für den Bereich einer oder mehrerer Dienststellen einer privaten Vereinigung übertragen, die in der Bewährungshilfe tätig ist, über ähnliche Einrichtungen verfügt und zur Mitarbeit bereit ist. Der Bundesminister für Justiz hat mit einer solchen Vereinigung einen Vertrag über die Führung der Bewährungshilfe abzuschließen, der insbesondere nähere Regelungen über Inhalt und Umfang der übertragenen Aufgabenbereiche, über Kontrolle und Aufsicht über die Vereinigung durch den Bundesminister für Justiz, über die innere Kontrolle, die Gebarung und das Berichts­wesen der Vereinigung sowie über das vom Bundesministerium für Justiz an die Vereinigung zu leistende Entgelt zu enthalten hat. Im Fall einer solchen Übertragung bleiben dem Bundesminister für Justiz unbeschadet der §§ 12 und 13 die Aufgaben vorbehalten, die sich aus einer sinngemäßen Anwendung des § 14 in Verbindung mit dem folgenden Abs. 3 und § 26 ergeben.

(2) Soweit die Führung der Bewährungshilfe privaten Vereinigungen übertragen ist, sind die Vorschriften des zweiten Abschnittes dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme des § 21 Abs. 1 mit der Maßgabe anzuwenden, daß an die Stelle des Leiters der Dienststelle für Bewährungshilfe der Leiter der Geschäftsstelle der Vereinigung tritt, der die Führung der Bewährungshilfe im Sprengel der Dienststelle übertragen ist. Die Vereinigung hat die ihr übertragenen Aufgaben unbeschadet des § 26 durch bei ihr angestellte und für die Durchführung von Aufgaben der Bewährungshilfe geeignete Personen zu besorgen. Die §§ 19 Abs. 5 und 20 Abs. 5 gelten für diese Personen sinngemäß.“

9. § 25 entfällt.

10. An die Stelle des § 26 und dessen Überschrift treten folgende Bestimmungen:

„Verwendung von Beamten bei einer privaten Vereinigung

§ 26. (1) Soweit die Führung der Bewährungshilfe einer privaten Vereinigung übertragen ist, gilt für die Verwendung der dieser Vereinigung zur Verfügung gestellten Bundesbeamten folgendes:

        1.   Der Arbeitsplatz des Beamten bei der Vereinigung muß die Erfordernisse des § 36 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, erfüllen.

        2.   Der Beamte darf für die Dauer der Verwendung bei der Vereinigung nur auf einem Arbeitsplatz verwendet werden, der bis 31. Dezember 1998 gemäß § 137 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, bewertet und zugeordnet worden ist.

        3.   Die Dienstaufsicht des Bundesministeriums für Justiz und der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe (§ 26a) über einen der Vereinigung zur Verfügung gestellten Beamten erstreckt sich auch auf seine dort ausgeübte Tätigkeit. Der Beamte hat unbeschadet der dem Bundesministerium für Justiz und der Bundespersonalstelle vorbehaltenen Rechte den Anordnungen Folge zu leisten, die die von der Vereinigung hiezu bestellten Organe zur Erfüllung der nach § 24 Abs. 3 der Vereinigung obliegenden Pflichten treffen.

(2) Ab 1. Juli 1996 dürfen einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung nur Beamte zur Verfügung gestellt werden, die am 30. Juni 1996 im Planstellenbereich Bewährungshilfe ernannt und an diesem Tag einer derartigen Vereinigung zur Verfügung gestellt waren.

Dienstrechtliche Sonderbestimmungen

§ 26a. (1) Zur Wahrnehmung der Dienstaufsicht und der anderen dienstrechtlichen Zuständigkeiten gegenüber Beamten, die gemäß § 26 einer privaten Vereinigung zur Verfügung gestellt sind, wird mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1996 eine Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe errichtet. Die Bundespersonalstelle ist eine nachgeordnete Dienstbehörde im Wirkungsbereich des Bundesministers für Justiz im Sinne des § 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29.

(2) Der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe kommen auch die Wahrnehmung der dienstrechtlichen Zuständigkeiten nach § 2 Abs. 4 DVG und die Erteilung von Dienstaufträgen zu Dienstreisen zu. Diese Zuständigkeiten können vom Bundesminister für Justiz nach Einholung eines Vorschlages des Leiters der Bundespersonalstelle an den Leiter einer Organisationseinheit der privaten Vereinigung übertragen werden.

(3) Der Leiter der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe ist vom Bundesminister für Justiz nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens nach den §§ 5 ff. des Ausschreibungsgesetzes 1989 für die Dauer von fünf Jahren, längstens jedoch für die Dauer des Bestehens der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe, zu bestellen. Eine Wiederbestellung ist zulässig. Bei gleicher Eignung mehrerer Bewerber ist einem Bewerber der Vorzug zu geben, der bei einer im § 24 genannten Vereinigung tätig war oder ist.

(4) Der Leiter der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe wird von einem vom Bundesminister für Justiz bestellten Stellvertreter vertreten. Vor der Bestellung des Stellvertreters hat der Bundesminister für Justiz einen Vorschlag des Leiters der Bundespersonalstelle einzuholen.

(5) Soweit Organen der gesetzlichen Personalvertretung Mitwirkungsrechte gegenüber der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe zukommen, sind sie von dem gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 lit. b des Bundes-Personalvertretungsgesetzes, BGBl. Nr. 133/1967, eingerichteten Fachausschuß wahrzunehmen.

§ 26b. Ein im § 26 genannter Beamter, der bis zum 31. Dezember 1997 aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund austritt, hat Anspruch darauf, unmittelbar anschließend in ein Angestelltenverhältnis zu der mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung, der er zur Verfügung gestellt ist, aufgenommen zu werden. Ansprüche, die sich auf die Zeit vor der Auf­lösung des Dienstverhältnisses zum Bund beziehen, bleiben hievon unberührt.

§ 26c. Die im § 26 genannten Beamten können Erklärungen gemäß § 254 Abs. 1 BDG 1979 nur bis 31. Dezember 1997 abgeben.

§ 26d. Dienstort im Sinne des § 2 Abs. 5 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, ist diejenige Ortsgemeinde, in der die Organisationseinheit liegt, der der zur Verfügung gestellte Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist.

§ 26e. Die Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe ist mit Ablauf des Kalenderjahres aufgelöst, in dem die Zahl der in § 26 genannten Beamten unter 40 sinkt.

§ 26f. Vertragsbedienstete des Bundes, die am 31. Dezember 1997 einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten Vereinigung zur Verfügung gestellt sind, scheiden mit Ablauf des 31. Dezember 1997 aus dem Dienstverhältnis zum Bund aus und sind mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1998 Angestellte dieser Vereinigung. Ansprüche, die sich auf die Zeit vor der Auflösung des Dienstverhältnisses zum Bund beziehen, bleiben unberührt.“

2

11. § 27 entfällt.

Artikel V

Das Tilgungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 68, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 29/1993, wird wie folgt geändert:

1. § 4 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 1 entfällt der zweite Satz.

b) Im Abs. 3 hat der zweite Satz zu lauten:

„Die Tilgung aller Verurteilungen tritt jedoch auch in diesem Fall nur gemeinsam ein (Abs. 1).“

c) Folgender neuer Abs. 4 wird eingefügt:

„(4) Die Tilgung der Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches tritt unabhängig davon ein, ob andere Verurteilungen vorliegen. Eine solche Anordnung hindert weder die Tilgung anderer Verurteilungen, noch bewirkt sie eine Verlängerung der Tilgungsfrist nach Abs. 2; ebensowenig wird die Tilgungsfrist einer solchen Anordnung durch andere Verurteilungen verlängert.“

d) Der bisherige Abs. 4 erhält die Absatzbezeichnung „(5)“.

2. Im § 6 Abs. 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

       „1a.  den Finanzstrafbehörden zum Zwecke eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens gegen den Verurteilten oder gegen jemand, der verdächtig ist, an derselben strafbaren Handlung beteiligt zu sein,“.

3. § 7 hat zu lauten:

§ 7. (1) Ausländische Verurteilungen stehen tilgungsrechtlich inländischen Verurteilungen gleich, wenn sie den Rechtsbrecher wegen einer Tat schuldig sprechen, die auch nach österreichischem Recht gerichtlich strafbar ist, und in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entsprechenden Verfahren ergangen sind.

(2) Die Tilgungsfrist ausländischer Verurteilungen beginnt mit dem Tag, der sich ergibt, wenn man dem Tag ihrer Rechtskraft die Dauer der mit ihr ausgesprochenen Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe oder der Summe dieser Strafen hinzurechnet. Ist keine Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden, so beginnt die Tilgungsfrist mit Rechtskraft der Verurteilung.

(3) Ausländische Verurteilungen gelten aber auch dann als getilgt, wenn sie nach dem Recht des Staates, in dem sie erfolgt sind, getilgt sind, sobald dies durch eine öffentliche Urkunde bescheinigt wird.“

Artikel VI

Das Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 257/1993, wird wie folgt geändert:

§ 12 wird aufgehoben. Der bisherige § 12a erhält die Bezeichnung „§ 12“.

Artikel VII

Das Suchtgiftgesetz 1951, BGBl. Nr. 234, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 184/1985, wird wie folgt geändert:

1. § 12 Abs. 5 entfällt.

2. § 13 entfällt.

3. § 16 Abs. 3 entfällt.

4. Nach § 16 wird folgender § 16a eingefügt:

§ 16a. Suchtgift, das Gegenstand einer nach den §§ 12, 14a oder 16 mit Strafe bedrohten Handlung war, ist einzuziehen (§ 26 StGB).“

5. § 23a Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Hat sich ein dem Mißbrauch eines Suchtgiftes ergebener Rechtsbrecher nach Rechtskraft eines gegen ihn gefällten Strafurteils mit Erfolg einer ärztlichen Behandlung unterzogen, so stellt dies einen Umstand im Sinn des § 31a Abs. 1 StGB dar. Die nachträgliche Strafmilderung ist durch Gewährung einer bedingten Strafnachsicht vorzunehmen.“

Artikel VIII

Das Lebensmittelgesetz, BGBl. Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 1105/94, wird wie folgt geändert:

1. § 68 entfällt.

2. § 69 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 1 hat zu lauten:

„(1) Der Betriebsinhaber haftet für Geldstrafen, Kosten der Urteilsveröffentlichung und als Bereicherung abgeschöpfte Geldbeträge (§ 20 StGB), zu deren Zahlung ein Arbeitnehmer oder Beauftragter seines Betriebes wegen einer nach den §§ 56 bis 64 mit Strafe bedrohten Handlung verurteilt worden ist, es sei denn, daß der Verurteilte die strafbare Handlung nicht im Rahmen der dienstlichen Obliegenheiten des Betriebes begangen hat.“

b) Im Abs. 2 entfällt der Klammerausdruck „(§ 68 Abs. 1 zweiter Satz)“.

c) Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Die Haftung ist in Anspruch zu nehmen, wenn die Geldstrafe, die Kosten oder die Geldbeträge aus dem beweglichen Vermögen des Verurteilten nicht eingebracht werden können. Der Einbringungsversuch kann unterbleiben, wenn Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind. Soweit Maßnahmen zur Einbringung einer Geldstrafe beim Haftenden erfolglos bleiben, ist, unbeschadet des § 31a Abs. 2 des Strafgesetzbuches, die entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe am Verurteilten zu vollziehen.“

3. § 70 hat zu lauten:

§ 70. Können die §§ 56 bis 64 nur deshalb nicht angewendet werden, weil sich die Tat als eine mit strengerer Strafe bedrohte Handlung darstellt, so ist dennoch auf die in den §§ 65 bis 67 vorgesehenen Maßnahmen und auf die Haftung zu erkennen.“

4. § 71 wird aufgehoben.

Artikel IX

Das Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift des 5. Teiles hat zu lauten:

„Strafbestimmung“.

2. § 17 samt Überschrift wird aufgehoben.

3. Die Überschrift „Verwaltungsstrafbestimmung“ vor § 18 entfällt.

4. Im § 21 werden der Strichpunkt am Ende der Z 2 durch einen Punkt ersetzt und die Z 3 aufgehoben.

Artikel X

Amtshilfe der Sozialversicherungsträger für die Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege

Auskunft

§ 1. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, bei den Sozialversicherungsträgern und deren Hauptverband Auskunft über Daten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (§§ 24, 26, 36 und 88 StPO) benötigen.

(2) Die Sozialversicherungsträger und ihr Hauptverband sind zur Auskunft verpflichtet, die sich nur auf die Namen, Anschriften, Geburtsdaten, Geburtsorte und Arbeits- oder Betriebsstätten der Versicherten und der Arbeitgeber, auf Beginn und Ende des laufenden oder letzten Versicherungsverhältnisses sowie auf die Bezeichnung einer meldepflichtigen Stelle beziehen darf.

(3) Ersuchen sind nach Möglichkeit automationsunterstützt zu stellen, Auskünfte möglichst in dieser Weise zu erteilen. § 31 Abs. 4 Z 3 lit. b ASVG ist sinngemäß anzuwenden.

Kostenersatz

§ 2. Der Bund hat dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger die Kosten zu ersetzen, die durch die Übermittlung von Daten an die Sicherheitsbehörden nach § 1 entstehen. Dieser Kostenersatz ist von den Bundesministern für Inneres, für Justiz und für Arbeit und Soziales nach An­hörung des Hauptverbandes einvernehmlich festzusetzen; er kann mit einem Pauschalbetrag festgesetzt werden.

Artikel XI

Inkrafttreten und Schlußbestimmungen

(1) Die Artikel I bis IV und VI bis X dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Juli 1996 in Kraft, Artikel V mit 1. Juli 1997.

(2) Die durch dieses Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht anzuwenden, in denen vor ihrem Inkrafttreten das Urteil in erster Instanz gefällt worden ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung oder Wiederaufnahme des Strafverfahrens oder infolge eines Einspruches ist jedoch im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen.

(3) Verweisungen in diesem Bundesgesetz auf andere Rechtsvorschriften des Bundes sind als Verweisungen auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen. Wird in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen verwiesen, an deren Stelle mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes neue Bestimmungen wirksam werden, so sind diese Verweisungen auf die entsprechenden neuen Bestimmungen zu beziehen.

(4) Mit der Vollziehung des Artikels X sind die Bundesminister für Inneres, für Justiz und für Arbeit und Soziales nach ihrem jeweiligen Wirkungsbereich betraut.

vorblatt


Probleme und Ziele der Gesetzesinitiative:

Neue und veränderte Erscheinungsformen der Kriminalität erfordern ebenso entsprechende Reaktionen des Staates wie die Fortentwicklung gesellschaftlicher Wertvorstellungen. Dazu gehören auch legislative Änderungen im Strafrecht. Derzeit besteht einerseits ein gewisses Regelungsdefizit ua. im Bereich der Abschöpfung von illegalen Gewinnen der (organisierten) Schwer- und Mittelkriminalität, bei bestimmten Arten der Gewaltkriminalität, bei auf Täuschung und Ausbeutung gerichteter Schlepperei, bei der Herstellung und Verbreitung von ABC-Waffen sowie im Bereich des Umweltstrafrechts. Andererseits entsprechen manche strafrechtliche Regelungen nicht mehr den heutigen praktischen Bedürfnissen und sollten angepaßt (Regelungen im Bereich der Bewährungshilfe) oder aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden (Ehebruch).

Grundzüge der Problemlösung:

Der Entwurf schlägt vor, im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches die auf Straftaten mit Vermögenszuwachs zugeschnittenen Sanktionen neu zu ordnen und damit zusammenhängende Fragen der inländischen Strafgerichtsbarkeit zu regeln sowie entsprechende Vorkehrungen und Anpassungen in der Strafprozeßordnung und im Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (zur Ermöglichung bzw. Erleichterung der zwischenstaatlichen Rechts- und Vollstreckungshilfe im Bereich vermögensrechtlicher Anordnungen) vorzunehmen.

Im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches soll durch Einführung neuer Tatbestände und neuer Quali­fikationen das bestehende Regelungsdefizit beseitigt und durch Aufhebung bzw. Änderung obsoleter Strafbestimmungen das Strafrecht heutigen Bedürfnissen und Wertvorstellungen angepaßt werden.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Es kann davon ausgegangen werden, daß die Gesetzwerdung des Entwurfes jedenfalls zu keinen Mehrausgaben des Bundes führen wird, wobei einnahmenseitig vor allem die Neuordnung und Erweiterung der vermögensrechtlichen Anordnungen sowie die erhöhten Pauschalkostenbeiträge im Strafverfahren, ausgabenseitig die Einrichtung einer Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe sowie allfälliger Verfahrensmehraufwand durch die Änderungen im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches zu Buche schlagen werden.

EU-Konformität:

Der Ausbau der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen und deren zwischenstaatliche Vollstreckung dient der Umsetzung des „Acquis“ der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, weil er Voraussetzung für die Ratifikation zweier in der Aquisliste genannter Übereinkommen ist, nämlich des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen und des Übereinkommens des Europarates über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Erträgen aus Straftaten.

Die vorgeschlagene Strafbestimmung gegen die umweltgefährdende grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle dient auch der Anpassung an die Verordnung (EWG) Nr. 259/1993 des Rates vom 1. Februar 1992 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 30 vom 6. 2. 1993.

Die übrigen Änderungsvorschläge haben keine EU-bezogene Relevanz.

Erläuterungen


Allgemeines

I.

1. Nach der Verabschiedung der Strafgesetznovelle 1993, des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993 und der Strafvollzugsnovelle 1993 wurde im Jahre 1994 die Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1994 (1564 BlgNR XVIII. GP) eingebracht. Ein vom Justizausschuß des Nationalrates zur Vorberatung dieses Entwurfes eingesetzter Unterausschuß konnte die Vorlage jedoch vor Ablauf der 18. Legis­laturperiode nicht mehr zu Ende beraten. Die Regierungserklärung vom 30. November 1994 sah – ebenso wie das Arbeitsübereinkommen der beiden Regierungsparteien vom 29. November 1994 – für die 19. Legislaturperiode eine Fortsetzung der Rechtsreform vor. Der – zumal im Lichte der bis­herigen parlamentarischen Beratungen – überarbeitete Entwurf wurde daher als Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1995 wiedereingebracht (327 BlgNR XIX. GP). Der vorliegende – auch unter Berücksichtigung des Maßgabebeschlusses des Ministerrates vom 22. August 1995 – neuerlich überarbeitete und nunmehr als Strafrechtsänderungsgesetz 1996 bezeichnete Entwurf versteht sich wie seine Vorgänger als weiterer Schritt zur Verbesserung der Rechtsgrundlagen im Bereich des Strafrechts.

Dem Entwurf liegen – wie schon den Regierungsvorlagen 1994 und 1995 – zum Großteil jene Änderungsvorschläge zugrunde, die bereits in den Begutachtungsverfahren zu den Entwürfen eines Strafrechts­änderungsgesetzes 1992 und eines Geldwäschereigesetzes zur Diskussion gestellt und in der Folge einer Überarbeitung unterzogen worden waren. Darüber hinaus haben aber auch Anregungen Berücksichtigung gefunden, die entweder im Begutachtungsverfahren vorgebracht worden waren (zB der Ausbau der Strafbestimmungen gegen Gewaltkriminalität) oder die in der Zwischenzeit dem Bundesministerium für Justiz aus verschiedenen Bereichen der Praxis zugegangen (zB die Bestimmungen, die sich mit der Rechtsstellung der Bewährungshelfer befassen) oder im Hinblick auf die Erfüllung internationaler Verpflichtungen erforderlich geworden sind (Umweltstrafrecht). Die zuletzt genannten Vorschläge wurden entweder einem gesonderten Begutachtungsverfahren oder zumindest einer eingehenden Diskussion mit Vertretern der für die Vollziehung dieser Bestimmungen in Betracht kommenden Berufsgruppen unterzogen.

2. Hervorzuheben sind die im Entwurf enthaltenen Vorschläge für eine Neuregelung der Abschöpfung der Bereicherung (§§ 20 f. StGB) und des Verfalls (§ 20b StGB), die durch entsprechende Änderungen in der Strafprozeßordnung und im Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz sowie durch Anpassungen in einigen strafrechtlichen Nebengesetzen ergänzt werden und dazu dienen sollen, die Effizienz bisher getroffener Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwerkriminalität, insbesondere des organisierten Verbrechens, und der Geldwäscherei zu verbessern. Zugleich soll damit auch internationalen Verpflichtungen entsprochen werden, die Österreich in den letzten Jahren eingegangen ist. Ähnliches gilt für die Einfügung einer besonderen Strafbestimmung gegen „ausbeuterische Schlepperei“ (§ 104a) sowie eines speziellen Tatbestandes gegen die Herstellung und Verbreitung von ABC-Waffen (§ 177a) in das Strafgesetzbuch; auch die Änderungen der geltenden Rechtslage im Zusammenhang mit der Einfügung eines Tatbestandes gegen den unerlaubten Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen (§ 177b StGB) kann in einem internationalen Kontext gesehen werden. Insbesondere die internationalen Verpflichtungen Österreichs waren auch ausschlaggebend für die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des Umweltstrafrechts (§ 181b ff. StGB). Weitere Schwerpunkte des Entwurfes sind Verschärfungen im Bereich der Gewalt- sowie der rassistisch oder fremdenfeindlich motivierten Kriminalität durch Strafsatzerhöhung, Tatbestandsausweitung und Schaffung eines besonderen Erschwerungsgrundes (§§ 83 und 91 StGB     einerseits, §§ 33 Z 5 und 283 StGB andererseits).

Auf der anderen Seite schlägt der Entwurf wegen Unzeitgemäßheit bzw. mangelnder praktischer Relevanz die Aufhebung des Tatbestands gegen den Ehebruch (§ 194 StGB) vor, während mit den vorgeschlagenen Änderungen im Zusammenhang mit der Anordnung von Bewährungshilfe und im Bereich der Sanktionsgestaltungsmöglichkeiten den Bedürfnissen der Rechtsanwendung besser entsprochen werden soll.

Einer Gesetzesinitiative im Zusammenhang mit den im Bereich der Homosexualität noch bestehenden besonderen Strafbestimmungen (§§ 209, 220 und 221 StGB) bedarf es im Rahmen des vorliegenden Entwurfes nicht, da schon in der vergangenen Legislaturperiode drei diesen Gegenstand betreffende selbständige Anträge dem Nationalrat vorlagen (Nr. 253/A, 261/A und 278/A), die allesamt die Aufhebung der angeführten Bestimmungen vorsahen, und zu Beginn der 20. Gesetzgebungsperiode neuerlich selbständige Anträge gleichen Inhalts eingebracht wurden.

II.

Der wesentliche Inhalt des Entwurfes läßt sich wie folgt zusammenfassen:

A. Änderungen des Strafgesetzbuches

1. Ausbau der Bestimmung über die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20a in der geltenden Fassung) zu einer eigenständigen, nicht als Strafe ausgestalteten Sanktion bei allen Straftaten, die zu einem unrechtmäßigen Vermögensvorteil in beträchtlichem Ausmaß geführt haben, sowie bei Mitgliedern einer kriminellen Organisation (§§ 20, 20a).

2. Einführung eines Verfalls neuen Typs für die Konfiszierung von Vermögenswerten aus Straftaten bei unbekanntem Täter und bei Auslandstaten sowie von Vermögenswerten krimineller Organisationen (§ 20b) .

3. Schaffung einer Sammelbestimmung, in der Rechtsgrundlagen für eine nachträgliche Milderung der Strafe (derzeit in § 410 StPO geregelt) und für eine nachträgliche Anpassung von Abschöpfungs- und Verfallsentscheidungen geschaffen werden und in die die Regelung über die Neubemessung des Tagessatzes einer Geldstrafe (§ 19 Abs. 4 in der geltenden Fassung) in modifizierter Form aufgenommen wird (§ 31a).

4. Ergänzung der Grundsatzbestimmung über die Strafbemessung (§ 32 Abs. 2).

5. Schaffung eines besonderen Erschwerungsgrundes für Fälle rassistisch oder fremdenfeindlich motivierter Straftaten (§ 33 Z 5).

6. Schaffung zweier besonderer Milderungsgründe für Fälle einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer sowie einer Betroffenheit des Täters durch Körperverletzungen oder andere gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile als Folgen der Tat (§ 34 Abs. 1 Z 19 und Abs. 2).

7. Kompetenzänderung bei der Bestellung der Person des Bewährungshelfers und Entkoppelung der Dauer von Bewährungshilfe und Weisungen von der Probezeit (§ 50).

8. Neuregelung der Berichtspflicht des Bewährungshelfers (§ 52).

9. Flexiblere Gestaltung der Widerrufsregelung bei Nichtbeachtung einer Weisung oder Nicht­kooperieren des Verurteilten mit dem Bewährungshelfer (§ 53).

10. Anpassung der Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die österreichische Strafgerichtsbarkeit in Fällen mit Auslandsbezug an das vorgeschlagene System der vermögensrechtlichen Anordnungen, an die neuen Geldwäschereitatbestände (§§ 165, 278a Abs. 2 idF der Strafgesetznovelle 1993) sowie an die vorgeschlagenen Strafbestimmungen gegen ausbeuterische Schlepperei und gegen die Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (§§ 64, 65a).

11. Anhebung der Strafdrohung für vorsätzliche (nicht qualifizierte) Körperverletzungen (§ 83).

12. Ausweitung der Strafbestimmung gegen Raufhandel auf verursachte leichte Körperverletzungen (§ 91).

13. Einführung einer neuen Strafbestimmung gegen „ausbeuterische Schlepperei“ (§ 104a).

14. Schaffung einer Strafbestimmung gegen die Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (ABC-Waffen; § 177a).

15. Einfügung einer Strafbestimmung gegen den unerlaubten Umgang mit Kernmaterial und radioaktiven Stoffen (§ 177b).

16. Einführung einer neuen Strafbestimmung gegen die umweltgefährdende grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen („Mülltourismus“); Trennung der Tatbestände des umweltgefährdenden Betreibens von Anlagen und des umweltgefährdenden Behandelns von Abfällen samt Schaffung einer Fahrlässigkeitsvariante zu letzterem; Einbeziehung von Gefährdungen der Luftgüte (§§ 181b bis 181d).

17. Aufhebung der Strafbestimmung gegen den Ehebruch (§ 194).

18. Änderung der Strafbestimmung gegen Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten (§ 195).

19. Anhebung der Strafdrohung für Verhetzung (§ 283).

B. Änderungen der Strafprozeßordnung

1. Anpassung des Strafverfahrensrechtes an das vorgeschlagene System der vermögensrechtlichen Anordnungen (Bereicherungsabschöpfung und Verfall).

2. Bedachtnahme auf das Geschlecht von Opfer und Angeklagtem bei der Zusammensetzung von Schöffen- und Geschworenengericht im Verfahren wegen Sexualdelikten (§§ 13 Abs. 5, 221 Abs. 3, 300 Abs. 3).

3. Neuregelung der Zuständigkeit für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Gemeinden mit mehreren Bezirksgerichten (§ 59).

4. Einführung des neuen Rechtsbehelfs der Erneuerung des Strafverfahrens nach Feststellung einer Verletzung der EMRK (Transformation von Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in die innerstaatliche Rechtsordnung).

5. Anhebung der Pauschalkostenbeiträge für Kostenersatzpflichtige (§ 381 Abs. 3).

6. Vereinheitlichung des Verfahrens bei nachträglicher Änderung von Sanktionen auf Grund nachträglich eingetretener oder bekanntgewordener Umstände (§ 410).

C. Änderungen des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes

1. Anpassung der Bestimmungen über die Auslieferungshaft an die durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 neugestalteten Regelungen für die Untersuchungshaft (§ 29 Abs. 3 bis 6).

2. Änderung und Beschleunigung des Verfahrens bei vereinfachter Auslieferung (§ 32).

3. Anpassungen an das vorgeschlagene System der vermögensrechtlichen Anordnungen (Bereiche­rungs­abschöpfung, Verfall) zur Ermöglichung der zwischenstaatlichen Vollstreckung solcher Anordnungen (§§ 50 Abs. 1, 55 Abs. 1, 65 Abs. 1 und 2, 67 Abs. 1 und 3, 76).

4. Einführung einer Befristung für eine Beschlagnahme oder einstweilige Verfügung auf Ersuchen eines anderen Staates (§ 58).

5. Neuordnung der Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen (§ 64).

D. Änderungen des Bewährungshilfegesetzes

1. Neufassung der dienstrechtlichen Regelungen für die einer privaten Bewährungshilfevereinigung zur Verfügung gestellten Beamten im Hinblick auf die verstärkte Privatisierung der Bewährungshilfe („Bewährungshilfe Neu“) und Schaffung eines zweistufigen Instanzenzuges in Dienstrechtsangelegenheiten durch Einrichtung einer dem Bundesministerium für Justiz nachgeordneten Dienstbehörde.

2. Anpassung der Bestimmungen des zweiten Abschnittes des Bewährungshilfegesetzes an die durch die §§ 50 ff. StGB geänderte Rechtsstellung des Bewährungshelfers.

E. Änderungen des Tilgungsgesetzes

1. Klarstellung der Regelung für die Tilgung mehrerer Verurteilungen (§ 4).

2. Ermächtigung zur unbeschränkten Erteilung von Strafregisterauskünften an die Finanzstrafbehörden (§ 6).

3. Vereinfachung der Regelung über die Tilgungsfrist bei ausländischen Verurteilungen (§ 7).

F. Änderungen des Suchtgiftgesetzes und des Lebensmittelgesetzes

Anpassung an das vorgeschlagene System vermögensrechtlicher Anordnungen.

G. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Abfrage von Daten der Sozialversicherung durch die Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege

III. Zu den finanziellen Auswirkungen

Die Neuordnung und Erweiterung der vermögensrechtlichen Anordnungen durch die Strafgerichte wird einen (zwar nicht konkret abschätzbaren, doch voraussichtlich nicht unbeträchtlichen) Zuwachs an Einnahmen des Bundes bewirken, möglicherweise auch die – als solche freilich bloß klarstellende – Regelung des § 64 Abs. 7 ARHG, wonach jene Geldstrafen und vermögensrechtlichen Anordnungen, die auf Grund eines Ersuchens eines anderen Staates in Österreich vollstreckt werden, dem Bund zustehen. In Einzelfällen können die in inländischen Strafverfahren oder im Rahmen der Rechtshilfe angeordneten Bereicherungsabschöpfungen zu hohen Einnahmen führen. Die Höhe dieser (Mehr-)Einnahmen läßt sich – auf Grund der Systemumstellung und der bevorzugten Ansprüche der Verbrechensopfer – derzeit noch nicht absehen. Den erhöhten Mehreinnahmen steht teilweise ein Verfahrensmehraufwand gegenüber, der mit der Feststellung der Voraussetzungen für vermögensrechtliche Anordnungen sowie mit ihrer Bemessung und Hereinbringung verbunden sein wird.

Mehreinnahmen werden auch die erhöhten Pauschalkostenbeiträge im Strafverfahren bewirken.

Durch die geplante Einrichtung der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe, einer – vergleichsweise sehr kleinen – nachgeordneten Dienstbehörde, ist mit gewissen Mehrkosten zu rechnen, die jedoch 500 000 S voraussichtlich nicht übersteigen werden. Im Bereich der Bewährungshilfe können Einsparungen beim Personalaufwand (denen allerdings Mehrkosten beim Sachaufwand gegenüberstehen) dadurch eintreten, daß die einer privaten Vereinigung zur Verfügung gestellten Beamten in ein Angestelltenverhältnis zu dieser Vereinigung überwechseln.

Im übrigen werden die im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen keine nennenswerten Kosten zur Folge haben, wenn man davon absieht, daß die Schaffung neuer und die Erweiterung bestehender Straftatbestände – je nach dem Maß ihrer Anwendung in der Praxis – stets mit einem Verfahrensmehraufwand der Strafverfolgungsbehörden verbunden ist, der jedoch im Falle der Gesetzwerdung des Entwurfes durch Mehreinnahmen abgedeckt sein wird..

IV. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 und 16 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929.

V. EU-Konformität

Der Ausbau der Bestimmungen über vermögensrechtliche Anordnungen und deren zwischenstaatliche Vollstreckung dient der Umsetzung des „Acquis“ der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, weil er Voraussetzung für die Ratifikation zweier in der Acquisliste genannter Übereinkommen ist, nämlich des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen und des Übereinkommens des Europarates über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Erträgen aus Straftaten.

Die vorgeschlagene Strafbestimmung gegen die umweltgefährdende grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle dient auch der Anpassung an die Verordnung (EWG) Nr. 259/1993 des Rates vom 1. Februar 1992 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. Nr. L 30 vom 6. 2. 1993.

Im übrigen berührt der Entwurf eine Reihe anderer internationaler Verpflichtungen, nicht aber EU-Recht.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Art. I (Änderungen des Strafgesetzbuches):

Vorbemerkungen zu Art I Z 1, 3, 4, 5, 9,15, 16, 17 und 18 (§§ 20, 20a, 20b, 26 Abs. 2, 31a, 44 Abs. 2, 57 Abs. 4, 59 Abs. 2 und 4, 64 Abs. 1, 65a StGB):

1. Die Strafgesetznovelle 1993, BGBl. Nr. 527, die am 1. Oktober 1993 in Kraft getreten ist, hat in das StGB Straftatbestände zur Bekämpfung der Geldwäscherei (§ 165) und krimineller Organisationen (§ 278a) eingefügt. Schon die Regierungsvorlage (874 BlgNR XVIII. GP, 4 ff.) verstand die Schaffung eines Geldwäschereitatbestandes nur als erste von mehreren gesetzgeberischen Maßnahmen, die im Interesse einer effizienten Verbrechensbekämpfung, aber auch zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen notwendig sind.

Wie in der zitierten Regierungsvorlage näher ausgeführt, werden die durch organisierte Schwerkriminalität (Drogenhandel, aber auch Waffenhandel, erpresserische Entführung, Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Autoschieberei, Großbetrug) erlangten sehr hohen Gewinne zunehmend unter Verschleierung der wahren Herkunft in den legalen Wirtschaftskreislauf eingebracht; dabei werden häufig die Möglichkeiten der allgemeinen Finanzsysteme in Anspruch genommen („Geldwäscherei“). Zur Bekämpfung dieser organisiert begangenen Straftaten ist auf strafrechtlichem Gebiet – neben der Verfolgung des Vortäters und des Geldwäschers – vor allem auch die Abschöpfung der unrechtmäßigen Bereicherung wichtig.

2. An internationalen Vereinbarungen zu nennen sind das am 19. Dezember 1988 in Wien unterzeichnete „Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen“ (im folgenden Wiener Übereinkommen), das über den Suchtgiftbereich hinaus­gehende, am 1. September 1993 in Kraft getretene Übereinkommen des Europarates „über das Waschen, das Aufspüren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Erträgen aus Straftaten“ (im folgenden Europaratsübereinkommen), die 40 Empfehlungen einer vom Weltwirtschaftsgipfel 1989 eingesetzten Experten­gruppe („Financial Action Task Force on Money Laundering“, im folgenden FATF) und die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 10. Juni 1991 „zur Verhinderung der Nutzung des Finanz­systems zum Zwecke der Geldwäsche“ (im folgenden EG-Geldwäscherei-Richtlinie). Österreich hat das Wiener Übereinkommen und das Europaratsübereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Beide Übereinkommen sehen unter anderem die Schaffung von umfassenden Bestimmungen zur Abschöpfung von Verbrechensgewinnen und zur internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet vor. Die vorgeschlagene Neuregelung ist daher ein wichtiger Schritt zur angestrebten Ratifikation der beiden Übereinkommen.

3. Die seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 mögliche Abschöpfung der Bereicherung (§ 20a StGB) ist – ua. wegen ihrer hohen Untergrenze – nur in sehr beschränktem Umfang für die hier angestrebten Ziele verwendbar. Darüber hinaus besteht – vor allem im Zusammenhang mit Regelungen des Nebenstrafrechts – eine gewisse Doppel- und Mehrgleisigkeit bei jenen strafrechtlichen Reaktionsformen, die zumindest teilweise das Ziel der Entziehung unrechtmäßiger Vermögensvorteile verfolgen (die Nebenstrafe des Verfalls, die Verfalls- oder Wertersatzstrafe, die Abschöpfung der Bereicherung, die nutzenabhängige oder erlösorientierte Geldstrafe, die vorbeugende Maßnahme der Einziehung). Weiters besteht zum Teil eine unzweckmäßige Verknüpfung und Vermengung dieser vermögensrechtlichen Anordnungen, wodurch bisweilen deren unterschiedliche Funktionen verwischt werden. In diesem Bereich ist eine Bereinigung und vor allem eine Vereinheitlichung notwendig. Schließlich ist auch das Auslieferungs- und Rechtshilferecht im Hinblick auf die Änderungen bei den vermögensrechtlichen Anordnungen sowie auf die Bedürfnisse der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der gegenseitigen Vollstreckung vermögensrechtlicher Anordnungen strafrechtlichen Charakters überarbeitungsbedürftig.

Das der Regierungsarbeit zugrundeliegende Arbeitsübereinkommen der beiden Regierungsparteien sah vor, die „gesetzlichen Bestimmungen über die Beschlagnahme, Abschöpfung und Einziehung von Verbrechensgewinnen zu erneuern und zu vereinheitlichen“. Die vorgeschlagenen Bestimmungen verstehen sich – in Fortführung des mit der Schaffung von Geldwäschereitatbeständen durch die Strafgesetznovelle 1993 begonnenen Weges – als Umsetzung dieses Teils des Regierungsprogramms. Im Mittelpunkt steht die systematisch vereinheitlichende Neuordnung der auf Straftaten mit Vermögenszuwachs zugeschnittenen Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, die auch entsprechende Regelungen in Teilen des Nebenstrafrechts (Suchtgiftgesetz, Lebensmittelgesetz) ersetzen.

4. In einem in Vorbereitung stehenden weiteren legislativen Schritt werden im Zusammenhang mit dem vorliegenden Entwurf Änderungen im Strafverfahrensrecht vorzuschlagen sein, wobei auch die Provisorialmaßnahmen, die die Abschöpfung der Bereicherung sichern sollen (insbesondere § 144a StPO), auszubauen sein werden. Damit werden die prozessualen Rahmenbedingungen für die im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches vorgesehenen neuen Reaktionsformen zu verbessern sein. Daneben wird die Frage zu prüfen sein, ob nicht auch andere prozessuale Befugnisse, vor allem die Bestimmungen über die Beschlagnahme, dahin überarbeitet werden sollten, daß sie – im Sinn einer besseren Berücksichtigung von Opferinteressen – (ausdrücklich) auch zur Sicherung der Ansprüche von Geschädigten herangezogen werden können.

Der vorliegende Entwurf enthält zunächst nur die für die Vollziehung der materiellrechtlichen Bestimmungen unbedingt erforderlichen Anpassungen der bereits in der Strafprozeßordnung enthaltenen Verfahrensbestimmungen auf diesem Gebiet (§§ 144a, 443 ff. StPO).

5. Zur Bekämpfung von organisiert begangenen Straftaten durch Verfolgung der Geldwäscherei und Abschöpfung der Bereicherung sind jedoch auch flankierende Maßnahmen außerhalb des Straf- und Strafprozeßrechts erforderlich, um die legale Wirtschaft für einschlägige Aktivitäten weniger leicht nutzbar zu machen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die am 1. Jänner 1994 wirksam gewordene Schaffung von Sorgfalts-, Identifizierungs- und Meldepflichten für Kredit- und Finanzinstitute (§§ 39 bis 41 BankwesenG) und für Versicherungsunternehmen (§ 18a VersicherungsaufsichtsG 1978) durch das Finanzmarktanpassungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 532.

Zu Art. I Z 1 und 3 (§§ 20, 20a, 20b StGB):

1. Der Verfall (§ 20 StGB) war ursprünglich die einzige Nebenstrafe des StGB. Das Gericht kann nach dieser Bestimmung – zusätzlich zur Hauptstrafe – Geschenke und andere geldwerte Zuwendungen, die der Täter unmittelbar als Belohnung für die Straftat empfangen hat, für verfallen erklären. Besitzt der Täter diese Geschenke im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr, so ist anstelle des Verfalls eine Wertersatzstrafe („Verfallsersatz“) auszusprechen. Das Zweite Antikorruptionsgesetz (BGBl. Nr. 205/1982) dehnte den Anwendungsbereich dieser Wertersatzstrafe auf Zuwendungen aus, die nicht in einer körperlichen Sache bestehen, und führte bei Tätermehrheit eine solidarische Haftung ein; daneben wurde der (strafbare) Zuwender in diese Haftung einbezogen. Ferner wurde – als Sanktion sui generis – eine solidarische Haftung des Eigentümers des Unternehmens für solche Wertersatzstrafen geschaffen, die über dessen leitende Angestellte verhängt worden sind. Diese Unternehmenshaftung wurde schließlich durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, präzisiert.

Das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 stellte mit der Abschöpfung der Bereicherung (§ 20a StGB) dem Verfall eine weitere Nebenstrafe mit der Zielsetzung des Entzuges unrechtmäßiger Vermögenszuwächse zur Seite. Diese Bereicherungsabschöpfung erfaßt – im Gegensatz zum Verfall – den gesamten Gewinn, den der Täter durch die Straftat erlangt hat, und betrifft nicht einen bestimmten Vermögensgegenstand, sondern besteht in der Verpflichtung zur Zahlung einer Geldsumme im Ausmaß der Bereicherung, die in das gesamte Vermögen des Täters vollstreckt werden kann. Auch bei der Abschöpfung der Bereicherung wurde eine Unternehmenshaftung eingeführt, die der für den Verfall vorgesehenen entspricht.

Die praktische Bedeutung dieser beiden Nebenstrafen (bzw. der beiden als Sanktion sui generis gestalteten Unternehmenshaftungstypen) hielt sich in sehr engen Grenzen. Die Gründe dafür dürften darin liegen, daß einerseits der Verfall lediglich Zuwendungen für die Begehung einer Straftat erfaßt, andererseits die Bereicherungsabschöpfung zwar grundsätzlich Vermögenswerte, die durch die Straftat erlangt wurden, einbezieht, aber wegen des geforderten Mindestausmaßes der Bereicherung (1 Million Schilling) und mehrererAusschlußregeln (Verhängung einer nutzenorientierten Geldstrafe, Schadensgutmachung, Härteklausel) nur einen sehr schmalen Anwendungsbereich hat.

Ein rechtstheoretisches Problem stellt die sachlich kaum gerechtfertigte Ungleichbehandlung des Verfallsbelasteten und des Abschöpfungsbelasteten dar. Der Verfall – und die von ihm abgeleitete Wertersatzstrafe – bauen auf dem „Bruttoprinzip“ auf (Aufwendungen bleiben außer Betracht), während die Abschöpfung der Bereicherung auf das „Nettoprinzip“ (Bereicherung als Differenz zwischen Ertrag und Aufwendung) abstellt. Wer also für die Straftat eine Belohnung erhalten hat, muß diese zur Gänze abführen, selbst wenn er sie nicht mehr besitzt, während derjenige, der durch die Straftat Vermögenswerte erlangt hat, nur eine Zahlungsanordnung erhält, die auf den um die Aufwendungen verminderten Erlös abstellt.

2. Die vorgeschlagene Neuregelung des Systems der vermögensrechtlichen Anordnungen soll deren Anwendungsbereich ausdehnen, die bestehenden Mehrgleisigkeiten beseitigen und durch ein einheitliches Grundkonzept eine möglichst einfache und effiziente Handhabung ermöglichen. Sie orientiert sich an folgenden Zielsetzungen:

         –   Grundsatz der vermögensrechtlichen „Entreicherung“ soll sein, daß sich Straftaten nicht lohnen sollen. Wer im Zuge von Straftaten unrechtmäßig Vermögensvorteile erlangt hat, soll diese nicht behalten dürfen, gleichgültig, ob er durch die Straftat bereichert wurde oder für deren Begehung eine Belohnung erhalten hat und ob das unmittelbar Erlangte noch vorhanden oder schon in       andere Vermögenswerte umgetauscht worden ist (in diesem Fall sollte es ohne Belang sein, ob Vermögensgegenstände, die der Täter besitzt, durch eine geschlossene Kette von Umwandlungen auf das ursprünglich Erlangte zurückgeführt werden können).

         –   Die Beseitigung des unrechtmäßig erlangten Vorteils soll keine (Neben-)Strafe für die Tat sein – diese Aufgabe ist vom Geld- und Freiheitsstrafensystem hinreichend abgedeckt –, sondern allein die Funktion des „contrarius actus“, also der Rückgängigmachung der Bereicherung, übernehmen. Anknüpfungspunkt soll daher nicht schuldhaftes Handeln sein, sondern die unrechtmäßige Erlangung eines Vermögensvorteils durch oder für eine rechtswidrige („mit Strafe bedrohte“) Handlung. Deshalb soll es auch bei nicht schuldhaft handelnden oder abwesenden Tätern sowie bei Rechtsnachfolgern des Täters zur Abschöpfung kommen.

         –   Kommt jener Vermögensvorteil, der als angestrebter Erfolg der mit Strafe bedrohten Handlung üblicherweise beim Täter selbst eintritt, ausnahmsweise unmittelbar anderen, vom Täter (und dessen Gesamtrechtsnachfolgern) verschiedenen Personen zugute, etwa weil der Täter auf deren Rechnung handelt, so soll eine Abschöpfung auch bei diesen möglich sein. Eine solche Abschöpfung soll nicht nur gegen natürliche, sondern auch gegen juristische Personen und Personengesellschaften angeordnet werden können. Ebenso soll eine an Gesamtrechtsnachfolger weitergegebene Bereicherung abschöpfbar sein.

         –   Die vorgeschlagene vermögensrechtliche Anordnung soll im Bereich fortgesetzt oder wiederkehrend begangener schwerer Straftaten sowie bei Mitgliedern krimineller Organisationen in rechtsstaatskonformer Weise mit einer – kriminalistisch und kriminalpolitisch indizierten – Beweiserleichterung (ohne volle Beweislastumkehr) bewehrt werden. Im Hinblick auf den Schuldgrundsatz (§ 4 StGB) ist dazu nur eine Unrechtsfolge geeignet, die keinen Schuldnachweis erfordert, weil sie nicht auf die Vorwerfbarkeit der Tat, sondern allein auf die unrechtmäßige Erlangung der Bereicherung abstellt.

Diesen kriminalpolitischen Zielsetzungen wird die – dem Nettoprinzip verpflichtete – Abschöpfung der Bereicherung besser gerecht als der Verfall, weil dieser als Ausformung des Bruttoprinzips typischerweise zugleich auch Strafe ist, soweit ein die Bereicherung übersteigender Vermögenswert für verfallen erklärt wird. Das nach den dargelegten Grundsätzen gestaltete System der vermögensrechtlichen Erlösentziehung muß daher dem Nettoprinzip den Vorzug einräumen.

Dieses kann allerdings in drei Fällen nicht durchgehalten werden: Bei Vermögenswerten krimineller Organisationen sowie bei Verfahren gegen unbekannte Täter und im Fall der unter bestimmten Voraussetzungen stattfindenden stellvertretenden Strafrechtspflege (bei inländischen Vermögenswerten, die aus im Ausland begangenen Straftaten herrühren) ist der – mit der gleichnamigen Rechtsfigur des geltenden Rechts nicht idente – Verfall der vorhandenen Vermögenswerte auszusprechen (§ 20b StGB).

Gegenstände, bei denen wegen ihrer besonderen Beschaffenheit die Gefahr der Begehung von (weiteren) Straftaten besteht, sind wie bisher nach der grundsätzlich unverändert bleibenden Bestimmung des § 26 StGB einzuziehen.

3. Hauptbestimmung des neuen Systems der vermögensrechtlichen Anordnungen ist die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 neu).

Im § 20 Abs. 1 werden das Prinzip und der Regelfall der Abschöpfung der Bereicherung umschrieben. Das Wort „Bereicherung“ weist auf das Nettoprinzip hin (s. Vorbemerkungen). Bei der Berechnung der – aus welcher Straftat auch immer herrührenden – Bereicherung sind grundsätzlich keine eingehenden Ermittlungen zu pflegen, sondern es ist lediglich auf eine „gewichtsmäßige Entsprechung“ abzustellen. Dabei ist von den Vermögensvorteilen auszugehen, die dem Täter durch die Straftat zugeflossen sind (Bruttoerlös); die Bestimmung im zweiten Satz bezieht Zuwendungen ein, die der Täter für die Begehung von Straftaten empfangen hat – unabhängig davon, ob er diese tatsächlich begangen hat –, und tritt an die Stelle des bisherigen Verfalls nach § 20, der damit entbehrlich wird. Aufwendungen, die in realen Vermögenswerten bestanden haben und unmittelbar mit der Straftat verknüpft waren (zB der Kaufpreis für Suchtgift, das später verkauft wurde), sind abzuziehen, wenn sie feststehen oder glaubhaft gemacht werden; andere Aufwendungen (Arbeitsleistungen von Tatbeteiligten, Gemeinkosten) mindern die Bereicherung nicht. Ferner ist zu beachten, daß bei der Berechnung auf den Zeitpunkt des Eintritts der Bereicherung – und nicht auf den Entscheidungszeitpunkt (Urteil erster Instanz) – abzustellen ist; hat der Täter die erlangte Bereicherung wieder verloren oder sind nachträglich Wertminderungen eingetreten, so bleibt dies grundsätzlich (außer im Rahmen der Härteklausel des § 20a Abs. 2 Z 2) außer Betracht.

Da die Zahlungsverpflichtung keine Nebenstrafe, sondern eine eigenständige vermögensrechtliche Unrechtsfolge darstellt (darauf weist auch die Erweiterung der Überschrift des dritten Abschnitts im Allgemeinen Teil hin), die bei Zahlungsverweigerung mit den Mitteln des Exekutionsrechts einzubringen ist, ist eine – indirekten Zahlungsdruck erzeugende – Ersatzfreiheitsstrafe entbehrlich. (Eine solche wäre nach dem angestrebten System auch unzulässig, weil die Bereicherungsabschöpfung als eine den Schuldgrundsatz nicht berührende Unrechtsfolge nicht durch eine – schuldhaftes Handelnvoraussetzende –     Strafe substituiert werden darf; eine Ersatzfreiheitsstrafe ist im übrigen auch im geltenden § 20a StGB nicht vorgesehen.)

Soweit das genaue Ausmaß der Bereicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden kann,soll das Gericht den abzuschöpfenden Betrag in Anlehnung an § 273 ZPO einerseits sowie § 73b dStGB und Art. 59 Ziffer 4 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (nach den beiden zuletzt genannten Bestimmungen kann geschätzt werden) andererseits, nach seiner Überzeugung festsetzen.

Eine Bestimmung zur Ermöglichung der nachträglichen Änderung von Entscheidungen über die Abschöpfung der Bereicherung ist im neuen § 31a Abs. 3 vorgesehen.

Im Regelfall wird die Abschöpfung im Strafurteil und zugleich mit der Verurteilung des Täters anzuordnen sein. Da aber der Anknüpfungspunkt für die Abschöpfung lediglich die unrechtmäßige Erlangung eines Vermögensvorteils durch oder für eine rechtswidrige („mit Strafe bedrohte“) Handlung oder die (tatsächliche) Beteiligung an einer kriminellen Organisation ist, kann es auch zu einer Abschöpfung kommen, ohne daß der Täter verurteilt wird, ja ohne daß gegen ihn ein Strafverfahren durchgeführt wird. So wird die Abschöpfung in einem selbständigen Verfahren anzuordnen sein, wenn der Täter nicht schuldhaft gehandelt hat oder abwesend ist. Es wird auch zu erwägen sein, die Abschöpfungsanordnung von der Verurteilung in jenen Fällen abzukoppeln, in denen die Entscheidung in der Hauptsache bereits getroffen werden könnte, die Bestimmung des abzuschöpfenden Betrages aber noch nicht entscheidungsreif ist; diese Teilung könnte sich insbesondere in Haftsachen als notwendig erweisen.

4. Die Bestimmung des § 20 Abs. 2 stellt ein Kernstück der Reform dar; mit ihr wird der Versuch unternommen, Verbrechen mit erheblicher Bereicherungswirkung im Rahmen der fortgesetzten oder wiederkehrenden (Mittel- und) Schwerkriminalität (auch) im Bereich des strafrechtlichen Sanktionensystems wirksam entgegenzutreten. Wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, kommt bei der Bekämpfung von komplexen, verbrecherisch tätigen Personenverflechtungen vor allem dem Zugriff auf die Tat­gewinne – und damit auf die finanziellen Ressourcen für weitere Verbrechen – große Bedeutung zu. Die verwundbare Stelle bei organisierten Verbindungen liegt nicht so sehr in der Bestrafung einzelner – meist innerhalb der Organisation nur untergeordnet wichtiger – Täter, weil diese in der Regel austauschbar sind, sondern vielmehr in der Entziehung von „Betriebs- und Investitionskapital“. Wenn es gelingt, die „Gewinneinspeisung“ in die verbrecherische Organisation in der Praxis wirksam zu behindern, kann eine substantielle Beeinträchtigung der Tätigkeit solcher Verbindungen („Betriebsstörung“) erfolgen.

Aus diesem Grund wird im § 20 Abs. 2 eine außergewöhnliche Maßnahme vorgeschlagen: Im Einklang mit Art. 5 Abs. 7 des Wiener Übereinkommens und der Rechtsentwicklung in anderen Staaten (zB Frankreich, Vereinigtes Königreich, Niederlande, USA, vor allem aber Deutschland: § 73d StGB – erweiterter Verfall, eingefügt durch das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität, BGBl. 1992 I 1770) soll eine kriminalpolitisch notwendig erscheinende Beweiserleichterung, die einer partiellen Beweislastumkehr nahekommt, eintreten. Da im Zuge von Strafverfahren häufig zwar einzelne Verbrechen nachgewiesen werden können, bisweilen aber ein weit größeres Vermögen vorgefunden wird, als auf Grund der Beweislage eindeutig den – der Verurteilung zugrundeliegenden – Straftaten zugeordnet werden kann, ist nach geltendem Recht der Zugriff auf das von der Verurteilung nicht erfaßte Vermögen verwehrt, auch wenn es mit großer Wahrscheinlichkeit aus gleichartigen Straftaten stammt. Diesem vielfach als unbefriedigend empfundenen Zustand will die vorgeschlagene Bestimmung abhelfen: Kumulative Voraussetzungen sind, daß die Begehung mehrerer schwerer „Anlaßtaten (fortgesetzte oder wiederkehrende Verbrechen iS des § 17) erwiesen ist, daß durch diese „Anlaßtaten“ oder für deren Begehung dem Täter illegale Vermögensvorteile zugewachsen sind und daß ihm im zeitlichen Zusammenhang mit den „Anlaßtaten“ weitere Vermögensvorteile zugeflossen sind, bei denen die Annahme naheliegt, daß sie aus weiteren Verbrechen dieser Art stammen. Bei einer solchen Sachlage kann auch jene Bereicherung abgeschöpft werden, die zwar nicht auf die nachgewiesenen Taten zurückgeführt werden kann, aber deren Herrühren aus Straftaten gleicher Art naheliegt. Diese „zusätzliche“ Bereicherung ist dadurch zu berücksichtigen, daß das Gericht die Höhe der gesamten Bereicherung („Anlaßtaten“ plus aus gutem Grund vermutete Erlöse aus weiteren Taten) festzusetzen hat, wobei es gerade in solchen Fällen auf eine unverhältnismäßig aufwendige Detailabklärung verzichten wird können, allerdings an die Aktivitätsperiode („im zeitlichen Zusammenhang mit den Anlaßtaten“) und an den Deliktstypus („weitere Taten dieser Art“) gebunden ist .

In solchen Fällen soll es dem Täter obliegen bzw. offenstehen, den rechtmäßigen Erwerb des – von dieser Vermutung der kriminellen Herkunft erfaßten – Vermögens glaubhaft zu machen (Beweis­last­um­kehr, genauer: Bescheinigungslastumkehr). Diese Bescheinigung könnte sich zum Beispiel auf eine Erbschaft, einen Lottogewinn, ein realisiertes Sparguthaben, einen Verkaufserlös, einen (wenngleich allenfalls nicht versteuerten) geschäftlichen Ertrag oder sonst auf ein hohes (legales) Einkommen stützen. Wenn diese Glaubhaftmachung gelingt, hat die Anordnung einer Abschöpfung nach § 20 Abs. 2 zu unterbleiben.

5. Eine solche „Bescheinigungslastumkehr“ erscheint im Interesse einer effizienten Bekämpfung     organisierter Kriminalität auch bei Mitgliedern krimineller Organisationen im Sinne des § 278a StGB geboten.

§ 20 Abs. 3 sieht daher vor, daß Vermögensvorteile, die einem Mitglied einer kriminellen Organisation im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Mitgliedschaft zugeflossen sind, abzuschöpfen sein sollen, soweit die Annahme naheliegt,

         –   daß es sich um Vermögenswerte der kriminellen Organisation handelt oder

         –   daß sie aus einer strafbaren Handlung stammen, das heißt , daß sie  durch ihre Begehung erlangt oder dafür empfangen wurden,

und – wie im Fall des Abs. 2 – sofern die rechtmäßige Herkunft dieser Vermögensvorteile nicht glaubhaft gemacht werden kann.

§ 20 Abs. 3 geht sohin insofern einen Schritt weiter als Abs. 2, als die einzige Tat, die für eine Abschöpfung nach Abs. 3 erwiesen sein muß, die Beteiligung an einer kriminellen Organisation ist. Im übrigen kommt es – wie bei Abs. 2 in bezug auf die fortgesetzte bzw. wiederkehrende verbrecherische Delinquenz – auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Zufließen von Vermögensvorteilen und der Mitgliedschaft in der kriminellen Organisation an; Vermögensvorteile ohne einen solchen Zusammenhang bleiben hier – unbeschadet einer allfälligen Abschöpfung nach Abs. 1 oder 2 – außer Betracht.

Daß es sich bei Vermögensvorteilen, die einem Mitglied einer kriminellen Organisation im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Mitgliedschaft zugeflossen sind, um Bestandteile des Vermögens der kriminellen Organisationhandelt oder daß zugeflossene Vermögensvorteile aus strafbaren Handlungen stammen, wird regelmäßig dann anzunehmen sein, wenn den – erwiesenen -Vermögenszuwächsen des Täters keine reellen Einnahmequellen gegenüberstehen. Eine solche Annahme wird umso näher liegen, wenn – was an sich nicht Voraussetzung ist – ein Teil der Vermögenszuwächse erwiesenermaßen krimineller Herkunft ist. Die Fälle der Herkunft aus einer kriminellen Organisation und aus strafbaren Handlungen werden gleichgesetzt – und bei der Herkunft aus einer kriminellen Organisation braucht überdies nicht erwiesen zu sein, ob die Vermögenswerte aus strafbaren Handlungen stammen, die von oder im Interesse der kriminellen Organisation begangen wurden –, weil einerseits bei kriminellen Organisationen die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, daß Vermögenswerte deliktischer Herkunft sind, und andererseits auch die spezifische Geldwäschereibestimmung des § 278a Abs. 2 StGB nicht darauf abstellt, wie die kriminelle Organisation die Verfügungsmacht über die nach dieser Bestimmung tatbildlichen Vermögensbestand­teile erlangt hat.

6. Das geltende Recht kennt gegen andere Personen als den Täter gerichtete vermögensrechtliche Anordnungen nur in Form der Unternehmenshaftung beim Verfall (§ 20 Abs. 5 in der geltenden Fassung) und bei der Abschöpfung der Bereicherung (§ 20a Abs. 3 in der geltenden Fassung). Beiden Bestimmungen ist gemeinsam, daß der Eigentümer des Unternehmens nur dann haftet, wenn er durch oder aus der strafbaren Handlung bereichert ist (im Fall des § 20 Abs. 5 in der geltenden Fassung auch: bereichert werden sollte).

In Übereinstimmung mit der Rechtsentwicklung in vergleichbaren Staaten (vgl. § 73 Abs. 3 des deutschen Strafgesetzbuches, Art. 33a Abs. 2 und 3 des niederländischen Strafgesetzes idF einer Novelle vom Dezember 1992 und Art. 59 Z 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuches) soll dieser Gedanke im § 20 Abs. 4 verallgemeinert werden: Kommt jener Vermögensvorteil, der als angestrebter Erfolg der mit Strafe bedrohten Handlung üblicherweise beim Täter selbst eintritt, ausnahmsweise unmittelbar einem anderen zugute, so soll eine Abschöpfung auch bei diesem möglich sein. Zu denken ist dabei vor allem an jene Fälle, in denen der Täter nicht auf eigene, sondern auf fremde Rechnung (deliktisch) handelt, etwa als Angestellter eines Unternehmens, oder in denen der Täter eines Bestechungsdeliktes die Leistung nicht an sich selbst, sondern etwa an einen nahen Angehörigen erbringen läßt. Der Anwendungsbereich der Bestimmung entspricht daher der Umschreibung des Bereicherungsvorsatzes in vielen Vermögensdelikten („sich oder einen Dritten . . . unrechtmäßig zu bereichern“) und des durch Bestechungsdelikte begünstigten Personenkreises („für sich oder einen Dritten fordert, annimmt oder sich versprechen läßt“).

Die Bestimmung folgt damit dem Grundsatz, daß die unrechtmäßige Bereicherung bei demjenigen rückgängig gemacht werden soll, bei dem sie eingetreten ist. Eine Haftung des Täters und des Bereicherten für ein und denselben Betrag ist nicht mehr vorgesehen; es wird darauf ankommen, wem die Bereicherung oder der Vermögensbestandteil wirtschaftlich zuzurechnen ist.

Verschafft der Täter die unrechtmäßige Bereicherung auf die beschriebene Weise nicht einer natürlichen, sondern einer juristischen Person oder Personengesellschaft, so ist kein Grund ersichtlich, warum diese anders behandelt werden sollte. Der Entwurf schlägt daher vor, auch gegen juristische Personen oder Personengesellschaften mit Abschöpfung vorzugehen, wenn diese unmittelbar durch die Tat unrechtmäßig bereichert worden sind. An Personengesellschaften kommen nur jene in Betracht, die rechtsfähig sind; dazu gehören etwa neben Handelsgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuches auch Erwerbsgesellschaften nach dem Erwerbsgesellschaftengesetz.

Grundsätzlich gelten die gleichen Überlegungen, wenn eine zunächst bereicherte natürliche Person (sei es der Täter oder ein Dritter) stirbt oder eine juristische Person oder Personengesellschaft beendet wird und die Bereicherung auf einen Rechtsnachfolger übergeht. Erfaßt werden sollen jene Fälle, in denen der Tod der natürlichen Person bzw. die Beendigung der juristischen Person oder Personengesellschaft mit dem Übergang der Bereicherung an den oder die Rechtsnachfolger in unmittelbarem Zusammenhang steht. Im gesellschaftsrechtlichen Bereich ist dabei an die Fälle der Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, Übernahme nach § 142 des Handelsgesetzbuches, Einbringung nach § 61a des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder § 92 Abs. 4 des Bankwesengesetzes usw., aber auch an die bloße Liquidation zu denken.

In all diesen Fällen wird freilich der Anwendung der Härteklausel (§ 20a Abs. 2 Z 2) besondere Bedeutung zukommen. So wird etwa im Rahmen der dort vorzunehmenden Gesamtbetrachtung in Rechnung zu stellen sein, ob der Rechtsnachfolger jenes Vermögen, in dem die Bereicherung enthalten ist, entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat. Eine Abschöpfung beim Rechtsnachfolger wird wohl praktisch ausgeschlossen sein, wenn die Bereicherung gutgläubig verbraucht wurde.

7. Ist die Bereicherung im Vermögen mehrerer Personen eingetreten, so soll, gleichgültig um welchen der in Abs. 1 bis 5 angeführten Fälle es sich handelt, nach § 20 Abs. 6 grundsätzlich bei jeder Person der Betrag abgeschöpft werden, um den sie bereichert ist; auch hier wird keine genaue Berechnung zu verlangen sein, sondern nur eine „gewichtsmäßige Entsprechung“. Ist auch dies nicht möglich, so kann das Gericht die Anteile schätzen.

8. Im § 20a sind alle jene Fälle zusammengefaßt, in denen eine Abschöpfung der Bereicherung nicht anzuordnen ist, obwohl die im § 20 genannten Voraussetzungen gegeben sind. In den in Abs. 1 angeführten Fällen ist eine Bereicherungsabschöpfung von vornherein ausgeschlossen; nach Abs. 2 hat das Gericht bei bestimmten Konstellationen auf Grund einer Interessensabwägung zu entscheiden, ob und inwieweit es eine Abschöpfung anordnet.

Die im geltenden Recht vorgesehene Untergrenze des Bereicherungsausmaßes von 1 Million Schilling soll aufgegeben werden, da diese zu einer weitgehenden Unanwendbarkeit des § 20a geführt hat und (deshalb) auch in der Literatur kritisiert wurde (vgl. ZIPF, ÖJZ 1988, 440; SCHMOLLER, ÖJZ 1990, 258 f.). Eine Abschöpfung soll nach § 20a Abs. 1 Z 1 nur dann nicht stattfinden, wenn die Bereicherung den Betrag von 100 000 S nicht übersteigt. Damit soll ein – wohl auch von der kriminalpolitischen Zielrichtung her indizierter – Kompromiß zwischen der (inhibierenden) geltenden Untergrenze und der in der Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1994 vorgeschlagenen Untergrenze von 25 000 S festgelegt werden, zumal diese Untergrenze Befürchtungen begegnete, daß damit auch die Alltagskriminalität getroffen werden könnte. Freilich muß die Bereicherung – wie schon nach geltendem Recht (vgl. den Bericht des Justizausschusses zum Strafrechtsänderungsgesetz 1987, 359 BlgNR XVII. GP, 7) – nicht aus einer Tat herrühren, sondern kann auch das Produkt mehrerer strafbarer Handlungen sein, deren Erlöse sohin bei Anwendung der Untergrenze zusammenzurechnen sind.

§ 20a Abs. 1 Z 2 bestimmt, daß der Abschöpfungsanspruch des Staates gegenüber zivilrechtlichen Ansprüchen, insbesondere Schadenersatzansprüchen, aus der Tat subsidiär ist. Anders als nach § 20a Abs. 2 Z 3 in der geltenden Fassung soll die Bereicherungsabschöpfung jedoch nur dann zurücktreten, wenn und soweit der Geschädigte befriedigt ist oder einen Exekutionstitel erlangt hat.

Schließlich soll die Bereicherungsabschöpfung auch in all jenen Fällen zurücktreten, in denen die Rechtsordnung, unter welchem Titel auch immer, Rechtsfolgen vorsieht, deren Zweck auch in der Abschöpfung des durch eine Straftat Erlangten besteht, etwa im Zug eines zivilgerichtlichen oder finanzbehördlichen Verfahrens. Hat sich der Geschädigte dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen, so wird das Gericht danach zu trachten haben, im Strafverfahren vornehmlich über dessen Ansprüche mitzuentscheiden (statt etwa eine Abschöpfung der Bereicherung anzuordnen und den Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg zu verweisen).

Nach § 20a Abs. 2 Z 1 kann das Gericht von der Abschöpfung absehen, soweit diese einen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand verursachen würde; dabei kann es sich um aufwendige Ermittlungen, aber auch um eine vorhersehbar aufwendige Vollstreckung handeln. Die Unverhältnismäßigkeit kann sich aus einer Abwägung des abzuschöpfenden Betrages, aber auch der Einbringungswahrscheinlichkeit, gegenüber demVerfahrensaufwand ergeben. Die Bestimmung ist also als Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu verstehen.

Schließlich soll eine Abschöpfung ganz allgemein immer dann unterbleiben, wenn eine Gesamtbetrachtung der Folgen der Tat ergibt, daß eine zusätzlich angeordnete Abschöpfung eine überharte Kumulation von Unrechtsfolgen darstellen würde (Abs. 2 Z 2, „Härteklausel“). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Bereicherung nicht mehr vorhanden ist oder wenn andere Ziele des Strafrechts, wie die Sicherung der sozialen Wiedereingliederung des Täters, dem Abschöpfungsinteresse vorgehen. Andere Unrechtsfolgen der Tat (Strafen, Schadenersatzleistungen usw.) sind in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen. Besonderes Augenmerk wird auf die erwähnte Abwägung dann zu legen sein, wenn sich die Abschöpfung nicht gegen den Täter, sondern nach § 20 Abs. 4 oder 5 gegen eine von diesem verschiedene Person richten soll, insbesondere wenn diese Person die Vermögenswerte gutgläubig erlangt hat.

9. Der neue Verfall (§ 20b), der sich ungeachtet der Wortgleichheit grundlegend vom Verfall des geltenden Rechts unterscheidet, soll in drei Fällen, in denen die Bereicherungsabschöpfung nicht möglich ist, deren Funktion übernehmen. Der Verfall ist zum Unterschied von der personenbezogenen Abschöpfung gegenstandsbezogen und erfaßt Vermögenswerte, die durch eine Straftat oder als Zuwendung für deren Begehung erlangt worden sind oder die Surrogate des unmittelbar Erlangten darstellen (unter der Voraussetzung, daß eine lückenlose Kette von Umtauschvorgängen vorliegt bzw. nachweisbar ist). Aller­dings soll hier auf das Nettoprinzip verzichtet werden, weil kein Raum (und sehr oft auch gar keine hinreichende Entscheidungsgrundlage) für die Berücksichtigung von Aufwendungen besteht, die von einer kriminellen Organisation, einem Unbekannten oder einem nicht greifbaren Ausländer erbracht wurden.

Der Verfall ist für folgende drei Anwendungsfälle vorgesehen:

Zum einen sollen – nach dem Vorbild des Art. 59 Ziffer 3 erster Satz des Schweizerischen Strafgesetzbuches (vgl. dazu die „Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes“ vom 30. Juni 1993) – Vermögenswerte einer kriminellen Organisation für verfallen erklärt werden, und zwar ohne daß nachgewiesen werden muß, aus welcher konkreten Tat ein bestimmter Vermögenswert stammt. Unter „Vermögenswerten einer kriminellen Organisation“ sind dabei Vermögenswerte zu verstehen, die der Verfügungsmacht der kriminellen Organisation unterliegen. Daß ein bestimmter Vermögenswert der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegt, soll deswegen für sich genommen verfallsbegründend sein können, weil solche Vermögenswerte mit großer Wahrscheinlichkeit deliktischer Herkunft sind und überdies zur Begehung (weiterer) strafbarer Handlungen benützt werden. Indem der kriminellen Organisation die finanzielle Basis entzogen wird, soll der Verfall daher insoweit (auch) präventiv wirken. Bei der Verfügungsmacht kann es nicht bloß auf die rechtliche Verfügungsmacht ankommen. Gerade angesichts der für das organisierte Verbrechen typischen Vermögensverwaltung über Strohfirmen und Strohmänner (aber auch gutgläubige Dritte) muß der Durchgriff durch bloß scheinbare, formale Verfügungsberechtigungen auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit möglich sein. Diese tatsächliche Verfügungsmacht wird – in Anlehnung an den strafrechtlichen Gewahrsamsbegriff – regelmäßig insoweit angenommen werden können, als eine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit, verbunden mit dem entsprechenden Herrschaftswillen, besteht.

Zum anderen sollen Verfallsverfahren durchgeführt werden, wenn im Inland vorgefundene Vermögenswerte aus einer im Ausland von einem Ausländer begangenen Straftat stammen, für die mangels eines sonstigen Inlandsbezuges keine österreichische Gerichtsbarkeit besteht (Abs. 2 Z 1, s. auch die Erläuterungen zu § 65a StGB), oder wenn Vermögenswerte aufgefunden werden, die aus Straftaten herrühren und keinem bestimmten Täter zugeordnet werden können (Abs. 2 Z 2).

Nach § 20b Abs. 3 soll der Verfall unterbleiben, wenn die Vermögenswerte durch die Vollstreckung einer ausländischen strafgerichtlichen Entscheidung erfaßt werden oder der Zweck des Verfalls durch andere rechtliche Maßnahmen erreicht wird (analog zu § 20a Abs. 1 Z 2 StGB idF des Entwurfes).

Eine Bestimmung über die nachträgliche Änderung der Verfallsentscheidung findet sich im vorgeschlagenen § 31a Abs. 4.

Der Verfall wird in der Regel in einem selbständigen (objektiven) Verfahren anzuordnen sein. Verfahrensrechtliche Bestimmungen werden dafür Vorsorge zu treffen haben, daß das Verfallsverfahren und das Verfallserkenntnis bestimmte Publizitätserfordernisse erfüllen und daß die Überleitung eines Verfallsverfahrens in ein Abschöpfungsverfahren ermöglicht wird, wenn der Täter bekannt oder greifbar wird.

Zu Art. I Z 2 (§ 19 Abs. 4 StGB):

Die – etwas modifizierte – Bestimmung findet sich nun aus systematischen Gründen im neuen § 31a Abs. 2.

Zu Art. I Z 4 (§ 26 StGB):

Grund für die Einziehung eines Gegenstandes ist, daß dieser auf Grund seiner besonderen Beschaffenheit (§ 26 Abs. 1) „Quelle einer Gefahr“ (RV zum StGB 30 BlgNR XIII. GP, 113) ist. Das Gesetz ist jedoch nur auf solche Gegenstände zugeschnitten, in denen die besondere Beschaffenheit der Gegen­stände diesen gleichsam unverrückbar anhaftet (vgl. die in der RV, aaO, genannten Beispiele: Spezialwerkzeuge zur Begehung von Einbrüchen, Sprengstoffe, Rauschgifte, Falschgeld, gefälschte öffentliche Urkunden).

Nicht selten wird die undifferenzierte Einziehung des Gegenstandes den Betroffenen wirtschaftlich unbillig hart treffen; dies ist jedoch nicht gerechtfertigt, weil die Einziehung keine Strafe, sondern nur eine vorbeugende Maßnahme ist. Andererseits ist in vielen Fällen eine Beseitigung der Gefahrenquelle durch ein gelinderes Mittel als die Einziehung möglich. In strafrechtlichen Nebengesetzen wird diese Problematik – mit durchaus unterschiedlichen Lösungsmodellen – berücksichtigt. So trifft etwa das Weingesetz differenzierte Regelungen über die Verwertung eingezogener oder beschlagnahmter Getränke (§ 63) und ermöglicht „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ die Ausfolgung des Erlöses an den Betroffenen (§ 62 Abs. 3). Letztere Möglichkeit sieht auch das Lebensmittelgesetz vor (§ 65 Abs. 4); eine Einziehung ist nach § 65 Abs. 1 LMG ausgeschlossen, wenn „Gewähr geboten ist, daß die Mittel, Stoffe oder Gegenstände nicht unter Verletzung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der auf Grund desselben erlassenen Verordnungen in Verkehr gebracht werden“. Schließlich ist nach § 33 Abs. 4 des Mediengesetzes an Stelle der Einziehung „dem Medieninhaber (Verleger) auf seinen Antrag hin aufzutragen, innerhalb einer ihm zu setzenden angemessenen Frist durch Abtrennung von Teilen, Überklebung oder auf eine andere geeignete Weise dafür zu sorgen, daß die die strafbare Handlung begründenden Stellen bei einer weiteren Verbreitung der Medienstücke nicht mehr wahrnehmbar sind“.

Das deutsche Strafrecht (§ 74b dStGB) kennt – ebenfalls als Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – die Anordnung „weniger einschneidender Maßnahmen, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann“; unter anderem sind die Anweisungen angeführt, die Gegenstände unbrauchbar zu machen oder bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen an ihnen zu beseitigen.

Allen diesen Bestimmungen liegt der Gedanke zugrunde, daß der Zweck der Einziehung nicht darin besteht, dem Betroffenen Vermögenswerte zu entziehen oder diese zu vernichten, sondern in der Beseitigung der Gefahr. Als Ausformung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der das gesamte Maßnahmenrecht durchzieht (PALLIN im Wiener Kommentar, Rz 11 zu § 26 StGB) schlägt der Entwurf daher vor, daß von einer Einziehung abzusehen sein soll, wenn die besondere, Gefahren begründende Beschaffenheit des Gegenstandes auf welche Weise immer beseitigt wird. Dabei soll es nicht Aufgabe des Gerichtes sein, nach einer möglichst wirtschaftlichen Vorgangsweise zu suchen, vielmehr soll dies dem durch die Einziehung Betroffenen obliegen – gleichgültig, ob es sich um den Täter oder einen Dritten handelt. Die Kosten der vorzunehmenden Veränderungen werden selbstverständlich vom Einziehungsbetroffenen zu tragen sein.

Ein Anwendungsfall der vorgeschlagenen Bestimmung wird der Transport von Suchtgiften in einem mit speziellen Verstecken präparierten Fahrzeug sein. Soweit solche Fahrzeuge nicht ohnehin dem Verfall nach § 17 des Finanzstrafgesetzes unterliegen, werden sie nach § 26 StGB nur dann eingezogen werden können, wenn eine Entfernung der als Versteck verwendeten Vorrichtungen nicht möglich ist oder sich der Betroffene weigert, die Entfernung (auf seine Kosten) durchführen zu lassen. Die vorgeschlagene Bestimmung ersetzt daher auch § 13 Abs. 3 SGG.

Zu Art. I Z 5 (§ 31a StGB):

1. Das geltende Strafrecht kennt mehrere Bestimmungen, nach denen eine einmal festgesetzte Sanktion auf Grund nachträglich eingetretener oder bekanntgewordener Umstände (zugunsten des Verurteilten) geändert werden kann. Neben der zentralen Bestimmung des § 410 StPO über die nachträgliche Strafmilderung finden sich solche Regelungen auch in § 19 Abs. 4 StGB (Neubemessung des Tagessatzes) und § 20a Abs. 4 StGB (Änderung einer Entscheidung auf Abschöpfung der Bereicherung).

3

Im Zuge der Neuordnung der vermögensrechtlichen Anordnungen ist die zuletzt genannte Bestimmung anzupassen, daneben ist eine analoge Bestimmung für den neuen Verfall zu schaffen.

Darüber hinaus scheint auch § 410 StPO überarbeitungsbedürftig. Zum einen enthält diese Bestimmung eine Vermengung von materiellem und prozessualem Recht. Zum anderen genügt das im § 410 StPO vorgesehene Verfahren („Rechtsgespräch“ zwischen den Gerichtshöfen erster und zweiter Instanz) modernen rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr, unterscheidet sich in einer sachlich nicht begründ­baren Weise von dem im § 410a StPO (für die in den §§ 19 Abs. 4 und 20a Abs. 4 StGB geregelten Fälle) vorgesehenen Verfahren und hat auch in der Praxis zu Unzukömmlichkeiten geführt, insbesondere bei der Anwendung der auf § 410 StPO aufbauenden Bestimmung des § 23a Abs. 2 SGG.

2. Es bietet sich daher an, eine materiellrechtliche Grundlage für die nachträgliche Strafmilderung im StGB zu schaffen, die Regelungen der Neubemessung des Tagessatzes und der nachträglichen Änderung von Abschöpfungs- und Verfallsentscheidungen anzufügen und für alle diese Fälle ein einheitliches Verfahren vorzusehen (§ 410 StPO idF des Entwurfes).

3. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Strafmilderung nach Abs. 1 unterscheiden sich nicht von jenen, die im § 410 StPO in der geltenden Fassung vorgesehen sind.

Die in Abs. 2 vorgesehene Regelung unterscheidet sich von § 19 Abs. 4 in der geltenden Fassung    inso­weit, als das Erfordernis der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe fallengelassen wird; dadurch soll unnötiger Verfahrensaufwand durch erfolglose Eintreibungsversuche vermieden werden.

Die Bestimmung des Abs. 3 entspricht im wesentlichen jener des geltenden § 20a Abs. 4 StGB. Als Sonderfall der nachträglich eintretenden Umstände wird die nachträgliche Schadenswiedergutmachung hervorgehoben; wird nachträglich ein Exekutionstitel iS des § 20a Abs. 1 Z 2 geschaffen, so wird dies einen sonstigen Umstand darstellen, der zu einer Änderung der Entscheidung führen wird. Weiters wird eine Gleichbehandlung für den Fall sichergestellt, daß anspruchsmindernde Umstände zwar ursprünglich bereits vorhanden gewesen sind, aber erst nachträglich bekannt werden.

Analog dazu enthält Abs. 4 die Grundlage für eine nachträgliche Anpassung einer Verfallsentscheidung.

Zu Art. I Z 6 (§ 32 Abs. 2 StGB):

I. Im § 32 Abs. 1 StGB ist festgelegt, daß Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters ist. Darüber, ob bzw. welche weiteren Kriterien in die Entscheidung über die konkrete Ausformung der Strafe einzufließen haben, bestehen divergierende Auffassungen; insbesondere die Frage nach dem Einfluß von Präventionserwägungen wird unterschiedlich beantwortet. Nach Auffassung des überwiegenden Teils der Lehre (BURGSTALLER, ZStW 1982, 131 ff.; LEUKAUF–STEININGER, StGB3, Rz 9 f. zu § 32, ua.) sind – im Rahmen des Tatschuldangemessenen – auch Belange der Spezial- und der Generalprävention zu berücksichtigen. Diese Ansicht wird von der Judikatur grundsätzlich geteilt (ÖJZ-LSK 1979/2, 1981/3, 1983/7, 1984/38 ua.).

Nach Auffassung des Entwurfes ist der im Schrifttum vorherrschenden Auffassung und der ihr folgenden Judikatur grundsätzlich zuzustimmen. Dafür spricht zum einen die Intention des Gesetzgebers des Strafgesetzbuches, der die Strafe nicht zuletzt als Mittel zur Resozialisierung des Rechtsbrechers verstanden wissen wollte (RV 1971, 30 BlgNR XIII. GP, 55), aber auch, daß nicht einzusehen wäre, daß Präventionsbedürfnisse zwar in besonderen Bereichen der Strafbemessung (§§ 37, 42, 43 und 43a) zu berücksichtigen sind, nicht aber im allgemeinen Kernbereich der Strafbemessung im engeren Sinn.

II. 1. Um diese Auffassung, welche die Strafe eher als an den Ergebnissen der modernen Verhaltensforschung ausgerichtete Zweckstrafe betrachtet, legislativ zu untermauern, schlägt der Entwurf vor, in Anlehnung an die Regelungen des § 46 Abs. 1 des deutschen Strafgesetzbuchessowie des Art. 49 Abs. 1 („Strafzumessung“) des Vorentwurfes der Expertenkommission zum Allgemeinen Teil des Schweizerischen Strafgesetzbuches in § 32 Abs. 2 StGB (Allgemeine Grundsätze der Strafbemessung) eine Wendung einzufügen, wonach das Gericht bei der Bemessung der Strafe nicht nur die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, sondern „auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen (hat)“. Damit soll der Primat der Schuld als Grundlage und Rahmen für die Bemessung der Strafe unangetastet bleiben, zugleich aber klargestellt werden, daß Schuldausgleich durch Strafe kein Selbstzweck sein darf, sondern die Strafe in der Regel nur insoweit und in der Form gerechtfertigt ist, als sie sich zugleich als notwendiges Mittel zur Erfüllung der präventiven und damit auch (re-)sozialisierenden Aufgaben des Strafrechts erweist. „Für die Strafzumessung im Einzelfall ergibt sich daraus, daß der Richter darauf zu achten hat, daß die Sanktion (abgesehen von der Generalprävention, die in jedem Fall zum Tragen kommt) der Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft, soweit nötig, dient und ihn auf der anderen Seite, soweit möglich, nicht aus gesicherten sozialen Verhältnissen herausreißt“ (JESCHECK, Strafrecht, AT4, 787).

2. Das vorgeschlagene Erfordernis, bei der Strafbemessung nicht nur die allgemein gehaltenen Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen, sondern auch auf Auswirkungen der Strafe und sonstiger Tatfolgen auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen, hat im Begutachtungsverfahren bei einigen Stellen die Befürchtung hervorgerufen, dies könnte zu einer Ungleichbehandlung von Tätern je nach ihrer gesellschaftlichen Stellung führen. Der Entwurf geht jedoch davon aus, daß gerade das Gegenteil der Fall ist: Eine Sanktion ist nämlich nicht dann „gerecht“, wenn sie – sozusagen als objektive Größe – für jede Tat in quantitativer und qualitativer Hinsicht völlig gleich ausgemessen wird, sondern wenn jeder Täter – unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich seines sozialen Umfeldes – durch die für eine bestimmte Tat verhängte Strafe in gleicher Weise belastet wird. Diese Erkenntnis lag in gewisser Weise auch den Überlegungen anläßlich der Einführung des Tagessatzsystems für die Bemessung der Geldstrafe zugrunde, welches davon ausgeht, daß „bei der Unterschiedlichkeit der Einkommens- und Vermögensverhältnisse (....) gleiche Taten verschiedener Täter mit Beträgen von sehr unterschiedlicher Höhe belegt werden, wenn das Strafübel für den Betroffenen jeweils gleich schwer wiegen soll“ (30 BlgNR XIII. GP, 93).

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung der Grundsatzbestimmung über die Strafbemessung soll somit sichergestellt werden, daß sich das Gericht bei der Strafbemessung eingehend mit der Frage befaßt, wie sich die Strafe und deren Vollstreckung in ihrer Gesamtauswirkung auf den Täter, dessen berufliche und soziale Stellung, sein Fortkommen sowie auf seine innere Festigkeit im Hinblick auf das Unterbleiben künftiger Straftaten auswirken werden, wobei den Bereichen Arbeit, Ausbildung und Wohnung sowie familiären und sonstigen partnerschaftlichen Beziehungen besonderes Augenmerk zugewendet werden soll. Nur durch eine möglichst genaue Prüfung dieser Umstände kann eine „gerechte“ Strafe verhängt und damit die Gefahr ausgeschaltet oder zumindest gering gehalten werden, daß die entsozialisierenden Wirkungen der Strafe die (re-)sozialisierenden überwiegen. Insbesondere bei Beantwortung der Frage, ob eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bzw. ob diese bedingt, teilbedingt oder unbedingt verhängt werden sollen, werden der Grad der sozialen Verankerung und die anderen Lebensumstände des Täters eine wesentliche Rolle spielen; auch für die Entscheidung, ob eine Weisung erteilt oder Bewährungshilfe angeordnet werden soll, können sie maßgebend sein. Die Bedachtnahme auf (alle) Auswirkungen der Strafe auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft unterstreicht den Grundsatz, daß Strafe möglichst nicht zur Entsozialisierung des Täters führen soll. Sie verdeutlicht im besonderen, daß die fast in jedem Fall mit sozial abträglichen Wirkungen verbundene (unbedingte) Freiheitsstrafe in der Skala der strafrechtlichen Reaktionsweisen einen „Qualitätssprung“ darstellt und deshalb – im Sinne des ultima-ratio-Grundsatzes – nur nach sorgfältiger Abwägung ihrer „kontraproduktiven“ (entsozialisierenden und deshalb die Gefahr neuer Straftaten vergrößernden) Begleiterscheinungen und mit großer Zurückhaltung eingesetzt werden darf.

Grundsätzlich ist zu erwarten, daß die Berücksichtigung auch der Auswirkungen von Strafen und anderen Tatfolgen auf die soziale (Re-)Integration des Täters sich im Ergebnis häufig strafmildernd auswirken wird. Dennoch ist die vorgeschlagene Erweiterung des § 32 Abs. 2 StGB nicht als gesetzlicher Auftrag zu verstehen, Strafen generell zu mildern. Im Einzelfall kann auch die Verhängung einer höheren Strafe oder die Wahl einer belastenderen Strafart das Ergebnis der stärkeren Berücksichtigung solcher Überlegungen sein.

3. Bei Bemessung der Strafe sollen nicht nur deren Auswirkungen, sondern – soweit sie für das Gericht konkret abschätzbar sind – auch die „anderer zu erwartender Folgen der Tat“ auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft, Berücksichtigung finden. Unter solchen „anderen Folgen“ sind alle von der eigentlichen Strafe verschiedenen, unmittelbar oder mittelbar nachteiligen Folgen der Tat zu verstehen, die für sich allein oder im Zusammenhalt mit anderen Auswirkungen Einfluß auf die (Re-)Sozialisierung und das weitere Leben des Täters haben können. Je nach Sachlage können darunter etwa der Verlust des Arbeitsplatzes, der sonstige Verlust oder die Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Existenz oder andere wirtschaftliche Belastungen des Täters, ferner auch verwaltungsrechtliche Folgen (etwa der Verlust von Berechtigungen usw.), aber auch eigene Verletzungen des Täters fallen, soweit diese auf sein Fortkommen Einfluß haben können. Im Einzelfall wird es auf das Ausmaß solcher Auswirkungen auf die (Wieder-)Eingliederung des Täters in die Gesellschaft ankommen.

4. Im Hinblick auf den – im weiteren Sinn – spezialpräventiven Charakter der vorgeschlagenen Regelung können Auswirkungen der über den Täter zu verhängenden Strafe oder anderer Folgen der Tat auf andere Personen als den Täter bei der Bemessung der Strafe nur insoweit von Bedeutung sein, als sie sich auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft auszuwirken vermögen. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn eine dem Täter „persönlich nahestehende Person“ (im Sinne des unter Art. I Z 8 vorgeschlagenen § 34 Z 19 StGB) durch die Tat oder als deren Folge so schwer verletzt ist, daß sie ständiger Pflege oder Obsorge durch den Täter bedarf, oder diese Person auf Grund ihrer Verletzungen, ihrer wirtschaftlichen Beeinträchtigung udgl. ihrer Sorgepflicht gegenüber dem Täter nicht mehr oder nur noch in eingeschränktem Maß nachkommen kann.

Zu Art. I Z 7 (§ 33 Z 5 StGB):

1. In letzter Zeit haben Gewaltakte gegen Personen auf Grund ihrer (tatsächlichen oder vermeintlichen) Herkunft, Nationalität, Religions- oder Volkszugehörigkeit, Rasse oder Hautfarbe oder auch gegen solche Personen, die sich für deren Rechte einsetzen, deutlich zugenommen. Seit Dezember 1993 sind in Österreich fünf Briefbombenserien organisiert und durchgeführt worden, bei denen mehrere Personen im In- und Ausland zum Teil schwer verletzt wurden. Durch Anschläge mittels Rohrbomben wurden vier Personen einer österreichischen Minderheit getötet und drei weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Die Begleitumstände der erwähnten Taten (Bekennerschreiben, Auswahl der Opfer usw.) lassen mit großer Wahrscheinlichkeit auf rassistische bzw. fremdenfeindliche Motive schließen.

Eine Zunahme ähnlicher Gewalttaten gegen Personen, aber auch gegen Institutionen und Objekte, ist in mehreren anderen westeuropäischen Staaten ebenfalls zu beobachten. So wurden in den letzten Jahren in Deutschland zahlreiche Brandanschläge auf Wohnheime von Asylwerbern begangen, bei denen mehrere Personen starben und viele schwer verletzt wurden. Derartige Brandanschläge ereigneten sich auch in Belgien und Dänemark. In Spanien wurden Einwanderer in einer paramilitärischen Aktion mit Maschinengewehren beschossen und dabei eine Person getötet, in Frankreich wurde unter anderem ein Schüler ausländischer Herkunft offensichtlich aus fremdenfeindlichen Motiven erschossen, in Italien wurden zwei zehnjährige Kinder ausländischer Herkunft mittels eines in einer Puppe versteckten Sprengstoffes schwer verletzt, in Schweden mehrere Einwanderer in Tötungsabsicht angegriffen, in den Niederlanden wurde ein Sprengsatz an einem Wohnwagen einer Flüchtlingsfamilie zur Detonation gebracht, und in Portugal sowie im Vereinigten Königreich ereigneten sich zahlreiche gewalttätige Ausschreitungen bei Fußballspielen, wobei nicht zuletzt fremdenfeindliche und rassistische Beweggründe vorhanden waren.

2. Das Strafrecht hat in diesem Zusammenhang – unter Berücksichtigung internationaler Trends und Bemühungen, vor allem im Rahmen des Europarates und der Europäischen Union – die Aufgabe, den verschiedenen Erscheinungsformen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verstärkt und entschlossen entgegenzutreten. Dies wird in Österreich zum Teil durch speziell vertypte Verhaltensweisen (insbesondere Völkermord und Verhetzung, aber auch Beleidigung, Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen sowie die Bestimmungen zum Schutz des religiösen Friedens im StGB; die Tatbestände des Verbotsgesetzes; im Bereich des Verwaltungsstrafrechts etwa die Tatbestände des Art. IX Abs. 1 Z 3 und 4 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, BGBl. Nr. 50/1991 idF BGBl. Nr. 143/1992, sowie des § 3 des Abzeichengesetzes, BGBl. Nr. 84/1960 idF BGBl. Nr. 117/1980) angestrebt. Zum Teil erfüllen fremdenfeindlich motivierte Taten aber keinen besonders vertypten Straftatbestand, sondern gehen im allgemeinen Deliktskatalog des StGB auf (etwa bei Straftaten gegen Leib und Leben oder gegen fremdes Vermögen oder bei gemeingefährlichen strafbaren Handlungen). Um zu verhindern, daß rassistische und xenophobe Motive bei solchen Tathandlungen, die nicht unter die genannten Spezialtatbestände fallen, ohne weitere Berücksichtigung bleiben, erscheint es angebracht, rassistische oder fremdenfeindliche Beweggründe als Beispiele für besonders verwerfliche Formen der Tatbegehung im Bereich der besonderen Erschwerungsgründe ausdrücklich hervorzuheben. Damit soll bei der Strafbemessung die Mißbilligung und Ablehnung von rassistischen und fremdenfeindlichen Verhaltensweisen deutlich zum Ausdruck gebracht werden können.

Mit dieser erschwerenden Berücksichtigung von rassistischen und fremdenfeindlichen Beweggründen bei der Strafzumessung kommt Österreich auch einem konkreten Vorschlag der vom Europäischen Rat 1994 im Rahmen der Europäischen Union eingesetzten „Beratenden Kommission Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ nach.

Zu Art. I Z 8 (§ 34 StGB):

I. Zu den Aufgaben der Strafrechtspolitik gehört es, Vorkehrungen für eine Strafzumessung zu treffen, die eine dem Schuld- und Unrechtsgehalt einer Verurteilung möglichst angemessene und sowohl von der Allgemeinheit als auch (nach Möglichkeit) vom Täter selbst als recht und billig empfundene „Betroffenheit“ des Täters erreicht. Eine solche Betroffenheit ergibt sich angesichts vielfältiger rechtlicher, sozialer und wirtschaftlicher Verflechtungen häufig nicht erst oder nicht allein durch das Verspüren des Strafübels selbst, sondern auch – und in vielen Fällen sogar vor allem – aus anderen den Täter treffenden nachteiligen Folgen der Tat. Diese können aus der Tat unmittelbar erwachsen, zB die eigene Verletzung oder die Beschädigung des eigenen Fahrzeugs bei einem Unfall, oder auch mittelbare Folgen der Tat sein, etwa der Verlust des Arbeitsplatzes, von Berufsberechtigungen oder der Befugnis zum Lenken eines Kraftfahrzeuges, aber auch Krankheiten, Regreßansprüche von Versicherungen usw. sowie die mit einem Strafverfahren verbundenen psychischen und wirtschaftlichen Belastungen des Beschuldigten.

Im Einzelfall werden solche Umstände von den Strafgerichten nicht selten berücksichtigt. Eine Ergänzung der im § 34 StGB demonstrativ aufgezählten Milderungsgründe erscheint jedoch angezeigt, um damit deutlicher herauszustellen, daß die Strafe als ultima ratio gesellschaftlicher Sanktionsmittel – beinahe nach Art einer „Zusatz“-Sanktion – nur jenes Strafbedürfnis erfüllen soll, das unter Berücksichtigung der den Täter ohnehin direkt oder indirekt treffenden Tatfolgen im Einzelfall (über diese hinaus) tatsächlich besteht.

Ein solches Vorgehen erscheint angesichts der überaus unterschiedlichen Auswirkungen, die die Begehung einer Straftat auf den Täter selbst haben kann, nicht nur „gerechter“ und damit einer Wiedereingliederung des Rechtsbrechers förderlicher, sondern kann auch mit dem Verständnis der Rechtsgemeinschaft rechnen, die schon seit jeher mehr die Gesamtbetroffenheit des Täters als die gerichtliche Strafe allein als maßgeblich angesehen hat.

II.1. Mit der vorgeschlagenen Einführung des neuen Milderungsgrundes der Z 19 soll ausdrücklich festgehalten werden, daß es dem Täter in jedem Fall bei der Strafbemessung als Milderungsgrund in Rechnung zu stellen ist, wenn „er dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat“.

2. Mit dem Begriff der „beträchtlichen“ Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung soll – wie auch in den §§ 93 Abs. 1 und 94 Abs. 3 StGB – ein Maß zwischen einer ganz leichten und einer schweren Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung ausgedrückt werden, das sich etwa an der Regelung des geltenden § 88 Abs. 2 Z 2 und 3 orientiert. Darunter wird somit eine Körperverletzung mit einer Gesundheitsstörung oder Berufsunfähigkeit von etwa 14 Tagen oder darüber zu verstehen sein.

Einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung gleichgestellt sollen (sonstige) tatsächliche, also bereits per se wirkende, oder rechtliche, also erst auf Grund der Rechtsordnung bzw. der Tätigkeit von Behörden wirksam werdende, Nachteile sein, sofern sie von einigem Gewicht sind. Unter „gewichtigen“ Nachteilen sind solche zu verstehen, die ein Ausmaß erreichen, das die Lebensführung des Täters nachhaltig oder längerfristig beeinträchtigt, zB die Verpflichtung zu hohen Schadenersatzleistungen, der Verlust des Arbeitsplatzes oder Amtes, einer Berufs- oder Gewerbeberechtigung, der Befugnis zum Lenken eines Kraftfahrzeuges und dergleichen.

3. Im Hinblick darauf, daß der Täter in aller Regel auch dann betroffen ist, wenn (nicht er selbst, sondern) ein ihm persönlich nahestehender Mensch verletzt wird, sollen nicht nur die den Täter unmittelbar (selbst) treffenden Tatfolgen, sondern auch jene zu berücksichtigen sein, die der Täter (nur) deshalb als schmerzlich empfindet, weil sie einen ihm persönlich nahestehenden Menschen getroffen haben. Maßgeblich für die Annahme dieses Milderungsgrundes sollen die Auswirkungen der Tatfolgen auf die nahestehende Person nicht als solche sein, sondern nur insofern, als dadurch eine spürbare emotionale oder wirtschaftliche Betroffenheit des Täters eingetreten ist. Eine vom Täter selbst mit Vorsatz gegen Leib und Leben, gegen die körperliche Integrität oder sonstige Interessen der ihm nahestehenden Person gerichtete Handlung wird allerdings die Berücksichtigung einer „schmerzlichen Empfindung“ des Täters grundsätzlich ausschließen. Als Milderungsgrund könnte sie ihm nur dann zugute gehalten werden, wenn er (lediglich) fahrlässig (vgl. § 7 Abs. 2 StGB) und unerwartet eine besonders schwere Folge verursacht hat, die infolge der Umstände nach der Tat (besonders wegen des engen Zusammenlebens zwischen Täter und Opfer) auch ihn selbst merklich belastet und ihm dadurch das Unrecht seiner Verhaltensweise nachhaltig vor Augen führt, und seine Betroffenheit nach den Umständen des Falles nicht durch die Schwere des Tatvorwurfs aufgewogen wird.

Der Begriff der „persönlich nahestehenden Person“ findet sich bereits im geltenden § 74 Z 5 StGB. Bei ihr kommt es – anders als bei den Angehörigen nach § 72 Abs. 1 – nicht so sehr auf die Art oder den Grad der Verwandtschaft, sondern vielmehr auf das Naheverhältnis an, in dem die verletzte Person zum Täter steht. Die Angehörigeneigenschaft wird in der Regel zwar ein Indiz für ein solches Naheverhältnis sein, vermag dieses aber nicht schon an sich zu begründen.

Mit dem vorgeschlagenen neuen Milderungsgrund würde im übrigen auch der Empfehlung des Europarates Nr. (75) 24 vom 18. September 1975 zum Teil Rechnung getragen, wonach in jenen Fällen der Verkehrsdelinquenz von einem gerichtlichen Verfahren bzw. von einer Bestrafung abgesehen werden soll, in denen der Täter selbst oder eine ihm nahestehende Person so schwer verletzt wurden, daß eine Bestrafung sinnlos, wenn nicht inhuman wäre.

III.1. Nach Art. 6 Abs. 1 MRK hat jedermann Anspruch darauf, daß seine Sache innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird. Diese Frist beginnt mit der förmlichen Mitteilung oder sonstigen Information des Verdächtigen darüber, daß er strafrechtlich verfolgt wird (vgl. § 38 Abs. 4 StPO), und endet grundsätzlich mit der endgültigen (letztinstanzlichen) Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg. Diese kann eine gerichtliche Entscheidung, aber auch eine Einstellungserklärung der Anklagebehörde sein, sofern sie auch dem Betroffenen bekanntgegeben wird und das gesamte Verfahren (gegen ihn) betrifft (FROWEIN–PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention-Kommentar, Rz 99 ff. zu Art. 6). Was unter einer „angemessenen“ Frist zu verstehen ist, läßt sich nicht allein auf Grund der Dauer des Verfahrens als solcher ermessen, sondern ergibt sich nach der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen in erster Linie aus drei Gesichtspunkten: aus dem Umfang und der Schwierigkeit des Falles, der Art seiner Behandlung durch die mit dem Verfahren befaßten Behörden sowie aus dem Verhalten des Beschuldigten. Nimmt im Sinne dieser Kriterien die Dauer des Strafverfahrens ein Ausmaß an, das als „unangemessen“ anzusehen ist, so kann der Beschuldigte bei der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde führen und auch eine „gerechte Entschädigung“ nach Art. 50 MRK beanspruchen, doch kann nach derzeitiger österreichischer Rechtslage daraus kein Anspruch auf Strafmilderung oder gar auf Einstellung des Verfahrens oder Freispruch abgeleitet werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß ein längeres Wohlverhalten zwischen Tat und Verurteilung grundsätzlich einen Milderungsgrund im Sinn des geltenden § 34 Z 18 darstellt, weil dessen Anwendung nach oberstgerichtlicher Judikatur nur in sehr beschränktem Ausmaß, nämlich erst ab ungefähr fünf Jahren in Betracht kommt, und etwa dann nicht, wenn der Täter sofort nach der Tat in Verfolgung gezogen wurde und sich in Haft befunden hat und die späte Aburteilung der Tat bloß auf die Dauer des Verfahrens zurückzuführen ist (vgl. MAYERHOFER–RIEDER, StGB4 Anm. 56 und 56a zu § 34 Z 18 und die dort zitierte Judikatur).

Ein Beschuldigter ist jedoch während eines längeren Strafverfahrens beträchtlichen psychischen Belastungen ausgesetzt und muß während dessen Anhängigkeit häufig erhebliche rechtliche, wirtschaftliche oder persönliche Nachteile in Kauf nehmen. Es erscheint daher ebenso einsichtig wie billig, wenn eine Verzögerung, die zu einer längeren als der für die Behandlung eines Straffalles im allgemeinen erforderlichen Verfahrensdauer geführt hat, vom Gericht als Milderungsgrund in Rechnung gestellt wird. Dabei soll nicht so sehr auf ein „Verschulden“ der in Betracht kommenden Behörden, sondern vor allem auf das Ergebnis der Verzögerung, also die tatsächliche (Mehr-)Belastung des Beschuldigten abgestellt werden. Ein ähnlicher Standpunkt wird im übrigen auch von der deutschen Lehre überwiegend vertreten (vgl. RÜPING, ZStW 1979, 361; PFEIFFER im Karlsruher Kommentar, Einl. Rn 10; TREIER im Karlsruher Kommentar vor § 213 Rn 4). Auch der Vorentwurf zum Allgemeinen Teil bzw. der Bericht zur Revision des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuches erachtet im Hinblick auf die Praxis der Menschenrechtskommission die Aufnahme eines solchen Umstandes in den Katalog der Milderungsgründe (Art. 50) als erforderlich.

Eine lange Verfahrensdauer soll aber insoweit nicht strafmildernd wirken, als die eingetretene Verzögerung vom Beschuldigten oder seinem Verteidiger selbst verursacht wurde. Dies schließt – unbeschadet der Befugnis eines jeden Beschuldigten, im Strafverfahren alle ihm zustehenden Rechte in Anspruch zu nehmen – jene Zeiten ein, die infolge eigenen Verhaltens des Beschuldigten oder seines Verteidigers verlorengehen oder die zur Erledigung seiner Anträge, Beschwerden, Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe gewöhnlich erforderlich sind. Die dadurch hervorgerufene Verfahrensverlängerung soll sich für den Beschuldigten nur strafmildernd auswirken, soweit bei der Bearbeitung der Anträge usw. Verzögerungen eingetreten sind (vgl. FROWEIN–PEUKERT, aaO Rz 110 zu Art. 6).

2. Es wird daher vorgeschlagen, die im § 34 StGB demonstrativ aufgezählten Milderungsgründe durch den der „unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer“ zu ergänzen. Hiebei soll es nicht wie beim bestehenden Milderungsgrund der schon länger zurückliegenden Tat auf das „seitherige Wohlverhalten“ des Beschuldigten ankommen, doch werden Verfahrensverzögerungen infolge Einbeziehung neuer (nach Verfahrenseinleitung begangener) Straftaten des Beschuldigten grundsätzlich – nämlich solange eine solche Einbeziehung als verfahrensökonomisch zweckmäßig anzusehen ist – von diesem „zu vertreten“ (und ihm als Erschwerungsgrund zuzurechnen) sein.

Der Umstand, daß der nun vorgeschlagene Milderungsgrund unabhängig davon zum Tragen kommen soll, ob (auch) der Milderungsgrund des längeren Zurückliegens der Tat und des seitherigen Wohlverhaltens (Z 18) gegeben ist oder ob der Täter während des Verfahrens neuerlich straffällig geworden ist, soll dadurch hervorgehoben werden, daß – anders als im zur Begutachtung versendeten Ministerialentwurf – der Milderungsgrund der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer in einen eigenen Absatz 2 aufgenommen wird.

Zu Art. I Z 9 (§ 44 Abs. 2 StGB):

Mit der Umgestaltung der vermögensrechtlichen Anordnungen kennt das StGB keine Nebenstrafe mehr; Nebenstrafen gibt es dann nur noch in strafrechtlichen Nebengesetzen. § 44 Abs. 2 erster Satz ist daher entbehrlich.

Die Abschöpfung der Bereicherung und der Verfall iS des Entwurfes sind einer bedingten Nachsicht nicht zugänglich, weil es sich nicht um Strafen handelt. Dies versteht sich von selbst und muß daher im Gesetz nicht erwähnt werden.

Nach § 44 Abs. 2 zweiter und dritter Satz können Nebenstrafen und Rechtsfolgen der Verurteilung nur dann bedingt nachgesehen werden, wenn die Hauptstrafe bedingt nachgesehen wird. Diese Regelung schränkt den Entscheidungsspielraum der Gerichte unnötig ein und soll daher aufgehoben werden, sodaß es der Beurteilung der Gerichte anheimgestellt wird, ob sie Nebenstrafen und Rechtsfolgen (auch) in Fällen bedingt nachsehen, in denen die Hauptstrafe nicht (oder nur zum Teil) bedingt nachgesehen wird.

Zu Art. I Z 10 (§ 45 Abs. 1 StGB):

Hier handelt es sich lediglich um die Richtigstellung eines im Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, unterlaufenen Redaktionsversehens.

Zu Art. I Z 11 (§ 46 Abs. 4 StGB):

I. Der erste Satz des § 46 Abs. 4 StGB (vor dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987: § 46 Abs. 3) wurde – inhaltlich unverändert – aus § 12 Abs. 2 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung, BGBl. Nr. 277/1949, übernommen. Tragender Gedanke dieser Bestimmung ist, daß der kriminalpolitische Sinn der bedingten Entlassung nur erreicht wird, wenn sie einen Übertritt in die Freiheit bedeutet (30 BlgNR XIII. GP, 148). Es soll daher verhindert werden, daß ein Rechtsbrecher zwar aus einer Freiheitsstrafe bedingt entlassen wird, im Anschluß daran aber sofort eine weitere Freiheitsstrafe verbüßen muß. Um jedoch einen Rechtsbrecher, dem für einen bestimmten Zeitraum die Freiheit entzogen wird, der sich aus mehreren Freiheitsstrafen zusammensetzt, nicht gegenüber einem Rechtsbrecher schlechter zu stellen, bei dem diese Zeitspanne auf eine einzige Verurteilung zurückgeht, sind zur Berechnung des Zeitpunktes, ab dem eine bedingte Entlassung in Betracht kommt, alle hintereinander verbüßten Freiheitsstrafen zusammenzurechnen.

Die derzeit geltende Bestimmung hat sich jedoch hinsichtlich der entscheidenden Voraussetzung, in welchen Fällen eine solche Zusammenrechnung vorzunehmen ist, als nicht hinreichend deutlich erwiesen. So wurde von der Rechtsprechung mehrfach eine Zusammenrechnung in Fällen abgelehnt, in denen der Verurteilte nach Verbüßung einer ersten Freiheitsstrafe zunächst in Untersuchungshaft genommen und hierauf neuerlich in Strafhaft überstellt wurde, und zwar selbst dann, wenn die Untersuchungshaft nach § 38 auf die Strafe angerechnet wurde. Begründet wurde dies mit dem Wortlaut des Gesetzes, der eine Verbüßung mehrerer Freiheitsstrafen „unmittelbar nacheinander“ fordere.

Diese Rechtsprechung steht zum erklärten Willen des Gesetzgebers zumindest in einem Spannungsverhältnis. Während nämlich die RV zum StGB als Voraussetzung für eine bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe vorsah, daß eine gewisse Mindestzeit „in Strafhaft zugebracht“ worden sein müsse, ließ der Justizausschuß dieses Erfordernis ausdrücklich fallen und verwies darauf, daß dem Verurteilten eine erlittene Vorhaft, deren Ausmaß seinem Einfluß ja weitgehend entzogen sei, nicht zu seinem Nachteil gereichen dürfe. Die Mindesthaftzeit könne daher auch ganz oder teilweise durch eine angerechnete Vorhaft erfüllt werden (959 BlgNR XIII. GP, 11 f.; vgl. auch KUNST im Wiener Kommentar, Rz 14 zu § 46 StGB).

Dieser Grundsatz muß auch bei der Zusammenrechnung von Freiheitsstrafen für die Beurteilung gelten, zu welchem Zeitpunkt eine bedingte Entlassung zulässig ist. Wird ein Verurteilter im Anschluß an die Verbüßung einer Strafhaft in Untersuchungshaft genommen und diese schließlich auf die folgende Strafe angerechnet, so sind beide Freiheitsstrafen zusammenzurechnen. Jede andere Vorgangsweise würde zu unsachlichen und damit gleichheitswidrigen Differenzierungen führen.

II. Die vorgeschlagene Regelung soll diesen Grundsatz verdeutlichen und gleichzeitig dessen Anwendungsbereich erweitern. Eine Zusammenrechnung soll nur dann unterbleiben, wenn der Verurteilte zwischen der Verbüßung mehrerer Freiheitsstrafen tatsächlich auf freien Fuß gesetzt wird. Die Zusammenrechnung wird daher immer vorzunehmen sein, wenn der Verurteilte zwischen der Verbüßung zweier Freiheitsstrafen nicht in die Freiheit entlassen wird, sondern entweder eine Haft verbüßt, die auf eine der Freiheitsstrafen anzurechnen ist, wie eine Verwahrungs- und Untersuchungshaft nach § 38 StGB oder ausländische Strafzeiten nach § 66 StGB, oder auf Grund einer anderen behördlichen Anordnung angehalten wird. Solche – auf die Freiheitsstrafe nicht anzurechnende – Anhaltungen sind zB mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen nach §§ 21 ff. StGB, die Schubhaft nach dem Fremdengesetz, die Auslieferungshaft, die Beugehaft nach § 360 der Exekutionsordnung, aber auch eine Unterbringung ohne eigenes Verlangen nach dem Unterbringungsgesetz (vgl. FOREGGER–SERINI, StGB5 Anm. II zu § 49). Lege non distinguente wird auch eine im Ausland erlittene Anhaltung zu berücksichtigen sein.

Der Begriff der „Anhaltung auf behördliche Anordnung“ wird im StGB bereits in den §§ 23 Abs. 4, 39 Abs. 2, 49 und 60 Abs. 2 Z 3 StGB verwendet. In diesen Bestimmungen geht es um die Nichteinrechnung der Zeiten, in denen der Verurteilte auf behördliche Anordnung angehalten worden ist, in Fristen, innerhalb derer bestimmte Verhaltensweisen (besonders ein Rückfall) für den Verurteilten negative Rechtsfolgen nach sich ziehen. Dem Verurteilten soll in diesen Fällen sein Wohlverhalten innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nur zugute kommen, soweit er sich tatsächlich in Freiheit befunden und bewährt hat. Sozusagen als „Kehrseite“ dieser Bestimmungen sollen daher künftig alle diese Anhaltungen keine Unterbrechung des Zusammenhanges bei der Verbüßung mehrerer Freiheitsstrafen bewirken.

Der seinerzeit aus dem Gesetz über die bedingte Verurteilung übernommene Begriff des „Gefan­genen“ soll im Sinne der Vereinheitlichung durch den sonst im § 46 StGB wie im gesamten Fünften Abschnitt des Allgemeinen Teiles des Strafgesetzbuches verwendeten Ausdruck „Rechtsbrecher“ ersetzt werden.

Zu Art. I Z 12 bis 14 (§§ 50, 52 und 53 Abs. 3 StGB):

I. Allgemeines:

1. Seit dem Jahre 1991 sind im Rahmen des Projektes „Bewährungshilfe-Neu“ Vorbereitungen im Gange, die die Zusammenarbeit des Vereins für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit mit dem Bundesministerium für Justiz auf eine neue Grundlage stellen sollen. Ziel dieser Bestrebungen ist es, durch Schaffung neuer – privatrechtlicher – Organisationsformen eine Steigerung der Effizienz und Beweglichkeit der Bewährungshilfe zu erreichen, was schon deshalb erforderlich erscheint, weil der Aufgabenbereich der Bewährungshilfe sich in den letzten Jahren ständig erweitert hat (insbesondere in den Bereichen der Straffälligenhilfe, der Konfliktregelung und der Haftentlassenenhilfe).

Einer der im Zuge der bisherigen Erörterungen diskutierten Punkte war die Anpassung der Rechtsstellung des Bewährungshelfers an die geänderten Arbeitsbereiche und -bedingungen sowie an moderne Auffassungen der Sozialarbeit. Die – von einem aus Vertretern des Vereins für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit, der Richter und der Staatsanwälte sowie des Bundesministeriums für Justiz zusammengesetzten Arbeitskreis erarbeiteten – Ergebnisse dieser Überlegungen wurden mit weiteren Vertretern der betroffenen Berufsgruppen erörtert und auch bereits zum Teil legislativ umgesetzt: für den Bereich des Strafverfahrens mit dem Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526, das Neuregelungen zur Einschränkung der Anzeigepflicht und ein Zeugnisentschlagungsrecht für den Bewährungshelfer, eine Neufassung des § 197 StPO (früher: § 197a) über die vorläufige Bewährungshilfe sowie ein Mitwirkungsrecht des Bewährungshelfers in Haftverhandlungen enthält, und im Bereich des Strafvollzuges durch die Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799, mit der in bezug auf den Verkehr mit Strafgefangenen eine grundsätzliche Gleichstellung des Bewährungshelfers mit den Rechtsbeiständen vorgenommen wurde.

Als weiterer Schritt sollen nun die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über die Bewährungshilfe (§§ 50, 52 und 53 Abs. 3) neu gefaßt werden. Mit den im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen soll in erster Linie den gestiegenen Anforderungen an die praktische Arbeit des Bewährungshelfers entsprochen werden. Darüber hinaus soll durch eine zeitgemäßere Fassung dieser Bestimmungen auch das moderne, sozialarbeiterisch und therapeutisch orientierte Selbstverständnis der Bewährungshilfe zum Ausdruck gebracht werden.

2. Im wesentlichen sollen folgende Änderungen vorgenommen werden:

         a)  Kompetenzänderung bei der Bestellung der Person des Bewährungshelfers;

         b)  Entkoppelung der Dauer von Bewährungshilfe und Weisungen von der Probezeit;

         c)  Neuregelung der Berichtspflicht des Bewährungshelfers;

         d)  flexiblere Gestaltung des Widerrufs bei mutwilliger Nichtbeachtung einer Weisung bzw. bei beharrlichem Nichtkooperieren des Verurteilten mit dem Bewährungshelfer.

3. Unter einem werden die erforderlichen Anpassungen im Bewährungshilfegesetz vorgenommen.

II. Zu § 50 StGB:

1. Nach der geltenden Fassung des § 50 Abs. 1 obliegt es dem Gericht, dem Rechtsbrecher unter den dort erwähnten Voraussetzungen „einen Bewährungshelfer“ zu bestellen. Diese Regelung wird im § 16 Abs. 1 BewHG dahin präzisiert, daß das Gericht in dieser Entscheidung „auch die Person des Bewährungshelfers zu bestimmen“ hat. Dem Umstand, daß das Gericht sich in aller Regel kaum in der Lage sieht, die Eignung eines bestimmten Bewährungshelfers in bezug auf die Eigenart und die persönlichen Verhältnisse des Rechtsbrechers (§ 17 Abs. 2 BewHG) selbst zu beurteilen, und auch kaum Kenntnis von der jeweiligen Auslastung der einzelnen Bewährungshelfer einer Geschäfts- oder Dienststelle hat, wurde bisher mit der Bestimmung des § 16 Abs. 2 BewHG Rechnung getragen, wonach das Gericht vor jeder Entscheidung, mit der die Person des Bewährungshelfers bestimmt wird, eine Äußerung des Leiters der zuständigen Geschäfts(Dienst-)Stelle für Bewährungshilfe über die zum Bewährungshelfer zu bestimmende Person einzuholen hat. Um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, sind die Gerichte jedoch häufig dazu übergegangen, die Bestimmung der Person des Bewährungshelfers überhaupt der zuständigen Geschäftsstelle zu überlassen und diese Entscheidung bloß zur Kenntnis zu nehmen. Ein tatsächlicher Einfluß auf die Auswahl der Person des Bewährungshelfers wird somit von den Gerichten faktisch nicht (mehr) ausgeübt.

Mit der vorgeschlagenen Neufassung des § 50 Abs. 1 soll dieser Praxis dadurch Rechnung getragen werden, daß nicht mehr die Bestellung des im konkreten Fall eingesetzten Bewährungshelfers, sondern nur die Anordnung der Bewährungshilfe als solche vom Gericht vorgenommen wird. Die Bestimmung einer bestimmten Person als Bewährungshelfer soll nach Zustellung des Beschlusses über die Anordnung der Bewährungshilfe an den Leiter der zuständigen Geschäfts- oder Dienststelle für Bewährungshilfe durch diesen erfolgen (und dem Gericht sodann unverzüglich mitgeteilt werden).

Auch der Wechsel in der Person des Bewährungshelfers durch Enthebung des bisherigen und Bestimmung eines neuen Bewährungshelfers aus den Gründen des § 22 Abs. 1 und 2 BewHG, der bisher (zumindest formal) durch das Gericht vorzunehmen war, wird nach der vorgeschlagenen Neuregelung vom Dienst(Geschäfts-)stellenleiter selbständig zu besorgen und dem Gericht lediglich mitzuteilen sein. Im Falle eines Wohnsitzwechsels im Sinne des § 22 Abs. 2 BewHG wird die Bestimmung des neuen Bewährungshelfers dem Leiter der nunmehr zuständigen Dienst(Geschäfts-)stelle obliegen.

Mit dem Wort „oder“ zwischen den Begriffen „Weisungen zu erteilen“ und „die Bewährungshilfe anzuordnen“ soll keine materielle Änderung vorgenommen, sondern lediglich verdeutlicht werden, daß die Maßnahmen der Weisung und der Bewährungshilfe zwar im Einzelfall auch kumulativ angeordnet werden können, im Regelfall aber nur alternativ getroffen werden sollen.

2. Nach § 50 Abs. 2 gelten Weisungen und die Bestellung eines Bewährungshelfers für die Dauer der vom Gericht ausgesprochenen Probezeit. Die Sinnhaftigkeit dieser zeitlichen Koppelung, die derzeit nur durch eine neuerliche gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden kann, ist jedoch in Frage zu stellen, weil Bewährungshilfe zur Erreichung eines individuellen Betreuungsziels angeordnet wird, während die Festsetzung der Probezeit ganz allgemein dazu dient, den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und die Möglichkeit eines Widerrufs offen zu halten. Die im Gesetz vorgesehene grundsätzliche Bindung der Betreuungs- an die Probezeit erscheint daher nicht geboten und ist jedenfalls dort unbefriedigend, wo von vorneherein feststeht, daß eine Betreuung während der gesamten Probezeit nicht erforderlich sein wird. Dasselbe gilt grundsätzlich auch für die Erteilung von Weisungen. Auch hier läßt sich oft schon zum Urteilszeitpunkt absehen, daß nicht jede Weisung ihrer Aufrechterhaltung während der gesamten Probezeit bedarf.

Der Entwurf will daher dem Gericht die Möglichkeit einräumen, schon zum Zeitpunkt der Erteilung einer Weisung oder der Anordnung von Bewährungshilfe auch einen kürzeren Geltungszeitraum als den der Probezeit zu bestimmen.

Gelangt das Gericht – entgegen seiner ursprünglichen Auffassung – später zur Ansicht, daß eine erteilte Weisung zu ändern ist bzw. diese oder die angeordnete Bewährungshilfe verlängert werden sollte, so kann es dies auf Grund der Regelungen der §§ 51 Abs. 4 bzw. 52 Abs. 3 während (und für die Dauer) der Probezeit beschließen. Die Möglichkeit, vor Ablauf der festgesetzten Zeit Weisungen zu ändern bzw. diese oder die angeordnete Bewährungshilfe aufzuheben, kann sich ebenfalls auf die erwähnten Regelungen stützen.

III. Zu § 52 StGB:

1. Die besondere Betonung der Überwachungsaufgabe im § 52 Abs. 1 erster Satz könnte den Schluß nahelegen, der Bewährungshelfer sei in erster Linie als Hilfsorgan des Gerichtes bei der Weisungsüberwachung tätig. Dies wird jedoch dem eigentlichen Aufgabenbereich des Bewährungshelfers, nämlich der sozialarbeiterischen Betreuungstätigkeit, nicht gerecht und ist mit dem für deren Erfolg unbedingt erforderlichen besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Bewährungshelfer und Proband nur schwer vereinbar. Hauptaufgabe des Bewährungshelfers ist es ja, im Alltag auftretende Schwierigkeiten und Konflikte, die zu einer neuerlichen Straffälligkeit führen könnten, rechtzeitig zu erkennen und abzufangen. Voraussetzung dafür ist aber, daß sich der Proband dem Bewährungshelfer möglichst offen und rückhaltlos anvertraut.

Einerseits wurde der besonderen Bedeutung dieses Vertrauensverhältnisses für die Vermeidung von Rückfällen bereits mit der Einschränkung der Anzeigepflicht im § 84 Abs. 2 Z 1 StPO und der Schaffung eines auch den Bewährungshelfer einschließenden Zeugnisentschlagungsrechtes im § 152 Abs. 1 Z 5 StPO durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 sowie mit den Einschränkungen von Briefzensur und Telefonüberwachung beim Verkehr von Strafgefangenen mit Bewährungshelfern durch die Strafvollzugsnovelle 1993 Rechnung getragen (§§ 90b und 96a StVG). Andererseits ist im Strafprozeßänderungsgesetz 1993 durch eine Neufassung der Regelung über die vorläufige Bewährungshilfe (§ 197 StPO) eine neue, allgemeinere Umschreibung des Aufgabenbereiches des Bewährungshelfers vorgenommen worden, wobei ua. die ausdrückliche Anführung der Überwachung der Lebensführung des Beschuldigten, also der „eher noch am ,Aufpasserprinzip‘ orientierte Wortlaut“ des bis dahin geltenden § 197a StPO entfiel, um „den modernen, therapeutisch orientierten Ansatz der Bewährungshilfe, welcher deren praktischer Arbeit und Selbstverständnis besser entspricht, zum Ausdruck (zu) bringen“ (1157 BlgNR XVIII. GP, 15). Damit sollte auch im Gesetz selbst verdeutlicht werden, daß die umfassende sozialarbeiterische Betreuungstätigkeit des Bewährungshelfers nicht durch eine diesen in gleichem Umfang treffende „polizeiliche“ Funktion konterkariert werden darf. Dabei wird keineswegs übersehen, daß Bewährungshilfe stets auch soziale Kontrolle bedeutet, doch läßt sich dies ohne weiteres mit der allgemein gehaltenen Umschreibung der Aufgabenstellung des Bewährungshelfers im Entwurf vereinbaren und bedarf keiner gesonderten Anführung im Gesetz. Daß dem Bewährungshelfer nach wie vor eine gewisse Kontrollfunktion zukommt, ergibt sich im übrigen schon daraus, daß er über seine im Zuge der Betreuungstätigkeit gemachten Wahrnehmungen zur Lebensführung des Probanden dem Gericht zu berichten hat.

Aus Anlaß der Neufassung dieser Bestimmung werden auch folgende weitere Änderungen vorgeschlagen:

Der Wortlaut des geltenden § 52 Abs. 1 geht davon aus, daß die Tätigkeit eines Bewährungshelfers dem Rechtsbrecher zu einer Lebensführung und zu einer Einstellung verhelfen kann, die „Gewähr dafür bieten“, daß der Rechtsbrecher in Hinkunft keine weiteren Straftaten begeht. Diese Formulierung ist geeignet, Erwartungen hinsichtlich des Erfolges der Betreuungstätigkeit zu wecken, die von den Angehörigen der Bewährungshilfe in diesem Ausmaß nicht erfüllt werden können. Der Entwurf schlägt daher eine realitätsnähere Fassung vor, in der (lediglich) auf die Eignung der Lebensführung und Einstellung abgestellt wird, in Hinkunft von der Begehung von Straftaten abzuhalten.

Der letzte Satz des Abs. 1 wurde gleichfalls einer zeitgemäßen Rechtssprache und dem erweiterten Aufgabenbereich der Bewährungshilfe angepaßt: Die auf das Gesetz über die bedingte Verurteilung von 1920 zurückgehende und allgemein nicht mehr als zeitgemäß empfundene Wendung „Versuchungen vom Rechtsbrecher fernzuhalten“ soll daher entfallen, ohne daß damit eine inhaltliche Änderung oder gar Einschränkung der Tätigkeit der Bewährungshilfe verbunden wäre. Um zu unterstreichen, daß die zu gewährende Hilfe sich (zwar auch, aber) nicht nur auf die häufigsten Fälle, nämlich die Beschaffung von Unterkunft und Arbeit, beziehen soll, wurde der Überbegriff „wesentliche Lebensbedürfnisse“ in den Gesetzestext aufgenommen. Die Worte „in geeigneter Weise (dabei) zu unterstützen“ dienen der Klarstellung, daß der Verein für Bewährungshilfe und Soziale Arbeit weder Aufgaben der Arbeitsmarktverwaltung noch solche eines Wohnungsamtes erfüllen kann und soll.

2. Die bisher im § 52 Abs. 2 (sowie auch im § 20 Abs. 2 BewHG) vorgesehene „Berichtsautomatik“ soll eingeschränkt und im wesentlichen durch eine flexiblere, anlaßbezogene Berichterstattung ersetzt werden. Damit wird den Erfahrungen der Praxis Rechnung getragen, die gezeigt haben, daß mit der – größtenteils über Jahre fortlaufenden – Berichterstattung sowohl für die Gerichte als auch für die Bewährungshilfe ein erheblicher Aufwand verbunden ist, eine Information des Gerichtes aber zumeist nur in der ersten Zeit der Betreuung und bei deren Beendigung sowie als Vorbereitung für eine Entscheidung und bei bestimmten Vorkommnissen sinnvoll und erforderlich erscheint. Nach der vorgeschlagenen Regelung soll der Bewährungshelfer daher künftig in folgenden Fällen zu berichten haben:

         a)  Jedenfalls, dh. auch ohne Aufforderung, soll dem Gericht sechs Monate nach Anordnung der Bewährungshilfe sowie bei deren Beendigung zu berichten sein (Z 3). Der – auch schon nach geltender Rechtslage (§ 20 Abs. 2 BewHG) erforderliche – Bericht nach sechs Monaten soll das Gericht insbesondere darüber informieren, welche Schritte von seiten der Bewährungshilfe zur Betreuung des Probanden in die Wege geleitet worden sind, ob der Proband die Bewährungshilfe „annimmt“ oder ob Anlaß besteht, von der ursprünglich festgelegten Dauer der Bewährungshilfe wieder abzugehen oder ergänzend Weisungen zu erteilen. Der Bericht anläßlich der Beendigung soll das Gericht im wesentlichen über die Ergebnisse der Betreuung informieren. Diese Information soll einerseits ein (positives) „feedback“ für das Gericht sein, andererseits aber auch dazu dienen, dem Gericht für eine allfällige Entscheidung darüber Grundlagen zu liefern, ob gegebenenfalls die Bewährungshilfe (bis zum Ende der Probezeit) verlängert oder – allenfalls zusätzlich – nachträglich eine Weisung erteilt werden soll.

         b)  Darüber hinaus soll dem Gericht stets berichtet werden, soweit es dies verlangt ( Z 1). Der Entwurf hat davon Abstand genommen, Anlässe aufzuzählen, die das Gericht zu einer solchen Berichtsabforderung berechtigen, geht aber davon aus, daß Berichte nur dann verlangt werden, wenn das Gericht sie als Entscheidungshilfe benötigt, sie also sozusagen eine „Anhörung“ des Bewährungshelfers darstellen. Mit dem Wort „soweit“ soll indiziert werden, daß das Gericht sowohl die Art (schriftlich und/oder mündlich) des Berichtes (vgl. § 20 BewHG) bestimmen als auch jene Punkte bezeichnen kann, auf die sich der Bericht beziehen soll.

         c)  Abgesehen von diesen „obligatorischen“ Berichten soll auch dann berichtet werden, wenn der Bewährungshelfer selbst der Überzeugung ist, dies sei erforderlich oder zweckmäßig, um den Zweck der Bewährungshilfe zu erreichen (Z 1), oder wenn er der Ansicht ist, die Bewährungs­hilfe sollte vorzeitig beendet werden (Z 2). Dadurch soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, dem Gericht von sich aus die im Rahmen der Betreuungstätigkeit gewonnenen Erfahrungen und Wahrnehmungen mitzuteilen und ihm sinnvoll scheinende Maßnahmen, etwa die vorzeitige Aufhebung der Bewährungshilfe oder die nachträgliche Erteilung einer Weisung, anzuregen.

IV. Zu § 53 Abs. 3 StGB:

1. Anders als beim Widerrufsgrund der Begehung einer strafbaren Handlung in der Probezeit (§ 53 Abs. 1), der seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, voraussetzt, daß eine solche Maßnahme – zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung – „geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten“, schreibt das Gesetz den Widerruf der bedingten Nachsicht oder Entlassung bei Nichtbefolgung einer Weisung aus bösem Willen oder bei beharrlichem Entziehen aus dem Einfluß des Bewährungshelfers ohne ein solches spezialpräventives Erfordernis vor. Zweck der zuletzt erwähnten Regelung war es, „den Weisungen des Gerichtes und der Stellung des Bewährungshelfers Autorität zu sichern“ (30 BlgNR XIII. GP, 158). Damit wird die Widerrufsregelung des § 53 Abs. 3 der kriminalpolitischen Zielsetzung einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung jedoch nicht gerecht, die einen Widerruf nur dann gerechtfertigt erscheinen läßt, wenn die materiellen Voraussetzungen für solche Maßnahmen, nämlich daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe oder des Strafrestes genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, nicht mehr vorliegen. Die Nichtbefolgung einer Weisung oder das Entziehen aus dem Einfluß des Bewährungshelfers für sich allein gibt jedoch – anders als vielfach die Begehung einer strafbaren Handlung innerhalb der Probezeit – keinen verläßlichen Hinweis darauf, daß die (Re-)Sozialisierungsbestrebungen erfolglos geblieben sind, sondern ist – soweit keine weiteren Umstände hinzutreten – in der Regel lediglich als „Ungehorsam“ zu betrachten, zu dessen Ahndung – sofern überhaupt notwendig – ein Widerruf der bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung jedenfalls eine unverhältnismäßige Sanktion darstellen würde. Soweit überblickbar, haben die Gerichte von diesem Widerrufsgrund bislang auch kaum jemals Gebrauch gemacht.

2. Eine differenzierende Behandlung der Widerrufsgründe, wie sie das geltende Recht vorsieht, läßt sich aus heutiger Sicht sachlich nicht mehr rechtfertigen, auch wenn im Fall des § 53 Abs. 3 vom Gericht schon im Vorfeld einer solchen Entscheidung Maßnahmen getroffen werden können, die einen Widerruf entbehrlich machen. Da sowohl die Erteilung von Weisungen als auch die Anordnung von Bewährungshilfe ausschließlich kriminalpolitischen Zwecken dienen, soll sich die zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen vorgesehene Sanktion des Widerrufs ebenfalls nur an diesen Zielsetzungen orientieren. Ein Widerruf, um einer vom Gericht angeordneten Maßnahme „Autorität“ zu sichern, läßt sich kriminalpolitisch jedenfalls kaum begründen. Daß auch schon der seinerzeitige Gesetzgeber ein gewisses Unbehagen über diese Regelung verspürt hat, läßt sich den Erläuternden Bemerkungen der RV zum StGB entnehmen, wo einschränkend ausgeführt wird, das Gericht könne, bevor es eine förmliche Mahnung erteilt oder der Widerstand des Rechtsbrechers die vorausgesetzte „Beharrlichkeit“ erreicht, eine entsprechende Neuregelung treffen und den Konflikt auf diese Weise bereinigen, wobei es sich in diesem Zusammenhang ausschließlich von der kriminalpolitischen Zweckmäßigkeit leiten lassen dürfe (30 BlgNR XIII. GP, 159).

Der Entwurf schlägt daher vor, nach der Einschränkung der Widerrufbarkeit im Fall neuerlicher Straffälligkeit (§ 53 Abs. 1) durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 auch die beiden Widerrufsgründe des § 53 Abs. 3 unter die Bedingung spezialpräventiver Erforderlichkeit zu stellen. Ein Widerruf soll demnach auch in diesen Fällen künftig nur erfolgen, wenn die Vollziehung der Strafe oder des Strafrestes nach den Umständen geboten scheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten. Die Umstände werden nur dann für eine Vollziehung der Strafe oder des Strafrestes sprechen, wenn der Rechtsbrecher auch sonst kein Verhalten zeigt, aus dem auf ein Bemühen, sich (wieder) sozial zu integrieren, geschlossen werden kann, vielmehr Anhaltspunkte für weitere konkrete Gefahrenmomente vorliegen und spezialpräventiven Erfordernissen anders nicht entsprochen werden kann.

Die Wendung „aus bösem Willen“ wurde (lediglich) zugunsten einer moderneren Rechtssprache durch das Wort „mutwillig“ ersetzt; der Bedeutungsinhalt soll dadurch nicht ausgeweitet werden.

Zu Art. I Z 15 (§ 57 Abs. 4 StGB):

Mit dem Eintritt der Verjährung der mit Strafe bedrohten Handlung, aus der die Bereicherung herrührt, soll eine Abschöpfung der Bereicherung oder ein Verfall nicht mehr möglich sein.

Zu Art. I Z 16 (§ 59 StGB):

Nach der vorgeschlagenen Neufassung des § 59 Abs. 2 soll die Vollstreckbarkeit von Abschöpfungs- und Verfallsentscheidungen nach fünf Jahren erlöschen (§ 59 Abs. 3 dritter Fall). Die Nebenstrafen werden nicht mehr ausdrücklich erwähnt, sind aber durch den Begriff „Strafen“ weiterhin miterfaßt. Bei dieser Weglassung handelt es sich somit lediglich um eine sprachliche Vereinfachung, ebenso bei der der Worte „zu vollstreckende“ im zweiten Satz des Abs. 2.

Ähnlich wie in dem im ersten Satz des Abs. 4 geregelten Fall des Zusammentreffens mehrerer Strafen oder vorbeugender Maßnahmen soll die Vollstreckbarkeit einer Abschöpfungsentscheidung gleichzeitig mit der Vollstreckbarkeit einer gegen denselben Täter verhängten Strafe verjähren. Dies bedeutet, daß sich die Verjährungsfrist einerseits verlängert, wenn die Strafe erst nach zehn oder fünfzehn Jahren verjährt, andererseits aber verkürzt, wenn die Abschöpfungsentscheidung später als die Strafe rechtskräftig wird. Im Hinblick darauf, daß der Ausspruch der Strafe und der Bereicherungsabschöpfung nicht in jedem Fall im selben Urteil erfolgen muß (s. oben zu Z 1 und 3, Punkt 3.), soll ein gleichzeitiger Ausspruch nicht erforderlich sein.

Zu Art. I Z 17 (§ 64 Abs. 1 StGB):

1. Während in den §§ 62, 63 und 65 von einer Geltung österreichischer Strafgesetze für bestimmte Taten die Rede ist, gebraucht § 64 die engere Formulierung „werden . . . . . begangene Taten bestraft“. Dies könnte den Schluß zulassen, daß § 64 auf die Abschöpfung der Bereicherung, bei der es sich nicht um eine Strafe handelt, nicht anwendbar ist. Um klarzustellen, daß alle im österreichischen Strafrecht vorgesehenen Sanktionen auch in den Fällen des § 64 zur Anwendung kommen können, wird eine Anpassung an die ohnehin in den anderen Bestimmungen über die österreichische Strafgerichtsbarkeit (des sog. internationalen Strafrechts) gebräuchliche Formulierung vorgeschlagen.

2. Zu einer wirksamen Bekämpfung des Schleppereiunwesens und (international) organisierter Kriminalität erscheint es zweckmäßig, den neu vorgeschlagenen Tatbestand des § 104a StGB (ausbeute­rische Schlepperei; s. Art. I Z 21) sowie den Tatbestand der kriminellen Organisation nach § 278a Abs. 1 StGB (Gründung einer kriminellen Organisation oder Beteiligung daran als Mitglied) in den Katalog jenerstrafbaren Handlungen aufzunehmen, die, wenn sie im Ausland begangen wurden, unabhängig von den Strafgesetzen des Tatorts nach österreichischem Recht strafbar sind, sofern durch die Tat österreichische Interessen verletzt worden sind oder der Täter nicht ausgeliefert werden kann. Es wird daher eine entsprechende Ergänzung des § 64 Abs. 1 Z 4 StGB vorgeschlagen.

Für den Tatbestand des § 104a StGB ergibt sich ein gewisser Handlungsbedarf in diese Richtung auch im Hinblick auf die Ähnlichkeit mit den derzeit schon von dieser Regelung erfaßten Tatbeständen, insbesondere mit § 217 StGB. Österreichische Interessen werden beim Tatbestand des § 104a StGB – abgesehen von den in der Praxis vermutlich kaum relevanten Fällen, in denen die geschleppte Person die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt – auch schon dann verletzt sein, wenn Personen von einem Staat in einen anderen mit Österreich als Zielland geschleppt werden. Im Bereich des § 278a Abs. 1 StGB soll ein Vorgehen nach österreichischem Strafrecht insbesondere gegen solche im Ausland gegründeten oder agierenden kriminellen Organisationen ermöglicht werden, die noch keine Aktivitäten im Sinne dieser Bestimmung in Österreich entfaltet haben, dies aber bezwecken.

3. Auch der im Entwurf vorgeschlagene Tatbestand des § 177a StGB (Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen; s. Art. I Z 22) kann seine Wirksamkeit nur dann zur Gänze entfalten, wenn er durch eine Ausweitung der österreichischen Strafgerichtsbarkeit ergänzt wird. Eine solche Maßnahme ist schon deshalb erforderlich, weil Handlungen im Sinn des § 177a StGB nicht selten nach dem Recht des Tatortes keinen Straftatbestand darstellen und daher ein österreichischer Staatsbürger, der den Tatbestand des § 177a StGB im Ausland verwirklicht hat, gegebenenfalls nicht verfolgtwerden könnte (§ 65 Abs. 1 Z 1 StGB). Es wird daher vorgeschlagen, § 64 Abs. 1 StGB durch eine Bestimmung zu ergänzen, wonach auch die Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (§ 177a) im Ausland nach österreichischem Strafrecht – unabhängig von den Strafgesetzen des Tatortes – strafbar ist, wenn der Täter Österreicher ist. Dadurch soll sichergestellt werden, daß österreichische Staatsbürger, die als „Technologiesöldner“ im Ausland an der Entwicklung oder Herstellung von Massenvernichtungswaffen mitwirken, in jedem Fall unter die österreichische Strafgerichtsbarkeit fallen. Dies schließt auch Fälle ein, in denen ein österreichischer Staatsbürger als Beteiligter tatbestandsmäßig im Sinne der §§ 12, 177a StGB handelt, der ausländische „(Haupt-)Täter“ jedoch nicht strafbar ist oder nicht verfolgt werden kann.

4. Aus denselben Erwägungen, die im Rahmen des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 zur Aufnahme der Hehlerei in den Katalog dieser Bestimmung geführt haben, soll auch die Geldwäscherei (und zwar nicht nur die nach § 165, sondern auch die nach § 278a Abs. 2 zu beurteilenden Taten) in die Gruppe jener strafbaren Handlungen aufgenommen werden, die ohne Rücksicht auf die Gesetze des Tatorts bestraft werden, wenn die Vortat in Österreich begangen worden ist. Unter dieser Voraussetzung kann damit auch eine in einem anderen Staat begangene Geldwäscherei, die dort (noch) nicht mit Strafe bedroht ist, zu einer inländischen Strafverfolgung führen.

Zu Art. I Z 18 (§ 65a StGB):

Die Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 setzt voraus, daß eine bestimmte Person der Tat verdächtig ist. Die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte ergibt sich somit bereits aus den §§ 62 bis 65 (vgl. auch oben zu § 64 Abs. 1).

Der Verfall nach § 20b dagegen ist – ebenso wie die Einziehung – nicht personen-, sondern gegenstandsbezogen; die an den Begehungsort anknüpfenden Bestimmungen der §§ 62 bis 65 sind daher auf Verfall und Einziehung nicht anwendbar.

Nach der vorgeschlagenen Bestimmung soll inländische Gerichtsbarkeit für Verfall und Einziehung immer dann bestehen, wenn sich der betreffende Gegenstand im Inland befindet. Die Vollstreckung einer ausländischen Einziehungsentscheidung ist aber erst ausgeschlossen, wenn eine selbständige Anordnung nach § 26 Abs. 3 StGB bereits ergangen ist (§ 64 Abs. 4 ARHG).

Zu Art. I Z 19 (§ 83 StGB):

Die Regierungsvorlage 1971 zum Strafgesetzbuch, 30 BlgNR XIII. GP, sah als Strafdrohung für die unqualifizierte vorsätzliche Körperverletzung Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor. Dies hätte gegenüber dem damals geltenden Recht im wesentlichen eine Anhebung der Obergrenze der Freiheitsstrafdrohung auf das Doppelte bedeutet. Begründet wurde dieser Vorschlag „vor allem“ damit, „daß die Strafen, die das geltende Recht für die vorsätzlichen Körperverletzungen vorsieht, schon seit langem allgemein als zu niedrig empfunden werden“ (aaO, 213).

Im Justizausschuß des Nationalrates wurde die vorgeschlagene Strafobergrenze auf sechs Monate herabgesetzt, was unter anderem damit begründet wurde, „daß die Aburteilung der durch die vorliegende Bestimmung erfaßten leichten Körperverletzungen seit jeher in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fällt“, die Zuständigkeit der Bezirksgerichte auch weiterhin gegeben sein sollte, eine Verschiebung der Zuständigkeitsgrenze zwischen Bezirksgericht und Gerichtshof erster Instanz aber – damals – nicht in Betracht kam (vgl. den Bericht des Justizausschusses zum StGB, 959 BlgNR XIII. GP, 17).

Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, wurden einerseits die Wertgrenzen bei den Vermögensdelikten hinaufgesetzt, womit auch „dem Umstand Rechnung getragen“ werden sollte, „daß die Strafsätze vielfach, insbesondere im Vergleich zu den Strafsätzen für Delikte gegen die körperliche Integrität, als überhöht empfunden werden“ (vgl. den Bericht des Justizausschusses zum StRÄG 1987, 359 BlgNR XVII. GP, 14). Andererseits setzte das Strafrechtsänderungsgesetz 1987 auch dadurch Zeichen für eine ausgewogenere Sanktionierung von Vermögens- und Gewaltkriminalität, daß mit § 84 Abs. 3 StGB eine zusätzliche Tatbestandsvariante der schweren Körperverletzung geschaffen und die Strafobergrenze der Grundstrafdrohung des § 92 StGB angehoben wurde; mit letzterer Maßnahme sollte „jedenfalls dem allfälligen Eindruck einer wenn auch nur gelegentlichen Bagatellisierung von Kindesmißhandlungen demonstrativ entgegengewirkt werden“ (so der Bericht des Justizausschusses, aaO).

Als ein weiteres solches Zeichen versteht sich der Vorschlag, die Strafobergrenze bei der unqualifizierten vorsätzlichen Körperverletzung nunmehr generell auf ein Jahr anzuheben, zumal der seinerzeitige Einwand – die Begrenzung der Zuständigkeit der Bezirksgerichte auf Delikte mit einer Strafobergrenze von sechs Monaten Freiheitsstrafe – seit dem Strafprozeßänderungsgesetz 1993 nicht mehr besteht. Es soll damit den Gerichten ermöglicht werden, auf die auch unterhalb der Schwelle der schweren Körperverletzung vom Unrechtsgehalt her mitunter höchst unterschiedlichen Formen der Gewaltdelinquenz flexibler und differenzierter zu reagieren als bisher. Im Sinne dieser Flexibilität und damit größtmöglicher Einzelfallgerechtigkeit erscheint es auch zweckmäßiger und praxisgerechter, von der Normierung einzelner kasuistischer (qualifizierender) Tatbestandsvarianten – wie sie Art. I Z 18 der Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1994 vorgesehen hatte – Abstand zu nehmen und diese statt dessen im Anwendungsbereich des nicht zuletzt im Hinblick darauf strenger bedrohten Grundtatbestands zu belassen.

Zu Art. I Z 20 (§ 91 Abs. 1 StGB):

Die geltende Strafbestimmung gegen Raufhandel (§ 91 StGB) bedroht denjenigen mit Strafe, der an einer Schlägerei oder an einem Angriff mehrerer tätlich teilnimmt, soweit dadurch zumindest eine   schwere Körperverletzung eines anderen verursacht wird, die als solche (nach der Beweislage) nicht dem mit Strafe Bedrohten zugerechnet werden kann. Es besteht daher insofern eine gewisse Strafbarkeitslücke, als die tätliche Teilnahme an einer Schlägerei oder an einem Angriff mehrerer straflos bleibt, wenn weder (zumindest) eine schwere Körperverletzung entstanden noch nachweisbar ist, daß der Täter selbst im Zuge der Tätlichkeiten einen anderen vorsätzlich leicht verletzt hat (sodaß § 83 zur Anwendung käme; vgl. LEUKAUF–STEININGER, StGB3, Rz 15 zu § 91). Der Entwurf sieht deshalb vor, die Strafbestimmung gegen Raufhandel auch auf die Fälle einer leichten Körperverletzung auszudehnen, wobei – dem geringeren Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat entsprechend – als Strafobergrenze Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorgeschlagen wird.

Zu Art. I Z 21 (§ 104a StGB):

I. In den letzten Jahren sahen sich mehrere europäische Staaten durch das Einsetzen größerer Wanderbewegungen in einigen europäischen, aber auch in Ländern der Dritten Welt vor die Notwendigkeit gestellt, Sanktionen gegen das Schlepperunwesen zu ergreifen bzw. bereits vorhandene Sanktionsmöglichkeiten auszubauen, um dem vermehrten Zustrom illegaler Einwanderer entgegenzuwirken (vgl. Art. 23 Abs. 3 des Schweizerischen Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer sowie § 92 des deutschen Gesetzes über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet vom 9. 7. 1990 [BGBl. I 1354; III 26-1]). Auch die Republik Österreich, die auf Grund von „Schubabkommen“ mit der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland zur Zurücknahme einer erheblichen Anzahl Fremder gezwungen war, die von österreichischem Gebiet aus die Grenze zu diesen Staaten überschritten hatten, hat sich veranlaßt gesehen, besondere Verwaltungs- und gerichtliche Strafbestimmungen gegen Schlepperei einzuführen (vgl. 1213 BlgNR XVII. GP, 1). Auch die Vereinten Nationen haben sich in letzter Zeit verstärkt mit diesem Thema befaßt (vgl. Resolution der Generalversammlung 48/102).

Die mit dem Bundesgesetz vom 14. März 1990, BGBl. Nr. 190/1990, für das Fremdenpolizeigesetz beschlossenen Regelungen wurden im wesentlichen unverändert in das Bundesgesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Fremden (Fremdengesetz – FrG), BGBl. Nr. 839/1992, übernommen. Derzeit ist Schlepperei („Förderung der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise eines Fremden, gleichgültig ob sie vor oder nach dem Grenzübergang oder während des Aufenthaltes des Fremden im Bundesgebiet gewährt wird“) somit nach den §§ 80 und 81 FrG strafbar. Die Verwaltungsstrafbestimmung (§ 80) bedroht die nicht weiter qualifizierte vorsätzliche Begehung von Schlepperei mit Geldstrafe bis zu 50 000 S begeht der Täter die Tat jedoch „um seines Vorteils willen“, bis zu 200 000 S. Die gerichtliche Strafbestimmung (§ 81) sieht Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vor, wenn die Schlepperei um des Täters Vorteils willen begangen wird und mehr als fünf Fremde betrifft oder der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre schon einmal vom Gericht oder einer Verwaltungsbehörde wegen Schlepperei verurteilt bzw. bestraft worden ist oder innerhalb der letzten fünf Jahre von einem ausländischen Gericht wegen Schlepperei verurteilt wurde. Gewerbsmäßige Schlepperei ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht (Abs. 2).

Diese Regelungen haben sich im allgemeinen als zweckmäßig und praxisgerecht zur Bekämpfung eines großen Bereichs des Schlepperunwesens erwiesen, doch wurde gegen sie mitunter eingewendet, sie stellten grundsätzlich (lediglich) auf den Schutz staatlicher Hoheitsrechte ab und trügen nicht oder nur indirekt dem Schutzbedürfnis der „Geschleppten“ vor Täuschung und Ausbeutung Rechnung. Gerade in solchen Fällen scheint auch der im geltenden Recht zur Verfügung stehende Strafrahmen zu gering, um insbesondere den organisierten Formen dieser Art von Kriminalität wirkungsvoll entgegentreten zu können. Auch in der Bundesrepublik Deutschland wurden mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. 10. 1994 (BGBl. I S 3186) Verschärfungen in diesem Bereich vorgenommen.

Mit der vorgeschlagenen Strafbestimmung gegen „ausbeuterische Schlepperei“ sowie deren Einbeziehung in die Gruppe der Delikte des § 278 StGB (Bandenbildung; vgl. dazu Art. I Z 27) soll dieses Regelungsdefizit beseitigt werden. Die Einführung des neuen Tatbestandes in das Strafgesetzbuch hätte aber auch zur Folge, daß diese sozialschädlichste Form von Schlepperei als „gefährlicher Angriff“ im Sinne des § 16 Abs. 2 und 3 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. Nr. 662/1992, und somit als „allgemeine Gefahr“ im Sinn des § 16 Abs. 1 SPG anzusehen wäre, an welche die Aufgabenstellungen und Befugnisse zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit anknüpfen (§§ 21 ff. SPG). Mit anderen Worten: Die Neuregelung würde sicherstellen, daß zur Bekämpfung der schwersten Formen der Schlepperei in jedem Stadium von den Sicherheitsbehörden die zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im SPG aufgezählten Mittel eingesetzt werden können.

II.1. Mit der Strafbestimmung des § 104a Abs. 1 sollen jene Handlungsweisen erfaßt werden, die darin bestehen, eine Person durch Täuschungshandlungen über die Möglichkeiten, sich als Fremder in einem Staat niederzulassen oder dort einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen, dazu zu verleiten, rechtswidrig in diesen oder einen anderen Staat einzureisen und für die angebotenen Schlepperleistungen ein Entgelt zu entrichten oder sich dazu zu verpflichten.

2. Die Tathandlung besteht wie beim Betrug (§ 146 StGB) im „Verleiten“ – also im „Bestimmen“ (vgl. LIEBSCHER im Wiener Kommentar, Rz 9 zu § 146) – eines anderen zu konkreten Verhaltensweisen, nämlich einerseits zur „rechtswidrigen Einreise“ in einen Staat und andererseits zur Entrichtung eines Entgeltes (oder zur Verpflichtung, ein solches Entgelt zu entrichten) „für deren Förderung“, worunter – wie im Fremdengesetz – jede Leistung, gleichgültig, ob sie handelsüblich ist oder nicht, für einen Geschleppten zu verstehen ist, die diesem die rechtswidrige Einreise ermöglicht oder erleichtert und von der der Erbringende weiß, daß sie der rechtswidrigen Einreise in einen Staat dient (1213 BlgNR XVII. GP, 5). Was als „rechtswidrige“ Einreise anzusehen ist, richtet sich nach den Vorschriften des jeweils betroffenen Staates. Unter „Entgelt“ ist gemäß § 74 Z 6 StGB jede einer Bewertung in Geld zugängliche Gegenleistung, also jeder bewertbare Vorteil (vgl. LEUKAUF–STEININGER StGB3, Rz 29 zu § 74) zu verstehen, auch wenn sie einer anderen Person zugute kommen soll als der, der sie angeboten oder gegeben wird.

Mittel der Verleitung ist eine Täuschungshandlung, also jedes Tun oder Unterlassen (§ 2 StGB), das in der Vorspiegelung falscher oder der Entstellung oder Unterdrückung richtiger Tatsachen besteht (vgl. LSK 1977/347, 1978/121). Die Täuschung muß zur Irreführung und damit zur Einwirkung auf das intellektuelle Vorstellungsbild des anderen bestimmt und geeignet oder darauf gerichtet sein, dessen schon vorhandenen Irrtum aufrechtzuerhalten oder zu bestärken. Das bloße Ausnützen eines vorhandenen Irrtums reicht daher ebensowenig aus (vgl. LEUKAUF–STEININGER StGB3, Rz 6 und 15 zu § 146) wie undifferenzierte, reklamehafte Anpreisungen der politischen und wirtschaftlichen Lage in einem fremden Land oder das Erwecken bloßer (vager) Hoffnungen (vgl. LEUKAUF–STEININGER, aaO, Rz 11 bis 13 und 23). Andererseits wird aber auch keine besonders raffinierte Vorgangsweise verlangt; selbst eine besondere Nachlässigkeit oder Leichtgläubigkeit des Getäuschten schließt die Eignung der Täuschungshandlung nicht aus. Die Person des Täuschenden und desjenigen, dem das Entgelt zukommt oder zukommen soll, braucht – lege non distinguente – nicht ident zu sein.

3. Im Sinn einer Tatbestandseinschränkung soll eine Täuschungshandlung jedoch nur tatbildlich sein, wenn sie sich auf die im § 104a Abs. 1 aufgezählten Tatsachen bezieht, also auf die Möglichkeiten, sich in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit das Tatopfer nicht besitzt (in dem es somit „Fremder“ ist), den gesetzlichen Vorschriften entsprechend niederzulassen oder in diesem Staat eine erlaubte Erwerbstätigkeit auszuüben. Unter erlaubter Erwerbstätigkeit wird dabei jede Tätigkeit zu verstehen sein, die eine Person – sei es als unselbständig oder als selbständig Erwerbstätiger – ausüben darf, die somit zu den in Betracht kommenden rechtlichen Vorschriften des betreffenden Staates, insbesondere dessen gewerbe- und ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bestimmungen, nicht im Widerspruch stehen.

III. Die Strafbestimmung des Abs. 2 ist gegen jene Erscheinungsform grenzüberschreitender Menschenverbringung gerichtet, die darin besteht, einer anderen Person die rechtswidrige Einreise in einen Staat zu dem Zwecke zu verschaffen, daß sie „in einem anderen Staat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat“ ausgebeutet werde. Mit dieser, dem § 217 Abs. 1 StGB entnommenen Wendung soll sichergestellt werden, daß als Schutzobjekt Personen erfaßt werden, die „Fremde“ sind, weil sie eine andere Staatsangehörigkeit als die des „Zielstaates“ besitzen oder staatenlos sind. Allenfalls können darunter – anders als im Abs. 1 – auch solche Personen fallen, die – möglicherweise – zwar die Staatsangehörigkeit des Zielstaates besitzen, aber dort nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Die Tathandlung besteht darin, daß der Täter dem Opfer – das, anders als nach Abs. 1, nicht durch Täuschung verleitet worden sein muß – die rechtswidrige Einreise in einen Staat verschafft. Unter „Verschaffen“ ist jede Tätigkeit zu verstehen, die (mit)ursächlich und maßgeblich für das Zustandekommen der rechtswidrigen Einreise ist; der Begriff ist somit enger auszulegen als der der „Förderung“ (vgl. Punkt II.2). Daß der Geschleppte für die Verschaffung eine in Geld bewertbare Gegenleistung erbringt oder sich dazu verpflichtet, ist nicht erforderlich. Tatbildlich soll das Verschaffen einer solchen Einreise jedoch nur sein, wenn der Täter dabei die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) hat, daß die geschleppte Person – von ihm oder einem Dritten – in einem anderen Staat als dem ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres gewöhnlichen Aufenthaltes ausgebeutet werde. Daß das Opfer tatsächlich ausgebeutet wird, ist für die Tatbildlichkeit nach dieser Bestimmung nicht erforderlich.

Zur Auslegung des Begriffs „Ausbeutung“ ist § 216 Abs. 2 StGB heranzuziehen. Es wird somit darunter nicht die bloße Ausnützung eines Lohn- oder Sozialgefälles zwischen dem Heimatstaat des Geschleppten und dem Zielland zu verstehen sein, sondern unter diesen Begriff nur ein rücksichtsloses Ausnützen des Opfers fallen, das gegen dessen vitale Interessen gerichtet ist. Eine solche Verletzung vitaler Interessen wird ua. dann vorliegen, wenn dem Tatopfer für seine Arbeit oder seine Dienstleistungen über eine längere Zeit hindurch keine oder nur völlig unzureichende Geldmittel überlassen werden sollen oder wenn die nach der Gesetzeslage des Ziellandes erlaubte oder zumutbare Arbeitszeit über einen längeren Zeitraum exzessiv ausgedehnt oder der Geschleppte unter unzumutbaren Arbeitsbedingungen zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung verhalten werden soll. Die Ausbeutung ist auf keine bestimmte Tätigkeit beschränkt; sie kann sich somit ebenso auf erlaubte wie auf unerlaubte Tätigkeiten und auf selbständige wie auf unselbständige Erwerbstätigkeiten beziehen.

IV. Von Bedeutung für die Praxis wird sein, daß sich der Strafrahmen für eine Tat nach Abs. 1 und 2 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren erhöhen soll, wenn die Tat gewerbsmäßig (§ 70 StGB) oder von einem Mitglied einer Bande (§ 278 StGB) oder einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) begangen wird, wenn „viele“ Menschen dadurch geschädigt werden (worunter eine Zahl ab etwa 30 Personen zu verstehen ist; vgl. FOREGGER–SERINI, StGB5, Anm. VII zu § 169) oder die Tat den Tod eines Menschen zur Folge hat. Abgesehen von der Ausweitung der Sanktionsmöglichkeiten und damit verbundenen Präventionseffekten hätte dies zur Folge, daß solche Taten als Verbrechen (§ 17 StGB) anzusehen sind, sodaß die mit der Strafgesetznovelle 1993, BGBl. Nr. 527, eingeführte Strafbestimmung gegen Geldwäscherei (§ 165 StGB) zur Anwendung gelangen kann. Damit steht auch ein Mittel zur Verfügung, um das Einfließen durch ausbeuterische Schlepperei erzielter Gewinne in die Volkswirtschaft zu verhindern und damit die organisierte Kriminalität an empfindlicher Stelle zu treffen. Die Strafsatzerhöhung wegen Todesfolge trifft den Täter, wenn er diese Folge wenigstens fahrlässig herbeigeführt hat (§ 7 Abs. 2 StGB).

Zu Art. I Z 22 (§§ 177a, 177b StGB):

I. Zu § 177a StGB:

1. Der wiederholte Einsatz chemischer Waffen in Kriegen und bewaffneten Konflikten seit dem Zweiten Weltkrieg, zuletzt etwa die Verwendung von Giftgasen im iranisch-irakischen Krieg, sowie die Entwicklung weitreichender Trägerwaffen zum Transport solcher Kampfstoffe, aber auch die in letzter Zeit verstärkten Bemühungen einzelner Länder (auch aus der sog. Dritten Welt), Kernwaffen und chemische Waffen zu entwickeln und herzustellen, haben die besondere Gefährlichkeit derartiger Kampfmittel eindringlich vor Augen geführt.

Den Industriestaaten gegenüber ist dabei vielfach der Vorwurf erhoben worden, durch Warenlieferungen und Technologietransfer sowie durch Arbeitsleistungen einzelner ihrer Staatsangehöriger einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung, Herstellung und Wartung vor allem von chemischen und atomaren Waffen sowie von waffenfähigen Trägersystemen geleistet und somit deren (weitere) Verbreitung und teilweise Anwendung mitverschuldet zu haben. Einige Staaten haben sich daher entschlossen, ihre Rechtslage zu überprüfen bzw. zu ändern (so die BR Deutschland mit dem Gesetz zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen vom 5. November 1990, BGBl. I 2428, und die Schweiz, wo der Bundesrat am 12. Dezember 1992 eine (bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung, längstens aber bis zum 31. Dezember 1995 geltende) Verordnung über die Aus- und Durchfuhr von Waren und Technologien im Bereich der ABC-Waffen und Raketen erlassen hat.

Auch österreichischen Unternehmen und österreichischen Staatsbürgern ist in einigen Fällen eine Beteiligung vorgeworfen worden, wobei sich gezeigt hat, daß das bestehende Bewilligungs- und Kontrollsystem und die damit im Zusammenhang stehenden strafrechtlichen Vorschriften des Außenhandelsgesetzes 1984 und des Sicherheitskontrollgesetzes, aber auch die Strafbestimmungen des Kriegsmaterialgesetzes und des Waffengesetzes nicht ausreichend waren, um gelegentliche Mißbräuche des bestehenden liberalen Wirtschafts- und Außenhandelssystems zu verhindern.

2. Für eine Verbesserung bzw. einen Ausbau der geltenden Regelungen sprechen auch die Verpflichtungen, die Österreich durch den Beitritt zum Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen (BGBl. Nr. 432/1975) gegenüber der Staatengemeinschaft eingegangen ist. Damit hat sich Österreich nicht nur verpflichtet, „mikrobiologische und andere biologische Agenzien oder – ungeachtet ihres Ursprungs oder ihrer Herstellungsmethode – Toxine, von Arten und in Mengen, die nicht durch Vorbeugungs-, Schutz- oder sonstige friedliche Zwecke gerechtfertigt sind, sowie Waffenausrüstungen oder Einsatzmittel, die für die Verwendung solcher Agenzien oder Toxine für feindselige Zwecke oder in einem bewaffneten Konflikt bestimmt sind, niemals und unter keinen Umständen zu entwickeln, herzustellen, zu lagern oder in anderer Weise zu erwerben oder zu behalten“ (Art. I Z 1 und 2), sondern auch dazu, „nach Maßgabe der in seiner Verfassung vorgesehenen Verfahren alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Entwicklung, die Herstellung, die Lagerung, den Erwerb und das Behalten der in Art. I bezeichneten Agenzien, Toxine, Waffen, Ausrüstungen und Einsatzmittel in seinem Hoheitsgebiet, unter seiner Hoheitsgewalt oder an irgendeinem Ort unter seiner Kontrolle zu verbieten und zu verhindern“ (Art. IV).

Hinsichtlich atomarer Waffen besteht zwar keinevölkerrechtliche Verpflichtung, innerstaatliche Maßnahmen nach Art des erwähnten Artikels IV zu treffen, weil der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen vom 1. Juli 1968, BGBl. Nr. 258/1970, eine solche Verpflichtung Österreichs nicht vorsieht. Auch das Genfer Protokoll betreffend das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen und von bakteriologischen Mitteln im Krieg, BGBl. Nr. 202/1928, verpflichtet Österreich nicht zu solchen Maßnahmen hinsichtlich chemischer Kampfmittel. Allerdings hat sich Österreich der aus 21 Industriestaaten bestehenden „Australischen Gruppe“ angeschlossen, die durch Exportkontrollen sowie durch freiwillige Beschränkungen der Industrie die Erzeugung chemischer Kampfstoffe weltweit verhindern will, solange dies nicht durch ein umfassendes Abkommen unterbunden ist.

Vor allem aber sieht das im Rahmen der Genfer Abrüstungskonferenz im Herbst 1992 zustandegekommene internationale Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen die Verpflichtung der Vertragsparteien vor, chemische Waffen weder herzustellen noch zu entwickeln, zu erwerben, zu lagern oder einzusetzen oder auch nur Vorbereitungen für ihren militärischen Einsatz zu treffen, andere Staaten bei diesen Tätigkeiten weder zu unterstützen noch sie hiezu zu bewegen und alle chemischen Waffen und Produktionsstätten für solche Waffen auf ihrem Territorium zu vernichten (Art. I, IV und V). Das Übereinkommen enthält auch Listen der verbotenen bzw. zu kontrollierenden Chemikalien. Österreich hat diese Konvention am 13. Jänner 1993 zusammen mit 129 anderen Staaten unterzeichnet und am 17. August 1995 als 34. Staat ratifiziert.

4

3. Der erforderliche Ausbau der Vorschriften war – im Sinne einer insbesondere vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ergriffenen Initiative – auf mehreren Ebenen und in mehreren Gesetzen vorzunehmen. Zunächst wurde das System der im Außenhandelsgesetz 1984, BGBl. Nr. 184, und im Sicherheitskontrollgesetz, BGBl. Nr. 408/1972, vorgesehenen Bewilligungs- und Kontrollmaßnahmen sowie der für Verstöße dagegen bestehenden Strafbestimmungen durch eine Novellierung des Außenhandelsgesetzes (BGBl. Nr. 469/1992) – nunmehr § 17 Abs. 2 AußHG 1995, BGBl. Nr. 172/1995 – und eine Neufassung des Sicherheitskontrollgesetzes (Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992) ausgebaut.

Auf Grund des Beitritts Österreichs zur Europäischen Union ist schließlich die Verordnung (EG) Nr. 3381/94 des Rates vom 19. Dezember 1994 über eine Gemeinschaftsregelung der Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, ABl. L 367 vom 31. Dezember 1994, welche mit 1. März 1995 in Kraft getreten ist, zu beachten. Nach der auf Art. 113 EGV gestützten Verordnung soll ein möglichst wirksames und auf gemeinsamen Normen beruhendes Überwachungssystem errichtet werden, um einerseits Güter mit doppeltem Verwendungszweck bei ihrer Ausfuhr aus der Gemeinschaft wirksam kontrollieren und andererseits die Abschaffung der Kontrollen des innergemeinschaftlichen Handels mit diesen Gütern ermöglichen zu können. Um auszuschließen, daß Güter mit doppeltem Verwendungszweck während der Anlaufzeit, in der die Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Verordnung schaffen, von Bestimmungszielen in einen anderen Mitgliedstaat zu Bestimmungszielen außerhalb der Gemeinschaft umgelenkt werden, sollen auf Güter mit doppeltem Verwendungszweck im innergemeinschaftlichen Handel einfache Kontrollen angewandt werden. Dies bedeutet ein zeitlich begrenztes System allgemeiner Genehmigungen. Art. 3 der erwähnten Verordnung bestimmt, daß die Ausfuhr der Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die in Anhang I des Beschlusses 94/942/GASP des Rates vom 19. Dezember 1994 über die vom Rat gemäß Art. J. 3 des Vertrags über die Europäische Union angenommene gemeinsame Aktion zur Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck aufgeführt sind, genehmigungspflichtig ist. Nach Art. 4 ist die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, die nicht in dem erwähnten Anhang aufgeführt sind, genehmigungspflichtig, wenn der Ausführer von seinen Behörden davon unterrichtet worden ist, daß diese Güter ganz oder teilweise bestimmt sind oder bestimmt sein können, für die Entwicklung, die Herstellung, den Umschlag, die Handhabung, die Wartung, Lagerung, Ortung, Identifizierung oder Verbreitung chemischer, biologischer oder nuklearer Waffen, die Gegenstand entsprechender Nichtverbreitungsregelungen sind, oder zur Entwicklung, Herstellung, Wartung oder Lagerung von Trägerraketen für derartige Waffen. Gemäß Art. 4 Abs. 2 trifft den Ausführer die Pflicht, seine Behörden davon zu unterrichten, wenn ihm bekannt ist, daß die betreffenden Güter ganz oder teilweise für einen der in Abs. 1 genannten Zwecke bestimmt sind. Die Behörde trifft sodann die Entscheidungspflicht, ob die betreffende Ausfuhr einer Genehmigungspflicht unterliegen soll.

Gemäß Art. 17 sind schließlich von den Mitgliedstaaten Sanktionen zur Ahndung von Verstößen gegen diese Verordnung und gegen ihre Durchführungsvorschrift festzulegen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.

Aus all diesen Gründen erscheint es daher erforderlich, eine allgemeine Strafbestimmung gegen die Herstellung und Verbreitung von ABC-Waffen in das Strafgesetzbuch aufzunehmen, die – ohne auf eine Verletzung von Bewilligungs- oder Kontrollvorschriften abzustellen – unmittelbar für jede Person wirksam wird, die derösterreichischen Gerichtsbarkeit untersteht. Für den Bereich der chemischen Kampfmittel ist dies auch deshalb erforderlich, weil die oben zuletzt erwähnte Konvention in ihrem Art. VII (Innerstaatliche Durchführungsmaßnahmen) die Verpflichtung eines jeden Vertragsstaates vorsieht, „natürlichen und juristischen Personen (zu verbieten), an irgendeinem Ort in seinem Hoheitsgebiet oder an einem anderen Ort unter seiner völkerrechtlich anerkannten Hoheitsgewalt Tätigkeiten vorzunehmen, die einem Vertragsstaat auf Grund dieses Übereinkommens verboten sind; hiezu gehört auch die Schaffung von Strafbestimmungen in bezug auf solche Tätigkeiten“.

4.1. Die vorgeschlagene Regelung zählt atomare, biologische und chemische Kampfmittel auf. Unter „atomaren“ Kampfmitteln sind jene Kampfmittel zu verstehen, die Kernbrennstoffe oder radioaktive Isotope enthalten oder solche aufnehmen oder verwenden. Als „biologische“ Kampfmittel sind jene zu betrachten, deren Wirkung auf pathogenen oder toxinbildenden natürlichen oder gentechnisch veränderten Organismen, einschließlich Viren und Viroiden, beruht, die also die Fähigkeit haben, in einem Makroorganismus Krankheitssymptome auszulösen (Pathogenität) oder Stoffwechselprodukte zu bilden, welche eine starke Giftwirkung auf den Organismus insbesondere von Säugetieren und speziell von Menschen ausüben (Toxine). Unter den Begriff „chemische Kampfmittel“ fallen jene, welche gasförmige, flüssige oder feste toxische Chemikalien enthalten, wie sie im Punkt A der Liste 1 des Anhanges 1 des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen aufgezählt sind und zu denen insbesondere erstickende, lähmende oder ätzend wirkende Gift- und Nervengase, Psychokampfstoffe, Entlaubungsmittel und Brandstoffe gehören.

2. Der Begriff des „Kampfmittels“ ist den §§ 280 und 320 Abs. 1 Z 3 StGB entnommen. Darunter fallen, wie sich aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 1971 (30 BlgNR XIII. GP, 423) ergibt, „alle Gegenstände, die zur Ausrüstung für den Kampf, also für bewaffnete Auseinandersetzungen, bestimmt sind“, dh. neben den im § 280 StGB beispielsweise angeführten Gegenständen „Waffen und Schießbedarf“ oder den in den Erläuterungen erwähnten „Reizgasen“ auch alle (sonstigen) biologischen, chemischen oder radioaktiven Stoffe, die zum Einsatz bei Kampfhandlungen geeignet sind, einschließlich der zur Ausbringung solcher Kampfstoffe bestimmten Ausrüstungen und der dafür bestimmten Trägersysteme. Der Bedeutungsinhalt des Tatbestandsmerkmals „Kampfmittel“ ist deckungsgleich mit dem im § 2 des Kriegsmaterialgesetzes, BGBl. Nr. 540/1977, verwendeten Begriff „Kriegsmaterial“ (vgl. 30 BlgNR XIII. GP, 471; LIEBSCHER im Wiener Kommentar zum StGB, Rz 23 zu § 320; VfGH vom 13. 12. 1991, G 280, 281/91-11) und schließt sämtliche in der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. Nr. 624, betreffend Kriegsmaterial aufgezählten Waffen, Munitions-und Ausrüstungsgegenstände – einschließlich der im § 1 I Z 7 erwähnten „radioaktiven, biologischen und chemischen Kampfstoffe und -mittel“ sowie der „Anlagen, Vorrichtungen und Geräte zur Verbreitung“ der eben genannten Kampfstoffe und -mittel ein.

Anders als im § 280 StGB ist allerdings – wie sich schon aus der Tatbestandseinschränkung „zur Massenvernichtung bestimmte und geeignete“, aber auch aus der aus der Überschrift zu § 177a erkennbaren Zielsetzung dieser Bestimmung ergibt – zur Tatbestandsmäßigkeit erforderlich, daß die in Rede stehenden Kampfmittel über eine große Breitenwirkung verfügen und zur „Massenvernichtung“ im weitesten Sinn, also zur Tötung, Verletzung oder Außergefechtsetzung einer großen Zahl von Menschen, zur Vernichtung von größeren Tier- oder Pflanzenbeständen oder zur Zerstörung von Material in großem Umfang bestimmt und geeignet sind (wovon bei atomaren Kampfmitteln grundsätzlich auszugehen ist). Biologische oder chemische Kampfmittel, die nur zur Bekämpfung einzelner Gegner verwendet werden können, etwa Tränengaspistolen oder vergiftete Pfeilspitzen, oder Mittel, die lediglich spontan sensorische Irritationen oder handlungsunfähig machende Wirkungen hervorrufen können, welche innerhalb kurzer Zeit nach Beendigung der Exposition wieder verschwinden (die Chemiewaffen-Konvention spricht von „Mitteln zur Bekämpfung von Unruhen“), einschließlich der für ihre Ausbringung erforderlichen Geräte fallen somit ebensowenig darunter wie Vorrichtungen, Teile, Geräte, Substanzen und Organismen, die nach ihrer Art und Menge sowie nach ihrer Zweckbestimmung im Einzelfall lediglich für zivile Zwecke verwendet werden oder ausschließlich der wissenschaftlichen, medizinischen oder industriellen Forschung dienen.

3. Strafbar soll nach Z 1 die Herstellung von ABC-Kampfmitteln sowie deren Verarbeitung oder deren Entwicklung zum Zweck der Herstellung sein. Unter „Herstellung“ ist die Erzeugung oder Gewinnung zu verstehen, unter „Verarbeitung“ jede Tätigkeit, durch die die Verwendung erleichtert, die Wirkung verbessert oder die Gefährlichkeit erhöht wird.

Der besonderen Gefährlichkeit dieser Kampfmittel entsprechend, soll nicht erst die – versuchte oder vollendete – Herstellung, sondern sollen schon die Vorbereitungshandlungen hiefür, nämlich die „Entwicklung“, tatbestandsmäßig sein, sofern sich darin bereits der Vorsatz des Täters erkennen läßt, ein Kampfmittel im Sinn des Abs. 1 herzustellen oder einen Beitrag (§ 12 StGB) zu dessen Herstellung zu leisten.

Die in der vorgeschlagenen Z 2 verwendeten Begriffe Einfuhr in das Inland, Ausfuhr aus dem Inland und Durchfuhr durch das Inland entsprechen den im § 7 Abs. 1 des Kriegsmaterialgesetzes, BGBl. Nr. 540/1977, und zum Teil auch im § 320 StGB verwendeten Tatbestandsmerkmalen und erfassen somit – im Gegensatz zum Außenhandelsgesetz 1995, BGBl. Nr. 172/1995 – auch den innergemeinschaftlichen Handel.

Nach Z 3 soll überdies strafbar sein, wer die atomaren, biologischen oder chemischen Kampfmittel „erwirbt, besitzt oder einem anderen überläßt oder verschafft“. Unter „Erwerb“ ist jede Art der Erlangung der Gewahrsame, unter „Besitz“ deren alleinige oder mit anderen geteilte Ausübung zu verstehen. Darunter fällt nicht nur der Besitz im engeren Sinn, sondern auch die bloß tatsächliche Innehabung, etwa desjenigen, der solche Kampfmittel lagert. „Überlassen“ wird ein Kampfmittel einem anderen dann, wenn diesem zumindest zeitweilig die Gewahrsame daran übertragen wird. Unter „Verschaffen“ ist schließlich die Vermittlung des Erwerbs, des Besitzes oder der Überlassung zu verstehen.

4. Strafbar soll nach § 177a Abs. 1 StGB nur sein, wer mit Vorsatz im Sinn des § 5 Abs. 1 StGB handelt. Darunter fällt auch der „Eventualvorsatz“ (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz); es genügt daher, daß der Täter die Verwirklichung des Tatbildes des § 177a Abs. 1 StGB „ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet“. Eine Ausdehnung der Strafbarkeit auch auf fahrlässige Tathandlungen, wie sie in den §§ 19 Abs. 4 und 20 Abs. 4 des (deutschen) Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (Art. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs und zum Verbot von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen vom 5. 11. 1990, BGBl. I 2428) vorgesehen ist, erschienehingegen als zu weitgehend, zumal in diesem Bereich ohnehin die Strafbestimmung des § 17 Abs. 2 AußHG, BGBl. Nr. 172/1995, eingreift.

Die Schuldform des Eventualvorsatzes wird vor allem dort von Bedeutung sein, wo nicht schon – insbesondere auf Grund der besonderen Beschaffenheit eines Gerätes oder einer Substanz – für jedermann klar sein muß, daß es sich dabei um ein atomares, chemisches oder biologisches Kampfmittel, um den Bestandteil oder das Vorprodukt eines solchen oder um eine „Schlüsselkomponente“ handelt, sondern wo Geräte oder Substanzen – zumindest in ihrer verarbeiteten Form – sowohl für zivile Zwecke als auch als Bestandteil eines Kampfmittels verwendet werden können („dual use“). Eine eingehende Prüfung der subjektiven Tatseite wird in solchen Fällen unbedingt erforderlich sein, die freilich durch die Verordnung (EG) Nr. 3381/94 über eine Gemeinschaftsregelung der Ausfuhrkontrolle von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, insbesondere durch die Anhänge I und II des GASP-Beschlusses, beträchtlich erleichtert wird.

5. Die Strafdrohung des Abs. 1 orientiert sich an derjenigen für vorsätzliche Gemeingefährdung (§ 176 Abs. 1 StGB). Sie erhöht sich nach Abs. 2 auf Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, wenn der Täter weiß – und es nicht bloß ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet –, daß die Kampfmittel in ein Gebiet gelangen sollen, in dem ein Krieg oder ein bewaffneter Konflikt ausgebrochen ist oder unmittelbar auszubrechen droht (vgl. § 320 StGB). Diese erhöhte Strafdrohung erscheint angesichts der Gefährlichkeit des Vorhandenseins solcher Kampfmittel in einem Krisengebiet, insbesondere im Hinblick auf die Gefahren nicht mehr kontrollierbarer Eskalationen bzw. des Ausbruchs von Kampfhandlungen unter Einsatz dieser Kampfmittel gerechtfertigt. Weiß der Täter hingegen, daß die Kampfmittel (in dem Gefahrengebiet, das dem Täter als Zielgebiet bekannt ist) tatsächlich eingesetzt werden sollen, so scheinen in Anbetracht der katastrophalen Auswirkungen des tatsächlichen Einsatzes von ABC-Waffen die im Strafgesetzbuch vorgesehenen Höchststrafen unverzichtbar.

6. Besondere Bedeutung kommt im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen Tatbestand den Bestimmungen über die Behandlung aller Beteiligten als Täter (§ 12 StGB) zu, da gerade im Bereich der modernen Rüstungstechnik ein Zusammenspiel vieler, zum Teil völlig unterschiedlicher Komponenten erforderlich ist und daher kaum jemals ein Kampfmittel im Sinn des § 177a StGB von einer Person allein hergestellt, verarbeitet oder entwickelt werden kann. Von Bedeutung werden dabei unter anderem jene Fälle sein, in denen der „Haupttäter“ mangels Vorliegens der österreichischen Gerichtsbarkeit nicht strafbar ist, weil er als Ausländer in einem anderen Staat gehandelt hat, der eine dem vorgeschlagenen § 177a StGB vergleichbare Strafbestimmung nicht kennt, oder nicht verfolgt werden kann, der Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB jedoch der österreichischen Strafgerichtsbarkeit unterliegt. Während in der Bundesrepublik Deutschland wegen des dem deutschen Strafgesetzbuch zugrundeliegenden Teilnahmesystems von einer limitierten Akzessorietät der Beihilfe ausgegangen wird und daher zur Vermeidung allfälliger Strafbarkeitslücken verselbständigte Teilnahmedelikte geschaffen wurden, um alle in Betracht kommenden Beitragshandlungen zu erfassen (§§ 17 Abs. 1 Nr. 2, 18 Nr. 2, 19 Abs. 1 Nr. 2 und 20 Abs. 1 Nr. 2 des Kriegswaffenkontrollgesetzes idF BGBl. I 2428), geht sowohl die österreichische Judikatur (zB RZ 1986, 31; JBl 1990, 331) als auch die Mehrheit der österreichischen Lehre (zB TRIFFTERER, Strafrecht AT, 391 ff., KIENAPFEL, Strafrecht AT5, E 2 RN 39 ff., LEUKAUF–STEININGER, StGB3, Rz 24 und 49 ff. zu § 12 und viele andere; abweichend BURGSTALLER, RZ 1975, 13 ff. und FUCHS, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart XIV, 6 ff.) von der funktionalen Einheitstäterschaft aus, die sämtliche in § 12 StGB verankerten Täterschaftsformen als gleichwertig ansieht und daher auch die Frage der Strafbarkeit eines Tatbeitrags nach § 12 dritter Fall („Beihilfe“) nicht von der Strafbarkeit des unmittelbaren Täters („Haupttäters“) abhängig macht. Eine gesonderte Strafbestimmung zur Erfassung von Beitragshandlungen ist daher entbehrlich.

7. Da der Tatbestand des § 177a StGB nicht „verwaltungsakzessorisch“ ist, wird er auch in Fällen anwendbar sein, in denen von einer Behörde Bewilligungen erteilt werden, die die Verwirklichung einer der im § 177a StGB aufgezählten Tathandlungen ermöglichen. Anders als etwa bei den Umweltdelikten, bei denen infolge der Verwaltungsakzessorietät eine solche Vorgangsweise nicht als Tatbeitrag im Sinn des § 12 StGB, sondern allenfalls als Amtsmißbrauch nach § 302 StGB geahndet werden kann, können in solchen Fällen – einheitlicher (Eventual-)Tatvorsatz vorausgesetzt – die §§ 12, 177a StGB zur Anwendung gelangen. Andererseits ändert es an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Täters nichts, wenn er eine (erschlichene) Bewilligung zur Vornahme einer der in § 177a StGB genannten Tathandlungen erlangt hat. Ein solcher Bewilligungsbescheid würde keinen Mangel am Tatbestand bilden, sondern könnte höchstens im Rahmen der Regelung über den Irrtum (§ 8 StGB) von Bedeutung sein.

II. Zu § 177b StGB:

1. Auf Grund des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen, BGBl. Nr. 258/1970 (Atomsperrvertrag), ist Österreich als Mitgliedstaat verpflichtet, einerseits gemäß Artikel III Z 1 Kernmaterial auf seinem Territorium nach bestimmten – in einem Abkommen mit der Internationalen Atomenergie-Organisation, BGBl. Nr. 239/1972, festgelegten – Richtlinien buchmäßig zu erfassen und zu kontrollieren bzw. entsprechende Berichte an die IAEO abzugeben und andererseits gemäß Art. III Z 2 die Ausfuhr bestimmter international festgelegter Waren nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen. Beide Verpflichtungen wurden durch das Sicherheitskontrollgesetz, BGBl. Nr. 408/1972, innerstaatlich umgesetzt. Im Bereich der Exportkontrolle haben Bemühungen einiger Länder, sich trotz der bestehenden internationalen Restriktionen Zugang zu nuklearer Technologie außerhalb der internationalen Kontrollen zu verschaffen, zu weiteren Verschärfungen im internationalen Bereich geführt, die die Kriterien für die Ausfuhr über die Bestimmungen des Atomsperrvertrages hinausgehend erweitern (vgl. 374 BlgNR XVII. GP, 9). Die Umsetzung dieser Richtlinien in die österreichische Rechtsordnung erfolgte durch das Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992.

Verstöße gegen das innerstaatliche Sicherheitskontrollsystem für die buchmäßige Erfassung und Kontrolle von Kernmaterial (Kernmaterialflußkontrolle) bzw. das Exportkontrollsystem werden bislang durch die (gerichtliche) Strafbestimmung des § 17 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 insoweit inkriminiert, als dadurch die Gefahr herbeigeführt wird, daß die im § 2 leg. cit. erwähnten Materialien, Ausrüstungen oder Technologien der Verwendung für Atomwaffen oder nukleare Sprengvorrichtungen zugänglich werden.

2. Durch die internationale Entwicklung zu Beginn der siebziger Jahre bildete sich in zunehmendem Maße in den einzelnen Staaten das Bewußtsein aus, daß im Bereich der nuklearen Sicherheit auch der Frage der Verhinderung bestimmter strafbarer Handlungen im Hinblick auf bzw. mit Hilfe von Kernmaterial besonderes Augenmerk zu schenken ist. Das unter der Ägide der IAEO ausgearbeitete UN-Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial, BGBl. Nr. 53/1989, schafft für die Vertragsstaaten vor allem die Verpflichtung, Kernmaterial auf internationalen Transporten unter ihrer Hoheitsgewalt in einem bestimmten, ausdrücklich festgelegten Umfang zu schützen. Darüber hinaus verpflichtet das Übereinkommen die Vertragsstaaten, den Umgang mit Kernmaterial ohne rechtmäßige Befugnis, Diebstahl oder Raub von Kernmaterial sowie Bedrohung anderer Personen unter Verwendung von Kernmaterial unter Strafandrohung zu stellen sowie die Strafverfolgung oder Auslieferung der Tatverdächtigen sicherzustellen. Die Verpflichtungen dieses Übereinkommens betreffend den Schutz und die Sicherung von Kernmaterial während der Lagerung und des Transportes wurden schon bisher durch die Bestimmungen des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, und des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 erfüllt.

3. Der Zerfall der Sowjetunion hat jedoch zu einer neuen Situation geführt. Wie der Bericht der Europäischen Gemeinschaften vom 7. September 1994, COM (94) 383, über den illegalen Handel mit Kernmaterial und radioaktiven Stoffen festhält, führte der erwähnte Zerfall zur teilweisen Auflösung der zentralen Überwachungs- und Verwaltungsstrukturen für Kernmaterialien und radioaktive Stoffe. Da der gesamte sowjetische Nuklearbereich einem dem herrschenden Regime eigenen Sicherheitssystem unterlag, haben sich auch die mit diesem Regime verbundene Überwachung und der sehr strenge Objektschutz inzwischen beträchtlich gelockert. Dem im höchsten Maße zentralisierten System lagen Überwachungskriterien zugrunde, die sich völlig von den in den westlichen Ländern geltenden unterschieden (Fehlen einer Buchführung über Kernmaterialien). Es zeichnete sich durch eine beinahe vollkommene Verflechtung von zivilen und militärischen Tätigkeiten aus.

Dazu kommt , daß mehrere Staaten dieser Region, insbesondere Rußland und die Ukraine, ein ehrgeiziges Programm des Abbaus ihrer nuklearen Arsenale in Angriff genommen haben, das indirekt die Gefahr vergrößert, daß bestimmtes Spaltmaterial aus einer kontrollierten Sphäre in weniger gut kontrollierte Sphären wandert, in denen kriminelle Handlungen nicht ausgeschlossen werden können.

Das Zusammentreffen dieser Tatsachen trägt zur Entstehung eines illegalen Handels mit gefährlichen radioaktiven Stoffen bei, die auf betrügerische Weise erworben und illegal weiterverkauft werden. Die Gefahr der Abzweigung von Kernmaterial wird noch verstärkt durch die Entstehung mächtiger krimineller Organisationen in verschiedenen Republiken, unter anderem auch Rußland, die aus der Situation Profit schlagen und Exportwege aufbauen können.

Da sich für illegal gehandeltes Kernmaterial nur Staaten oder Organisationen interessieren, welche die auf nationaler und internationaler Ebene eingerichteten Überwachungsmechanismen umgehen wollen, bewirkt dieser Handel neben der, je nach Stoff unterschiedlichen, von der Strahlung ausgehenden Gefahr auch die Gefahr der Verbreitung von Kernwaffen. Die bisher in der Europäischen Union registrierte Zunahme der Fälle von illegalem Handel mit Kernmaterial und radioaktiven Stoffen zeitigte auch Auswirkungen auf Österreich, das vornehmlich als Transitland betroffen ist, weshalb neben der Unterstützung präventiver Maßnahmen (insbesondere technische Hilfe zur Verbesserung der Lage der Kernindustrie in den betroffenen Ländern) eine Verstärkung repressiver Maßnahmen erforderlich erscheint. Schließlich soll der illegale Handel mit Kernbrennstoffen und radioaktiven Materialien einer der Kriminalitäts­bereiche sein, dessen Bekämpfung in die Zuständigkeit von „Europol“ fällt, womit der Entschließung des Europäischen Parlaments zum illegalen Handel mit Kernmaterial vom 29. September 1994, ABl. Nr. C 305/78, Rechnung getragen wird, die ua. fordert, daß der illegale Handel mit Kernmaterial gemäß Art. K 1 Abs. 9 des Unionsvertrages als schwerwiegende Form der internationalen Kriminalität zu betrachten ist.

So hat etwa die Bundesrepublik Deutschland mit dem Zweiten Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (2. UKG; BGBl. 1994 I, 1440 ff.) durch die Einführung einer allgemeinen Strafvorschrift über den unerlaubten Umgang mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern auf die besorgniserregende Gefahr der Nuklearkriminalität reagiert.

4. Die vorgeschlagene Strafbestimmung des § 177b StGB soll Kernmaterial im engeren Sinn sowie radioaktive Stoffe, die nach Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, durch ionisierende Strahlen den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen herbeizuführen, erfassen.

Kernmaterialien im engeren Sinn sind solche, die einer Sicherheitsüberwachung unterliegen (Sicherungsmaßnahmen/„safeguards“ zB im Rahmen des Euratom-Vertrages, der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEO, oder des Nichtverbreitungsvertrages NVV) und bei denen je nach Material eine mehr oder weniger große Gefahr besteht, direkt oder indirekt zu militärischen Zwecken eingesetzt zu werden. Diese Materialien (zB Plutonium oder hoch angereichertes Uran) sind am gefährlichsten und bergen neben der Kontaminationsgefahr auch noch das Risiko der Verbreitung von Atomwaffen.

Der vorgeschlagene Abs. 4 begrenzt den Bereich, in dem der unerlaubte Umgang mit Kernmaterial (im engeren Sinn) strafbar sein soll, mit Ausgangsmaterial, besonderem spaltbarem Material, Ausrüstung, Technologie und (sonstigem) Material, das gemäß § 2 Abs. 2 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 dem Sicherheitskontrollsystem dieses Gesetzes unterliegen. In Verbindung mit § 1 dieses Gesetzes ergibt sich danach folgendes:

Unter „Ausgangsmaterial“ ist Uran, das die in der Natur vorkommende Isotopenzusammensetzung enthält, Uran mit vermindertem Gehalt an Isotop 235, Thorium, sowie jeder der vorgenannten Stoffe in Form von Metallen, Legierungen, chemischen Verbindungen oder Konzentraten zu verstehen (vgl. § 1 Z 3 des Sicherheitskontrollgesetzes). Der Begriff „besonderes spaltbares Material“ umfaßt Plutonium 239, Uran 233, mit den Isotopen 235 oder 233 angereichertes Uran sowie jedes Material, das einen oder mehrere der vorgenannten Stoffe enthält, im Sinne des Statuts der internationalen Atomenergie-Organisation (BGBl. Nr. 216/1957; vgl. § 1 Z 1 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991). Unter „Aus­rüstung oder Material“ gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 in Verbindung mit § 1 Z 4 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 sind Waren zu verstehen, die für die Verwendung, Aufarbeitung oder Herstellung von besonderem spaltbarem Material besonders konstruiert oder vorbereitet sind, wie zB schweres Wasser, Zirkonium, Graphit usw. Unter dem Begriff „Technologie“ wird technisches Wissen verstanden, das nicht allgemein zugänglich ist und durch Aufzeichnungen auf Datenträgern jedweder Art in physischer Form erfaßt ist, insbesondere technisches Wissen zur Entwicklung, Fertigung, Anwendung, für den Betrieb, die Inbetriebnahme, Installation oder Instandhaltung von Ausrüstung oder Materialien (vgl. § 1 Z 10 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991; auch in bezug auf Technologien stellt § 2 Abs. 2 Z 3 leg. cit. auf den besonderen Zusammenhang mit der Aufarbeitung, Verwendung oder Herstellung von besonderem spaltbarem Material ab).

Der Begriff „radioaktive Stoffe“ bezeichnet hingegen Stoffe, die zufolge spontaner Kernprozesse ionisierende Strahlen aussenden, oder Stoffe oder Gegenstände, die radioaktive Stoffe enthalten oder an deren Oberfläche sich solche Stoffe befinden, im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 lit. c des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969. Erfaßt sind somit Stoffe, die nicht der Sicherheitsüberwachung unterliegen und deren Kontaminationsrisiko von der vom jeweiligen Stoff ausgehenden Strahlung abhängt, die aber im unverarbeiteten Zustand nicht als Brennstoff verwendet werden können. Hierunter fallen zB Stoffe, die häufig zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden. Um die Strafbarkeit nicht zu weit auszudehnen, soll in Anlehnung an die bundesdeutsche Regelung insofern eine Einschränkung vorgenommen werden, als der radioaktive Stoff die Eignung zur Herbeiführung des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung durch ionisierende Strahlen aufweisen muß.

5. Gemäß § 8 des Sicherheitskontrollgesetzes bedarf die Ausfuhr von Kernmaterial und Technologie einer Bewilligung des Bundeskanzlers; die Ausfuhr ohne Bewilligung ist verboten (§ 8 Abs. 3 leg. cit.). Weiters bedarf der Umgang im Sinn des § 2 lit. e des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, mit den erwähnten Kernmaterialien gemäß § 6 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 einer Bewilligung des Bundesministers für Inneres, mit der Schutzmaßnahmen vor Zugriffen oder Eingriffen unbefugter Dritter vorzuschreiben sind. Unter dem Begriff „Umgang mit Kernmaterial“ ist demnach die Gewinnung, die Erzeugung, die Lagerung, die Beförderung, die Abgabe, der Bezug, die Bearbeitung, die Verwendung und die Beseitigung von Kernmaterialien sowie jede sonstige sich auf Kernmaterialien beziehende Tätigkeit zu verstehen, die eine Strahlenbelastung zur Folge haben kann. Weiters unterliegen die genannten Materialien der Sicherheitskontrolle gemäß § 4 des Sicherheitskontrollgesetz 1991, wonach hinsichtlich der Ein- und Ausfuhr eine Meldepflicht besteht. Der Begriff der Ausfuhr umfaßt insofern auch die Kontrolle der Durchfuhr, als jede Durchfuhr eine Ausfuhr beinhaltet (374 BlgNR XVII. GP, 10). Daneben unterliegt die Durchfuhr von Ausgangsmaterial und besonderem spaltbaren Material den Regelungen über die Beförderung von gefährlichen Gütern (IMDG-Code für den Seeverkehr, ICAO-TI für den Luftverkehr, RTD für den Eisenbahnverkehr, ADR und GGSt für den Straßenverkehr sowie ADN für den Binnenschiffverkehr), die durch das Erfordernis der mehrseitigen Genehmigung gekennzeichnet sind, das heißt, daß jede Beförderung von den zuständigen Behörden des Versende- und des Empfangsstaates sowie (außer bei bloßem Überflug) aller Transitstaaten einzeln zu genehmigen ist.

Der Betrieb von Anlagen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen bzw. der Umgang mit radioaktiven Stoffen oder der Betrieb von Strahleneinrichtungen, für den eine bewilligungspflichtige Anlage nicht benötigt wird, bedürfen einer Bewilligung nach dem Strahlenschutzgesetz, BGBl. Nr. 227/1969.

Strafbar soll nach Abs. 1 daher die Lagerung, Beförderung, Bearbeitung, Verarbeitung oder sonstige Verwendung, die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr sein, die entgegen diesen Bestimmungen oder den auf Grund dieser Bestimmungen erlassenen Bescheiden und den darin ausgesprochenen Auflagen erfolgt (Verwaltungsakzessorietät). Auf Grund des Beitritts Österreichs zur EU bezieht sich die so umschriebene Verwaltungsakzessorietät auch auf das unmittelbar anwendbare Recht der EU. Erfaßt ist somit jeder konsenslose bzw. konsenswidrige „Umgang“ mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen im Sinne der Z 2, insbesondere die Umgehung des Sicherheitskontrollsystems bzw. der Exportkontrolle.

6. Die Grundstrafdrohung soll wie in der „Vorgängerbestimmung“ des § 17 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 (vgl. dazu Art. IX) Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren betragen; die dort noch vorgesehene Alternative von Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen soll jedoch aus systematischen Gründen entfallen, zumal § 37 StGB für diesen Bereich ohnehin Vorsorge trifft.

Die Abs. 2 und 3 enthalten insgesamt vier Qualifikationen. Nach Abs. 2 soll sich die Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren erhöhen, wenn durch eine der im Abs. 1 genannten Handlungen eine Gefahr herbeigeführt wird, daß die im Abs. 1 Z 1 und 2 erwähnten sowie durch Abs. 4 näher definierten Materialien (Ausrüstungen oder Technologien) einer „kriegerischen Nutzung“ durch Herstellung oder Verarbeitung von zur Massenvernichtung geeigneten atomaren Kampfmitteln zugänglich werden.

Wird hingegen durch die im Abs. 1 erwähnten Handlungen bewirkt, daß durch freiwerdende Kernenergie oder sonst durch ionisierende Strahlen eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) eines anderen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß entsteht, soll sich die Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren erhöhen (Abs. 3). Hat die Tat den Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzungen (§ 84 Abs. 1) einer größeren Zahl von Menschen zur Folge oder sind durch die Tat viele Menschen in Not versetzt worden, erhöht sich die Strafdrohung auf Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat sie aber den Tod einer größeren Zahl von Menschen nach sich gezogen, auf Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe (vgl. § 169 Abs. 3).

Zu Art. I Z 23 (§§ 181b bis 181d StGB):

I. Allgemeines:

1. Spektakuläre Fälle von Giftmülltransporten in die dritte Welt haben Regierungen und internationale Organisationen wie auch die öffentliche Meinung für das Problem der grenzüberschreitenden Verbringung von (insbesondere) gefährlichen Abfällen sensibilisiert. Vor allem im Rahmen des UNEP (United Nations Environment Programme) wurden Überlegungen angestellt, wie solchen Handlungen, und zwar vordringlich dem illegalen Mülltransport, entgegengewirkt werden könnte. Die auf den Beginn der 80er Jahre zurückgehenden Überlegungen zur Ausarbeitung eines globalen Übereinkommens zur Verminderung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von gefährlichen und anderen Abfällen mündeten schließlich in die Ausarbeitung eines Vertragstextes, der in der Folge im Rahmen einer Staatenkonferenz in Basel vom 20. bis 22. März 1989 einstimmig angenommen wurde. Das Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung ist am 5. Mai 1992 (völkerrechtlich) in Kraft getreten und von Österreich ratifiziert worden (BGBl. Nr. 229/1993). Im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG ist es durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

Art. 4 enthält die zentrale Bestimmung des Übereinkommens, regelt die allgemeinen Verpflichtungen der Vertragsparteien ua. für den Fall, daß die Einfuhr von Abfällen von einer Vertragspartei verboten bzw. nicht gestattet wurde, und stellt Regelungen über die Minimierung der Erzeugung von Abfällen, das Gebot der umweltgerechten Entsorgung bzw. Verbringung von gefährlichen und anderen Abfällen sowie ein allfälliges Ausfuhr- oder Einfuhrverbot auf. Weiters inkriminiert Art. 4 den unerlaubten Verkehr von gefährlichen und anderen Abfällen und verbietet Ausfuhr- und Einfuhrgeschäfte mit Nichtvertrags­parteien sowie die Ausfuhr zur Entsorgung in ein Gebiet südlich von 60 Grad südlicher Breite (Antarktis und umliegendes Meeresgebiet).

Die innerstaatlichen Durchführungsbestimmungen wurden in die §§ 34 bis 36a des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990, BGBl. Nr. 325, aufgenommen, die ua. das Verbot der Einfuhr und Ausfuhr von Abfällen aus einem Staat, der nicht Vertragspartei des Basler Übereinkommens ist, sowie der Durchfuhr von Abfällen ohne entsprechende Bewilligung bzw. Meldung (insbesondere Erklärung des Einfuhrstaates, daß gegen die Einfuhr keine Einwände bestehen und die erforderlichen Transitbewilligungen vorliegen) enthalten. Wer Abfälle oder Altöle entgegen den §§ 34 bis 36a AWG einführt, ausführt oder durchführt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 5 000 bis 100 000 S zu bestrafen.

2. Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wird die dargestellte Rechtslage ab 1. Jänner 1997 (vgl. Beitrittsvertrag, AA-AFNs 4 Final, 70 D, Punkt 5) durch unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht überlagert, und zwar die Verordnung. Danach fällt zwar die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen innerhalb eines Mitgliedstaates in die Verantwortung des einzelnen Staates, doch müssen die einzelstaatlichen Regelungen dafür bestimmten Mindestkriterien entsprechen, damit ein hohes Schutzniveau für Umwelt und menschliche Gesundheit gewährleistet ist. Art. 26 der genannten Verordnung definiert den Begriff der „illegalen Verbringung“ sowie die Folgen einer solchen illegalen Verbringung. Nach Art. 26 Abs. 5 „verbieten und ahnden“ die Mitgliedstaaten „die illegale Beförderung durch geeignete rechtliche Maßnahmen“.

3. Nach dem – von Österreich bereits unterzeichneten, jedoch noch nicht ratifizierten – Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) sind die Maßnahmen der grenzüberschreitenden Observation (Art. 40) sowie der grenzüberschreitenden Nacheile (Art. 41) nur zulässig, wenn eine der in den Straftatenkatalogen des Art. 40 Abs. 7 bzw. Art. 41 Abs. 4 angeführten Straftaten vorliegt. Als eine dieser Straftaten ist auch der „unerlaubte Verkehr mit giftigen und schädlichen Abfällen“ enthalten. Die Verwaltungsstrafbestimmung des AWG gegen die unerlaubte Ein-, Durch- und Ausfuhr von gefährlichen Abfällen reicht hiezu nicht hin, weil Rechtshilfe nach dem Durchführungsübereinkommen nur in Verfahren wegen Handlungen geleistet wird, die als Zuwiderhandlungen gegen Verordnungsvorschriften durch Behörden geahndet werden, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann (Art. 49 lit. a).

Auch abgesehen von dem Schengener Durchführungsübereinkommen erscheint zu einer effizienten Verfolgung grenzüberschreitender Straftaten die Ermöglichung einer internationalen Zusammenarbeit durch Rechtshilfe und Auslieferung erforderlich; eine solche setzt gerichtliche Strafbarkeit voraus.

Mittlerweile hat auch die Bundesrepublik Deutschland durch das 2. Gesetz zur Bekämpfung der Umweltkriminalität (2. UKG; BGBl. 1994 I, 1440 ff.) die gerichtliche Strafbarkeit der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung (§ 326 dStGB) auf Verstöße gegen (absolute) Verbringungsverbote ausgedehnt, weil „in Übereinstimmung mit dem Grundgedanken der Basler Konvention das ungenehmigte grenzüberschreitende Verbringen von gefährlichen Abfällen erfaßt werden soll“ (BT-Ds 12/192,21). Darüber hinaus wurde, insbesondere durch die Einführung eines neuen Tatbestandes gegen Bodenverunreinigungen (§ 324a dStGB) und eine Verselbständigung und Erweiterung des Tatbestandes gegen Luftverunreinigung (§ 325 dStGB), ein prinzipiell gleichwertiger Schutz der Gewässer, des Bodens und der Luft angestrebt. Trotz dieses deutlich verschärften Umweltstrafrechts werden Befürchtungen wegen einer allfälligen Gefährdung des Wirtschaftsstandortes sowie Bedenken wegen eines Verstoßes gegen die ultima-ratio-Funktion des (gerichtlichen) Strafrechts in Deutschland nicht geteilt (vgl. MÖHRENSCHLAGER, Revision des Umwelt-Strafrechts, NStZ 1994, 513 ff.; SCHMIDT–SCHÖNE, NJW 1994, 2514 ff.).

In Anbetracht dieser internationalen Entwicklung und im Hinblick darauf, daß es zweifelhaft erscheint, ob Österreich durch die Verwaltungsstrafbestimmung des § 39 Abs. 1 lit. b Z 23a AWG die Verpflichtungen aus dem Basler Übereinkommen erfüllt (das Wort „criminal“ in der englischen Fassung des Art. 4 Abs. 3 ist wohl als „gerichtlich strafbar“ zu übersetzen) sowie zur Effektuierung des – für eine wirksame Verfolgung der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle notwendigen – Instituts der stellvertretenden Strafrechtspflege (§ 65 StGB) und der internationalen Zusammenarbeit durch Rechtshilfe und Auslieferung soll die gerichtliche Strafbarkeit nunmehr auf die Fälle der unerlaubten Verbringung von Abfällen ausgedehnt werden.

Bedenkt man die Dimension der nicht umweltgerechten Entsorgung von Abfällen, insbesondere von Sondermüll (vgl. HUMMER–OBWEXER, Probleme des Abfallexports aus Österreich, ÖZW, 1994, 1 ff.), handelt es sich freilich um einen „gemäßigten“ Kriminalisierungseffekt, da die inkriminierten Verhaltensweisen schon bisher verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden sind.

4. Ferner ist § 181b StGB in der geltenden Fassung vielfach auf Kritik gestoßen. Durch die Verweisung auf eine Beeinträchtigung „nach Art und Umfang des § 180 Abs. 2“ fehlt nämlich ein vorverlagerter Schutz für die nur durch § 180 Abs. 1 geschützte Luft, weshalb etwa eine großräumige Verfrachtung von Schadstoffen in die Luft möglicherweise straflos bleibt, weil eine unmittelbar von der Luftverschmutzung ausgehende (abstrakte) Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen (§ 180 Abs. 1 Z 1) nur schwer nachweisbar ist.

Als problematisch wurde es schließlich erachtet, daß dem § 181b kein korrespondierendes Fahrlässigkeitsdelikt zugeordnet worden ist, weil der Nachweis des Vorsatzes gerade in bezug auf die in § 180 Abs. 2 genannten Kriterien Schwierigkeiten bereiten kann (vgl. TRIFFTERER, Kommentar zum StGB, § 181b Rz 4 f.) und eine Abgrenzung der verwaltungsbehördlichen von der gerichtlichen Zuständigkeit bloß anhand der subjektiven Tatseite in vielen Fällen zu einem vermeidbaren doppelten Verfahrensaufwand führt (Fortsetzung bzw. Einleitung eines verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens nach Einstellung bzw. Freispruch im gerichtlichen Strafverfahren). Der vorliegende Entwurf will neben der Kriminalisierung des „Mülltransits“ diese Kritik aufgreifen, den Tatbestand des bisherigen § 181b aufgliedern bzw. erweitern und auch die Verknüpfung zwischen der umweltgefährdenden Müllbeseitigung und dem umweltgefährdenden Betreiben von Anlagen auflösen. Damit soll auch der Verpflichtung durch Art. 4 der Richtlinie des Rates 91/156/EWG, ABl. 1991, Nr. L 78/32, entsprochen werden, wonach die erforderlichen Maßnahmen zu treffen sind, daß Abfälle so verwertet oder beseitigt werden, daß Wasser, Luft, Boden und die Tier- und Pflanzenwelt nicht gefährdet werden.

II. Zu §§ 181b und c:

Die vorgeschlagene Regelung des § 181b unterscheidet zwischen dem umweltgefährdenden Behandeln (Abs. 1) und dem umweltgefährdenden Verbringen (Abs. 2) von Abfällen.

1. Unter dem im § 181b Abs. 1 verwendeten Begriff „Abfälle“ sind bewegliche Sachen zu verstehen, deren sich jemand (als für ihn wertlos geworden) entledigen will oder entledigt hat und deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten ist, und zwar gleichgültig, ob es sich um gefährlichen Abfall, Altöl, Hausmüll oder Abfall sonstiger Art („Sperrmüll“) handelt (LEUKAUF–STEININGER, StGB3  § 181b Rz 4).

1.1. Behandelt (i.e.S.) werden Abfälle durch Verarbeitung jedweder Art, unabhängig davon, ob diese zur Weiterverwertung oder lediglich zur Vorbereitung einer Entsorgung, wie etwa beim Zerkleinern oder Entgiften, durchgeführt wird.

1.2. Lagern ist schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch gleichzusetzen mit aufbewahren und beinhaltet daher jede Zwischenlagerung vor der endgültigen Beseitigung. Aber auch wer Abfälle, die sich zB durch Zeitablauf selbst entgiften, in einem eigens dazu präparierten Raum aufbewahrt, lagert diese und lagert sie nicht ab, unabhängig davon, was mit dem Abfall danach geschehen soll (vgl. TRIFFTERER, Kommentar zum StGB, § 181b Rz 10).

1.3. Ablagern ist schon vom allgemeinen Sprachgebrauch her gleichbedeutend mit Weglegen und beinhaltet daher zumindest von der Intention her auf Dauer gerichtete Aufbewahrung, wie etwa die Endlagerung von atomarem Müll.

1.4. Ablassen bezieht sich nicht bloß auf Abwasser oder auf flüssigen Abfall, sondern auch auf das Entweichenlassen von verschmutzter Luft oder anderen Gasen (TRIFFTERER, aaO, Rz 12).

1.5 Mit der Formulierung „sonst beseitigt“ wird eine Auffangvariante umschrieben, mit der alle denkbaren Alternativen zu den eigens angeführten Tathandlungen erfaßt und so ein möglichst lückenloser Schutz bei der Abfallbeseitigung gewährleistet werden soll.

1.6. Alle Tathandlungen sind nur tatbildmäßig, wenn sie entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag vorgenommen werden, wobei sich nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union diese Verwaltungsakzessorietät auch auf unmittelbar anzuwendendes Recht der EU beziehen kann.

1.7. Bei jeder der Handlungsvarianten muß ferner hinzukommen, daß durch die Verhaltensweise des Täters entweder die Gefahr einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung von Wasser, Boden oder Luft entstehen kann, die eine Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen oder eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet hervorrufen kann, oder die Gefahr einer nachhaltigen, schweren und in großem Ausmaß erfolgenden Verunreinigung bzw. Beeinträchtigung der erwähnten Umweltmedien bewirkt wird (vgl. § 180 Abs. 2 StGB). Es muß sich bei dieser Alternative um die Gefahr einer Verunreinigung handeln, die für immer oder doch für lange Zeit anhält oder zu deren Beseitigung ein 500 000 S übersteigender Aufwand erforderlich wäre (vgl. LEUKAUF–STEININGER, aaO, § 180 Rz 22).

Dabei ist davon auszugehen, daß die Gefährdungsvarianten des Abs. 1 für die einzelnen Umweltmedien in unterschiedlichem Ausmaß wirksam werden, weil etwa die „Nachhaltigkeit“ einer Beeinträchtigung der Luft selten nachweisbar sein wird, wohl aber die mit einer solchen Beeinträchtigung verbundenen nachteiligen Wirkungen für die menschliche Gesundheit bzw. den Tier- und Pflanzenbestand.

Die damit umschriebene abstrakte Gefährlichkeit ist durch eine ex ante-Beurteilung eigens festzustellen, wobei zu prüfen ist, ob im Fall einer Verunreinigung bzw. Beeinträchtigung die im § 180 Abs. 1 oder Abs. 2 näher umschriebenen Gefahren eintreten können. Der Unterschied zu § 180 besteht also darin, daß für § 181b Abs. 1 die Gefahr einer Verunreinigung oder sonstigen Beeinträchtigung genügt, während für § 180 dieser (und im Rahmen des § 180 Abs. 2 auch der dort näher umschriebene) Erfolg bereits eingetreten sein muß.

2. Der Vorsatz muß im Falle des § 181b Abs. 1 neben der Verwaltungsrechtswidrigkeit nicht nur die Tathandlung, sondern auch deren Eignung zur Verunreinigung oder Beeinträchtigung in der zu Punkt 1.7. umschriebenen Art bzw. in dem dort beschriebenen Umfang umfassen. Bezieht sich der Vorsatz nicht auf das zuletzt genannte Tatbestandselement, so kommt lediglich eine Bestrafung nach der entsprechenden Fahrlässigkeitsvariante des § 181c in Betracht.

3. Abs. 2 ist als reines Tätigkeitsdelikt konstruiert, weil die konsenslose oder konsenswidrige grenzüberschreitende Verbringung von gefährlichen Abfällen im Lichte des Basler Übereinkommens per se strafwürdig erscheint und damit auch der Bestimmung des Art. 26 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 259/1993 des Rates eher entsprochen wird. Dies erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil die Verordnung über die Ausnahme bestimmter Abfälle von der Bewilligungspflicht für die Einfuhr und die Ausfuhr sowie die Bestätigungspflicht für die Durchfuhr, BGBl. Nr. 1084/1994, für Abfälle, die innerhalb des OECD-Raumes verwertet werden, eine sinnvolle Einschränkung in bezug auf die Genehmigungs- bzw. Bestätigungspflicht bei grenzüberschreitenden Verbringungen von Abfällen schafft, sodaß infolge der Verwaltungsakzessorietät des Tatbestandes insoweit auch keine Strafbarkeit besteht.

3.1. Während die (korrespondierende) Verwaltungsstrafbestimmung des § 39 Abs. 1 lit. b Z 23 nicht zwischen gefährlichen und sonstigen Abfällen differenziert, erfaßt Abs. 2 vor allem „gefährliche Abfälle“ (Sondermüll) unter der Voraussetzung, daß sie nach Art (generell), Beschaffenheit (wegen des Gehaltes an Schadstoffen) oder allein wegen ihrer Menge (vgl. DREHER–TRÖNDLE, StGB47, Rz 5 zu § 326) zur Vermeidung der im Abs. 1 genannten Gefahren für die Umwelt – konkret – einer ordnungsgemäßen Behandlung (Entsorgung, § 2 Abs. 4 AWG) bedürfen. Aus der gerichtlichen Strafbarkeit werden somit jene Fälle ausgenommen, in denen schädliche Einwirkungen auf die Umwelt nach Art des Abs. 1 anhand der genannten Kriterien ausgeschlossen sind. (Eine Doppelbestrafung wird durch die Subsidiaritätsklausel des § 39 AWG hintangehalten.)

Einer besonderen Behandlung wegen ihrer Art werden in der Regel insbesondere gefährliche Abfälle nach Artikel 1 Abs. 1 lit. a des Basler Übereinkommens (Abfälle, die einer in Anlage I dieses Abkommens enthaltenen Gruppe angehören, es sei denn, sie besitzen keine der in Anlage III des Abkommens angeführten Eigenschaften) sowie jene Abfälle bedürfen, deren ordnungsgemäße Behandlung besondere Umsicht und besondere Vorkehrungen im Hinblick auf die öffentlichen Interessen iS des § 1 Abs. 3 AWG erfordert und deren ordnungsgemäße Behandlung jedenfalls weitergehender Vorkehrungen oder einer größeren Umsicht bedarf, als dies für die Behandlung von Hausmüll entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs. 3 AWG erforderlich ist (§ 2 Abs. 5 AWG); hiezu zählen jedenfalls die in der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl. Nr. 49/1991, aufgezählten Stoffe.

3.2. Die in dem vorgeschlagenen Abs. 2 verwendeten Begriffe Einfuhr in das Inland, Ausfuhr aus dem Inland und Durchfuhr durch das Inland entsprechen den im vorgeschlagenen § 177a StGB verwendeten Tatbestandsmerkmalen (siehe Erläuterungen zu Art. I Z 22).

III. Zu § 181d:

Das umweltgefährdende Betreiben von Anlagen soll in einem eigenen Tatbestand geregelt werden, zumal der bisherige Zusammenhang mit dem umweltgefährdenden Beseitigen von Abfällen wenig einsichtig erscheint. Die Erweiterung des strafrechtlichen Schutzes der „Luft“ folgt internationalen Vorbildern  (§ 325 dStGB) und strebt einen gleichwertigen Schutz der Gewässer, des Bodens und der Luft an. Im Vergleich zu § 325 Abs. 2 dStGB stellt die hier verlangte abstrakte Gemeingefahr jedoch eine relativ hohe Strafbarkeitsschwelle dar, da es nach der deutschen Bestimmung bloß darauf ankommt, daß „beim Betrieb einer Anlage“ (verwaltungsrechtswidrig) Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freigesetzt werden.

Tathandlung soll das Betreiben von Anlagen, die Schadstoffe freisetzen, auf eine bestimmte, mit (abstrakter) Gemeingefahr verbundene Art sein.

Anlagen sind solche beliebiger Art, solange sie nur überhaupt geeignet sind, irgendwelche Schadstoffe freizusetzen. Sie können unbewegliche Einrichtungen mit fest eingebundenen Maschinen sein, wie zB Fabriken und Müllverbrennungsanlagen. Da eine Beschränkung auf Anlagen unbeweglicher Art weder dem allgemeinen Sprachgebrauch noch der ratio der vorgeschlagenen Regelung entspricht, sollen aber auch transportable Betriebsanlagen erfaßt werden, die vorübergehend installiert und schon nach kurzer Zeit wieder abtransportiert werden (vgl. TRIFFTERER, aaO § 181b Rz 15). Die Anlage muß nicht nur geeignet sein, Schadstoffe freizusetzen, sondern auch in einer Weise betrieben werden, durch die tatsächlich Schadstoffe freigesetzt werden. Schadstoffe sind dabei alle Stoffe, die für die Umwelt und/oder für deren Medien nachteilige Folgen haben können, soweit diese geeignet sind, Gewässer, den Boden oder die Luft in einer der Tatmodalitäten des § 180 zu beeinträchtigen.

Zur abstrakten Gemeingefahr wäre auf das zu § 181b Ausgeführte zu verweisen.

Zu Art. I Z 24 (§ 183a StGB):

Die besondere, an § 9 orientierte Irrtumsregelung für das Umweltstrafrecht ist an die neugestalteten Tatbestände anzupassen. Eine darüber hinausgehende Änderung wird damit nicht bewirkt.

Zu Art. I Z 25 (§ 194 StGB):

I. Die geltende Regelung, Ehebruch – wenn auch nur als Privatanklagedelikt – mit den Mitteln des gerichtlichen Strafrechts zu ahnden, ist schon seit langem umstritten. Nachdem bereits in der Begründung zum Strafgesetzentwurf 1927 und in den Erläuternden Bemerkungen zu den Ministerialentwürfen 1964 und 1966 für ein neues StGB die (weitere) Sinnhaftigkeit einer strafgerichtlichen Ahndung des Ehebruchs bezweifelt worden war, hat erstmals die Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1970 (1971) vorgeschlagen, die Regelungen der §§ 502 und 503 des (bis 1974 in Kraft gestandenen) Strafgesetzes ersatzlos aufzuheben. Begründet wurde dieser Vorschlag nicht nur mit der mangelnden Effizienz eines Privatanklagedelikts sowie mit der absoluten, aber – im Verhältnis zur Häufigkeit der Treueverletzungen – auch relativen Seltenheit durchgeführter Strafverfahren bzw. der geringen Anzahl der Verurteilten, sondern auch damit, daß die meisten Privatanklagen wegen Ehebruchs lediglich zur Vorbereitung einer Scheidungsklage eingebracht werden und Strafverfahren „nur ganz ausnahmsweise und unter besonderen Umständen (...) eine Entwicklung (ein)leiten, die zu einer echten Sanierung der Ehe führt“, und auch diese wenigen Fälle es nicht rechtfertigten, „eine Strafdrohung aufrecht zu erhalten, die dem Ansehen der Ehe als Institution – weil ihrem Wesen widersprechend – nicht dienen kann, in der Regel nicht dazu eingesetzt wird, die Ehe aufrecht zu erhalten und dazu typischerweise auch ungeeignet ist“ (39 BlgNR XII. GP, 17 f.). Zudem entspreche der Vorschlag der Rechtslage „in vielen anderen Staaten“, wie England, Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland.

Trotz dieser gewichtigen Bedenken konnte sich der Justizausschuß, der die für und wider eine Beseitigung der Strafbarkeit sprechenden Erwägungen eingehend erörtert hatte, damals nicht auf eine Aufhebung der §§ 502 und 503 StG einigen, hielt es aber für zweckmäßig, dem Nationalrat einen gemeinsamen Antrag vorzulegen, der – ausgehend von den Vorschlägen der Strafrechtskommission und den auf deren Entwurf aufbauenden Ministerialentwürfen 1964 und 1966 für ein neues Strafgesetzbuch – eine gegenüber dem früheren Recht modifizierte Strafbestimmung gegen Ehebruch enthielt. Der Vorschlag bestand darin, das Verfolgungsrecht in Fällen auszuschließen, in denen die eheliche Gemeinschaft bereits seit einem Jahr aufgehoben ist. Dieser neu gefaßte § 502 StG wurde – im wesentlichen unverändert – als § 194 in das Strafgesetzbuch 1974 übernommen.

II. Die Überlegungen der Regierungsvorlage eines Strafrechtsänderungsgesetzes 1970 zur Sinnhaftigkeit und Eignung des Strafrechtes als Mittel zum Schutz von Ehen treffen heute in verstärktem Maße zu und sind durch die rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen im In- und Ausland voll bestätigt worden. Wenn schon im Hinblick auf die „nur noch 116“ Verurteilungen im Jahr 1966 grundsätzliche Zweifel an der Wirksamkeit einer Strafbestimmung gegen Ehebruch geäußert wurden, so trifft das in umso größerem Ausmaß auf die Situation der letzten Jahre zu, in denen es nur noch zu einer verschwindend kleinen Anzahl von Verurteilungen nach § 194 StGB gekommen ist (1987: 12, 1988: 16, 1989: 15, 1990: 2, 1991: 4, 1992: 5, 1993: 4, 1994: 4).

Ein Vergleich mit dem Ausland hat überdies gezeigt, daß die Straflosigkeit des Ehebruchs nicht nur der Rechtslage in vielen anderen Staaten entspräche, sondern daß dessen Strafbarkeit heute in Europa geradezu als Unikum betrachtet werden muß. Von allen Europaratsstaaten ist – abgesehen von der Türkei – Österreich der einzige, in dem heute noch eine strafrechtliche Ahndung ehelicher Treuebrüche möglich ist. Zuletzt ist die Strafbarkeit des Ehebruchs in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein – das erst kurz davor das österreichische StGB mit wenigen Abweichungen rezipiert hatte – fallen gelassen worden.

III. Aber nicht nur die Entwicklung vergleichbarer Rechtsordnungen und der Umstand, daß in Österreich diese Strafbestimmung in den letzten Jahren kaum mehr zur Anwendung gelangt und zuletzt faktisch obsolet geworden ist, lassen die ersatzlose Aufhebung des § 194 StGB angezeigt erscheinen. Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, daß das Strafrecht innerhalb der gesellschaftlichen Reaktionen auf unerwünschte Verhaltensweisen eine ganz spezifische Funktion hat: Mehr als jede andere Sanktion enthält nämlich eine gerichtliche Verurteilung einen besonderen sozialethischen Tadel der Gesellschaft, der sich zumeist in einer Drohung (auch) mit Freiheitsentzug und in Rechtsfolgen sowie in der mit der Verurteilung verbundenen Stigmatisierung als „vorbestraft“ niederschlägt. Der Gesetzgeber muß daher – will er nicht eine allgemeine Entwertung des die ultima ratio gesellschaftlicher Reaktionsformen darstellenden gerichtlichen Strafrechts in Kauf nehmen – bedacht sein, nur jene Verhaltensweisen mit Strafe zu bedrohen, die nach den Vorstellungen des überwiegenden Teils der Rechtsgemeinschaft tatsächlich der Prävention durch das gerichtliche Strafrecht bedürfen. Die Auffassungen über die Eignung und Erforderlichkeit der gerichtlichen Strafbarkeit für eine solche Prävention sind – selbst in Teilen des strafrechtlichen Kernbereiches – im Laufe der Zeit Wandlungen unterworfen gewesen. Das Strafrecht kennt deshalb sowohl Neukriminalisierungen, etwa im Bereich der Umwelt, als auch Entkriminalisierungen. Gerade aus den höchstpersönlichen Lebensbereichen hat sich das gerichtliche Strafrecht – der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechend – mehr und mehr zurückgezogen, weil sich, wenn auch nur schrittweise, die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß das Strafrecht ein unangemessenes und nicht einmal wirkungsvolles Reaktionsmittel zur Regelung enger zwischenmenschlicher Beziehungen ist.

Wie schon in der Regierungsvorlage 1970 betont, widerspricht grundsätzlich jeder Rechtszwang dem allgemeinen Verständnis von ehelicher Zuneigung und Treue sowie den übrigen aus der Ehe erwachsenden persönlichen Verpflichtungen. Im übrigen ist das Recht des verletzten Ehegatten, bei Nichtbeachtung solcher Verpflichtungen die in der Regel mit einschneidenden Konsequenzen verbundene Auflösung der Ehe zu verlangen, – soweit im Bereich persönlicher Beziehungen rechtliche Folgen überhaupt angemessene Reaktionsmittel darstellen – eher geeignet, ein den Grundsätzen der Ehe entsprechendes Verhalten der Ehepartner zu fördern, als die gerichtliche Verurteilung wegen Verstoßes gegen eine Bestimmung, die im Rechtsbewußtsein der Gesellschaft praktisch nicht mehr existiert.

IV. Es besteht kein Zweifel, daß die Ehe als eine der wichtigsten Formen menschlichen Zusammenlebens zu schützen und zu fördern ist. Deshalb soll auch an dieser Stelle ausdrücklich der im Begutachtungsverfahren bisweilen geäußerten Befürchtung entgegengetreten werden, die Aufhebung der Strafbarkeit des Ehebruchs sei als mangelndes Interesse des Staates und der Gesellschaft am Schutz dieser Einrichtung zu deuten. Eine zeitgemäße Absicherung und Förderung der Ehe kann heutzutage jedoch nicht mehr durch gerichtliche Strafbestimmungen, sondern weit eher durch zivilrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Maßnahmen, wie zum Beispiel die gesetzliche Krankenversicherung der Angehörigen und die Überlebendenpension für den verwitweten Ehegatten, oder durch Verbesserungen der erbrechtlichen Stellung des überlebenden Ehegatten, aber auch durch eine Ausweitung der nachteiligen Folgen für den an der Scheidung schuldigen Ehepartner erreicht werden. Durch solche bereits im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen sowie durch die ausdrückliche Normierung der ehelichen Treueverpflichtung im § 90 ABGB bleibt der hohe Stellenwert, den die Ehe und auch die Treue im ehelichen Zusammenleben einnehmen, in der österreichischen Rechtsordnung nach wie vor verankert.

Zu Art. I Z 26 (§ 195 StGB):

I. Die Strafbestimmung der Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten (§ 195 StGB) wurde im Rahmen der Strafrechtsreform 1974 als strafbare Handlung gegen die Familie selbständig vertypt. Zweck dieser Bestimmung ist der Schutz der Befugnisse des Erziehungsberechtigten eines Minderjährigen, allerdings nur soweit dies dem Wohle des Minderjährigen dient (30 BlgNR XIII. GP, 334). Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, daß für das Wohl des Minderjährigen dann am besten gesorgt sei, wenn ihn der Erziehungsberechtigte selbst erzieht oder zumindest seine Erziehung leitet oder überwacht. Eine mögliche Gefährdung des Kindeswohles durch den Erziehungsberechtigten selbst sowie ein dem Alter und der Reife des Minderjährigen entsprechender Mitbestimmungsanspruch blieben dabei – entsprechend dem damals geltenden Kindschaftsrecht – ebenso unberücksichtigt wie die Tatsache, daß die meisten Entziehungsfälle im Einverständnis mit dem Minderjährigen erfolgen. Der Schutz des bis heute unverändert geltenden § 195 StGB orientiert sich somit primär an der Erhaltung der „Macht“ des Erziehungsberechtigten und nur in zweiter Linie am Wohl und an den berechtigten Interessen Minderjähriger.

Mittlerweile ist jedoch der Gedanke der Wahrung des Kindeswohls zum Grundprinzip des österreichischen Kindschafts- und Jugendwohlfahrtsrechts geworden (vgl. etwa §§ 137, 178a ABGB, § 2 Abs. 2 JWG), während unzeitgemäß gewordene Bestimmungen – etwa über die väterliche Gewalt (§ 147 ABGB a. F.) und das elterliche Züchtigungsrecht (§ 145 ABGB a. F.) – außer Kraft getreten sind. Auch das von Österreich jüngst ratifizierte UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes (BGBl. Nr. 7/1993) wertet das Kindeswohl als einen Gesichtspunkt, der bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen, somit auch bei Gesetzgebungsmaßnahmen, vorrangig zu berücksichtigen ist (Art. 3). Nach Art. 12 Abs. 1 dieser Konvention ist die Meinung des Kindes – entsprechend seinem Alter und seiner Reife – in allen seinen Angelegenheiten zu berücksichtigen.

II. Die Pflegschaftsgerichte, Kinder- und Jugendanwälte sowie die Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt sind immer wieder mit Fällen konfrontiert worden, die die Reformbedürftigkeit der geltenden Regelungen zeigen. Allen diesen Fällen war gemeinsam, daß der Erziehungsberechtigte denjenigen, der die minderjährige Person bei sich aufnimmt, durch seinen Verfolgungsantrag selbst dann in Strafverfolgung ziehen kann, wenn durch die Tat eine Notlage der minderjährigen Person gelindert wird oder wenn diese infolge ihres Alters und ihrer Reife durchaus in der Lage ist, die Verantwortung für ihren Aufenthaltsort selbst zu übernehmen. Der Einsatz strafrechtlicher Mittel zur Durchsetzung des – aus dem Recht auf Pflege und Erziehung erfließenden – Aufenthaltsbestimmungsrechtes des Erziehungsberechtigten erscheint in solchen und ähnlich gelagerten Fällen aus heutiger Sicht überzogen, zumal zivilrechtliche Zwangsmaßnahmen zur Rückholung eines Minderjährigen nur insoweit zulässig sind, als es Pflege und Erziehung erfordern (§ 146b ABGB). Der strafrechtliche Schutz des Aufenthaltsbestimmungsrechtes ist somit weiterreichend als es die in Betracht kommenden pflegschaftsrechtlichen Maßnahmen zur Durchsetzung dieses Rechts sind.

Der vorliegende Gesetzentwurf verkennt nicht, daß das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Erziehungsberechtigten ein schutzwürdiges Recht ist, hält es aber für angebracht, eine Anpassung der Strafbestimmung des § 195 StGB an die entsprechenden zivilrechtlichen Bestimmungen vorzunehmen und damit dem Grundprinzip des Kindeswohls verstärkt Rechnung zu tragen. Nicht zuletzt war für den Vorschlag auch von Bedeutung, daß junge Menschen in der heutigen Zeit im allgemeinen wesentlich früher als mit der Erreichung der Volljährigkeitsgrenze reif und selbständig werden.

III. Der Entwurf schlägt daher folgende Änderungen des § 195 StGB vor:

1. Da Schutzobjekt des vorgeschlagenen neuen § 195 StGB nicht mehr die „Macht“ des Erziehungsberechtigten sein soll, sondern (lediglich) das Recht des Erziehungsberechtigten auf Bestimmung des Aufenthalts des Kindes (§ 146b ABGB), wird vorgeschlagen, die Strafbestimmung des § 195 StGB künftig als Vergehen der „Kindesentziehung“ zu bezeichnen, wobei unter „Kind“ – dem Regelungsinhalt dieser Bestimmung entsprechend – eine minderjährige Person unter 16 Jahren zu verstehen ist.

2. Die Schutzaltersgrenze soll vom 19. Lebensjahr auf das 16. Lebensjahr herabgesetzt werden. Schon nach den oben dargestellten Überlegungen besteht keine Notwendigkeit mehr, denjenigen, der eine Person über 16 Jahren mit deren Einverständnis – wenn auch gegen den Willen ihrer Eltern – bei sich aufnimmt, unter gerichtliche Strafdrohung zu stellen. Die – flexibleren – außerstrafrechtlichen Maßnahmen zur zwangsweisen Zurückholung eines Minderjährigen (§§ 146b ABGB, 24 Abs. 1 Z 4 SPG) scheinen für solche Fälle ausreichend. Hält jemand eine minderjährige Person gegen deren Willen bei sich fest oder tut er ihr sexuelle Gewalt an, so kommen auch weiterhin die Straftatbestände der Freiheitsentziehung (§ 99 StGB) oder der Nötigung (§ 105 StGB) bzw. die Strafbestimmungen des Sexualstrafrechts zum Tragen. Die Altersgrenze von 16 Jahren spielt im übrigen auch in der – von der Zielrichtung her in gewisser Weise vergleichbaren – Strafbestimmung gegen die „sittliche Gefährdung von Personen unter 16 Jahren“ (§ 208 StGB) eine Rolle und ist auch im Zivilrecht ua. insofern von Bedeutung, als mit diesem Alter die Ehemündigkeit für Mädchen eintritt.

Die Tathandlungen des neuen Abs. 1 entsprechen im übrigen denen des geltenden Abs. 1.

3. Die beabsichtigte Neuregelung wird auch zum Anlaß genommen, die Aufhebung der strafsatzerhöhenden Qualifikation des Abs. 3 vorzuschlagen. Nach dieser Gesetzesstelle ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer die Tat begeht, um die minderjährige Person zur Unzucht zu mißbrauchen oder der Unzucht zuzuführen. Diese Qualifikationsregelung spielt einerseits in der Praxis kaum eine Rolle, andererseits besteht kein zusätzliches Strafbedürfnis für solche Fälle, zumal ein gewisser Wertungswiderspruch darin gesehen werden kann, daß die bloße Absicht, eine Person unter 16 Jahren zu mißbrauchen oder der Unzucht zuzuführen, mit höherer Strafe geahndet wird, während ansonsten die (tatsächliche) Vornahme einer geschlechtlichen Handlung an einer Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, grundsätzlich straflos ist. Für alle sonst denkbaren Möglichkeiten reichen die übrigen Bestimmungen des Strafgesetzbuches, insbesondere gegen Kuppelei, entgeltliche Förderung fremder Unzucht, Förderung gewerbsmäßiger Unzucht oder Zuhälterei (§§ 213 ff.), gegen Entführung einer unmündigen Person (§ 101) oder gegen Beischlaf oder Unzucht mit Unmündigen (§§ 206 f.) aus.

4. Als weitere Änderung schlägt der Entwurf vor, die Voraussetzungen für das Strafverfolgungsrecht insofern zu ändern, als – über den Verfolgungsantrag des Erziehungsberechtigten hinaus – auch eine Ermächtigung des Jugendwohlfahrtsträgers zur Strafverfolgung erforderlich sein soll, wenn die minderjährige Person das 14. Lebensjahr vollendet hat, also nicht mehr unmündig ist. Dies bedeutet, daß in einem solchen Fall ein Strafverfolgungsrecht wegen Kindesentziehung zwar schon dann entsteht, wenn ein Verfolgungsantrag des Erziehungsberechtigten nachgewiesen wird, daß aber – darüber hinaus – die Ausübung des Verfolgungsrechtes durch den Staatsanwalt von der Zustimmung des Jugendwohlfahrtsträgers abhängig ist. Diese zusätzliche Verfolgungsvoraussetzung soll keinen Eingriff in rechtmäßig ausgeübte Erziehungsrechte bewirken, sondern lediglich Gewähr dafür bieten, daß die Durchsetzung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes des Erziehungsberechtigten in jedem Fall auch den Interessen der betroffenen, bereits mündigen Person entspricht und Strafsanktionen erforderlich sind. Vor der Einholung der Ermächtigung mittels Anfrage wird der Staatsanwalt sich davon zu überzeugen bzw. dafür zu sorgen haben, daß dem Jugendwohlfahrtsträger ausreichende Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stehen, die diesem die Wahrung der 14tägigen Frist des § 2 Abs. 5 StPO ermöglichen.

5. Die Herabsetzung der Schutzaltersgrenze auf 16 Jahre sowie das zusätzliche Erfordernis einer Ermächtigung des Jugendwohlfahrtsträgers zur Verfolgung des Täters, wenn die entzogene Person das 14. Lebensjahr erreicht hat, lassen für den bislang im § 195 Abs. 4 zweiter Satz festgelegten Strafaufhebungsgrund der Eheschließung eines Tatbeteiligten mit der minderjährigen Person praktisch keinen Anwendungsbereich mehr, sodaß ein weiterer Verbleib dieser Regelung in der Strafbestimmung des § 195 StGB nicht mehr sinnvoll erscheint.

Andererseits schlägt der Entwurf im Abs. 4 die Einführung eines neuen Strafauschließungsgrundes vor: Demjenigen, der von einem Minderjährigen um Schutz und Aufnahme ersucht wird, ist es in der Regel weder möglich noch zumutbar zu überprüfen, ob das Kindeswohl tatsächlich (objektiv) gefährdet ist, zumal nach den Erfahrungen der Praxis mißbrauchte oder mißhandelte Kinder bei einem ersten Gespräch häufig gar nicht fähig sind, ihre Probleme konkret und nachvollziehbar darzulegen. Der vorgeschlagene Strafausschließungsgrund stellt daher nicht auf eine objektive Gefährdung des Kindeswohls, sondern darauf ab, daß der Täter auf Grund der vorliegenden Umstände subjektiv Grund zur Annahme hatte, daß ohne sein Handeln das körperliche oder seelische Wohl der Person unter 16 Jahren ernstlich gefährdet wäre. Grund zur Annahme für eine solche ernstliche Gefährdung des körperlichen und seelischen Wohles wird vor allem dann gegeben sein, wenn die Person unter 16 Jahren von Mißhandlungen, von sexuellem Mißbrauch oder (grober) Vernachlässigung berichtet, Verletzungen aufweist und/oder deutliche Anzeichen von Angstzuständen oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigungen des psychischen oder physischen Wohlbefindens zeigt. Unter Umständen kann es sogar genügen, wenn sich ein von zu Hause weggelaufenes Kind – auch ohne genauere Angabe von Gründen – entschieden gegen eine Rückkehr an den vom Erziehungsberechtigten festgelegten Aufenthaltsort sträubt.

Die strafausschließende Wirkung soll allerdings grundsätzlich nur dann eintreten, wenn der Täter den Aufenthalt der minderjährigen Person dem Erziehungsberechtigten, dem Jugendwohlfahrtsträger oder der Sicherheitsbehörde ohne unnötigen Aufschub bekanntgegeben hat. Bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Bekanntgabe wird es jeweils auf die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auf das Alter des betreffenden Minderjährigen ankommen. Die Bekanntgabe des Aufenthaltes soll jedoch dann entbehrlich sein (arg. „soweit erforderlich“), wenn dem Erziehungsberechtigten, dem Jugendwohlfahrtsträger oder der Sicherheitsbehörde der Aufenthalt des Minderjährigen ohnehin bekannt ist.

Diese Verpflichtung zur Meldung soll Mißbräuche verhindern und sicherstellen, daß der (öffentliche) Jugendwohlfahrtsträger (bei Gefahr im Verzug) vorläufig selbst die erforderlichen Maßnahmen zur Pflege und Erziehung bis zur gerichtlichen Entscheidung treffen bzw. die zur Wahrung des Wohles des Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen zur Entziehung oder Einschränkung des Obsorge- und Aufenthaltsbestimmungsrechtes des bisherigen Erziehungsberechtigten einleiten kann (§ 215 Abs. 1 ABGB).

6. Der neue Abs. 5 entspricht – unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Änderungen im Abs. 1 – dem Regelungsinhalt des geltenden Abs. 5.

Zu Art. I Z 27 (§ 278 StGB):

Eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung organisierten Schleppereiunwesens sowie organisierter Nuklearkriminalität soll die Aufnahme der neu vorgeschlagenen §§ 104a StGB („Ausbeuterische Schlepperei“), 177a StGB („Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“) und 177b StGB („Unerlaubter Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen“) in den Tatbestandskatalog der Strafbestimmung gegen „Bandenbildung“ (§ 278 StGB) sein. Nach dieser Bestimmung ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht, wer sich mit zwei oder mehreren anderen mit dem Vorsatz verbindet, daß von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung fortgesetzt eine der Katalogstraftaten ausgeführt werde. Durch Aufnahme in den § 278 StGB kann somit nicht erst das vollendete oder versuchte Delikt verfolgt werden, sondern schon das in der bloßen Verbindung liegende Vorstadium solcher Taten.

Die Aufnahme der drei neu vorgeschlagenen Tatbestände in den § 278 StGB hätte weiters zur Folge, daß auch die Strafbestimmung gegen die „kriminelle Organisation“ (§ 278a StGB) zum Tragen kommt. Das bedeutet, daß schon das Gründen einer Organisation, deren Ziel die ausbeuterische Schlepperei, die Herstellung oder Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder der unerlaubte Umgang mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen ist, oder die (tätige) Mitgliedschaft in einer solchen Organisation ein Verbrechen darstellen kann, das mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht ist, und auch die verschärften Bestimmungen über Geldwäscherei im Auftrag oder Interesse einer kriminellen Organisation (§ 278a Abs. 2 StGB) sowie die Abschöpfungs- bzw. Verfallsbestimmungen der vorgeschlagenen §§ 20 Abs. 3 und 20b Abs. 1 StGB angewendet werden können.

Zu Art. I Z 28 (§ 283 Abs. 1 StGB):

Die Zunahme an fremdenfeindlichen und rassistischen Aktivitäten in letzter Zeit (vgl. die Ausführungen zu Art. I Z 7), die auch bestimmten im Inland befindlichen Personen oder Personengruppen auf Grund ihrer (tatsächlichen oder vermeintlichen) Herkunft, Nationalität, Religions- oder Volkszugehörigkeit, Rasse oder Hautfarbe ein Bleibe- oder Aufenthaltsrecht in der Wohnumgebung oder sogar im gesamten Bundesgebiet absprechen wollen und mitunter auch vor massiven Gewaltakten nicht zurückschrecken, macht es erforderlich, neben der verstärkten Verfolgung von präventiven Möglichkeiten im politischen, sozialen, pädagogischen und administrativen Bereich auch jene auf repressivem Gebiet zu überdenken und dabei insbesondere zu prüfen, ob die vorhandenen Möglichkeiten zur Gegensteuerung ausreichen.

Vielfach wird – neben anderen Umständen – das Hetzen oder eine die Menschenwürde verletzende Beschimpfung und Verächtlichmachung oder die Aufreizung oder Aufforderung zu einer feindseligen Handlung gegen Gruppen, die einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft, einer Rasse, einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat angehören, als Nährboden für rassistisch oder fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten angesehen. Aus diesem Grund erscheint für Österreich heute, fünfzig Jahre nach Überwindung der Grausamkeiten des Nationalsozialismus, erneut eine besondere Wachsamkeit in diesem Bereich notwendig. Da die genannten Tathandlungen zur Aufbereitung und Verstärkung eines fremdenfeindlichen oder rassistischen Klimas in der Gesellschaft wesentlich beitragen können, sind – auch im Lichte der jüngsten Gewaltserie – hetzerische Verhaltensweisen besonders mißbilligenswert. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen erscheint der bestehende Strafrahmen des Tatbestandes der Verhetzung (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) zu eng, weil er dem beträchtlichen Unwertgehalt der in diesem Delikt vertypten Tathandlungen nicht ausreichend Rechnung trägt.

Mit der Ausdehnung des Strafrahmens von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe wird der Tatbestand der Verhetzung aus der bezirksgerichtlichen Zuständigkeit in die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz (Einzelrichter) übertragen. Dies hat unter anderem zur Folge, daß bei der Prüfung einer allfälligen Untersuchungshaft auch der Haftgrund der Tatbegehungs- und Ausführungsgefahr zur Anwendung gelangen kann.

Die Anhebung der Strafobergrenze auf Freiheitsstrafe von zwei Jahren trägt auch dem transeuropäischen Charakter hetzerischer Tathandlungen Rechnung. Mit Blick auf die grenzüberschreitenden rassistischen und fremdenfeindlichen Aktivitäten mancher erscheint vor allem auch eine Verbesserung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im Auslieferungs- und Rechtshilfebereich, verbunden mit einer Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften, vonnöten. Bisher war etwa eine Auslieferung wegen Verhetzung auf Basis des § 11 Abs. 1 des Auslieferungs-und Rechtshilfegesetzes (ARHG) nicht möglich, weil danach eine Auslieferung nur wegen vorsätzlich begangener Handlungen zulässig ist, die nach österreichischem Recht mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedroht sind. Mit dem vorgeschlagenen erhöhten Strafsatz wird dieses Hindernis für eine Auslieferung entfallen.

Zu Art. II (Änderungen der Strafprozeßordnung):

Zu Art. II Z 1 (§ 9 Abs. 1 Z 1 StPO):

Die Herausnahme des Tatbestandes des umweltgefährdenden Beseitigens von Abfällen und Betreibens von Anlagen (§ 181b StGB) aus der erweiterten Zuständigkeit der Bezirksgerichte durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 wurde damit begründet, daß solche Verfahren in aller Regel eine Komplexität aufweisen, für die das bezirksgerichtliche Verfahren wenig geeignet erscheint. Da diese Wertung auch auf den neu vorgeschlagenen Tatbestand des fahrlässigen Behandelns von Abfällen (§ 181c StGB) zutrifft, soll auch er durch eine entsprechende Ergänzung des Deliktskatalogs des § 9 Abs. 1 Z 1 in den Zuständigkeitsbereich der Gerichtshöfe erster Instanz übertragen werden.

Zu Art. II Z 2 lit. a, 32 bis 35, 41 (§§ 13 Abs. 3, 409 Abs. 3, 410, 410a, 410b, 411 und 482 StPO):

Die zusammenfassende Neuregelung der Vorschriften über die nachträgliche Milderung der Strafe, der Abschöpfung der Bereicherung und des Verfalls (§ 31a StGB) bedingt eine Angleichung im Verfahrensrecht.

Das im geltenden § 410 vorgesehene Verfahren für die nachträgliche Strafmilderung (Antrag des Gerichtshofs erster Instanz und Entscheidung des Gerichtshofs zweiter Instanz) ist aufwendig und – vor allem im Hinblick darauf, daß kein Rechtsmittel vorgesehen ist – unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht unproblematisch. Künftig soll daher in diesem und in den anderen im § 31a StGB angeführten Fällen – wie schon bisher nach § 410a über die Neubemessung des Tagessatzes – das Gericht entscheiden, das in erster Instanz erkannt hat, und dagegen ein Rechtsmittel zustehen (§ 410 Abs. 1 und 2).

Auch soll die Hemmung oder Unterbrechung des Vollzuges der Strafe nicht nur wie bisher in den Fällen der Neubemessung des Tagessatzes (§ 409 Abs. 3 letzter Satz) und – in gewissem Umfang – der nachträglichen Strafmilderung (§ 482), sondern auch in den Fällen der Abschöpfung der Bereicherung und des Verfalls – auf Antrag oder von Amts wegen – anzuordnen sein. Dabei hat das Gericht im Einzelfall auf den möglichen Inhalt des zu fassenden Beschlusses, seinen Zweck und die Interessen des von ihm unmittelbar Betroffenen Rücksicht zu nehmen. Auf Grund eines offenbar aussichtslosen Antrags auf Neubemessung des Tagessatzes, Milderung der Strafe oder Änderung einer Entscheidung über die Abschöpfung der Bereicherung kommt die Anordnung der Hemmung oder Unterbrechung des Vollzuges jedenfalls nicht in Betracht (§ 410 Abs. 3).

Der normative Inhalt des bisherigen § 409 Abs. 3 letzter Satz wurde in § 410 Abs. 3, jener des geltenden § 410b in § 411 – jeweils in geänderter Form – aufgenommen; die in den bisherigen §§ 410a und 482 vorgesehenen Regelungen werden damit gegenstandslos. Die Anordnung einer Abschöpfung der Bereicherung soll künftig allerdings durch den Tod des Verurteilten nicht seine Wirksamkeit verlieren; § 411 bezieht sich lediglich auf Geldstrafen sowie auf den Verfalls- und Wertersatz.

Zu Art. II Z 2 lit. b, 20 und 22 (§§ 13 Abs. 5, 221 Abs. 3 und 300 StPO):

Der mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605 (§§ 47a und 153 Abs. 2), eingeleitete und durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526 (§§ 162a und 250 Abs. 3), ausgebaute Weg einer stärkeren Berücksichtigung von Opferinteressen im Strafverfahren, insbesondere in Form der Gewährleistung einer möglichst schonenden Befragung der Opfer von Sexualverbrechen, soll fortgesetzt werden (vgl. auch § 6 Abs. 2 Z 2 der Richtlinienverordnung des Bundesministers für Inneres, BGBl. Nr. 266/1993).

Die vielfach als besonders belastend empfundene Situation, wenn in ihrer Geschlechtssphäre verletzte Personen das erlebte Geschehen vor einem ausschließlich gegengeschlechtlich besetzten Gerichtskörper wiederzugeben haben (insbesondere wenn Frauen ausschließlich vor Männern aussagen sollen), soll durch die Bestimmungen der §§ 13 Abs. 5 und 300 Abs. 2a über die Zusammensetzung von Schöffen- und Geschworenengerichten bei Sexualstraftaten vermieden werden. Als Mindeststandard wird vorgeschlagen, daß in einem Schöffengericht mindestens ein Richter oder Schöffe und in einem Geschworenengericht mindestens zwei Geschworene dem Geschlecht des Opfers angehören müssen. Zugleich soll aber auch gewährleistet werden, daß sich der Angeklagte in diesen Fällen nicht einem ausschließlich aus Personen des Geschlechts des mutmaßlichen Opfers der Straftat zusammengesetzten Spruchkörper gegenüber sieht, sodaß im Schöffengericht zugleich mindestens ein Richter oder Schöffe und im Geschworenengericht mindestens zwei Geschworene dem Geschlecht des Angeklagten anzugehören hätten.

In den §§ 221 Abs. 3 und 300 Abs. 4 soll ferner zum Ausdruck gebracht werden, daß auch bei der Beiziehung von Ersatzschöffen und Ersatzgeschworenen auf die besondere Zusammensetzung des Gerichtes bei Sexualdelikten Bedacht zu nehmen ist.

Zu Art. II Z 3, 4 lit. b und lit. c, 10, 24 bis 26, 30, 36, 39, 40 und 42 (§§ 16, 41 Abs. 1 Z 7 und Abs. 5, 68 Abs. 4, 363a bis 363c, 393a Abs. 1, 433 Abs. 2, 479, 480 und 490 Abs. 1 StPO sowie Überschrift des XX. Hauptstückes der StPO):

I. Gemäß Art. 52 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) endgültig. Art. 53 EMRK verpflichtet die Staaten, „sich nach dem Urteil zu richten“. Nach herrschender Lehre beinhaltet diese Bestimmung des Art. 53 EMRK eine völkerrechtliche Verpflichtung, verleiht den Urteilen des EGMR jedoch keine unmittelbare innerstaatliche Wirkung; dies selbst dann nicht, wenn die EMRK – wie in Österreich – unmittelbar anwendbares Verfassungsrecht ist (vgl. MAYER, ZfV 1988, 482 FN 104). Die herrschende Auffassung leitet weiters aus Art. 53 EMRK gemäß dem Grundsatz der völkerrechtlichen Vertragstreue die Verpflichtung eines Staates ab, in Konsequenz einer in einem Urteil des EGMR festgestellten Konventionsverletzung gegebenenfalls auch seine Rechtsordnung zu ändern (MAYER, aaO FN 107). Nicht eindeutig geklärt hingegen ist die Frage, welche Verpflichtung sich aus Art. 53 EMRK in bezug auf die getroffene Feststellung einer bestimmten Konventionsverletzung durch einen staatlichen Hoheitsakt ergibt (vgl. FROWEIN–PEUKERT, EMRK-Kommentar, Rz 2 ff. zu Art. 53). Wenngleich anerkannt ist, daß Art. 53 EMRK die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, in ihrem innerstaatlichen Recht in jedem Fall eine Aufhebung jener Entscheidung vorzusehen, in bezug auf welche eine Verletzung der Konvention festgestellt wurde, hat sich in jüngerer Zeit die Ansicht durchgesetzt, daß es nicht nur „im besonderen Maße dem Prinzip der konventionsfreundlichen Anwendung innerstaatlichen Rechts“ entspreche (FROWEIN-PEUKERT, aaO, Rz 5), wenn Staaten die Aufhebung einer Entscheidung ermöglichen, die der EGMR als Konventionsverletzung beurteilt hat, sondern daß das Fortbestehen einer – unter Verletzung der Konvention zustande gekommenen – strafgerichtlichen Verurteilung jedenfalls dann eine Verletzung des Art. 53 EMRK darstellt, wenn eine Norm der EMRK durch innerstaatliche Organe konventionswidrig ausgelegt wurde. Eine Verpflichtung zur „restitutio in integrum“ wird daher jedenfalls insoweit anzunehmen sein, als das der innerstaatlichen Entscheidung zugrundeliegende innerstaatliche Recht einer konventionskonformen Auslegung zugänglich ist (vgl. POLAKIEWICSZ, Die Verpflichtung der Staaten aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 217 ff.; LIENBACHER, ÖJZ 1990, 434; Human Rights Law Journal Vol. 13 [1992], 71).

II. Österreich hat sich schon bisher bemüht, seinen dargestellten Verpflichtungen aus der Konvention zu genügen, und hiezu in einer kontinuierlichen Auseinandersetzung eine Reihe von Änderungen im Strafprozeßrecht vorgenommen (vgl. OKRESEK, Die EMRK und ihre Auswirkung auf das österr. Strafverfahrensrecht, EuGRZ 1987, 497 ff.). Ferner wurde von der auf Grund der §§ 33, 292 bestehenden Möglichkeit, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren im Fall einer – durch eine Gesetzesverletzung bewirkten – Konventionsverletzung im Wege einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes neuerlich aufzurollen, so weit wie möglich Gebrauch gemacht. Dies wurde durch den EGMR auch anerkannt, der mit Urteil vom 28. Juni 1993, Nr. 25/1989/185/295, im Fall WINDISCH gegen Österreich (ÖJZ 1994, 161) festgestellt hat, daß das in Österreich durchgeführte Verfahren nach Einbringung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einen Ersatz für die festgestellte Konventionsverletzung darstelle und der Ausgang des neu durchgeführten Verfahrens eine Situation bewirkt habe, die einer restitutio in integrum so nahekomme, als dies nach Lage der Dinge möglich gewesen sei.

Freilich haben die Fälle OBERSCHLICK gegen Österreich und KREMZOW gegen Österreich die Grenzen des Instituts der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zur Transformation von Urteilen des EGMR in die innerstaatliche Rechtsordnung aufgezeigt (Fall OBERSCHLICK: EuGRZ 1991, 216 ff.; M+R 1991/4, 171 ff.; ÖJZ 1991, 641 ff.; Entscheidung des OGH vom 17. 9. 1992, 12 Os 24, 25/92 = M+R 1992/5, 191 ff.; AnwBl. 1992, 922 ff. mit Glosse von GRAFF; Fall KREMZOW: ÖJZ 1994, 210 ff.). Nach Auffassung des OGH kann eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nämlich keinesfalls „der bloßen Anpassung einer zur Zeit ihrer Fällung rechtsrichtigen Entscheidung an eine später geänderte Rechtslage oder an allenfalls modifizierte Wertungsmaßstäbe“ dienen. Ferner versagt das Institut der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes auch bei der Bekämpfung von Ermessensentscheidungen, die nicht auf einer unrichtigen Rechtsansicht beruhen, und wird auch gegen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vielfach als unzulässig angesehen (vgl. FOREGGER–KODEK, StPO6, Anm. I zu § 292; MAYERHOFER–RIEDER, StPO3, Anm. bei E 4 zu § 292 mwN). Schließlich hat der vom Fortbestehen der Verurteilung Betroffene kein Antragsrecht; er kann die Einbringung einer Wahrungsbeschwerde bloß anregen.

5

Auch das Institut der nachträglichen Strafmilderung nach § 410 kann eine bei der Sanktionsfindung unterlaufene Konventionsverletzung nur dann sanieren, wenn durch sie die Beurteilung der Strafzumessungsschuld „offenbar“ beeinflußt, im besonderen die Annahme eines ins Gewicht fallenden (zusätzlichen) Milderungsgrundes verhindert oder ein analog maßgebender Erschwerungsgrund herangezogen wurde, der dem Verurteilten ohne die Konventionsverletzung nicht hätte angelastet werden können (OGH vom 3. April 1995, 14 Ns 2/95-18).

III. Aus diesen Gründen soll zur Transformation von Urteilen des EGMR in die innerstaatliche Rechtsordnung ein neues Institut in die Strafprozeßordnung eingeführt werden, das es dem durch eine Konventionsverletzung Betroffenen ermöglicht, eine „restitutio in integrum“ zu erreichen. (Daß eine solche „Erneuerung des Verfahrens“ der österreichischen Rechtsordnung nicht völlig fremd ist, zeigt das – nicht mehr in Kraft stehende – Bundesgesetz vom 27. März 1963, BGBl. Nr. 66, über die Erneuerung von Berufungsverfahren in Strafsachen.) Damit soll auch das Bekenntnis Österreichs zu einem euro­päischen „ordre public“ unterstrichen werden, welches unglaubwürdig wäre, wenn die Feststellung der Konventionswidrigkeit auf eine Verurteilung ohne Einfluß bleiben könnte (vgl. VOGLER, Die Wiederaufnahme des Strafverfahrens bei Verstößen gegen die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in JESCHECK, Wiederaufnahme im deutschen und internationalen Recht, 712 ff., 722). Der neue Rechtsbehelf soll in einem neuen Abschnitt des XX. Hauptstückes der Strafprozeßordnung nach der Wiederaufnahme des Verfahrens eingeordnet werden (II. Abschnitt „Erneuerung des Strafverfahrens“) und orientiert sich an folgenden Grundsätzen:

1. Wird in einem Urteil des EGMR eine Konventionsverletzung durch eine Entscheidung oder eine Verfügung eines Strafgerichtes festgestellt (vgl. § 1 Abs. 1 des Grundrechtsbeschwerdegesetzes, BGBl. Nr. 864/1992), so sollen der Verurteilte bzw. der von einer sonstigen Verfügung Betroffene und der Generalprokurator einen Antrag auf Erneuerung des Verfahrens beim OGH stellen können (§ 363a Abs. 1 und 2). Voraussetzung der Ergreifung dieses – zweiseitigen (§ 363a Abs. 2 letzter Satz) – Rechtsbehelfs soll somit das Vorliegen eines endgültigen Urteils des EGMR sein, welches die Feststellung einer Konventionsverletzung durch eine richterliche Entscheidung oder Verfügung im Strafverfahren beinhaltet. Zusätzlich muß die – zumindest abstrakte – Möglichkeit bestehen, daß ohne die Konventionsverletzung eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung gefällt worden wäre. Bei dieser Beurteilung hat der OGH von der Rechtsansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auszugehen und die bekämpfte Entscheidung auch dann aufzuheben, wenn (bloß) eine fehlerhafte Ermessensausübung bei Anwendung einer Verfahrensvorschrift festgestellt wurde oder sonst eine innerstaatliche – dem Verfahrens- oder materiellen Recht angehörige – Norm konventionswidrig ausgelegt wurde, auch wenn sich die bekämpfte Entscheidung auf (seinerzeit) geltendes innerstaatliches Recht stützen konnte. Von einer Aufhebung kann im übrigen auch eine (meritorische) Entscheidung des OGH betroffen sein.

2. Der – unbefristete – Antrag ist unabhängig davon, in welcher Instanz das innerstaatliche Verfahren rechtskräftig abgeschlossen wurde, beim OGH einzubringen und bedarf der Unterschrift eines Verteidigers (notwendige Verteidigung – § 41 Abs. 1 Z 7). Die Bestellung eines Verfahrenshilfeverteidigers soll grundsätzlich auch für das Verfahren auf Grund eines Antrages auf Erneuerung des Verfahrens gelten (§ 41 Abs. 5); im übrigen ist dem Betroffenen unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 ein Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben. Antragslegitimiert soll in erster Linie der von der mit der Konventionsverletzung behafteten Entscheidung Betroffene sein (es muß sich aber nicht um den Beschwerdeführer vor den Straßburger Organen handeln); in zweiter Linie soll das Antragsrecht auch dem in § 282 Abs. 1 genannten – zur Ergreifung der Nichtigkeitsbeschwerde zugunsten des Angeklagten berechtigten – Personenkreis zukommen (§ 363a Abs. 2). Ferner soll der Generalprokurator beim OGH zur Erhebung eines Antrages auf Erneuerung des Verfahrens berechtigt sein, wobei dieser Rechtsbehelf aus Gründen der Spezialität jenem der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§§ 33, 292) vorgeht.

3. Grundsätzlich soll der OGH über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens nach Durchführung eines Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung entscheiden (§ 363c Abs. 1). Eine nichtöffentliche Beratung soll auf Antrag des Berichterstatters oder des Generalprokurators jedoch dann möglich sein, wenn von vornherein feststeht, daß dem Antrag stattzugeben, die Entscheidung aufzuheben und das Verfahren in I. oder in II. Instanz neu durchzuführen ist (§ 363b Abs. 3). Ferner soll der Antrag in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen werden können, wenn die erforderliche Unterschrift eines Verteidigers oder die Antragslegitimation fehlen oder er vom OGH – einstimmig – als offenbar unbegründet erachtet wird (§ 363b Abs. 2). Der Zurückweisungsgrund des § 363b Abs. 2 Z 2 ist gegeben, wenn der Antragsteller entweder überhaupt keine Antragslegitimation hat oder sein Antragsrecht bereits konsumiert hat; eine solche Konsumation liegt freilich dann nicht vor, wenn der Antrag bloß wegen des Fehlens der Unterschrift eines Verteidigers zurückgewiesen wird.

4. Wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt, so ist der auf freiem Fuß befindliche Betroffene stets vorzuladen und der verhaftete Betroffene jedenfalls dann vorzuführen, wenn er dies beantragt oder wenn die Vorführung im Interesse der Rechtspflege – etwa zur Gewährleistung der erforderlichen Fairneß des Verfahrens (vgl. Erlaß des BMJ vom 29. Jänner 1994, JMZ 64.008/25-II.3/94, JABl. 1994/15) – sonst geboten ist (§ 363c Abs. 1). Vorbereitung und Ablauf des Gerichtstages richten sich im übrigen nach den für die Nichtigkeitsbeschwerde geltenden Bestimmungen der §§ 286 und 287. Sofern der OGH dem Antrag stattgibt, hat er – je nach dem Verfahrensstadium, in dem die Konventionsverletzung geschehen ist – eine Erneuerung des Verfahrens in I. oder II. Instanz zu veranlassen. Eine Entscheidung des OGH in der Sache selbst käme nur in dem Fall in Betracht, daß lediglich das seinerzeit vor dem OGH abgeführte Verfahren zu erneuern wäre. Der Einführung eines „beneficium cohaesionis“ (§ 290 Abs. 1) bedarf es nicht, weil der Antrag auf Erneuerung des Verfahrens ohne Befristung möglich und der Generalprokurator verpflichtet ist (§ 3), auch die Interessen des von einer Konventionsverletzung Betroffenen wahrzunehmen, der – etwa mangels Kenntnis der Entscheidung des EGMR – untätig geblieben wäre.

5. Analog zu dem im § 68 Abs. 3 geregelten Ausschlußgrund der Vorbefaßtheit soll auch für das Verfahren zur Entscheidung über den Antrag auf Erneuerung des Verfahrens und für das erneuerte Verfahren ein Ausschluß aller in der Sache tätig gewesenen Richter gelten, um jeden Anschein der Voreingenommenheit durch eine Beteiligung im früheren Verfahren zu vermeiden.

6. Wird der von der Konventionsverletzung Betroffene freigesprochen oder unter Verhängung einer milderen Strafe neuerlich verurteilt, so ist die im § 2 Abs. 1 lit. c des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes (StEG) normierte Anspruchsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gegeben. Da im Verfahren nach dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz jedoch auch die Ausschlußgründe des § 3 StEG zu prüfen sind, soll keine dem § 11 Grundrechtsbeschwerdegesetz nachgebildete Bestimmung geschaffen werden.

7. Eine Kostenersatzpflicht des Betroffenen für den Fall der Erfolglosigkeit seines Antrags auf Erneuerung des Verfahrens (vgl. § 390a) wird nicht vorgesehen; hingegen soll dem auf Grund eines Antrags auf Erneuerung des Verfahrens Freigesprochenen ein Verteidigungskostenbeitrag zu gewähren sein (§ 393a Abs. 1).

8. Die Ergänzungen der §§ 433 Abs. 2, 479 und 490 Abs. 1 betreffen die erforderlichen Anpassungen im Unterbringungsverfahren sowie im Rechtsmittelverfahren gegen Urteile der Bezirksgerichte und des Einzelrichters.

9. Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Rechtsbehelfs der Erneuerung des Strafverfahrens soll auch der Ausschluß der außerordentlichen Wiederaufnahme nach § 362 im bezirksgerichtlichen Verfahren beseitigt werden, womit die Aufwertung der Bezirksgerichte durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 weiterverfolgt und der Gleichklang mit der Rechtslage bei Urteilen eines Einzelrichters wiederhergestellt wird (§ 480; vgl. die Anpassung des § 490 Abs. 1 durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1987).

Zu Art. II Z 4 lit. a, 7, 8 lit. b, 11, 12, 19 und 31 (§§ 41 Abs. 1 Z 2, 49 Abs. 2 Z 2, 50 Abs. 3, 80 Abs. 1, 120, 218 und 395 Abs. 1 StPO):

Diese Vorschläge betreffen Folgeänderungen und Zitatberichtigungen auf Grund der durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526, und die Strafgesetznovelle 1993, BGBl. Nr. 527, geschaffenen neuen Rechtslage.

Zu Art. II Z 5, 15 und 16 (§§ 45 Abs. 4, 187 und 188 StPO):

1. Durch die Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799, wurden die Bestimmungen über den „Verkehr mit der Außenwelt“ neu geregelt und insbesondere auch die Möglichkeit eröffnet, Strafgefangenen aus berücksichtigungswürdigen Gründen Telefongespräche, insbesondere mit Angehörigen, Sachwaltern und sozialen Einrichtungen sowie mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen zu gestatten (§ 96a StVG). Da die Möglichkeit zu telefonieren zufolge der Bestimmung des § 183 Abs. 1 nunmehr auch Untersuchungshäftlingen offensteht und § 96a StVG bestimmt, daß der Inhalt der zwischen Strafgefangenen und ihren Rechtsbeiständen geführten Gespräche nicht zu überwachen ist, soll im § 45 Abs. 4 klargestellt werden, daß die Bestimmungen über die Überwachung von Verteidiger­gesprächen unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 3 auch für Telefongespräche gelten.

2. Desgleichen soll im § 187 Abs. 1 das mit der Strafvollzugsnovelle 1993 unrichtig gewordene Zitat der §§ 85 und 88 StVG durch die nunmehr maßgeblichen Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes ersetzt und eindeutig klargestellt werden, daß in berücksichtigungswürdigen Fällen auch Untersuchungshäftlinge berechtigt sind, Telefongespräche zu führen (§ 96a StVG). Freilich werden die Gründe, die für die Genehmigung eines Ferngespräches vorgebracht werden, mit dem Zweck der Untersuchungshaft abzuwägen sein. Die Entscheidung obliegt dem Untersuchungsrichter (§ 188 Abs. 1).

3. Im § 187 Abs. 2 sollen schließlich jene Änderungen der Strafvollzugsnovelle 1993 berücksichtigt werden, die sich auf die Überwachung des Briefverkehrs beziehen. Außerhalb des Anwendungsbereiches des § 45 Abs. 4 (Verteidigerpost) soll eine Überwachung des Briefverkehrs mit Behörden, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen daher nur unter den Voraussetzungen des § 90b StVG zulässig sein.

4. Im § 188 Abs. 1 soll klargestellt werden, daß dem Untersuchungsrichter auch die Entscheidung darüber, ob und mit welchen Personen Ferngespräche geführt werden dürfen, sowie die (Veranlassung der) Überwachung dieser Telefonate obliegt.

5. Bisher stehen alle im Rahmen der Vorhaft in Betracht kommenden Entscheidungen, die im Strafvollzug dem Vollzugsgericht obliegen, zB die Entscheidung über die Aufrechterhaltung einer besonderen Sicherheitsmaßnahme, der Ratskammer zu. Da beim Vollzugsgericht ein Einzelrichter (§ 16 Abs. 1 StVG) zu befinden hat, sollen diese Entscheidungen im Vorverfahren dem Untersuchungsrichter übertragen werden, womit die mit dem Strafprozeßänderungsgesetz eingeschlagene Tendenz der Aufwertung des Untersuchungsrichters weiterverfolgt wird. Da gemäß § 113 gegen Entscheidungen des Untersuchungsrichters die Möglichkeit der Beschwerde an die Ratskammer besteht, ist mit dieser Neuregelung auch kein Verlust an Rechtsstaatlichkeit verbunden.

Zu Art. II Z 6 (§ 48 Z 2 StPO):

Die im § 48 Z 2 geregelte absolute Frist für die Erhebung der Subsidiaranklage (drei Monate ab dem Verfolgungsrücktritt des Staatsanwaltes) wird vielfach als zu knapp bemessen angesehen. Diese Frist soll daher auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Verständigung des durch die strafbare Handlung Verletzten von der Einstellung des Strafverfahrens nach § 109 – etwa auf Grund eines Versehens – unterblieben ist.

Zu Art. II Z 8 lit. a, 13, 27, 37 und 38 (§§ 50 Abs. 1, 144a Abs. 1, 373b, 444 Abs. 1 und 445 StPO):

Durch die Neuordnung der Bestimmungen über die Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB) und den Verfall (§ 20b StGB) ergibt sich die Notwendigkeit, die korrespondierenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen der neuen Rechtslage anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das Institut des Verfalls im bisherigen Sinn in manchen Nebengesetzen weiterhin als (Neben-)Strafe vorgesehen ist.

Eine einstweilige Verfügung soll auch zur Sicherung einer – möglichen – Abschöpfung der Bereicherung erlassen werden können. Hiefür soll – in Fortführung der Tendenz des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 526, welches die Stellung des Untersuchungsrichters stärkte – nicht mehr die Ratskammer, die nun in erster Linie als Rechtsmittelinstanz des Untersuchungsrichters tätig wird, sondern dieser zuständig sein (§ 144a).

Ein selbständiges Verfahren soll nicht nur zur Sicherung einer Entscheidung über die Einziehung, sondern auch im Hinblick auf eine zu erwartende Anordnung der Abschöpfung der Bereicherung und des Verfalls möglich sein (§ 445 Abs. 1). Hingegen ergibt sich bereits aus dem Inhalt und der systematischen Einordnung des geltenden § 444a, daß die – davorstehenden – Bestimmungen der §§ 443 und 444 auch für die Abschöpfung der Bereicherung gelten, sodaß deren ausdrückliche Erweiterung auf diesen Fall nicht erforderlich ist.

Zu Art. II Z 9 (§ 59):

Es soll ausdrücklich festgehalten werden, daß für die Leistung von Rechtshilfe – soweit nichts anderes bestimmt ist (vgl. zB § 93 Abs. 1 letzter Satz idF des Strafprozeßänderungsgesetzes 1993) – die Bezirksgerichte sachlich zuständig sind.

In einigen Gemeinden – vor allem in Wien – können mehrere Bezirksgerichte für die Erledigung eines Ersuchens örtlich zuständig sein (wenn zB in derselben Strafsache um Vernehmung mehrerer Zeugen ersucht wird, die in unterschiedlichen Bezirken wohnen). In diesem Fall soll im Interesse einer beschleunigten Erledigung und ökonomischer Vorgangsweise (es sollen sich nicht mehrere Richter in dieselbe Sache einlesen und einlassen müssen) das gesamte Ersuchen von einem der zuständigen Bezirksgerichte erledigt werden, und zwar von jenem, an welches das Ersuchen gerichtet wurde. Eine nennenswerte Mehrbelastung Dritter (vor allem von Personen, die im Rechtshilfeweg vernommen werden sollen) durch diese Regelung ist schon im Hinblick auf die innerhalb der Gemeinden regelmäßig zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu erwarten.

Aus ähnlichen Gründen sollen Rechtshilfeersuchen, die an unzuständige Gerichte gerichtet werden, von diesen an das zuständige Gericht weitergeleitet – und nicht unerledigt zurückgesendet – werden. Wären in diesem Fall mehrere Bezirksgerichte zuständig, so hat das unzuständige Gericht das Ersuchen an eines von diesen weiterzuleiten.

Zu Art. II Z 14, 18, 21, 43, 44, 45 und 46 (§§ 180 Abs. 5 Z 8, 197, 265 Abs. 1, 494, 494a Abs. 6 und 498 Abs. 1 StPO):

Diese Vorschläge betreffen terminologische Folgeänderungen auf Grund der vorgeschlagenen Neufassung des § 50 Abs. 1 StGB, wonach nicht mehr die Bestellung des im konkreten Fall eingesetzten Bewährungshelfers, sondern nur die Anordnung der Bewährungshilfe vom Gericht vorgenommen werden soll.

Zu Art. II Z 17 (§ 190 Abs. 1 StPO):

Nach der Neufassung des § 180 Abs. 1 durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526, darf – auch die bedingt-obligatorische – Untersuchungshaft nicht verhängt oder aufrechterhalten werden, wenn ihr Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel (§ 180 Abs. 5) erreicht werden kann. Dementsprechend soll auch die Anwendung des gelinderen Mittels der Leistung einer Sicherheit nach den §§ 190 bis 192 (Kaution oder Bürgschaft) im Fall der Untersuchungshaft nach § 180 Abs. 7 ermöglicht werden.

Zu Art. II Z 23 (§ 346 StPO):

Die durch die Strafgesetznovelle 1989, BGBl. Nr. 242, für das schöffengerichtliche Verfahren eingeführte Möglichkeit, eine Überschreitung des gesetzlichen Strafrahmens – auch – mit Strafberufung zu bekämpfen, soll auf das geschworenengerichtliche Verfahren erweitert werden.

Zu Art. II Z 28 und 29 (§§ 381 und 389 StPO):

Die geltenden Obergrenzen für den Pauschalkostenbeitrag wurden zuletzt durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1983, BGBl. Nr. 168, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1984 auf das Zweifache angehoben. Da seit dieser Anhebung mehr als ein Jahrzehnt verstrichen ist, erscheint eine neuerliche Verdoppelung der Obergrenzen des Pauschalkostenbeitrags in Anbetracht der Entwicklung der Lohnkosten sowie des Verbraucherpreisindex gerechtfertigt.

Die Anordnung des § 381 Abs. 7, wonach die Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft bei Bemessung des Pauschalkostenbeitrages zu berücksichtigen sind, steht zunächst in einem gewissen     Widerspruch mit den Regelungen des § 186 Abs. 5, wonach einem Untersuchungshäftling, der Arbeitsleistungen erbringt, ein Vollzugskostenbeitrag von der Arbeitsvergütung in Abzug zu bringen ist. Ferner ist für den Fall, daß die erlittene Untersuchungshaft auf die ausgesprochene Strafe angerechnet wird, keine Rückzahlung dieses Beitrags vorgesehen, obwohl die Kosten des Vollzugs einer Freiheitsstrafe nicht zu den nach § 381 ersatzpflichtigen Kosten des Strafverfahrens zählen (§ 381 Abs. 1 Z 6). Noch problematischer ist eine Belastung des Verurteilten mit den Kosten der Verwahrungs- und Unter­suchungshaft, wenn er nicht zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Es erscheint daher unbillig, bei der Bemessung des Pauschalkostenbeitrages auch die Kosten der Verwahrungs- und Untersuchungshaft zu berücksichtigen. Künftig sollen daher diese Kosten – einschließlich der im § 381 Abs. 1 Z 4 genannten Kosten der Beförderung und Bewachung des Beschuldigten – nicht mehr zu berücksichtigen sein. Die durch eine Auslieferung des Beschuldigten aus einem anderen Staat verursachten Kosten sollen jedoch weiterhin (gesondert) in Rechnung zu stellen sein.

Bei Bestimmung des Pauschalkostenbeitrages sind einerseits die arbeitsmäßige Belastung aller im Strafverfahren tätigen Dienststellen und deren Auslagen und andererseits die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zahlungspflichtigen zu berücksichtigen. Da die Verpflichtung zum Kostenersatz eine zusätzliche, zu der ausgesprochenen Strafe hinzutretende Belastung des Verurteilten darstellt, soll bereits bei der Bemessung des Pauschalkostenbeitrages eine Gesamtbetrachtung aller mit der Verurteilung verbundenen Folgen angestellt werden (§ 381 Abs. 5). So kann es bei gegebener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Verurteilten durchaus von Belang sein, ob er zu einer unbedingten Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt oder ob die ausgesprochene Strafe bedingt nachgesehen wurde.

Zu Art. III (Änderungen des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes):

Zu Art. III Z 1 und 5 bis 8 (§§ 9 Abs. 2, 29, 31, 32 und 35 Abs. 2 ARHG):

Die Neuordnung der Bestimmungen über die Untersuchungshaft durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526/1993, zieht die Notwendigkeit nach sich, die korrespondierenden Bestimmungen über die Auslieferungshaft der neuen Rechtslage anzupassen, wobei die Besonderheiten des Auslieferungsverfahrens und der Voraussetzungen für die Verhängung der Auslieferungshaft angemessen zu berücksichtigen sind. Dabei hat sich gezeigt, daß das Verfahren im Fall einer vereinfachten Auslieferung nach § 32 ARHG noch weiter beschleunigt werden könnte: Die Erklärung der auszuliefernden Person, ohne Durchführung eines förmlichen Auslieferungsverfahrens dem ersuchenden Staat übergeben zu werden, ist derzeit nämlich erst nach Vorliegen der vollständigen Auslieferungsunterlagen (die in der Regel erst nach einigen Wochen eintreffen) zulässig. Damit wird aber auch die Dauer der Auslieferungshaft bis zur tatsächlichen Übergabe an den ersuchenden Staat verzögert. Mit der Neuordnung des Instituts der vereinfachten Auslieferung wird daher folgendes Verfahren vorgeschlagen:

Nach § 32 Abs. 1 soll sich die auszuliefernde Person bereits auf Grund eines (vorläufigen) Er­suchens um Verhängung der Auslieferungshaft mit der Auslieferung einverstanden erklären und einwilligen können, ohne Durchführung eines förmlichen Auslieferungsverfahrens übergeben zu werden. Sofern sich die auszuliefernde Person in Auslieferungshaft befindet, besteht – wie im Fall der Untersuchungshaft (§ 41 Abs. 1 Z 3 StPO) – notwendige Verteidigung, weshalb ihr, sofern sie nicht bereits durch einen Verteidiger vertreten ist, für die 14 Tage nach ihrer Festnahme durchzuführende Haftverhandlung ein Pflichtverteidiger beizugeben ist (§ 29 Abs. 4); in diesem Fall soll die auszuliefernde Person ihr Einverständnis mit der vereinfachten Auslieferung frühestens in dieser Haftverhandlung rechtswirksam abgeben können. Damit soll gewährleistet werden, daß sich die auszuliefernde Person vor Abgabe dieser Erklärung mit einem Verteidiger berät. Der Pflichtverteidiger soll die auszuliefernde Person im Fall ihrer Einwilligung in die vereinfachte Auslieferung bis zur tatsächlichen Übergabe (§ 36 ARHG) zu vertreten haben. Da diese auf Grund der erwähnten Verfahrensbeschleunigung künftig schon kurz nach der ersten Haftverhandlung erfolgen kann, soll die Beigebung eines Verfahrenshilfe- oder Amtsverteidigers nicht erforderlich sein.

Das System der Haftfristen der Strafprozeßordnung soll für die Auslieferungshaft mit der Maßgabe übernommen werden, daß ab dem Zeitpunkt der Einwilligung in die vereinfachte Auslieferung oder der Beschlußfassung des Gerichtshofes zweiter Instanz, daß die Auslieferung zulässig sei, die Wirksamkeit des zuletzt ergangenen Beschlusses auf Verhängung oder Fortsetzung der Auslieferungshaft nicht mehr durch die Haftfrist begrenzt ist (§ 29 Abs. 5).

§ 29 Abs. 6 enthält die erforderlichen Anpassungen über die Höchstdauer der Auslieferungshaft, wobei analog zu § 194 Abs. 2 StPO eine Fortsetzung der Auslieferungshaft über sechs Monate hinaus unter der weiteren Voraussetzung der besonderen Schwierigkeit oder des besonderen Umfangs des Verfahrens nur dann zulässig sein soll, wenn es sich bei der der Auslieferung unterliegenden strafbaren Handlung um ein Verbrechen im Sinn des § 17 StGB handelt.

Im Sinne der durch das Strafprozeßänderungsgesetz 1993 vorgenommenen Aufwertung und Hervorhebung der Rechtsschutzfunktion des Untersuchungsrichters soll dieser – und nicht mehr die Ratskammer – die erforderliche Äußerung über die Zulässigkeit der Auslieferung abzugeben haben und auch die übrigen Funktionen der Ratskammer im Auslieferungsverfahren übernehmen (§§ 9 Abs. 2, 31 Abs. 2, 32 Abs. 4 und 35 Abs. 2).

Da die angestrebte Beschleunigung des Auslieferungsverfahrens und damit auch der Auslieferungshaft im Fall der vereinfachten Auslieferung durchaus auch einem Jugendlichen zum Vorteil gereichen kann, soll auf den bisher vorgesehenen Ausschluß der vereinfachten Auslieferung Jugendlicher verzichtet werden; dies allerdings nur, soweit entweder der gesetzliche Vertreter zustimmt oder der Jugendliche – auch soweit er sich auf freiem Fuß befindet – durch einen Verteidiger vertreten ist.

Zu Art. III Z 2 bis 4, 10, 14 und 18 (§§ 11 Abs. 1, 22, 26 Abs. 2, 55 Abs. 1 zweiter Satz, 63 Abs. 2 und 75 ARHG):

In den angeführten Bestimmungen des ARHG sollen die Verweisungen auf das Jugendgerichtsgesetz 1961 nunmehr auch formell durch Verweisungen auf die entsprechenden Normen des Jugendgerichtsgesetzes 1988 ersetzt werden (vgl. derzeit die Übergangsbestimmung des Art. IX Abs. 8 zweiter Satz JGG 1988); eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Zu Art. III Z 9 (§ 50 Abs. 1 ARHG):

Die Neufassung soll klarstellen, daß Rechtshilfe nicht nur zur Förderung von Strafverfahren im engeren Sinn, sondern für alle „Strafsachen“ geleistet werden kann, also auch für Verfahren, in denen die im Abs. 2 angeführten Behörden vermögensrechtliche Anordnungen treffen, die im Wesen den nach den §§ 20, 20b und 26 StGB in der Fassung des vorliegenden Entwurfes möglichen Anordnungen entsprechen. Die schon bisher bestehende Möglichkeit, für bestimmte Verfahren nach rechtskräftigem Abschluß des Strafverfahrens Rechtshilfe zu leisten, nämlich für Tilgungs-, Strafregister-, Gnaden-, und Entschädigungsverfahren sowie in Vollzugsangelegenheiten, bleibt unverändert.

Zu Art. III Z 10 (§ 55 Abs. 1 erster Satz ARHG):

Nach der bisherigen Regelung sind die Bezirksgerichte auch für die Erledigung von Rechtshilfe­ersuchen zuständig, in denen eine Durchsuchung oder Beschlagnahme begehrt wird, also für Maßnahmen, die in Österreich im bezirksgerichtlichen Verfahren sonst selten sind und durch die in bezug auf oft sehr bedeutende Vermögenswerte in Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen wird. Im Hinblick auf die Bedeutung und die möglichen Auswirkungen solcher Rechtshilfehandlungen erscheint es zweckmäßig, die Zuständigkeit dafür den Gerichtshöfen erster Instanz zu übertragen, womit kein erhöhter Kosten- oder Zeitaufwand verbunden ist.

Zu Art. III Z 11 (§ 56 ARHG):

Gemäß § 51 ARHG ist die Leistung von Rechtshilfe insoweit zulässig, als die dem Ersuchen zugrunde liegende Handlung nach österreichischem Recht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist und es sich nicht um eine strafbare Handlung politischen Charakters oder um eine militärische oder fiskalische strafbare Handlung im Sinne der §§ 14 und 15 ARHG handelt; weiters muß das dem Ersuchen zugrunde liegende Verfahren den Grundsätzen der Art. 3 und 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen, allfällige nach der StPO erforderliche besondere Voraussetzungen für die Vornahme bestimmter Untersuchungshandlungen müssen vorliegen, und es darf die Leistung der Rechtshilfe keine Verletzung einer nach österreichischem Recht auch gegenüber Strafgerichten zu wahrenden Geheimhaltungspflicht zur Folge haben.

Gemäß § 56 ARHG in der geltenden Fassung darf Rechtshilfe (überdies) nur dann geleistet werden, wenn dem Ersuchen der Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung der dem Ersuchen zugrunde liegenden strafbaren Handlung entnommen werden kann. Schließlich muß einem Ersuchen um Durchsuchung von Personen oder Räumen, um Beschlagnahme von Gegenständen oder um Überwachung eines Fernmeldeverkehrs die Ausfertigung, beglaubigte Abschrift oder Ablichtung der richterlichen Anordnung beigefügt sein.

Damit wird im Gewand einer formellen Voraussetzung festgelegt, daß bei den genannten, besonders grundrechtsrelevanten Untersuchungshandlungen – wiewohl das Ersuchen gemäß § 50 Abs. 2 ARHG auch von einer Staatsanwaltschaft gestellt werden kann – die Anordnungskompetenz (auch) im ersuchenden Staat bei den Gerichten liegen muß. Dies führt im Ergebnis dazu, daß ein Ersuchen um Vornahme einer derartigen Maßnahme, das von einem Staat gestellt wird, in dem für deren Anordnung nicht die Gerichte zuständig sind und mit dem auch vertraglich nichts anderes vereinbart ist (vgl. § 1 ARHG), nach dem Wortlaut des Gesetzes in jedem Fall abgelehnt werden müßte, dh. auch dann, wenn die (sonstigen) Voraussetzungen des § 51 ARHG erfüllt wären.

Um in Zeiten steigender Bedeutung grenzüberschreitender Zusammenarbeit in Strafsachen auch in diesen Fällen – nicht nur im Wege einer „völkerrechtsfreundlichen Interpretation“ (so der OGH in seiner Entscheidung vom 9. 3. 1995, ÖBA 1995, 712 ff.), sondern auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung – Rechtshilfe durch die genannten Untersuchungshandlungen leisten zu können, wird nach dem Vorbild bilateraler Rechtshilfeverträge vorgeschlagen, im neuen Abs. 1 (nur mehr) auf die „zuständige Behörde“ abzustellen; die gewünschte Untersuchungshandlung soll also nicht mehr von einem Gericht des ersuchenden Staates angeordnet worden sein müssen.

Ist die anordnende Behörde kein Gericht, soll jedoch die Vorlage einer Ausfertigung, Abschrift oder Ablichtung der Anordnung allein nicht ausreichen, sondern es soll zusätzlich eine Erklärung der um Rechtshilfe ersuchenden Behörde vorliegen müssen, daß die für diese Maßnahme erforderlichen Voraussetzungen nach dem im ersuchenden Staat geltenden Recht erfüllt sind. Gemeint sind damit sowohl die materiellen als auch die formellen Voraussetzungen. Die (darüber hinausgehende) Verpflichtung des österreichischen Rechtshilfegerichtes zur Überprüfung der im § 51 ARHG erwähnten Voraussetzungen, insbesondere des § 51 Abs. 1 Z 2 (Art. 3- und 6- MRK-konformes Verfahren im ersuchenden Staat) und Z 3 (Vorliegen besonderer – materieller – Voraussetzungen nach der StPO, zB einer nach österreichischem Recht mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung in den Fällen der §§ 146 Abs. 1 oder 149 Abs. 1 Z 2) bleibt von einer solchen Erklärung unberührt.

Zu Art. III Z 12 (§ 58 ARHG):

Wird Rechtshilfe durch Beschlagnahme oder durch Erlassung einer einstweiligen Verfügung geleistet, so ist diese vorläufige Maßnahme bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen so lange aufrechtzuerhalten, bis eine endgültige Entscheidung über die Übermittlung der beschlagnahmten Sache an den ersuchenden Staat zu Beweiszwecken oder die Vollstreckung einer ausländischen vermögensrechtlichen Anordnung möglich ist. Um eine unangemessen lange Aufrechterhaltung solcher vorläufiger Maßnahmen hintanzuhalten, sollen diese von dem die Rechtshilfe leistenden Gericht künftig angemessen zu befristen sein. Die von der angeordneten Frist verständigten ausländischen Behörden haben die Möglichkeit, unter Angabe der Gründe erforderliche Fristverlängerungen zu erwirken.

Zu Art. III Z 13 (§ 60 Abs. 2 ARHG):

Mit dem vorgeschlagenen Wechsel vom Strafbezirksgericht Wien zum Bezirksgericht Innere      Stadt Wien soll der mit der 3. Novelle zum Bezirksgerichts-Organisationsgesetz für Wien (BGBl. Nr. 756/1992) bereits an anderer Stelle beschrittene Weg (vgl. § 55 Abs. 1 ARHG) auch für den Bereich der subsidiären Zuständigkeit zur Übernahme der Strafverfolgung in bezirksgerichtlichen Strafsachen nachvollzogen werden.

Zu Art. III Z 15 (§ 64 ARHG):

Nach der bisherigen Rechtslage können nur ausländische gerichtliche Entscheidungen, mit denen    eine Geld- oder Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende vorbeugende Maßnahme angeordnet wird, vollstreckt werden. Nunmehr soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch ausländische (gerichtliche) Entscheidungen zu vollstrecken, mit denen vermögensrechtliche Anordnungen getroffen werden. In Betracht kommen neben Strafurteilen auch andere behörd­liche Entscheidungen, mit denen auf Grund einer strafgerichtlichen Verurteilung eine vermögensrechtliche Anordnung getroffen wird. Daher sind Vollstreckungsersuchen auch zulässig, wenn etwa ein ausländisches Zivilgericht eine solche Anordnung auf der Grundlage einer strafgerichtlichen Entscheidung erläßt.

Voraussetzung der Vollstreckung einer ausländischen vermögensrechtlichen Entscheidung soll nach dem vorgeschlagenen Abs. 4 sein, daß die ausländische (gerichtliche) Entscheidung, um deren Voll­streckung ersucht wird, eine vermögensrechtliche Anordnung trifft, die im wesentlichen auch nach der österreichischen Rechtsordnung getroffen werden könnte, wenn also bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhaltes nach österreichischem Recht die Voraussetzungen für eine Geldstrafe, eine Abschöpfung der Bereicherung, einen Verfall oder eine Einziehung gegeben wären. Eine ausländische Entscheidung kann aber nicht mehr vollstreckt werden, wenn in Österreich bereits durch eine Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 StGB, durch einen Verfall nach § 20b StGB oder eine Einziehung nach § 26 Abs. 3 StGB über die von der ausländischen Entscheidung betroffenen Vermögenswerte entschieden worden ist.

Die Voraussetzungen, unter denen eine ausländische gerichtliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene Maßnahme (im Sinn des § 8 ARHG) ausgesprochen worden ist, in Österreich vollstreckt werden kann, bleiben unverändert, insbesondere muß der Verurteilte der Vollstreckung zustimmen (Abs. 2). Bei einer vermögensrechtlichen Anordnung, die nach österreichischem Recht einer Geldstrafe, einer Abschöpfung der Bereicherung, einem Verfall oder einer Einziehung entsprechen würde, soll der Betroffene lediglich ein Anhörungsrecht haben, sofern er erreichbar ist, also im ersuchenden Staat, in Österreich oder im Weg der Rechtshilfe in einem dritten Staat vernommen werden kann (Abs. 5 und 6).

Abs. 7 stellt klar, daß durch Vollstreckung ausländischer Entscheidungen eingebrachte Geldstrafen, abgeschöpfte Beträge, verfallene Vermögenswerte und eingezogene Gegenstände grundsätzlich Österreich als dem ersuchten Staat zufallen. Dies steht sowohl mit den Strafzwecken (General- und Spezialprävention) als auch mit den Zwecken nicht schuldbezogener vermögensrechtlicher Anordnungen, nämlich dem Täter den verbrecherischen Gewinn zu entziehen und die weitere Begehung von Straftaten zu verhindern, im Einklang. In zwischenstaatlichen Vereinbarungen könnten aber andere Regelungen – eine gänzliche oder teilweise Übertragung der Erlöse an den ersuchenden Staat – vereinbart werden (§ 1 ARHG). Die Grundsatzregelung entspricht auch der des Art. 41 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Geltung von Strafurteilen vom 28. Mai 1970, BGBl. Nr. 249/1980, nach der gezahlte Geldstrafen und Geldbußen sowie der Erlös aus Einziehungen dem ersuchten Staat zufallen. Das Wiener Übereinkommen und das Europaratsübereinkommen verweisen hinsichtlich eingezogener Erträge oder Vermögensgegenstände auf das innerstaatliche Recht des um die Vollstreckung ersuchten Staates sowie auf die Möglichkeit, in zwischenstaatlichen Vereinbarungen eine Übertragung der durch die Vollstreckung hereingebrachten Beträge und Vermögenswerte zu regeln.

Zu Art. III Z 16 (§ 65 ARHG):

Wie schon bisher bei der Vollstreckung von Strafen und vorbeugenden Maßnahmen soll auch bei der Übernahme der Vollstreckung vermögensrechtlicher Anordnungen die ausländische gerichtliche Entscheidung durch ein österreichisches „Exequaturverfahren“ an das Strafen- und sonstige Sanktionensystem des österreichischen Rechts angepaßt werden. Das nach § 67 ARHG zuständige Gericht hat nach österreichischem Recht sowie nach den österreichischen Strafbemessungsgrundsätzen usw., wenngleich unter Bedachtnahme auf die ausländische Entscheidung, zu bestimmen, welche Strafe, Maßnahme oder vermögensrechtliche Anordnung der zu vollstreckenden ausländischen Sanktion entspricht, wobei eine Schlechterstellung des Verurteilten oder Betroffenen ausgeschlossen wird. Bei dieser Anpassungsentscheidung kommt es nicht auf die Bezeichnung der ausländischen Sanktion an, sondern auf ihren wesentlichen Gehalt, ihre Voraussetzungen und ihre Auswirkungen. Auch eine nur teilweise Vollstreckung in Österreich ist möglich, so zum Beispiel, wenn die ausländische Entscheidung einen Vermögensverfall in weiterem Umfang vorsieht, als dies bei einer Abschöpfung der Bereicherung nach § 20 StGB möglich wäre.

Ein im Ausland ausgesprochener Verfall von Vermögenswerten soll bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen in Österreich als solcher vollstreckt werden können, auch wenn nach österreichischem Recht eine Abschöpfung der Bereicherung anzuordnen gewesen wäre. Dadurch soll der objektive Charakter der Verfallsanordnung erhalten und eine Umstellung vom Bruttoprinzip (Verfall) auf das Nettoprinzip (Abschöpfung) im Zuge des Exequaturverfahrens nicht zwingend vorgeschrieben werden. Von dieser Vereinfachung bei der Vollstreckung einer ausländischen Verfallsentscheidung wird aber nur insoweit Gebrauch gemacht werden können, als dadurch keine – nach österreichischen Rechtsgrundsätzen – exzes­sive Entziehung von Vermögenswerten eintritt.

Zu Art. III Z 17 (§ 67 ARHG):

Wie bisher zur Anpassung der im Ausland ausgesprochenen Strafe oder vorbeugenden Maßnahme soll der Gerichtshof erster Instanz auch für die Anpassung vermögensrechtlicher Anordnungen an das österreichische Recht zuständig sein, wobei die Beschlußfassung durch den Drei-Richter-Senat (§ 13 Abs. 3 StPO) in nichtöffentlicher Sitzung erfolgen soll (Abs. 1). Örtlich zuständig soll für Strafen und vorbeugende Maßnahmen – wie im geltenden Recht – sowie für die (personenbezogene) Abschöpfung der Bereicherung der in § 26 Abs. 1 bezeichnete Gerichtshof sein (also primär Anknüpfung an Wohnsitz, Aufenthalt und Haftort), für Verfall und Einziehung (als gegenstandsbezogene Sanktionen) jener, in dessen Sprengel sich der Gegenstand befindet.

Während die Übernahme der Vollstreckung einer Strafe oder vorbeugenden Maßnahme die Einleitung eines Strafverfahrens wegen derselben Tat in Österreich hindert, steht die Übernahme der Voll­streckung einer vermögensrechtlichen Anordnung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Durchführung eines Strafverfahrens in Österreich nicht entgegen (Abs. 3). Hingegen kann nach § 64 Abs. 1 Z 5 ARHG eine Vollstreckung nicht übernommen werden, wenn wegen der Tat in Österreich bereits ein Strafverfahren anhängig oder endgültig abgeschlossen ist.

Zu Art. III Z 18 (§ 75 ARHG):

Das Strafrechtsänderungsgesetz 1987, BGBl. Nr. 605, hat in das StGB die Möglichkeit einer bedingten Nachsicht eines Teils der Strafe eingefügt (§ 43a StGB). Diese Rechtslage wäre durch eine entsprechende Zitierung zu berücksichtigen.

Zu Art. III Z 19 (§ 76 ARHG):

Durch die Neufassung soll auch die Erwirkung der Vollstreckung einer österreichischen Entscheidung, mit der eine Abschöpfung der Bereicherung angeordnet wird, im Ausland ermöglicht werden. Voraussetzung eines Ersuchens um Übernahme der Vollstreckung einer Geldstrafe oder einer Abschöpfung der Bereicherung soll die Erwartung der Einbringlichkeit im ersuchten Staat sein (Abs. 4). Im Hinblick auf das Prinzip der Gegenseitigkeit (§ 3 ARHG) und auf § 64 Abs. 7 ARHG idF des Entwurfes werden die im ersuchten Staat eingehobenen Geldstrafen, abgeschöpften Beträge und für verfallen erklärten Vermögenswerte diesem Staat zufallen, sofern zwischenstaatlich nichts anderes vereinbart wird.

Zu Art. IV (Änderungen des Bewährungshilfegesetzes):

Allgemeines:

Die Bemühungen der Bundesregierung um eine weitere Steigerung der Effizienz bei der Wahrnehmung der Aufgaben der öffentlichen Hand schließen – neben der Konsolidierung des Ausgabenrahmens – auch Maßnahmen zur Ausgliederung bestimmter Bereiche der Hoheitsverwaltung und deren Übertragung an private Rechtsträger mit ein.

Das Bewährungshilfegesetz 1969, BGBl. Nr. 146, stellt in seiner ursprünglichen Intention auf eine staatliche Durchführung der Bewährungshilfe ab und läßt daher – aus heutiger Sicht – im Zusammenwirken zwischen dem Bundesministerium für Justiz und der mit der Wahrnehmung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung (mit Ausnahme des Bundeslandes Steiermark werden die Aufgaben der Bewährungshilfe derzeit vom Verein für Bewährungshilfe und soziale Arbeit wahrgenommen) Reibungsflächen dort entstehen, wo die Vorteile einer privatrechtlichen Struktur nicht voll genutzt werden können. Bereits im Jahre 1991 wurde daher vom Bundesminister für Justiz der Auftrag erteilt, Vorschläge für eine (weitergehende) Privatisierung der Bewährungshilfe zu erarbeiten, um die Effizienz und Beweglichkeit bei der Ausübung der Aufgaben der Bewährungshilfe zu steigern. Zur Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen wurde eine Arbeitsgruppe („Bewährungshilfe Neu“) eingerichtet, die noch im Jahre 1991 ihre Arbeit aufgenommen und das Vorhaben in sechs Arbeitskreisen (unter anderem für Fragen des Dienst- und Arbeitsrechtes) beraten hat.

Dem Arbeitskreis „Dienst- und Arbeitsrecht“ wurde die Aufgabe vorgegeben, ein Übergangsmodell zur Überleitung öffentlich Bediensteter in ein privates Angestelltenverhältnis bzw. für die Zurver­fügungstellung der in einem Beamtenverhältnis verbleibenden Bediensteten für die Arbeit der privaten Vereinigung und die Ausübung der Diensthoheit gegenüber diesen verbleibenden Beamten zu erarbeiten. Das vom Arbeitskreis „Dienst- und Arbeitsrecht“ dazu erarbeitete Modell sah im wesentlichen vor, daß unter grundsätzlicher Orientierung an ähnlichen Übergangsregelungen eine dem Bundesministerium für Justiz nachgeordnete Dienstbehörde einzurichten wäre, der die derzeit zur Gänze von der Zentralleitung wahrgenommenen Kompetenzen einer Dienstbehörde erster Instanz übertragen wird; das Bundesministerium für Justiz soll Rechtsmittelinstanz bleiben. Der Arbeitskreis hat auch vorgeschlagen, den Beamten während einer Übergangszeit gegen Abgabe einer Austrittserklärung aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Anspruch auf Abschluß eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses einzuräumen sowie für entsprechende Überleitungsbestimmungen der Vertragsbediensteten Vorsorge zu treffen.

Auf der Grundlage dieser Vorschläge hat das Bundesministerium für Justiz mit den zuständigen    Organen der gesetzlichen Personalvertretung und mit Vertretern des Vereins für Bewährungshilfe und soziale Arbeit eingehende Beratungen über die bei der Ausgliederung zu beachtenden dienstrechtlichen Fragen geführt und eine Regelung erarbeitet, die den in den Verhandlungen vertretenen (zum Teil kontroversiellen) Standpunkten weitestgehend Rechnung trägt.

Der Entwurf sieht in den §§ 26 bis 26f BewHG eine Neufassung der dienstrechtlichen Bestimmungen für die einer mit der Wahrnehmung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung zur Verfügung gestellten Bundesbeamten vor und trägt so den im Gesamtkonzept für eine Neuregelung des Bereiches Bewährungshilfe („Bewährungshilfe Neu“) erarbeiteten Zielen, insbesondere der verstärkten Privatisierung der Bewährungshilfe und damit auch der weiteren Verringerung der Zahl der öffentlich Bediensteten in diesem Bereich, Rechnung.

Folgende Schwerpunkte der dienstrechtlichen Regelung sind hervorzuheben:

         –   Die bei einer privaten Vereinigung verwendeten Beamten werden zur Wahrung ihrer spezifischen Rechtsposition im Dienststand belassen. Sie werden dienstrechtlich jedoch insofern ausgegliedert, als für Maßnahmen der Diensthoheit eine eigene, unmittelbar dem Bundesministerium für Justiz unterstellte Dienstbehörde eingerichtet wird („Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe“). Der Leiter der Bundespersonalstelle wird auf Grund eines Ausschreibungs- und Begutachtungsverfahrens nach dem Ausschreibungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 85, bestellt.

         –   Begleitend dazu wird den bei einer privaten Vereinigung verwendeten Beamten ein befristetes Optionsrecht eingeräumt, in ein Angestelltenverhältnis zu der Vereinigung, der sie zur Verfügung gestellt sind, aufgenommen zu werden.

         –   Für die bei einer privaten Vereinigung verwendeten, im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis verbleibenden Beamten werden Klarstellungen zu dienstrechtlichen sowie personalvertretungs- und reisegebührenrechtlichen Fragen getroffen.

         –   Vertragsbedienstete werden – nach einer großzügig bemessenen Übergangsfrist – ex lege Angestellte des privaten Rechtsträgers, dem sie zur Verfügung gestellt sind.

Für die Einrichtung einer nachgeordneten Dienstbehörde zur Ausübung der Diensthoheit gegenüber den im ausgegliederten Bereich verbleibenden Beamten lassen sich neben den Erfordernissen zur Verwirklichung von „Bewährungshilfe Neu“ auch verfassungsrechtliche Gründe (siehe Art. 20 und 21 Abs. 3 B-VG sowie VfGH, 2. 12. 1981, G 21/79, VfSlg 9287; vgl auch THIENEL, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 1990, 245 ff., 299 ff.) sowie Beispiele in vergleichbaren Regelungen zur Ausgliederung von Bundesdienststellen zu eigenen Rechtsträgern ins Treffen führen (Dorotheumsgesetz, BGBl. Nr. 66/1979; Staatsdruckereigesetz, BGBl. Nr. 340/1981; Scheidemünzengesetz 1988, BGBl. Nr. 597; Bundesgesetz über die Organisationsprivatisierung der Wasserstraßendirektion und die Gründung einer „Österreichischen Donau-Betriebs-Aktiengesellschaft“, BGBl. Nr. 11/1992; Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994).

Neben den neuen dienstrechtlichen Bestimmungen enthält der Entwurf notwendige technische     Anpassungen einzelner Bestimmungen des Bewährungshilfegesetzes an die durch Art. I Z 12 bis 14 (§§ 50 ff. StGB) des Entwurfes geänderte Rechtsstellung des Bewährungshelfers sowie einige der neuen (privatrechtlichen) Struktur der Bewährungshilfe entsprechende Modifizierungen.

Zu Art. IV Z 1 (§ 12 Abs. 2 und 6 BewHG):

Die sprachliche Änderung entspricht der Schreibweise nach dem Geschworenen- und Schöffengesetz 1990, BGBl. Nr. 256.

Zu Art. IV Z 2 bis 4, 6 und 7 (§§ 15, 16, 18, 22 und 23 BewHG):

Mit der vorgeschlagenen Neufassung dieser Bestimmungen werden die notwendigen, zum Teil bloß sprachlichen Anpassungen an die in Art. I Z 12 und 13 des Entwurfes (§§ 50 und 52 Abs. 3 StGB) vorgesehenen Änderungen (Übergang der Bestimmungskompetenz vom Gericht auf den Dienst- bzw. Geschäftsstellenleiter; Entkoppelung der Betreuungs- von der Probezeit) vorgenommen (siehe dazu bereits die Erläuterungen zu § 50 StGB). Im Falle eines Wohnsitzwechsels im Sinne des § 22 Abs. 2 BewHG wird demnach die Enthebung des Bewährungshelfers vom Leiter der bisher zuständigen Dienststelle und die Bestimmung des neuen Bewährungshelfers vom Leiter der nunmehr zuständigen Dienststelle vorzunehmen sein. Um eine Vakanz in der Betreuung zu vermeiden, soll die Enthebung erst mit der Neubestellung des anderen Bewährungshelfers wirksam werden. Eine Verständigung des Gerichtes vom Wohnsitzwechsel eines Probanden kann unterbleiben, weil die Bestimmungsbefugnis ohnehin dem Dienststellenleiter zukommt, der das Gericht in der Folge von der Neubestellung zu verständigen hat.

Zu Art. IV Z 5 (§ 20 Abs. 2 und 3 BewHG):

Abs. 2 enthält die Anpassung an die in Art. I Z 13 (§ 52 Abs. 2 StGB) des Entwurfes vorgesehene Neuregelung der Berichtspflicht, die den Wegfall der bisherigen „Berichtsautomatik“ und die Einführung einer anlaßbezogenen Berichterstattung beinhaltet. Wie bisher sollen die Berichte des Bewährungshelfers gegenüber dem Gericht grundsätzlich schriftlich erstattet werden. Der Entwurf sieht aber auch die Möglichkeit zur Erstattung mündlicher Berichte vor, wenn das Gericht im Einzelfall von einer schriftlichen Berichterstattung absieht, um ein rascheres und flexibleres Vorgehen zu ermöglichen. Der Bewährungshelfer hat in einem solchen Fall den wesentlichen Inhalt des mündlich erstatteten Berichtes in seinen Akten zu dokumentieren und dem Leiter der Dienststelle zur Kenntnis zu bringen.

Zu Art. IV Z 8 (§ 24 Abs. 1 und 2 BewHG):

Abs. 1 hält nunmehr ausdrücklich fest, daß die Übertragung der Besorgung der Aufgaben der Bewährungshilfe auf eine private Vereinigung durch den Bundesminister für Justiz mittels Vertrag zu erfolgen hat und determiniert dessen wesentlichen Inhalt.

Mit der Ersetzung des Wortes „solange“ durch „soweit“ in Abs. 2 soll zum Ausdruck gebracht werden, daß – in Anbetracht der laufenden Privatisierungsbestrebungen – nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß die Übertragung der Bewährungshilfe auf private Vereinigungen nur eine vorübergehende ist, wie dies der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers des Bewährungshilfegesetzes entsprach. Außerdem soll damit dem Umstand Rechnung getragen werden, daß in der Steiermark die Bewährungshilfe weiterhin von staatlichen Stellen durchgeführt wird.

§ 21 Abs. 1 (wöchentliche Arbeitszeit des Bewährungshelfers) soll von der Anwendung der Vorschriften des zweiten Abschnittes des Bewährungshilfegesetzes auf private Vereinigungen ausgenommen sein, weil die nähere Ausgestaltung des privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses der bei der privaten Ver­einigung Angestellten der Vereinigung selbst überlassen werden sollte. Der vorletzte Satz des Abs. 2 enthält lediglich die Klarstellung, daß die private Vereinigung die ihr übertragenen Aufgaben nicht nur durch die ihr gemäß § 26 zur Verfügung gestellten Beamten, sondern auch durch bei ihr angestellte und für die Durchführung von Aufgaben der Bewährungshilfe geeignete Personen besorgen kann. Diese Personen sollen in Ausübung ihres Berufes einem Beamten gleichstehen (§ 19 Abs. 5). Bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht sind dieselben strafrechtlichen Konsequenzen vorgesehen wie für ehrenamtlich tätige Bewährungshelfer (§ 20 Abs. 5).

Zu Art. IV Z 9 (§ 25 BewHG):

Die Bestimmung des § 25, die bisher den Ersatz des Aufwandes der privaten Vereinigung durch das Bundesministerium für Justiz regelte, kann zur Gänze entfallen, da sowohl die Entgeltfrage als auch die Gebarung der privaten Vereinigung nach dem vorgeschlagenen § 24 Abs. 1 ohnehin Gegenstand des zwischen dem Bundesminister für Justiz und der Vereinigung abzuschließenden Vertrages zu sein haben. Die Verpflichtung des Bundesministeriums für Justiz zur sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Ausgabengebarung ergibt sich bereits aus den haushaltsrechtlichen Bestimmungen in Verbindung mit Art. 126b Abs. 5 B-VG.

Zu Art. IV Z 10 (§§ 26 bis 26f BewHG):

I. Zu § 26 BewHG:

In § 26 des Entwurfs wird die Verwendung von Beamten bei einer mit der Wahrnehmung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung (§ 24) neu geregelt. Während § 26 in seiner bisherigen Fassung die Verwendung von Beamten und Vertragsbediensteten vorsah, geht § 26 nunmehr davon aus, daß nur mehr öffentlich-rechtliche Bedienstete bei einer privaten Vereinigung verwendet werden können. Überdies ist vorgesehen, daß einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung keine Beamten mehr „neu“ zur Verfügung gestellt werden können (Abs. 2). Die erforderliche Übergangsregelung für die zur Verfügung gestellten Vertragsbediensteten des Bundes wird in § 26f getroffen.

Durch § 26 Abs. 1 Z 1 des Entwurfs wird klargestellt, daß auch die Arbeitsplätze der bei einer privaten Vereinigung verwendeten Beamten die Erfordernisse des § 36 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, erfüllen müssen. Überdies wird festgelegt (Abs. 1 Z 2), daß die einer privaten Vereinigung zur Verfügung gestellten Bundesbeamten nur auf einem Arbeitsplatz verwendet werden dürfen, der bis spätestens 1. Jänner 1998 gemäß § 137 Abs. 1 BDG 1979 idF des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, bewertet und zugeordnet worden ist. Dadurch wird administrativen Schwierigkeiten bei der Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen der zur Verfügung gestellten Beamten begegnet, die sich im Zuge von Organisationsänderungen ergeben könnten. In diesem Zusammenhang ist auch § 26c des Entwurfes zu sehen, der für die bei einer privaten Vereinigung verwendeten Beamten die Möglichkeit, durch schriftliche Erklärung eine Überleitung in den Allgemeinen Verwaltungsdienst auf Grund des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 zu bewirken, befristet.

§ 26 Abs. 1 Z 3 beinhaltet die Regelung des bisherigen § 27 Abs. 3 und trifft Klarstellungen in      bezug auf die Pflichten der zur Verfügung gestellten Beamten gegenüber dem Bundesministerium für Justiz, der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe und den von der Vereinigung bestellten Organen (§ 24 Abs. 3).

Mit dem Wegfall des bisherigen § 26 Z 3 wird die Bestellung eines der Vereinigung zur Verfügung gestellten Beamten zum Leiter einer Geschäftsstelle zur internen Angelegenheit der Vereinigung, womit der privatrechtlichen Struktur der Bewährungshilfe Rechnung getragen wird.

II. Zu § 26a BewHG:

Abs. 1 des Entwurfs legt fest, daß zur Wahrnehmung der Dienstaufsicht und der anderen dienst­rechtlichen Zuständigkeiten gegenüber den bei einer privaten Vereinigung verwendeten Beamten (§ 26) eine Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe errichtet wird. Die Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe wird als nachgeordnete Dienstbehörde im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz im Sinne des § 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29, eingerichtet. Die genaue Zuweisung der der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe übertragenen Aufgaben erfolgt im Rahmen der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162.

Durch Abs. 2 wird überdies festgelegt, daß der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe auch die Wahrnehmung der dienstrechtlichen Zuständigkeiten nach § 2 Abs. 4 DVG und die Erteilung von Dienstaufträgen zu Dienstreisen zukommen. Die Zuständigkeiten nach § 2 Abs. 4 DVG und jene zur Erteilung von Dienstaufträgen zu Dienstreisen können aus Gründen der Zweckmäßigkeit an den Leiter einer Organisationseinheit des herangezogenen privaten Rechtsträgers (zB dem Leiter einer Geschäftsstelle für Bewährungshilfe oder einer Geschäftsstelle für den Außergerichtlichen Tatausgleich) übertragen werden. Eine solche Übertragung kann nur durch den Bundesminister für Justiz erfolgen, der dazu einen – unverbindlichen – Vorschlag des Leiters der Bundespersonalstelle einzuholen hat.

Abs. 3 des Entwurfes regelt das Verfahren zur Bestellung des Leiters der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe. Das vorgesehene Ausschreibungs- und Begutachtungsverfahren nach den §§ 5 ff. des Ausschreibungsgesetzes 1989 soll sicherstellen, daß der für diese Leitungsfunktion bestgeeignete Bewerber gewonnen werden kann. Bei gleich hoher Eignung mehrerer Bewerber ist Bewerbern der Vorzug zu geben, die bei einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung (§ 24) tätig waren oder tätig sind. Dadurch wird der großen Bedeutung dieser Form der Wahrnehmung von Aufgaben der Bewährungshilfe Rechnung getragen. Da die Aufgaben der Bundespersonalstelle für Bewährungs­hilfe aus verfassungsrechtlichen Gründen (vgl. wieder die Art. 20 und 21 Abs. 3 B-VG) nur von Bundesbediensteten wahrgenommen werden können, ist allerdings sicherzustellen, daß vor einer Betrauung eine rechtlich einwandfreie Einbindung in die behördliche Weisungs- und Zuständigkeitshierarchie erfolgt, was zweckmäßigerweise durch Abschluß eines Sondervertrages nach dem Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl. Nr. 86, geschehen wird können.

Abs. 4 des Entwurfs trifft die erforderliche Regelung für die Vertretung des Leiters der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe. Vor der Bestellung des Stellvertreters ist ein – unverbindlicher – Vorschlag des Leiters der Bundespersonalstelle einzuholen.

Abs. 5 des Entwurfs enthält die erforderlichen Klarstellungen für die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der Organe der gesetzlichen Personalvertretung gegenüber der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe.

III. Zu § 26b BewHG:

§ 26b des Entwurfs räumt öffentlich-rechtlichen Bediensteten, die einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung zur Verfügung gestellt sind, ein Optionsrecht für die Aufnahme in ein Angestelltenverhältnis zur betreffenden Vereinigung ein. Ähnliche Regelungen finden sich in den bisherigen Gesetzen über die Ausgliederung hoheitlicher Aufgaben zu privaten Rechtsträgern (siehe bereits den Allgemeinen Teil der Erläuterungen).

IV. Zu § 26c BewHG:

Auf die Erläuterungen zu § 26 des Entwurfs wird verwiesen.

V. Zu § 26d BewHG:

Durch § 26d des Entwurfes werden reisegebührenrechtliche Klarstellungen getroffen.

VI. Zu § 26e BewHG:

Da einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten privaten Vereinigung keine Beamten mehr neu zur Verfügung gestellt werden können (siehe § 26 Abs. 2 des Entwurfs), wird die Zahl der im ausgegliederten Bereich der Bewährungshilfe verwendeten Beamten infolge von Pensionsabgängen und auf Grund von Übertritten zu einem privaten Rechtsträger langfristig sinken. § 26e des Entwurfes regelt die Auflösung der Bundespersonalstelle für Bewährungshilfe (§ 26a) für den Fall des Absinkens der „verbleibenden“ Beamten unter eine für die Aufrechterhaltung einer Dienstbehörde nicht mehr vertretbare Zahl. Ab diesem Zeitpunkt sind die der Bundespersonalstelle übertragenen Aufgaben vom Bundesministerium für Justiz wahrzunehmen.

VI. Zu § 26f BewHG:

§ 26f des Entwurfes ist im Zusammenhang mit § 26 zu sehen, der davon ausgeht, daß nur mehr      öffentlich-rechtliche Bedienstete bei einer privaten Vereinigung verwendet werden können. § 26f enthält die erforderliche Übergangsbestimmung für Vertragsbedienstete des Bundes, die einer mit der Führung der Bewährungshilfe betrauten Vereinigung zur Verfügung gestellt sind. Durch die Regelung soll auch vermieden werden, daß hinsichtlich der bei einer privaten Vereinigung verwendeten Bundesbediensteten neben dem Dienstrecht der öffentlich-rechtlichen Bediensteten auch noch das Dienstrecht der Vertragsbediensteten zu administrieren ist.

Zu Art. IV Z 11 (§ 27 BewHG):

Nach dem vorgeschlagenen § 24 Abs. 1 hat der zwischen dem Bundesminister für Justiz und der privaten Vereinigung abzuschließende Vertrag über die Führung der Bewährungshilfe unter anderem nähere Regelungen über die Kontrolle und Aufsicht über die Vereinigung durch den Bundesminister für Justiz, die Gebarung und das Berichtswesen der Vereinigung sowie über das vom Bundesminister für Justiz an die Vereinigung zu leistende Entgelt zu enthalten. Die bisherigen Abs. 1 und 2 erscheinen daher – auch im Hinblick auf den Entfall des bisherigen § 25 – entbehrlich. Eine Verpflichtung der Vereinigung zur Angleichung ihrer Gebarung an die Grundsätze einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung durch das Bundesministerium für Justiz (Abs. 2) wird daher in Zukunft Gegenstand der vertraglichen Regelung sein.

Die Regelung des bisherigen Abs. 3 wurde aus systematischen Gründen in den § 26 Abs. 1 Z 3 aufgenommen.

Der angestrebten privatrechtlichen Struktur der Bewährungshilfe würde es nicht entsprechen, die bisher im Abs. 4 vorgesehene (fachliche) Weisungsbefugnis des Bundesministers für Justiz gegenüber den bei einer privaten Vereinigung tätigen Beamten aufrechtzuerhalten. Die weiterhin bestehende Verpflichtung der privaten Vereinigung zu einer den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Führung der Bewährungshilfe nach einheitlichen Gesichtspunkten (§ 24 Abs. 3) soll künftig ausschließlich im Wege der Vertragsgestaltung durchzusetzen sein. Abs. 4 hat daher ebenfalls zu entfallen.

Zu Art. V (Änderungen des Tilgungsgesetzes):

Zu Art. V Z 1 (§ 4 Tilgungsgesetz 1972):

Es hat sich gezeigt, daß die beiden ersten Sätze des § 4 Abs. 3 TilgG seit ihrem Inkrafttreten immer wieder dahin mißverstanden wurden, daß sogenannte Bagatellverurteilungen gleichsam ein tilgungsrechtliches Eigenleben führten und ohne Rücksicht darauf getilgt werden müßten, ob ihre Tilgungsfrist mit der einer anderen Verurteilung kollidiert oder nicht. Da dieses Mißverständnis nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, daß diese Auslegung auf die Fälle einer Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs. 1 StGB tatsächlich zutrifft, wird aus systematischen Gründen vorgeschlagen, diese Fälle in einem eigenen Absatz zusammenzufassen (Abs. 4 des Entwurfes). Damit wird die Grundregel für den Eintritt der Tilgung bei mehreren Verurteilungen im Abs. 1 hervorgehoben, der die Bestimmung der Tilgungsfrist im Abs. 2 in der bisherigen Fassung folgt. In den Abs. 3 und 4 werden sodann die Ausnahmebestimmungen betreffend die sogenannten Bagatellverurteilungen und die Anordnungen der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB angeordnet.

Durch die Neufassung des Abs. 3 soll eindeutig festgelegt werden, daß Abs. 1 auch auf Bagatellverurteilungen anzuwenden ist. Ist daher eine solche Verurteilung als letzte rechtskräftig geworden, so ist ihre Einzelfrist für die Tilgung aller übrigen Verurteilungen maßgeblich, sofern deren nach Abs. 2 bestimmte Tilgungsfrist früher enden würde.

Zu Art. V Z 2 (§ 6 Tilgungsgesetz 1972):

Auf Grund der derzeitigen Gesetzeslage sind für Finanzstrafbehörden für Zwecke eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens Auskünfte aus dem Strafregister zufolge der Auskunftsbeschränkungen des § 6 TilgG nur eingeschränkt möglich. Die Kenntnis aller gerichtlichen Verurteilungen wegen Finanzvergehen ist jedoch für die Finanzstrafbehörden aus mehrfachen Gründen unerläßlich: So ist die Tatsache einer gerichtlichen Verurteilung wegen eines Finanzvergehens in gleicher Weise für die Anordnung der wechselseitigen Berücksichtigung von Strafaussprüchen zwecks Zusatzbestrafung seitens der Gerichte und der Finanzstrafbehörden nach § 21 Abs. 4 FinStrG wie für die allgemeine Strafbemessung nach § 23 Abs. 2 FinStrG in Verbindung mit § 33 Z 1 und Z 2 StGB von Bedeutung. Weiters kann die Berechnung der Verjährung der Strafbarkeit und der Vollstreckbarkeit (§ 31 und 32 FinStrG) nur dann verläßlich erfolgen, wenn die Finanzstrafbehörde auch von Verurteilungen wegen Finanzvergehen Kenntnis erlangt, die der beschränkten Auskunft unterliegen würden. Desgleichen setzt die Anwendung der Bestimmungen über die Strafschärfung bei Rückfall (§§ 41 und 47 FinStrG) voraus, daß die Finanzstrafbehörden uneingeschränkt Kenntnis von sämtlichen gerichtlichen Verurteilungen wegen Finanzvergehen erhalten.

Aus diesen Gründen soll daher in § 6 Abs. 1 TilgG eine Ermächtigung zur unbeschränkten Erteilung von Strafregisterauskünften an die Finanzstrafbehörden aufgenommen werden. Damit wird auch die Ungleichbehandlung beseitigt, daß in gerichtlichen Verfahren auch verwaltungsbehördliche Finanzstraferkenntnisse berücksichtigt werden können, umgekehrt jedoch in einem verwaltungsbehördlichen Finanzstraferkenntnis lediglich auf Vorverurteilungen aus diesem Bereich zurückgegriffen werden darf. Eine andere Lösung bietet sich nicht an, da es der programmtechnische Aufbau des Strafregisters nicht erlaubt, Strafregisterauskünfte ausschließlich im Hinblick auf Finanzvergehen zu erteilen. Eine entsprechende programmtechnische Änderung des Strafregisters und eine damit notwendige Rückerfassung aller bisher gespeicherten Delikte würde einen unvertretbar hohen finanziellen und personellen Aufwand erfordern. Nicht übersehen wird jedoch, daß den Finanzstrafbehörden auf diesem Weg auch Verurteilungen bekanntgegeben, die – für sich genommen – der beschränkten Auskunft nach § 6 TilgG unterliegen würden. Dabei wird davon ausgegangen, daß Delikte nach dem „gemeinen“ Strafrecht (etwa Vermögensdelikte), die der beschränkten Auskunft unterliegen, im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens nicht als – auf der gleichen schädlichen Neigung beruhend – erschwerend gewertet werden.

Zu Art. V Z 3 (§ 7 Tilgungsgesetz 1972):

Nach § 2 Abs. 1 Z 2 StRegG sind in das Strafregister (auch) alle rechtskräftigen Verurteilungen österreichischer Staatsbürger und solcher Personen, die in Österreich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, durch ausländische Strafgerichte einzutragen, sofern die Verurteilung den Erfordernissen des § 2 Abs. 3 StRegG entspricht, nämlich wenn die Verurteilung wegen einer nach österreichischem Recht von den Gerichten abzuurteilenden Handlung erfolgt ist und das Verfahren den Grundsätzen des Artikels 6 MRK entsprochen hat.

Nach Schätzungen des Strafregisteramtes Wien sind derzeit rund 45 000 ausländische Verurteilungen in das österreichische Strafregister eingetragen. Bei rund 38 000 dieser Verurteilungen fehlt das Vollzugsdatum. Da das ADV-Programm des Strafregisters so erstellt wurde, daß automatisierte tilgungsrechtliche Manipulationen ohne Eintragung eines Vollzugsdatums unmöglich sind, müßten die ausländischen Justizzentralstellen vom Bundesministerium für Justiz rund 38 000mal befaßt werden, um das österreichische Strafregister diesbezüglich zu ergänzen. Solche Rechtshilfeersuchen sind jedoch in der Vergangenheit bei ausländischen Justizbehörden auf Unverständnis gestoßen, da sich eine Vielzahl europäischer Strafregister (etwa Italien) nicht am Grundsatz des Vollzugsdatums orientieren.

Da daher diese Lösung aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht vertretbar erscheint und in der überwiegenden Zahl der Fälle zu keinem brauchbaren Ergebnis führen würde, wird eine Regelung in Anlehnung an die Übergangsbestimmung des § 8 Abs. 2 TilgG vorgeschlagen, um sicherzustellen, daß jeder ausländischen Verurteilung ein Vollzugsdatum zugeordnet werden kann. Durch diese Regelung können sowohl die (händische) Rückerfassung als auch die Errechnung und Einspeicherung des Vollzugsdatums für neu einlangende Mitteilungen über ausländische Verurteilungen vorgenommen werden, ohne daß dadurch ein Eingriff in die bestehenden Strafregister- und Tilgungsprogramme erforderlich wäre.

Das bisher im zweiten Satz des § 7 festgelegte Günstigkeitsprinzip soll jedoch beibehalten werden.

Zu Art. VI (Änderung des Strafregistergesetzes 1968):

In der Praxis ist zu beobachten, daß die vom Strafregisteramt gemäß § 12 Abs. 1 StRegG an die Urteilsgerichte versendeten Tilgungsverständigungen in höchst unterschiedlicher Weise bearbeitet werden und daß § 12 Abs. 2 StRegG kaum mehr angewendet wird. Nach dem System des Tilgungs- und Strafregisterrechtes kämen dieser Gesetzesstelle zwei Aufgaben zu:

        1.   Das erkennende Gericht soll in die Lage versetzt werden, den gesetzesgemäßen Vollzug der Tilgung der Verurteilung durch das Strafregisteramt zu prüfen. Bei mehreren Verurteilungen ist das Gericht dazu jedoch nur in der Lage, wenn es sich mit umfänglichen und zeitraubenden Ermittlungen über den Vollzug aller Verurteilungen des betroffenen Rechtsbrechers befaßt.

        2.   Die Ersichtlichmachung gemäß § 12 Abs. 2 StRegG soll den Verurteilten davor schützen, daß der erfolgte Eintritt der Tilgung der Verurteilung von späteren Verwendern des Urteilsaktes über­sehen und er somit als Vorbestrafter behandelt wird. In dieser Beziehung ist diese Vorschrift jedoch angesichts der derzeitigen Praxis durchaus überflüssig. Die Organe der Strafrechtspflege informieren sich praktisch ausschließlich auf Grund von Strafregisterauskünften über das Vorleben des Beschuldigten und gehen Indizien in den Akten hinsichtlich Vorverurteilungen (die nicht unmittelbar aus dem Strafregister ersichtlich sind) nur in seltenen Ausnahmsfällen nach. Die Rechtsanwender in erster Instanz gehen offensichtlich von der Auffassung aus, daß in aktuellen Strafregisterauskünften nicht (mehr) dokumentierte Verurteilungen der gesetzlichen Tilgung unter­liegen.

Es wird daher vorgeschlagen, die weitgehend überflüssig gewordene und ihren Zielsetzungen nicht mehr gerecht werdende Vorschrift des § 12 StRegG ersatzlos aufzuheben.

Zu Art. VII (Änderungen des Suchtgiftgesetzes):

Zu Art. VII Z 1 bis 4 (§§ 12 Abs. 5, 13, 16 Abs. 3, 16a SGG):

1. Bei den meisten Delikten, die der Täter mit dem Ziel einer Bereicherung begeht, zeitigt das Fehlen einer allgemeinen Abschöpfungsbestimmung keine kriminalpolitisch unvertretbaren Ergebnisse, weil im Regelfall der Geschädigte mit den Mitteln des Zivilrechts auf die Bereicherung greifen kann. Dagegen kann die durch Suchtgiftdelikte erlangte Bereicherung nur vom Staat abgeschöpft werden, weil hier der Täter im Einverständnis mit dem Opfer handelt. Das geltende Suchtgiftgesetz kennt mehrere Rechts­institute, die diesen Abschöpfungszweck erfüllen: einerseits den Verfall des Erlöses und die Wertersatzstrafe (§ 13 Abs. 2), die zur Einziehung des Suchtgiftes subsidiär sind; andererseits eine „nutzenorientierte Geldstrafe“ (§§ 12 Abs. 5, 16 Abs. 3). Das Verhältnis dieser Rechtsinstitute zueinander ist nicht klar; überdies ist eine vorläufige Sicherstellung nach § 144a StPO nicht möglich (vgl. FUCHS, Gewinnabschöpfung und Geldwäscherei, ÖJZ 1990, 544, 545).

Der Entwurf schlägt vor, den Erlösverfall, die Wertersatzstrafe und die „nutzenorientierte Geldstrafe“ entfallen zu lassen, weil ihre Funktion im wesentlichen durch die neugeordneten vermögensrechtlichen Anordnungen im Allgemeinen Teil des StGB übernommen wird und diese überdies einer vorläufigen Sicherstellung zugänglich sind. Soweit die Geldstrafe nach § 12 Abs. 5 auch über die tatsächlich eingetretene Bereicherung hinausgehen kann (sie soll „den Nutzen übersteigen“ und kann sich auch am Nutzen orientieren, der erzielt werden sollte), begegnet sie einerseits rechtsstaatlichen Bedenken (mangelnde Bestimmtheit) und übernimmt andererseits eine Tadelsfunktion, die durch die Strafdrohungen der §§ 12 Abs. 1 bis 4 und 16 Abs. 2 Z 2 ohnedies hinreichend gewährleistet ist.

2. Dagegen kommt der Einziehung von Suchtgift, das Gegenstand einer nach dem Suchtgiftgesetz strafbaren Handlung war, weiterhin gesonderte kriminalpolitische Bedeutung zu: Grund für die Einziehung ist auch hier die besondere Beschaffenheit des Gegenstandes und die daraus resultierende Gefahr, daß weitere Straftaten begangen werden. Die – nach ihrem Wortlaut auf strafbare Handlungen nach § 12 SGG beschränkte – Bestimmung des § 13 Abs. 1 soll durch einen neuen § 16a ersetzt werden, der nun ausdrücklich eine Einziehung nach allen in Betracht kommenden Straftaten vorsieht. Der Verweis auf § 26 StGB stellt klar, daß die in dessen Abs. 2 und 3 enthaltenen Bestimmungen (weiterhin) zur Anwendung kommen können.

3. Schließlich ist der kriminalpolitische Zweck des im § 13 Abs. 3 vorgesehenen Verfalls von Fahrzeugen unklar; überdies ist die Bestimmung aus dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes bedenklich, weil sie einerseits andere Verkehrsmittel als Fahrzeuge und überhaupt Behältnisse, die keine Verkehrsmittel sind, nicht erfaßt, andererseits innerhalb der Fahrzeuge jene ausschließt, die „einer öffentlich-rechtlichen Unternehmung gehören“. Sachgerecht erscheint es dagegen, neben der Strafe und neben der Abschöpfung der Bereicherung eine Einziehung von Behältnissen und Transportmitteln vorzusehen, die mit besonderen Vorrichtungen versehen sind, die den Suchtgifttransport erleichtern (vgl. § 17 Abs. 2 lit. b FinStrG). Dazu ist die – entsprechend verfeinerte (Art. I Z 4) – allgemeine Bestimmung des § 26 StGB ausreichend.

Zu Art. VII Z 5 (§ 23a SGG):

Die Bestimmung ist an die Neuregelung der nachträglichen Strafmilderung (Art I Z 5 – § 31a StGB) und des Verfahrens (Art. II Z 33 – § 410 StPO) anzupassen.

Zu Art. VIII (Änderungen des Lebensmittelgesetzes):

Zu Art. VIII Z 1 bis 3 (§§ 68, 69, 70 LMG):

Die vorgeschlagenen Änderungen beschränken sich auf eine technische Anpassung der im Lebensmittelgesetz vorgesehenen Sanktionen. Die bisher vom Verfall (§ 68 LMG) erfüllte Aufgabe der Abschöpfung unrechtmäßiger Bereicherung wird von § 20 StGB zur Gänze übernommen; § 68 LMG ist daher überflüssig geworden. Die §§ 69 und 70 sind anzupassen.

Die Haftung des Betriebsinhabers nach § 69 LMG soll sich daher (wie bisher auf den Verfall) auch auf nach § 20 StGB abgeschöpfte Geldbeträge erstrecken. Allerdings unterscheidet sich der bisher im § 68 LMG vorgesehene Verfall von der Abschöpfung der Bereicherung dadurch, daß letztere nur gegen den Bereicherten selbst ergehen kann, während der Verfall gegen den Täter auch ausgesprochen werden kann, wenn dieser nicht selbst, sondern einen Dritten bereichert hat. Hat daher ein Angestellter ein Vergehen nach dem LMG begangen und ist dadurch der Betriebsinhaber bereichert, so kann eine Abschöpfung nach § 20 StGB nicht gegen den Täter, sondern nur gegen den Betriebsinhaber ausgesprochen werden. Die im § 69 LMG vorgeschlagene Haftung des Betriebsinhabers für die Abschöpfung kann daher nur in dem Fall zum Tragen kommen, daß sich der Angestellte selbst bereichert hat.

Zu Art. VIII Z 4 (§ 71 LMG):

Das Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981, enthält keine dem § 30 des Pressegesetzes entsprechende Bestimmung mehr. § 71 ist daher seit dem Inkrafttreten des Mediengesetzes zum 1. Jänner 1982 gegenstandslos und soll daher im Sinne der Rechtsbereinigung entfallen.

Zu Art. IX (Änderungen des Sicherheitskontrollgesetzes 1991):

Da durch den vorgeschlagenen § 177b StGB jeder konsenslose bzw. -widrige „Umgang“ mit Kernmaterial oder radioaktiven Stoffen, insbesondere die Umgehung des Sicherheitskontrollsystems bzw. der Exportkontrolle, erfaßt wird, kann der gerichtliche Straftatbestand des § 17 des Sicherheitskontrollgesetzes 1991 auch formell derogiert werden, zumal dieser auf Grund der Subsidiaritätsklausel ohnehin nicht mehr zur Anwendung kommen könnte.

Zu Art. X (Amtshilfe der Sozialversicherungsträger für die Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege):

1. Die Sicherheitsbehörden und ihre Organe stehen im Rahmen ihrer Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege – unabhängig davon, ob sie aus eigenem (§ 24 StPO) oder im Auftrag der staatsanwaltschaftlichen Behörden oder der Strafgerichte (§§ 36, 88 oder 26 StPO) einschreiten – häufig vor der Notwendigkeit, Auskunft über Daten verlangen zu müssen, die den Sozialversicherungsträgern zur Verfügung stehen. Hiebei handelt es sich durchwegs um wenig sensible personenbezogene Daten, die jedoch als Ansatzpunkte für dringende Ermittlungen benötigt werden. Im einzelnen geht es um Auskunft darüber,

         –   ob der Betreffende selbständig oder unselbständig erwerbstätig ist oder war,

         –   wo er während der Ausübung seiner Berufstätigkeit angetroffen werden kann, und

         –   für den Fall, daß er Dienstgeber ist, wieviele und welche Dienstnehmer er beschäftigt.

Nach geltendem Recht wären die Sozialversicherungsträger unter den Gesichtspunkten des Datenschutzes durchaus berechtigt, solche Auskünfte zu erteilen, da es dann, wenn diese Daten im Rahmen der Tätigkeit der Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege benötigt werden, evident ist, daß sie für den Empfänger eine zur Wahrnehmung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben wesentliche Voraussetzung bilden (§ 7 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes). Allerdings schafft die datenschutzrechtliche Zulässigkeit noch keine Auskunftsverpflichtung, die jedoch im Hinblick auf eine gesetzmäßige und wirtschaftliche Verwaltung erforderlich ist.


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2. Eine solche Auskunftsverpflichtung soll mit der im Art. IX vorgeschlagenen Regelung geschaffen werden. Sie orientiert sich an § 26 StPO und § 89h des Gerichtsorganisationsgesetzes (Art. VIII des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 294/1990), aber auch an Art. VII der Zivilverfahrens-Novelle 1986, BGBl. Nr. 71. Danach sollen die Sicherheitsbehörden entweder selbst oder im Wege der für sie Exekutivdienst versehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Bundespolizei, Bundesgendarmerie, Gemeindewachkörper) zur Einholung der Auskunft auf schriftlichem oder mündlichem Wege ermächtigt sein. Sofern die Möglichkeit besteht, ein Ersuchen unter Anwendung der automationsunterstützten Datenverarbeitung zu stellen, soll hievon Gebrauch zu machen sein (§ 1 Abs. 3).

Ansprechpartner für das Ersuchen sind der jeweils zuständige Sozialversicherungsträger oder der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Sie erteilen Auskunft aus den bei ihnen gespeicherten aktuellen Daten und sind nicht etwa zur Vornahme umfangreicher Programmschritte im Rahmen ihrer Datenverarbeitung oder gar zu Erhebungen verpflichtet. Die Auskunft ist ihrem Umfang nach im wesentlichen auf „Identitätsdaten“ beschränkt.

Ähnlich wie nach der entsprechenden Regelung der Zivilverfahrens-Novelle 1986 soll auch für die Auskunft an Sicherheitsbehörden im Dienste der Strafrechtspflege ein pauschalierter Kostenersatz geleistet werden, der von den beteiligten Bundesministern einvernehmlich – jedoch nach Anhörung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger – festzusetzen ist (§ 2).