68 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über den Antrag 7/A der Abgeordneten Grabner und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird


Die Abgeordneten Grabner und Genossen haben am 15. Jänner 1996 den gegenständlichen Initiativ­antrag eingebracht und wie folgt begründet:

,,Um den Gemeinden eine verstärkte Mitwirkung bei der Erteilung von Gewinnungsbewilligungen zu ermöglichen, soll ihnen in den ihnen im eigenen Wirkungsbereich zur Vollziehung zukommenden Angelegenheiten die Stellung einer Formalpartei eingeräumt werden. Im vorliegenden Zusammenhang kommen hiefür die den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zur Vollziehung zukommenden Angegenheiten der Gesundheitspoliziei, des Umweltschutzes und der Raumplanung in Betracht.

Dementsprechend würde sich die Formalparteistellung der Länder auf den Gebieten der Raumordnung und des Umweltschutzes bei Erteilung von Gewinnungsbewilligungen auf die Angelegenheiten zu beschränken haben, die nicht in den örtlichen Wirkungsbereich der Gemeinden fallen, dh. auf die überörtliche Raumplanung und den allgemeinen Umweltschutz. Bewirkt werden soll die Formalparteistellung der Gemeinden durch eine Neufassung des § 98 Abs. 2 und eine Ergänzung des § 100 Abs. 3 des Berggesetzes 1975. Entsprechend wäre auch der § 260 des Berggesetzes 1975 im Hinblick auf Art. 118 Abs. 2 letzter Satz B-VG zu fassen.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der Novelle stützt sich grundsätzlich auf den Kompetenztatbestand ,Bergwesen‘ des Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG.

Die Novelle wird voraussichtlich keine Erhöhung des Sachaufwandes zur Folge haben und auch keine Vermehrung des Personalstandes erfordern.

Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es keine den Gegenstand der Novelle betreffende spezifische EG- bzw. EU-Rechtsvorschriften. Die in der Novelle vorgesehenen Regelungen sind demnach als EU-konform anzusehen.“

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Ing. Monika Langthaler, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dr. Volker Kier, Arnold Grabner, Mag. Dr. Maria Fekter, Ingrid Tichy-Schreder, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Jakob Auer und Peter Rosenstingl sowie der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz.

Die Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Genossen brachten einen Abänderungsantrag ein, der eine formale Richtigstellung enthielt.

Der Abgeordnete Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn stellte den Antrag, einen Unterausschuß 3:3:2:1:1 einzusetzen, der keine Mehrheit erhielt.

Weiters brachten die Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen drei Entschließungsanträge ein.

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 7/A in der Fassung des Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.


Die Entschließungsanträge der Abgeordneten Dipl.-Ing. Prinzhorn und Genossen fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 03 07

                            Helmut Dietachmayr                                                      Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                           Obfrau

Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Das Berggesetz 1975, BGBl. Nr. 259, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, wird wie folgt geändert:

1. § 98 Abs. 2 lautet:

,,(2) Als Partei ist auch das Land, in dessen Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, anzusehen, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihm zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten des Naturschutzes, der Raumordnung, des Fremdenverkehrs oder des Umweltschutzes berührt werden, weiters die Gemeinde, in deren Gebiet das begehrte Abbaufeld gelegen ist, soweit durch die Erteilung der Gewinnungsbewilligung ihr im eigenen Wirkungsbereich zur Vollziehung zukommende Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes oder der Raumplanung berührt werden.

Hiedurch wird eine allfällige Parteistellung des Landes oder der Gemeinde als Träger von Privatrechten (Abs. 1) nicht beeinträchtigt.“

2. Dem § 100 Abs. 3 werden folgende Sätze angefügt:

,,Als Partei ist auch die Gemeinde, auf deren Gebiet der Aufschluß oder Abbau beabsichtigt ist, anzusehen, soweit hiedurch ihr im eigenen Wirkungsbereich zukommende Angelegenheiten der Gesundheitspolizei, des Umweltschutzes oder der Raumplanung berührt werden. Davon wird eine allfällige Parteistellung der Gemeinde als Träger von Privatrechten nicht beeinträchtigt.“

3. § 260 samt Überschrift lautet:

,,Eigener Wirkungsbereich der Gemeinden

§ 260. Die Gemeinden haben die ihnen in den §§ 13, 26, 40, 47, 67, 79, 85, 92, 98, 100, 111, 117, 132, 143, 146, 172 und 203 eingeräumten Rechte im eigenen Wirkungsbereich wahrzunehmen.“

Artikel II

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 1996 in Kraft.

Abweichende persönliche Stellungnahme
der Abgeordneten Langthaler

(gemäß § 42 Abs. 5 GOG)

zum Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag der Abgeordneten Grabner, Parnigoni, Dr. Keppelmüller und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berggesetz 1975 geändert wird (Nr. 7/A)

1. Diese Novelle ist ein Placebo.

2. Der Ausschuß beschließt die Novelle ohne Beachtung der am 6. März 1996 veröffentlichten Studie zur Harmonisierung der Rohstoffvorsorge. Grüner Vorschlag auf Einsetzung eines Unterausschusses zur Anhörung der Experten wird abgelehnt.

3. Regierungsfraktionen und Liberales Forum lehnen den grünen Entschließungsantrag zur Gesamt­reform ab.

Aus diesen Gründen mußten die Grünen dem Antrag Nr. 7/A ihre Zustimmung verweigern.

Ad 1:

Die gegenständliche Novellierung des Berggesetzes gibt der Gemeinde und dem Land, in dessen Gebiet ein Rohstoffvorkommen liegt, die Parteistellung im Verfahren zur Gewinnungsbewilligung nach § 98 und zur Genehmigung der Abbaupläne nach § 100 Berggesetz. Die Grünen können dieser Novellierung nicht zustimmen, weil sie bei weitem keine adäquate Reaktion des Gesetzgebers auf die Interessenskonflikte rund um Schotterabbauvorhaben darstellt, sondern vielmehr ein reines Placebo ist, dessen Unwirksamkeit sich bald herausstellen wird. Damit werden die Länder und Gemeinden nicht in die Rechtsposition gesetzt, in der sie sich vor der Berggesetznovelle 1990 befanden, weil das Berggesetz ja nach wie vor die Raumplanungshoheit des Landes und der Gemeinden verdrängt. Die Interessen der Gemeinde und des Landes sind nun zwar von der Bergbehörde anzuhören und kann gegen ein formales Übergehen Berufung und Beschwerde eingebracht werden, jedoch liegt die Entscheidungsgewalt nach wie vor allein bei der Bergbehörde. Statt einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Rohstoffressourcen ist damit weiterhin Raubbau möglich.

Ad 2:

Der Vorschlag der Grünen im Wirtschaftsausschuß, aus Anlaß der Fertigstellung der von acht Bundesländern, dem BKA und dem Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studie zur Harmonisierung der Rohstoffvorsorge einen Unterausschuß zur Behandlung der Anträge von SPÖ und den Grünen einzurichten und die Autor/inn/en der Studie wie zB Univ.-Prof. Dr. Heinz-Peter Rill und Univ.-Ass. Dr. Verena Madner von der Wirtschaftsuniversität Wien (verfassungsrechtliches Gutachten) und Dr. Letouzè von der Geologischen Bundesanstalt (Koordination des Projektes Harmonisierungsmodell) sowie Vertreter/innen der Länder und Gemeinden anzuhören, wurden von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Dies ist angesichts der Brisanz der Studienergebnisse völlig unverständlich. Hier kurz ein Auszug aus der zweiseitigen Zusammenfassung:

,,Soweit die Mineralrohstoff-Versorgungssicherung im Anwendungsbereich des Berggesetzes erfolgt, ist folgendes hervorzuheben:

         –   das Rechtsgutachten qualifiziert die Einbeziehung der Massenrohstoffe unter § 5 des BergG (BergGNov. 1990) als kompetenzwidrig und konstatiert eine ungenügende Beachtung des Rücksichtnahmegebotes durch den Berggesetzgeber.


         –   das Berggesetz ist sektoralistisch ausgerichtet und nicht planungsorientiert. Es stellt daher keine geeignete Basis für die Entwicklung einer ganzheitlichen und konzeptiven Mineralrohstoff-Vorsorge dar und läuft insbesondere den Interessen der Landesraumordnung zuwider.“

Ad 3:

Beide Regierungsfraktionen und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten beteuerten, daß auch aus ihrer Sicht diese Novelle nur ein erster kleiner Schritt darstelle und eine umfassende Reform des Bergrechts ausstehe. Gleichwohl blieb der Antrag der Grünen, der diese Gesamtreform zum Ziel hat, in der Minderheit. Er lautet wie folgt:

,,1. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, kurzfristig einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Berggesetzes mit folgenden Zielen ausarbeiten zu lassen und im Wege des Ministerrates dem Parlament bis zum 15. Mai 1996 vorzulegen:

1.1. Reform des Betriebsanlagenrechts zum Schutz der Umwelt und der Nachbarn

         a)  Erweiterung des Anlagenbegriffs in § 146,

         b)  Verbesserung der Kontrollinstrumente gegenüber Betriebsanlagen und Erhöhung der Mitspracherechte,

         c)  Verschärfung der Umweltstandards für Altanlagen, insbesondere Einführung des Stands des Technik-Gebots zur Reinhaltung der Luft,

         d)  Parteistellung für die Nachbarn und die Standortgemeinden von Bergbauanlagen bei Erteilung der Gewinnungsbewilligung nach § 94.

1.2. Nachhaltige Rohstoffbewirtschaftung, insbesondere der Massenrohstoffe

         a)  Rücknahme der Berggesetznovelle 1990, insbesondere der Ausweitung des Geltungsbereichs des Berggesetzes auf Massenrohstoffe in § 5 (Überführung in das Gewerberecht) und Wiedereinführung der Standortvoraussetzungsregel in § 77 Abs. 1 GewO,

               in eventu

         b)  Verpflichtung des Ministeriums zur Erarbeitung und Erlassung eines österreichweiten verbindlichen Mineralrohstoffkonzepts

               –   unter Einbeziehung der Länder, Gemeinden und Bürger/innen und

               –   Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung

mit konkreten Standortausweisungen im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Ressourcen im Rahmen des Berggesetzes.

2. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird insbesondere in Hinblick auf ein einheitliches Umweltanlagenrecht ersucht, die Auflassung der Bergbehörden und Überführung der gesamten Bergbauangelegenheiten in die allgemeine Verwaltung (derzeit mittelbare Bundesverwaltung) zu prüfen und dem Nationalrat bis zum 30. September 1996 Bericht zu erstatten.“

Monika Langthaler