105 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 21. 5. 1996

Regierungsvorlage


ABKOMMEN

ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND ÜBER SOZIALE SICHERHEIT

Die Republik Österreich

und

1

die Bundesrepublik Deutschland

in dem Wunsch, unter Berücksichtigung des Artikels 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf dem Gebiet der Sozialen Sicherheit zwischen den beiden Staaten über die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 hinausgehend Personen zu schützen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder beider Staaten geschützt sind oder waren,

in der Absicht, ein neues Abkommen über Soziale Sicherheit zu schließen, das an die Stelle des Abkommens vom 22. Dezember 1966 in der Fassung des Ersten Zusatzabkommens vom 10. April 1969, des Zweiten Zusatzabkommens vom 29. März 1974 und des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980 treten soll,

sind wie folgt übereingekommen:

ABSCHNITT I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

(1) In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke

        1.   „Verordnung“

              die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der zwischen den beiden Vertragsstaaten jeweils geltenden Fassung;

        2.   „Durchführungsverordnung“

              die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der zwischen den beiden Vertragsstaaten jeweils geltenden Fassung.

(2) In diesem Abkommen haben andere Ausdrücke die Bedeutung, die ihnen nach der Verordnung und der Durchführungsverordnung beziehungsweise nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zukommt.

Artikel 2

(1) Dieses Abkommen gilt für die Rechtsvorschriften, die vom sachlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind, mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung.

(2) Sind außer den Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens auch die Voraussetzungen für die Anwendung eines anderen Abkommens erfüllt, so läßt der deutsche Träger bei Anwendung des Abkommens das andere Abkommen unberücksichtigt.

(3) Absatz 2 findet keine Anwendung, soweit die Rechtsvorschriften, die sich für einen Vertragsstaat aus zwischenstaatlichen Verträgen ergeben oder zu deren Ausführung dienen, Versicherungslastregelungen enthalten.

(4) Dieses Abkommen bezieht sich nicht auf das Erziehungsgeld nach den deutschen Rechtsvorschriften und das Karenzurlaubsgeld nach den österreichischen Rechtsvorschriften.

Artikel 3

(1) Dieses Abkommen gilt für Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind.

(2) Dieses Abkommen gilt ferner für Personen, die nicht vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind und

         a)  für die die Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten gelten oder galten oder

         b)  die Familienangehörige oder Hinterbliebene der unter Buchstabe a genannten Personen sind.

Artikel 4

(1) Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaats, die außerhalb des Gebiets eines Staats wohnen, für den die Verordnung gilt, stehen bei Anwendung der Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaats gleich.

(2) Absatz 1 berührt nicht die Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten betreffend die Versicherung von Personen, die bei einer amtlichen Vertretung eines der beiden Vertragsstaaten in einem anderen Staat als einem Staat, für den die Verordnung gilt, oder bei Mitgliedern einer solchen Vertretung beschäftigt sind.

(3) Für das Recht auf freiwillige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung gelten die Bestimmungen der Verordnung.

Artikel 5

(1) Für die in Artikel 3 Absatz 2 genannten Personen finden im Verhältnis zwischen beiden Vertragsstaaten die Verordnung, die Durchführungsverordnung und die zu ihrer Durchführung getroffenen Vereinbarungen entsprechend Anwendung, soweit in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Artikel 3 und 10 der Verordnung gelten in bezug auf die in Artikel 3 Absatz 2 genannten Personen nur für die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, für Flüchtlinge und Staatenlose sowie für die Familienangehörigen und Hinterbliebenen dieser Personen.

(3) Absatz 1 findet in bezug auf Familienleistungen nach Titel III Kapitel 7 der Verordnung nur auf Arbeitnehmer und Selbständige Anwendung.

(4) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Leistungen nach Titel III Kapitel 8 der Verordnung.

ABSCHNITT II

BESONDERE BESTIMMUNGEN

Artikel 6

Die Familienangehörigen eines Grenzgängers können Sachleistungen nach Artikel 20 der Verordnung auch im Gebiet des zuständigen Staats in derselben Weise wie der Grenzgänger erhalten.

Artikel 7

In jenen Fällen, in denen die Vertragsstaaten anstelle der nach den Artikeln 93 bis 96 der Durchführungsverordnung vorgesehenen Kostenerstattung eine Erstattung auf der Grundlage eines Pauschbetrags oder einen Verzicht auf eine Erstattung vereinbaren, können die zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten folgendes vereinbaren:

         a)  die Bezeichnung des Trägers des Wohnorts als zuständiger Träger;

         b)  Maßnahmen zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Belastung, die sich für einen Träger oder für eine Verbindungsstelle aus der Erstattung auf der Grundlage eines Pauschbetrags oder aus dem Verzicht auf eine Erstattung ergeben würde.

Artikel 8

2

Für die in Artikel 3 Absätze 1 und 2 genannten Personen, die außerhalb des Gebiets eines Staats wohnen, für den die Verordnung gilt, und für die in Artikel 3 Absatz 2 genannten Personen, die im Gebiet eines Staats wohnen, für den die Verordnung gilt, findet in bezug auf

         a)  Kinderzuschüsse zu Alters- und Invaliditätsrenten,

         b)  Waisenrenten mit Ausnahme von Waisenrenten aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten

               –  für den deutschen Träger

                    Titel III Kapitel 3 der Verordnung mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, daß die Berechnung der Waisenrenten allein nach den innerstaatlichen deutschen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung des Artikels 48 der Verordnung vorgenommen wird,

               –  für den österreichischen Träger

                    Titel III Kapitel 3 der Verordnung entsprechend Anwendung.

ABSCHNITT III

VERSCHIEDENE BESTIMMUNGEN

Artikel 9

Die Regierungen der Vertragsstaaten oder die zuständigen Behörden können die zur Durchführung des Abkommens notwendigen Verwaltungsmaßnahmen vereinbaren.

Artikel 10

(1) Die vollstreckbaren Entscheidungen der Gerichte sowie die vollstreckbaren Bescheide und Rückstandsausweise (Urkunden) der Träger oder der Behörden eines Vertragsstaats über Beiträge und sonstige Forderungen aus der sozialen Sicherheit werden im anderen Vertragsstaat anerkannt.

(2) Die Anerkennung darf nur versagt werden, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Vertragsstaats widerspricht, in dem die Entscheidung oder die Urkunde anerkannt werden soll.

(3) Die nach Absatz 1 anerkannten vollstreckbaren Entscheidungen und Urkunden werden im anderen Vertragsstaat vollstreckt. Das Vollstreckungsverfahren richtet sich nach den Rechtsvorschriften, die in dem Vertragsstaat, in dessen Gebiet vollstreckt werden soll, für die Vollstreckung der in diesem Vertragsstaat erlassenen entsprechenden Entscheidungen und Urkunden gelten. Die Ausfertigung der Entscheidung oder der Urkunde muß mit der Bestätigung ihrer Vollstreckbarkeit (Vollstreckungsklausel) versehen sein.

(4) Forderungen von Trägern im Gebiet eines Vertragsstaats aus Beitragsrückständen haben bei der Zwangsvollstreckung sowie im Konkursverfahren im Gebiet des anderen Vertragsstaats die gleichen Vorrechte wie entsprechende Forderungen im Gebiet dieses Vertragsstaats.

(5) Sonstige Forderungen im Sinne des Absatzes 1 sind auch die in Artikel 93 der Verordnung bezeichneten Ersatzansprüche.

Artikel 11

(1) Streitigkeiten zwischen den Vertragsstaaten über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden, soweit möglich, durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten beigelegt.

(2) Kann eine Streitigkeit auf diese Weise nicht innerhalb von drei Monaten beigelegt werden, so ist sie auf Verlangen eines Vertragsstaats einem Schiedsgericht zu unterbreiten, das wie folgt zu bilden ist:

         a)  Jeder Vertragsstaat bestellt binnen einem Monat ab dem Empfang des Verlangens einer schiedsgerichtlichen Entscheidung einen Schiedsrichter. Die beiden so nominierten Schiedsrichter wählen innerhalb von zwei Monaten, nachdem der Vertragsstaat, der seinen Schiedsrichter zuletzt bestellt hat, dies notifiziert hat, einen Staatsangehörigen eines Drittstaats als dritten Schiedsrichter.

         b)  Wenn ein Vertragsstaat innerhalb der festgesetzten Frist keinen Schiedsrichter bestellt hat, kann der andere Vertragsstaat den Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, oder für den Fall, daß dieser Staatsangehöriger eines der beiden Vertragsstaaten ist, den Vizepräsidenten oder nächsten dienstältesten Richter, der nicht die Staatsangehörigkeit eines der beiden Vertragsstaaten hat, ersuchen, einen solchen zu bestellen. Entsprechend ist über Aufforderung eines Vertragsstaats vorzugehen, wenn sich die beiden Schiedsrichter über die Wahl des dritten Schiedsrichters nicht einigen können.

(3) Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die beiden Vertragsstaaten bindend. Jeder Vertragsstaat trägt die Kosten des Schiedsrichters, den er bestellt. Die übrigen Kosten des Schiedsverfahrens werden von den Vertragsstaaten zu gleichen Teilen getragen. Das Schiedsgericht regelt sein Verfahren selbst.

ABSCHNITT IV

ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 12

Für die Feststellung und Neufeststellung von Leistungen nach diesem Abkommen gelten die Artikel 94 und 95 der Verordnung sowie die Artikel 118 und 119 der Durchführungsverordnung mit Inkrafttreten dieses Abkommens entsprechend.

Artikel 13

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Bonn ausgetauscht.

(2) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden.

(3) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jeder Vertragsstaat kann es unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich kündigen.

(4) Im Falle der Kündigung gelten die Bestimmungen dieses Abkommens für erworbene Ansprüche weiter.

Artikel 14

(1) Mit Inkrafttreten dieses Abkommens treten mit Ausnahme der in Absatz 2 aufgeführten Bestimmungen das Abkommen vom 22. Dezember 1966 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Soziale Sicherheit, das Erste Zusatzabkommen vom 10. April 1969, das Zweite Zusatzabkommen vom 29. März 1974 und das Dritte Zusatzabkommen vom 29. August 1980 außer Kraft.

(2) Die folgenden Bestimmungen bleiben weiterhin anwendbar:

         a)  Artikel 3 Buchstabe a des in Absatz 1 genannten Abkommens in bezug auf Leistungen an Hinterbliebene, die außerhalb des Gebiets eines Staats wohnen, für den die Verordnung gilt, und zwar in Fällen, in denen die Leistungen am Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens bereits erbracht werden oder erbracht werden könnten;

         b)  Artikel 4 Absatz 1 des in Absatz 1 genannten Abkommens in bezug auf die deutschen Rechtsvorschriften, nach denen Unfälle (Berufskrankheiten), die außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland eingetreten sind, sowie Zeiten, die außerhalb dieses Gebiets zurückgelegt werden, keinen Anspruch auf Leistungen begründen, beziehungsweise einen solchen Anspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen begründen, wenn die Berechtigten außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz haben, und zwar in Fällen, in denen:

                  i)   die Leistungen am Tag des Inkrafttretens der Verordnung im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten bereits erbracht werden oder erbracht werden könnten;

                 ii)   die betreffende Person vor Inkrafttreten der Verordnung im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Republik Österreich genommen hat und die Leistung aus der Renten- und Unfallversicherung innerhalb eines Jahrs ab Inkrafttreten der Verordnung im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten beginnt;

               dies gilt auch für Zeiten eines weiteren Rentenbezugs einschließlich einer Hinterbliebenenrente, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen;

         c)  Artikel 32 Absatz 2 des in Absatz 1 genannten Abkommens für nicht von der Verordnung erfaßte Personen, die bis zum Inkrafttreten des Abkommens Familienbeihilfe erhalten;

         d)  Ziffer 3 Buchstabe c des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen in Fällen, in denen Leistungen am Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens bereits erbracht werden oder erbracht werden könnten; dies gilt auch für Zeiten eines weiteren Rentenbezugs einschließlich einer Hinterbliebenenrente, wenn sich die Rentenbezugszeiten ununterbrochen aneinander anschließen;


         e)  Ziffer 3 Buchstabe d des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen;

          f)  Ziffer 3 Buchstabe e des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen für österreichische Staatsangehörige, die außerhalb des Gebiets eines Staats wohnen, für den die Verordnung gilt, wenn sie von dem Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung bereits vor dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten Gebrauch gemacht haben;

         g)  Ziffer 19 Buchstabe b des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen, wobei bei der Anwendung der Ziffer 3 Buchstabe c dieser Bestimmung der vom zuständigen Träger anzurechnende Betrag den Betrag nicht übersteigen darf, der auf die von ihm zu entschädigenden entsprechenden Zeiten entfällt;

         h)  Ziffer 20 Buchstabe a des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen;

          i)  Ziffer 21 des Schlußprotokolls zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen;

          j)  Artikel 2 des Ersten Zusatzabkommens vom 10. April 1969 zu dem in Absatz 1 genannten Abkommen.

(3) Mit Inkrafttreten dieses Abkommens treten die Vereinbarung vom 22. Dezember 1966 zur Durchführung des in Absatz 1 genannten Abkommens, die Erste Zusatzvereinbarung vom 10. April 1969, die Zweite Zusatzvereinbarung vom 29. März 1974 und die Dritte Zusatzvereinbarung vom 29. August 1980 außer Kraft.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten beider Vertragsstaaten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Wien, am 4. Oktober 1995 in zwei Urschriften.

Für die Republik Österreich:

Dr. Benita Ferrero-Waldner

Für die Bundesrepublik Deutschland:

Ursula Seiler-Albring

vorblatt

Problem:

Die Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland im Bereich der sozialen Sicherheit werden durch die diesbezüglich maßgebenden Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 geregelt. Allerdings bleibt für bestimmte Personengruppen, die von diesen EWG-Verordnungen nicht erfaßt werden, das geltende bilaterale Abkommen über Soziale Sicherheit zwischen beiden Staaten weiterhin anwendbar, was vor allem in administrativer aber auch in sozialpolitischer Hinsicht problematisch ist.

Ziel und Inhalt:

Durch das vorliegende Abkommen, das an die Stelle des geltenden bilateralen Abkommens tritt, werden Regelungen in Ergänzung zu den EWG-Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit entsprechend dem geltenden Abkommen vorgesehen und zur Rechtsvereinheitlichung für die von diesen EWG-Verordnungen nicht erfaßten Personengruppen anstelle der geltenden Abkommensregelungen die Regelungen der EWG-Verordnungen für entsprechend anwendbar erklärt.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Keine.

EG-Konformität:

Hinsichtlich der von den EWG-Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit nicht geregelten Detailbereiche bzw. der von diesen EWG-Verordnungen nicht erfaßten Personen stehen keine EG-Vorschriften in Kraft. Durch die entsprechende Anwendung der EWG-Verordnungen auf die bisher vom geltenden Abkommen erfaßten Personen wird auch für diesen Personenkreis eine EG-konforme Regelung erreicht.

Erläuterungen

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                                                                                                                05.09.2008/07:45:10


I. ALLGEMEINER TEIL

1. Allgemeine Überlegungen

Das vorliegende österreichisch-deutsche Abkommen über Soziale Sicherheit hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodaß eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Das vorliegende Abkommen ersetzt das derzeit in Kraft stehende österreichisch-deutsche Abkommen über Soziale Sicherheit vom 22. Dezember 1966, BGBl. Nr. 382/1969, in der Fassung des Ersten Zusatzabkommens vom 10. April 1969, BGBl. Nr. 382/1969, des Zweiten Zusatzabkommens vom 29. März 1974, BGBl. Nr. 280/1975, und des Dritten Zusatzabkommens vom 29. August 1980, BGBl. Nr. 299/1982, (im folgenden als „geltendes Abkommen“ bezeichnet).

2. Werdegang des Abkommens

Als Folge der Verhandlungen zur Vorbereitung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) bzw. der EU-Beitrittsverhandlungen ist Österreich bestrebt, insbesondere mit all jenen EG-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Staaten (im folgenden als „EG/EWR-Staaten“ bezeichnet), mit denen bisher im persönlichen Geltungsbereich uneingeschränkte Abkommen über Soziale Sicherheit in Kraft stehen, neue Abkommen unter Bedachtnahme auf das EG-Recht zu schließen. Die diesbezüglichen Besprechungen mit Deutschland wurden im Mai 1992 aufgenommen und konnten nunmehr abgeschlossen werden.

3. Das Abkommen im allgemeinen

Das geltende Abkommen erfaßt alle Personen (unabhängig von deren Staatsangehörigkeit), die den Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit eines oder beider Staaten unterliegen oder unterlagen. Mit dem Inkrafttreten des EG-Rechts für Österreich auf Grund des Inkrafttretens des EWR-Abkommens sind für die Beziehungen zwischen beiden Staaten im Bereich der sozialen Sicherheit seit 1. Jänner 1994 die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, sowie die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung dieser Verordnung maßgebend (ABl. Nr. L 149 vom 5. 7. 1971, S. 2 bzw. ABl. Nr. L 74 vom 27. 3. 1972, S. 1).

Nach Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 tritt diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereiches an die Stelle der zwischen den EG/EWR-Staaten geschlossenen bilateralen Abkommen. Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 2) umfaßt im wesentlichen nur die Staatsangehörigen der EG/EWR-Staaten sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene. Im persönlichen Geltungsbereich unbeschränkte Abkommen über Soziale Sicherheit, die zwischen zwei Staaten vor dem Inkrafttreten des EG-Rechts in Geltung standen, wie zB das geltende österreichisch-deutsche Abkommen, bleiben daher hinsichtlich der von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personengruppen (insbesondere Staatsangehörige eines Nicht-EG/EWR-Staates) weiterhin anwendbar. Im Hinblick auf Unterschiede zwischen dem „alten“ bilateralen Abkommensrecht und dem EG-Recht, die sich zum einen in Einzelfällen für die Betroffenen positiv oder negativ auswirken können, zum anderen aber zu einer kaum zu bewältigenden administrativen Belastung der mit der Anwendung betrauten Versicherungsträger führen, ist Österreich – wie die meisten anderen betroffenen europäischen Staaten – bemüht, durch den Abschluß neuer bilateraler Abkommen das EG-Recht im Bereich der sozialen Sicherheit insbesondere für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen entsprechend zur Anwendung zu bringen. Das vorliegende Abkommen hat daher primär eine Rechtsvereinheitlichung im Verhältnis zu Deutschland zum Ziel, übernimmt aber auch für die von der genannten Verordnung erfaßten Personen in Detailbereichen, hinsichtlich derer das EG-Recht einen Gestaltungsspielraum zuläßt, die erforderlichen Regelungen aus dem geltenden Abkommen.

Das vorliegende Abkommen berührt, wie auch schon die bisher von Österreich geschlossenen Abkommen über Soziale Sicherheit, in keiner Weise die aus dem Beschäftigungsverhältnis erwachsenden Rechte der Dienstnehmer (Bediensteten) gegenüber dem Dienstgeber nach § 130 ASVG (§ 58 B-KUVG).

Das Abkommen ist in vier Abschnitte gegliedert:

Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen, die im wesentlichen den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen und die entsprechende Anwendung des EG-Rechts im zweiseitigen Bereich auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personengruppen betreffen.

Abschnitt II sieht hinsichtlich der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit ergänzende Regelungen vor.

Abschnitt III enthält insbesondere Regelungen betreffend die Vollstreckungshilfe sowie die Beilegung von Streitigkeiten.

Abschnitt IV enthält Übergangs- und Schlußbestimmungen.

4. Finanzielle Auswirkungen

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des Abkommens ist zunächst darauf hinzuweisen, daß das Abkommen primär im Sinne einer Rechtsvereinheitlichung für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personengruppen anstelle der geltenden Abkommensregelungen die Regelungen der Verordnung anwendbar macht. Gegenüber der geltenden Rechtslage werden damit keine neuen Personengruppen oder Leistungsansprüche in die Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland einbezogen. Im Hinblick auf die im wesentlichen gleichen Grundsätze des geltenden Abkommens und der genannten Verordnung wird sich aus der Durchführung des neuen Abkommens keine Vermehrung des Personalaufwandes, aber auch kein finanzieller Mehraufwand (Beitrag des Bundes zu den einzelnen Zweigen der Pensionsversicherung) ergeben.

Im Hinblick auf die sich aus dem Abkommen ergebende Rechtsvereinheitlichung wird sich für die durchführenden Versicherungsträger eine administrative Vereinfachung durch die ausschließliche Anwendung des – wenn auch zum Teil komplexeren – Verwaltungsverfahrens nach der Verordnung ergeben.

II. BESONDERER TEIL

Zu Art. 1

Dieser Artikel enthält die erforderlichen Begriffsbestimmungen, insbesondere betreffend die beiden EWG‑Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 (Abs. 1).

Durch die Übernahme der in diesen beiden Verordnungen verwendeten Begriffe (Abs. 2) werden Interpretationsprobleme bei der Anwendung des vorliegenden Abkommens vermieden. Die bisher lediglich auf der Rechtssprache Deutschlands beruhende deutsche Textfassung der beiden Verordnungen hat zur Folge, daß in dem vorliegenden Abkommen von der österreichischen Rechtssprache abweichende Begriffe verwendet werden. So ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß zB „Pension“ oder „Pensionist“ im Rahmen des EG-Rechts als „Rente“ oder „Rentner“ bezeichnet werden.

Zu Art. 2

Dieser Artikel legt den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens fest, indem auf den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 4) verwiesen wird (Abs. 1). Im Hinblick darauf, daß derzeit der Bereich der Arbeitslosenversicherung durch ein eigenes Abkommen vom 19. Juli 1978, BGBl. Nr. 392/1979, geregelt wird, bezieht sich auch das vorliegende Abkommen nicht auf diesen Bereich. Hinsichtlich weiterer Einschränkungen betreffend einzelne Leistungen der sozialen Sicherheit siehe insbesondere Art. 2 Abs. 4 sowie Art. 5 Abs. 3 und 4 des vorliegenden Abkommens.

Entsprechend dem geltenden Abkommen (Z 2 lit. d des Schlußprotokolls zum Abkommen) wird unilateral für die deutsche Seite vorgesehen, daß die deutschen Träger mit einem anderen Staat geschlossene Abkommen über Soziale Sicherheit mit Ausnahme von darin enthaltenen Versicherungslastregelungen bei der Anwendung des vorliegenden Abkommens außer Betracht lassen (Abs. 2 und 3). Diese Regelung trägt dem deutschen Wunsch Rechnung, jeweils nur ein Abkommen anzuwenden und gegebenenfalls bei der Möglichkeit einer gleichzeitigen Anwendung mehrerer Abkommen jenes Abkommen zum Tragen zu bringen, nach dem die höchste (günstigste) Leistung gebührt. Auf österreichischer Seite werden – so wie bisher – die Bestimmungen verschiedener Abkommen gegebenenfalls (zB für die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten) nebeneinander anzuwenden sein.

Abs. 4 sieht schließlich vor, daß sich das Abkommen nicht auf das Karenzurlaubsgeld nach den österreichischen Rechtsvorschriften (§§ 26 ff. AlVG) bzw. das dieser Leistung entsprechende Kindererziehungsgeld nach den deutschen Rechtsvorschriften bezieht, da aus deutscher Sicht das Kindererziehungsgeld als nicht von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßt angesehen wird und die beiden Leistungen auch vom geltenden Abkommen über Arbeitslosenversicherung nicht erfaßt sind. Ergänzend ist zu bemerken, daß im Unterschied zur Systematik des österreichischen Rechts das Karenzurlaubsgeld aus der Sicht des EG-Rechts im Hinblick auf die sozialpolitische Zielsetzung dieser Leistung zu den Familenleistungen und nicht zu den Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu zählen ist.

Zu Art. 3

Dieser Artikel regelt den persönlichen Geltungsbereich des vorliegenden Abkommens. Für das Verständnis des Abkommens sind dabei zwei Personengruppen zu unterscheiden:

         –   Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 2) erfaßt sind (Abs. 1). Dazu zählen insbesondere Arbeitnehmer und Selbständige, die Staatsangehörige eines EG/EWR-Staates sind, sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene; darüber hinaus auch Hinterbliebene von Arbeitnehmern oder Selbständigen unabhängig von der Staatsangehörigkeit dieser Erwerbstätigen, sofern die Hinterbliebenen EG/EWR-Staatsangehörige sind. Den EG/EWR-Staatsangehörigen sind Staatenlose und Flüchtlinge gleichgestellt.

         –   Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßt sind (Abs. 2). Hiezu zählen zum einen EG/EWR-Staatsangehörige, die nicht als Arbeitnehmer, Selbständige oder Familienangehörige bzw. Hinterbliebene anzusehen sind. Zum anderen fallen darunter alle Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Nicht-EG/EWR-Staates besitzen, unabhängig davon, ob diese dem System eines Vertragsstaates als Arbeitnehmer, Selbständiger oder als Nichterwerbstätiger unterliegen oder deren Familienangehörige bzw. Hinterbliebene sind.

Zu Art. 4

Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sieht die Gleichbehandlung der von der Verordnung erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 3 des vorliegenden Abkommens) nur hinsichtlich jener Personen vor, die im Gebiet eines EG/EWR-Staates wohnen. Im Unterschied dazu sieht das geltende Abkommen (Art. 3) eine Gleichbehandlung der Staatsangehörigen unabhängig von ihrem Wohnort vor.

Für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen wurde diese günstigere bilaterale Abkommensrechtslage durch Eintragung in den Anhang III zu der genannten Verordnung auch bei Geltung des EG-Rechtes aufrechterhalten (Anhang III Punkt 35 lit. c und d). Diese Eintragung verliert jedoch mit dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens infolge des Außerkrafttretens des geltenden Abkommens seine Wirkung (siehe Art. 14 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens).

Im Abs. 1 wird daher festgelegt, daß die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten über die Regelung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hinausgehend weiterhin – wie bisher – auch dann gleichzubehandeln sind, wenn sie in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen. Diese Regelung betrifft gleichermaßen Staatsangehörige, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßt sind, als auch (nichterwerbstätige) Staatsangehörige der beiden Vertragsstaaten, die außerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 stehen.

Im Hinblick darauf, daß die vorgesehene Gleichbehandlungsregelung bei Wohnort außerhalb eines EG/EWR‑Staates über deutschen Wunsch auf die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten beschränkt ist, das geltende Abkommen aber insbesondere auch die Hinterbliebenen eines Staatsangehörigen eines Vertragsstaates gleichbehandelt (Art. 3 lit. a), was vor allem hinsichtlich des Exportes von Leistungen aus der deutschen Rentenversicherung von Bedeutung ist, wurde für bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Abkommens gewährte Leistungen die geltende günstigere bilaterale Rechtslage aufrechterhalten (Art. 14 Abs. 2 lit. a des vorliegenden Abkommens). Daher werden insbesondere die bereits derzeit an Hinterbliebene (unabhängig von deren Staatsangehörigkeit) eines österreichischen Staatsangehörigen weltweit gezahlten deutschen Hinterbliebenenrenten auch bei einem Inkrafttreten dieses Abkommens weitergewährt werden.

Hinsichtlich der Gleichbehandlung bei Wohnort in einem EG/EWR-Staat gilt für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Staatsangehörigen der Vertragsstaaten – wie bereits eingangs ausgeführt – direkt Art. 3 dieser Verordnung und wird für die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten auf Grund des Art. 5 Abs. 1 und 2 des vorliegenden Abkommens Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 für entsprechend anwendbar erklärt. Dies gilt auch für die Familienangehörigen und Hinterbliebenen dieser Personen.

Zur Vermeidung ungewollter Auswirkungen wird – wie im geltenden Abkommen (Z 3 lit. g des Schlußprotokolls zum Abkommen) ergänzend vorgesehen (Abs. 2), daß der Gleichbehandlungsregelung keine Wirkung hinsichtlich der nationalen Regelungen betreffend die Versicherung der bei einer amtlichen Vertretungsbehörde eines Vertragsstaates in einem Nicht-EG/EWR-Staat beschäftigten Personen (in Österreich § 3 Abs. 2 lit. f ASVG) zukommt. Dadurch wird ausgeschlossen, daß deutsche Staatsangehörige, die zB bei der Österreichischen Botschaft in Tokio beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in Österreich unterliegen.

Die im Abs. 1 vorgesehene Gleichbehandlung der Staatsangehörigen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, wird im Abs. 3 hinsichtlich des Rechtes auf freiwillige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung eingeschränkt. Danach gelten diesbezüglich für österreichische Staatsangehörige mit Wohnort in einem Nicht-EG/EWR-Staat die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (somit Anhang VI, C.Deutschland Z 7 dieser Verordnung). Diese Regelung beruht auf dem Bestreben der deutschen Seite, im Rahmen der EG/EWR-Staaten eine möglichst harmonisierte Rechtslage sicherzustellen.

Die in Rede stehenden österreichischen Staatsangehörigen müssen daher in Hinkunft – insbesondere ebenso wie alle von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen nicht deutscher Staatsangehörigkeit – mindestens 60 Monate Beiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet haben, um zu einer freiwilligen Versicherung in der deutschen Rentenversicherung berechtigt zu sein. Österreichische Staatsangehörige, die auf Grund der derzeit geltenden günstigeren Abkommensrechtslage (Z 3 lit. e des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen, wonach nur ein freiwilliger oder Pflichtbeitrag erforderlich ist) eine freiwillige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung bei Wohnort in einem Nicht-EG/EWR-Staat begonnen haben, können diese nach Art. 14 Abs. 2 lit. f des vorliegenden Abkommens fortsetzen.

Zu Art. 5

Abs. 1 legt für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 3 des vorliegenden Abkommens) fest, daß die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 sowie die zu ihrer Durchführung getroffenen Vereinbarungen entsprechend anzuwenden sind. Ausgenommen hievon ist allerdings der Bereich der Arbeitslosenversicherung (Art. 2 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens) sowie das Karenzurlaubsgeld nach den österreichischen Rechtsvorschriften und das Kindererziehungsgeld nach den deutschen Rechtsvorschriften (Art. 2 Abs. 4 des vorliegenden Abkommens).

Auf die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen sind daher neben den beiden Verordnungen insbesondere die Beschlüsse der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer sowie gegebenenfalls auch die mit Deutschland zB nach Art. 36 Abs. 3 oder Art. 63 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 bzw. nach Art. 105 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 geschlossenen Kostenerstattungsvereinbarungen anzuwenden.

Im Hinblick darauf, daß nach Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sämtliche Personen gleichzubehandeln sind, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt werden, eine entsprechende Anwendung auch auf sämtliche von der Verordnung nicht erfaßten Personen (dazu zählen insbesondere auch alle Staatsangehörigen eines Nicht-EG/EWR-Staates) aber von beiden Vertragsstaaten nicht beabsichtigt und auch im geltenden Abkommen (Art. 3) nicht vorgesehen ist, wird im Abs. 2 die Anwendung der Gleichbehandlungsregelung des Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf die (nicht erwerbstätigen) Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten, Flüchtlinge und Staatenlose bzw. deren Familienangehörige und Hinterbliebene eingeschränkt. Hinsichtlich der Gleichbehandlung der Staatsangehörigen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, siehe die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens.

Ferner enthält Abs. 2 auch eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich der Exportregelung des Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Diese Regelung entspricht der geltenden Rechtslage (Art. 4 Abs. 1 des geltenden Abkommens), wonach Pensionen und Renten nur an die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten, Flüchtlinge und Staatenlose bzw. deren Familienangehörige und Hinterbliebenen bei Aufenthalt im jeweils anderen Vertragsstaat zu gewähren sind.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß diese Exportregelung lediglich Personen betrifft, die in einem EG/EWR-Staat wohnen. Die Gewährung von Leistungen aus der österreichischen Unfall- und Pensionsversicherung bei Wohnort in einem Nicht-EG/EWR-Staat richtet sich nach innerstaatlichem Recht (zB § 89 ASVG) bzw. gegebenenfalls nach einem mit dem in Betracht kommenden Wohnortstaat bestehenden Abkommen. Hinsichtlich der Einschränkung des Exportes deutscher Leistungen für Personen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, wird auf die Erläuterungen zu Art. 4 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 lit. a des vorliegenden Abkommens verwiesen.

Weitere Ausnahmen von der im Abs. 1 festgelegten Anwendung des EG-Rechts sind in den Abs. 3 und 4 vorgesehen:

Nach Abs. 3 wird die Anwendung der leistungsrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 betreffend Familienleistungen (Titel III Kapitel 7) über Wunsch der deutschen Seite auf Arbeitnehmer und Selbständige beschränkt, da auch das geltende Abkommen sowie die anderen von Österreich geschlossenen Abkommen über Soziale Sicherheit nicht erwerbstätige Personen grundsätzlich nicht erfassen. Hinsichtlich einer ergänzenden Übergangsregelung wird auf die Erläuterungen zu Art. 14 Abs. 2 lit. c des vorliegenden Abkommens verwiesen.

Schließlich wird nach Abs. 4 die Anwendung der leistungsrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 betreffend Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und für Waisen (Titel III Kapitel 8) ausgeschlossen. Hinsichtlich der für diesen Bereich geltenden Regelungen siehe Art. 8 des vorliegenden Abkommens und die Erläuterungen hiezu.

Zu Art. 6

Nach Art. 20 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 können Grenzgänger Leistungen nicht nur nach Art. 19 der Verordnung im Wohnortstaat sondern auch im zuständigen Staat (jener Staat, in dem die Erwerbstätigkeit ausgeübt wird) erhalten. Für die Familienangehörigen des Grenzgängers ist die Leistungsgewährung im zuständigen Staat allerdings auf Dringlichkeitsfälle bzw. auf jene Fälle beschränkt, in denen der zuständige Träger zur jeweiligen Behandlung seine Zustimmung erteilt. Allerdings können die jeweils betroffenen Staaten die Anwendung der für die Grenzgänger geltenden Regelung auf deren Familienangehörige vereinbaren. Mit der vorliegenden Regelung werden daher die Familienangehörigen dem Grenzgänger selbst gleichgestellt, wodurch auch diese ohne weitere Beschränkungen die Leistungen im zuständigen Staat in Anspruch nehmen können.

Zu Art. 7

Art. 36 Abs. 3 und Art. 63 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthalten die Ermächtigung für die zuständigen Behörden (in Österreich: Bundesminister für Arbeit und Soziales – siehe Anhang 1 zur Verordnung (EWG) Nr. 574/72), von den nach dem EG-Recht an sich vorgesehenen Kostenerstattungen für die von einem Staat aushilfsweise gewährten Sachleistungen der Kranken- und Unfallversicherung (Kostenerstattung in Höhe des tatsächlichen Betrages oder in bestimmten Fällen durch Pauschbe­träge – Art. 93 bis 96 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72) abweichende Erstattungsverfahren zu vereinbaren. Als solche abweichende Erstattungsverfahren kommen insbesondere die Festlegung von Pauschbeträgen auch in Fällen, in denen nach dem EG-Recht eine Erstattung der tatsächlichen Kosten vorgesehen ist, oder ein Kostenerstattungsverzicht in Betracht.

Bei einer solchen abweichenden Kostenerstattungsvereinbarung ist aber darauf Bedacht zu nehmen, daß nach der Systematik des EG-Rechts jener Träger, der für die aushilfsweise Sachleistungsgewährung einen Pauschbetrag erhält, als zuständiger Träger gilt (zB Art. 93 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72). Auf Grund dieser Rechtslage gilt zB für den Bezieher nur einer österreichischen Pension, der in Deutschland wohnt, der (aushelfende) deutsche Träger des Wohnortes als zuständiger Träger. Verbringt beispielsweise dieser Pensionsbezieher seinen Urlaub in Griechenland, so hat dieser Träger auch die Kosten einer allfälligen Behandlung während dieses Urlaubes dem aushelfenden griechischen Träger zu erstatten. Der vom an sich zuständigen österreichischen Träger an den deutschen Träger des Wohnortes gezahlte Pauschbetrag deckt damit auch die Kosten einer Behandlung außerhalb des Wohnortstaates ab.

Entsprechend der Systematik des EG-Rechtes sieht lit. a daher für jene Fälle, in denen mit Deutschland über die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 hinausgehend eine Erstattung auf der Grundlage eines Pauschbetrages oder ein Verzicht auf eine Erstattung vereinbart wird, die erforderliche Ermächtigung vor, um im Rahmen einer solchen Kostenerstattungsvereinbarung den aushelfenden Träger des Wohnortes als zuständigen Träger bezeichnen zu können.

Im Zusammenhang mit der Vereinbarung von vom EG-Recht abweichenden Kostenerstattungen muß ein weiterer Punkt berücksichtigt werden. Ohne ergänzende Regelung können nämlich zB bei einem Kostenerstattungsverzicht die als aushelfende Träger des Aufenthalts- oder Wohnortes in Betracht kommenden Träger (in Österreich die Gebietskrankenkassen – siehe Anhang 3 zur Verordnung (EWG) Nr. 574/72) einseitig belastet werden, da diese keine Erstattung der für im anderen Staat anspruchsberechtigte Personen erbrachten Sachleistungen erhalten. Zum anderen hätten alle übrigen Krankenversicherungsträger (in Österreich zB die Sozialversicherungsträger für selbständig Erwerbstätige), deren Anspruchberechtigte im anderen Staat Leistungen in Anspruch nehmen, keine Kosten zu erstatten. Soweit sich daher aus einer solchen Kostenerstattungsvereinbarung außergewöhnliche Belastungen für einen Träger oder eine Verbindungsstelle (hinsichtlich der Krankenversicherung der Pensionisten möglich) ergeben sollten, könnten begleitende Regelungen betreffend eine innerstaatliche Umverteilung der sich ergebenden Belastungen erforderlich werden.

Die vorliegende Regelung der lit. b enthält die Ermächtigung zum Abschluß einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung auf der Ebene der zuständigen Behörden.

Zu Art. 8

Titel III Kapitel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthält lediglich einen Koordinierungsmechanismus für Leistungen an Personen, die in einem EG/EWR-Staat wohnen. Auch für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 3 des vorliegenden Abkommens), die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, ist daher die Gewährung von Kinderzuschüssen zu Alters- und Invaliditätspensionen, von Familienbeihilfen an Pensions- und Rentenbeziehern, von Waisenpensionen und von Familienbeihilfen an Waisen in der Verordnung nicht geregelt. Darüber hinaus läßt der Koordinierungsmechanismus des Titels III Kapitel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (zuständig ist grundsätzlich nur der Wohnortstaat, der für die Leistungsberechnung auch sämtliche in anderen EG/EWR-Staaten zurückgelegte Versicherungszeiten zu übernehmen hat) auch eine entsprechende Anwendung dieses Kapitels auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen, die in einem EG/EWR-Staat wohnen, nicht zu. Bei einer „entsprechenden Anwendung“ dieses Kapitels auf einen Staatsangehörigen eines Nicht-EG/EWR-Staates, der zB Versicherungszeiten in Österreich, Deutschland und Frankreich zurückgelegt hat und der nun in Frankreich wohnt, wären sowohl Österreich als auch Deutschland von einer Leistungsverpflichtung befreit. Für Frankreich hingegen bestünde keine Verpflichtung, in seiner Leistung auch die österreichischen und deutschen Versicherungszeiten zu honorieren.

Entsprechend den bisher von Österreich in den Abkommen über soziale Sicherheit verfolgten Grundsätzen wird daher im Verhältnis zu Deutschland für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht geregelten Fälle vorgesehen, daß Kinderzuschüsse und Waisenpensionen nach den österreichischen Rechtsvorschriften in entsprechender Anwendung des Kapitels betreffend die Pensionsversicherung (Titel III Kapitel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71) festzustellen sind. Danach sind die in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten für die Erfüllung der nach den österreichischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen (zB Wartezeit nach § 236 ASVG) zusammenzurechnen (Art. 45 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71). In der Folge ist der nach der „pro-rata-temporis-Berechnungsmethode“ gebührende Betrag sowie bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auch ohne Zusammenrechnung der Versicherungszeiten auch der nur nach nationalem österreichischen Recht gebührende Betrag zu errechnen (Art. 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71). Als österreichische Leistung gebührt der jeweils höhere dieser beiden Beträge.

Ebenso ist auch eine Sonderregelung betreffend die Berechnung der entsprechenden Leistungen nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehen. Danach sind für den Anspruch in entsprechender Anwendung des Art. 45 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten zusammenzurechnen. Die Berechnung der Waisenrenten ist allerdings – anders als bei der Berechnung der österreichischen Leistungen – nur unter Berücksichtigung der deutschen Versicherungszeiten nach nationalem deutschen Recht durchzuführen, wobei aber gegebenenfalls auch österreichische Versicherungszeiten im Ausmaß von weniger als einem Jahr in entsprechender Anwendung des Art. 48 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zu berücksichtigen sind.

Regelungen betreffend die Familienbeihilfen sind im Hinblick auf die bisherige Rechtslage (Art. 32 bis 34 des geltenden Abkommens), nach der für die in Betracht kommenden Personengruppen grundsätzlich ebenfalls keine Regelungen bestehen, für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Fälle nicht vorgesehen.

Zu Art. 9

Diese Bestimmung enthält die Ermächtigung für die zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten (in Österreich: Bundesminister für Arbeit und Soziales bzw. Bundesminister für Jugend und Familie – siehe Anhang 1 zur Verordnung (EWG) Nr. 574/72), die allenfalls erforderlichen Durchführungsmaßnahmen in einer Vereinbarung zu regeln.

Zu Art. 10

Im Hinblick darauf, daß das EG-Recht im Bereich der sozialen Sicherheit keine Regelungen betreffend die Vollstreckungshilfe vorsieht, besteht diesbezüglich eine Lücke, die durch die vorliegende Regelung sowohl für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen als auch für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 3 des vorliegenden Abkommens) geschlossen wird. Diese Regelung (Abs. 1 bis 4) entspricht der bisherigen Rechtslage (Art. 36 des geltenden Abkommens).

Über deutschen Wunsch wird im Abs. 5 ergänzend klargestellt, daß auch die im Art. 93 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 behandelten Ersatzansprüche der Träger gegenüber zum Schadenersatz verpflichteten Dritten als Forderungen im Sinne der vorliegenden Vollstreckungshilferegelung gelten.

Zu Art. 11

Dieser Artikel enthält die in zwischenstaatlichen Abkommen übliche Streitbeilegungsregelung.

Zu Art. 12

Die in diesem Artikel zitierten Regelungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 sind Übergangsregelungen, die insbesondere festlegen, welche Auswirkungen das EG-Recht auf vor seinem Inkrafttreten für den jeweils in Betracht kommenden Staat zurückgelegte Versicherungszeiten bzw. eingetretene Versicherungsfälle hat.

Durch die vorliegende Regelung treten die Rechtswirkungen der genannten Übergangsbestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens ein, sodaß insbesondere die im Art. 94 Abs. 6 und Art. 95 Abs. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vorgesehene Zweijahresfrist für die Antragstellung betreffend die rückwirkende (Neu)Feststellung von Leistungen erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt.

Zu Art. 13

Dieser Artikel enthält die üblichen Schlußbestimmungen insbesondere betreffend das Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens.

Zu Art. 14

Durch Abs. 1 und 3 werden das geltende Abkommen vom 22. Dezember 1966, BGBl. Nr. 382/1969, und die drei Zusatzabkommen hiezu vom 10. April 1969, 29. März 1974 und 29. August 1980 (BGBl. Nr. 382/1969, 280/1975 und 299/1982) sowie die geltende Vereinbarung vom 22. Dezember 1966 zur Durchführung des Abkommens, BGBl. Nr. 382/1969, und die drei Zusatzvereinbarungen hiezu vom 10. April 1969, 29. März 1974 und 29. August 1980 (BGBl. Nr. 382/1969, 281/1975 und 400/1982) formell außer Kraft gesetzt, soweit nach Abs. 2 nicht einzelne Bestimmungen aufrecht erhalten werden.

Hinsichtlich der im Abs. 2 für weiterhin anwendbar erklärten Bestimmungen des geltenden Abkommens ist einleitend zunächst darauf hinzuweisen, daß diese Bestimmungen größtenteils bereits im Anhang III Punkt 35 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhalten wurden.

Hinsichtlich der einzelnen aufrecht erhaltenen Bestimmungen des geltenden Abkommens ist folgendes festzuhalten:

Abs. 2 lit. a

Hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Regelung des geltenden Abkommens betreffend die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen bzw. deren Familienangehörigen und Hinterbliebenen (Art. 3 lit. a) in bezug auf die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen für Personen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, wird auf die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens hingewiesen. Ergänzend ist festzuhalten, daß diese Gleichbehandlungsregelung des Art. 3 des geltenden Abkommens im Rahmen des EG-Rechts uneingeschränkt aufrechterhalten wurde (Anhang III Teile A und B Punkt 35 lit. c). Durch die vorliegende Bestimmung sowie Art. 4 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens wird die Gleichbehandlung der Personen mit Wohnort in einem Nicht-EG/EWR-Staat nunmehr über Wunsch der deutschen Seite auf die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten sowie hinsichtlich der Weitergewährung von Hinterbliebenenleistungen auf deren Hinterbliebene (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit) beschränkt.

Abs. 2 lit. b

Anhang VI, C.Deutschland, Punkt 1 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 legt fest, daß für
außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten bzw. zurückgelegte Zeiten die Exportverpflichtung des Art. 10 der Verordnung nicht gilt; diesbezüglich bleibt das nationale deutsche Recht anwendbar. Danach sind für die sogenannten Reichsgebiets-Beitragszeiten und Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG), (das dem österreichischen Auslandsrenten-Übernahmegesetz – ARÜG, vergleichbar ist) Leistungen bei Wohnort im Ausland nur in dem Ausmaß zu gewähren, in dem diesen Zeiten im deutschen Bundesgebiet zurückgelegte Beitragszeiten gegenüberstehen.

Im Unterschied dazu sieht Art. 4 des geltenden Abkommens eine umfängliche Gebietsgleichstellung vor. Im Hinblick darauf, daß diese ausschließlich im Verhältnis zu Österreich vorgesehene Begünstigung aus deutscher sozialpolitischer Sicht nicht länger aufrecht erhalten werden konnte, war Deutschland nicht bereit, Art. 4 des geltenden Abkommens im Rahmen des EG-Rechts aufrechtzuerhalten. Zur Wahrung von Ansprüchen von Personen, die bereits bei Inkrafttreten des EWR-Abkommens in Österreich wohnen, wurde allerdings ein befristetes Fortwirken dieser günstigeren bilateralen Regelung vorgesehen. Im Rahmen des EG-Rechts findet sich diese Regelung im Anhang III Teile A und B Punkt 35 lit. e zur Verordnung (EWG) Nr. 1408/71.

Abs. 2 lit. c

Im Hinblick darauf, daß die Regelung des geltenden Abkommens betreffend die Wohnortgleichstellung für Kinder hinsichtlich des Anspruches auf Familienbeihilfe (Art. 32 Abs. 2) alle Kinder erfaßt, geht diese weiter als das EG-Recht, das nur Regelungen betreffend Kinder bestimmer Personengruppen enthält. Durch die vorliegende Aufrechterhaltung dieser günstigeren Regelung des geltenden Abkommens werden in Übergangsfällen Nachteile auf Grund des Inkrafttretens des vorliegenden Abkommens ausgeschlossen. Ergänzend ist zu bemerken, daß diese Bestimmung – im Hinblick darauf, daß sie nur Personen betrifft, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßt sind – im Anhang III zu dieser Verordnung nicht aufrechterhalten werden mußte bzw. konnte.

Abs. 2 lit. d

Durch Z 3 lit. c des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen werden bestimmte in der Donauschiffahrt beschäftigte Personen den österreichischen bzw. deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Im Hinblick darauf, daß es sich bei diesen Personen auch um Staatsangehörige eines Nicht-EG/EWR-Staates handeln kann und die Gleichbehandlungsregelung des derzeit geltenden Abkommens insbesondere für den Export der deutschen Renten von Bedeutung ist (siehe diesbezüglich auch die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens), wird für Übergangsfälle (bereits laufender Leistungsbezug) die günstigere Rechtslage des geltenden Abkommens aufrechterhalten. Unter Bedachtnahme darauf, daß diese Rechtslage des geltenden Abkommens auch die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen betreffen kann, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, wurde diese Regelung auch im Anhang III Teil A Punkt 35 lit. b dieser Verordnung aufrechterhalten. Eine Eintragung auch in den Teil B dieses Anhanges war wegen des unbeschränkten persönlichen Anwendungsbereiches dieser Regelung nicht erforderlich. Im Hinblick darauf, daß die Aufrechterhaltung dieser Regelung im vorliegenden Abkommen allerdings auf Übergangsfälle beschränkt ist, kann auch der uneingeschränkte Verweis im Anhang III Teil A Punkt 35 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nur mehr diese Übergangsfälle betreffen.

Abs. 2 lit. e

Nach den österreichischen Rechtsvorschriften werden Kriegsdienstzeiten und diesen gleichgestellte Zeiten dann als Ersatzzeit berücksichtigt, wenn der Betreffende entweder am Stichtag oder am 13. März 1938 die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt oder besaß (zB § 228 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 ASVG). Nach dem geltenden Abkommen werden deutsche Staatsangehörige den österreichischen Staatsangehörigen diesbezüglich nur insoweit gleichgestellt, als es sich um Kriegsdienstzeiten und diesen gleichgestellte Zeiten in der österreichisch-ungarischen Armee bzw. in den Streitkräften des Deutschen Reiches und der verbündeten Staaten handelt (Z 3 lit. d des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen). Ausgeschlossen ist die Berücksichtigung einer österreichischen Ersatzzeit insbesondere für Kriegsdienstzeiten in den Alliierten Armeen während des Zweiten Weltkrieges.

Hinsichtlich der Berücksichtigung von Kriegsdienstzeiten im Rahmen des EG-Rechts ist darauf hinzuweisen, daß nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sich die Verordnung nicht auf „Leistungssyteme für Opfer des Krieges“ bezieht. Nach der Judikatur des EuGH schließt dies auch die Einräumung von Vergünstigungen (wie zB von beitragsfreien Versicherungszeiten) ein, die im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherheit gewährt werden (zB Urteile vom 6. 7. 1978 in der Rechtssache
C-9/78 – P. Gillard und vom 31. 5. 1979 in der Rechtssache C-207/78 – G. Even). Somit handelt es sich auch bei den nach den österreichischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Ersatzzeiten für Kriegsdienst um ein „System“ außerhalb der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, sodaß insbesondere die Gleichbehandlungsregelung des Art. 3 dieser Verordnung diesbezüglich nicht zum Tragen kommt. Sofern solche Zeiten allerdings nach nationalem österreichischen Recht entstanden sind, sind sie bei der Leistungsberechnung nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 (insbesondere für die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten) wie sonstige österreichische Versicherungszeiten zu berücksichtigen.

Im Rahmen des EG-Rechts wurde die Sonderregelung des geltenden Abkommens betreffend die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen für das Entstehen von Ersatzzeiten nach den österreichischen Rechtsvorschriften (Z 3 lit. d des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen) durch Eintragung in den Anhang III Teil A Punkt 35 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhalten, um für Personen, die von der Verordnung erfaßt werden, diese begünstigende Regelung weiter anwenden zu können. Im Hinblick darauf, daß auch die von Österreich mit anderen EG/EWR-Staaten geschlossenen Abkommen über soziale Sicherheit oftmals divergierende Regelungen betreffend die Gleichbehandlung der jeweiligen Staatsangehörigen hinsichtlich der Kriegsdienstzeiten nach den österreichischen Rechtsvorschriften enthalten, wurde zur Rechtsvereinheitlichung die Sonderregelung im Verhältnis zu Deutschland nur in den Anhang III Teil A der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 eingetragen. Dadurch konnte im EG-Recht hinsichtlich der Kriegsdienstzeiten nach den österreichischen Rechtsvorschriften eine einheitliche Rechtslage für alle von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 3 des vorliegenden Abkommens) erreicht werden.

Durch die vorliegende Bestimmung wird sichergestellt, daß diese EG/EWR-weit einheitliche Rechtslage auch bei einem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens und dem damit verbundenen
Außerkrafttreten des geltenden Abkommens aufrechterhalten wird.

Abs. 2 lit. f

Hinsichtlich der vorliegenden begünstigenden Übergangsregelung für österreichische Staatsangehörige, die bereits vor dem Inkrafttreten des EG-Rechts von ihrem Recht auf freiwillige Versicherung in der deutschen Rentenversicherung Gebrauch gemacht haben, wird auf die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 3 des vorliegenden Abkommens verwiesen. Im Rahmen des EG‑Rechts wurde die Regelung der Z 3 lit. e des Schlußprotokolls nicht in den Anhang III der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 eingetragen, da eine Weiteranwendung dieser Regelung als Dauerrecht von Deutschland nicht beabsichtigt war.

Abs. 2 lit. g und lit. j

Z 19 lit. b des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen (lit. g) betrifft die in den Art. 23 und 24 des Ersten Abkommens vom 21. April 1951 getroffenen Versicherungslastregelungen sowie die diesbezüglichen ergänzenden Regelungen.

Diese ergänzenden Regelungen sehen insbesondere für jene Fälle, die in die österreichische Versicherungslast fallen bzw. nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz (ARÜG) zu entschädigen sind, in denen aber die nach deutschem Recht in Betracht kommende Leistung höher wäre, die Gewährung eines Unterschiedsbetrages durch den deutschen Träger in der Höhe der Differenz zwischen der deutschen und der österreichischen Leistung vor (Z 19 lit. b/3/c des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen).

Von der Gewährung eines solchen Unterschiedsbetrages sind aber insbesondere hinsichtlich der im Gebiet Österreichs zwischen 1939 und 1945 zurückgelegten Versicherungszeiten österreichische Staatsangehörige sowie deutsche Staatsangehörige, die unmittelbar vor 1938 fünf Jahre in Österreich gewohnt haben, ausdrücklich ausgeschlossen. Durch Art. 2 des Zweiten Zusatzabkommens (lit. j) wurde diese Ausnahme auch auf andere Staatsangehörige ausgedehnt, die unmittelbar vor 1938 fünf Jahre in Österreich gewohnt haben.

Durch die im Zusammenhang mit der Weiteranwendung dieser Bestimmungen vorgenommene Ergänzung (lit. g) wird erreicht, daß der deutsche Träger bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages die österreichische Leistung bzw. den auf die auch vom deutschen Träger zu entschädigenden Versicherungszeiten entfallenden österreichischen Leistungsteil nur auf den entsprechenden deutschen Leistungsteil und nicht auf die gegebenenfalls auch für sonstige deutsche Versicherungszeiten gebührende gesamte deutsche Leistung anzurechnen hat.

Im Hinblick darauf, daß das EG-Recht für die Frage der Versicherungslastverteilung zwischen österreich und Deutschland keine Regelungen enthält, wurde die Versicherungslastregelung des geltenden Abkommens im Rahmen des EG-Rechts durch Eintragung in den Anhang III Teil A Punkt 35 lit. f und g der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhalten. Die Regelung der Z 19 lit. b des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen wurde durch Eintragung in den Anhang III Teil B Punkt 35 lit. f der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereiches nicht auf sämtliche von dieser Verordnung erfaßten Personen ausgedehnt; hinsichtlich der im persönlichen Anwendungsbereich unbeschränkten Regelung des Art. 2 des Ersten Zusatzabkommens zum geltenden Abkommen war eine Eintragung in den Teil B nicht erforderlich.

Abs. 2 lit. h

Z 20 lit. a des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen enthält eine Legaldefinition, betreffend den nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz (ARÜG) erforderlichen „nicht nur vorübergehenden Aufenthalt“ in Österreich an den nach dem ARÜG vorgesehenen Stichtagen. Diese Regelung wurde im Rahmen des EG‑Rechts durch Eintragung in den Anhang III Teile A und B Punkt 35 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhalten.

Abs. 2 lit. i

Z 21 des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen enthält ua. auch eine Versicherungslastregelung betreffend die Zollausschlußgebiete der Gemeinden Jungholz und Mittelberg. Diese Sonderregelung, die nicht auf die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten beschränkt ist, wurde im Rahmen des EG-Rechts durch Eintragung in den Anhang III Teil A Punkt 35 lit. b der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhalten.

Ergänzend ist hinsichtlich der im Anhang III Teil A Punkt 35 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 aufrechterhaltenen bilateralen Bestimmungen, die in der vorliegenden Bestimmung nicht erwähnt wurden, folgendes festzuhalten:

         –   Art. 41 des geltenden Abkommens und Z 17 des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen:

              Diese Regelungen betreffend die Vornahme bestimmter Handlungen durch die berufskonsularischen Behörden wurden nicht mehr aufrechterhalten, da hiefür EG/EWR-weit ausschließlich das diesbezügliche Völkerrecht (insbesondere: Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen, BGBl. Nr. 318/1969) gelten soll. Der Verweis auf diese Regelungen des geltenden Abkommens im Anhang III Teil A Punkt 35 lit. a und b sowie Teil B Punkt 35 lit. a der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 geht daher ab dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens ins Leere.


         –   Z 3 lit. g des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen:

              Der Ausschluß von Personen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, von der Gleichbehandlungsregelung hinsichtlich der Versicherungspflicht bei Beschäftigung in einer amtlichen Vertretungsbehörde eines der beiden Vertragsstaaten wird bereits im Art. 4 Abs. 2 des vorliegenden Abkommens geregelt, sodaß die Aufrechterhaltung dieser Regelung des Schlußprotokolls zum geltenden Abkommen (Eintragung in den Anhang III Teile A und B Punkt 35 lit. d der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71) ab dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens nicht mehr erforderlich ist.

         –   Regelungen des geltenden Abkommens über die Arbeitslosenversicherung:

              Im Hinblick darauf, daß das vorliegende Abkommen den Bereich der Arbeitslosenversicherung nicht berührt (siehe die Erläuterungen zu Art. 2), hebt auch Art. 14 das in diesem Bereich in Kraft stehende Abkommen vom 19. Juli 1978, BGBl. Nr. 392/1979, nicht auf. Die diesbezüglich im Anhang III Teil A Punkt 35 lit. h und i der Verordung (EWG) 1408/71 aufrechterhaltenen Bestimmungen sind daher auch ab dem Inkraftreten des vorliegenden Abkommens unverändert weiter anzuwenden.