131 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 21. 5. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Zollrechts-Durchführungsgesetz geändert wird (2. ZollR-DG Novelle)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 516/1995 wird wie folgt geändert:

1. Im § 12 Abs. 4 entfallen die Worte „Sicherheitsorgane und“.

2. Nach § 15 werden folgende Überschrift und folgender § 15a eingefügt:

„Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an Geschäften der Zollverwaltung

§ 15a. (1) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind bei der Überwachung der Bundesgrenze, soweit diese auch Zollgrenze ist, befugt, hinsichtlich von Waren, die über die Zollgrenze verbracht worden sind oder verbracht werden sollen, allgemeine Maßnahmen der Zollaufsicht nach § 22 zu setzen; sie gelten dabei als Organe des zuständigen Hauptzollamtes.

(2) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben an Orten, die nicht mehr als 15 Kilometer von der Zollgrenze entfernt sind, bei Feststellung zollrechtlich bedeutsamer Vorgänge die keinen Aufschub duldenden Maßnahmen zu setzen, wenn wegen Gefahr im Verzug das Einschreiten von Zollorganen nicht abgewartet werden kann.

(3) Der Bundesminister für Finanzen kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres mit Verordnung jene Grenzübergänge bestimmen, an denen allgemein oder in bestimmten Bereichen oder zu bestimmten Zeiten die dort zur Vollziehung der Grenzkontrolle eingesetzten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als Organe des für den betreffenden Grenzübergang zuständigen Zollamtes allgemeine Maßnahmen der Zollaufsicht nach § 22 vorzunehmen haben.

(4) Durch die Befugnisse nach Abs. 1 bis 3 bleiben die §§ 80 und 81 des Finanzstrafgesetzes unberührt. Von getroffenen Maßnahmen ist die in Betracht kommende Zollstelle unverzüglich in Kenntnis zu setzen; abgenommene Waren und Beweismittel sowie festgenommene Personen sind ihr zu übergeben.

(5) Das Zollamt hat ungeachtet einer gemäß Abs. 3 ergangenen Verordnung, wonach Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an einem Grenzübergang allgemeine Maßnahmen der Zollaufsicht vorzunehmen haben, solche Maßnahmen durch Zollorgane vorzunehmen, wenn dies aus besonderem Anlaß, insbesondere zur Verhütung von Zollzuwiderhandlungen, notwendig ist. Hievon ist die zuständige Grenzkontrollstelle vorher zu verständigen, sofern nicht Gefahr im Verzug sofortiges Einschreiten erforderlich macht.

(6) Im Abs. 3 genannte entsprechend geschulte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können von der Finanzlandesdirektion mit Zustimmung ihrer Dienstbehörde die Ermächtigung erhalten, über den Abs. 3 hinaus Amtshandlungen des betreffenden Zollamtes als Organe dieses Zollamtes zu setzen und Entscheidungen, Mitteilungen von Abgabenbeträgen und bestimmte sonstige Erledigungen des betreffenden Zollamtes zu erlassen. Die Ermächtigung ist zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht mehr vorliegen.


(7) Die nach den vorstehenden Absätzen als Organe eines Zollamtes einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben dabei die Befugnisse und Verpflichtungen von Zollorganen nach dem Zollrecht oder nach dem Finanzstrafgesetz.


(8) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die im grenzüberschreitenden Verkehr tätig werden, haben überdies zollrechtlich bedeutsame Sachverhalte auf Ersuchen der Parteien festzuhalten, wenn kein Zollorgan anwesend ist. Die in Betracht kommende Zollstelle ist von den Feststellungen unverzüglich in Kenntnis zu setzen.“

3. Dem § 20 Abs. 4 wird angefügt:

„Ebenso ist die Änderung der Fahrtrichtung auf der Zollstraße vor dem Erreichen des Ortes, wo die Zollkontrolle erfolgt, nur über behördliche Anordnung zulässig.“

4. Im § 120 Abs. 1 erhält der zweite Unterabsatz die Absatzbezeichnung „(1a)“.

5. Im § 120 wird nach dem Abs. 1a folgender Abs. 1b eingefügt:

„(1b) Die §§ 12 Abs. 4, 15a, 20 Abs. 4 und 134 Abs. 1 Nr. 2 und 3a in der Fassung des BGBl. Nr. xxx/1996 treten mit 1. Juli 1996 in Kraft.“

6. Im § 134 Abs. 1 Nr. 2 wird der Ausdruck „§ 12 Abs. 4“ durch den Ausdruck „§ 15a Abs. 8“ ersetzt.

7. Im § 134 wird nach der Nr. 3 folgende Nr. 3a eingefügt:

       „3a.  hinsichtlich des § 15a Abs. 3 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres,“

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Problem:

Mit der Schaffung des Grenzdienstes im Rahmen der Bundesgendarmerie wird eine gesetzliche Lösung dringend, die verhindert, daß an allen – auch unbedeutenden – Grenzübergängen eine Doppelbesetzung durch Zolldienst und Grenzdienst erfolgen muß.

Ziel:

Wo der Grenzdienst eingesetzt wird und der zollrechtlich relevante Warenverkehr unbedeutend ist, sollen die Organe des Grenzdienstes auch zollrechtliche Aufgaben vollziehen können.

Lösung:

Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen.

Alternative:

Keine, wenn man die grundsätzliche Trennung von Personenkontrolle (Grenzdienst) und Warenkontrolle (Zolldienst) bejaht und dennoch generelle Doppelbesetzungen vermeiden will.

Kosten:

Keine zusätzliche Kosten.

EG-Konformität:

Die EG-Konformität ist gegeben.

Erläuterungen


A. Allgemeiner Teil

Es ist das Ziel der Bundesregierung, die Überwachung der Außengrenzen der Gemeinschaft durch die Errichtung eines Grenzdienstes in der Bundesgendarmerie zu verbessern. Dies bedingt, daß an die Stelle der Besetzung der Grenzdienststellen ausschließlich mit Zollorganen eine Doppelbesetzung durch Zoll- und Gendarmerieorgane treten müßte. Dies ist an wichtigen Grenzübergängen mit entsprechend starkem Personen- und Warenverkehr zu rechtfertigen, an kleineren Grenzübergängen soll aber zur Vermeidung eines übermäßigen Personalbedarfs die Besetzung bloß mit Zoll- oder Gendarmerieorganen oder der gegenseitig unterstützende Einsatz der beiden Gruppen von Organen ermöglicht werden. Ebenso soll die routinemäßige Überwachung der Zollgrenze außerhalb von Grenzübergängen allein vom Grenzdienst wahrgenommen werden, während die Zollverwaltung sich auf mobile Schwerpunktkontrollen beschränken würde. Daher sieht das im Entwurf vorliegende neue Grenzkontrollgesetz die Möglichkeit vor, Zoll­organe zur Grenzkontrolle heranzuziehen. Aufgabe des vorliegenden Entwurfes ist es, Regelungen zu treffen, damit Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Geschäfte der Zollverwaltung erledigen dürfen.

Die vorliegende Änderung des Zollrechts-Durchführungsgesetzes verursacht, da sie zu einer Vermeidung einer Doppelbesetzung im Grenzbereich führt, keine zusätzliche Kosten.

B. Besonderer Teil

Z 1:

Der § 12 Abs. 4 trifft derzeit auch Regelungen für ein Einschreiten von Sicherheitsorganen in Zollsachen. Der diesbezügliche Teil des § 12 Abs. 4 soll aus gesetzessystematischen Gründen in den neuen § 15a verlagert werden.

Z 2:

Im § 15a werden die verschiedenen Formen der Heranziehung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes für Zollgeschäfte zusammengefaßt. Zu den einzelnen Absätzen ist auszuführen:

Abs. 1: Da die Überwachung der Zollgrenze außerhalb von Zollämtern wenig zollrechtlich problematische Fälle ergibt, soll durch diese Bestimmung ermöglicht werden, diese Überwachung den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überlassen, die aber die Befugnis erhalten müssen, auch Kontrollen in Richtung auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr in gleicher Weise vorzunehmen wie sonst Zollorgane; welche Waren einer Aufsichtsmaßnahme unterzogen werden können, ergibt sich aus der Verweisung auf § 22, der die Maßnahmen auf Waren einschränkt, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen (§ 17).

Abs. 2: Im Nahbereich der Zollgrenze weist § 22 ZollR-DG den Zollorganen besondere Überwachungsbefugnisse zu. Im selben örtlichen Bereich sollen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zwar nicht Zollkontrollen vornehmen, wohl aber erste Sicherungsmaßnahmen ergreifen dürfen, wenn sie bei Ausübung ihrer sicherheitspolizeilichen Aufgaben zollrechtlich relevante Feststellungen machen.

Abs. 3: So wie nach dem Grenzkontrollgesetz Zollorgane für die Vollziehung der Grenzkontrolle herangezogen werden können, und zwar durch einvernehmliche Verordnung des Bundesministers für Inneres mit dem Bundesminister für Finanzen, sollen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes über eine vom Bundesminister für Finanzen einvernehmlich mit dem Bundesminister für Inneres zu erlassende Verordnung zu Zollkontrollen herangezogen werden können, und zwar allein oder zusammen mit Zollorganen und auch beschränkt auf bestimmte Abfertigungsbereiche (zB Reisendenabfertigung, nicht aber Güterverkehr) oder bestimmte Zeiten (zB nur während der Nacht).


Abs. 4 trifft gemeinsame Bestimmungen zu den Abs. 1 bis 3; die Gleichstellung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes soll im Abs. 7 erfolgen. Die Befugnisse ergeben sich aus dem Abschnitt C des ZollR-DG, aus dem Zollkodex und aus dem Finanzstrafgesetz.

Abs. 5: So wie die Sicherheitsbehörden bei Heranziehung der Zollorgane zur Grenzkontrolle diese unter besonderen Verhältnissen vorübergehend wieder eigenen Organen vorbehalten können, soll auch das Zollamt die Möglichkeit haben, bei Bedarf Zollorgane für die Zollkontrolle einzusetzen.

Abs. 6: Der Abs. 3 sieht bloß die Vornahme von Zollkontrollen vor, gibt daher keine Befugnis zur Erlassung von Erledigungen für das Zollamt. Da dies aber dazu führen könnte, daß der Grenzübertritt ungebührlich behindert wird, geht der Abs. 6 einen Schritt weiter und ermöglicht die persönliche Ermächtigung – ähnlich der zur Erlassung von Organmandaten – zur Erlassung von Erledigungen für das Zollamt; welche Erledigungen dies sein können, bestimmt sich nach dem Zollrecht; wenn nicht alle übertragen werden sollen, sind die übertragenen in der Ermächtigung zu bestimmen. Diese Beamten müssen, allein schon um den zollrechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts gerecht zu werden, eine entsprechende Schulung durch fachkundige Zollorgane erhalten, wobei der Ort der Schulung offen bleiben kann; was eine „entsprechende Schulung“ ist, bestimmt sich nach dem anzuwendenden Zollrecht (vgl. diesbezüglich auch § 50 Abs. 1 VStG).

Abs. 7 regelt zusammenfassend für alle vorstehenden Absätze die Befugnisse der für Zollgeschäfte einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und ergänzt so die schon in den anderen Absätzen getroffenen Regelung, welcher Zollbehörde die Amtshandlungen zuzuordnen sind und daher auch die fachliche Aufsicht obliegt. Inwieweit diese Organe den Zollorganen gleichgestellt sind, bestimmt sich aus den vorangehenden Absätzen, also in Anwendung des Abs. 1 und 3 bei der Setzung von allgemeinen Maßnahmen der Zollaufsicht, in Anwendung des Abs. 2 bei der Feststellung zollrechtlich relevanter Vorgänge, in Anwendung des Abs. 6 bei der Setzung von Amtshandlungen für das Zollamt.

Abs. 8 übernimmt inhaltlich unverändert den geltenden § 12 Abs. 4.

Z 3:

Amtshandlungen der Grenzkontrollorgane oder das Wahrnehmen verstärkter Zollkontrollen können dazu führen, daß eine Person vor dem Erreichen der Zollkontrolle die Fahrtrichtung ändert und die mitgeführten zollpflichtigen Waren so zumindest vorerst der Zollbehandlung entzieht; dem soll durch die Ergänzung des § 20 Abs. 4 die rechtliche Zulässigkeit entzogen werden. Wegen der Kürze der Zollstraßen stellt dies keine unzumutbare Behinderung des Verkehrs dar.

Z 4 bis 7:

Die Änderungen der §§ 120 und 134 bedürfen keiner Erläuterung.