257 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (128 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

Der vorliegende Entwurf bezweckt die Beendigung von nationaler und internationaler Kritik an Österreich wegen der bisherigen faktischen Behinderung von Verfolgungshandlungen durch die Behörden wegen Insiderstraftaten und Geldwäscherei infolge der Möglichkeit von Bankkunden, anonyme Wertpapierdepots zu unterhalten. Diese Kritik hat auch dazu geführt, daß der Finanzplatz Wien, respektive die Wiener Börse, insbesondere für ausländische Anleger an Attraktivität verloren hat. Durch den vorliegenden Entwurf soll auch dieser Nachteil der bestehenden Rechtslage beseitigt werden.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 3. Juli 1996 in Verhandlung genommen. Nach einer Debatte, an der sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen, Mag. Gilbert Trattner, Dipl.-Kfm. Holger Bauer, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Hermann Böhacker, Jakob Auer, Mag. Reinhard Firlinger, Eleonora Hostasch, Mag. Brigitte Ederer sowie der Ausschußobmann Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny und der Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima beteiligten, hat der Ausschuß den in der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll mit Mehrheit angenommen.

Ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen wie auch ein Entschließungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen fanden nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Dem angenommenen Abänderungsantrag ist folgende Begründung beigegeben:

Zum Einleitungssatz:

Die Aktualisierung des Einleitungssatzes ist wegen mittlerweiliger Veröffentlichung des EU-Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes, mit dem auch eine Novellierung des BWG erfolgte, erforderlich.

Zu Z 4 (§ 40 Abs. 5):

Der neue Stichtag für die Abschaffung anonymer Depots ist wegen der Verschiebung des Inkrafttretens der Novelle um einen Monat erforderlich.

Zu Z 5 (§ 107 Abs. 6):

Das Verschieben des Inkrafttretens um einen Monat ist auf Grund der Verschiebung von Parlaments­terminen erforderlich geworden.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 07 03

                               Franz Kampichler                                                            Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 304/1996, wird wie folgt geändert:

1. § 40 Abs. 1 Z 1 lautet:

      ,,1.   Bei Anknüpfung einer dauernden Geschäftsbeziehung, ausgenommen bei der Eröffnung von Sparbüchern; Geschäfte nach § 12 Depotgesetz gelten jedenfalls als dauernde Geschäftsbeziehung;“

2. In § 40 Abs. 1 Z 3 wird der Klammerausdruck ,,(§§ 165 und 278a Abs. 2 StGB)“ durch den Klammerausdruck ,,(§§ 165 – ohne Rücksicht auf die dort angeführten Mindestwerte – und 278a Abs. 2 StGB)“ ersetzt.

3. In § 40 Abs. 2 wird zweimal die Wortfolge ,,die Fälle gemäß lit. a und b“ durch die Wortfolge ,,bei der Eröffnung von Sparbüchern“ ersetzt.

4. Nach § 40 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

,,(5) Die Entgegennahme und der Erwerb von Wertpapieren für

        1.   Wertpapierkonten (§ 11 Depotgesetz) und

        2.   Geschäftsbeziehungen gemäß § 12 Depotgesetz,

die vor dem 1. August 1996 eröffnet oder eingegangen worden sind, sind nur dann zulässig, wenn die Identität des Kunden zuvor festgehalten und Abs. 2 entsprochen wurde.“

5. § 107 Abs. 6 erhält die Bezeichnung Abs. 7; folgender Abs. 6 wird eingefügt:

,,(6) § 40 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 2 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. xxx/xxxx tritt mit 1. August 1996 in Kraft. Bei bestehenden zivilrechtlichen Verpflichtungen des Kredit- oder Finanz­institutes zur Vermögensverwaltung und/oder zur Wiederveranlagung kommt § 40 Abs. 5 jedoch erst am 1. November 1996 zur Anwendung.“

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

des Abgeordneten Alexander Van der Bellen


1. Mit dem Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum hat sich Österreich verpflichtet (ohne Übergangsbestimmungen oder gar Ausnahmeregelungen anzumelden) die Richtlinie des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (91/308/EWG) zu übernehmen. Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie besagt, daß „die Kredit- und Finanz­institute von ihren Kunden die Bekanntgabe ihrer Identität durch ein beweiskräftiges Dokument verlangen, wenn diese mit ihnen Geschäftsbeziehungen anknüpfen, insbesondere, wenn sie ein Sparkonto oder ein anderes Konto eröffnen . . .“.

2. Den Erläuterungen zum Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten samt Erklärungen (127 der Beilagen), das demnächst von der Republik Österreich ratifiziert wird, ist zu entnehmen, daß dessen Artikel 4 Absatz 1 („Besondere Ermittlungsbefugnisse und -methoden“) „insgesamt wohl nur so verstanden werden kann, daß es das Übereinkommen als selbstverständlich voraussetzt, daß die Kredit- und Finanzinstitute die Identität ihrer Kunden kennen“.

Unbestritten ist daher die Tatsache, daß die österreichische Anonymität sowohl der entsprechenden EU-Richtlinie als auch dem genannten Übereinkommen widerspricht. Daher begrüßt die Grüne Fraktion zwar die in der gegenständlichen Regierungsvorlage vorgesehene Aufhebung der Anonymität für Wertpapierdepots; bedauert jedoch, daß der Abänderungsantrag des unterzeichneten Abgeordneten betreffend Aufhebung der Anonymität auf Sparbücher nicht die erforderliche Mehrheit im Ausschuß erhalten hat. Hinsichtlich der konsequenten Verfolgung von Geldwäschetatbeständen bzw. der Verhinderung von Geldwäsche stellt die Aufhebung der Anonymität nur einen Schritt dar, dem weiterreichende Maßnahmen folgen müssen. Gleichzeitig sollte dem Wunsch der Sparer nach Vertraulichkeit ihrer Spareinlagen nachgekommen werden und als Ersatz für die bisher gewohnte Anonymität ein verbessertes Bankgeheimnis verankert werden. Der entsprechende Entschließungsantrag der Grünen Fraktion fand gleichfalls nicht die erforderliche Mehrheit.

Im Zuge des Begutachtungsverfahrens sind eine Reihe kritischer Stellungnahmen eingegangen. In der Folge werden die zentralen Kritikpunkte ausgewählter Stellungnahmen auszugsweise zitiert:

1. Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, 14. Mai 1996

„Mit dem vorliegenden Entwurf berücksichtigt der österreichische Gesetzgeber nur zum Teil die in der Richtlinie des Rates Nr. 91/308/EWG angeordnete Identifizierungspflicht eines Bankkunden bei Anknüpfung einer Geschäftsbeziehung, insbesondere aus Anlaß der Kontoeröffnung und bei Transaktionen, die einen Umfang von 15 000 ECU überschreiten. Der Umstand, daß der neu gefaßte § 40 Abs. 1 Z 1 die Sparbücher von dieser Identifizierungspflicht ausnimmt, steht unzweifelhaft im Widerspruch zu Art. 3 der genannten Richtlinie.

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag begrüßt die Initiative des Gesetzgebers, die Kontoanonymität zunächst einmal bei den Wertpapierdepots abzuschaffen und empfiehlt, die Identifizierungspflicht auch für den Bereich der Sparbücher anzuordnen.


Abgesehen davon, daß die generelle Identifizierungspflicht eine Konsequenz der genannten Richtlinie ist, ist es auch aus dem Gesichtspunkt erhöhter Rechtssicherheit – etwa bei der Abhandlung von Erbschaften, der Aufteilung von ehelichen Ersparnissen aus Anlaß einer Ehescheidung oder der Verhinderung von Insidergeschäften oder Manipulationen im Wertpapierhandel – zu begrüßen, eine Identifizierungsmöglichkeit  der an Banktransaktionen beteiligten Personen zu schaffen. (. . .)“

2. Aktienforum, Österreichischer Verband der Aktien-Emittenten und -Investoren, 12. März 1996

„(. . .) Artikel 3 Abs. 5 der EWG-Richtlinie fordert die Kredit- und Finanzinstitute auf, im Zweifelsfall angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Informationen über die Identität der Personen einzuholen, in deren Namen die Kunden handeln. Demgemäß würden die laut Begutachtungsentwurf im § 40 Abs. 1 und Abs. 2 BWG beibehaltenen Ausnahmen für die Sparbucheröffnung den Intentionen des Artikel 3 Abs. 1 und Abs. 5 der EWG-Richtlinie nicht ausreichend entsprechen.“

3. Industriellenvereinigung, 14. März 1996

„(. . .) Allerdings sollte gleichzeitig auch die Problematik der Anonymität von Spareinlagen in einer EG-konformen Weise gelöst werden. Die Formulierung im Vorblatt, daß durch den vorliegenden Entwurf die EG-Konformität „verdeutlicht“ wird, ist nicht verständlich, da es um die Umsetzung einer Richtlinie geht.“

4. Bundesministerium für Justiz, 20. März 1996

„(. . .) Der Entwurf sieht allerdings vor, daß die sogenannte „Anonymität“ von Spareinlagen beibehalten werden soll. Diese Lösung wird weder im Vorblatt noch in den Erläuterungen des Entwurfs näher begründet. Auf Grund der sowohl in zivilrechtlichen Belangen als auch im Bereich des Straf- und Strafprozeßrechts aufgetretenen Probleme hegt das Bundesministerium für Justiz gegen eine derartige Regelung jedoch aus folgenden Gründen Bedenken:

Zum einem werden damit die Probleme, die die „Anonymität von Sparbüchern“ im Erbfall bereitet, prolongiert: Diese Einrichtung erschwert nämlich vielfach die Zuordnung von Vermögenswerten zum Nachlaß des Erblassers. (. . .)

Als ein nicht unwesentliches Motiv für die Veranlagung von Vermögen in „anonymen“ Spareinlagen sind in der jüngsten öffentlichen Diskussion Scheidungs- und Unterhaltsstreitigkeiten genannt worden. Wenn damit gemeint sein sollte, daß die „Anonymität“ von Sparbüchern dazu beitragen könnte, die Ansprüche von Ehegatten im nachehelichen Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff. EheG sowie die Ansprüche von Unterhaltsberechtigten zu vermindern, wäre dies aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz ebenfalls nicht akzeptabel. (. . .)

Aus straf- und strafprozessualer Sicht ist der vorliegende Entwurf abzulehnen, weil er das europaweit anerkannte Prinzip des „Know Your Customer“ nicht lückenlos umsetzt. Die in diesem Zusammenhang auf Grund des Entwurfs weiter bestehende Lücke würde – wenngleich sich Sparkonten gewiß in geringerem Ausmaß für Geldwäschereihandlungen eignen als Wertpapierkonten – die Entdeckung, Aufklärung und Verfolgung von strafbaren Handlungen insbesondere im Bereich der Wirtschaftskriminalität oder ähnlichem erschweren und behindern.

Aus diesen Überlegungen heraus spricht sich das Bundesministerium für Justiz daher – auch unabhängig von der im Vorblatt angesprochenen Geldwäschereirichtlinie der Europäischen Union – neuerlich für eine restlose Beseitigung der Möglichkeit „anonymer“ Kontenführungen aus. Diese Einrichtung hat – bei all ihren Vorteilen für den Anleger und für die Kreditwirtschaft – eben auch Nachteile, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Für den Bereich der Justiz sind hier zusammenfassend insbesondere die Probleme in erb- und familienrechtlichen Angelegenheiten, die damit verbundene (nicht unerhebliche) Mehrbelastung der Gerichte sowie die Hindernisse bei der Verfolgung und Bekämpfung strafbarer Handlungen zu nennen. (. . .)“

Der unterzeichnete Abgeordnete schließt sich diesen Ausführungen an und bedauert, daß die Regierungsfraktionen nicht bereit waren, einer Regelung, die sowohl die Wünsche der österreichischen Sparer berücksichtigt als auch der konsequenten Verfolgung von Geldwäschetatbeständen bzw. der Verhinderung von Geldwäsche gedient hätte, ihre Zustimmung zu erteilen.

Dr. Alexander Van der Bellen