267 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (12 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen

Investitionsschutzabkommen werden üblicherweise zwischen Industriestaaten einerseits und Schwellen- und Entwicklungsländern andererseits abgeschlossen. Ihr Ziel ist es, Investitionstätigkeit zu fördern und getätigte Investitionen zu schützen. Es liegt in den wirtschaftlichen Gegebenheiten, daß Investitionen in erster Linie von den Industriestaaten in die Schwellen- und Entwicklungsländer fließen. Es ist aber nicht auszuschließen, daß der Investitionsfluß auch eine umgekehrte Richtung nimmt. Ein Industriestaat muß daher grundsätzlich bei der Verhandlung solcher Abkommen auf diese Möglichkeit im Lichte seiner eigenen Wirtschaftsstruktur sowie seiner Gesetzgebung Bedacht nehmen.

Da die Grundaufgabe von Investitionsschutzabkommen in jedem Fall die gleiche ist, und da die von Österreich angestrebten Investitions­schutzabkommen im Regelfall ausgehend von einem, von einem OECD-Basisentwurf abgeleiteten, österreichischen Mustervertrag verhandelt werden, sind die Abkommensinhalte einander in hohem Maße ähnlich bis identisch. Größere Abweichungen ergeben sich in der Regel bei Fragen der Streitbeilegung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor und bei den Modalitäten des Devisentransfers.

In Entsprechung des österreichischen Mustervertrages sichern sich die Vertragsparteien die Inländergleichbehandlung und die Meistbegünstigung zu.

Es kann erwartet werden, daß die österreichische Wirtschaft in Zukunft von der Möglichkeit zu Investitionstätigkeiten in Tunesien Gebrauch macht. Auch auf tunesischer Seite besteht Interesse an Investitionen aus Österreich sowie die Bereitschaft, durch entsprechende innerstaatliche Regelungen ausländische Investitionstätigkeit zu fördern. Ziel des gegenständlichen Abkommens ist es, die österreichischen Firmen bei ihren Investitionsbemühungen in Tunesien zu unterstützen und sie gegen dabei allenfalls entstehende Risiken abzusichern.

Besondere Bedeutung kommt der Regelung der Entschädigung im Falle der Verstaatlichung oder jeder sonstigen Maßnahme mit einer der Enteignung gleichkommenden Wirkung zu. Einen wichtigen Vertragsbestandteil bilden ferner die Bestimmungen betreffend den Transfer von Erträgen aus Investitionen, von Rückzahlungen von Darlehen, von Erlösen aus deren Liquidation oder Veräußerung und von Entschädigungen im Enteignungsfall.

Das Abkommen sieht unter gewissen Voraussetzungen die Befassung eines internationalen Schiedsgerichts für Streitigkeiten zwischen einem Investor und einem Vertragsstaat vor. Ebenso ist ein Schiedsverfahren für Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien hinsichtlich der Interpretation und Anwendung dieses Abkommens vorgesehen.

Das gegenständliche Abkommen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend; sein Abschluß bedarf daher gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Da das Abkommen auch Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, regelt, bedarf es gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG zweiter Satz auch der Zustimmung des Bundesrates. Es hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Die einzelnen EG-Mitgliedstaaten schließen analoge Abkommen mit Drittländern ab.


Der Finanzausschuß hat das vorliegende Abkommen in seiner Sitzung am 3. Juli 1996 der Vorberatung unterzogen und einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Abkommens zu empfehlen.

Der Finanzausschuß ist der Meinung, daß das Abkommen der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich und somit eine Erlassung von Gesetzen gemäß Artikel 50 Abs. 2   B-VG nicht erforderlich ist.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem Abschluß des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tunesischen Republik über die Förderung und den Schutz der Investitionen (12 der Beilagen) die Genehmigung erteilen.

Wien, 1996 07 03

                           Mag. Cordula Frieser                                                         Dr. Ewald Nowotny

                                 Berichterstatterin                                                                         Obmann