399 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 19. 11. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Organisationsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundesgesetz vom 11. April 1975, BGBl. Nr. 258, über die Organisation der Universitäten, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 509/1995, wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 Abs. 2 lit. c wird der Punkt am Ende der lit. c durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. d. angefügt:

       „d)  Verträge über die Durchführung von Untersuchungen und Befundungen im Auftrag Dritter abzuschließen, wenn sie der wissenschaftlichen Forschung dienen."

2. Nach § 2 wird folgender § 2a eingefügt:

§ 2a. (1) Die Universitäten sind ermächtigt, mit Genehmigung des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Vereinbarungen mit anderen Rechtsträgern über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Lehre abzuschließen.

(2) (Verfassungsbestimmung) Die betreffenden Studien und Prüfungen können zur Gänze oder zum Teil auch außerhalb des österreichischen Staatsgebietes abgehalten werden, wenn dies im Hinblick auf die Erfordernisse der internationalen Zusammenarbeit zweckmäßig ist.

(3) Der Abschluß von Vereinbarungen gemäß Abs. 1 ist zulässig, wenn hiedurch der gemäß den Studienvorschriften von der Universität durchzuführende Lehr- und Prüfungsbetrieb nicht beeinträchtigt wird. Die Vereinbarung hat insbesondere den Ersatz der Kosten durch den anderen Rechtsträger an die Universität zu regeln. Die eingenommenen Geldmittel sind im Sinne § 17 Abs. 5 des Bundeshaushaltsgesetzes zweckgebunden für die Erfüllung der Aufgaben der Universität gemäß § 1 Abs. 3 zu verwenden.

3. Im § 15 Abs. 9 lautet der erste Satz wie folgt:

„Die Kommissionen gemäß Abs. 7 sind so zusammenzusetzen, daß jede der im Kollegialorgan vertretenen Personengruppen im selben Verhältnis wie im Kollegialorgan vertreten ist, wobei jedoch im Habilitationsverfahren die von Abs. 3 abweichenden Bestimmungen über die Beschlußfassung zu beachten sind.“

4. Dem § 36 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Gegenstand der Abstimmung am Schluß der einzelnen Abschnitte des Habilitationsverfahrens ist die Frage, ob der Habilitationswerber die jeweils zu prüfenden Voraussetzungen erfüllt. Erachtet die Mehrheit der Habilitationskommission die Voraussetzungen als erfüllt, so ist ein positiver Bescheid im Sinne des Abs. 7 zu erlassen. Im zweiten und vierten Abschnitt sowie nach Abs. 8 ist ein positiver Bescheid nur zu erlassen, wenn die Mehrheit der Mitglieder der Habilitationskommission mit Lehrbefugnis (venia docendi) die Voraussetzungen als erfüllt erachtet. In allen anderen Fällen ist ein negativer Bescheid zu erlassen."

5. Dem § 116 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die Bestimmungen des § 15 Abs. 9 und des § 36 Abs. 9 in der Fassung dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Dezember 1996 in Kraft.“

vorblatt

Probleme:

            Der Verfassungsgerichtshof hat die Wortfolge „im selben Verhältnis wie im Kollegialorgan“ im § 15 Abs. 9 erster Satz UOG aufgehoben. Diese Bestimmung betrifft die Zusammensetzung der von einem Kollegialorgan zur Vorbereitung und Bearbeitung von einzelnen oder von Gruppen seiner Beratungsgegenstände eingesetzten ständigen und nichtständigen Kommissionen.

         –   Die Universitäten haben derzeit keine Möglichkeit, in Abstimmung mit anderen Rechtsträgern universitäre Leistungen an ausländischen Standorten anzubieten.

         –   Die Teilrechtsfähigkeit ist vor allem für den Institutsbetrieb zu eng umschrieben.

Ziele:

         –   Adaption der von der Aufhebung betroffenen Bestimmungen im UOG und damit Herstellung eines der Rechtsanschauung des VfGH entsprechenden Rechtszustandes.

         –   Eine Verfassungsbestimmung soll Basis für ein grenzüberschreitendes Tätigwerden der Universitäten bieten.

         –   Die Teilrechtsfähigkeit der Universitäten bzw. ihrer Einrichtungen soll erweitert werden.

Alternativen:

Die Unterlassung einer Adaption hat Rechtsunsicherheit zur Folge. Die Aufhebung der Wortfolge tritt mit Ablauf des 30. November 1996 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Kosten:

Keine.

EU-Konformität:

Gegeben.

Erläuterungen

Allgemeines


Im Erkenntnis vom 29. November 1995 hat der Verfassungsgerichtshof im § 15 Abs. 9 erster Satz UOG die Wortfolge „im selben Verhältnis wie im Kollegialorgan“ als verfassungswidrig aufgehoben.

Anlaßfall war die Zusammensetzung einer besonderen Habilitationskommission. Eine besondere Habilitationskommission besteht zur Hälfte aus Universitätsprofessoren und zu je einem Viertel aus Mittelbauvertretern und Vertretern der Studierenden. Unter den Mittelbauvertretern muß sich wenigstens eine Person mit Lehrbefugnis befinden, sodaß in einer besonderen Habilitationskommission die die Lehrbefugnis besitzenden Mitglieder die Mehrheit bilden.

Ein Beschluß einer besonderen Habilitationskommission kommt mit absoluter Mehrheit zustande.

Im Habilitationsverfahren wird über die wissenschaftliche Qualifikation und die didaktischen Fähigkeiten des Habilitationswerbers entschieden.

In seinem Erkenntnis führt der Verfassungsgerichtshof aus, daß es unsachlich sei, wenn eine Entscheidung über die inhaltliche Beurteilung besonderer fachlicher Kenntnisse eines Bewerbers mehrheitlich von Personen getroffen werden kann, die selbst nicht über die entsprechende fachliche Qualifikation verfügen.

Die die Willensbildung einer (besonderen) Habilitationskommission im ersten und dritten Abschnitt eines Habilitationsverfahrens betreffende Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, da es in keinem dieser beiden Abschnitte um die Beurteilung der wissenschaftlichen Qualifikation eines Bewerbers als solche geht.

Der Gesetzgeber kann nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes durchaus auch Personen zu Mitgliedern einer fachliche Fähigkeiten eines Bewerbers zu beurteilenden Kollegialbehörde berufen, die nicht selbst die vom Bewerber angestrebte Qualifikation besitzen, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, daß bei der Beurteilung der fachlichen Qualifikation nicht die Mehrheit jener Mitglieder, die selbst über diese Qualifikation verfügen, überstimmt werden kann. Da eine derartige Vorsorge im UOG nicht getroffen ist, sei jene Bestimmung verfassungswidrig, die die Zusammensetzung des Kollegialorgans in einer Weise regelt, die ein Überstimmen der Mehrheit der fachlich qualifizierten Mitglieder möglich macht. Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch im angesprochenen Erkenntnis weiters ausgeführt, daß der Gesetzgeber nicht gehindert ist, in einer Ersatzregelung dieselbe Zusammensetzung der Kollegialbehörde wie bisher vorzusehen, wenn er gleichzeitig für die Abschnitte zwei und vier des Habilitationsverfahrens, bei denen es allein auf die wissenschaftliche Qualifikation des Bewerbers ankommt, einen Abstimmungsmodus vorsieht, der auch die Mehrheit der selbst über eine Lehrbefugnis verfügenden Personen berücksichtigt.

Der neugeschaffene § 2a soll den Universitäten die Möglichkeit eröffnen, auf Basis von Vereinbarungen verstärkt in internationaler Kooperation tätig zu werden. Hier ist eine Verfassungsbestimmung notwendig, da die gewünschte Mitwirkung von Personal österreichischer Universitäten gegebenfalls, dh. entsprechend den zu treffenenden Vereinbarungen auch im Ausland abgewickelt wird.

Kompetenzgrundlage für die Erlassung der neuen Bestimmungen sind Art. 14 Abs. 1 B-VG sowie Art. 10 Abs. 1 B-VG (hinsichtlich der vorgesehenen Verfassungsbestimmung).

Da das Abhalten von Prüfungen eine hoheitliche Tätigkeit darstellt, ist die im Rahmen der regionalen Zusammenarbeit vereinbarte Prüfungstätigkeit der Vertreter österreichischer Universitäten im Ausland, wie sie von der vorgeschlagenen Regelung des § 2a Abs. 2 erfaßt würde, als Ausnahme von Art. 3 B-VG nur durch Aufnahme einer Verfassungsbestimmung möglich, für deren Erlassung die besonderen Beschlußerfordernisse des Art. 44 B-VG anzuwenden wären.


Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Z 1:

Die Hinzufügung einer lit. d im § 2 Abs. 2 ist notwendig, da für Untersuchungen und Befundungen im Auftrage Dritter bisher keine gesetzliche Abdeckung im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit vorgesehen ist. Die Einschränkung „soweit sie wissenschaftlichen Zwecken dienen“ soll eine Ausweitung auf Bereiche verhindern, die mit den wissenschaftlichen Aufgaben der teilrechtsfähigen Einrichtung (hier meist Institute und Kliniken der Medizinischen Fakultäten und Institute der Technischen Universitäten) in keinem Zusammenhang stehen.

Zu Z 2:

Hier wird den Universitäten die Möglichkeit eröffnet auf Grund von Vereinbarungen grenzüberschreitend tätig zu werden. Da gegebenfalls im Rahmen der zu treffenden Vereinbarungen auch die Tätigkeit von österreichischem Lehrpersonal im Ausland abgewickelt wird, ist eine Verfassungsbestimmung erforderlich.

Zu Z 3:

Entsprechend den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 29. November 1995 bleibt die Zusammensetzung der Kollegialorgane wie bisher bestehen. Im neuen Halbsatz wird jedoch auf die von § 15 Abs. 3 UOG abweichenden Bestimmungen die Beschlußfassung im Rahmen des Habilitationsverfahrens betreffend verwiesen.

Zu Z 4:

Hier wird ein von § 15 Abs. 3 UOG abweichender Abstimmungsmodus für die beiden Abschnitte des Habilitationsverfahrens bestimmt, in welchen alleine die wissenschaftliche Qualifikation beurteilt wird. Durch diese Bestimmung wird sichergestellt, daß in den angesprochenen Abschnitten ein Überstimmen der Mehrheit der Mitglieder der Habilitationskommission mit Lehrbefugnis (venia docendi) im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes verhindert wird.

Zu Z 5:

Gemäß dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 1995, G 1249/95-8, G 1289/95-8, erfolgt die Aufhebung der Wortfolge „im selben Verhältnis wie im Kollegialorgan“ im § 15 Abs. 9 UOG mit Wirkung vom 30. November 1996. Die vorgesehene Inkrafttretungsbestimmung soll sicherstellen, daß die in Folge des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes zu erlassenden neuen Bestimmungen jedenfalls mit Wirkung vom 1. Dezember 1996 in Kraft treten.