431 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (381 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert wird

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 KAG und den im wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen in den Landesausführungsgesetzen muß der ärztliche Dienst in den Krankenanstalten so eingerichtet sein, daß ärztliche Hilfe in der Anstalt jederzeit sofort erreichbar ist. Hinsichtlich der zur Ausübung des ärztlichen Dienstes in Krankenanstalten berechtigten Ärzte verweisen § 7 Abs. 3 KAG und die entsprechende Ausführungsgesetzgebung auf Ärzte, die nach den Bestimmungen des Ärztegesetzes zur Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind. Sind nun, wie im § 2 Abs. 3 des Ärztegesetzes 1984 ausdrücklich festgelegt, Turnusärzte bloß zur unselbständigen Ausübung ärztlicher Tätigkeiten unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte berechtigt, so führen diese Bestimmungen zu dem Ergebnis, daß in Krankenanstalten eine permanente Anwesenheit von zumindest einem Facharzt des jeweiligen Sonderfaches gegeben sein muß und eine „Herbeiholung“ von Fachärzten von auswärts, etwa durch Postfunk oder telefonische Erreichbarkeit, sowie eine Tätigkeit von Turnusärzten ohne Facharztanwesenheit ausgeschlossen sind.

Diese Auffassung entspricht der Judikatur und findet auch im wesentlichen ihre Deckung in der Literatur (vgl. jüngst Kopetzki, Zur fachärztlichen Versorgung in Krankenanstalten, RdM 1995, 123, mit zahlreichen weiteren Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur). Sie wird bestärkt durch Art. VI Abs. 2 der Ärztegesetz-Novelle, BGBl. Nr. 314/1987, der nur als zeitlich befristete Sondervorschrift für (durch ihren Ausbildungsstand bereits besonders) qualifizierte Turnusärzte eine Mitwirkung in organisierten Notarztdiensten vorsah. Diese Bestimmung ist mit Ablauf des 31. Dezember 1993 ersatzlos außer Kraft getreten. Schließlich ist auch auf § 8 Abs. 1 Z 2 KAG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 801/1993 hinzuweisen, wonach die Ausnahme von einer dauernden ärztlichen Anwesenheit nur in solchen selbständigen Ambulatorien für physikalische Therapie zum Tragen kommen soll, in denen keine Turnusärzte ausgebildet werden.

Seitens der Spitalserhalter und von Länderseite wird seit Jahren Kritik an dieser Rechtssituation geübt. Dabei wird darauf hingewiesen, daß eine Reihe von Sonderfächern keine permanente Anwesenheit eines Fachartzes während Wochenend- und Feiertagsdiensten oder in den Nachtstunden in einer Krankenanstalt erfordere und daß es vielmehr ausreiche, wenn in einem angemessenen zeitlichen Intervall ein in Rufbereitschaft befindlicher Facharzt in der Krankenanstalt eintrifft. Dies insbesondere auch deshalb, da Notfallpatienten während der ersten Phase der Spitalsversorgung beispielsweise intensivmedizinischer oder chirurgischer bzw. unfallchirurgischer Erstversorgung bedürften, sodaß Fachärzte anderer Sonderfächer auch erst mit geringer zeitlicher Verzögerung von außerhalb der Krankenanstalt herbeigerufen werden könnten, ohne daß dadurch ein Qualitätsverlust in der Versorgung des Patienten eintreten würde. Eine Rechtslage, die ohne Differenzierung zwischen verschiedenen Sonderfächern generell eine Facharztpräsenz in der Krankenanstalt gebietet, führe daher entweder zu höheren Personalkosten, als dies nach sachlichen Gesichtspunkten notwendig wäre, oder zu wiederholten Verstößen gegen die Rechtsordnung.

Dieser Kritik soll im Rahmen einer Novelle des Krankenanstaltengesetzes durch Änderungen der Vorschriften über die Organisation des ärztlichen Dienstes in Krankenanstalten Rechnung getragen werden. So soll in Schwerpunkt- und in Standardkrankenanstalten künftig eine Dauerfacharztpräsenz nur mehr für bestimmte Sonderfächer geboten sein, während auf den davon nicht erfaßten Sonderfächern im Nacht- sowie vorübergehend im Wochenend- und Feiertagsdienst an die Stelle einer ständigen fachärztlichen Anwesenheit in der Krankenanstalt eine Rufbereitschaft treten kann. Diese Änderungen erfordern auch Anpassungen im Rahmen des Ärztegesetzes 1984 sowohl im Zusammenhang mit der Rechtsgrundlage für die Ausübung ärztlicher Tätigkeiten durch Turnusärzte als auch im Zusammenhang mit der Beschränkung der ärztlichen Tätigkeit von Fachärzten auf das jeweilige Sonderfach.


Durch diese Änderungen entstehen weder dem Bund noch den übrigen Gebietskörperschaften Kosten. Es werden vielmehr für alle Spitalserhalter Einsparungen auf dem Personalsektor möglich sein. Die vorgeschlagenen Änderungen stehen schließlich auch in keinem Widerspruch zu Rechtsvorschriften der EU.

Der Gesundheitsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. November 1996 in Verhandlung genommen.

An der durch die Berichterstatterin eingeleiteten Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Klara Motter, Dr. Brigitte Povysil, Theresia Haidlmayr, Mag. Herbert Haupt, Dr. Günther Leiner, Heidemaria Onodi, Manfred Lackner, Mag. Johann Maier, Georg Wurmitzer und der Ausschußobmann Dr. Alois Pumberger.

Die Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen sowie die Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Klara Motter brachten jeweils einen Abänderungsantrag ein; beide Anträge hatten die Streichung der Ziffer 1 der Regierungsvorlage zum Gegenstand.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzesvorschlag mit Stimmenmehrheit angenommen. Die beiden erwähnten Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit.

Mit Stimmenmehrheit wurde die nachstehende Ausschußfeststellung zu Ziffer 1 der Regierungsvorlage beschlossen:

„Der Gesundheitsausschuß geht davon aus, daß die Kenntnisse und Fertigkeiten, die ein Turnusarzt besitzen muß, um vorübergehend ohne Aufsicht eines für die Ausbildung verantwortlichen Facharztes tätig zu werden, erst nach erfolgreicher Vermittlung der einschlägigen Inhalte der Ärzte-Ausbildungsord­nung erworben sein können. Es ist daher davon auszugehen, daß die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten im Regelfall erst dann gegeben sein werden, wenn bereits zumindest eine zweijährige Ausbildung absolviert wurde.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (381 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 11 12

                               Hannelore Buder                                                           Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                         Obmann