480 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (406 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Punzierungsgesetz geändert wird


Mit vorliegendem Gesetzentwurf soll eine Anpassung des Punzierungsgesetzes an die EU-Rechts­lage vorgenommen werden. Daneben wurde die Gelegenheit genützt, einigen anderen Anpassungserfordernissen Rechnung zu tragen.

Artikel 30 EG-Vertrag bestimmt, daß mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten sind. Ausnahmen sind nur zulässig, sofern sie zum Schutz zwingender, im Allgemeininteresse liegender Erfordernisse (insbesondere der Erfordernisse einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes) notwendig sind. Andernfalls muß ein in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestelltes und in den Verkehr gebrachtes Produkt Zugang zu den Märkten der anderen Mitgliedstaaten haben [vgl. Urteil des EuGH vom 20. Februar 1979, Rechtssache 120/78 (Cassis de Dijon)]. Im Bereich Verbraucherschutz wird vom EuGH in der Regel nur eine Pflicht des Herstellers oder Importeurs zur entsprechenden Information des Konsumenten akzeptiert (Produktkennzeichnung, Etikettierung, Beipackzettel u. dgl.). Die derzeit im Punzierungsgesetz vorgesehenen Einfuhrverbote sowie Strafen für Edelmetallgegenstände, die den in § 1 Abs. 1 und 2 festgelegten Mindestfeingehalten nicht entsprechen, sind nach der Rechtsprechung des EuGH daher nicht EU-konform. Eine Anpassung der entsprechenden punzierungsrechtlichen Bestimmung ist daher erforderlich.

Nach dem Urteil des EuGH vom 15. September 1994, Rechtssache C-293/93 (Houtwipper), steht Artikel 30 EG-Vertrag der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegen, die das Inverkehrbringen von Arbeiten aus Edelmetall verbietet, die nicht mit einer den Anforderungen dieser Regelung entsprechenden, den Feingehalt angebenden Punzierung versehen sind, sofern diese Arbeiten nicht nach den Rechtsvorschriften des Ausfuhrmitgliedstaats mit einer Punzierung versehen worden sind, die den gleichen Informationsgehalt wie die nach der Regelung des Einfuhrmitgliedstaats vorgeschriebene Punzierung hat und für den Verbraucher in diesem Staat verständlich ist. Sofern eine nationale Regelung verlangt, daß die Punze von einer unabhängigen Stelle anzubringen ist, darf das Inverkehrbringen von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Edelmetallarbeiten nicht verboten werden, wenn diese Arbeiten tatsächlich von einer unabhängigen Stelle im Ausfuhrmitgliedstaat punziert worden sind. Diese EuGH-Judikatur erfordert eine Anpassung der in § 6 für sämtliche im Inland hergestellten oder ins Inland verbrachten Edelmetallgegenstände vorgesehenen unverzüglichen Vorlagepflicht.

Derzeit wird in sämtlichen Bestimmungen des Punzierungsgesetzes lediglich auf „über die Zoll­grenze eingeführte“ Gegenstände bezug genommen. Die Geltung der punzierungsrechtlichen Vorschriften für aus dem EU-Raum ins Inland verbrachte Edelmetallgegenstände gründet sich lediglich auf die derzeit noch geltende Bestimmung des § 120 Abs. 6 ZollR-DG. Eine Anpassung der entsprechenden Begriffe ist daher notwendig.

Weitere Änderungen beinhalten die Ermöglichung der Vorlage der Edelmetallgegenstände zur Feingehaltsprüfung durch Übersendung an das Punzierungsamt auf dem Postweg, die Ermöglichung der Einfuhr von Ausstellungsware und Musterkollektionen über die EU-Binnengrenze ohne die Verpflichtung zur Vorlage zur Punzierung, die Aufhebung der in § 21 vorgesehenen Ausweisausstellung sowie die Anpassung der Geldstrafenbeträge an die im VStG genannten Wertgrenzen.


Der Finanzausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 21. November 1996 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Ing. Mag. Erich Schreiner, Dr. Martina Gredler und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (406 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 11 21

                                     Ernst Fink                                                                   Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann