520 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP mmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmmmmmmmm

Bericht

des Verfassungsausschusses


über den Antrag 324/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird


Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 31. Oktober 1996 im Nationalrat eingebracht.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Im Hinblick auf das Gesetzesvorhaben eines Bundesgesetzes, mit dem das Postgesetz und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert werden, in dem insbesondere eine Ersetzung der hoheitlichen Postgebühren durch privatrechtliche Entgelte vorgesehen ist, erscheint es angezeigt, jene Bestimmungen der Bundesverfassung aufzuheben, die eine Mitwirkung des Nationalrates an der Festsetzung der Postgebühren vorsehen.

Dieses Ziel wird hier nicht durch Streichung der Erwähnung von Postgebühren an den Stellen der Bundesverfassung, die vom Mitwirkungsrecht des Nationalrates in derartigen Angelegenheiten handeln, sondern – im Sinne der Bestrebungen zu einer Verminderung der Zersplitterung der Bundesverfassung – durch Integrierung der nach dieser Streichung verbleibenden Regelungen des Gesetzes über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten, StGBl. Nr. 180/1920, verfolgt. Weitere, über den Entfall der Erwähnung von Postgebühren hinausgehende Änderungen sind mit der vorgeschlagenen Regelung nicht verbunden.“

Der Verfassungsausschuß hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 4. Dezember 1996 in Verhandlung genommen. In der Debatte ergriff der Abgeordnete Dr. Andreas Kohl das Wort.

Die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Dr. Andreas Kohl brachten einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. I Z 1 und 2 (Art. 54 und 55 B-VG):

Mit der beantragten Neufassung des Art. I des Antrages 324/A soll von einer verfassungsrechtlichen Festschreibung des bereits nach geltendem Rechtszustand sehr begrenzten und nach Entfall der Mitwirkung des Nationalrates an der Festsetzung der Postgebühren noch eingeschränkteren Anwendungsbereiches der im Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten, StGBl. Nr. 180/1920, enthaltenen Mitwirkungsregelung abgesehen und lediglich das Prinzip der Möglichkeit einer solchen Mitwirkung im Bundes-Verfassungsgesetz festgeschrieben werden.

Zu diesem Zweck wird die für Verordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers geltende Regelung des Art. 55 B-VG auf ,allgemeine Akte‘ dieser Organe erweitert.


Der bisherige Art. 55 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz B-VG wird zu diesem Zweck zu einem neuen Abs. 4 erweitert. Abs. 1 zweiter Satz wird unverändert zu einem neuen Abs. 2, der geltende Abs. 2 unverändert zu einem neuen Abs. 3.

Die Grundzüge des Verfahrens nach dem Gesetz StGBl. Nr. 180/1920 sind bereits durch die Novelle BGBl. Nr. 438/1996 in § 31a des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 aufgenommen worden.

Abs. 5 soll Sonderbestimmungen im Verfassungsrang wie die des Art. I Abs. 2 bis 4 des Versorgungssicherungsgesetzes 1992 entbehrlich machen (eine Aufhebung der entsprechenden geltenden Bestimmungen ist derzeit nicht erforderlich, da eine Novelle dieses auf einer befristeten Kompetenzgrundlage beruhenden Gesetzes bereits im Nationalrat eingebracht worden ist).

Zu Art. I Z 3 bis 5 (Art. 102 Abs. 2 sowie Art. 151 Abs. 5 und 7a B-VG):

Nach Art. 44 Abs. 1 erster Halbsatz B-VG können Verfassungsgesetze oder in einfachen Gesetzen (des Bundes) enthaltene Verfassungsbestimmungen vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen (erhöhtes Präsenz- und Konsensquorum) beschlossen werden. Sie sind gemäß Art. 44 Abs. 1 zweiter Halbsatz B-VG als solche (,Verfassungsgesetze‘, ,Verfassungsbestimmung‘) ausdrücklich zu bezeichnen.

Die Wortgruppe ,Geld-, Kredit, Börse-, Bank- und Vertragsversicherungswesen‘, wurde in Art. 102 Abs. 2 B-VG durch Art. IV Z 1 des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 532, eingefügt. Gemäß Art. IV Z 2 des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993 wurde dem Art. 151 B-VG (Inkrafttretensbestimmungen) ein Abs. 5 angefügt. Art. IV des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993 hat den Rang eines einfachen (verfassungswidrigen) Bundesgesetzes, weil die ausdrückliche Bezeichnung als Verfassungsbestimmung (vgl. Art. 44 Abs. 1 zweiter Halbsatz B-VG) fehlt. Der vorliegende Initiativantrag bezweckt die verfassungsrechtliche Sanierung des Art. 102 Abs. 2 B-VG und des Art. 151 B-VG. Die bisher durch ein einfaches Bundesgesetz in Art. 102 Abs. 2 B-VG eingefügte, auf einfacher Gesetzesstufe stehende Wortgruppe wird mit einem Bundesverfassungsgesetz in den Verfassungsrang gehoben.

Es besteht bereits ein Art. 151 Abs. 5 B-VG auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. 868/1992, weshalb das Inkrafttreten im Art. 151 Abs. 7a B-VG geregelt wird.

Die rückwirkende Sanierung per 1. Jänner 1994 ist gerechtfertigt, weil bloß ein Formmangel korrigiert wird.

Zu Art. III:

§ 1 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, wurde als Verfassungsbestimmung beschlossen, weil sich Art. 55 B-VG in der geltenden Fassung lediglich auf Verordnungen bezieht und daher auf (verordnungsrangige) Regierungsübereinkommen nicht anwendbar erschien (vgl. den Ausschußbericht 754 BlgNR XIV. GP). Sein Verfassungsrang wird durch die Erweiterung des Anwendungsbereiches des Art. 55 B-VG über Verordnungen der Bundesregierung oder eines Bundesministers hinaus generell auf ,allgemeine Akte‘ dieser Organe entbehrlich und durch den vorgeschlagenen Art. III beseitigt.“

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 324/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oberwähnten Abänderungsantrages in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungssausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 12 04

                            Dr. Günther Kräuter                                                           Dr. Andreas Khol

                                   Berichterstatter                                                                Obmannstellvertreter

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925 und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen geändert werden und das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten aufgehoben wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 659/1996, wird wie folgt geändert:

1. Art. 54 wird aufgehoben.

2. Art. 55 lautet:

„Artikel 55. (1) Der Nationalrat wählt aus seiner Mitte nach dem Grundsatz der Verhältniswahl den Hauptausschuß.

(2) Der Hauptausschuß ist auch außerhalb der Tagungen des Nationalrates (Art. 28) einzuberufen, wenn sich die Notwendigkeit hiezu ergibt.

(3) Der Hauptausschuß wählt einen ständigen Unterausschuß, dem die in diesem Gesetz vorgesehenen Befugnisse obliegen. Die Wahl erfolgt nach dem Grundsatz der Verhältniswahl; bei Bedachtnahme auf diesen Grundsatz muß jedoch dem Unterausschuß mindestens ein Mitglied jeder im Hauptausschuß vertretenen Partei angehören. Das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates hat Vorsorge zu treffen, daß der ständige Unterausschuß jederzeit einberufen werden und zusammentreten kann. Wird der Nationalrat nach Art. 29 Abs. 1 vom Bundespräsidenten aufgelöst, so obliegt dem ständigen Unterausschuß die Mitwirkung an der Vollziehung, die nach diesem Gesetz sonst dem Nationalrat (Hauptausschuß) zusteht.

(4) Durch Bundesgesetz kann festgesetzt werden, daß bestimmte allgemeine Akte der Bundesregierung oder eines Bundesministers des Einvernehmens mit dem Hauptausschuß bedürfen sowie daß dem Hauptausschuß von seiten der Bundesregierung oder eines Bundesministers Berichte zu erstatten sind. Nähere Bestimmungen, insbesondere für den Fall, daß kein Einvernehmen zustande kommt, trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

(5) Für Verordnungen des zuständigen Bundesministers über Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung einer ungestörten Produktion oder der Versorgung der Bevölkerung und sonstiger Bedarfsträger mit wichtigen Wirtschafts- und Bedarfsgütern ist die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates vorzusehen, wobei für den Fall von Gefahr im Verzug und über die Aufhebung solcher Verordnungen besondere gesetzliche Regelungen getroffen werden können. Beschlüsse des Hauptausschusses, mit denen derartigen Verordnungen die Zustimmung erteilt wird, können nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gefaßt werden.“

3. In Art. 102 Abs. 2 wird nach dem Wort „Monopolwesen,“ eingefügt: „Geld-, Kredit-, Börse-, Bank- und Vertragsversicherungswesen,“.

4. Art. 151 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 532/1993 entfällt.

5. Im Art. 151 wird nach dem Abs. 7 der folgende Abs. 7a eingefügt:

„(7a) Art. 102 Abs. 2 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. xxx/1996 tritt mit 1. Jänner 1994 in Kraft. Art. 102 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 532/1993 tritt zugleich außer Kraft.“

6. Art. 151 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) Art. 55 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. Nr. . . ./199 . , tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft. Zugleich tritt Art. 54 außer Kraft.“

Artikel II

Änderung des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925

Das Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368/1925, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 268/1994, wird wie folgt geändert:

1. § 23 wird aufgehoben.

2. § 43 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 23 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1996 außer Kraft.“

Artikel III

Änderung des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen

Das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, wird wie folgt geändert:

In § 1 Abs. 5 entfällt mit Ablauf des 31. Dezember 1996 die Bezeichnung „(Verfassungs­bestimmung)“.

Artikel IV

Aufhebung des Gesetzes über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten

Das Gesetz über die Mitwirkung der Nationalversammlung an der Regelung von Postgebühren und Preisen der Monopolgegenstände sowie von Bezügen der in staatlichen Betrieben Beschäftigten, StGBl. Nr. 180/1920, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 268/1994, tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1996 außer Kraft.