582 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses


betreffend den Situationsbericht 1996 des Bundesministers für Landesverteidigung (III‑73 der Beilagen) und über den Antrag 112/A(E) der Abgeordneten Hans Helmut Moser und Genossen betreffend Vorlage eines Berichtes über den Zustand des Bundesheeres


Der Bundesminister für Landesverteidigung hat dem Nationalrat am 23. Jänner 1997 den Situations­bericht 1996 (III-73 der Beilagen) zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung vorgelegt.

Ziel des Situationsberichtes ist eine Darstellung des aktuellen Zustandes des Bundesheeres als eine der Voraussetzungen für die Präzisierung weiterer notwendiger Entwicklungsschritte. Das SOLL ergibt sich hiebei aus den Ministerratsbeschlüssen zur “Heeresgliederung-Neu” (“HG-Neu”) vom Juli und Dezember 1992 und aus Planungsweisungen zu deren Umsetzung. Der Situationsbericht soll weitere Planungsschritte bzw. notwendige Modifizierungen zu den bereits erfolgten Planungstätigkeiten ermöglichen.

In den Vorbemerkungen wird hiezu ausgeführt, daß mit der “HG-Neu” das Bundesheer in einem nur 22 Monate dauernden Prozeß die Umstellung auf eine grundsätzlich neue Struktur in konstruktiver Weise ohne eine zwischenzeitliche Beschränkung der Einsatzbereitschaft und ohne besondere Härten im Personalbereich vorgenommen hat.

Die Einleitung der Organisationsänderung erfolgte aus eigener Lagebeurteilung zu einem Zeitpunkt, da die übrigen europäischen Staaten in ihren militärischen Strukturen noch die Dimensionen des Ost-West-Konfliktes zugrunde legten. In der Zwischenzeit haben auch andere europäische Staaten begonnen, ihre Strukturen auf das geänderte Bedrohungsbild umzustellen.

Die Anpassung der Erfordernisse der Landesverteidigung an die sicherheitspolitische Entwicklung erfolgte systematisch in einem Prozeß, der mit LV-Rat und Ministerrat abgestimmt wurde.

Schließlich wird darauf hingewiesen, daß die Ableitungen aus dem Situationsbericht 1996 als notwendig für eine aufgaben- und ressourcenbezogene Struktur des Heeres anzusehen wären und gleichzeitig die Basis für die nächste Beurteilung darstellen, die aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine politische Entwicklung im Umfeld Österreichs noch vor dem Jahr 2000 erfolgen müssen wird.

Der Situationsbericht 1996 gliedert sich in drei Teile:

Im ersten Teil (Abschnitt II) werden die Ausgangsbasis aus der Beurteilung der frühen neunziger Jahre sowie die daraus abgeleiteten politischen Vorgaben dargelegt. Ebenso wird der Strukturierungsablauf der Verbände in den Jahren 1992 bis 1995 behandelt; dieser Prozeß wurde erfolgreich abgeschlossen.

Im zweiten Teil (Abschnitt III) werden die nunmehr geänderte Situation und deren Auswirkungen auf das Bundesheer aufgezeigt. Die geänderten Beurteilungskriterien umfassen sowohl das sicherheitspolitische “Bedrohungsszenarium” wie auch die kleiner gewordene Ressourcenbasis, was entsprechenden Einfluß auf die Organisation haben muß. Die Ableitungen daraus weisen den weiteren Weg zur Strukturanpassung.

Im dritten Teil (Abschnitt IV) werden die konkret abgeleiteten Maßnahmen vorgeschlagen, um auf die dargestellte Lageentwicklung frühzeitig und vorausschauend zu reagieren und die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen innerhalb der nächsten zwei Jahre setzen zu können.

Der Situationsbericht 1996 kommt zu folgenden Schlußfolgerungen:

–   Die Reaktion auf die geänderte sicherheitspolitische Situation in Europa anfang der neunziger Jahre führte zu einer strukturellen Änderung des Bundesheeres, die in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung auch heute noch richtig ist.

–   Durch die weitere Entwicklung in Europa ergeben sich Prioritätsverschiebungen im Bedrohungs­szenarium, wenngleich die gesamte Bedrohungspalette an und für sich bestehenbleibt.

–   Die Aufgabenstellung des Heeres ist weiterhin ausgerichtet auf Präsenzleistung und Aufwuchs­fähigkeit auf der Basis der allgemeinen Wehrpflicht und des Milizsystems. Reaktionsfähigkeit hat das Heer zu zeigen hinsichtlich jeder Art von Assistenzleistung, vermehrtem Engagement für internationale Missionen zur Friedenssicherung und ausreichender Größe zum Schutz der EU-Außengrenze.

–   Die Organisation des Heeres richtet sich auf dieses Szenario aus und wird laufend angepaßt, dies unter dem Aspekt der Beengtheit der Ressourcen.

–   Als nächster Schritt einer zukunftsorientierten Gliederung erfolgt daher eine Schwerpunktbildung und Straffung der Organisation.

Dabei wäre zu berücksichtigen:

–   Strukturbereinigung in der oberen Führung und Kompetenzentflechtung zwischen der oberen und mittleren Führung; hiebei wären den Korpskommanden im wesentlichen operative Führungsaufgaben zuzuordnen, während die Militärkommanden als Territorialkommanden mit minimierten taktischen Führungsaufgaben (wie Assistenzeinsatz und Aufgaben geringerer Intensität) zu betrauen sind.

–   Verdichtung im Rahmen der mechanisierten Truppe im Sinne einer effizienteren Verbandsstruktur.

–   Schaffung/Strukturierung rasch verfügbarer infanteristischer Verbände analog der mechanisierten Truppe (“JgBrig”) aus bestehenden Jägerregimentern für Präsenz-, internationale und schwer­gewichtsmäßige Einsatzaufgaben; in diesem Zusammenhang Qualifizierung der Jägerverbände hinsichtlich Gebirgsbeweglichkeit, luftbeweglicher Infanterie, mechanisierter Infanterie- und Sicherungstruppe.

–   Prüfung der Möglichkeit von Verdichtungen bei Ämtern und bei Schulen.

–   Weitere Professionalisierung im Sinne einer erhöhten Ausbildungsqualität.

–   Erhöhung der Priorität der internationalen Verpflichtungen, verbunden mit verbesserter Interoperabilität.

–   Weitere Rationalisierung im Führungsbereich auf oberer Ebene und in der Infrastruktur.

–   Beachtung regionaler Gesichtspunkte bei der GWD-Steuerung.

Die angestrebte Vorgangsweise hat das Ziel einer Effizienzoptimierung bei geringen Ressourcen und sichert die Option, auf Entwicklungen im europäischen Raum weiterhin angemessen und zeitgerecht reagieren zu können.

Der Landesverteidigungsausschuß hat den Bericht in seiner Sitzung am 30. Jänner 1997 in Verhandlung genommen.

Vor Eingang in die Debatte beschloß der Landesverteidigungsausschuß auf Antrag der Abgeordneten Dr. Karl Maitz, Anton Gaál, Herbert Scheibner und Hans Helmut Moser gemäß § 28b Abs. 4 GOG einstimmig, den gegenständlichen Bericht nicht endzuerledigen. Dieser Antrag wird wie folgt begründet:

“Die Situation des Bundesheeres steht seit langer Zeit im Blickfeld der Öffentlichkeit. Durch den mittlerweile vom Bundesminister für Landesverteidigung übermittelten Situationsbericht 1996 gibt es eine gute Möglichkeit für den Nationalrat, die unterschiedlichen Positionen und die grundsätzliche Bereitschaft aller Abgeordneten zur Unterstützung der militärischen Landesverteidigung darzustellen.”

An der sich an die Ausführungen des Berichterstatters anschließenden Debatte im Gegenstand beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Karl Maitz, Hans Helmut Moser, Anton Gaál, Wolfgang Jung, Andreas Wabl, Dr. Harald Ofner, Mag. Franz Steindl, Walter Murauer, Dr. Irmtraut Karlsson, Dipl.-Ing. Werner Kummerer sowie der Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend und der Ausschußvorsitzende Abgeordneter Herbert Scheibner.

Bei der Abstimmung hat der Landesverteidigungsausschuß mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Hohen Hause die Kenntnisnahme dieses Berichtes zu empfehlen.

Der Entschließungsantrag 112/A(E) gilt als miterledigt.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Dr. Karl Maitz gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den vom Bundesminister für Landesverteidigung vorgelegten Situationsbericht 1996 (III-73 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.


Wien, 1997 01 30

                                  Dr. Karl Maitz                                                               Herbert Scheibner

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann