812 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Justizausschusses


über die Regierungsvorlage (49 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Fernmeldegesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden, und den Antrag der Abgeordneten Dr. Liane Höbinger-Lehrer und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem die Strafprozeßordnung 1975, das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz und das Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden (81/A)


Der Justizausschuß hat die Regierungsvorlage und den am 31. Jänner 1996 von den Abgeordneten Dr. Liane Höbinger-Lehrer, Dr. Harald Ofner und Genossen zum selben Thema eingebrachten Initiativantrag in seiner Sitzung am 27. März 1996 in Verhandlung genommen. Zur Regierungsvorlage berichtete der Abgeordnete Dr. Günther Kräuter, zum Initiativantrag 81/A die Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer.

Nach Wortmeldungen der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Mag. Terezija Stoisits wurde mit Mehrheit beschlossen, zur weiteren Behandlung einen Unterausschuß einzusetzen. Diesem Unter­ausschuß gehörten zuletzt (nach mehrmaligen Ummeldungen) von der Sozialdemokratischen Parlaments­fraktion die Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann (Obfraustellvertreter), Anna Huber, Dr. Johannes Jarolim, Dr. Günther Kräuter, Anton Leikam, Emmerich Schwemlein, vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (Obfrau), Paul Kiss, Mag. Helmut Kukacka, Günter Platter, Dr. Walter Schwimmer, vom Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs Dr. Martin Graf (Schriftführer), Dr. Harald Ofner, Dr. Helene Partik-Pablé, Herbert Scheibner, vom Parlamentsklub Liberales Forum Mag. Dr. Heide Schmidt und vom Grünen Klub Mag. Terezija Stoisits an.

Dieser Unterausschuß beschäftigte sich in insgesamt fünf Arbeitssitzungen mit der Materie. Von seiten des Bundesministeriums für Justiz nahmen Bundesminister Dr. Nikolaus Michalek, Sektionschef. Dr. Roland Miklau, LStA Dr. Werner Pleischl und Richter Mag. Christian Pilnacek, von seiten des Bundes­ministeriums für Inneres der Bundesminister Dr. Caspar Einem, Sektionschef. Dr. Wolf Szymanski, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Mag. Michael Sika, Rat Mag. Drobesch und Rat Mag. Juritsch an den Unterausschußberatungen teil.

Die Sitzung am 23. Oktober 1996 diente einem Expertenhearing, zu dem folgende Personen geladen waren: der Präsident des Obersten Gerichtshofes, Hon.-Prof. Dr. Steininger; der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Dr. Woratsch; der Präsident der Vereinigung der österreichischen Richter Dr. Klingler; der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz, LStA Hon.-Prof. Dr. Lambauer; der Polizeipräsident von Wien, Hofrat Dr. Stiedl; der Sicherheitsdirektor für OÖ, Hofrat Mag. Siegl; Univ.‑Prof. Dr. Gropp, Universität Leipzig; Univ.-Prof. Dr. Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen; Herr McDonald, FBI/USA; Univ.-Prof. Dr. Fuchs, Universität Wien; Univ.-Prof. Dr. Bertel, Universität Innsbruck; vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag Präsident Dr. Hoffmann, RA Dr. Ainedter und RA Dr. Pritz; RA Dr. Noll; Vorsitzender des Datenschutzrates Präsident Strutzenberger; Dr. Souhrada-Kirchmayer (Vertreterin des Datenschutzbüros).

Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Expertenanhörung hat das Bundesministerium für Justiz einen Bericht samt Stellungnahme zu bisherigen Kritikpunkten und möglichen Verbesserungen sowie im Zusammenwirken mit dem Bundesministerium für Inneres eine Zusammenfassung dieser Unterlage erstellt und dem Unterausschuß für seine weiteren Beratungen zur Verfügung gestellt.

Der Unterausschuß berichtete über das Ergebnis seiner Arbeiten durch die Obfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter dem Justizausschuß in dessen Sitzung am 2. Juli 1997.

An der sich daran anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Harald Ofner, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits und Dr. Walter Schwimmer sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.

Von den Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter wurde ein umfassender Abänderungsantrag vorgelegt, der die Ergebnisse der Unterausschußberatungen, ins­besondere die auf Grund der Vorschläge und Anregungen der Expertenanhörung erstellten Verbesse­rungsvorschläge des Bundesministeriums für Justiz verarbeitet.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Willi Fuhrmann und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter in der diesem Bericht beige­druckten Fassung mit Mehrheit angenommen.

Mit dieser Beschlußfassung gilt der Initiativantrag 81/A als miterledigt.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim gewählt.

Zu den vom Justizausschuß vorgenommenen Änderungen ist folgendes zu bemerken:

Zu Art. I (Änderungen der Strafprozeßordnung):

Zu Art. I Z 1 bis 10 (Überschrift des XII. Hauptstückes, § 149c Abs. 1, neue Abschnitte VI bis X mit den §§ 149d bis 149o StPO; §§ 149p, 151 Abs. 2, 281 Abs. 1 Z 3, 345 Abs. 1 Z 4 und 468 Abs. 1 Z 3 StPO):

I. Allgemeines

1. Die Zunahme schwerer und organisierter Kriminalität im Bereich des Terrorismus, der Korruption, des Suchtgifthandels und der sexuellen Ausbeutung sowie der schweren Vermögensdelinquenz, deren Besonderheit ua. in der internen Abschottung der Tätergruppen und -pyramiden sowie im häufigen Fehlen individueller Opfer besteht, die der Strafverfolgung Informationen aus erster Hand liefern könnten, erschwert die polizeiliche Aufklärungsarbeit und den gerichtlichen Nachweis der Tatbegehung gegenüber einzelnen Beschuldigten. Ein Blick auf das Gefahrenpotential, das von der organisierten Kriminalität ausgeht, belegt die veränderten Bedingungen: Aus den Verbrechen der organisierten Kriminalität werden jährlich mehrere hundert Millionen Dollar Gewinne aus Schwerkriminalität, illegalem Glücksspiel, Menschenhandel (einschließlich Kinderprostitution), Drogenhandel, illegalen Rüstungs-, Technologie- und Waffengeschäften in den „legalen Wirtschaftskreislauf“ reinvestiert. Dies geht einher mit einem absoluten Verschwiegenheitskodex, völliger Abschottung, arbeitsteiligen Organisationen, einem gesteigerten Grad von Konspiration, wodurch die Gefahr für den Rechtsstaat nicht lediglich in der kriminellen Handlung als solcher besteht (vgl. mwN LORENZ, Aktionismus, Populismus? – Symbolismus!, GA 1997, 51 ff.). Die organisierte Kriminalität verhält sich damit wie ein Wettbewerber zum Staat, indem eigene Regeln denen des Staates gegenübergestellt werden und indem die Organisation auch versucht, diese Regeln zu durchkreuzen. Diese Sicht von organisierter Kriminalität – von der auch Österreich nicht unberührt bleibt – rechtfertigt organisatorische Vorkehrungen des Staates im wohlverstandenen Interesse seiner Bürgerinnen und Bürger und im Eigeninteresse. Ebenso, wie sich große Unternehmen Strategieabteilungen leisten, deren Zweck darin besteht, Wettbewerber zu beobachten und eigene Strategien für den Markterfolg zu entwickeln, ist für den Staat die Sicher­heitsexekutive berufen, die Wettbewerber zu beobachten und deren Strategien zu durchkreuzen (vgl. EINEM, Das Besondere der Organisierten Kriminalität, in: Organisierte Kriminalität, professionelle Ermittlungsarbeit – neue Herausforderungen; Bd. 77 der Schriftenreihe des BMJ, 6 ff.). Gefährdet sind somit die Unabhängigkeit der Justiz, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie die Glaubwürdigkeit der Politik, das Vertrauen in unsere Wertordnung und schließlich die Schutzfunktion unseres Rechtsstaates. Das Streben nach wirkungsvollen Instrumenten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und nach deren Einbettung in die vorgegebenen Strukturen des Strafverfahrens hat daher seit geraumer Zeit die rechtspolitische Diskussion im benachbarten Ausland und in Österreich beherrscht, wobei im Rechtsvergleich bereits die Regierungsvorlage 49 BlgNR XX. GP als einer jener Vorschläge hervor­gehoben wurde, die auf einen besonders sorgfältigen Ausgleich zwischen der Effizienz der Strafverfolgung und der weitestmöglichen Wahrung der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger bedacht sind (vgl. MICHALEK, Besondere Ermittlungsmethoden gegen organisiertes Verbrechen, JRP 1996, 73 ff. mwN).

2. Dennoch war der Justizausschuß bestrebt, die an dem Entwurf – auch in den Beratungen des Unterausschusses – geübte Kritik ernst zu nehmen und die Abwägung, inwieweit heimliche Ermittlungs­maßnahmen insgesamt mit den Grundsätzen eines liberalen Rechtsstaates und der diese Grundsätze umsetzenden Strafprozeßordnung vereinbar sind, weiter zu verfeinern.

Als Richtschnur für die gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommenen Änderungen wurde dabei insbesondere an die Garantie der Privatsphäre im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK angeknüpft, welche drei einschlägige Dimensionen aufweist: die Achtung des Privatlebens (kommunikativer Aspekt), die Achtung des Familienlebens (sozialer Aspekt) und die Achtung der Wohnung (räumlicher Aspekt).

Anhand der Eingriffstatbestände des Art. 8 Abs. 2 EMRK (gesetzliche Ermächtigung zum Eingriff; ausdrückliche Zulassung des konkreten Eingriffszwecks und „Notwendigkeit“ des Eingriffs zu diesem Zweck „in einer demokratischen Gesellschaft“) sowie der aus Art. 13 EMRK abzuleitenden Garantie eines effektiven Rechtsschutzes hat der Justizausschuß daher eine Reihe von Verbesserungen gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen, wobei ein weiteres Hauptaugenmerk darauf gerichtet war, der Gefahr von Mißbräuchen besonderer Ermittlungsmaßnahmen und ihrer Ergebnisse weitestmöglich entgegenzuwirken.

3. Hervorgehoben seien folgende Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage:

–   Präzisierung der Voraussetzungen für die Überwachung im Fall der „Geiselnahme“ (§ 149d Abs. 1 Z 1).

–   Präzisierung der Zulassung optischer Überwachungen außerhalb von Wohnungen sowie Bindung von „Videofallen“ in Räumlichkeiten an die Zustimmung des Berechtigten und Einführung einer richterlichen Bewilligung für beide Fälle (§§ 149d Abs. 2, 149e Abs. 3).

–   Konkretisierende Umschreibung des Verhältnismäßigkeitserfordernisses (§§ 149d Abs. 4, 149f Abs. 1 Z 7).

–   Zeitliche Befristung der Bewilligung optischer oder akustischer Überwachung mit höchstens einem Monat (§ 149e Abs. 5).

–   Ausdrückliche Verankerung und Konkretisierung einer Berichtspflicht der Sicherheitsbehörde nach Beendigung einer Überwachung („Progress-report“, § 149g Abs. 2).

–   Ausdehnung der Beweisverwertungsverbote auf zivilgerichtliche und verwaltungsbehördliche Verfahren (§ 149h Abs. 3) sowie auf den Fall einer „Videofalle“ in Räumlichkeiten (§ 149h Abs. 2 Z 4).

–   Besonderer Rechtsschutz und begleitende Kontrolle für die Anordnung und Durchführung der optischen und akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 und des Datenabgleichs durch einen unabhängigen „Rechtsschutzbeauftragten“ (§§ 149n ff.).

–   Besonderer Schutz der gesetzlich anerkannten Verschwiegenheitspflichten der Berufsgruppen mit Zeugnisentschlagungsrecht nach § 152 Abs. 1 Z 4 und 5 StPO (Antrag auf Anordnung einer Überwachung nur mit Ermächtigung des Rechtsschutzbeauftragten; §§ 149e Abs. 2 und 149o Abs. 2) sowie Klarstellung des Umgehungsverbotes bei geistlicher Amtsverschwiegenheit (§ 151 Abs. 2).

–   Schaffung der Rechtsgrundlagen für eine „Sondereinheit für Observation“ der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, der die Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 vorbehalten ist (§ 6 Abs. 3 SPG).

2

–   Einbeziehung bestimmter „privater Daten“ in den automationsunterstützten Datenabgleich, zugleich genereller Ausschluß besonders sensibler Daten (§ 149i Abs. 2 und 3).

–   Verstärkte Sicherung des Datenabgleichs gegen allfälligen Mißbrauch von Daten (§§ 149j Abs. 1, 149m).

–   Verbesserung des Geheimnisschutzes bei den Sicherheitsbehörden (Art. VII) und bei der Justiz („Separatakt“ und „Verschlußakt“; § 149m).

–   Erweiterung des strafbewehrten Veröffentlichungsverbotes auf den Inhalt von „Separat- und Verschlußakten“ (§ 301 Abs. 3 StGB).

–   Erweiterung des medienrechtlichen Schutzes vor verbotener Veröffentlichung auf das gesamte Vorverfahren und Anhebung der Obergrenze des medienrechtlichen Schadenersatzes auf 500 000 bzw. 1 Million Schilling (§ 7c Mediengesetz).

–   Umgestaltung der Strafbestimmung gegen den Mißbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten (§ 120 Abs. 3 StGB) zu einem Ermächtigungsdelikt (statt Privatanklagedelikt).

–   Erweiterung der staatsanwaltschaftlichen Jahresberichte über besondere Ermittlungsmaß­nahmen und Telefonüberwachungen: Gelegenheit zu Stellungnahmen der Ratskammer hiezu; Über­mittlung des Gesamtberichtes des Bundesministers für Justiz auch an den Datenschutzrat (§ 10a StAG).

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

1. Zu § 149d (Voraussetzungen der optischen oder akustischen Überwachung)

1.1. Der Justizausschuß hält an dem Vorhaben der Regierungsvorlage fest, eine abschließende, umfassende Regelung der heimlichen (optischen und akustischen) Überwachung des Verhaltens oder der Kommunikation von Personen unter Verwendung technischer Mittel in der Strafprozeßordnung vorzunehmen, um einen derart schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Achtung des Privatlebens und des Hausrechts der erforderlichen Justizförmigkeit des Strafverfahrens mit den vorgesehenen (noch ausgebauten) Kontrollmechanismen und der dadurch bewirkten Beschränkung und wechselseitigen Kontrolle der handelnden Organe (Sicherheitsbehörde, Staatsanwaltschaft, Gericht) zu unterwerfen. Es liegt daher nahe, die materiellen Voraussetzungen der Anordnung einer optischen oder akustischen Überwachung nach ihrer Eingriffsintensität in die erwähnten Grund- und Freiheitsrechte abzustufen.

1.2. Ausgehend vom kommunikativen Aspekt des Privatlebens, durch den die Freiheit der individuellen Disposition über die Öffentlichkeit oder Privatheit eines Verhaltens bzw. einer Kommunikation erfaßt wird, ist freilich für sämtliche Fallgestaltungen eine Einschränkung zu machen: Das Wissen um potentielle Öffentlichkeit ermöglicht dem Grundrechtsträger, sich darauf einzustellen und Nischen von Privatheit zu schaffen oder zu suchen. Die eigene Disposition über Öffentlichkeit oder Privatheit einer Handlung wird nur dann beeinträchtigt, wenn der Betroffene nicht weiß und auch nicht wissen kann, daß er „belauscht“ oder observiert wird. Überall dort, wo wegen der potentiellen Anwesenheit bzw. Beobachtungsmöglichkeit Dritter Privatheit faktisch nicht gewahrt werden kann, liegt kein „nichtöffentliches Verhalten“ vor, sodaß etwa Überwachungskameras im Straßenverkehr keiner Anord­nung nach § 149d StPO bedürfen. Gleiches gilt, wenn Kameras in der Öffentlichkeit zugänglichen Räumen (Banken, Selbstbedienungsläden) so eingerichtet sind, daß für jedermann erkennbar ist, daß er bzw. sein Verhalten überwacht wird. Die eigene und freie Disposition über die Öffentlichkeit einer Kommunikation wird aber auch dann nicht beeinträchtigt, wenn etwa die Unterhaltung in einem Restaurant oder Café in einer Weise geführt wird, daß sie für Dritte an den Nebentischen ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel wahrnehmbar ist.

Die Bestimmungen über die optische und akustische Überwachung erfassen daher nur solche Situationen, in denen die Handlungsfreiheit des einzelnen, für sein Verhalten und seine Kommunikation „Privatheit“ zu schaffen, durch solche technische Hilfsmittel durchbrochen wird, mit denen Wahrnehmungen oder Töne über den örtlichen Sicht- oder Klangbereich hinaus verstärkt übertragen werden (dazu zählen nicht technische Hilfsmittel wie etwa Ferngläser, die bloß die unmittelbare Wahrnehmung ermöglichen oder erleichtern, aber keine Übertragungsfunktion haben). Da durch einen „Peilsender“ bloß der Bewegungsverlauf eines Gegenstandes, in der Regel eines Kraftfahrzeuges, oder einer Person in Form eines Funksignals „übertragen“ wird, nicht jedoch das Verhalten sichtbar oder die Kommunikation hörbar gemacht wird, stellt auch dessen Verwendung keine optische oder akustische Überwachung im Sinne des § 149d dar.

1.3. Nach § 149d Abs. 1 Z 1 soll die optische und akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel jedenfalls zulässig sein, wenn der dringende Verdacht einer „Entführung“ besteht, wodurch – anders als in der Regierungsvorlage – bloß die schwerwiegenden und ein sofortiges Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gebietenden Fälle einer „Geiselnahme“ im Sinne der Bestimmungen der §§ 100 ff. StGB angesprochen werden. Im Sinne der Intention der Regierungsvorlage, diesen Fall der Überwachung situationsbedingt auf den Zeitraum einzuengen, der zur Beendigung des gefährlichen Angriffs und zum Schutz der Geisel erforderlich ist, soll klargestellt werden, daß eine solche – keiner richterlichen Anordnung bedürftige – Überwachung nur zulässig ist, wenn sie sich auf Vorgänge und Äußerungen zur Zeit und am Ort der Freiheitsentziehung beschränkt. Die Überwachung verdächtiger „Kontaktpersonen“ oder anderer Personen, die zwar als Beitragstäter verdächtig sind, jedoch nicht selbst am Ort der „Geiselnahme“ anwesend sind, soll daher auf diese Bestimmung ebensowenig gestützt werden können wie eine fortdauernde Überwachung verdächtiger Personen nach Befreiung der Geisel.

1.4. § 149d Abs. 1 Z 2 beschreibt die nächste Stufe der Eingriffsintensität, indem er den Fall erfaßt, daß die Überwachung in Kooperation mit einem von ihr Betroffenen durchgeführt wird. Der Betroffene (die „Zielperson“ der Überwachung) muß daher mindestens einer Person gegenüberstehen, die von der Überwachung weiß und mit ihr einverstanden ist. Er selbst ist sich daher der Tatsache bewußt, daß er sich in einer Kommunikationssituation mit einem Dritten befindet und kann sein Verhalten auf die Überwachung einstellen. Die Wirkung dieser Art der Überwachung basiert auf einem – in der Regel durch Täuschung hervorgerufenen – Irrtum des Überwachten: Er irrt über die Absichten seines Kommunikationspartners. Dieser will die Information letztlich – aus Sicht des Überwachten – zweckentfremden, indem er sie aufnimmt und Dritten zugänglich macht. Anders als bei der Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 wird nicht ausschließlich in fremde Kommunikation oder fremdes Verhalten eingedrungen, sondern eine Situation ausgenützt, in der der Überwachte seinem Gesprächspartner etwas mitteilt, was zwar für diesen bestimmt ist – aber was der Überwachende als Dritter nicht wissen soll. Damit unterscheidet sich jedoch dieser Fall einer Überwachung kaum von einem Normalfall der Kommunikation: Der Betroffene kann (und muß) sich auf potentielle Indiskretionen des Gesprächspartners einstellen, er hätte mithin mißtrauen können und müssen (vgl. GUSY/ZIEGLER, Menschenrechtsfragen elektronischer Personenüberwachung, ZRP 1996, 193 ff., 194).

Die geringere Eingriffsintensität des „kleinen Lauschangriffs“ kann schließlich auch damit begründet werden, daß mit der Überwachung keine Informationen gewonnen werden, die den Strafverfolgungsbehörden nicht auch ohne diese zur Verfügung stünden, sondern lediglich technisch dokumentiert wird, was der Gesprächspartner ohnehin erfährt und als Zeuge in einem Gerichtsverfahren bekunden könnte.

Zum Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ ist auf die erst im Zuge der Ausschußberatungen zum Strafprozeßänderungsgesetz 1993, BGBl. Nr. 526, gewählte Formulierung des § 149a Abs. 1 Z 2 (Überwachung eines Fernmeldeverkehrs) zu verweisen, durch die die Voraussetzung zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß die geplante Überwachungsmaßnahme auf Grund konkreter Anhaltspunkte Aussicht auf Erfolg verspricht und der Untersuchungszweck nicht auf andere, gelindere Art und Weise erreicht werden kann (1157 BlgNR XVIII. GP, 9). In diesem Sinn hat auch der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen mit Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Vf. 44-II-94, zum verdeckten Einsatz technischer Überwachungs- und Aufzeichnungsmittel nach dem Sächsischen Polizeigesetz festgehalten, daß das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit „tauglich ist, in verfassungskonformer Weise den Maßstab für die jeweils zulässige Datenerhebung vorzugeben“. Die Eingrenzungsleistung dieses Tatbestandsmerkmals besteht danach in der darin enthaltenen Verpflichtung zur strengen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der im Einzelfall beabsichtigten Maßnahme, welche nicht nur zweckmäßig und nützlich, sondern unabweisbar und durch besonders gewichtige Gründe belegt sein muß, um erforderlich zu sein. Das Kriterium der Erforderlichkeit stellt darüber hinaus auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem „Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs“ auf, demzufolge auf den Einsatz technischer Mittel zu verzichten ist, wenn gelindere Grundrechtseingriffe, wie etwa die Observation, zur Informationserlangung ausreichen.

1.5. Den seiner Intensität nach stärksten Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte stellt die im § 149d Abs. 1 Z 3 geregelte Form der Überwachung („großer Lauschangriff“) dar. Sie soll daher nur zulässig sein, wenn die Aufklärung eines Verbrechens, das mit mehr als zehnjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Durch diese Wendung soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Überwachung nur zulässig sein soll, wenn sie unentbehrlich ist. Aussichtslos ist sie, wenn andere Aufklärungsmittel überhaupt nicht vorhanden sind oder ihre Erfolgsaussichten nicht ins Gewicht fallen. Eine wesentliche Erschwerung liegt insbesondere vor, wenn die Benutzung anderer Aufklärungsmittel einen erheblich größeren Zeitaufwand erfordern und daher zu einer – angesichts der Schwere des Tatvorwurfs – nicht hinnehmbaren Verfahrensverzögerung führen würde.

Da die Zielsetzung des Entwurfs nicht zuletzt darin besteht, organisierte Tätergruppen auszuforschen, ihren Verschwiegenheitskodex und sonstige Abschirmung vor staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu durchbrechen, soll unterhalb der erwähnten abstrakten Strafbarkeitsgrenze (Strafdrohung von mehr als zehn Jahren) die optische und akustische Überwachung unter Verwendung technischer Mittel nur zulässig sein, wenn sie zur Aufklärung der Gründung, Beteiligung an oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder der Aufklärung oder Verhinderung von im Rahmen solcher Organisationen begangenen strafbaren Handlungen dient. In dieser Bestimmung findet somit die auf materiellrechtlicher Ebene gewählte Technik, die Strafbarkeit durch Schaffung abstrakter Gefährdungs­delikte und Organisationsdelikte in das Vorfeld einer eigentlichen Rechtsgutsverletzung zu verschieben, ihre verfahrensrechtliche Fortsetzung (vgl. PILNACEK, Rechtsvergleichender Überblick in: Organisierte Kriminalität – Professionelle Ermittlungsarbeit – Neue Herausforderungen, Bd. 77 der Schriftenreihe des BMJ, 38 ff., 58). Dies kann schon deshalb gerechtfertigt werden, weil es bei diesen modernen Kriminalitätsformen weniger um den Nachweis individueller Schuld, sondern um die Vorsorge für die Verfolgung zukünftiger Straftaten geht, um die Struktur und Hierarchie krimineller Organisation anzugreifen, ihre Arbeitsweise zu stören und auch die Ausführung weiterer strafbarer Handlungen zu verhindern.

Der Kritik an der Unbestimmtheit der Tatbestandsvoraussetzungen einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB), die die Regierungsvorlage durch eine Umschreibung der typischen Merkmale einer solchen entschärfen wollte, kann nunmehr die einengende Neufassung des § 278a StGB durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 762, entgegengesetzt werden. Ziel einer kriminellen Organisation muß es danach sein, daß sie durch die Begehung von im § 278a Abs. 1 Z 1 genannten schwerwiegenden strafbaren Handlungen entweder eine Bereicherung in großem Umfang oder erheblichen Einfluß auf Politik oder Wirtschaft anstrebt und ihre Ziele dadurch zu erreichen versucht, daß sie andere korrumpiert, einschüchtert oder sich sonst gegen staatliche Strafverfolgungsmaßnahmen abschirmt (vgl. Bericht des Justizausschusses, 409 BlgNR XX. GP).

In allen Fällen muß die Person, gegen die sich die Überwachung richtet, dringend der Tat verdächtig sein, wobei es auch zulässig sein soll, nicht verdächtige Personen zu überwachen, wenn aus bestimmten Gründen anzunehmen ist, daß eine dringend verdächtige Person mit einer solchen in Kontakt treten werde. Berufsmäßige Parteienvertreter und Personen, die berufsmäßig beraten, betreuen und therapieren (§ 152 Abs. 1 Z 4 und 5), dürfen freilich als „Kontaktpersonen“ niemals überwacht werden. Gleiches soll für Medieninhaber (Verleger), Herausgeber, Medienmitarbeitern und Arbeitnehmer eines Medien­unternehmens gelten, denen nach § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes das Recht eingeräumt ist, vor Gericht als Zeuge die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen, weil dieses Recht nach § 31 Abs. 2 MedienG nicht umgangen werden darf.

1.6. Dem – gegenüber der Regierungsvorlage – neu formulierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 149d Abs. 3) soll für die Genehmigung der Anordnung entscheidende Bedeutung zukommen. Danach soll eine Überwachung nach § 149d auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nur zulässig sein, wenn der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in Rechte Dritter steht. Zusätzlich ist im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Mitteln begründete Aussicht auf den Ermittlungserfolg besteht. Insbesondere eine Überwachung in durch das Hausrecht geschützten Räumlichkeiten soll danach nur zulässig sein, wenn vernünftige Gründe für die Annahme sprechen, daß die Mitglieder einer kriminellen Organisation an diesem Ort ihre kriminellen Aktivitäten besprechen werden und die zu erwartende Verletzung der Geheimsphäre Unbeteiligter, die mit der Überwachung zwangsläufig verbunden ist, in einem vernünftigen Verhältnis zu Bedeutung der Sache steht. In gleicher Weise wird eine Person, die selbst mit der Straftat, wegen der die Überwachung angeordnet wird, nichts zu tun hat, nicht allein deshalb umfassend überwacht werden können, weil zu vermuten ist, daß ein Verdächtiger mit ihr in Kontakt treten werde. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß wird damit zum Ausdruck gebracht, daß die Rechte Dritter (nur) unter engen sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen beeinträchtigt werden dürfen, wenn die Aufklärung schwerwiegender Verbrechen ansonsten aussichtslos wäre (vgl. FUCHS, Zum Entwurf eines Bundesgesetzes über besondere Ermittlungsmaßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität, Strafrechtliche Probleme der Gegenwart, Bd. 85 der Schriftenreihe des BMJ, 263 ff., 277 f.). Soll schließlich eine Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 zur Verhinderung von im Rahmen einer kriminellen Organisation geplanten strafbaren Handlungen, also primär zu sicherheitspolizeilichen Zwecken eingesetzt werden, so wird nach § 149d Abs. 3 zu prüfen sein, ob diese abzuwehrenden strafbaren Handlungen eine schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit begründen würden, was in der Regel bei Vergehen nicht der Fall sein wird.

1.7. Anstelle der erleichterten optischen Überwachung nach § 149d Abs. 4 der Regierungsvorlage hat der Ausschuß in einem neuen § 149d Abs. 2 die Bedingungen, unter denen eine optische Überwachung zulässig ist, positiv umschrieben. Dabei erscheint der Einsatz der optischen Überwachung unterhalb der Schwellen des Abs. 1 Z 2 oder 3 nur in den Fällen der Objektüberwachung, nicht hingegen in den Fällen der Überwachung einer Person rechtfertigbar. Die Einrichtung einer „Videofalle“ soll in der „Öffentlichkeit“ zur Aufklärung einer jeden strafbaren Handlung, in Räumlichkeiten hingegen nur zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung und nur mit Zustimmung des Inhabers der Räumlichkeit der Überwachung zulässig sein. Damit soll der schon bisher kriminalistisch wertvolle Einsatz von Videogeräten – etwa zur Aufdeckung von „Dienstdiebstählen“ in Garderoben u. dgl. – an rechtsstaatliche Bedingungen geknüpft werden.

2. Zu §§ 149e und 149f (Bewilligungsverfahren)

2.1. Mit Ausnahme der Überwachung im Fall der Geiselnahme (§ 149d Abs. 1 Z 1) soll nach Ansicht des Justizausschusses jede optische und akustische Überwachung einer richterlichen Anordnung bedürfen. Auch im Rahmen des Bewilligungsverfahrens kann dabei nach der Eingriffsintensität der einzelnen Fälle abgestuft werden, sodaß die ausschließlich optische Objektüberwachung nach § 149d Abs. 2 bereits durch den Untersuchungsrichter angeordnet werden können soll. Die übrigen Fälle einer optischen oder akustischen Überwachung bedürfen hingegen der Genehmigung der Ratskammer, wobei im Fall des § 149d Abs. 1 Z 2 („kleiner Lauschangriff“) sowie im Fall eines „großen Lauschangriffs“ außerhalb von Wohnungen und anderen Räumlichkeiten bei Gefahr im Verzug der Untersuchungsrichter die Überwachung anordnen können soll; die Genehmigung der Ratskammer muß in einem solchen Fall unverzüglich nachgeholt werden.

Soll die Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 in Räumlichkeiten durchgeführt werden, so bedarf das Eindringen in diese – somit jede Überwindung einer Sperrvorrichtung – für jede der betroffenen Räumlichkeiten einer besonderen Genehmigung der Ratskammer.

2.2. Im Sinne des Anklagegrundsatzes soll die Anordnung einer Überwachung nur auf Antrag des Staatsanwaltes zulässig sein (dessen „Vorhabensbericht“ seinerseits nach § 10a StAG – die Fälle der Gefahr im Verzug ausgenommen – der Genehmigung durch die Oberstaatsanwaltschaft bedarf). Soll die Überwachung in den ausschließlich der Berufsausübung gewidmeten Räumlichkeiten von im § 152 Abs. 1 Z 4 oder 5 erwähnten Personen durchgeführt werden, so ist zusätzlich die Ermächtigung des „Rechtsschutzbeauftragten“ (§ 149o Abs. 2; siehe näher dort) erforderlich, ohne deren Nachweis eine Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 nicht angeordnet werden darf. Gleiches soll für die im § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes erwähnten Personen gelten, weshalb auf die – § 149a Abs. 2 StPO nachgebildete – Bestimmung des § 149d Abs. 3 der Regierungsvorlage verzichtet werden kann. Zum Schutz der durch ein Zeugnisentschlagungsrecht auch strafprozessual anerkannten Vertrauensverhältnisse soll eine solche Ermächtigung nur erteilt werden, wenn besonders schwerwiegende Gründe vorliegen und Gewähr dafür besteht, daß Mandanten- und Klientengespräche des tatverdächtigen „Berufsgeheimnisträgers“ gegebenenfalls nur im geringstmöglichen Ausmaß in die Überwachung einbezogen werden (das heißt, möglichst nicht aufgenommen, geschweige denn schriftlich übertragen werden).

2.3. Anders als noch in der Regierungsvorlage vorgesehen, soll die Überwachung höchstens für einen Monat angeordnet werden können (§ 149e Abs. 3), wobei freilich – dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß – jede Überwachung im Einzelfall nur für den unbedingt erforderlichen Zeitraum angeordnet werden darf. Eine neuerliche Anordnung nach Fristablauf ist nur unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 149d zulässig; hinzutreten muß die auf Grund der bisherigen Überwachungsergebnisse begründete Annahme, daß die erneuerte Anordnung in der Weise erfolgversprechend ist, daß sie nunmehr entscheidende Hinweise für die Aufklärung jener strafbaren Handlungen erwarten läßt, zu deren Nachweis die Überwachung angeordnet wurde. Für eine neuerliche Anordnung soll stets (auch im Fall des § 149d Abs. 1 Z 2) ausschließlich die Ratskammer zuständig sein.

2.4. Im § 149e Abs. 4 wird hervorgehoben, daß die Überwachung unabhängig von der angeordneten Frist zu beenden ist, wenn erkennbar ist, daß mittlerweile die Anordnungsvoraussetzungen weggefallen sind. Liegt diese Voraussetzung offen zutage, soll bereits die durchführende Sicherheitsbehörde die Überwachung faktisch beenden, das heißt, keine Aufnahmen mehr herstellen. Bestehen jedoch Zweifel, soll dem Untersuchungsrichter auch die Anordnung der Beendigung obliegen.

2.5. Der notwendige Inhalt des Beschlusses über eine Anordnung der Überwachung wird nunmehr im § 149f Abs. 1 geregelt. Sichergestellt werden soll eine eingehende, die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigende und insbesondere die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes darstellende Begründungspraxis, ohne welche die Rechtsmittellegitimation des Rechtsschutzbeauftragten, der auch eine fehlerhafte Ausübung des Ermessens bemängeln kann, nicht wirksam ausgeübt werden könnte.

2.6. Die Bestimmungen über die Zustellung der Anordnungsbeschlüsse (Abs. 2) und die Rechtsmittel­legitimation und- fristen (Abs. 3) entsprechen unverändert den Bestimmungen des § 149e Abs. 3, 5 und 6 der Regierungsvorlage.

3. Zu §§ 149g und 149h sowie den besonderen Durchführungsbestimmungen des § 149m:

3.1. Für die Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung ist von folgender Systematik auszugehen:

3.1.1. Grundsätzlich (§ 149g Abs. 1) soll bereits die die Überwachung im Regelfall durchführende Sicherheitsbehörde – dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß und zur Hintanhaltung von Mißbräuchen – nur jenes Verhalten bzw. jene Gespräche aufnehmen (filmen oder abhören), die für das Verfahren von Bedeutung sind, somit belastende oder entlastende Umstände betreffen. Werden dennoch weitere Aufnahmen hergestellt, so soll die Sicherheitsbehörde ferner eine „Vorselektion“ dahin gehend vornehmen, daß nur jene Teile der Aufnahmen in Bild- oder Schriftform übertragen werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Der Untersuchungsrichter soll schließlich die hergestellten Bilder oder schriftlichen Aufzeichnungen nochmals auf ihre Verfahrensrelevanz überprüfen. Ihm sind sodann sämtliche Aufnahmen der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs oder einer durch das Gericht angeordneten optischen oder akustischen Überwachung zu übergeben, wodurch etwa die Herstellung und Zurückbehaltung von Kopien bei der Sicherheitsbehörde ausgeschlossen sein soll (§ 149m Abs. 1, in den wegen der Parallelität des Regelungsinhaltes der bisherige letzte Satz des § 149c Abs. 1 aufgenommen wurde).

3.1.2. Danach hat der Untersuchungsrichter Anträge auf Überwachung des Fernmeldeverkehrs oder auf optische oder akustische Überwachung, darüber ergehende Beschlüsse und die aus diesen Ermittlungs­handlungen gewonnenen Überwachungsergebnisse zunächst in einem „Separatakt“ aufzubewahren und erst dann mit dem übrigen Akteninhalt zusammenzuführen, wenn die Anordnung auch dem Beschuldigten gegenüber in Rechtskraft erwachsen ist, ihm daher bereits die Möglichkeit offengestanden ist, die Rechtmäßigkeit der Anordnung zu bekämpfen und die Vernichtung bestimmter Überwachungs­ergebnissse zu verlangen. Bis zu diesem Zeitpunkt (spätestens bis zur Anklageerhebung) kann dieser Separatakt von der Akteneinsicht durch den Beschuldigten (Verteidiger) und die übrigen Verfahrens­beteiligten ausgenommen werden, wenn dadurch die Gefahr eröffnet würde, bestimmte Verdunkelungs­handlungen zu setzen oder durch Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte der von der Überwachung Betroffenen zu verletzen. Es versteht sich jedoch von selbst, daß nach der Zustellung des Anordnungsbeschluses an den Beschuldigten diesem die Akteneinsicht zum Zweck der Ausführung einer Beschwerde gegen die Anordnung nicht verweigert werden darf.

3.1.3. Nach § 149m Abs. 3 sind überdies Bilder und schriftliche Aufzeichnungen einer Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3, die sich noch im „Separatakt“ befinden, samt den darauf abzielenden Anträgen des Staatsanwaltes und der darüber ergangenen gerichtlichen Anordnungen unter Verschluß aufzube­wahren; die nach der Geschäftsordnung sonst einzuhaltende Aktenbehandlung wird nach Maß­gabe einer vom Bundesminister für Justiz zu erlassenden besonderen „Verschlußsachen“-Verordnung abzuändern sein. Sichergestellt werden soll, daß jederzeit die besondere Geheimhaltungsbedürftigkeit dieser Ermittlungsmaßnahmen und ihrer Ergebnisse beachtet wird und nachvollzogen werden kann, zu welchem Zeitpunkt sich der Separatakt bei welcher Person befunden hat. Schließlich kann dadurch auch eine besondere, auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit Bedacht nehmende Behandlung der einlangenden „Anzeigen“ der Sicherheitsbehörden bei Staatsanwaltschaft und Gericht (abweichend von dem üblichen Geschäftsweg, Einlaufstelle, Geschäftsabteilung und Richter/Staatsanwalt) angeordnet werden.

3.2. Nach den Ergebnissen der Expertenanhörung im Unterausschuß des Justizausschusses scheint insbesondere der im US-amerikanischen Recht vorgesehene „progress-report“ geeignet zu sein, Staatsanwaltschaften und Gerichte über das Maß der Eingriffsintensität dieser besonderen Ermittlungs­maßnahmen umfassend zu informieren. § 149g Abs. 2 greift diesen Gedanken auf und bestimmt, daß die Sicherheitsbehörde nach Beendigung der Überwachung einen detaillierten Bericht über die Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung zu erstatten hat, in dem die wesentlichen Ermittlungs­ergebnisse ebenso dargestellt werden wie der mit der Durchführung verbundene Aufwand und die durch die Überwachung bewirkten Eingriffe in die Rechte der davon betroffenen Personen, insbesondere jener, die selbst keinen Anlaß für die Anordnung der Überwachung gegeben haben. Ferner ist anzugeben, ob sich die der Anordnung zugrunde gelegten Annahmen erhärtet haben und welche Ermittlungshandlungen unmittelbar durch die Sicherheitsbehörden während der laufenden Überwachung ergänzend durchgeführt wurden (Hausdurchsuchungen, Festnahmen usw.).

Der Bericht soll einerseits Grundlage für die durch das Gericht nach § 149g Abs. 4 durchzuführenden Verständigungen und Belehrungen der von einer Überwachung betroffenen, aber unbeteiligten Personen, andererseits Informationsbasis für eine allfällige Erneuerung der Anordnung sowie Ausgangsmaterial für die von den Staatsanwaltschaften zu erstellenden Jahresberichte sein. Darüber hinaus kann dieser Bericht als Hilfsmittel für die Beurteilung dienen, ob die Verständigungen bzw. allfällige Verwertungsverbote und Vernichtsgebote ordnungsgemäß beachtet wurden. Dem Gericht soll damit ein Überblick über die Wirkungsweise der von ihm angeordneten Überwachungen geboten werden, weshalb dieser Bericht auch der anordnenden Ratskammer unabhängig davon zur Kenntnis zu bringen ist, ob die Überwachung etwa nach § 149e Abs. 4 erneut angeordnet werden soll.

3.3. Nach Zustellung des Anordnungsbeschlusses soll es dem Beschuldigten ermöglicht werden, die Aufnahme anzusehen bzw. anzuhören. Nur dann, wenn berechtigte Interessen Dritter es erfordern – etwa wegen einer für das Verfahren nicht bedeutsamen Offenlegung der Intimsphäre – sollen die davon betroffenen Teile der Aufnahme vom Ansehen bzw. Anhören ausgenommen werden können, wobei das in keinem Fall zur Verkürzung von Verteidigungsinteressen führen darf. Jedoch hat eine Verfahrensordnung auch für den Schutz jener Personen zu sorgen, deren Privatleben durch staatliche Ausforschungsmaßnahmen in einer Weise beeinträchtigt wird, die einer verfahrensrechtlichen Absicherung bedarf, um auch diesen Personen den aus Art. 13 EMRK abzuleitenden Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gewährleisten zu können. Dem gleichen Zweck dienen die Belehrungs- und Verständigungspflichten nach § 149g Abs. 4 bis 6, wodurch die Verfahrensparteien und die sonst von einer Überwachung betroffenen Personen in die Lage versetzt werden sollen, ihre Rechte geltend zu machen und insbesondere die Ausscheidung und Vernichtung jener Bilder und Aufzeichnungen zu beantragen, die für das Verfahren ohne Bedeutung sind.

3.4. Im § 149h finden sich nunmehr die Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Verwertung von Überwachungsergebnissen in dem Verfahren, in dem die Überwachung angeordnet wurde, sowie in den Verfahren, in welchen die Überwachungsergebnisse als sogenannte Zufallsfunde beweismäßige Verwertung finden können. Grundlage einer solchen Verwertung ist freilich in allen Fällen, daß kein Umgehungsverbot mißachtet wurde (Abs. 1) und sowohl die materiellen als auch die formellen Voraussetzungen für die konkrete Anordnung einer Überwachung vorlagen. Für die Verwertung im Anlaßverfahren wie auch für die Verwertung eines „Zufallsfundes“ reicht es daher nicht aus, daß zwar die materiellen Voraussetzungen einer optischen oder akustischen Überwachung vorlagen; zusätzlich ist verlangt, daß die Überwachung auch rechtmäßig (vom zuständigen Organ) angeordnet wurde. Die Verwertung von Überwachungsergebnissen soll insbesondere nicht darauf gestützt werden können, daß die materiellen Voraussetzungen einer Überwachung unabhängig vom Vorliegen einer gerichtlichen Genehmigung vorgelegen sind.

In den Fällen des § 149d Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 Z 2 ist die Verwertung von „Zufallsfunden“ überdies nur zum Nachweis einer strafbaren Handlung zulässig, die ihrerseits die Anordnung der optischen oder akustischen Überwachung gerechtfertigt hätte. Im Fall der Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 genügt es, daß die Überwachungsergebnisse dem Nachweis eines Verbrechens im Sinne des § 17 StGB dienen. Dies erklärt sich einerseits aus der Umschreibung der Anordnungsvoraussetzungen, wonach die Überwachung auch zur Aufklärung oder Verhinderung von im Rahmen einer kriminellen Organisation begangenen oder geplanten strafbaren Handlungen eingesetzt werden kann, andererseits aus der Überlegung, daß es ab einer gewissen Schwere der strafbaren Handlung kaum zu rechtfertigen wäre, bestimmte – wenngleich gegebenfalls unerwartete – Ermittlungsergebnisse ungeachtet der staatlichen Aufgabe der Verbrechensaufklärung und -verhinderung nicht für den Nachweis der Tatbegehung zu verwenden.

Eine darüber hinausgehende Erweiterung des Verwertungsverbotes – wie im Anschluß an die Expertenanhörung diskutiert – in ein „Erkenntnisverbot“, das nicht nur die Herstellung von Aufnahmen und schriftlichen Aufzeichnungen unzulässig machte, sondern auch die Verwertung des einmal erlangten „Wissens“, würde hingegen zu kaum hinnehmbaren Ergebnissen führen, weil dadurch auch Vorgänge und Informationen „tabuisiert“ würden, die auch auf andere Weise erlangt werden können. Wenn ein Sicherheitsorgan im Rahmen der Durchführung einer Überwachung des Fernmeldeverkehrs Hinweise auf eine geplante oder durchgeführte Straftat erhält, kann nicht schon deshalb die weitere Ermittlung und Verfolgung in dieser Richtung unterbunden werden, nur weil eine Verwertung dieser Information als Beweis nicht in Betracht kommt; dafür wäre – mit Recht – kaum Verständnis zu erwarten.

Ferner muß bemerkt werden, daß der Vorschlag der Verankerung eines Beweiserkenntnisverbotes nicht schon dadurch verwirklicht werden kann, daß bestimmte – etwa ausschließlich private – Gespräche (oder Vorgänge) nicht aufgenommen werden dürfen; vielmehr müßte klargestellt werden, daß selbst das aus einem Abhörvorgang gewonnene Wissen nicht zum Anlaß weiterer Ermittlungen genommen werden darf („fruits of the poisoned tree-Theorie“). Gefordert wird damit ein Beweisgewinnungsverbot (Beweis­mittelverbot). Die Frage eines Verwertungs- oder „Erkenntnisverbotes“ ist jedoch von dieser Problematik zu trennen, weil die Überwachung menschlicher Kommunikation nicht schon dann beendet ist, wenn die Überwachungsgeräte abgeschaltet sind; der Eingriff setzt sich vielmehr mit jeder Kenntnisnahme von den geschützten Gesprächsinhalten fort und kumuliert in ihrer prozessualen Verwertung. Der in der Expertenanhörung geäußerte Vorschlag erklärt sich darüber hinaus aus der jüngeren Rechtsprechung des BGH (NStZ 1995, 601 f. mit Anm. von WELP), wonach Erkenntnisse aus der präventiv-polizeilichen Wohnraumüberwachung (auf Grund landesgesetzlicher Ermächtigungen nach den Polizeigesetzen der deutschen Bundesländer) in einem gerichtlichen Strafverfahren jedenfalls zur Begründung weiterer Eingriffsermächtigungen (Hausdurchsuchung und Beschlagnahme) verwertet werden dürfen, ohne daß damit schon die Frage beantwortet wäre, ob diese Ergebnisse auch in der Hauptverhandlung zur Begründung des Schuldnachweises verwertet werden dürfen. Für den österreichischen Rechtsbereich kann diese Frage hingegen eindeutig dahin gehend beantwortet werden, daß Aufnahmen und Aufzeichnungen von Gesprächen (und Vorgängen), für die die Voraussetzungen des § 149d nicht vorlagen, auch zur Begründung weiterer Ermittlungshandlungen im Vorverfahren nicht herangezogen werden dürften.

Trotz dieser Ausführungen legt der Justizausschuß Wert auf die Feststellung, daß die Sicherheits­behörden nicht schrankenlos sämtliche Überwachungsergebnisse routinemäßig nach allen Richtungen auswerten dürfen, sondern nur jene, die Rückschlüsse auf geplante oder begangene Straftaten beinhalten.

Neu aufgenommen wurde in § 149h ein Verbot der Beweisverwertung von Überwachungsergebnissen in anderen (nicht strafrechtlichen) Gerichtsverfahren und in verwaltungsbehördlichen Verfahren, wenn die Verwertung dieser Ergebnisse im Strafverfahren unzulässig war oder – nach Einstellung eines Verfahrens oder Abbrechung gemäß § 412 StPO – in der Hauptverhandlung unzulässig gewesen wäre. In diesen Verfahren ist daher die Frage der zulässigen Verwendung von Überwachungsergebnissen im Straf­verfahren als Vorfrage zu lösen. Die Erweiterung des strafrechtlichen Beweisverwertungsverbotes auf sämtliche Gerichts- und Verwaltungsverfahren kann aus Sicht des Justizausschusses damit begründet werden, daß nur dadurch das Wesen und der rechtsstaatliche Wert einer Verfahrensordnung zum Ausdruck gebracht werden kann, die massive Eingriffe in die Privatsphäre nur unter dem Gesichtspunkt und im Ausmaß eines angestrebten Nachweises organisierter Kriminalität und schwerster Straftaten in Kauf nehmen will. Das Gesetz dient dazu, diese Wertung durchzusetzen. Hinzukommt, daß eine dritte, private Partei kein subjektives Recht hat, Beweise, die in einem Strafverfahren von Amts wegen aufgenommen worden sind, in einem Zivilprozeß zu gebrauchen. Dies gilt in besonderem Maß für eine unzulässige Überwachung, die – wie jede heimliche Tonbandaufnahme einer nichtöffentlichen Äußerung – ein Eingriff in das Recht am gesprochenen Wort ist, der dann besonders schwer wiegt, wenn er „illegal“ durch staatliche Organe erfolgt. Zivilrechtlich folgt daraus ein grundsätzlicher Anspruch des Betroffenen auf Vernichtung der unzulässig hergestellten Tonbandaufnahme, die einer Verwertung in anderen Gerichtsverfahren entgegensteht (vgl. SCHMOLLER, Neu geregelte Beweisverwertungsverbote im StPÄG 1993, FS PLATZGUMMER [1995], 283 ff., 296 f.).

4. Zu § 151 Abs. 2 (Schutz der geistlichen Amtsverschwiegenheit):

Die österreichische Strafprozeßordnung enthält seit jeher ein Verbot der Vernehmung von Geistlichen als Zeugen über das, was ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel der geistlichen Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde (§ 151 Z 1). Als Geistlicher im Sinn dieser Bestimmung ist ein geistlicher Amtsträger einer im Inland bestehenden Kriche oder Religionsgemeinschaft zu verstehen. Durch die gegenüber der Regierungsvorlage erweiterte Formulierung des § 151 Abs. 2 soll unmiß­verständlich festgehalten werden, daß der Schutz der geistlichen Amtsverschwiegenheit bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden darf, insbesondere nicht durch Überwachung des Fernmeldeverkehrs oder durch Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Hilfsmittel in Beichtstühlen oder Räumen, die zur geistlichen Aussprache bestimmt sind. Damit wird sowohl Art. VIII des Konkordates vom 5. Juni 1933, BGBl. II Nr. 2/1935, als auch § 11 des Bundesgesetzes über äußere Rechts­verhältnisse der Evangelischen Kirsche entsprochen und der hohe Wert der Verschwiegenheit über Mitteilungen unter dem Siegel der geistlichen Amtsverschwiegenheit zum Ausdruck gebracht.

III. Zum automationsunterstützen Datenabgleich

1. Zu § 149i (Voraussetzungen):

1.1. Die Begrenzung auf Datenbestände öffentlich-rechtlicher Rechtsträger nach § 149g Abs. 2 in der Fassung der Regierungsvorlage wurde einerseits deshalb als problematisch bezeichnet, weil die Einbeziehung von Datenverarbeitungen in den Datenabgleich davon abhängig gemacht wird, ob diese Datenverarbeitungen von öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern veranlaßt werden. Dies führe – wie der Datenschutzrat in seiner Stellungnahme zur Ministerratsvorlage zu Recht bemerkt hat – angesichts allfälliger Ausgliederungen von ursprünglich öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern zu einem reinen Zufallsprinzip: So dürften etwa Datenverarbeitungen öffentlicher Krankenhäuser, nicht aber jene privatrechtlich organisierter Krankenanstalten verwendet werden. Andererseits wurde gefordert, die Ein­beziehung „sensibler“ Daten, insbesondere von Gesundheitsdaten, in den Datenabgleich für unzulässig zu erklären.

Aus Sicht des Justizausschusses liegt die Relevanz der Einwände gegen die Beschränkung des Datenabgleichs auf Datenbestände öffentlich-rechtlicher Körperschaften auf der Hand, wobei freilich danach zu trachten war, nicht zu der im Begutachtungsentwurf vorgeschlagenen Lösung der Einbeziehung sämtlicher privater Datenverarbeitungen zurückzukehren.

Der Justizausschuß schlägt daher eine Trennung der bisherigen Bestimmung über den Datenabgleich in zwei Fällen vor: Nach § 149i Abs. 1 soll ein automationsunterstützter Datenabgleich bereits dann zulässig sein, wenn die Aufklärung eines Verbrechens (§ 17 StGB) ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und in den Datenabgleich bloß Datenbestände einbezogen werden, die die Sicherheitsbehörden oder Gerichte bereits in dem konkreten Strafverfahren oder für Zwecke eines anderen Strafverfahrens ermittelt und verarbeitet haben oder deren Ermittlung und Verarbeitung ihnen sonst auf Grund von Bundes- oder Landesgesetzen als Aufgabe zugewiesen ist. Dies ist etwa bei den Meldedateien, Kraftfahrzeugdateien, dem Strafregister und der Zentralen Informationssammlung nach § 57 SPG der Fall. Abs. 1 bezieht daher ausschließlich jene Datenverarbeitungen ein, die Sicherheits­behörden oder Gerichten ex offo und ohne Inanspruchnahme von Amtshilfe zur Verfügung stehen; mithin solche Datenverarbeitungen, für welche Sicherheitsbehörden oder Gerichte als Auftraggeber im Sinne des Datenschutzgesetzes gelten. Zur Effektivität dieser (nach geltendem Recht den Sicherheitsbehörden verbotenen) Verknüpfung von Dateien der Prävention mit solchen der Repression (§ 53 Abs. 2 SPG) sei rechtsvergleichend darauf verwiesen, daß eine „Durchrasterung von Polizeidaten“ nach § 98c dStPO (ohne Strafbarkeitsuntergrenze), in denen verschiedene Kriterien gegeneinander abgeglichen werden, häufig durchgeführt werde, was dazu geführt habe, daß Drahtzieher der organisierten Kriminalität im Bereich der italienischen und der russischen Mafia aufgedeckt werden konnten (vgl. GEHM, in: Organisierte Kriminalität – professionelle Ermittlungsarbeit – neue Heraus­forderungen, aaO, 147). Nach dem Vorbild des § 98c dStPO, welcher die Befugnis zum Abgleich bereits bei der Gefahrenabwehr oder bei der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung gewonnener personen­bezogener Daten mit „Polizeidaten“ regelt, sollen zur Aufklärung schwerwiegender Kriminalität auch die österreichischen Sicherheitsbehörden unter gerichtlicher Kontrolle ermächtigt werden, die Möglichkeiten moderner Büroautomatisierung zu nutzen.

Sofern die Aufklärung eines mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens oder eines Verbrechens nach § 278a StGB ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, soll es nach § 149i Abs. 2 zulässig sein, in einen Datenabgleich auch Daten, die den Gerichten nach § 26 StPO zu übermitteln sind, und Daten über Personen einzubeziehen, die von einem bestimmten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen bezogen haben oder die Mitglieder von Personenvereinigungen des Privatrechts oder von juristischen Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sind. Der Einbeziehung privater Datenverarbeitungen werden damit im Sinne einer taxativen Aufzählung deutliche Grenzen gesetzt, indem bloß Daten aus dem Vertragsverhältnis bzw. Mitgliederverzeichnisse privater Vereine und öffentlich-rechtlicher Rechtsträger den Strafverfolgungsbehörden zum Abgleich zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Justizausschuß legt Wert auf die Feststellung, daß darunter nicht Daten fallen können, die durch die Bestimmung des § 38 Abs. 2 Z 1 des Bankwesengesetzes dem Bankgeheimnis unterliegen, weil andernfalls der in der Rechtsprechung herausgebildete Grundsatz des Verbots reiner Erkundungsbeweise umgangen werden würde. Hinzu sollen jene Daten kommen, die den Gerichten nach der Bestimmung des § 26 auf Anforderung von Dienststellen der Gebietskörperschaften, anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von den von diesen betriebenen Anstalten zu übermitteln sind, wobei freilich die Bestimmung des § 26 Abs. 2 über die Verweigerung einer Übermittlung unberührt bleibt.

3

Der Justizausschuß will aber die Forderung nach dem Verbot der Einbeziehung „sensibler Daten“ aufgreifen, wobei auf die Bestimmung des Art. 6 der Datenschutzkonvention des Europarates und auf Art. 8 der Richtlinie 45/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 281/31 vom 23. November 1995, zu verweisen ist. Allerdings muß grundsätzlich festgehalten werden, daß beide Rechtsinstrumente keine Anwendung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten finden, die bei Tätigkeiten erfolgt, die die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung, die Sicherheit des Staates und die Tätigkeiten des Staates im strafrechtlichen Bereich (Artikel 3 Abs. 2 erster Anstrich erwähnter Richtlinie) 45/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. Nr. L 281/31 vom 23. November 1995) betreffen.

Unmittelbare Relevanz kommt demgegenüber bloß der Empfehlung R (87) 15 des Ministerkomitees des Europarates vom 17. September 1987 über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich (vgl. auch Artikel 14 des Europol-Übereinkommens, ABl. Nr. C 316/11 vom 27. November 1995) zu. Nach deren Grundsatz 2.4. soll die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ausschließlich auf Grund der rassischen Herkunft, religiöser oder philosophischer Überzeugungen, der sexuellen Orientierung oder politischer Meinungen unzulässig sein. Für Zwecke eines konkreten Verfahrens soll die Verarbeitung solcher Daten jedoch zulässig sein. Nach Grundsatz 5.6. ist ein Datenabgleich zulässig, wenn eine eindeutige gesetzliche Grundlage besteht und diese die Genehmigung durch eine vorgesetzte (unabhängige) Behörde vorsieht, welche nur im Falle eines konkreten Verfahrens erteilt werden darf.

Daten, die von den Sicherheitsbehörden auf Grund der Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes über den Erkennungsdienst ermittelt wurden (§§ 64 ff. SPG), samt dem maßgeblichen Grund (einschlägige Vorverurteilung, Eintragung in die zentrale Informationssammlung nach § 57 SPG) sollen freilich in einen Datenabgleich nach Abs. 1 einbezogen werden dürfen, auch wenn daraus ein Rückschluß auf die Gesundheit, die Rasse oder das Sexualleben möglich wäre (wie dies bei Daten über Nationalität, Hautfarbe, Vorverurteilungen wegen §§ 206 ff. StGB bzw. Vormerkungen wegen Pädophilie der Fall sein kann).

Der Ausdruck „Daten, die Merkmale des Gesundheitszustandes erkennen lassen“ soll im Sinne des Erläuternden Berichts zur Datenschutzkonvention des Europarates Informationen über den früheren, gegenwärtigen und zukünftigen körperlichen oder seelischen Gesundheitszustand einer Person bezeichnen.

Dieses Verbot der Einbeziehung sensibler Daten soll auch für Daten von solchen Personenvereinigungen gelten, deren Zweck in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einem der geschützten Merkmale steht. Unzulässig wäre es daher, etwa Daten über Mitglieder oder Klienten der AIDS-Hilfe oder ähnlicher Organisationen in einen Datenabgleich einzubeziehen.

Schließlich meint der Justizausschuß, auch der öfter angesprochenen Sorge über die Verbindung mit Dateien von Europol entgegentreten zu können. Nach Titel II (Informationssystem) des Europol-Übereinkommens wird ein automatisiertes Informationssystem geschaffen, in das die Mitgliedstaaten und Europol selbst die entsprechenden Daten eingeben, deren Übermittlung grundsätzlich unter Beachtung der nationalen Bestimmungen zu erfolgen hat. Es wäre daher jedenfalls unzulässig, an Europol Daten weiterzugeben, deren Ermittlung und Verarbeitung nach nationalem Recht unzulässig ist. Art. 9 Abs. 2 des Europol-Übereinkommens sieht daher vor, daß – sollte dennoch eine Datenübermittlung stattgefunden haben – der betreffende Staat bzw. Europol verpflichtet ist, die entsprechenden Daten zu löschen. Ähnliches gilt für die Europol-Arbeitsdateien zu Analysezwecken, durch deren Einrichtung keine Erweiterung des – nach Maßgabe gesetzlicher Aufgaben bestimmten – Kreises ermittelbarer Daten bewirkt wird. Noch weniger dürfen die erwähnten sensiblen Daten auf diesem „Umweg“ in einen automationsunterstützten Abgleich einbezogen werden.

1.2. Schließlich soll ein Datenabgleich nur dann durchgeführt werden, wenn angesichts des Gewichts der aufzuklärenden Straftat der Eingriff in das verfasssungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz dem Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsgrundsatz entspricht (§ 149i Abs. 4).

2. Zu §§ 149i bis 149l (Bewilligungsverfahren und Durchführung):

2.1. Die Anordnung eines Datenabgleichs setzt in jedem Fall einen darauf abzielenden Antrag des Staatsanwaltes voraus und bedarf der gerichtlichen Genehmigung, für die im Fall des § 149i Abs. 1 der Untersuchungsrichter, im Fall der Einbeziehung „privater Dateien“ jedoch die Ratskammer zuständig ist. Durch die konkrete Festlegung des erforderlichen Inhalts eines Beschlusses soll verdeutlicht werden, daß das Gericht sowohl zur Prüfung der Rechtmäßigkeit, somit der Anordnungsvoraussetzungen, als auch der Plausibilität der Suchkriterien und der einzubeziehenden Datenverarbeitungen berufen ist.

2.2. Im übrigen orientieren sich die Bestimmungen über die Zustellung des Anordnungsbeschlusses und die Beschwerde (§ 149j Abs. 2 und 3) an den entsprechenden Bestimmungen über die akustische oder optische Überwachung. Besondere Erwähnung verdient jedoch der Umstand, daß der Begriff „ausgeforschte Person“ eng auszulegen ist. Sofern nämlich der Datenabgleich ein Ergebnis bringt, das – etwa wegen des Umfangs der gelieferten Daten – für weitere, konventionelle Ermittlungen nicht geeignet ist, müßten nicht etwa Hunderte oder gar Tausende Personen verständigt werden, sondern wäre das Endprodukt des Datenabgleichs zu vernichten und die Maßnahme als erfolglos anzusehen.

Der Beschluß über den Datenabgleich wird auch der Datenschutzkommission (§§ 35 ff. DSG) zuzustellen sein, die als „Amtspartei“ die Frage der Recht- und Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Grundrecht auf Datenschutz an das Oberlandesgericht herantragen kann. Gegenstand der Prüfung und einer allfälligen Beschwerde der Datenschutzkommission sollen einerseits die Plausibilität der ausdrücklich angeführten Suchkriterien im Hinblick auf die formulierte Fragestellung der Ermittlung sowie die Eignung der zu durchsuchenden Datenbestände, Antwort auf die bezeichneten Suchkriterien zu erhalten, andererseits die Angemessenheit der auf Grund der ausdrücklichen Anordnung zu ermittelnden Datenarten sein.

2.3. Nach § 149k soll jeder Auftraggeber einer Datenverarbeitung, deren Daten in einen Abgleich nach § 149i einbezogen werden, verpflichtet sein, die Datenverarbeitung auf die gesuchten Merkmale hin zu durchsuchen und alle Daten, die diese Merkmale enthalten, in lesbarer Form zu übermitteln. Hiezu soll er durch Beschluß des Untersuchungsrichters verpflichtet werden (§ 149k Abs. 2), in den bloß der für die Durchführung der Suche erforderliche Inhalt nach dem Anordnungsbeschluß der Ratskammer aufzunehmen ist. Der Auftraggeber einer Datenverarbeitung soll daher nicht zur Herausgabe der gesamten Datei verpflichtet werden, sondern bloß zur Übermittlung jener Daten, die die gesuchten Merkmale enthalten. Dabei hat er (soweit wie möglich) ausschließlich die sogenannten Identitätsdaten zu übermitteln, das heißt Namen, Geburtsdaten und Anschriften. Dadurch soll sichergestellt werden, daß Sicherheitsbehörden und Gerichten nur eine beschränkte Datenmenge zur Verfügung gestellt wird, deren Auswahl nach den ausdrücklich angeführten Suchkriterien bestimmt ist.

Der Begriff „in lesbarer Form“ soll klarstellen, daß der Editionsverpflichtete erorderlichenfalls auch zur Dechiffrierung codierter Daten verpflichtet ist. Die für die Durchführung auflaufenden Kosten werden dem Inhaber der Datei – soweit nicht im Rahmen verrechnungsfreier Rechts- bzw. Amtshilfe agiert wird – von den Strafverfolgungsbehörden zu ersetzen (vgl. EvBl. 1990/167) und gegebenenfalls im Rahmen des Kostenersatzes rückzuvergüten sein (§ 381 Abs. 1 Z 5).

Gegen den „Ausführungsbeschluß“ des Untersuchungsrichters soll gemäß § 113 die – unbefristete – Beschwerde an die Ratskammer zustehen; weigert sich der Auftraggeber, seiner Verpflichtung nachzukommen, so ist analog dem § 145 Abs. 2 StPO vorzugehen.

2.4. Ähnlich wie bei der optischen oder akustischen Überwachung sind die Zeugnisentschlagungsrechte bestimmter Berufsgruppen insofern zu berücksichtigen, als sie nicht durch den Auftrag, automationsunterstützte Daten herauszugeben, umgangen werden dürfen (§ 149k Abs. 3). Neu aufgenommen wurde dabei auch die Bestimmung des § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes, um das Umgehungsverbot des § 31 Abs. 2 MedienG auch für den Bereich des Datenabgleichs wirksam werden zu lassen. Hilfsorganisationen, die in beratender oder betreuender Funktion tätig sind (zB Drogenberatungsstellen, Frauenhäuser, Notstellen für vergewaltigte Frauen) können insoweit nicht zur Herausgabe ihrer Dateien verhalten werden, als ihnen die Eigenschaft anerkannter Einrichtungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung zukommt.

3. Die Bestimmung über die Durchführung des Datenabgleichs korrespondiert einerseits mit den entsprechenden Regelungen der optischen und akustischen Überwachung, andererseits sind auch hier die besonderen Durchführungsbestimmungen des § 149m zu beachten. Die technische Durchführung des Datenabgleichs kann – je nach Zweckmäßigkeit – durch den Untersuchungsrichter, gegebenenfalls mit Unterstützung eines Sachverständigen, oder durch die von ihm beauftragte Sicherheitsbehörde bewerkstelligt werden.

Anträge auf Anordnung eines Datenabgleichs, darüber ergehende Beschlüsse einschließlich der „Ausführungsbeschlüsse“ zur Aktualisierung der Herausgabeverpflichtung sowie die Ergebnisse eines Datenabgleichs sind nach § 149m Abs. 2 im „Separatakt“ aufzubewahren und erst dann zum Akt zu nehmen, wenn die Anordnung auch dem Beschuldigten gegenüber rechtskräftig geworden ist. Zuvor unterliegt der Separatakt besonderen Beschränkungen der Akteneinsicht, die einerseits auf kriminaltaktischen Erwägungen, andererseits auf dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der durch einen Datenabgleich ausgeforschten Personen beruhen.

IV. Zum besonderen Rechtsschutz (Rechtsschutzbeauftragter, §§ 149n und 149o)

1. Wie bereits im allgemeinen Teil dieses Berichtes ausgeführt, war das Hauptaugenmerk der Beratungen des Justizausschusses auf die Sicherstellung eines effektiven Kontroll- und Rechtsschutzsystems gerichtet. In der Erkenntnis, daß die Wahrnehmung von Rechtsschutzmöglichkeiten durch die Betroffenen zumeist erst zu einem Zeitpunkt wirksam werden kann, in dem der Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte einer Mehrzahl von Personen bereits geschehen ist, sollen durch die Einrichtung eines Rechtsschutzbeauftragten als „Amtspartei“ im Strafverfahren eine Prüfung der Recht- und Verhältnismäßigkeit der Anordnung sowie eine begleitende Kontrolle der Durchführung der besonderen Ermittlungsmaßnahmen der optischen oder akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 und des automationsunterstützten Datenabgleichs bewerkstelligt werden. Damit soll insbesondere die Rechtsposition von unbeteiligten Dritten angemessen geschützt werden, indem ihre Rechte durch den Rechtsschutzbeauftragten gleichsam antizipativ gewahrt werden.

2. Nach § 149n Abs. 1 ist der Rechtsschutzbeauftragte vom Bundesminister für Justiz nach einem gemeinsamen Vorschlag des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, des Vorsitzenden der Volksanwaltschaft und des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages zu bestellen. Der Bundesminister für Justiz soll allerdings weder an den Vorschlag als solchen noch an eine darin allenfalls vorgenommene Reihung gebunden sein. Die Bestimmung der Anzahl der Stellvertreter obliegt dem pflichtgemäßen Ermessen des Bundesministers für Justiz, dem es auch unbenommen bleiben soll, nach einem Beobachtungszeitraum erforderlichenfalls weitere Stellvertreter zu bestellen.

Zu den übrigen Ernennungsvoraussetzungen sei hervorgehoben, daß es sich um Personen handeln muß, die sowohl über entsprechende Erfahrungen auf dem Gebiet des materiellen und formellen Strafrechts als auch über eine besondere Verbundenheit mit den Grund- und Freiheitsrechten verfügen. Aktive Richter, Staatsanwälte und Rechsanwälte sollen jedoch zur Vermeidung auch nur des äußeren Anscheins einer Befangenheit oder allzu engen Verbundenheit mit einer bestimmten Berufsgruppe nicht bestellt werden. Im übrigen wird auf die Ausschlußgründe nach den §§ 2 und 3 des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990 verwiesen, weshalb ua. die Mitgliedschaft in einem allgemeinen gesetzgebenden Vertretungs­körpers des Bundes oder der Länder, in der Bundesregierung oder einer Landesregierung mit dem „Amt“ eines Rechtsschutzbeauftragten unvereinbar ist.

Der Rechtsschutzbeauftragte soll unabhängig und an keine Weisungen gebunden sein. Zur Gewähr­leistung der besonderen Geheimhaltungsbedürftigkeit unterliegt er der Amtsverschwiegenheit.

Zustellungen an den Rechtsschutzbeauftragten sind im Wege der Kanzleistelle des Obersten Gerichts­hofes vorzunehmen, welche auch die übrigen Kanzleigeschäfte des Rechtsschutzbeauftragten durchzu­führen hat. Er soll sich daher etwa auch der Schreibkräfte dieser Kanzleistelle bedienen können. Damit soll auch gewährleistet werden, daß eine ordnungsgemäße Zustellung auch dann vorgenommen wird, wenn der Rechtsschutzbeauftragte selbst wegen Krankheit oder Urlaubs verhindert ist und deshalb seine Aufgaben durch einen seiner Stellvertreter (der vom Rechtsschutzbeauftragten der Kanzleistelle des Obersten Gerichtshof bekanntzugeben ist) wahrgenommen werden.

Dem Rechtsschutzbeauftragten soll für jede Stunde Arbeitszeit, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt, ein Zehntel der Entschädigung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes für einen Sitzungstag zuzüglich der Aufwandsentschädigung nach § 4 Abs. 3 des Verfassungsgerichtshofgesetzes gebühren. Dem Rechtsschutzbeauftragten steht damit eine Entschädigung pro Stunde in Höhe von 0,83 vH des Anfangsbezuges eines Abgeordneten zum Nationalrat zu, zuzüglich eines Auslagenersatzes für jeden Tag, an dem er tatsächlich in Wahrnehmung seiner Aufgaben tätig geworden ist, in Höhe von 25 vH seiner Entschädigung.

3. Nach § 149o Abs. 1 obliegt dem Rechtsschutzbeauftragten die Prüfung und Kontrolle der Anordnung und Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 und eines automationsunterstützten Datenabgleichs nach § 149i. Zu diesem Zweck ist ihm nicht nur Akteneinsicht zu gewähren, sondern haben ihm Sicherheitsbehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte – ohne an die Amtsverschwiegenheit gebunden zu sein – auf Verlangen alle erdenklichen Auskünfte zu erteilen und ihm Gelegenheit zu geben, die Durchführung der Überwachung aktiv zu überwachen. Freilich soll der Rechtsschutzbeauftragte nicht verlangen können, daß mit der Durchführung einer Überwachung so lange zugewartet oder diese zeitlich nur so durchgeführt wird, daß ihm eine tatsächliche Beteiligung möglich ist.

Zur möglichst raschen und vollständigen Information soll bereits der Staatsanwalt verpflichtet sein, dem Rechtsschutzbeauftragten seinen Antrag auf Durchführung der erwähnten besonderen Ermittlungs­maßnahmen spätestens zugleich mit der Antragstellung bei Gericht samt den Ablichtungen der zur Beurteilung der Recht- und Verhältnismäßigkeit erforderlichen Aktenbestandteile zu übermitteln. Ist ein Berufsgeheimnisträger der Tat verdächtig und soll die Überwachung in seinen ausschließlich der Berufsausübung gewidmeten Räumlichkeiten durchgeführt werden, soll der Staats­anwalt zusätzlich die Ermächtigung zur Antragstellung einzuholen haben, die er dem Gericht vor der Beschlußfassung nachzuweisen hat. Die Ermächtigung soll in einem solchen Fall nach Auffassung des Justizausschusses nur dann erteilt werden, wenn die im Hinblick auf die hohe Gefahr eines Eingriffs in rechtlich besonders geschützte Vertrauensverhältnisse grundsätzlich anzunehmende Unverhältnismäßigkeit der Überwachung (§ 149d Abs. 4) im Einzelfall aus besonders schwerwiegenden Gründen (ausnahmsweise) nicht vorliegt (§ 149o Abs. 2). Im übrigen wird der Rechtsschutzbeauftragte in diesem Fall die Ermächtigung davon abhängig zu machen haben, daß in geschützte Vertrauensbeziehungen so wenig wie möglich eingegriffen wird und soll sich im Fall der Ermächtigung in Wahrnehmung seiner begleitenden Kontrolle insbesondere darauf konzentrieren, daß tatsächlich nur ein Verhalten bzw. Gespräche des betroffenen Berufsgeheimnisträgers aufgenommen bzw. aufgezeichnet werden, die für die Beurteilung des die Anordnung rechtfertigenden Verdachts erforderlich sind.

Hat das Gericht eine Überwachung angeordnet oder genehmigt oder den Datenabgleich angeordnet, so soll es den Anordnungsbeschluß unverzüglich dem Rechtsschutzbeauftragten zustellen, der diesen sowohl auf seine Rechtmäßigkeit als auch auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität zu überprüfen hat. Der Rechtsschutzbeauftragte ist somit auch zur Kontrolle von Ermessensent­scheidungen (etwa zur Beurteilung der Dringlichkeit des Tatverdachtes) berufen.

Die Erhebung einer Beschwerde an das örtlich zuständige Oberlandesgericht soll dem Rechtsschutz­beauftragten so lange unbefristet offenstehen, als die Rechtsmittelfrist für den Beschuldigten noch nicht verstrichen ist. Er soll nicht unter Zeitdruck zur Erhebung einer Beschwerde veranlaßt werden.

4. Schließlich soll der Rechtsschutzbeauftragte nach Beendigung einer Überwachung oder eines Datenabgleichs auch in das Durchführungsverfahren eingebunden werden und deshalb berechtigt sein, die Vernichtung bestimmter Bilder, schriftlicher Aufzeichnungen oder von Daten zu beantragen. Will der Untersuchungsrichter einem darauf gerichteten Antrag des Staatsanwaltes nicht nachkommen, so soll er die betroffenen Erhebungsergebnisse unter Siegel zu nehmen und unverzüglich die Entscheidung der Ratskammer einzuholen haben (§ 149o Abs. 4).

Zu Art. I Z 5, 6 und 7 (§§ 162a Abs. 1 und 4, 252 Abs. 1 und 271 Abs. 5 und 6):

Mit diesen bloß terminologischen Änderungen soll eine einheitliche Verwendung der Begriffe „Aufnahme“ und „Aufzeichnungen“ in der StPO erreicht werden. Aufnahmen sind somit das Fotonegativ, das Videoband und das Tonband; Bilder und schriftliche Aufzeichnungen sind Fotoabzüge, das vom Videoband kopierte Standbild und Transskripte (= schriftliche Übertragungen der Aufnahme).

Zu Art. II (Änderungen des Strafgesetzbuches):

Zu Art. II Z 3 (§ 41a StGB samt Überschrift):

1. Der Entfall der Anführung des § 14 SGG ergibt sich aus den mit dem neuen Suchtmittelgesetz, welches am 1. Jänner 1998 in Kraft treten wird, und dem Strafrechtsänderungsgesetz 1996 vorwegge­nommenen Änderungen der §§ 277 bis 278a StGB.

2. Im übrigen hält der Justizausschuß zur Kritik an dieser „kleinen Kronzeugenregelung“, wonach sie wirkungslos bleiben werde, weil bloß Strafmilderung, nicht jedoch Straffreiheit gewährt werden könne, fest:

Unter dem Begriff der Kronzeugenregelung wird ganz allgemein eine Regelung verstanden, wonach der Staat einem Straftäter dafür, daß er sein Wissen über die Straftaten anderer preisgibt, Zugeständnisse im Zusammenhang mit der Verfolgung oder Bestrafung eigener Taten macht. Innerhalb dieses Definitionsrahmens ist wiederum zwischen solchen Regelungen zu unterscheiden, die dem Kronzeugen völlige Straffreiheit (sei es durch Verfolgungsverzicht oder durch gerichtliches Absehen von Strafe) gewähren, und solchen, die seine Unterstützung lediglich bei der Strafzumessung berücksichtigen. Inhaltlich handelt es sich um eine Anleihe aus dem im anglo-amerikanischen Rechtssystem verankerten Institut der „immunity“, derzufolge dem tatverdächtigen Zeugen, der sich auf sein verfassungsmäßig verankertes Recht beruft, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, Immunität vor einer Verfolgung wegen bestimmter im Zusammenhang mit der Aussage stehender Taten gewährt werden kann ( vgl. ÖHLER, Kronzeugen und Erfahrungen mit Kronzeugen im Ausland, ZRP 1987, 41 ff.).

Gegen die Einführung einer Kronzeugenregelung wird eingewandt, daß sie nichts Nennenswertes zur Wahrheitsfindung beitrage und bloß dazu diene, daß sich Täter schwerer Straftaten bedeutende Strafnachlässe einhandeln. Es laufe dem schlichten Gerechtigkeitsgefühl zuwider, wenn der Staat mit Schwerverbrechern paktiere und sie als Belohnung für Kronzeugendienste vor verdienter Strafe verschone. Dagegen wird – vor allem auf Grund italienischer Erfahrungen – argumentiert, daß eine solche Regelung einen wesentlichen Beitrag für die „innere Umkehr“ von Mitgliedern verbrecherischer Organisationen leiste, die ermutigt werden sollen, ihr Wissen über die Struktur mafioser Organisationen den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung zu stellen.

Mehr noch als in Deutschland, dessen Verfahrensrecht schon derzeit größere Durchbrechungen des Legalitätsprinzips auf Grund von Opportunitätserwägungen kennt, kann es in Österreich vor dem Hintergrund der spezifischen Ausgestaltung des Legalitätsprinzips und des Gebotes der Gleich­behandlung nicht in Betracht kommen, einem Beschuldigten gänzlichen Strafnachlaß zu gewähren, mag er auch einen wesentlichen Beitrag zur Aufdeckung schwerer Straftaten geleistet haben.

Schließlich können die Erfolge einiger Staaten, insbesondere Italiens, mit der Möglichkeit des weiteren Verzichts auf die Strafverfolgung nicht isoliert betrachtet werden. So ist es nämlich sowohl in Italien als auch in den USA unverzichtbarer Standard, daß die Prüfung der Glaubwürdigkeit des Zeugen und die Frage der Inaussichtstellung von besonderen Benefizien von einer spezialisierten Einheit der Sicherheitsbehörden geprüft wird, die nicht mit den laufenden Ermittlungen befaßt ist, um eine „objektive“ Beurteilung unabhängig vom Erfolgs- und Ermittlungsdruck zu gewährleisten. Ferner muß der Zusammenhang mit den einen hohen finanziellen und personellen Aufwand verursachenden Zeugenschutzprogrammen dieser Staaten beachtet werden. Diese Voraussetzungen und Erfahrungen liegen in Österreich derzeit nicht vor, zumal gerade die Frage der Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines „Kronzeugen“ einer besonderen, institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörde, Staatsanwaltschaft und Gericht bedarf und daher – wenn überhaupt – nicht auf Grund der rudimentären Bestimmungen der geltenden StPO vorgenommen werden sollte. Im übrigen ist auch die tatsächliche Lage auf dem Gebiet der organisierten Kriminalität in Österreich mit der Situation in Italien oder den USA in keiner Weise vergleichbar, sodaß kein Anlaß für notstandsähnliche Maßnahmen besteht. Im Hinblick auf all diese Umstände sollte daher nach Auffassung des Justizausschusses an dem in der Regierungsvorlage eingeschlagenen Weg einer behutsamen und den Traditionen des materiellen und Verfahrensrechtes verpflichteten Fortentwicklung einer besonderen Form außerordentlicher Strafmilderung festgehalten werden.

Zu Art. II Z 6 (§ 120 Abs. 3 StGB):

Der Tatbestand des § 120 StGB (Mißbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten) stellt nach der derzeitigen Fassung ein reines Privatanklagedelikt dar. In Anbetracht des Umstandes, daß staatliche Ausforschungsmaßnahmen an strenge Voraussetzungen gebunden werden, erscheint es aus Sicht des Justizausschusses nicht tragbar, daß private „Ermittler“ ohne die Gefahr amtswegiger behördlicher Verfolgung in die Grundrechtssphäre anderer Personen eingreifen können. Die Bestimmung des § 120 soll daher zu einem Ermächtigungsdelikt ausgestaltet werden, da es dem Wesen eines Eingriffs in die private Sphäre entspricht, daß der Betroffene nicht damit einverstanden sein muß, daß die Ergebnisse eines solchen Eingriffs in öffentlicher Hauptverhandlung erörtert werden.

Zu Art. II Z 7 (§ 301 Abs. 3 StGB):

Die vom Justizausschuß vorgenommene Neuformulierung knüpft an die besonderen Durchführungs­bestimmungen des § 149m StPO an, deren Inhalt es erlaubt, eine öffentliche Durchbrechung der dadurch besonders gesicherten Geheimhaltung mit Strafsanktion zu belegen. Solange daher Bilder oder schriftliche Aufzeichnungen einer optischen oder akustischen Überwachung in einem Separatakt aufbewahrt werden, soll jede Veröffentlichung des Inhalts der Überwachungsergebnisse mit einem für jedermann geltenden strafbewährten Verbot der Veröffentlichung belegt sein.

Zu Art. III Z 1 (§ 7c Mediengesetz):

Im Sinne der Bestrebungen des Justizausschusses, die (unzulässige bzw. vorzeitige) Veröffentlichung von Ermittlungsergebnissen und damit einen mißbräuchlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der von einer Überwachung Betroffenen hintanzuhalten, wird eine Erweiterung des medienrechtlichen Schutzes vor verbotener Veröffentlichung auf sämtliche Überwachungsergebnisse, die (noch) nicht in öffentlicher Hauptverhandlung erörtert wurden, sowie eine deutliche Anhebung der (Maximal-)Höhe des zivilrechtlichen Entschädigungsbetrages vorgeschlagen.

Zur Eignung, „die wirtschaftliche Existenz oder die gesellschaftliche Stellung des Betroffenen zu vernichten“, vgl. LEUKAUF/STEININGER, StGB3, Rz. 3 und 4 zu § 106 StGB.

Zu Art. IV (Änderungen des Staatsanwaltschaftsgesetzes):

In der Expertenanhörung wurde aus Sicht des Justizausschusses zu Recht bemerkt, daß die richterliche Tätigkeit im Vorverfahren darunter leide, ohne „Erfolgsnachweis“ auskommen zu müssen, dh. oft keine Rückmeldung über die „Richtigkeit und Angemessenheit“ einzelner Erhebungsschritte, die einer richter­lichen Genehmigung bedürfen, zu erhalten. Die Berichte der Staatsanwaltschaften sollen daher dem anordnenden Gericht, insbesondere auch der Ratskammer, zur (allfälligen) Stellungnahme zugeleitet werden, damit dieses Gremium auch erfährt, welche Ergebnisse durch die angeordnete Überwachung erzielt und unter welchen Bedingungen und Grundrechtseingriffen diese durchgeführt wurden. Stellungnahmen der Gerichte werden dem Gesamtbericht des Bundesministers für Justiz an den Nationalrat, die Datenschutz­kommission und den Datenschutzrat ebenso anzuschließen sein wie der Bericht des Rechtsschutz­beauftragten.

Zu den Art. VI (Änderungen des Sicherheitspolizeigesetzes) und VII (Geheimschutzordnung):

Mit der Neuformulierung der Verordnungsermächtigung nach § 6 Abs. 3 soll zunächst verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die derzeitige Regelung (Erfordernis einer Beratung von Verordnungsentwürfen des Bundesministers für Inneres im Innenausschuß des Nationalrates bzw. dessen Unterausschuß) Rechnung getragen und ein Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates für Verordnungen zur Bildung von Sondereinheiten festgelegt werden. Ferner soll die Grundlage für die Schaffung einer Sondereinheit geschaffen werden, der ausschließlich die Durchführung einer Über­wachung nach § 149d Abs. Z 3 („großer Lauschangriff“) obliegen soll. Damit soll die Konzentration der Durchführung dieser schwerwiegenden Ermittlungsmaßnahme auf wenige Organe garantiert werden, wodurch auch die strikte Wahrung der Amtsverschwiegenheit besser abgesichert werden kann.

Dem gleichen Ziel, nämlich der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit, zu welchem Zeitpunkt sich Ermittlungsergebnisse im Verantwortungsbereich welchen Organs befanden, soll auch die nach Art. VII vom Bundesminister für Inneres zu erlassende Geheimschutzordnung dienen, nach der allgemeine Verhaltensregeln für den Umgang mit Informationen und Maßnahmen zur Gewährleistung der nachträglichen Feststellbarkeit des Zuganges zu solchen Informationen angeordnet und besondere Sicherheitsüberprüfungen für damit befaßte Bedienstete vorgenommen werden sollen. Diese Anordnungen sollen auch für die Durchführung des automationsunterstützten Datenabgleichs gelten, wobei Verpflichtungen nach dem Datenschutzgesetz (§ 10 DSG) zu Maßnahmen im Bereich der Datensicherheit unberührt bleiben.


Zu Art. VIII (Inkraftreten und Schlußbestimmungen):

Die Bestimmungen über den automationsunterstützten Datenabgleich sollen bereits am 1. Oktober 1997 in Kraft treten, wobei zu diesem Zeitpunkt bereits ein Rechtsschutzbeauftragter bestellt sein muß, soll über einen Antrag auf Anordnung eines Datenabgleichs rechtmäßig entschieden werden können.

Zur Überprüfung der Wirksamkeit und Grundrechtsverträglichkeit der besonderen Ermittlungs­maßnahmen soll deren Einführung nur befristet erfolgen, um dem Nationalrat vor allem Gelegenheit zu geben, die zum Schutz der Rechte der von solchen Ermittlungsmaßnahmen Betroffenen geschaffenen Mechanismen auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen zu können. Zu diesem Zweck sollen die Bundesminister für Inneres und Justiz verpflichtet werden, spätestens sechs Monate vor dem Ablauf der Geltungsdauer dem Nationalrat einen Evaluationsbericht vorzulegen, auf dessen Grundlage die Beratungen über eine allfällige Verlängerung der Geltung bzw. über inhaltliche Änderungen und Anpassungen durchgeführt werden können.

Im übrigen soll durch Abs. 3 die Möglichkeit geschaffen werden, die für die Bestellung des Rechts­schutzbeauftragten erforderlichen Vorkehrungen und die Verordnung nach § 149m Abs. 3 über die Verschlußsachenbehandlung bereits ab dem der Kundmachung folgenden Tag in Angriff zu nehmen bzw. vorzubereiten.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1997 07 02

                           Dr. Johannes Jarolim                                            Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                           Obfrau

Anlage 1


Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermitt­lungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Fernmeldegesetz und das Sicherheits­polizeigesetz geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 762/1996, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift des XII. Hauptstückes hat zu lauten:

„Von der Haus- und Personsdurchsuchung, der Beschlagnahme, der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs, der optischen und akustischen Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel und dem automationsunterstützten Datenabgleich“.

2. Im § 149c Abs. 1 entfällt der letzte Satz.

3. Nach dem § 149c werden folgende Abschnitte VI. bis X. eingefügt:

„VI. Optische und akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel

§ 149d. (1) Die Überwachung nichtöffentlichen Verhaltens und nichtöffentlicher Äußerungen von Personen unter Verwendung technischer Mittel zur Bild- oder Tonübertragung und zur Bild- oder Tonaufnahme ohne Kenntnis der Betroffenen ist zulässig,

           1. wenn und solange der dringende Verdacht besteht, daß eine von der Überwachung betroffene Person eine andere entführt oder sich ihrer sonst bemächtigt hat, und sich die Überwachung auf Vorgänge und Äußerungen zur Zeit und am Ort der Freiheitsentziehung beschränkt,

           2. wenn sie sich auf Vorgänge und Äußerungen beschränkt, die zur Kenntnisnahme einer von der Überwachung informierten Person bestimmt sind, und sie zur Aufklärung eines Verbrechens erforderlich erscheint, oder

           3. wenn die Aufklärung eines mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens oder eines Verbrechens nach § 278a StGB oder die Aufklärung oder Verhinderung von im Rahmen einer kriminellen Organisation nach § 278a StGB begangenen oder geplanten strafbaren Handlungen ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und

                a) eine überwachte Person des mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens oder des Verbrechens nach § 278a StGB dringend verdächtig ist oder

               b) Gründe für die Annahme vorliegen, daß eine dringend verdächtige Person (lit. a) mit einer überwachten Person in Kontakt treten werde, es sei denn, daß die überwachte Person gemäß § 152 Abs. 1 Z 4 oder 5 oder gemäß § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses gesetzlich befreit ist (§ 152 Abs. 3, § 31 Abs. 2 des Mediengesetzes).

(2) Die Überwachung nichtöffentlichen Verhaltens von Personen unter Verwendung technischer Mittel zur Bildübertragung oder -aufnahme ohne Kenntnis der Betroffenen ist zum Zweck der Aufklärung einer strafbaren Handlung überdies zulässig,

           1. wenn sie sich auf Vorgänge außerhalb einer Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehöriger Räumlichkeiten (§ 139) beschränkt und ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, Gegenstände oder Örtlichkeiten zu beobachten, um das Verhalten von Personen zu erfassen, die mit den Gegenständen in Kontakt treten oder die Örtlichkeit betreten, oder

           2. wenn sie ausschließlich zu dem in Z 1 erwähnten Zweck in einer Wohnung oder sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeit erfolgt, die Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und der Inhaber der Räumlichkeit in die Überwachung ausdrücklich einwilligt.

(3) Eine Überwachung ist nur zulässig, soweit die Verhältnismäßigkeit zum Zweck der Maßnahme gewahrt wird. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte unbeteiligter Dritter steht, und zu prüfen, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen begründete Aussicht auf den angestrebten Erfolg besteht. Eine Überwachung nach Abs. 1 Z 3 zur Verhinderung von im Rahmen einer kriminellen Organisation nach § 278a StGB geplanten strafbaren Handlungen ist überdies nur zulässig, wenn bestimmte Tatsachen auf eine schwere Gefahr für die öffentliche Sicherheit schließen lassen.

§ 149e. (1) Im Fall des § 149d Abs. 1 Z 1 bedarf die Überwachung keiner gerichtlichen Anordnung. In den Fällen des § 149d Abs. 2 hat der Untersuchungsrichter, in den Fällen des § 149d Abs. 1 Z 2 und 3 die Ratskammer über die Überwachung zu entscheiden. Im Fall des § 149d Abs. 1 Z 3 kann die Ratskammer auch anordnen, daß in eine bestimmte Wohnung oder sonstige zum Hauswesen gehörige Räumlichkeit eingedrungen werden darf, soweit dies für die Durchführung der Überwachung unum­gänglich ist.

(2) Soweit die Überwachung einer gerichtlichen Anordnung bedarf, setzt sie einen Antrag des Staatsanwalts voraus. Soll eine Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 in ausschließlich der Berufs­ausübung gewidmeten Räumlichkeiten einer der in § 152 Abs. 1 Z 4 und 5 oder in § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes erwähnten Personen durchgeführt werden, so bedarf der Antrag des Staatsanwalts der Ermächtigung des Rechtsschutzbeauftragten (§ 149o Abs. 2). Diese Ermächtigung muß dem Gericht vor der Beschlußfassung über den Antrag vorliegen.

(3) Bei Gefahr im Verzug kann im Fall des § 149d Abs. 1 Z 2 und, sofern die Überwachung außerhalb einer Wohnung und sonstiger zum Hauswesen gehöriger Räumlichkeiten erfolgt, im Fall des § 149d Abs. 1 Z 3 auch der Untersuchungsrichter eine Überwachung anordnen, doch hat er unverzüglich die Genehmigung der Ratskammer einzuholen. Wird diese nicht erteilt, so hat der Untersuchungsrichter die Anordnung sofort zu widerrufen und die Aufnahmen sowie von diesen hergestellte Bilder und schriftliche Aufzeichnungen vernichten zu lassen.

(4) Die Überwachung darf nur für jenen Zeitraum angeordnet werden, der zur Erreichung ihres Zweckes voraussichtlich erforderlich ist, längstens jedoch für einen Monat. Eine neuerliche Anordnung ist zulässig, soweit auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die weitere Überwachung Erfolg haben werde; Abs. 3 gilt in diesem Fall nicht.

(5) Sobald die Voraussetzungen für die weitere Überwachung wegfallen, ist sie sofort zu beenden. Wurde die Überwachung gerichtlich angeordnet, so hat der Untersuchungsrichter ihre Beendigung zu veranlassen.

§ 149f. (1) Ein Beschluß, mit dem die Überwachung angeordnet wird, hat zu enthalten:

           1. den Namen des Beschuldigten, die Tat, deren er verdächtig ist, und ihre gesetzliche Bezeichnung,

           2. die Namen der von der Überwachung mutmaßlich Betroffenen,

           3. die für die Überwachung in Aussicht genommenen Örtlichkeiten,

           4. die Art der voraussichtlich zu verwendenden technischen Mittel,

           5. den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Überwachung,

           6. die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die Überwachung erforderlich erscheint oder die Aufklärung oder Verhinderung der strafbaren Handlungen ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre,

           7. die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die Überwachung verhältnismäßig ist (§ 149d Abs. 3),

           8. im Fall des § 149d Abs. 1 Z 3 die in § 149d Abs. 3 angeführte Gefahr und die sie begründenden bestimmten Tatsachen,

           9. die Räumlichkeiten, in die auf Grund einer Anordnung eingedrungen werden darf.

(2) Nach Beendigung der Überwachung sind Beschlüsse nach Abs. 1 unverzüglich dem Inhaber der Räumlichkeiten und dem Beschuldigten zuzustellen. Die Zustellung kann jedoch aufgeschoben werden, solange durch sie der Zweck der Untersuchung gefährdet wäre. Wenn die Überwachung später begonnen oder früher beendet wurde als zu den in Abs. 1 Z 5 genannten Zeitpunkten, ist dem Inhaber der Räumlichkeiten und dem Beschuldigten auch der Zeitraum der tatsächlichen Überwachung mitzuteilen.

(3) Gegen einen Beschluß nach Abs. 1 steht dem Staatsanwalt, dem Beschuldigten und dem Inhaber der Räumlichkeiten die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 114). Wird einer Beschwerde Folge gegeben, so ist zugleich anzuordnen, daß alle betroffenen Aufnahmen sowie von diesen hergestellten Bilder und schriftlichen Aufzeichnungen zu vernichten sind.

§ 149g. (1) Die Überwachung einschließlich der Aufnahme und Aufzeichnung hat der Untersuchungsrichter oder die Sicherheitsbehörde durchzuführen. Der Untersuchungsrichter oder die Sicherheitsbehörde hat die Aufnahmen zu prüfen und diejenigen Teile in Bild- oder Schriftform zu übertragen, die für die Untersuchung von Bedeutung sind und als Beweismittel verwendet werden dürfen (§§ 149h Abs. 2, 151 Abs. 2, 152 Abs. 3, § 31 Abs. 2 des Mediengesetzes).

(2) Nach Beendigung der Überwachung hat die Sicherheitsbehörde dem Staatsanwalt und dem Untersuchungsrichter über die Überwachung zu berichten; hat der Untersuchungsrichter die Überwachung durchgeführt, so hat er einen Bericht zu erstellen und zu den Akten zu nehmen. In den Fällen des § 149d Abs. 1 Z 2 und 3 ist der Bericht auch der Ratskammer zur Kenntnis zu bringen. Ein Bericht über die Überwachung hat insbesondere zu enthalten:

           1. den Zeitpunkt des Beginns und der Beendigung der Überwachung,

           2. die Anzahl der zur Durchführung eingesetzten Sicherheitsorgane oder das Gesamtausmaß ihrer Tätigkeit,

           3. die Art und die Anzahl der verwendeten technischen Mittel,

           4. die Anzahl und die Identität der von der Überwachung betroffenen Personen sowie die Mitteilung, gegen welche von ihnen der Verdacht einer strafbaren Handlung bestand,

           5. die Art der im Rahmen einer kriminellen Organisation geplanten strafbaren Handlungen, deren Ausführung verhindert wurde,

           6. die Anzahl und die Identität jener Personen, deren personenbezogene Daten von den Sicherheitsbehörden zur Verhinderung strafbarer Handlungen (§ 149d Abs. 1 Z 3) ermittelt und verarbeitet wurden,

           7. eine zusammenfassende Darstellung, inwieweit sich die der Anordnung der Überwachung zugrundeliegenden Annahmen bestätigt oder erhärtet haben, sowie eine zusammenfassende Darstellung der auf Grund der Überwachung durchgeführten Ermittlungshandlungen.

(3) Dem Staatsanwalt und dem Beschuldigten ist zu ermöglichen, die gesamte Aufnahme anzusehen und anzuhören. Soweit berechtigte Interessen Dritter dies erfordern, hat das Gericht jedoch Teile der Aufnahme, die für das Verfahren nicht von Bedeutung sind, von der Kenntnisnahme durch den Beschuldigten auszunehmen. Dies gilt nicht, soweit während der Hauptverhandlung von der Aufnahme Gebrauch gemacht wird.

(4) Die von der Überwachung betroffenen Personen haben das Recht, die hergestellten Bilder und schriftlichen Aufzeichnungen insoweit einzusehen, als Bilder, auf denen sie dargestellt sind, oder die von ihnen geführten Gespräche betroffen sind. Über dieses und das ihnen nach Abs. 6 zustehende Recht sind diese Personen, sofern ihre Identität bekannt oder ohne besonderen Verfahrensaufwand feststellbar ist, vom Untersuchungsrichter zu belehren.

(5) Auf Antrag des Staatsanwalts oder des Beschuldigten sind weitere Bilder und schriftliche Aufzeichnungen der Aufnahme herzustellen, wenn diese für die Untersuchung von Bedeutung sind und ihre Verwendung als Beweismittel zulässig ist (§§ 149h Abs. 2, 151 Abs. 2, 152 Abs. 3, § 31 Abs. 2 des Mediengesetzes).

(6) Auf Antrag des Staatsanwalts oder des Beschuldigten oder von Amts wegen sind Bilder und Teile der schriftlichen Aufzeichnungen zu vernichten, wenn diese für ein Strafverfahren nicht von Bedeutung sein können oder als Beweismittel nicht verwendet werden dürfen. Dieses Antragsrecht steht auch den von der Überwachung betroffenen Personen zu, insoweit Bilder, auf denen sie dargestellt sind, oder die von ihnen geführten Gespräche betroffen sind.

§ 149h. (1) Ergeben sich bei Prüfung der Aufnahme Hinweise auf eine andere strafbare Handlung als diejenige, die Anlaß zur Überwachung gegeben hat, so sind von diesem Teil der Aufnahme Bilder und schriftliche Aufzeichnungen gesondert herzustellen, soweit die Verwendung als Beweismittel zulässig ist (Abs. 2, §§ 151 Abs. 2, 152 Abs. 3, § 31 Abs. 2 des Mediengesetzes).

(2) Als Beweismittel dürfen Überwachungsergebnisse, insbesondere die Aufnahmen und von diesen hergestellte Bilder und schriftliche Aufzeichnungen, bei sonstiger Nichtigkeit nur verwendet werden,

           1. wenn die Voraussetzungen für eine Überwachung nach § 149d vorlagen,

           2. wenn die Überwachung rechtmäßig angeordnet wurde (§ 149e) und

           3. in den Fällen des § 149d Abs. 1 Z 2 und 3 nur zum Nachweis einer strafbaren Handlung, die mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, deren Obergrenze nicht weniger als fünf Jahre beträgt,

           4. im Fall des § 149d Abs. 2 Z 2 nur zum Nachweis einer vorsätzlich begangenen strafbaren Handlung, deretwegen die Überwachung angeordnet wurde oder hätte angeordnet werden können.

(3) In anderen gerichtlichen und in verwaltungsbehördlichen Verfahren dürfen Überwachungs­ergebnisse nur insoweit als Beweismittel verwendet werden, als ihre Verwendung in einem Straf­verfahren zulässig war oder wäre.

VII. Automationsunterstützter Datenabgleich

§ 149i. (1) Der automationsunterstützte Abgleich von Daten (§ 3 Z 1 des Datenschutzgesetzes) einer Datenverarbeitung, die bestimmte, den mutmaßlichen Täter kennzeichnende oder ausschließende Merkmale enthalten, mit Daten einer anderen Datenverarbeitung, die solche Merkmale enthalten, um Personen festzustellen, die auf Grund dieser Merkmale als Verdächtige in Betracht kommen, ist zulässig, wenn die Aufklärung eines Verbrechens ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und nur solche Daten einbezogen werden, die Gerichte und Sicherheitsbehörden für Zwecke eines Strafverfahrens oder sonst auf Grund bestehender Bundes- oder Landesgesetze ermittelt oder verarbeitet haben.

(2) Sofern die Aufklärung eines mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens oder eines Verbrechens nach § 278a StGB ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre, ist es zulässig, in einen automationsunterstützten Datenabgleich auch Daten, die den Gerichten nach § 26 zu übermitteln sind, und Daten über Personen einzubeziehen, die von einem bestimmten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen bezogen haben oder die Mitglieder von Personenvereinigungen des Privatrechts oder von juristischen Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sind.

(3) Es ist unzulässig, in einen Datenabgleich Daten einzubeziehen, die die rassische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder andere Überzeugungen oder Merkmale des Gesundheits­zustandes oder des Sexuallebens erkennen lassen. Dieses Verbot gilt nicht für die Einbeziehung von Daten über die Staatsangehörigkeit, Daten zur tatbildmäßigen Bezeichnung einer Tätergruppe sowie von Daten, die die Sicherheitsbehörden durch erkennungsdienstliche Maßnahmen ermittelt haben, in einen Datenabgleich nach Abs. 1. Daten von Personenvereinigungen, deren Zweck in unmittelbarem Zusammenhang mit einem der besonders geschützten Merkmale steht, dürfen in einen Datenabgleich in keinem Fall einbezogen werden.

(4) Ein automationsunterstützter Abgleich von Daten ist nur zulässig, soweit die Verhältnismäßigkeit zum Zweck der Maßnahme gewahrt wird. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte unbeteiligter Dritter steht, und zu prüfen, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen begründete Aussicht auf den angestrebten Erfolg besteht.

§ 149j. (1) Die Entscheidung über den automationsunterstützten Datenabgleich obliegt im Fall des § 149i Abs. 1 dem Untersuchungsrichter, im Fall des § 149i Abs. 2 der Ratskammer; sie setzt einen Antrag des Staatsanwalts voraus. Der Beschluß, mit dem der Datenabgleich angeordnet wird, hat zu enthalten:

           1. die Tat, zu deren Aufklärung der Datenabgleich angeordnet wird, und ihre gesetzliche Bezeichnung,

           2. die Bezeichnung jener Merkmale, nach deren Übereinstimmung gesucht wird,

           3. die Datenverarbeitungen (§ 3 Z 5 des Datenschutzgesetzes) und jene ihrer Daten, welche die gesuchten Merkmale enthalten,

           4. die zur Datenübermittlung verpflichteten Auftraggeber (§ 3 Z 3 des Datenschutzgesetzes),

           5. die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß die Aufklärung der strafbaren Handlung ansonsten aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre,

           6. die Tatsachen, aus denen sich ergibt, daß der Datenabgleich verhältnismäßig ist (§ 149i Abs. 4).

(2) Ein Beschluß nach Abs. 1 ist unverzüglich dem Staatsanwalt, der Datenschutzkommission und allen Personen zuzustellen, welche durch den Datenabgleich ausgeforscht werden; die Zustellung an die ausgeforschten Personen kann jedoch aufgeschoben werden, solange dadurch der Zweck der Untersuchung gefährdet wäre. Gegen den Beschluß steht dem Staatsanwalt, der Datenschutzkommission und den ausgeforschten Personen die binnen 14 Tagen einzubringende Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 114).

(3) Wird einer Beschwerde gegen die Anordnung Folge gegeben oder die Anordnung des automationsunterstützten Datenabgleichs aus anderen Gründen widerrufen, so ist zugleich anzuordnen, daß alle in den Datenabgleich einbezogenen und alle durch ihn gewonnenen Daten zu vernichten und personenbezogene Daten, die auf andere Datenträger übertragen wurden, unverzüglich zu löschen sind (§ 3 Z 11 lit. a des Datenschutzgesetzes). Gleiches gilt, wenn der automationsunterstützte Datenabgleich ergibt, daß die Merkmale auf keine Person zutreffen.

§ 149k. (1) Jeder Auftraggeber einer Datenverarbeitung, deren Daten in einen Abgleich nach § 149i einbezogen werden sollen, ist verpflichtet, die Datenverarbeitung auf die gesuchten Merkmale hin zu durchsuchen und alle Daten, die diese Merkmale enthalten, in lesbarer Form zu übermitteln. Hiebei hat er sich neben den gesuchten Merkmalen auf die Übermittlung der Namen, der Geburtsdaten und der Anschriften zu beschränken. Danach hat er allfällige Ergebnisse des Suchvorganges zu vernichten und – abweichend von den §§ 7 Abs. 4 und 18 Abs. 5 des Datenschutzgesetzes – lediglich die Daten der Übermittlung und den Beschluß nach Abs. 2 zu protokollieren.

(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 hat der Untersuchungsrichter dem Auftraggeber mit Beschluß aufzutragen; dieser Beschluß hat die entsprechenden Anordnungen der Ratskammer (§ 149i Abs. 1 Z 2 bis 4) anzuführen. Die §§ 143 Abs. 2 und 145 sowie die Bestimmungen über die Hausdurchsuchung gelten sinngemäß.

(3) Das Vernehmungsverbot des § 151 Abs. 1 Z 1 und die Rechte von Personen, die nach § 152 Abs. 1 Z 4 oder 5 oder nach § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses gesetzlich befreit sind, dürfen nicht umgangen werden (§§ 151 Abs. 2, 152 Abs. 3 und § 31 Abs. 2 des Mediengesetzes).

§ 149l. Den automationsunterstützten Datenabgleich hat der Untersuchungsrichter oder die von ihm beauftragte Sicherheitsbehörde durchzuführen; die Sicherheitsbehörde hat dem Untersuchungsrichter das Ergebnis unverzüglich mitzuteilen. Der Untersuchungsrichter oder die Sicherheitsbehörde hat dieses Ergebnis des Datenabgleichs, soweit es für die Untersuchung von Bedeutung ist, in Schriftform zu übertragen.

VIII. Besondere Durchführungsbestimmungen

§ 149m. (1) Sämtliche Aufnahmen der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs und – wenn das Gericht die Überwachung angeordnet hat – einer optischen oder akustischen Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel sowie sämtliche Daten, die in einen Datenabgleich einbezogen oder durch ihn gewonnen wurden, sind vom Gericht zu verwahren und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens zu löschen.

(2) Anträge auf Überwachung oder Datenabgleich (Abs. 1) und ihnen stattgebende Beschlüsse sowie Bilder und schriftliche Aufzeichnungen der im Abs. 1 erwähnten Aufnahmen und schriftliche Aufzeichnungen der Ergebnisse eines automationsunterstützten Datenabgleichs sind zunächst getrennt aufzubewahren und erst dann zum Akt zu nehmen, wenn die betreffende Anordnung dem Beschuldigten gegenüber rechtskräftig geworden ist, spätestens jedoch bei Erhebung der Anklage. Bis zur Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Beschuldigten können sie von der Einsicht durch diesen oder dessen Verteidiger und durch die in § 50 Abs. 1 genannten Personen ausgenommen werden, wenn zu befürchten ist, daß andernfalls der Zweck der Untersuchung oder Persönlichkeitsrechte von der Überwachung betroffener oder in den Datenabgleich einbezogener Personen gefährdet wären; im übrigen gilt § 45 Abs. 2.

(3) Solange Bilder und schriftliche Aufzeichnungen einer Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 nicht zum Akt genommen werden, sind sie samt den zugehörigen Anträgen, Beschlüssen und sonstigen Aktenstücken unter Verschluß aufzubewahren. Näheres hat der Bundesminister für Justiz durch Verordnung zu bestimmen.

IX. Besonderer Rechtsschutz

§ 149n. (1) Der Bundesminister für Justiz hat zur Wahrnehmung des besonderen Rechtsschutzes nach diesem Abschnitt nach Einholung eines gemeinsamen Vorschlages des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, des Vorsitzenden der Volksanwaltschaft und des Präsidenten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages einen Rechtsschutzbeauftragten sowie die erforderliche Anzahl von Stellvertretern mit deren Zustimmung für die Dauer von drei Jahren zu bestellen; Wiederbestellungen sind zulässig. Der Vorschlag hat zumindest doppelt so viele Namen zu enthalten wie Personen zu bestellen sind.

(2) Der Rechtsschutzbeauftragte und seine Stellvertreter müssen besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Grund- und Freiheitsrechte aufweisen und mindestens fünf Jahre in einem Beruf tätig gewesen sein, in dem der Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften Berufsvoraussetzung ist und dessen Ausübung Erfahrungen im Straf- und Strafverfahrensrecht mit sich brachte. Richter und Staatsanwälte des Dienststandes, Rechtsanwälte, die in die Liste der Rechtsanwälte eingetragen sind, und andere Personen, die vom Amt eines Geschworenen oder Schöffen ausgeschlossen oder zu diesem nicht zu berufen sind (§§ 2 und 3 des Geschworenen- und Schöffengesetzes 1990), dürfen nicht bestellt werden.

(3) Die Bestellung des Rechtsschutzbeauftragten und seiner Stellvertreter erlischt bei Verzicht, im Fall des Todes, mit Ende der Bestellungsdauer oder wegen nachträglicher Unvereinbarkeit gemäß Abs. 2. In den Fällen des § 75 oder wenn sonst ein Grund besteht, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen, hat sich der Rechtschutzbeauftragte von dem Zeitpunkt, in dem ihm der Grund bekanntgeworden ist, des Einschreitens in der Sache zu enthalten.

(4) Der Rechtsschutzbeauftragte ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Er unterliegt der Amtsverschwiegenheit. Seine Stellvertreter haben gleiche Rechte und Pflichten.

(5) Zustellungen an den Rechtsschutzbeauftragten sind im Wege der Geschäftsstelle des Obersten Gerichtshofes vorzunehmen; diese hat auch die Kanzleigeschäfte des Rechtsschutzbeauftragten wahrzunehmen.

(6) Dem Rechtsschutzbeauftragten gebührt als Entschädigung für die Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Abschnitt für jede, wenn auch nur begonnene Stunde zehn von Hundert der Entschädigung eines Ersatzmitgliedes des Verfassungsgerichtshofes für einen Sitzungstag zuzüglich eines Auslagenersatzes nach § 4 Abs. 3 des Verfassungsgerichtshofgesetzes. Für die Bemessung der dem Rechtsschutzbeauftragten zustehenden Gebühren ist der Bundesminister für Justiz zuständig.

§ 149o. (1) Dem Rechtsschutzbeauftragten obliegt die Prüfung und Kontrolle der Anordnung und Durchführung einer optischen oder akustischen Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 und eines automationsunterstützten Datenabgleichs nach § 149i. Zu diesem Zweck haben ihm Gerichte, Staatsanwaltschaften und Sicherheitsbehörden jederzeit Akteneinsicht zu gewähren und sind ihm auf sein Verlangen Abschriften (Ablichtungen) einzelner Aktenstücke unentgeltlich auszufolgen und alle Auskünfte zu erteilen. Es ist ihm Gelegenheit zu geben, die Durchführung der erwähnten besonderen Ermittlungsmaßnahmen zu überwachen, und es ist ihm jederzeit Zutritt zu allen Räumen zu gewähren, in denen Aufnahmen oder sonstige Überwachungsergebnisse aufbewahrt werden oder der Datenabgleich durchgeführt wird.

(2) Beantragt der Staatsanwalt die Anordnung einer Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 oder die Anordnung eines Datenabgleichs nach § 149i, so hat er dem Rechtsschutzbeauftragten zugleich eine Ausfertigung dieses Antrags samt einer Abschrift der Anzeige und der maßgebenden Erhebungsergebnisse zu übermitteln sowie im Fall des § 149e Abs. 2 zweiter Satz um Ermächtigung zur Antragstellung zu ersuchen. Eine Ermächtigung zu einem Antrag auf Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 in den ausschließlich der Berufsausübung gewidmeten Räumlichkeiten einer der in § 152 Abs. 1 Z 4 und 5 oder in § 31 Abs. 1 des Mediengesetzes erwähnten Personen darf der Rechtsschutzbeauftragte nur erteilen, wenn besonders schwerwiegende Gründe vorliegen, die diesen Eingriff verhältnismäßig erscheinen lassen.

(3) Einen Beschluß, mit dem die Ratskammer eine Überwachung nach § 149d Abs. 1 Z 3 anordnet oder genehmigt oder einen Datenabgleich nach § 149i anordnet, hat der Untersuchungsrichter samt Abschriften (Ablichtungen) aller Aktenstücke, die für die Beurteilung der Anordnungsgründe von Bedeutung sein können, unverzüglich dem Rechtsschutzbeauftragten zu übermitteln. Dieser hat zu beurteilen, ob wegen Fehlens einer Voraussetzung der Anordnung, wie, Tatverdacht, Anordnungsgrund oder Verhältnismäßigkeit, Beschwerde an den Gerichtshof zweiter Instanz zu erheben ist (§ 114). Dieses Beschwerderecht erlischt mit dem Ablauf der Rechtsmittelfrist des Beschuldigten.

(4) Nach Beendigung der Überwachung ist dem Rechtsschutzbeauftragten der Bericht nach § 149f Abs. 2 zu übermitteln und ihm Gelegenheit zu geben, die gesamte Aufnahme anzusehen und anzuhören sowie die hergestellten Bilder und schriftlichen Aufzeichnungen einzusehen, bevor diese zum Akt genommen werden (§ 149m Abs. 2). Er ist ferner berechtigt, die Vernichtung von Bildern und Teilen der schriftlichen Aufzeichnungen (§ 149g Abs. 6) zu beantragen und sich von der ordnungsgemäßen Vernichtung von Aufnahmen und Aufzeichnungen zu überzeugen. Das gleiche gilt für die ordnungsgemäße Löschung von Daten, die in einen Datenabgleich einbezogen oder durch ihn gewonnen wurden. Beabsichtigt der Untersuchungsrichter, einem solchen Antrag des Rechtsschutzbeauftragten nicht nachzukommen, so hat er unverzüglich die Entscheidung der Ratskammer einzuholen.

(5) Bis zum 31. März eines jeden Jahres hat der Rechtsschutzbeauftragte dem Bundesminister für Justiz einen Bericht über seine Tätigkeit und seine Wahrnehmungen zur Anwendung der Bestimmungen über die optische und akustische Überwachung nach § 149 d Abs. 1 Z 3 sowie über den automationsunterstützten Datenabgleich im vorangegangenen Jahr zu übermitteln.

X. Schadenersatz

§ 149p. Der Bund haftet für vermögensrechtliche Nachteile, die durch den Einsatz technischer Mittel zur Bild- oder Tonübertragung und zur Bild- oder Tonaufnahme, insbesondere durch das Eindringen in eine Wohnung oder sonstige zum Hauswesen gehörige Räumlichkeiten oder die sonstigen Vorkehrungen für die Durchführung einer Überwachung nach § 149d Abs. 1 oder 2, oder durch einen automationsunterstützten Datenabgleich entstanden sind. Der Ersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn der Geschädigte die Anordnung des Einsatzes technischer Mittel oder des automationsunterstützten Datenabgleichs vorsätzlich herbeigeführt hat. Weitergehende Ansprüche bleiben unberührt. Auf das Verfahren ist das Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, anzuwenden.“

4. Der bisherige Inhalt des § 151 erhält die Absatzbezeichnung „(1)“; folgender Abs. 2 wird angefügt:

„(2) Der Schutz der geistlichen Amtsverschwiegenheit nach Abs. 1 Z 1 darf bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden, insbesondere nicht durch Überwachung eines Fernmeldeverkehrs oder durch Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel oder durch Überwachung in Beichtstühlen oder Räumlichkeiten, die zur geistlichen Aussprache bestimmt sind.

5. Im § 162a Abs. 1 und 4 werden die Wendungen „Ton- oder Bildaufzeichnung“ und „Ton- oder Bildaufzeichnungen“ durch die Wendungen „Ton- oder Bildaufnahme“ und „Ton- oder Bildaufnahmen“ ersetzt.

6. Im 252 Abs. 1 wird das Wort „Aufzeichnungen“ durch das Wort „Aufnahmen“ ersetzt.

7. § 271 wird wie folgt geändert:

a) Im Abs. 5 wird das Wort „aufzuzeichnen“ durch das Wort „aufzunehmen“ ersetzt.

b) Im Abs. 6 werden die Worte „aufgezeichnet“, „Aufzeichnung“ und „Tonaufzeichnung“ durch die Worte „aufgenommen“, „Aufnahme“ und „Tonaufnahme“ ersetzt.

8. Im § 281 Abs. 1 Z 3 wird im Klammerausdruck nach dem § 149c Abs. 3 der § 149h Abs. 2 eingefügt.

9. Im § 345 Abs. 1 Z 4 wird im Klammerausdruck nach dem § 149c Abs. 3 der § 149h Abs. 2 eingefügt.

10. Im § 468 Abs. 1 Z 3 wird im Klammerausdruck nach dem § 149c Abs. 3 der § 149h Abs. 2 eingefügt.

Artikel II

Das Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/1997, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift des § 41 hat zu lauten:

„Außerordentliche Strafmilderung bei Überwiegen der Milderungsgründe“.

2. Dem § 41 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Die §§ 43 und 43a StGB können auch angewendet werden, wenn auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei bzw. drei Jahren erkannt wird oder zu erkennen wäre.“

3. Nach dem § 41 wird folgende Bestimmung samt Überschrift eingefügt:

„Außerordentliche Strafmilderung bei Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden

§ 41a. (1) Offenbart der Täter einer nach den §§ 277, 278 oder 278a strafbaren Handlung oder einer strafbaren Handlung, die mit einer solchen Verabredung, Verbindung oder Organisation im Zusammenhang steht, einer Strafverfolgungsbehörde sein Wissen über Tatsachen, deren Kenntnis wesentlich dazu beiträgt,

           1. die aus der Verabredung, Verbindung oder Organisation entstandene Gefahr zu beseitigen oder erheblich zu vermindern,

           2. die Aufklärung einer solchen strafbaren Handlung über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus zu fördern oder

           3. eine Person auszuforschen, die an einer solchen Verabredung führend teilgenommen hat oder in einer solchen Verbindung oder Organisation führend tätig war,

so kann ein gesetzliches Mindestmaß der Strafe nach Maßgabe des § 41 unterschritten werden, wenn dies der Bedeutung der geoffenbarten Tatsachen im Verhältnis zur Schuld des Täters entspricht. § 41 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Abs. 1 gilt für den Beteiligten einer Verabredung, Verbindung oder Organisation, die nach dem Verbotsgesetz strafbar ist, und für den Täter einer strafbaren Handlung, die mit einer solchen Verabredung, Verbindung oder Organisation im Zusammenhang steht, entsprechend.

(3) Bezieht sich das Wissen des Täters auf strafbare Handlungen, für die die österreichischen Strafgesetze nicht gelten, so ist Abs. 1 gleichwohl anzuwenden, soweit die Leistung von Rechtshilfe zulässig wäre.“

4. Im § 43 Abs. 1 entfällt der letzte Satz.

5. Im § 43a entfällt der Abs. 5.

6. Im § 120 Abs. 3 werden die Worte „auf Verlangen“ durch die Worte „mit Ermächtigung“ ersetzt.

7. Dem § 301 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Wer auf eine im Abs. 1 bezeichnete Weise eine Mitteilung über den Inhalt von Aufnahmen, Bildern oder schriftlichen Aufzeichnungen aus der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs oder aus einer optischen oder akustischen Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel veröffentlicht, ist, wenn nicht zuvor entsprechende Bilder oder schriftliche Aufzeichnungen zum Akt genommen wurden (§ 149m Abs. 2 StPO), mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

Artikel III

Das Bundesgesetz vom 12. Juni 1981, BGBl. Nr. 314, über die Presse und andere publizistische Medien (Mediengesetz), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 91/1993, wird wie folgt geändert:

1. Nach dem § 7b wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Schutz vor verbotener Veröffentlichung

§ 7c. (1) Wird in einem Medium eine Mitteilung über den Inhalt von Aufnahmen, Bildern oder schriftlichen Aufzeichnungen aus der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs oder aus einer optischen oder akustischen Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel veröffentlicht, ohne daß insoweit von den Aufnahmen oder von den Bildern und schriftlichen Aufzeichnungen in öffentlicher Hauptverhandlung Gebrauch gemacht wurde, so hat jeder Betroffene, dessen schutzwürdige Interessen verletzt sind, gegen den Medieninhaber (Verleger) Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene Kränkung. Der Entschädigungsbetrag darf 500 000 S, ist die Veröffentlichung jedoch geeignet, die wirtschaftliche Existenz oder die gesellschaftliche Stellung des Betroffenen zu vernichten, eine Million Schilling nicht übersteigen; im übrigen ist § 6 Abs. 1 zweiter Satz anzuwenden.

(2) In den im § 7a Abs. 3 erwähnten Fällen besteht kein Anspruch nach Abs. 1.“

2. In den §§ 8 Abs. 1 und Abs. 2, 8a Abs. 5 und Abs. 6 wird jeweils das Zitat „§§ 6, 7, 7a oder 7b“ durch das Zitat „§§ 6, 7, 7a, 7b oder 7c“ ersetzt.

3. § 31 Abs. 3 hat wie folgt zu lauten:

„(3) Inwieweit die Überwachung des Fernmeldeverkehrs von Anlagen eines Medienunternehmens und eine optische oder akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel in Räumlichkeiten eines Medienunternehmens zulässig sind, bestimmt die Strafprozeßordnung.“

Artikel IV

Das Bundesgesetz vom 5. März 1986, BGBl. Nr. 164, über die staatsanwaltschaftlichen Behörden (Staatsanwaltschaftsgesetz – StAG), zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 507/1994, wird wie folgt geändert:

Nach dem § 10 wird folgende Bestimmung eingefügt:

„Berichte über besondere Ermittlungsmaßnahmen

§ 10a. (1) Über beabsichtigte Anträge auf optische oder akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel nach § 149d Abs. 1 Z 2 und 3 StPO oder auf Durchführung eines automationsunterstützten Datenabgleichs haben die Staatsanwaltschaften den Oberstaatsanwaltschaften zu berichten; § 8 Abs. 4 letzter Satz gilt entsprechend.

(2) Über Strafsachen, in denen ein Antrag auf Überwachung nach § 149d StPO oder auf Durchführung eines automationsunterstützten Datenabgleichs gestellt oder in denen die Überwachung eines Fernmeldeverkehrs beantragt oder angeordnet wurde, haben die Staatsanwaltschaften, nachdem sie dem Untersuchungsrichter und – soweit diese befaßt war – der Ratskammer Gelegenheit zur Stellung­nahme eingeräumt haben, den Oberstaatsanwaltschaften alljährlich gesonderte Berichte vorzulegen und in den Fällen des Abs. 1 Ausfertigungen der betreffenden gerichtlichen Beschlüsse anzuschließen. Die Berichte haben insbesondere zu enthalten:

           1. die Anzahl der Fälle, in denen die Überwachung eines Fernmeldeverkehrs, die optische oder akustische Überwachung von Personen unter Verwendung technischer Mittel oder ein automationsunterstützter Datenabgleich angeordnet wurde, sowie die Anzahl der von einer Überwachung betroffenen und der durch einen Datenabgleich ausgeforschten Personen,

           2. den Zeitraum der einzelnen Überwachungsmaßnahmen,

           3. die Anzahl der Fälle, in denen besondere Ermittlungsmaßnahmen mit Erfolg durchgeführt wurden,

           4. allfällige Stellungnahmen der Gerichte.

(3) Die Oberstaatsanwaltschaften haben diese Berichte zu prüfen, sie gegebenenfalls richtigstellen zu lassen oder sonst erforderliche Verfügungen zu treffen. Sie haben dem Bundesministerium für Justiz eine Gesamtübersicht samt den Ausfertigungen der gerichtlichen Beschlüsse über besondere Ermittlungs­maßnahmen zu übermitteln.

(4) Der Bundesminister für Justiz hat auf Grundlage der Berichte der staatsanwaltschaftlichen Behörden und des Berichtes des Rechtsschutzbeauftragten alljährlich dem Nationalrat, dem Daten­schutzrat und der Datenschutzkommission einen Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen zu erstatten, soweit diese auf Grund gerichtlicher Entscheidungen durchgeführt wurden.“

Artikel V

Das Fernmeldegesetz 1993, BGBl. Nr. 908, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 44/1997, wird wie folgt geändert:

1. Nach dem § 18 wird folgender § 18a samt Überschrift eingefügt:

„Pflichten der Erbringer öffentlicher Fernmeldedienste

§ 18a. (1) Der Erbringer eines öffentlichen Fernmeldedienstes ist nach Maßgabe einer gemäß Abs. 3 erlassenen Verordnung verpflichtet, alle Einrichtungen bereitzustellen, die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO erforderlich sind. Diese Verpflichtung begründet keinen Anspruch auf Kostenersatz.

(2) Der Erbringer eines öffentlichen Fernmeldedienstes ist verpflichtet, an der Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken. Hiefür gebührt ihm der Ersatz der angemessenen Kosten.

(3) Durch Verordnung kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr im Einvernehmen mit den Bundesministern für Inneres und für Justiz, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen für die Gestaltung der technischen Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der StPO festsetzen.“

2. § 34 Abs. 2 entfällt.

3. § 52 hat zu lauten:

§ 52. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betraut.

(2) Mit der Vollziehung der §§ 41 und 42 ist der Bundesminister für Justiz betraut.

(3) Mit der Vollziehung des § 18a Abs. 2 ist der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz, mit der Vollziehung des § 18a Abs. 3 ist der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr im Einvernehmen mit den Bundesministern für Inneres und für Justiz betraut.“

4. § 53 wird wie folgt geändert:

a) Folgender neuer Abs. 2 wird eingefügt:

„(2) Die §§ 18a, 34 Abs. 2 und 52 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/XXXX treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft.“

b) Der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung „(3)“.

Artikel VI

Das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 6 Abs. 3 hat zu lauten:

„(3) Der Bundesminister für Inneres kann im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates mit Verordnung für Zwecke einer wirksameren Bekämpfung organisierter Kriminalität oder, wenn wegen der hiezu gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt eine besondere Ausbildung erforderlich ist, zur Beendigung gefährlicher Angriffe aus Organen gemäß Abs. 2 Sondereinheiten bilden und ihnen die ausschließliche oder schwerpunktmäßige Wahrnehmung dieser Aufgaben im gesamten Bundesgebiet auftragen.“

2. Im § 22 Abs. 1 tritt an die Stelle des Punktes am Ende ein Strichpunkt und folgende Z 5 wird angefügt:

         „5. von Menschen, die über einen gefährlichen Angriff oder organisierte Kriminalität Auskunft erteilen können und deshalb besonders gefährdet sind.“

3. Nach § 54 wird folgender 54a samt Überschrift eingefügt:

„Legende

§ 54a. Soweit Bundesbehörden, Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung oder Bürgermeister gesetzlich zur Ausstellung von Urkunden berufen sind, haben sie auf Verlangen des Bundesministers für Inneres zum Zweck verdeckter Ermittlungen (§ 54 Abs. 3) Urkunden herzustellen, die über die Identität eines Menschen täuschen. Diese Urkunden dürfen nur im Rahmen des Auftrags der Sicherheitsbehörde im Rechtsverkehr verwendet werden.“

4. Im § 62 Abs. 1 hat der erste Satz zu lauten:

„§ 11 des Datenschutzgesetzes findet auf alle nach diesem Hauptstück, nach § 149d Abs. 1 Z 1 StPO sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen nach § 149d Abs. 1 Z 3 StPO ermittelten und verarbeiteten personenbezogenen Daten Anwendung.“

5. Im § 92 tritt an die Stelle des Punktes am Ende der Z 2 ein Strichpunkt und folgende Z 3 wird angefügt:

         „3. die entstehen, weil Urkunden, die über die Identität eines Menschen täuschen (§ 54a), im Rechtsverkehr verwendet werden.“

6. § 94 wird wie folgt geändert:

a) Der dem § 94 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 12/1997 angefügte Abs. 3 erhält die richtige Absatzbezeichnung „(5)“.

b) Folgender Abs. 6 wird angefügt:

(6) Die §§ 6 Abs. 3, 22, 54a, 62 Abs. 1 und 92 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/XXXX treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft.“

Artikel VII

Geheimschutzordnung

§ 1. Der Bundesminister für Inneres hat nach Anhörung des Datenschutzrates für die Handhabung der Überwachungsmaßnahmen nach § 149d Abs. 1 Z 3 StPO und des automationsunterstützten Datenabgleichs nach § 149i StPO eine Geheimschutzordnung als generelle Weisung zu erlassen. Diese hat jedenfalls zu enthalten:

           1. allgemeine Verhaltensregeln für den Umgang mit Informationen, die durch solche Über­wachungsmaßnahmen gewonnen worden sind, insbesondere hinsichtlich ihrer Vervielfältigung und Aufbewahrung;

           2. Maßnahmen zur Gewährleistung der nachträglichen Feststellbarkeit des Zuganges zu solchen Informationen.

Besondere Sicherheitsüberprüfung

§ 2. (1) Bedienstete, denen schwerpunktmäßig die Handhabung von Observationsmaßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität obliegt, sind alle zwei Jahre einer besonderen Sicherheitsprüfung nach § 55 SPG zu unterziehen; diese hat der besonderen Geheimschutzwürdigkeit von Informationen, die durch Überwachungsmaßnahmen nach § 149d Abs. 1 Z 3 StPO gewonnen worden sind, Rechnung zu tragen.


(2) Bedienstete, die dem Bundesministerium für Inneres beigegeben oder zugeteilt sind und im Einzelfall Zugang zu Informationen erhalten sollen, die durch Überwachungsmaßnahmen nach § 149d Abs. 1 Z 3 StPO gewonnen worden sind, sind vor einem solchen Zugang einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen, die der besonderen Geheimschutzwürdigkeit solcher Informationen Rechnung trägt.

Artikel VIII

(1) Der Art. I mit Ausnahme des § 149d Abs. 1 Z 3 und der Bestimmungen des VII. Abschnittes des XII. Hauptstückes der StPO und der darauf Bezug nehmenden Bestimmungen sowie die Art. II bis IV und der Art. VII dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Jänner 1998 in Kraft und mit 31. Dezember 2001 außer Kraft. Die Bestimmungen des VII. Abschnittes des XII. Hauptstückes der StPO und die darauf Bezug nehmenden Bestimmungen treten mit 1. Oktober 1997, § 149d Abs. 1 Z 3 StPO und die darauf Bezug nehmenden Bestimmungen mit 1. Juli 1998 in Kraft und mit 31. Dezember 2001 außer Kraft. Mit dem Außerkrafttreten treten die bisherigen Bestimmungen wieder in Kraft.

(2) Im Zusammenhang mit Art. I und VII dieses Bundesgesetzes können bereits von dem der Kundmachung folgenden Tag an organisatorische und personelle Maßnahmen getroffen sowie Durchführungsverordnungen erlassen werden; letztere dürfen aber erst mit dem Inkraftreten dieses Bundesgesetzes in Wirksamkeit gesetzt werden.

(3) Spätestens sechs Monate vor dem Außerkraftreten nach Abs. 1 haben der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Justiz dem Nationalrat einen Bericht über die bisherigen Erfahrungen mit der Anwendung, Durchführung und Kontrolle der besonderen Ermittlungsmaßnahmen vorzulegen.

(4) Mit der Vollziehung der Art. I bis IV dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz, mit der Vollziehung des Art. VII der Bundesminister für Inneres betraut.

Anlage 2

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits

gemäß § 42 Abs. 5 GOG zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (49 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaß­nahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Fernmeldegesetz und das Sicherheitspolizeigesetz geändert werden


Grundsätzliches

Die gesetzgeberische Hast der Regierungskoalition verhinderte, daß sich Österreichs Bürger/innen mit der Tragweite des großen Lauschangriffs und der Rasterfahndung vertraut machen konnten. Die Kriminalitätsbekämpfung mittels der neuen Fahndungsmethoden wurde auf den rein technischen Aspekt reduziert und damit in ihrer gesellschaftlichen Dimension nicht wirklich begriffen. Der „Lauschangriff“ beeinträchtigt die Voraussetzungen der rechtsstaatlichen Demokratie. Die freie Kommunikation in der räumlichen Privatsphäre ist eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungs­möglichkeiten begründeten Gemeinwesens. Es gilt, die Grundrechte des Bürgers zu respektieren und seine Mitarbeit zu gewinnen. Nur der verantwortungsvolle Bürger wird für dieses Land einstehen und mit Begeisterung an seinem Wohl mitwirken. Die Grünen bedauern, daß diese Grundrechtsdebatte angesichts der Tragweite der geplanten Eingriffe nicht zugelassen wurde. So war die Öffentlichkeit selbst vom Expertenhearing im Unterausschuß ausgeschlossen worden.

1. Keine Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

„Eine Überwachung ist nur zulässig soweit die Verhältnismäßigkeit zum Zweck der Maßnahme gewahrt wird. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, daß der angestrebte Erfolg in einem vertretbaren Verhältnis zu den voraussichtlich bewirkten Eingriffen in die Rechte unbeteiligter Dritte steht und zu prüfen, ob nicht auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen begründete Aussicht auf den angestrebten Erfolg besteht.“ (§ 149d Abs. 3 des Entwurfes idF des Ausschußberichtes) Aus dem Sicherheitsbericht entnehmen wir – und dies wurde in den letzten Monaten auch immer wieder hervorgehoben –, daß in Österreich die Kriminalität in den letzten Jahren zurückgegangen und die Aufklärungsquote gestiegen ist. Das heißt, Österreichs Sicherheitsbehörden arbeiten auch ohne weitere Ermittlungsmethoden erfolgreich. Die Abgeordneten der Koalitionsparteien müßten das Gesetz daher, wenn sie den Verhältnismäßig­keitsgrundsatz ernst nehmen, von vornherein ablehnen, da der angestrebte Erfolg auch mit weniger eingreifenden Maßnahmen erreicht wird.

Der Lauschangriff und die Rasterfahndung sollen eingeführt werden, um so die hierarchischen Strukturen krimineller Organisationen zerschlagen zu können, wobei auf das Beispiel Amerika hingewiesen wird. Tatsächlich gibt es keinen Nachweis und wurde auch niemals behauptet, daß in Österreich gesellschaftsgefährdende, kriminell organisierte Banden ihren Sitz haben und hier ihr Unwesen treiben (siehe auch den letzten Sicherheitsbericht). Natürlich gibt es auch in Österreich Ansätze der organisierten Kriminalität. Allerdings rechtfertigen die keinesfalls die Einführung des Lauschangriffes und der Rasterfahndung. Laut Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte „können Befugnisse zur geheimen Überwachung von Bürgern, wie sie für den Polizeistaat typisch sind, nach der Menschenrechtskonvention nur insoweit hingenommen werden, als sie zur Erhaltung der demokratischen Ordnung unbedingt notwendig sind“.

Es ist statistisch belegt, daß es in Österreich wesentlich gefährlicher ist, sich im Straßenverkehr zu bewegen, als Opfer eines Verbrechens einer kriminellen Organisation zu werden. Die ständige Panikmache, die insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion über die Einführung des Lauschangriffes und der Rasterfahndung betrieben wird, ist vollkommen unverständlich und auch unverantwortlich. Die Polizei hat bis heute erfolgreich gearbeitet, wozu also der ständige Hinweis, daß Österreichs Gesellschaft gefährdet sei. Damit wird nicht nur die Arbeit der Sicherheitsbehörden abgewertet, sondern auch die Bevölkerung in unzulässiger Weise verunsichert.

Wenn man bedenkt, daß sich die Koalitionsparteien bis heute trotz heftiger internationaler Kritik, geweigert haben, die Anonymität der Sparbücher aufzuheben und ein Mittel der Geldwäscherei zu beseitigen, muß ich mir die Frage stellen, ob es die Regierungskoalition mit der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wirklich ernst meint. Ich habe vielmehr den Verdacht, daß mit der Einführung der neuen Ermittlungsmethoden nur der mangelnde Erfolg bei der Aufklärung des Briefbombenterrors kaschiert werden soll. Daß allerdings mit Hilfe des Lauschangriffs nun die Briefbombenattentäter ermittelt werden können, daran glaubt selbst der Innenminister nicht. Es ist für mich erschreckend, wie leicht es bei uns ist mittels billiger Panikmache („Wer sich gegen Lauschangriff und Rasterfahndung ausspricht, ist für Menschenhandel, …“) die Einschränkung wesentlicher Grundrechte durchzusetzen.

Die Bekämpfung von Kriminalität ist notwendig. Die Forderung nach Effizienz ist gerechtfertigt. Dennoch muß Rechtsstaatlichkeit und Wahrung der Menschenrechte im Vordergrund stehen. Niemand käme mehr auf die Idee, Geständnisse durch Folter zu erzwingen, obzwar zweifelsohne durch Folter gelegentlich Geständnisse zutage kommen könnten. Ebenso muß es sich mit den Grundrechten auf Unschuldsvermutung, Privatsphäre und Datenschutz verhalten. Zur Erhöhung der Effizienz sollten jedoch in erster Linie die Arbeitsbedingungen, die Entlohnung und die Ausbildung der Sicherheits­beamten verbessert werden. Die Verbrechensaufklärung ist sicherlich erfolgreicher mit massiver Unterstützung der Bevölkerung als mit Bespitzelungs- und Vernaderungsmethoden durchzuführen. Eine breite Mithilfe der Bevölkerung setzt jedoch eine gute Vertrauensbasis zu den Sicherheitsbehörden voraus. Es wäre daher zweckmäßiger, die soziale Kompetenz der Polizeibeamten auszubauen, anstatt Lauschangriff und Rasterfahndung einzuführen.

2. Zu einzelnen Bestimmungen

a) Zur Aufklärung oder Verhinderung strafbarer Handlungen, die eine kriminelle Organisation plant oder begangen hat, kann die Wohnung einer verdächtigen Person – der dringende Verdacht auf Mitgliedschaft bei einer kriminellen Organisation reicht aus – mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten verwanzt werden. Der Lauschangriff ist aber auch in der Wohnung Dritter zulässig, wenn angenommen wird, daß die dringend verdächtige Person dort mit jemand anderem Kontakt aufnehmen wird. Wenn also bei einem Fest in einer Privatwohnung ein Freund jemanden mitbringt, der dringend in Verdacht steht, Mitglied einer kriminellen Organisation zu sein, kann diese Wohnung verwanzt werden.

Untragbar ist auch, daß nunmehr eine Bespitzelung durch Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen und gute Bekannte ermöglicht wird. Die Bespitzelung soll mittels technischer Bild- und Tonaufnahme­geräte durchgeführt werden, wobei diese Geräte auch bereits vorher an dem Ort des gemeinsamen Zusammentreffens angebracht werden können.

Außer Verhältnis steht auch, daß zur Aufklärung jeder strafbaren Handlung verdächtige Personen außerhalb privater Räumlichkeiten mittels Bildaufnahmegeräte (Spähangriff) überwacht werden können. In privaten Räumlichkeiten ist zur Aufklärung von Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bedroht sind, die Überwachung mit derartigen Bildaufzeichnungsgeräten bei Zustimmung des Wohnungsinhabers zulässig. Angesichts der Schwere des Eingriffs in die Privatsphäre kann die Anwendung dieser Überwachungsmaßnahmen bei Vergehen wohl niemals gerechtfertigt sein.

b) Zur Rasterfahndung

Laut Regierungsvorlage war die „Rasterfahndung“ nur dann zulässig, wenn ansonsten die Aufklärung eines Verbrechens, das mit mehr als zehnjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist oder einer kriminellen Organisation aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Außerdem konnten nur die Daten öffentlich rechtlicher Körperschaften herangezogen werden. Nunmehr können die Daten öffentlich rechtlicher Körper­schaften schon zur Aufklärung eines jeden Verbrechens abgeglichen werden. Diese Herabsetzung des Schutzniveaus für die Betroffenen bei der „Rasterfahndung“ wurde auch vom Datenschutzrat heftig kritisiert.

Als Eingriff in die Privatsphäre ist auf alle Fälle unakzeptabel, daß nach den nunmehr vorliegenden gesetzlichen Bestimmungen in Hinkunft auch private Datenträger verpflichtet werden können, ihre Dateien auf bestimmte Merkmale zu durchsuchen und den Sicherheitsbehörden bzw. den Gerichten zu übermitteln. Auch wenn die Abgleichung privater Daten nur zur Aufklärung eines Verbrechens, das mit mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist oder einer kriminellen Organisation vorgenommen werden kann, ändert dies nichts daran, daß mit diesen Bestimmungen langfristig einem Über­wachungsstaat Tür und Tor geöffnet werden.


Gemäß § 149i Abs. 3 ist es unzulässig, Daten betreffend die rassische Herkunft, politische Anschauungen, religiöser oder anderer Überzeugung oder Merkmale des Gesundheitszustandes oder des Sexuallebens einzubeziehen. Dies gilt jedoch nicht für Daten, die von den Sicherheitsbehörden durch erkennungsdienstliche Maßnahmen ermittelt wurden. Erkennungsdienstliche Maßnahmen sind laut Sicherheitspolizeigesetz auch die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale, die Vornahme von Messungen oder die Erhebung von Stimm- und Schriftproben. Es wird also im gleichen Absatz wieder eine Ausnahme von der Ausnahme gemacht und die Einbeziehung von Daten, zB betreffend die rassische Herkunft (Hautfarbe), und zwar schon zur Aufklärung einer strafbaren Handlung, die mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, ermöglicht.

c) Ungenügende Schadenersatzregelung

Mangelhaft ist auch die Schadenersatzregelung. Während die Medien betroffenen Personen durch ungerechtfertigte Veröffentlichungen auch immateriellen Schaden zu ersetzen haben, haftet der Bund nur für die konkreten vermögensrechtlichen Nachteile, und zwar auch nur dann, wenn die Überwachungs­maßnahmen nicht gerechtfertigt waren. Das heißt, eine unbeteiligte dritte Person, die auf Grund einer Überwachungsmaßnahme, die möglicherweise auch gerechtfertigt war, ihren Job verliert, weil sie zufällig mit der dringend verdächtigen Person auf dem gleichen Fest war, hat keinen Schadenersatz­anspruch. Ich halte es für ungerechtfertigt, daß der Bund, der die massiven Eingriffe in die Grundrechte zuläßt, nicht verpflichtet wird, unbeteiligten Dritten jeden materiellen und immateriellen Schaden, den sie dadurch erleiden, zu ersetzen. Es ist positiv anzumerken, daß Medien für ungerechtfertigte Ver­öffentlichungen für den erlittenen materiellen und immateriellen Schaden haften. Es ist jedoch nicht zu rechtfertigen, warum der Bund, der diese Überwachungsmaßnahmen angeordnet hat, nur beschränkt haften soll, zumal bei der Genehmigung bewußt sein mußte, daß Dritte dadurch Schaden erleiden können. Der Bund sollte daher wie die Medien verpflichtet werden, unbeteiligten Dritten den gesamten materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen.

Abschließend möchte ich noch daraf hinweisen, daß bei den österreichischen Gerichten ein Formular­unwesen herrscht. Häufig werden richterliche Entscheidungen, wie zB die Anordnung der Telephon­überwachung ohne weitere juristische und rechtsstaatliche Überlegungen getroffen. Nur so ist es erklärbar, daß derzeit 99% aller Anträge auf Anordnung einer Telephonüberwachung stattgeben wird. So ist ein in Österreich lebender unbescholtener Mensch einem neunmal so großen Risiko ausgesetzt, „Opfer“ einer Telephonüberwachung zu werden, als eine Person in den USA, obwohl dort bekanntermaßen die Kriminalität höher ist.

Anlage 3

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Dr. Heide Schmidt

gemäß § 42 Abs. 5 GOG zum Bericht des Justizausschusses über die bundesgesetzliche Ermächtigung zu besonderen Ermittlungsmethoden in der STPO

Die Einführung der sogenannten „besonderen Ermittlungsmethoden“ wird in der Öffentlichkeit wie im Bericht des Justizausschusses mit der Zunahme schwerer und organisierter Kriminalität begründet; es sei daher gerechtfertigt, wenn der Staat „organisatorische Vorkehrungen“ treffe. Die Vorlage führt daher neue Möglichkeiten einer „optischen und akustischen Überwachung unter Verwendung technischer Mittel“ sowie den „automationsunterstützten Datenabgleich“ ein. Diese euphemistischen und verharm­losenden Formulierungen erzeugen ein falsches Bild von der Tragweite der ausführenden Rechtsnormen und der Massivität des Einschnitts in mehrere Grundrechte. Durch die Strategie der Wortwahl wird versucht, das Grundrechtsproblem auf eine technische Ebene zu verlagern und darüber hinaus der durch nichts bewiesene Kausalzusammenhang hergestellt, daß durch die Einführung dieser Maßnahmen eine effizientere Bekämpfung des organisierten Verbrechens möglich sein soll. Durch diese Fiktion soll der Eindruck erweckt werden, daß die Vorlage auf einer ausgewogeneren Ziel-Mittel-Relation beruht.

Dieser Eindruck ist falsch.

Vielmehr werden neben dem unverhältnismäßigen Eingriff in Grundrechte und der damit einhergehenden Aushöhlung fundamentale Grundprinzipien des Rechtsstaates schwer beschädigt; der Vertrauensgrund­satz und die Unschuldsvermutung.

Beim Lauschangriff steht der Vertrauensgrundsatz insbesondere im Zusammenhang mit sogenannten Vertrauensberufen, wie beispielsweise Ärzten, Psychotherapeuten, Geistlichen, Anwälten, Notaren, Wirtschaftstreuhändern zur Disposition. Daran vermögen weder die notwendige Ermächtigung durch die Rechtsschutzbeauftragten noch Verwertungsverbote etwas zu ändern, da unbeteiligte Dritte nach Beschlußfassung der Vorlagen bei keinem der – selbst in den Berufsräumlichkeiten – geführten Gespräche mehr sicher sein können, nicht abgehört zu werden. Ebensolche Effekte werden durch die Ermöglichung der optischen und akustischen Überwachung jeden Lokals, von Stammtischen, Plätzen und Straßenabschnitten erreicht. Die Unschuldsvermutung wird schließlich ins Gegenteil verkehrt, wenn auch eine nicht verdächtige Person überwacht werden darf, wenn anzunehmen ist, daß eine verdächtige Person mit ihr in Kontakt treten werde (siehe Ausschußbericht zu § 149d).

Sowohl die notorische Durchlässigkeit amtsbekannter Informationen als auch die evidente technische Überlegenheit von Verbrechern gegenüber staatlichen Abhörmethoden weist den „großen Lauschangriff“ als exzessiven Grundrechtseingriff aus, der einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhält. Er ist somit, wie im folgenden noch ausgeführt wird, a priori verfassungs- und konventionswidrig.

Die genannten Prinzipien des Vertrauensgrundsatzes und der Unschuldsvermutung werden aber auch durch die Rasterfahndung schwer beschädigt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz. Auch hier ist die verharmlosende und irreführende Sprache zu beanstanden, wenn sie etwa durch § 149i Abs. 3 vom eigentlichen Ziel ablenken will: Während bestimmte „sensible“ Daten durch den ersten Satz ausgenommen werden, werden sie im zweiten Satz durch eine andere Formulierung in den Datenabgleich wieder einbezogen. Als besonders alarmierend muß der Umfang der „verrasterungsmöglichen“ Daten angesehenen werden, der von Daten reicht, die auf Grund irgendeines Bundes- oder Landesgesetzes ermittelt wurden (auf die sich auch jeder Bürgermeister beziehen kann), bis zu privaten Datenbanken. Nicht nur im Hinblick auf die bislang öffentlich bekanntgewordenen eigentlich nur für den Amtsgebrauch bestimmten Daten (warum und wie sollte derartiges in Zukunft auszuschließen sein?), sondern auch wegen der Gefahren, die damit verbunden sein können, wenn sensible Daten in falsche Hände kommen, scheint auch bei diesem Instrument der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schon beim derzeitigen Stand nicht gewahrt. Die Befürchtung, daß das Instrumentarium zu einer Ausweitung der Datenerfassung führen wird, muß daher nicht näher ausgeführt werden.

Die durch den Bericht berührten Grundrechte und sonstigen verfassungsrechtlichen Regelungen – insbesondere das Rechtsstaatsprinzip

A. Die von den besonderen Ermittlungsmaßnahmen berührten Grundrechte

Die vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen berühren eine Fülle an Grundrechten in unterschiedlicher Eingriffsintensität. Das sind in erster Linie die Rechte

           a) auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK;

          b) auf Datenschutz (§ 1 DSG und Art. 8 EMRK);

           c) auf ein faires öffentliches Verfahren über „criminal charges“ (und/oder über „civil rights“) vor einem Tribunal (Art. 6 EMRK);

          d) auf Schutz der Wohnung bzw. des Hauses (Art. 9 StGG; HausrechtsschutzG; Art. 8 EMRK);

           e) auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz; des weiteren die Grundrechte

           f) auf den gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG);

          g) auf Unversehrtheit des Eigentums (Art. 5 StGG; Art. 1 1. ZPEMRK);

          h) auf Erwerbsfreiheit (Art. 6 StGG) und

            i) auf Schutz des Fernmeldegeheimnisses.

Grundrechte der Wirtschaft werden etwa durch Maßnahmen eingeschränkt, welche den Zugriff auf Datensammlungen Dritter im Wege von Rasterfahndungen ermöglichen (vgl. Loschelder, Der Staat 1981, 350) oder durch Novelle des FMG Netzbetreiber ohne Entschädigung verpflichten, die Abhörinfrastruktur technisch und materiell zur Verfügung zu stellen. Aber auch die Erwerbstätigkeit von betroffenen Angehörigen der Freien Berufe (zB Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Therapeuten, Psychologen) ist ebenso berührt wie jene von Medienunternehmen.

Die Maßnahmen müssen erforderlich sein, um in die Schutzgüter der EMRK eingreifen zu dürfen. Dies ist nicht abstrakt oder allgemein zu prüfen, sondern in concreto. Aus diesem Grund kann zB der Zugriff auf private Daten schon bei geringen Indizien nicht damit gerechtfertigt werden, daß bei den potentiell verfolgten Verbrechen Leib, Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Personen auf dem Spiel stehen. Dieses Argument kann nur dann konventionskonform gelten, wenn eine konkrete Gefahr bzw. ein konkreter Verdacht vorliegt (vgl. Loschelder, Der Staat 1981, 356) und wenn die Maßnahme insgesamt – auch im Lichte der Mißbrauchsmöglichkeiten – erforderlich ist. Selbst dann unterliegen aber sämtliche Maßnahmen dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.

Der Gesetzgeber darf nach der Rechtsprechung des EGMR überdies den Grundrechts-Vorbehalt nicht durch eine zu weitgehende Einräumung von Ermessen an die Vollziehung aushöhlen.

B. Eingriffe in Art. 8 EMRK – Schutzbereich und Begrenzung der Ermächtigung

Sowohl die gerichtlich als auch die außergerichtlich angeordneten Ermittlungsmaßnahmen unterliegen ua. dem Schutzbereich des Art. 8 EMRK. Ein Eingriff in das Recht auf Achtung der Wohnung und des Privatlebens, der dem öffentlichen Interesse auf Strafverfolgung und/oder dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dient, findet nicht a priori und allgemein im materiellen Vorbehalt Deckung. Auch eine gerichtliche Anordnung allein reicht zur Rechtfertigung der Eingriffe nicht a priori aus, die EKOM prüft vielmehr am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die rechtlichen und tatsächlichen Umstände des Eingriffs. Daher kann auch die Übertragung von Zuständigkeiten an Richter bzw. die Ratskammer nicht die von diesen Organen angeordneten oder überprüften Maßnahmen „immunisieren“ oder a priori verfassungs- und konventionskonform machen.

Im Zusammenhang mit dem Grundrecht auf Geheimhaltung von personenbezogenen Daten (§ 1 DSG) sind auf Gesetzesebene die Eingriffsmöglichkeiten gleichfalls an die in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele gebunden. Die Eingriffsgründe sind restriktiv auszulegen (VfSlg 12166/1989). Geschützt sind auch Wirtschaftsdaten (VfSlg 12228/1989) von Unternehmen. In der bisherigen Diskussion wird nur die Eingriffsqualität von Rasterfahndungen hinsichtlich der sogenannten „Datensubjekte“, also der Betroffenen, deren Daten „gerastert“ werden) angesprochen, nicht aber bezüglich der Inhaber der Dateien, für welche die angesprochenen Ermittlungsmaßnahmen auf einer anderen Ebene einen schweren Eingriff in Rechte mit allen damit verbundenen Konsequenzen (Schädigung des Kredits, Behinderung der Erwerbstätigkeit, Eingriffe in Eigentumpositionen) bedeutet.

Obwohl Art. 8 EMRK ausdrücklich keine verfahrensrechtlichen Vorkehrungen vor Eingriffen in das Privat- und Familienleben bzw. in das Recht auf Achtung der Wohnung verlangt, hat der Gesetzgeber nach der Judikatur des EGMR durch Einengung des Ermessensspielraums der Vollziehung effiziente Vorkehrungen gegen willkürliche Eingriffe in das Recht auf Privatheit, auf Datenschutz und auch Achtung der Wohnung zu garantieren. Dieses Postulat richtet sich auch gegen Dritte (zB verdeckte Ermittler, Medieninhaber) und berührt die Frage der Gewährleistungspflichten des Staats zum Schutz vor (unberechtigten) Eingriffen Dritter (vgl. Öhlinger, Verfassungsrecht, 2. Auflage 239).

C. Fair Trial, Gehör und Waffengleichheit (Art. 6 EMRK)

Art. 6 Abs. 1 EMRK ist auf die Ermittlungsmaßnahmen, weil und insoweit sie (in erster Linie) „criminal charges“ betreffen, grundsätzlich anwendbar. Daher gilt, daß die Anforderungen an einen fair trial, insbesondere an das Recht auf Gehör und das Gebot der Waffengleichheit beachtet werden. Während im Strafverfahren jegliche Einschränkung der Verteidigungsrechte des Angeklagten auch einen grundsätzliche Dimension erreicht, wird dieses Recht hier berührt, wenn der Betroffene a) nicht oder b) zu spät von gegen ihn laufenden Ermittlungsmaßnahmen verständigt wird; wenn die gegen ihn auftretenden Zeugen maßgebliche Daten bzw. ihre Identität verheimlichen oder verschleiern können, wenn die aufgezeichneten Informationen bruchstückhaft, verzerrt, aus dem Zusammenhang gerissen oder verändert wiedergegeben werden (können).

Die Rechtfertigung durch öffentliche Interessen entbindet den Gesetzgeber nicht vor weiteren Vorkehrungen, wie insbesondere der Schaffung effizienter Rechtsschutzeinrichtungen für alle denkbar von einer Ermittlungsmaßnahme Betroffenen. Der Bericht des Justizausschusses läßt eine effiziente, institutionelle Absicherung, insbesondere der Rechte unbeteiligter Dritter, vermissen.

D. Rechtsstaatliche Bedenken

Die Verfassungskonformität der vorgeschlagenen Regelung ist noch aus einem anderen Grund in mancher Hinsicht in Frage zu stellen. In seiner Rechtsprechung leitet der VfGH (VfSlg 11196/1986, 11590/1987, 12683/1991, 13003 und 13182/1992) aus dem Rechtsstaatsprinzip bestimmte (Mindest-)An­forderungen an Verfahrensregeln und Rechtsschutzeinrichtungen ab. Der VfGH verlangt vor allem ein Mindestmaß an faktischer Effizienz des Rechtsschutzes. Insbesondere darf eine Partei nicht einseitig mit dem Rechtsschutzrisiko bzw. allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen Erkenntnis belastet werden. Es darf zu keiner endgültigen Belastung des Verpflichteten durch allfälliges behördliches Fehlverhalten kommen. Auch in diesem Licht bestehen Bedenken gegen den Bericht angesichts des Fehlens effizienter Rechtsmittel für unbeteiligte Dritte. Die vorgesehenen Modifikationen des Schadenersatz- und Medien­strafrechts sind völlig unzureichend.

Es fehlt insbesondere ein kontradiktorisches Überprüfungsverfahren vor einem Gericht, das irreversible Eingriffe in Rechte des Verpflichteten in der Regel verhindert bzw. rückgängig macht. Es fehlen im Bericht spezifische Sanktionen gegen allfälliges behördliches bzw. von Ermittlern veranlaßtes Fehl­verhalten – die Sicherheitsordnung des Bundesministeriums für Inneres ist zahnlos, die diesbezügliche Prüfung der beteiligten Organe unbestimmt und normativ ineffizient ausgestaltet, es fehlt eine effektive flankierende, amtshaftungs- und zivilrechtliche Schadenersatzregelung, es fehlen Vorkehrungen, die eine einseitige und endgültige Belastung des Betroffenen mit dem Risiko behördlicher Fehler verhindern. Es fehlt insbesondere der hier besonders wichtige vorläufige Rechtsschutz Dritter, wie er im Zivilrecht etwa durch einstweilige Verfügungen oder Besitzstörungsklagen ermöglicht wird. Die Betroffenen können sich gegen rechtswidrige Ermittlungsmaßnahmen erst in einem Stadium wehren, in dem die Effizienz des Rechtsschutzes nicht nur in Ausnahmefällen, sondern geradezu im Regelfall nicht mehr gewährleistet ist.

Abschließend muß dem Argument, die Grundrechtseingriffe wurden durch die Notwendigkeit einer richterlichen Anordnung abgeschwächt, entgegengetreten werden. Welches Organ eine Maßnahme anordnet, ändert nämlich nichts an der Eingriffsintensität, insbesondere in die Rechte unbeteiligter Dritter. Und aus dem Argument, angesichts bereits bestehender Eingriffsmöglichkeiten stellten die Neuregelungen nur einen weiteren kleinen Schritt dar, läßt sich für die Legitimität einer Grundrechts­verletzung nichts gewinnen.