867 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (847 der Beilagen): Anlage E des Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung samt Vorbehalten der Republik Österreich


Der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens der Weltzollorganisation hat bei seiner 75. und 76. Tagung in Istanbul am 28. Juni 1990 das „Übereinkommen über die vorübergehende Verwendung“ (Istanbul Übereinkommen) verabschiedet und zur Annahme auf weltweiter Basis aufgelegt. Das Übereinkommen besteht aus dem eigentlichen Vertragstext (Hauptteil) mit den Anlagen A, B.1 bis B.9, C, D und E. Es sieht vor, daß das Zollverfahren für die vorübergehende Verwendung von Waren (einschließlich der Beförderungsmittel), ungeachtet der Bestimmungen der Anlage E, unter völliger Befreiung von den Einfuhrabgaben gewährt wird.

Der Nationalrat hat am 13. Juli 1994 den Abschluß des Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung mit den Anlagen A, B.1 bis B.9, C und D genehmigt. Es wurde im Bundesgesetzblatt Teil III, Nr. 37/1997, veröffentlicht. Ausgeschlossen blieb die Anlage E des Übereinkommens, deren Konzept mit dem damals geltenden österreichischen Zollgesetz 1988 nicht im Einklang stand.

Die „Anlage E über Waren, die unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben eingeführt werden“, weicht inhaltsmäßig und in der Zielsetzung von allen anderen Anlagen ab. Damit sollen alle jene Waren erfaßt werden, die zwar vorübergehend eingeführt werden können, aber nach dem innerstaatlichen/
-gemeinschaftlichen Recht der Vertragsparteien nicht sämtliche Anforderungen für die völlige Befreiung von den Einfuhrabgaben erfüllen. Bei den Waren der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben handelt es sich um vorübergehend eingeführte Waren, bei denen – entsprechend ihrer Verwendungsdauer – ein bestimmter Teilbetrag der bei der Überführung in den freien Verkehr zu erhebenden Einfuhrabgaben realisiert wird, um einen wirtschaftlichen Ausgleich für die Produktivität dieser Waren während ihres zweckgebundenen Gebrauchs im Zollgebiet zu schaffen. Viele Wirtschaftsgüter, wie Fertigungsmaschinen, Großcomputer oder Baumaschinen, wären im Rahmen des zweckgebundenen Gebrauchs bei auch nur kurz dauernder Verwendungsfrist in der Lage, das wirtschaftliche Gleichgewicht des Marktes der Gemeinschaft zu stören. Hersteller oder Eigentümer gleichartiger Waren in der Gemeinschaft bedürfen daher eines effizienten Schutzes. Die Höhe der Einfuhrabgaben bei teilweiser Befreiung ist pro angefangenem Monat, in dem sich die Einfuhrwaren im Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben befinden, mit höchstens 5% des Abgabenbetrages festgesetzt, der auf diese Waren zu erheben wäre, wenn sie anstatt in die vorübergehende Verwendung in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden wären.

Die im Übereinkommen getroffenen Regelungen über die Befreiung von Zöllen und die Ausnahmen von handelspolitischen Maßnahmen (mengenmäßigen Beschränkungen) fallen nach dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) in die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Der Rat der Europäischen Union hat daher am 28. Juni 1990 das Übereinkommen mit allen Anlagen über Vorschlag der Kommission unter Vorbehalt der Ratifikation unterzeichnet.

Daneben sieht das Übereinkommen aber auch die Befreiung von anderen Einfuhrabgaben, in Österreich der Einfuhrumsatzsteuer, vor. Anlage E stellt hier die Ausnahme dar. Den Vertragsparteien wird hinsichtlich der Befreiung von den Einfuhrsteuern für Waren nach Artikel 9 dieser Anlage die Möglichkeit der Einlegung eines Vorbehalts eingeräumt; Anlage E ist damit als gesetzesergänzend anzusehen und bedarf gemäß Artikel 50 Absatz 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Der Rat der Europäischen Union hat zu den Anlagen B.3, B.5, C und E Vorbehalte eingelegt; zur Sicherstellung einer harmonisierten Anwendung im Gebiet der Gemeinschaft sind auch von den Mitgliedstaaten entsprechende Vorbehalte einzulegen. Auch diese bedürfen der Genehmigung durch den Nationalrat.


Das Übereinkommen hat nicht politischen Charakter; ein Erfüllungsvorbehalt gemäß Artikel 50 Absatz 2 B-VG ist im Hinblick darauf nicht erforderlich, daß das Übereinkommen bereits teils durch unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Normen, teils durch die Bestimmungen im Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994, umgesetzt wurde. Es enthält keine verfassunsändernden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1, zweiter Satz, B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 24. September 1997 in Verhandlung genommen.

Nach der Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und des Bundesministers für Finanzen Rudolf Edlinger beschloß der Ausschuß mit Stimmenmehrheit, dem Nationalrat die Geneh­migung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen: Der Abschluß des Staatsvertrages: Anlage E des Übereinkommens über die vorübergehende Verwendung samt Vorbehalten der Republik Österreich (847 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 1997 09 24

                                    Anna Huber                                                                  Dr. Ewald Nowotny

                                 Berichterstatterin                                                                         Obmann