882 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäfti­gung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden


Im Zuge der Beratungen über

den Antrag 567/A der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Berufsausbildungsgesetz (BAG) und das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen (KJBG) in der derzeit gültigen Fassung hinsichtlich der Förderung der Jugendbeschäf­tigung durch vermehrte Lehrlingseinstellung geändert werden,

und

über den Antrag 568/A der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch und Genossen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden,

hat der Ausschuß für Arbeit und Soziales über Antrag der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein in seiner Sitzung am 1. Oktober 1997 mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des GOG einen selbständigen Antrag vorzulegen, der die Änderung des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 zum Inhalt hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Die Neuregelung der Wochenfreizeit im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz (CELEX 394L0033) hat in einigen Branchen, insbesondere bei Verarbeitung frischer Lebensmittel, zu Problemen geführt. Diese sollen nunmehr unter Ausnutzung der Spielräume der genannten Richtlinie und unter Wahrung der Interessen der Jugendlichen bereinigt werden. Abweichungen von der Wochenfreizeit im Ausmaß von zwei Kalendertagen sollen unter bestimmten Voraussetzungen durch Kollektivvertrag möglich sein, da dieser die besonderen Bedingungen der einzelnen Branchen am besten beurteilen kann.

Gleichzeitig wird die Arbeitsstiftung für ehemalige Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft um zunächst ein Jahr verlängert.

Besonderer Teil

Zu Art. I (Änderung des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes):

Zu Z 1 (§ 17 Abs. 6):

Diese Bestimmung enthält Anpassungen an das neue Gesundheits- und Krankenpflegesetz.

Zu Z 2 (§ 19 Abs. 1 und 1a):

Zu Abs. 1:

Die Regelungen über die Lage der Wochenfreizeit werden in einem eigenen Satz zusammengefaßt, um in den folgenden Absätzen Verweisungen zu ermöglichen.

Zu Abs. 1a:

Nach Art. 10 Abs. 2 der EU-Richtlinie müssen die beiden Tage der Wochenfreizeit nur nach Möglichkeit aufeinanderfolgen. Eine Mindestdauer des am Wochenende gelegenen Teils der Wochenfreizeit von 43 Stunden ist vorgesehen. Endet die Arbeit am Samstag um 13 Uhr, ist eine Beschäftigung am Montag erst ab 8 Uhr zulässig. Eine Verkürzung dieser Mindestdauer kann nur der Kollektivvertrag zulassen. Zusätzlich ist noch ein weiterer freier Kalendertag zu gewähren, da die Regelung nur eine Abweichung vom Grundsatz zuläßt, daß die beiden Kalendertage aufeinanderfolgen müssen, nicht jedoch vom Grundsatz, daß zwei Kalendertage freizugeben sind. Abs. 3 regelt die Wochenfreizeit für jene Fälle, in denen Jugendliche am Sonntag beschäftigt werden. Diese Wochenfreizeiten dürfen nicht geteilt werden.

Zu Z 3 (§ 19 Abs. 5 bis 7):

Zu Abs. 5:

Diese Sonderregelung ist für Lehrlinge in den Lehrberufen Bäcker, Konditor, Fleischer und Molkerei­fachmann gerechtfertigt, die mit der Be- und Verarbeitung frischer Lebensmittel beschäftigt sind, da bei derartigen Arbeiten wegen der Versorgungsbedürfnisse der Bevölkerung gerade am Samstag und Montag ein besonderer Arbeitsbedarf besteht. Diese Ausnahme ermöglicht auch eine umfassende Ausbildung der Lehrlinge. Abgestellt wird auf die überwiegende Arbeit mit frischen Lebensmitteln.

Zu Abs. 6:

In Betrieben, die sowohl eine Konzession für das Gastgewerbe als auch eine Konzession für das Bäckergewerbe, Konditorengewerbe oder Fleischergewerbe haben, muß für jeden einzelnen Jugendlichen auf Dauer vereinbart werden, ob die Sonderregelungen für die Verarbeitung frischer Lebensmittel oder die Sonderregelungen für das Gastgewerbe zur Anwendung kommen. Die Betriebe müssen sich daher entscheiden, ob sie von der Erleichterung der verkürzten Ruhezeit oder von der Möglichkeit der Sonntagsarbeit Gebrauch machen. Die Aufzeichnung im Jugendlichenverzeichnis ist für Kontrollzwecke notwendig.

Zu Abs. 7:

Die Voraussetzungen (Vorliegen organisatorischer Gründe oder Interesse der Jugendlichen) müssen im jeweiligen Betrieb vorliegen, um eine allfällige Zulassung der Ausnahme durch Kollektivvertrag nützen zu können.

Tätigkeiten, bei denen Sonntagsarbeit nach § 18 Abs. 2 zulässig ist, können nicht unter Abs. 7 fallen, da dieser nur Abweichungen von Abs. 1 und 2, nicht jedoch von dem die Wochenfreizeit bei Sonntagsarbeit regelnden Abs. 3 zuläßt.

Zu Art. II (Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977):

Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurden Strukturprozesse in der österreichischen Lebensmittelwirtschaft stark beschleunigt. Diese Strukturveränderungen haben massive Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in diesem Wirtschaftsbereich.

Nach Verhandlungen mit den Sozialpartnern wurde daher ab 1. Jänner 1995 eine Arbeitsstiftung für ehemalige Arbeitnehmer in der Lebensmittelwirtschaft gegründet mit dem Zweck, durch Umschulungen und intensive Vermittlungsinitiativen die Chancen der Betroffenen zu verbessern, wieder einen Arbeits­platz zu erreichen.

Diese Arbeitsstiftung hat bisher sehr erfolgreich gearbeitet. Von den mehr als 3 000 Teilnehmern an der Stiftung konnte für einen Großteil eine Beschäftigung in einer anderen Branche gefunden werden.

Die gesetzliche Grundlage für den Einstieg in diese Arbeitsstiftung ist mit 31. Dezember 1997 befristet. Auf Grund jüngster Entwicklungen (Speiseeisproduktion, Gemüseproduktion, Milchwirtschaft) ist jedoch davon auszugehen, daß der Umstrukturierungsprozeß in diesem Wirtschaftsbereich noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Eintrittsmöglichkeit in Maßnahmen der Arbeitsstiftung der Lebensmittelbranche soll daher bis Ende 1998 verlängert werden.“

An der diesbezüglichen Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Dr. Josef Trinkl, Helmut Dietachmayr, Karl Öllinger, Edith Haller, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Reinhart Gaugg, Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.

Zum Berichterstatter für das Haus wird die Abgeordnete Heidrun Silhavy gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1997 10 01

                                Heidrun Silhavy                                                           Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 und das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes

Das Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987, BGBl. Nr. 599, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 79/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 17 Abs. 6 lautet:

„(6) Jugendliche, die im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, BGBl. I Nr. 108/1997, ausgebildet werden, dürfen im letzten Jahr ihrer Ausbildung, soweit dies für die Erreichung des Ausbildungszweckes erforderlich ist, unter folgenden Voraussetzungen während der Nachtzeit beschäftigt werden (Nachtdienst):

           1. die Höchstzahl der Nachtdienste darf im Ausbildungsjahr nicht mehr als 30 betragen;

           2. die Höchstzahl der Nachtdienste darf pro Monat nicht mehr als fünf betragen;

           3. die Leistung aufeinanderfolgender Nachtdienste ist nicht zulässig;

           4. Nachtdienst darf nur unter Aufsicht einer diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester oder eines diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegers geleistet werden;

           5. nach dem Nachtdienst ist eine Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu gewähren.“

2. § 19 Abs. 1 und 2 werden durch folgende Abs. 1, 1a und 2 ersetzt:

§ 19. (1) Den Jugendlichen ist wöchentlich eine ununterbrochene Freizeit von zwei Kalendertagen, zu gewähren. Diese Wochenfreizeit hat den Sonntag zu umfassen, soweit an diesem Sonntag nicht die Beschäftigung gemäß § 18 zulässig ist, und – mit Ausnahme von Tätigkeiten gemäß § 18 Abs. 2 – spätestens um 13 Uhr am Samstag, für Jugendliche, die mit unbedingt notwendigen Abschlußarbeiten gemäß § 12 Abs. 2 beschäftigt sind, spätestens um 15 Uhr am Samstag zu beginnen.

(1a) Wenn dies aus organisatorischen Gründen notwendig oder im Interesse der Jugendlichen gelegen ist, müssen die beiden Kalendertage der Wochenfreizeit nicht aufeinanderfolgen. Soweit der Kollektivvertrag nicht anderes bestimmt, muß jener Teil der Wochenfreizeit, in den der Sonntag fällt, mindestens 43 Stunden betragen. Die Teilung von Wochenfreizeiten gemäß Abs. 3 ist unzulässig.

(2) Werden Jugendliche – abgesehen von den Fällen des Abs. 1a – am Samstag beschäftigt, so dürfen diese Jugendlichen am Montag in der darauffolgenden Kalenderwoche nicht beschäftigt werden. Ist der Montag Berufsschultag, dürfen Jugendliche an einem anderen Arbeitstag (Dienstag bis Freitag) der auf die Samstagsarbeit folgenden Kalenderwoche nicht beschäftigt werden. Jugendliche, die in der auf die Samstagsarbeit folgenden Woche zur Gänze die Berufsschule besuchen, dürfen in der Kalender­woche vor oder nach dem Ende des Berufsschulbesuchs an einem anderen Arbeitstag (Montag bis Frei­tag) dieser Kalenderwoche nicht beschäftigt werden.“

3. Dem § 19 werden folgende Abs. 5 bis 7 angefügt:

„(5) Für Jugendliche, die in den Lehrberufen Bäcker, Konditor, Fleischer oder Molkereifachmann ausgebildet und überwiegend mit der Be- oder Verarbeitung von frischen Lebensmitteln beschäftigt werden, kann der Kollektivvertrag eine Verkürzung der Wochenfreizeit gemäß Abs. 1 und 2 zulassen, wenn durch andere Maßnahmen die Erholungsbedürfnisse der Jugendlichen sichergestellt sind. Dabei darf in den einzelnen Wochen die zusammenhängende Ruhezeit 43 Stunden nicht unterschreiten. Abs. 1 zweiter Satz ist anzuwenden.


(6) Kommt ein Kollektivvertrag gemäß Abs. 5 für Jugendliche zur Anwendung, die in Betrieben ausgebildet werden, in denen auch Tätigkeiten des Gastgewerbes im Sinne des § 142 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, ausgeübt werden, ist zu vereinbaren, ob für den jeweiligen Jugendlichen entweder

           1. die Sonderregelung des Kollektivvertrags nach Abs. 5 oder

           2. die Sonderregelungen für das Gastgewerbe des § 18 Abs. 2 und 3a sowie § 19 Abs. 4

zur Anwendung kommt. Die Vereinbarung ist im Verzeichnis der Jugendlichen (§ 26) festzuhalten.

(7) Für Jugendliche, die nicht unter Abs. 4 oder 5 fallen, kann der Kollektivvertrag abweichend von Abs. 1 bis 2 zulassen, daß bei Vorliegen organisatorischer Gründe oder im Interesse der Jugendlichen das Ausmaß der Wochenfreizeit in einzelnen Wochen auf 43 zusammenhängende Stunden verkürzt werden kann, wenn die durchschnittliche Wochenfreizeit in einem durch Kollektivvertrag festzulegenden Durchrechnungszeitraum mindestens 48 Stunden beträgt. Abs. 1 zweiter Satz ist anzuwenden.“

4. Die §§ 17 Abs. 6 sowie 19 Abs. 1, 1a und 5 bis 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1997 treten mit 1. Oktober 1997 in Kraft.

Artikel II

Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. XXX/1997, wird wie folgt geändert:

1. Im § 18 Abs. 7 lit. b und Abs. 9 wird der Ausdruck „31. Dezember 1997“ jeweils durch den Ausdruck „31. Dezember 1998“ ersetzt.

2. Dem § 79 wird folgender Abs. 43 angefügt:

„(43) § 18 Abs. 7 und Abs. 9 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1997 tritt mit 1. Jänner 1998 in Kraft.“