905 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 4. 12. 1997

Regierungsvorlage


Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal samt Anlage


VEREINBARUNG

gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich zur Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks Thayatal

Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und das Land Niederösterreich, vertreten durch den Landeshauptmann – im folgenden Vertragsparteien genannt –, geleitet von dem Wunsch, jene ökologisch besonders wertvollen Gebiete von nationaler und internationaler Bedeutung im Thayatal bei Hardegg zu erhalten, sind übereingekommen, gemäß Art. 15a B-VG nachstehende Vereinbarung abzuschließen:

Artikel I

GEGENSTAND DER VEREINBARUNG

Gegenstand der Vereinbarung ist die Errichtung und Erhaltung eines Nationalparks im Bereich des Thayatals bei Hardegg.

Artikel II

BEREICH DES NATIONALPARKS

(1) Der Nationalpark Thayatal im Sinne dieser Vereinbarung soll, ausgehend von der im Absatz 2 dargestellten Anfangsphase, Flächen im Ausmaß von bis zu 1 700 ha in folgenden Gebieten umfassen: Naturschutzgebiet Thayatal, daran angrenzende Flächen in den Katastralgemeinden Hardegg, Merkers­dorf, Umlauf, Niederfladnitz und Mallersbach (alle Stadtgemeinde Hardegg) sowie die Thaya samt Ufer.

(2) In seiner Anfangsphase umfaßt der Nationalpark Thayatal Flächen im Ausmaß von 1 330 ha, die in der dieser Vereinbarung als integrierter Bestandteil angeschlossenen Anlage kartographisch dargestellt sind, wobei die umfaßten Flächen zusätzlich als Katastralgemeinden verbal erfaßt werden.

(3) Die Erweiterung der im Abs. 2 genannten Anfangsphase des Nationalparks durch Einbeziehung von im Abs. 1 angeführten Flächen bedarf eines einstimmigen Beschlusses der Vertragsparteien in der Generalversammlung der Nationalparkgesellschaft vorbehaltlich der verfassungsgemäßen Umsetzung durch das Land. Bei der Bewertung dieser Flächen für allfällige Entschädigungszahlungen sind die bei den übrigen Nationalparkflächen angelegten Maßstäbe anzuwenden.

(4) Die genaue Festlegung von Grundflächen des im Abs. 1 beschriebenen Gebietes in den Nationalpark Thayatal, die Grenzziehung und Zoneneinteilung erfolgt nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften.

Artikel III

ZIELSETZUNG

(1) Der Errichtung und dem Betrieb des Nationalparkes Thayatal liegen folgende Ziele zugrunde:

           1. unter Bedachtnahme auf die Akzeptanz der Bevölkerung die internationale Anerkennung nach den Kriterien für die Kategorie II – Nationalpark der Weltnaturschutzunion (IUCN – The World Conservation Union) anzustreben;

           2. Teile des Thayatals als naturnahes und landschaftlich wertvolles Gebiet von nationaler und internationaler Bedeutung zu fördern und zu erhalten;

           3. die für dieses Gebiet repräsentativen Landschaftstypen sowie die Tier- und Pflanzenwelt einschließlich ihrer Lebensräume zu bewahren;

           4. die Möglichkeiten von Nutzungen des Gebietes zu Zwecken der Bildung und Erholung, Wissenschaft und Forschung wahrzunehmen;

           5. die Kooperation mit dem auf dem Staatsgebiet der Tschechischen Republik angrenzenden Nationalpark „Narodni Park Podyji“ zu fördern.

(2) Die Verfolgung der in Abs. 1 genannten Ziele erfolgt unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

(3) Die Vertragsparteien werden im Rahmen ihres jeweiligen Wirkungsbereiches Bedacht nehmen, keine den Zielsetzungen des Nationalparks zuwiderlaufenden Maßnahmen zu setzen.

(4) Bilaterale Verpflichtungen, die sich aus dem bestehenden Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasser­wirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, BGBl. Nr. 106/1970, sowie aus dem Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze, BGBl. Nr. 344/1975, beide Verträge idF des BGBl. III Nr. 123/1997, ergeben, bleiben von der gegenständlichen Vereinbarung unberührt.

Artikel IV

NATIONALPARKVERWALTUNG

(1) Die Verwaltung des Nationalparks Thayatal erfolgt durch die Nationalparkgesellschaft (Abs. 2) nach Maßgabe dieser Vereinbarung.

(2) Die Vertragsparteien gründen eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Firmenwortlaut „Nationalpark Thayatal GmbH“, im folgenden „Nationalparkgesellschaft“ genannt. Die Anteile der Nationalparkgesellschaft sind zu je 50% dem Bund und dem Land Niederösterreich vorbehalten. Sitz der Nationalparkgesellschaft ist in einer Nationalparkgemeinde.

(3) Als Organe der Nationalparkgesellschaft werden die Generalversammlung und der Geschäfts­führer eingerichtet. Die Generalversammlung besteht aus vier Mitgliedern, die paritätisch vom Bund sowie vom Land Niederösterreich bestellt werden.

(4) Die Nationalparkgesellschaft soll ihre Tätigkeit am 1. Jänner 1999 aufnehmen. Die Funktion des Geschäftsführers ist von den Vertragsparteien im Einvernehmen rechtzeitig auszuschreiben. Die Entlohnung des Geschäftsführers orientiert sich am Besoldungsschema des Bundes.

Artikel V

AUFGABEN DER NATIONALPARKVERWALTUNG

(1) Der Nationalparkverwaltung obliegt die Erfüllung der Aufgaben und Verpflichtungen, die sich aus dieser Vereinbarung, aus dem Niederösterreichischen Nationalparkgesetz, aus dem Gesellschafts­vertrag und aus den Beschlüssen der Organe der Nationalparkgesellschaft unter Wahrung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ergeben. Aufgaben der Nationalparkgesellschaft sind insbesondere:

           1. die Errichtung, der Betrieb und die Weiterentwicklung des Nationalparks im Sinne der Zielsetzungen gemäß Artikel III;

           2. die Durchführung jener Maßnahmen, die dem Schutz des Lebensraumes, der Tiere und der Pflanzen dienen;

           3. die Erstellung eines Gesamtkonzeptes (zB für das Naturraummanagement, die Besucherlenkung) sowie die laufende Kontrolle seiner Umsetzung und Einhaltung;

           4. die Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung und der laufenden Beobachtung (Monitoring), zur fachlichen Beratung kann die Gesellschaft bei Bedarf einen Wissenschaftlichen Beirat einrichten;

           5. die Mitwirkung bei der Planung, Durchführung und Unterstützung von sonstigen, sich auf den Nationalpark Thayatal auswirkenden Maßnahmen;

           6. die Durchführung und Koordinierung der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere der Bildungs- und naturkundlichen Führungstätigkeit.

(2) Zur Umsetzung der in Abs. 1 genannten Aufgaben hat die Nationalparkgesellschaft

           1. ein Jahresprogramm und einen entsprechenden Wirtschafts- und Finanzplan jährlich bis spätestens 30. September für das darauffolgende Jahr zu erstellen, welche von der General­versammlung einstimmig zu beschließen sind,

           2. jährlich innerhalb der gesetzlichen Frist einen Jahresabschluß und Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr der Generalversammlung zur Beschlußfassung vorzulegen,

           3. den Vertragsparteien auf Verlangen, mindestens jedoch alle fünf Jahre, einen Tätigkeitsbericht vorzulegen,

           4. die Kanzleigeschäfte der landesgesetzlich eingerichteten Nationalparkbeiräte zu führen.

2

Artikel VI

WAHRUNG REGIONALER INTERESSEN

(1) Die Regelung der Vertretung der regionalen und örtlichen Interessen der Bevölkerung sowie der maßgeblichen Interessenträger bleibt dem Landesgesetzgeber überlassen. Allfällige daraus entstehende Kosten, insbesondere die gemäß Art. V Abs. 2 Z 4 anfallenden Kosten, werden vom Land Nieder­österreich getragen.

(2) Das Land Niederösterreich stellt sicher, daß unabdingbare Instandhaltungsmaßnahmen im Interesse des Wasserbaues, der Wasserwirtschaft und der Staatsgrenze, die sich aus der Erfüllung des bestehenden Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasserwirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, BGBl. Nr. 106/1970, sowie des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die gemeinsame Staatsgrenze, BGBl. Nr. 344/1975, beide Verträge idFd. BGBl. III Nr. 123/1997, ergeben, weiterhin möglich sind.

Artikel VII

FINANZIERUNG

(1) Die Vertragsparteien erklären sich bereit, folgende Kosten des Nationalparks im Ausmaß von jeweils 50% aufzubringen:

           1. Die Gründungskosten der Nationalparkgesellschaft bis zu einem Betrag von höchstens 200 000 S und das Stammkapital in der Höhe von 500 000 S.

           2. Die Errichtungskosten für die Nationalparkinfrastruktur bis zu einem Betrag von höchstens 12 Millionen Schilling inklusive Umsatzsteuer nach Maßgabe von einstimmigen Beschlüssen der Generalversammlung der Nationalparkgesellschaft.

           3. Die laut Wirtschafts- und Finanzplan gemäß Art. V. Abs. 2 Z 1 genehmigten Kosten für den laufenden Betrieb der Nationalparkgesellschaft bis zu einem Betrag von höchstens 8 Millionen Schilling einschließlich Umsatzssteuer. Diese Kosten sind quartalsmäßig aufzubringen und nach Maßgabe des Rechnungsabschlusses abzurechnen. Mit Gründung der Gesellschaft wird von den Vertragsparteien als erste Teilzahlung für den laufenden Betrieb bis zur Vorlage eines entsprechenden Wirtschafts- und Finanzplans für das Jahr 1999 der Nationalparkgesellschaft ein Betrag von jeweils S 1,0 (einer) Million Schilling zur Verfügung gestellt.

(2) Kosten für Entschädigungsleistungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungs­berechtigte sowie Einlösungszahlungen, die aus dem Titel der Nationalparkerklärung zu erbringen sind, werden von den Vertragsparteien grundsätzlich gemeinsam getragen, wobei die Ermittlung und Fest­legung der von den Vertragsparteien innerhalb eines Höchstbetrages jeweils zu 50% aufzubringenden Entschädigungsleistungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungsberechtigte sowie Einlösungszahlungen durch eine von den Vertragsparteien einzurichtende Nationalpark-Thayatal-Kommission erfolgt. Diese Kommission setzt sich aus je zwei Vertretern des Bundes und des Landes Niederösterreich zusammen.

(3) Die Zahlungen an die Grundeigentümer und an sonstige Nutzungsberechtigte für Ent­schädigungsleistungen oder Einlösungen erfolgen durch das Land Niederösterreich. Der für den Bund von der in Absatz 2 genannten Nationalpark-Thayatal-Kommission festgelegte Kostenanteil wird nach Maßgabe der im jeweiligen Bundesfinanzgesetz veranschlagten Ausgabenbeträge auf ein vom Land Niederösterreich eingerichtetes gesondertes Bankkonto eingezahlt. Maßgebend für die Höhe sowie den Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung des Bundes sind die mit den Grundeigentümern und sonstigen Nutzungsberechtigten abgeschlossenen Verträge, bescheidmäßige Entscheidungen des Landes oder sonstige rechtsverbindliche Titel sowie die Bekanntgabe an den Bund durch das Land Niederösterreich. Die Zahlungen des Bundes für Entschädigungsleistungen erfolgen ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Nationalparkverordnung, frühestens jedoch ab 1. Jänner 2000.

(4) Allfällige weitere Kosten werden vom Land Niederösterreich getragen.

(5) Zur Erleichterung der Finanzierung streben die Vertragsparteien eine Mitfinanzierung des Projektes Nationalpark Thayatal durch die Europäische Gemeinschaft an.

Artikel VIII

SCHLICHTUNGSVERFAHREN

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von oder den Verstoß gegen Vertrags­bestimmungen ist jede Vertragspartei bereit, eine gütliche Einigung herbeizuführen.

Artikel IX

INKRAFTTRETEN

(1) Diese Vereinbarung tritt 30 Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem

           1. beim Bundeskanzleramt die Mitteilung einlangt, daß die nach der Landesverfassung erforder­lichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind und

           2. die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind.

(2) Das Bundeskanzleramt wird dem Land das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 sowie den Tag des Inkrafttretens dieser Vereinbarung mitteilen.

Artikel X

ÜBERPRÜFUNG DER LEISTUNGEN

Die Vertragsparteien kommen überein, fünf Jahre nach Gründung der Nationalparkgesellschaft die Regelungen betreffend die Organisationsform und die Umsetzung der Maßnahmen gem. Art. V und Art. VII Abs. 1 Z 3 einer Überprüfung zu unterziehen und eine allfällige Neuregelung einvernehmlich festzulegen.

Artikel XI

GELTUNGSDAUER, KÜNDIGUNG

(1) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie kann von den Vertragsparteien frühestens zehn Jahre nach ihrem Inkrafttreten schriftlich gekündigt werden.

(2) Eine Kündigung wird sechs Monate nach ihrem Einlangen bei den anderen Vertragsparteien wirksam. Auf zivilrechtliche Verpflichtungen der Nationalparkgesellschaft, die vor einer Kündigung im Sinne der vorliegenden Vereinbarung eingegangen wurden, werden ungeachtet der Kündigung die Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarung von den Vertragsparteien bis zur Endigung der zivil-rechtlichen Verpflichtung, längstens aber zehn Jahre, weiter angewandt. Im Falle einer Kündigung werden die Vertragsparteien die ihnen offenstehenden Möglichkeiten zur Lösung von zivilrechtlichen Verpflichtungen wahrnehmen.

(3) Kommt es im Zuge der Errichtung des Nationalparks zur Übertragung von Eigentum an Grundflächen des Nationalparks an eine Vertragspartei und erfolgt die Finanzierung der Eigentums­übertragung im Rahmen der Kostentragung gemäß Art VII Abs. 2, so hat die das Grundeigentum erwerbende Vertragspartei hinsichtlich aller Rechtsgeschäfte, die sich auf die betreffenden Flächen auswirken, das Einvernehmen mit der anderen Vertragspartei herzustellen sowie bei Auflösung des Nationalparks der anderen Vertragspartei die anteiligen Kosten unter Berücksichtigung des Verkehrs­wertes zum Zeitpunkt der Nationalparkauflösung oder des tatsächlich erzielten Erlöses aus einer allenfalls folgenden Veräußerung zu ersetzen.

Artikel XII

HINTERLEGUNG, MITTEILUNGEN

Diese Vereinbarung wird in zwei Urschriften ausgefertigt. Eine Urschrift wird beim Bundeskanzler­amt und eine beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung hinterlegt. An diese Stellen sind auch alle die Vereinbarung betreffenden Erklärungen und Mitteilungen schriftlich zu richten.

Anlage:

Nationalpark Thayatal

Übersichtskarte der Anfangsphase



Für den Bund:

Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie:

Bartenstein

Für das Land Niederösterreich:

Der Landeshauptmann:

Pröll


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Thayatal bei Hardegg zählt zu den letzten naturnahen Tallandschaften Mitteleuropas und ist daher als nationalparkwürdig einzustufen. Diese Festlegung wird durch mehrere Vorarbeiten belegt. Auf Grund der Vielzahl an Lebensräumen und des großen Artenreichtums ist das Gebiet von hohem ökologischen und ästhetischem Wert. Besonders hervorzuheben ist das ökomorphologische Phänomen eines beeindruckend ausgeprägten Umlaufberges. Die Sicherung der naturnahen Laubmischwälder an den Talhängen des Nationalparks ist ein Beitrag zum bisher in Europa vernachlässigten Schutz von Laubwaldökosystemen.

Der Nationalpark existiert auf tschechischer Seite der Thaya mit 6 300 ha bereits seit 1991 und wurde von der Welt-Naturschutzunion IUCN auch international anerkannt. Auf der österreichischen Seite wurde das Gebiet im Bereich des Thayatals bei Hardegg im Rahmen einer detaillierten Machbarkeitsstudie im Jahr 1992 als „nationalparkwürdig“ eingestuft. Im Jahr 1989 wurde durch Verordnung der NÖ Landes­regierung das „Naturschutzgebiet Thayatal“ errichtet. Letzteres wurde 1992 auf Basis einer weiteren Verordnung erweitert und umfaßt gesamt 775 ha.

Aus raumordnungspolitischer Sicht käme dem Nationalpark Thayatal als wichtigem Imageträger der Region zentrale Bedeutung zu.

Besonderer Teil

Zu Artikel I:

Artikel I legt den Gegenstand der Vereinbarung fest.

Zu Artikel II:

Artikel II legt den räumlichen Bereich des Nationalparks Thayatal fest, indem die im Nationalparkgebiet gelegenen Katastralgemeinden aufgezählt werden. Sie sind in einer Karte (Anlage) enthalten; der exakte räumliche Geltungsbereich ist der Verordnung zum NÖ Nationalparkgesetz zu entnehmen.

In Abs. 2 wird die Anfangsphase (1 330 ha) definiert, welche auf der „Machbarkeitsstudie Nationalpark Thayatal“ der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal aufbaut.

Eine Erweiterung des Nationalparks bis zum Gesamtausmaß von 1 700 ha ist angestrebt. Die Nationalparkerweiterung bis maximal 1 700 ha Gesamtfläche in den angeführten Katastralgemeinden bedarf der einstimmigen Beschlußfassung der Vertragsparteien in der Generalversammlung. Entsprechende Veranlassungen werden im Rahmen der behördlichen Unterschutzstellungsverfahren vom Land Niederösterreich getroffen.

Zu Artikel III:

Artikel III legt fest, von welchen Zielsetzungen bei der Schaffung des Nationalparks auszugehen ist. Die Verfolgung dieser Ziele hat unter Beachtung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu erfolgen.

Im Rahmen der Erstellung der Managementpläne ist die Anerkennung des Nationalparks Thayatal durch die IUCN als Kategorie-II-Nationalpark jedenfalls anzustreben. Eine Anerkennung durch die IUCN setzt eine detaillierte Zonierung und das Vorliegen von Managementplänen voraus.

Da die Thaya ein Grenzgewässer darstellt, soll auf den bilateralen Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Regelung von wasser­wirtschaftlichen Fragen an den Grenzgewässern, BGBl. Nr. 106/1970, idF des BGBl. III Nr. 123/1997 hingewiesen werden. Hienach haben sich beide Vertragspartner verpflichtet, insbesondere bei Grenzwasserläufen, in denen die Staatsgrenze verläuft, einvernehmlich vorzugehen. Diesbezügliche Abgleichungen erfolgen in der Österreichisch-Tschechischen Grenzgewässerkommission.

Zu Artikel IV:

Artikel IV statuiert als Rechtsform der Nationalparkverwaltung eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Gesellschaft verfolgt die im Artikel V genannten Aufgaben, wobei ihr Handeln nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist. An der Gesellschaft sind der Bund sowie das Land Niederösterreich zu je 50% beteiligt. Die Gründung der Nationalparkgesellschaft erfolgt seitens des Bundes auf Basis einer bundesgesetzlichen Ermächtigung und im Land Niederösterreich durch entsprechende Beschlüsse.

Die Organe der Gesellschaft sind die Generalversammlung und der Geschäftsführer. Die näheren Bestimmungen über die Organe der Gesellschaft werden im Gesellschaftsvertrag geregelt. Die Vertrags­parteien entsenden in die Generalversammlung der Gesellschaft je zwei Vertreter; von seiten des Bundes wird jeweils ein Vertreter des BMUJF und des BMF entsandt.

Auf die Nationalparkgesellschaft sind die Bestimmungen des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906 in der geltenden Fassung, anzuwenden.

Zu Artikel V:

Artikel V legt die der Nationalparkverwaltung obliegenden Aufgaben fest. Dabei hat diese insbesondere für einen effizienten Betrieb des Nationalparks und für die IUCN-konforme Entwicklung des National­parks zu sorgen.

Ein Schwerpunkt der Tätigkeit der Nationalparkgesellschaft wird die Besucherbetreuung sein. Dazu gehören Maßnahmen der Besucherlenkung sowie der Besucherinformation.

Die Maßnahmen, insbesondere des Naturraummanagements erfolgen auf Basis der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften bzw. privatrechtlichen Vereinbarungen durch die Nationalpark­gesellschaft, wobei die Frage einer wissenschaftlichen Begleitung bei dringendem Bedarf auch durch einen eigenen Wissenschaftlichen Beirat geregelt werden kann.

Naturraummanagement bedeutet die nationalparkkonforme Betreuung von Jagd, Fischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft. Die Maßnahmen des Naturraummanagements basieren auf den in der Nationalparkgesellschaft zu beschließenden Jahresprogrammen.

Sonstige, sich möglicherweise auf den Nationalpark Thayatal auswirkende Maßnahmen, die nicht im Aufgabenbereich der Nationalparkgesellschaft liegen, sind beispielsweise der Hochwasserschutz, Instandhaltungsmaßnahmen im Interesse des Wasserbaues, der Wasserwirtschaft und der Staatsgrenze, die Trinkwassernutzung sowie Verkehrsmaßnahmen außerhalb des Nationalparkgebietes.

Der Nationalparkgesellschaft kommt gemäß § 2 Abs. 2 NÖ Nationalparkgesetz in landesrechtlich geregelten behördlichen Verfahren Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu.

Zu Artikel VI:

Es ist auch Aufgabe der Nationalparkgesellschaft, allfällige örtliche oder überörtliche Beiräte einzurichten oder ein Nationalparkforum einzuberufen sowie die Kanzleigeschäfte der durch Landesgesetz eingerichteten Nationalparkbeiräte zu führen. Die daraus entstehenden Kosten für Personal- und Sachaufwand werden vom Land NÖ getragen.

In der Grenzregion bei Hardegg verläuft die Staatsgrenze durch den Thayafluß. Bei der Errichtung des Nationalparks Thayatal sind die Tätigkeit der Österreichisch-Tschechischen Grenzgewässerkommission (vgl. Erläuterungen zu Artikel III ) sowie erforderliche Maßnahmen zur Sichtbarmachung und Erkennbar­haltung der österreichischen Staatsgrenzzeichen gemäß Staatsgrenzgesetz, BGBl. Nr. 9/1974, zu berücksichtigen.

Zu Artikel VII:

Artikel VII legt die Finanzierung des Nationalparks fest. Gemäß Abs. 1 tragen der Bund und das Land Niederösterreich je 50% der Gründungskosten der Nationalparkgesellschaft und der Errichtungskosten für die Nationalparkinfrastruktur, sowie der Kosten für den laufenden Betrieb der Nationalparkgesellschaft, ausgenommen Entschädigungen. Für letztere wird eine gesonderte Regelung getroffen.

Frühestmöglicher Zeitpunkt aller Zahlungen des Bundesanteils im Zusammenhang mit der Flächen­sicherung des Nationalparks Thayatal ist der 1. Jänner 2000. Zur Vorbereitung des Nationalparks soll die Gesellschaft ein Jahr früher gegründet werden, sodaß die Gründungskosten der Nationalparkgesellschaft sowie Kosten für den laufenden Betrieb bereits im Jahr 1999 anfallen.

Zur Schaffung der Nationalparkinfrastruktur bis zu einem Höchstbetrag von 12 Millionen Schilling inklusive Umsatzsteuer ist nach Maßgabe von einstimmigen Beschlüssen der Generalversammlung und ab Vorliegen eines Wirtschafts- und Finanzplanes eine 50%ige Kostenbeteiligung des Bundes vorgesehen. Unter Nationalparkinfrastruktur ist die Errichtung von Informationsstellen, Forschungseinrichtungen, Maßnahmen zur Besucherlenkung, bauliche Sicherungsmaßnahmen von Aussichtspunkten und der­gleichen zu verstehen.

Die finanziellen Mittel für den laufenden Betrieb der Nationalparkgesellschaft (Personal- und Sach­aufwand der Nationalparkgesellschaft), zu dem auch Managementleistungen gem. Art. V Abs. 3 zu rechnen sind, werden bis zu einem jährlichen Betrag von 8 Millionen Schilling (inkl. Ust.) zu 50% vom Bund getragen.


Die im Zusammenhang mit der Errichtung des Naturschutzgebietes Thayatal I (Verordnung der NÖ Landesregierung vom 18. Jänner 1989, LGBl. 5500/13-13) und II (Verordnung der NÖ Landesregierung vom 10. April 1992, LGBl. 5500/13-18) anfallenden Kosten werden vom Land Niederösterreich getragen. Alle Leistungen, zu denen das Land Niederösterreich aus dem Titel der Erklärung dieser Flächen zum Naturschutzgebiet verpflichtet ist, zählen daher nicht zu den Kosten des Nationalparkes und werden vom Bund nicht mitfinanziert.

Die Errichtung und der Betrieb des Nationalparks bedingen im Vergleich zur bereits ausgewiesenen Fläche als Naturschutzgebiet weitergehende Nutzungsverzichte und Vermögensnachteile der betroffenen Grundeigentümer sowie der obligatorisch und dinglich Berechtigten. Für deren Entschädigung hat auf Grund der landesgesetzlichen Rechtsgrundlagen (Nationalparkgesetz, Nationalparkverordnung) das Land Niederösterreich als Gesetzgeber zu sorgen. Bei den Kosten für die Entschädigungsleistungen gemäß Abs. 2 handelt es sich somit um solche, die ausschließlich auf den Titel der Errichtung des Nationalparks Thayatal zurückzuführen sind.

Die Ermittlung und Festlegung der von den Vertragsparteien jeweils aufzubringenden Entschädigungs­leistungen erfolgt einvernehmlich durch eine Nationalpark-Thayatal-Kommission, in die von Bund und Land Niederösterreich je zwei Vertreter entsandt werden. Seitens des Bundes wird je ein Vertreter des BMUJF und des BMF entsandt.

Allfällige Erträgnisse aus dem Naturraummanagement, dazu zählen auch allfällige Erträgnisse auf vom Land NÖ erworbenen Flächen des Nationalparks Thayatal kommen ab dem Zeitpunkt der Nationalpark­errichtung der Nationalparkgesellschaft zugute.

Sollten von der EU im Rahmen eines LIFE-Naturschutzprojektes ein Teil der Nationalparkkosten übernommen werden können, so wäre dieser Betrag im anteiligen Verhältnis zwischen dem Land NÖ und dem Bund aufzuteilen und reduziert somit die von den Vertragsparteien zu leistenden Beträge.

Zu Art. X:

Artikel X schafft die Möglichkeit für die Vertragsparteien, fünf Jahre nach Gründung der Nationalpark­gesellschaft – das ist im Jahr 2004 – die Bestimmungen der Vereinbarung auf Basis einer Überprüfung abzuändern. Die nach fünf Jahren durchzuführende Überprüfung der Leistungen und der Kosten für den laufenden Betrieb der Nationalparkgesellschaft dient insbesondere der Feststellung, ob die Aufgaben in der gewählten Organisationsform und dem Kostenrahmen für den laufenden Betrieb durch die Nationalparkgesellschaft in einer für die Vertragsparteien zufriedenstellenden Art und Weise erfüllt wurden.

Zu Art. XI:

Artikel XI legt die Dauer der Vereinbarung sowie die Modalitäten der Kündigung fest. Demzufolge besteht nach zehn Jahren für die Vertragsparteien die Möglichkeit, den Vertrag zu kündigen. Bestehende Verpflichtungen, etwa zeitlich begrenzte Projekte im Auftrag der Nationalparkgesellschaft, die vor der Kündigung beauftragt wurden, müssen bis zur Beendigung der eingegangenen Verpflichtungen, längstens aber zehn Jahre, auch von der kündenden Vertragspartei – mit allen finanziellen Verpflichtungen – erfüllt werden.

Zur Anlage („Nationalpark Thayatal/Übersichtskarte der Anfangsphase“):

Diese enthält Flächen der Anfangsphase des Nationalparkgebietes. Detaillierte Gebietsgrenzen sind der Verordnung des Landes zu entnehmen. Die von der Anfangsphase umfaßten Flächen werden als Katastralgemeinden verbal angeführt.