1115 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Gleichbehandlungsausschusses


betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird


Im Zuge seiner Beratungen über das Frauen-Volksbegehren (716 der Beilagen) hat der Gleichbe­handlungsausschuß am 1. April 1998 auf Antrag der Abgeordneten Ridi Steibl und Dr. Elisabeth Hlavac mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird, vorzulegen.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

“§ 97 Abs. 1 Z 25 ArbVG enthält derzeit als Tatbestand einer fakultativen Betriebsvereinbarung ,Maßnahmen zum Abbau der Benachteiligung von Frauen (Frauenförderpläne) sowie Maßnahmen zur Berücksichtigung von Familienpflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer‘.

Durch den Ausbau dieser Regelungen im Arbeitsverfassungsgesetz sollen die Betriebe (Betriebsinhaber und Betriebsräte) verstärkt angehalten werden, Frauenförderpläne zu entwickeln. Dabei ist zu berücksich­tigen, daß jene Maßnahmen, die Familien- und sonstige Betreuungspflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigen sollen, sich in gleicher Weise auf männliche wie auf weibliche Arbeitnehmer beziehen, um diese Aufgaben nicht von vornherein den Frauen zuzuordnen.

Die vorgeschlagene Ergänzung des ArbVG in § 92b sieht vor, daß der Betriebsinhaber mit dem Betriebsrat im Rahmen der allgemeinen Beratung nach § 92 ArbVG auch Fragen der betrieblichen Frauenförderung bzw. der Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf zu erörtern hat (Abs. 1).

Neben der Initiative des Betriebsinhabers kann auch der Betriebsrat selbst Vorschläge in diesen Angelegenheiten erstatten (Abs. 2), über die mit ihm zu beraten dann der Betriebsinhaber verpflichtet ist.

In Abs. 3 wird schließlich festgelegt, daß konkrete Maßnahmen in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden können.

Bei Erstellung von solchen Betriebsvereinbarungen könnte folgendes Konzept verfolgt werden:

1.  Analyse der Situation im Betrieb (auf Basis der vorhandenen Informationen bzw. allenfalls ergänzt durch Fragebogenaktion oder anderes) zu folgenden Bereichen:

     –  Frauenanteil an den Beschäftigten (aufgegliedert nach Funktionen bzw. Hierachieebenen),

     –  Überprüfung der Arbeitsplatzbeschreibungen (Anforderungen, Kriterien),

     –  Überprüfung der Entlohnungs- und Einstufungskriterien,

     –  Arbeitszeitgestaltung,

     –  Überprüfung der aus- und Weiterbildungsmaßnahmen,

     –  Überprüfung, ob sexuelle Belästigung vorkommt;

          etc.

2.  Definition eines Ziels:

     –  Erhöhung des Frauenanteils auf …% in allen Ebenen (konkreter Zeitplan),

     –  Verbesserung der Vereinbarkeit von Beschäftigung und Beruf sowohl für Frauen wie für Männer, etc.;

3.  Maßnahmen (je nach Situationsanalyse; im folgenden beispielhaft angeführt):

     a) bei Einstellungen:

          –  geschlechtsneutrale Formulierung,

          –  ausdrückliche Einladung an Frauen, sich zu bewerben,

          –  bevorzugte Einstellung von Frauen in Funktionsebenen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, wenn sie mindestens gleich gut qualifiziert sind wie männliche Bewerber;


     b) Aus- und Weiterbildung:

          –  besondere Qualifikationsmaßnahmen für Frauen (zB um Wiedereinsteigerinnen in den Beruf besonders zu unterstützten),

          –  besondere Qualifikationsmaßnahmen für Frauen, die für Leitungsfunktionen in Frage kommen;

     c) Karriere/Aufstieg:

          –  Karriereplanung für Frauen,

          –  Teilzeitmöglichkeiten für qualifizierte Tätigkeiten bzw. Für Führungskräfte;

     d) Arbeitszeitgestaltung:

          –  Gleitzeit oder sonstige Formen der flexiblen Arbeitszeit (zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungspflichten),

          –  Teilzeitmöglichkeiten vor allem auch für Führungskräfte;

     e) Entlohnung:

          –  Überprüfung der Entlohnungs- und Einstufungskriterien und Berücksichtigung von bisher allenfalls vernachlässigten Kriterien, die besonders auf weibliche Qualitäten abstellen,

          –  Mehrarbeitszuschläge für Teilzeitbeschäftigte bei Überschreiten bestimmter Arbeitszeitgrenzen;

      f) Unterstützung bei Betreuungspflichten:

          –  erweiterte Pflegeurlaubsregelung,

          –  Betriebskindergarten oder sonstige Maßnahmen zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung,

          –  Sitzungen/Dienstbesprechungen in der Kernarbeitszeit,

          –  Möglichkeit zur Verlängerung des Elternkarenzurlaubs unter gleichzeitiger Garantie des Arbeits­platzes;

     g) sexuelle Belästigung:

          –  klare Verurteilung von sexueller Belästigung als Diskriminierung/Demütigung,

          –  Sanktionskatalog;

     h) Sonstiges:

          –  Sprache: Verwendung weiblicher und männlicher Bezeichnungen bei allgemeinen Dienstan­weisungen etc., bzw. Verwendung der jeweils korrekten weiblichen oder männlichen Bezeich­nung im Einzelfall,

          –  Schaffung einer Ansprechstelle für Fauen.

Diese Betriebsvereinbarung ist als fakultative Betriebsvereinbarung normiert (§ 97 Abs. 1 Z 25 ArbVG).”

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Rosemarie Bauer, Edith Haller, Mag. Doris Kammerlander, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Maria Schaffenrath, Dr. Gertrude Brinek, Heidrun Silhavy, Edeltraud Gatterer, die Bevollmächtigte des Frauenvolksbegehrens Dr. Gabriele Christa Pölzlbauer, die Obfrau Dr. Elisabeth Hlavac sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer das Wort.

Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Heidrun Silhavy gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 04 01

                                 Heidrun Silhavy                                                             Dr. Elisabeth Hlavac

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 63/1997, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 92a wird folgender § 92b samt Überschrift eingefügt:

“Betriebliche Frauenförderung sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf

§ 92b. (1) Der Betriebsinhaber hat mit dem Betriebsrat im Rahmen der Beratung nach § 92 Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung bzw. der Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf zu beraten. Solche Maßnahmen betreffen insbesonders die Einstellungspraxis. Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und den beruflichen Aufstieg, die auf den Abbau einer bestehenden Unterreprä­sentation der Frauen an der Gesamtzahl der Beschäftigten bzw. an bestimmten Funktionen oder auf den Abbau einer sonst bestehenden Benachteiligung abzielen, sowie Maßnahmen, die auf eine bessere Vereinbarkeit der beruflichen Tätigkeit mit Familien- und sonstigen Betreuungspflichten der Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer abzielen.

(2) Der Betriebsrat hat das Recht, Vorschläge in diesen Angelegenheiten zu erstatten und Maß­nahmen zu beantragen. Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, mit dem Betriebsrat über dessen Vorschläge und Anträge zu beraten.

(3) Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf können in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.”

2. § 97 Abs. 1 Z 25 lautet:

       “25. Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung (Frauenförderpläne) sowie Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf.”