1198 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 3. 6. 1998

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Weingesetz 1985 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Weingesetz 1985, BGBl. Nr. 444, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996, wird wie folgt geändert:

1. In § 61 Abs. 1 werden nach der Z 5 folgende Ziffern eingefügt:

         “6. Erzeugnisse gemäß Art. 73 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 des Rates vom 16. März 1987 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, ABl. Nr. L 84 vom 27. März 1987, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2087/97, ABl. Nr. L 292 vom 25. Oktober 1997, die nicht von gesunder Beschaffenheit sind, zum unmittelbaren menschlichen Verbrauch entgegen Art. 73 Abs. 1 Unterabsatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2087/97 zum unmittelbaren menschlichen Verbrauch anbietet oder abgibt,

           7. als Erzeuger oder Händler Wein, der nicht von gesunder Beschaffenheit ist, entgegen Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1972/78 der Kommission vom 16. August 1978 zur Festsetzung der Durchführungsbestimmungen zu den önologischen Verfahren, ABl. Nr. L 226 vom 17. August 1978, in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 45/80, ABl. Nr. L 7 vom 11. Jänner 1980, aufbewahrt oder transportiert,

           8. bei Erzeugnissen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2087/97 önologische Verfahren und Behandlungen anwendet, die nicht in Titel II oder in Anhang VI der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2087/97 oder in anderen Gemeinschaftsvorschriften zugelassen sind,

           9. Erzeugnissen gemäß Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in der Fassung der Verordnung(EG)Nr. 2087/97 entgegen Art. 15 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 822/87 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2087/97 Wasser zusetzt,”

2. § 61 Abs. 3 lautet:

“(3) Wer eine der im Abs. 1 Z 1, 2, 6 bis 9 mit Strafe bedrohten Handlungen fahrlässig begeht, ist mit Geldstrafen bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.”

3. § 65 Abs. 4 lautet:

“(4) Wer einer unmittelbar geltenden Bestimmung in Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen.”

4. § 66 Abs. 1 und 2 lauten:

“(1) Im Falle der Wiederholung einer Übertretung nach § 65 Abs. 2 oder § 65 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 kann im Straferkenntnis der Verfall des Getränkes, der Weinbehandlungsmittel und der Stoffe gemäß § 54, die Gegenstand des Verfahrens sind, ausgesprochen werden.

(2) Im Falle der Bestrafung wegen Übertretung nach § 65 Abs. 3 oder Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5, sofern eine Bezeichnungsvorschrift übertreten wird, ist im Straferkenntnis auf die Beseitigung der vorschriftswidrigen Bezeichnung oder, wenn das Getränk nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder nach unmittelbar geltenden Bestimmungen in Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft nur unter einer bestimmten Bezeichnung in Verkehr gebracht werden darf, auch auf die Anbringung der fehlenden Bezeichnung zu erkennen. Sind diese Maßnahmen nicht möglich, so ist der Verfall auszusprechen. Die Kosten dieser Maßnahme hat die Partei zu tragen.”

Vorblatt

Problem:

Die Ermächtigung zur Verordnung zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts (§ 65 Abs. 5 in Zusammenhang mit Abs. 4 Weingesetz 1985) sieht vor, daß sämtliche Zuwiderhandlungen gegen direkt wirksames Gemeinschaftsrecht lediglich von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen sind.

Damit wären auch gravierende Delikte, denen gemeinschaftsrechtliche Tatbestände zugrunde liegen (zB Weinverfälschung oder Wässerung), lediglich verwaltungsbehördlich und nicht gerichtlich strafbar.

Ziel:

Eine Differenzierung zwischen gerichtlichen Straftatbeständen und verwaltungsrechtlichen Straftat­beständen auch im Hinblick auf direkt wirksames Gemeinschaftsrecht.

Lösung:

Entsprechende Änderung der Bestimmungen im Weingesetz über gerichtliche Strafen (§ 61) und Verwaltungsübertretungen (§ 65).

Alternative:

Erlassung der Strafverordnung ohne vorangehende Novelle des Weingesetzes mit der Folge, daß sämtliche Verstöße gegen direkt wirksames Gemeinschaftsrecht nur verwaltungsbehördlich ahndbar sind.

Kosten:

Durch die Weingesetz-Novelle selbst entstehen keine unmittelbaren Kosten.

Durch die auf Grund der neuen Verordnungsermächtigung zu erlassende EU-Strafverordnung werden zusätzlich gerichtlich strafbare Tatbestände geschaffen. Im vorhinein kann jedoch nicht abgeschätzt werden, in welchem Ausmaß in Zukunft gegen unmittelbar wirksames Gemeinschaftsrecht, das gerichtliche Konsequenzen zur Folge hat, verstoßen wird.

Da jedoch bei einem Großteil der bisher gerichtlichen Tatbestände eine Entkriminalisierung durchgeführt wird (viele Tatbestände, die bisher gerichtlich strafbar waren, sollen in Zukunft nur mehr verwaltungsbehördlich strafbar sein), kann eher mit einer Senkung der Kosten für die Gerichte gerechnet werden.

Darüber hinaus sind bei der Kostenberechnung auch die Einnahmen auf Grund der eingehobenen Geldstrafen ins Kalkül zu ziehen.

EG-Konformität:

Liegt vor. Der Europäische Gerichtshof hat wiederholt aus Art. 5 des EG-Vertrages abgeleitet, daß die Mitgliedsstaaten den ordnungsgemäßen Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts in ihrem innerstaatlichen Bereich sicherzustellen haben.

Die Maßnahmen müssen dazu geeignet sein; im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht ist es jedoch gleichgültig, ob seine Durchsetzung mittels Verwaltungsbehörden oder Gerichte erfolgt.

Erläuterungen

Gemäß § 65 Abs. 4 Weingesetz 1985 begeht der eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen, der einer unmittelbar geltenden Bestimmung in Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zuwiderhandelt. Abs. 5 beinhaltet eine Verordnungsermächtigung, dergemäß die Tatbestände gemäß Abs. 4 durch Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft festzulegen sind.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft hat entsprechend dieser Verordnungsermächtigung den Entwurf einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft zur Durchsetzung des gemeinschaftlichen Weinrechts erstellt. Im Begutachtungsverfahren wurden massive Bedenken dagegen laut, daß in Zukunft auch gravierende Delikte wie zB die Weinverfälschung oder der Zusatz von Wasser zu Wein nur mehr verwaltungsbehördlich strafbar sind. Zumindest Delikte mit besonders hohem Unrechtsgehalt, denen gemeinschaftsrechtliche Tatbestände zugrundeliegen, sollen auch weiterhin gerichtlich verfolgbar sein.

Aus diesem Grund wird § 61 Abs. 1 Weingesetz 1985, der die gerichtlichen Strafen regelt, um die entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Tatbestände erweitert.

Im einzelnen sind gesundheitsschädlicher Wein, Wein, bei dem unzulässige önologische Verfahren oder Behandlungen angewendet wurden, und Wein, der gewässert worden ist, betroffen.