1259 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses


über die Regierungsvorlage (1191 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Heeres­disziplinargesetz 1994 geändert wird


Das Heeresdisziplinarrecht hat mit der Neuerlassung des Heeresdisziplinargesetzes 1994 eine umfassende Neugestaltung erfahren. Hiedurch wurden insbesondere die Verteidigung, die Arten der Disziplinar­strafen, die Dienstenthebung von Soldaten und die vorläufige Festnahme sowie das Einsatzdisziplinar­recht neu geregelt. Dieses neue Bundesgesetz ist mit 1. Oktober 1994 in Kraft getreten. Mit Wirkung vom 1. Jänner 1998 wurden die im Zusammenhang mit der Öffnung des Bundesheeres für freiwillige militärische Dienstleistungen von Frauen als Soldatinnen erforderlichen Adaptierungen des militärischen Disziplinarrechtes vorgenommen.

Auf Grund der praktischen Erfahrungen ist nunmehr ein Bedarf nach einer drastischen Reduzierung der Anzahl der Kommissionen im Disziplinarverfahren sowie einiger damit im Zusammenhang stehender organisatorischer Änderungen zugunsten einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung und Effizienz­steigerung entstanden. Darüber hinaus erscheinen auch verschiedene Maßnahmen im Interesse einer Beschleunigung der Kommissionsverfahren erforderlich. Eine vergleichbare Zielsetzung lag auch einer umfassenden Änderung des Disziplinarrechtes der (zivilen) Bundesbeamten im Rahmen der mit 1. Juli 1997 in Kraft getretenen 1. BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, zugrunde.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen nunmehr die bisher bestehenden 14 Disziplinarkommissionen in erster Instanz und fünf Disziplinaroberkommissionen in zweiter Instanz auf jeweils eine Kommission in jeder Instanz reduziert werden. Weiters sollen im Interesse einer zusätzlichen Verrechtlichung des militärischen Disziplinarrechtes sowohl der Vorsitzende der Disziplinaroberkommission und seine Stell­vertreter als auch der Disziplinaranwalt und bestimmte Stellvertreter rechtskundig sein. Der Disziplinar­anwalt und seine Stellvertreter sollen künftig ausschließlich vom Bundesminister für Landesverteidigung bestellt werden und nur diesem gegenüber verantwortlich sein.

Zur Beschleunigung der Disziplinarverfahren sollen im wesentlichen die Möglichkeit einer Berufung gegen Einleitungs- und Verhandlungsbeschlüsse anstelle der derzeitigen Anrufbarkeit des Verwaltungs­gerichtshofes sowie straffere Verfahrensbestimmungen hinsichtlich der mündlichen Verhandlung im Kommissionsverfahren normiert werden.

Ferner sind verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der rechtlichen Stellung der Beschuldigten ins Auge gefaßt. Dies betrifft etwa die Halbierung der Frist für die (subjektive) Verfolgungsverjährung von derzeit einem Jahr auf sechs Monate, die Einführung einer absoluten Strafbarkeitsverjährung von drei Jahren ab Verfahrenseinleitung sowie die erhebliche Herabsetzung des Höchstausmaßes der freiheits­entziehenden Disziplinarstrafen im Einsatz.

Die im Heeresdisziplinarrecht enthaltenen Abweichungen von den Disziplinarbestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 für (zivile) Bundesbeamte liegen in der besonderen Eigenart des militärischen Dienstes sowie in den Erfordernissen und Besonderheiten der militärischen Organisations­strukturen begründet. Hiedurch wird insbesondere auch der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB Erkenntnis vom 27. Juni 1984, G 75/83-10) Rechnung getragen, wonach die Zulässigkeit eigenständiger Disziplinargesetze für verschiedenartige Bundesdienstzweige unter Bedachtnahme auf das allgemeine Sachlichkeitsgebot ausdrücklich als verfassungsrechtlich zulässig festgestellt wurde.

Die vorgesehenen Änderungen sind unter besonderer Bedachtnahme auf die von der Bundesregierung am 9. Jänner 1990 beschlossenen Legistischen Richtlinien 1990 ins Auge gefaßt.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält in den Z 31 und 46 (§ 72a und § 89 Abs. 2b) Bestimmungen mit verfassungsergänzendem Inhalt.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 15
B-VG (“Militärische Angelegenheiten”) und aus Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG (“Dienstrecht und Personal­vertretungsrecht der Bundesbediensteten”).


Der Landesverteidigungsausschuß hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. Juni 1998 in Verhandlung genommen.

In der sich an die Ausführungen des Berichterstatters Walter Murauer anschließenden Debatte ergriffen die Abgeordneten Dr. Harald Ofner, Dr. Karl Maitz, Anton Gaál, Mag. Thomas Barmüller und Andreas Wabl sowie der Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend und der Ausschuß­vorsitzende Abgeord­neter Herbert Scheibner das Wort.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Karl Maitz und Anton Gaál einen Abänderungsantrag zu Z 40 des in der Regierungsvorlage enthaltenen Gesetzentwurfs betreffend § 83 Abs. 8 HDG 1994 eingebracht, der wie folgt begründet war:

“Zur Vermeidung von Zweifelsfragen soll mit der ins Auge gefaßten Änderung ausdrücklich klargestellt werden, daß eine nachträgliche Aufhebung von Entscheidungen der Einsatzstraforgane durch den Bundesminister für Landesverteidigung unter Anwendung des § 66 HDG 1994 zu keinem Zeitpunkt (also auch nach Beendigung des Einsatzes) in Betracht kommt. Diese Klarstellung erscheint insbesondere auch im Hinblick auf die Rechtsstellung der Einsatzstraforgane als ,Tribunale‘ im Sinne des Art. 5 MRK erforderlich.”

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ein von den Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Andreas Wabl eingebrachter Zusatz- und Abänderungsantrag betreffend §§ 5 Abs. 1, 73 und 83 Abs. 4 HDG 1994 fand nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Walter Murauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Landesverteidigungsausschuß somit den Antrag, der National­rat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1191 der Beilagen) mit der ange­schlossenen Abänderung die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 06 10

                                Walter Murauer                                                              Herbert Scheibner

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Abänderung

zum Gesetzentwurf in 1191 der Beilagen

In Z 40 lautet § 83 Abs. 8:

“§ 66 über die Aufhebung von Entscheidungen ist in jenen Verfahren nicht anzuwenden, in denen in letzter Instanz das Einsatzstraforgan entschieden hat.”