1286 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

SAMMELBERICHT

des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen


über die Petitionen Nr. 1 bis 5 und 7 bis 31, 48 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 1 bis 13

Inhaltsverzeichnis

 I... Der Berichtspflicht unterliegende Petitionen und Bürgerinitiativen

..... Abstandnahme von der weiteren Verhandlung im Sinne des § 100b Abs. 1

..... GOG.................................................................................................................................          Seiten  5 bis   8

II... Sonstiges

       1. Petitionen...................................................................................................................         Seiten  9 bis  90

       2. Bürgerinitiativen.......................................................................................................       Seiten 90 bis 125

VERZEICHNIS

der im Bericht enthaltenen Petitionen und Bürgerinitiativen

Petition Nr. 1

überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler betreffend “Änderung des § 7 Abs. 1 Volksbegehrengesetz”........................................................................................................         Seiten 57 bis 58

Petition Nr. 2

überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler betreffend “Änderung des § 124 der Nationalrats-Wahlordnung 1992”.....................................................................................         Seiten 58 bis 59

Petition Nr. 3

überreicht von den Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Dr. Volker Kier, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Guggenberger und Dr. Gottfried Feurstein betreffend “Bus und Bahn für alle – Resolution für ein Gleich­stellungsgesetz”..................................................................................................................         Seiten 60 bis 61

Petition Nr. 4

überreicht von den Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Mag. Walter Guggenberger und Dr. Helene Partik-Pablé betreffend “Die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen”                                     Seiten 85 bis 90

Petition Nr. 5

überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr “gegen eine Änderung des Abfallwirtschaftsgesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger”                    Seiten 54 bis 57

Petition Nr. 7

überreicht von der Abgeordneten Bruni Fuchs betreffend “Aufhebung des Fahrverbots für Fahrräder auf Forststraßen”.......................................................................................................................        Seite  61

Petition Nr. 8

überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits betreffend “Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes”......................................................................................................................        Seite  36

Petition Nr. 9

überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Rudolf Anschober und Mag. Helmut Peter betreffend “Aufhebung des Fahrverbots für Fahrräder auf Forststraßen”...................................        Seite  61

Petition Nr. 10

überreicht vom Abgeordneten Ing. Leopold Maderthaner betreffend “Stopp der Gesetzesflut”                  Seite  62

Petition Nr. 11

überreicht von der Abgeordneten Hannelore Buder betreffend “Abschaffung des § 188 des StGB”         Seiten 36 bis 38

Petition Nr. 12

überreicht von den Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Edeltraud Gatterer und Georg Wurmitzer betreffend “Erhaltung der Akutversorgung im Krankenhaus Waiern”..........................................        Seite  29

Petition Nr. 13

überreicht vom Abgeordneten Josef Edler betreffend “20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht”....................................................................................................................................         Seiten 80 bis 85

Petition Nr. 14

überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl betreffend “Gerechtigkeit bei den Telefongebühren”    ................................................................................................................................................ Seiten  5 bis  6

Petition Nr. 15

überreicht vom Abgeordneten Herbert Scheibner betreffend “Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungsplanes 85 (LVP 85)”      Seiten 43 bis 52

Petition Nr. 16

überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer betreffend “die finanzielle Gleichstellung der Fahrtkosten zwischen Heimschülern und Fahrschülern”....................................................................         Seiten 25 bis 26

Petition Nr. 17

überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer betreffend “Berücksichtigung Osttirols (politischer Bezirk Lienz) bei der Ausschreibung der Regionalradiolizenzen”...........................................           Seiten  6 bis  7

Petition Nr. 18

überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier “Wider die Parkplatzsteuer”....         Seiten 27 bis 28

Petition Nr. 19

überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend “Das Österreichische Tiertransportgesetz muß bleiben”.....................................................................................         Seiten 79 bis 80

Petition Nr. 20

überreicht vom Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer betreffend “Initiative 96 Entschuldung”                 Seiten 26 bis 27

Petition Nr. 21

überreicht von der Abgeordneten Mag. Brigitte Ederer betreffend “Schutz der Anrainer von Bundesstraßen”      ................................................................................................................................................ Seiten  22 bis  25

Petition Nr. 22

überreicht vom Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger betreffend “die gesetzliche Anerkennung des Berufes der AltenfachbetreuerInnen und FamilienhelferInnen”.................................................        Seiten   9 bis  10

Petition Nr. 23

überreicht vom Abgeordneten Dr. Volker Kier betreffend “Anerkennung der Gebärdensprache”              Seiten  62 bis  67

Petition Nr. 24

überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl betreffend “Tariferhöhung im Verkehrsverbund Ostregion”       ................................................................................................................................................ Seiten  77 bis  79

Petition Nr. 25

überreicht vom Abgeordneten Dr. Volker Kier “mit der Forderung an den Österreichischen Rundfunk nach mehr Untertiteln im Fernsehen”..................................................................................................       Seiten  68 bis  69

Petition Nr. 26

überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits betreffend “Rassismus; Presseförderung, Anregung eines Initiativantrages uä.”...........................................................................................................       Seiten  70 bis  71

Petition Nr. 27

überreicht von den Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Dr. Günther Kräuter betreffend “Österreichische Note – Präzisierung des Rundfunkgesetzes”...................................       Seiten  71 bis  77

Petition Nr. 28

überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend “Kennzeichnungspflicht genmanipulierten Saatguts”...............................................................................................       Seiten  52 bis  54

Petition Nr. 29

überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier betreffend “Dem Staat sein Geld – dem Arbeitnehmer seine Rechte”..................................................................................................................................       Seiten  11 bis  22

Petition Nr. 30

überreicht von der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat betreffend “Der Gesetzgeber soll handeln, bevor es zu spät ist!”........................................................................................................................................       Seiten  30 bis  35

Petition Nr. 31

überreicht von den Abgeordneten Brigitte Tegischer und Dr. Elisabeth Hlavac “für eine Novellierung des Adoptionsrechts”................................................................................................................       Seiten  38 bis  42

Petition Nr. 48

überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Volker Kier und Dr. Irmtraut Karlsson betreffend “3 Forderungen zur rechtlichen Verankerung von PartnerInnenschaften”.....................    Seite  43

 


Bürgerinitiative Nr. 1

eingebracht von Hansjörg Kirchmair betreffend “Nein zur EU”................................    Seite    7

Bürgerinitiative Nr. 2

eingebracht von Felix M. Bertram betreffend “ein Bundesgesetz über ein umfassendes Verbot von Antipersonenminen (Verbot von Erzeugung, Lagerung, Beschaffung, Einsatz, Handel, Aus-, Ein- und Durchfuhr)”................................................................................................................................................     Seiten 113 bis 115

Bürgerinitiative Nr. 3

eingebracht von Heinz Schubert betreffend “die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen”................................................................................................................................................     Seiten 119 bis 121

Bürgerinitiative Nr. 4

eingebracht von Georg Rom betreffend “Aufhebung der Immunität aller Abgeordneten, Richter und Beamten wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Unterdrückung von amtlichen Beweisen, Vernachlässigung der Amtspflicht, Verletzung der Menschenrechte”.....................................................................................         Seiten   7 bis   8

Bürgerinitiative Nr. 5

eingebracht von Dr. Andreas Stippler betreffend “Arbeitszeit für Ärzte in Krankenanstalten”                   Seiten  90 bis  91

Bürgerinitiative Nr. 6

eingebracht von Dr. med. Lothar Krenner betreffend “Gentechnologie – nein danke!”                                Seiten 104 bis 105

Bürgerinitiative Nr. 7

eingebracht von Dipl.-Ing. Erhard Scheffenegger betreffend “Tieflegung der Verbindungsbahn im 13. Wiener Gemeindebezirk anstatt Bau des ,Lainzer Tunnels‘ ”.....................................................     Seiten 122 bis 124

Bürgerinitiative Nr. 8

eingebracht von Josef Bürger betreffend “gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich”.................................................................................................      Seiten  91 bis 104

Bürgerinitiative Nr. 9

eingebracht von Christian Mokricky betreffend “Freiheit für das Gewissen”..........     Seiten 115 bis 119

Bürgerinitiative Nr. 10

eingebracht von Pfarrer Johann Grüner betreffend “§ 97 StGB, Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruches, Schutz der ungeborenen Kinder”......................................................................................         Seiten   8 bis   9

Bürgerinitiative Nr. 11

eingebracht von Franz Schauer betreffend “Schutz vor alkoholisierten Fahrzeuglenkern”                           Seiten 124 bis 125

Bürgerinitiative Nr. 12

eingebracht von Hilde Edinger betreffend “Wiederholung der EU-Volksab­stimmung”                 Seite 121

Bürgerinitiative Nr. 13

eingebracht von Monika Zöhrer betreffend “Klonierungsverbot von Tieren”........     Seiten 105 bis 113

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat sich zur Vorbereitung der Entscheidungen über die einzelnen Anliegen in vielen Fällen an die Bundesministerin, die Volksanwaltschaft und andere Behörden bzw. Organisationen mit dem Ersuchen um Stellungnahmen gewandt.


Insbesondere die Volksanwaltschaft hat selbständig in einigen Fällen Stellungnahmen abgegeben, die in die Verhandlungen ebenso miteinbezogen wurden.

I. Der Berichtspflicht unterliegende Petitionen und Bürgerinitiativen

Abstandnahme von der weiteren Verhandlung im Sinne des § 100b Abs. 1 GOG

Petition Nr. 14

überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl betreffend “Gerechtigkeit bei den Telefongebühren”

Mit der gegenständlichen Petition überreichte der Abgeordnete Peter Rosenstingl ein Anliegen des Georg Weißenberger dem Präsidenten des Nationalrates mit folgendem Wortlaut:

“Diese Petition ist ein Appell an alle Abgeordneten im Nationalrat, ihrer Verpflichtung als Volksvertreter endlich nachzukommen, die berechtigten Beschwerden vieler Bürger über die Mißstände bei der Post ernstzunehmen und im Bereich der Telefongebührenabrechnung für Gerechtigkeit zu sorgen.

Gerade die in letzter Zeit verstärkt auftretenden Betrügereien mit fingierten Telefongesprächen, insbesondere im Zusammenhang mit den Übersee-Sex-Hotlines machen deutlich, wie unbefriedigend in Österreich der Abrechnungsmodus für die Telefongebühren ist: Nach wie vor ist es vielen Telefon­benützern überhaupt nicht möglich, ihren Gebührenstand jederzeit zu kontrollieren, da ein Anschluß der – kostenpflichtigen – Gebührenzähler bei Viertelanschlüssen angeblich unmöglich ist. Was bei Gas, Strom und Wasser selbstverständlich ist, geht beim Telefon angeblich nicht oder man muß dafür extra bezahlen.

Außerdem ist es unzumutbar, dem Telefonkunden für eine detaillierte Rechnung über seine Telefonate – soweit dies derzeit überhaupt möglich ist – zusätzliche Gebühren zu verrechnen. Man stelle sich etwa zum Vergleich vor, wie Gäste im Wirtshaus – zu Recht – reagieren, wenn ihnen der Kellner nur einen Pauschalpreis abverlangt, für die Ausfolgung einer detaillierten Rechnung über die einzelnen Speisen und Getränke aber einen Aufschlag verlangt!

Zu allem Überdruß ist die Post laut Fernmeldegesetz auch noch gegenüber jedem anderen Dienst­leistungsunternehmen dadurch im Vorteil, daß sie im Zweifelsfall nicht die Richtigkeit ihrer Rechnung beweisen muß, sondern der Kunde die Fehlerhaftigkeit. Der aber kann hierfür keinerlei Beweismittel zur Verfügung haben, weil alle ihm zugänglichen Meßgeräte, absurderweise inklusive der gebühren­pflichtigen Post-Gebührenzähler, nicht anerkannt werden, sodaß auch berechtigte Reklamationen kaum berücksichtigt werden.

Es ist unerhört, wie hier der Telefonkunde in nahezu völliger Rechtlosigkeit gegenüber dem Mono­polunternehmen Post gehalten wird: Ein Zustand, der jedem Prinzip des Konsumentenschutzes widerspricht und der im normalen Geschäftsleben undenkbar wäre, so rücksichtslos kann nur ein staatliches Monopolunternehmen mit politischer Rückendeckung durch die Regierenden agieren.

Besonders empörend ist diese kundenfeindliche Vorgangsweise angesichts der ohnedies im internationalen Vergleich außerordentlich hohen Telefongebühren, die sich maßgeblich aus der Telefonsteuer des Fernmeldeinvestitionsgesetzes ergeben, mit dessen Hilfe im vergangenen Jahr rund 10 Milliarden Schilling an Gebühren vom Finanzminister kassiert wurden!

Bekanntlich darf dieser zwei Drittel der Telefoneinnahmen nach seinem Gutdünken verwenden, während die Post alles, was mit dem verbleibenden Drittel nicht bezahlbar ist, auf Kredit finanzieren muß – kein Wunder also, daß sie trotz horrender Telefongebühren fast pleite ist (der Schuldenstand beträgt mittlerweile sagenhafte 100 Milliarden Schilling!) und versucht, sich am Kunden schadlos zu halten.

Verantwortlich dafür aber ist die Regierungspolitik, die seit Jahren dieser Entwicklung tatenlos zusieht und hierfür auch noch die Grundlagen in Gestalt der entsprechenden Gesetze schuf.

Ich fordere daher die Abgeordneten aller Parteien und den zuständigen Minister dringend auf, zur Lösung dieser Probleme raschestmöglich folgende Maßnahmen zu setzen:

–   Die Telefonkunden müssen jederzeit, etwa über einen in jedem Telefon integrierten Gebührenzähler, die Kontrolle über ihre Rechnung kostenlos erhalten können, ebenso müssen alle Zusatzdienste, die die Abrechnung betreffen, kostenlos sein und der Kunde automatisch eine detaillierte Rechnung über seine Gespräche erhalten, wie dies in vielen Ländern üblich ist.

–   Die rechtliche Stellung der Telefonkunden muß hinsichtlich der Beweislast im Reklamationsfall den konsumentenschützenden Bestimmungen im normalen Geschäftsleben angeglichen und damit gegenüber der derzeitigen Rechtlosigkeit wesentlich verbessert werden.

–   Die finanzielle Ausbeutung der Post durch den Finanzminister muß ein Ende haben.

–   Die Telefongebühren müssen auf ein international übliches Maß reduziert werden.”

Beschluß mit Stimmenmehrheit in der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996

Petition Nr. 17

überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer betreffend “Berücksichtigung Osttirols (politi­scher Bezirk Lienz) bei der Ausschreibung der Regionalradiolizenzen”

Mit der gegenständlichen Petition überreichte die Abgeordnete Brigitte Tegischer ein Anliegen des J. Robert Possenig an den Präsidenten des Nationalrates betreffend die Berücksichtigung Osttirols bei der Ausschreibung der Regionalradiolizenzen entsprechend dem Bundesgesetz, mit dem nach Beschluß­fassung und Inkrafttreten das Regionalradiogesetz geändert wurde.

J. Robert Possenig nimmt zum entsprechenden Gesetzentwurf Stellung und führt dazu aus, daß bezogen auf die Versorgung des Bezirkes LIENZ-Osttirol mit einem flächendeckenden Privatradio auf Grund der einzigartigen geographischen Situation des angesprochenen Bezirkes, der als einziger Bezirk aller österreichischen Bundesländer mit keinem Meter seiner Grenzen an das “Mutter-Bundesland” Tirol angrenzt, daher als eigenständiger Wirtschafts-, Kultur und Interessenbereich im Hinblick auf die Versorgung dieses Bezirks mit dem elektronischen Medium RADIO anzusehen ist.

Weiters führt er aus:

“Aus diesem Grunde versteht sich der Bezirk LIENZ als das “10. Bundesland” im Hinblick auf die Zuteilung einer eigenen REGIONALRADIO-Lizenz, da sowohl eine ausreichende Versorgung in redaktioneller Hinsicht als auch eine Nutzung des Mediums Privatradio als Werbeträger für die heimische Wirtschaft mit einem REGIONALRADIO aus NORDTIROL nicht oder nur sehr schwer möglich ist. Wenn es in WIEN ohne geographische (damit auch technische) Probleme möglich ist, zwei Lizenzen für REGIONALRADIO zu vergeben, muß dies auch für TIROL möglich sein!

Zur effizienten Nutzung der nicht in unbeschränkter Masse vorhandenen Sendefrequenzen schlage ich folgende Ergänzung zu § 2 Abs. 1 vor:

,1. für den Österreichischen Rundfunk eine Versorgung im Sinne des § 3 Rundfunkgesetz BGBl. Nr. 379/1984 mit vier Programmen des Hörfunks gewährleistet ist, wobei für das vierte Programm ein Versorgungsgrad von 90 Prozent aller zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes ausreicht. Dabei sind die technischen Möglichkeiten der Gewinnung von freien Frequenzen durch höhere Sendeleistung einzelner Frequenzen in der Weise zu nützen, daß möglichst keine ungenützten Frequenzen vergeben werden.‘

Erklärung:

Die ORF-Kette BDR (Blue Danube Radio) kommt zB in Tirol mit neun Standorten (Frequenzen) aus, die Ketten Ö 2 und Ö 3 haben jeweils 58 Frequenzen, Ö 1 hat 57 Frequenzen. Tatsächlich würden auch diese drei Ketten mit je zirka 30 Frequenzen zu 98 Prozent flächendeckend arbeiten können. Dabei würden wiederum 83 Frequenzen zur Nutzung für Privatradio frei. Dieses Beispiel betrifft ausschließlich das Bundesland TIROL – ähnlich verhält es sich mit Sicherheit auch in den anderen Bundesländern.

Im besonderen Fall des Bezirkes LIENZ-Osttirol, der vom Mutterland durch Gebirge und Grenzen vollkommen getrennt ist, ist nach Maßgabe des Gleichheitsgrundsatzes und Art. 10 der EMRK zu urgieren, daß – wenn für WIEN 2 Regionalradiolizenzen vorgesehen werden – auch der abgeschnittene Bezirk LIENZ ein Recht auf eine eigene REGIONALRADIOKETTE hat. Dies betrifft nicht eine allfällige weitere Zuteilung auch einer Lokalradiokette – zumal die im Bezirk LIENZ vorhanden freien Frequenzen ohne weiteres 3 (drei!) flächendeckende Ketten zulassen würden.

Ich schlage deshalb vor, den § 2 Abs. 2 zu ergänzen:

,2. in jedem Bundesland eine Sendelizenz und in Wien zwei Sendelizenzen sowie für den vom Mutter­land abgeschnittenen Bezirk LIENZ-Osttirol eine eigene Sendelizenz für regionalen Hörfunk ermöglicht werden.‘

Schlußendlich wäre festzustellen, daß die Erstellung der Frequenznutzungspläne durch den Bundes­minister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst längst abgeschlossen sein sollte, da durch die Verzögerung der Durchführung des Regionalradiogesetzes durch die Aufhebung des § 2 Abs. 1 bis 3 und 5 des Regionalradiogesetzes durch den Verfassungsgerichtshof genügend Zeit für die technische Aufarbeitung des Problems geschaffen wurde.

Es sollte daher die Ausschreibung der REGIONAL- und LOKALRADIO-Lizenzen – auch im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes – zu gleicher Zeit erfolgen, um eventuelle Wettbewerbsvorteile für die Veranstalter von regionalem Hörfunk zu vermeiden.

Anmerkung:

Die Bevölkerung des Bezirkes LIENZ-Osttirol hat bereits vor zwei Jahren mit der Übergabe von 6 000 Unterschriften an den Herrn Bundeskanzler und mit den in 19 von 33 Osttiroler Gemeinden vom Gemeinderat per Beschluß an den damaligen Herrn Verkehrsminister Dr. Klima geschickten Resolutionen für ein eigenes Osttiroler Privatradio ausreichend kundgetan, daß sie sich für den vom Mutterland getrennten Bezirk aus kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gründen ein eigenes Regionalradio zum ehestmöglichen Zeitpunkt – spätestens aber mit Zuteilung der Regionalradiolizenzen – wünscht.

Dieser Wunsch der Bevölkerung Osttirols manifestiert sich nun in einer neuerlichen Unterschriftenaktion im Rahmen der ,BÜRGERINITIATIVE für ein eigenes RADIO OSTTIROL‘, welche wiederum mit einer nicht zu übersehenden Anzahl von Unterschriften in diesen Tagen dem österreichischen Nationalrat vorgelegt wird.

Im Namen der Bevölkerung unseres ohnehin abgeschnittenen Bezirkes ersuche ich die Bundesregierung, in ihrem Entwurf zur Änderung des Regionalradiogesetzes (Novelle) den mehrheitlichen Wunsch der Osttirolerinnen und Osttiroler zu berücksichtigen.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997

Bürgerinitiative Nr. 1

eingebracht von Herrn Hansjörg Kirchmair betreffend “Nein zur EU”

Die Unterzeichner dieser Bürgerinitiative gemäß § 100 Geschäftsordnungsgesetz beantragen:

“Der Nationalrat möge beschließen  –

Bundesminister Dr. Wolfgang Schüssel hat durch seine am 26. Februar 1996 in Brüssel abgegebene Erklärung vor Presse und Fernsehen mit dem Wortlaut –

Ich gehe davon aus, daß Österreich um eine WEU-Mitgliedschaft nicht herumkommt. Auch einen NATO-Beitritt kann ich nicht ausschließen. Dieser Beitritt würde mich persönlich nicht schrecken.

das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955, Artikel I, BGBl. Nr. 211/1955, Neutralitätsgesetz verletzt.

Dieser Artikel I besagt, daß Österreich seine immerwährende Neutralität mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechtzuerhalten und zu verteidigen hat und zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitritt.

Das staatsgerichtliche Verfahren gemäß Artikel 142 Bundes-Verfassungsgesetz gegen Bundesminister Dr. Wolfgang Schüssel wird daher eingeleitet.”

Für die Sitzung am 3. Juli 1996 wurde der Leiter des Völkerrechtsbüros im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, Botschafter Dr. Cede, als Experte geladen.

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996

Bürgerinitiative Nr. 4

eingebracht von Herrn Georg Rom betreffend “Aufhebung der Immunität aller Abgeordneten, Richter und Beamten wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Unterdrückung von amtlichen Beweisen, Vernachlässigung der Amtspflicht, Verletzung der Menschenrechte”

Die gegenständliche Bürgerinitiative hat folgenden Wortlaut:

“Der Nationalrat wird ersucht um ,Die Aufhebung der Immunität aller Abgeordneten, Richter und Beamten wegen Mißbrauchs der Amtsgewalt, Unterdrückung von amtlichen Beweisen, Vernachlässigung der Amtspflicht, Verletzung der Menschenrechte‘.

Bei meinem Ansuchen wurden amtliche Beweise vorgelegt, sogar eine eidesstattliche Erklärung. Meine Verfolgung lag bei der Stadtgemeinde Feldkirchen, Erhebungsabteilung Klagenfurt und bei der Bundespolizeidirektion Wien Registrieramt auf. Trotzdem wurde ich von einem Landeshauptmann (SPÖ) um die Wiedergutmachung, die der deutsche Staat zahlen muß, betrogen. Solche Betrügereien werden von Beamten des hohen Bundesministeriums gedeckt! Durch diese Vorgangsweise muß ich wohl annehmen, daß die Beamten Nazis sind und vom Staatsdienst zu entfernen sind!

Meine Wiederaufnahme, Zl. 248.015/3-5/94, ist bis heute nicht erledigt! Trotzdem laut Bundesgesetz 183 § 4, mein Antrag vor jeder anderen Partei bevorzugt zu erledigen ist! Somit ist der Tatbestand des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt, Vernachlässigung der Amtspflicht gegeben. Es ist eine bodenlose Frechheit, die Beamten glauben, die Gesetze gelten nur für sie! Trotz amtlicher Beweise stand auf dem Bescheid, ,kein Rechtsmittel zulässig‘! Bei meiner Vorsprache im hohen Bundesministerium für Soziales wurde ich eingeschüchtert, mit der Bestrafung bedroht und belegt. Mit solchen Tricks und Raffinessen werden Staatsbürger zum Schweigen verurteilt.

Außerdem beantrage ich im Namen der Bürgerinitiative, daß jeder Abgeordnete, hohe Beamte und Richter, bei Verbrechen der Amtsgewalt, des Betruges, Mißachtung der Gesetze, Vernachlässigung der Amtspflicht Sühneabgaben monatlich für in Not befindliche Österreicherinnen und Österreicher leisten muß.

Es ist fast nicht zu glauben! Ich bekomme ab 1. November 1995 für meine Frau und mich eine Mindestpension von 7 120 S. Ich habe 52 volle Versicherungsjahre, sogar eineinhalb Jahre wird meine Pension zurückbehalten. Nun frage ich, ob die Beamten so lange Zeit umsonst arbeiten? Eine schöne Leistung! Außerdem habe ich schon viele Jahre eine schwerkranke Frau, da gab es damals keinen Hilflosenzuschuß, geschweige eine Pflegebeihilfe! So werden Staatsbürger, die sich für ein freies Österreich und Europa einsetzen und dann in der Armutsgrenze leben müssen, behandelt!”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996

Bürgerinitiative Nr. 10

eingebracht von Herrn Johann Grüner betreffend “§ 97 StGB, Straflosigkeit des Schwangerschafts­abbruches; Schutz der ungeborenen Kinder”

Mit der gegenständlichen Bürgerinitiative wird der Nationalrat ersucht, sich mit dem für “unser ganzes Volk” überlebenswichtigen Thema des laufenden Massenmordes an ungeborenen Kindern gründlich auseinanderzusetzen. Weiter wörtlich: “Es muß doch möglich sein, über die katastrophalen Folgen der ,Fristenlösung‘ mit unseren Volksvertretern zu sprechen. Das 2. Vatikanische Konzil nennt die Ermordung der Ungeborenen ein verabscheuungswürdiges Verbrechen. Der Standpunkt der Bürger­initiative ,Pfarrer Grüner‘ entspricht dem Naturrecht und den zehn Geboten Gottes. Solche Verbrechen können von keinem Parlament ,entkriminalisiert‘ werden. Siehe Evang. Vitae 71, 72. Auch in naturwissenschaftlicher Hinsicht ist der Mensch Mensch von Anfang an (Prof. Blechschmidt, Universität Göttingen). Und nach internationaler Rechtsauffassung ist Mord die vorsätzlich mit Überlegung ausge­führte Tötung eines unschuldigen Menschen. Wir sind überzeugt, daß alle von Gott zur Rechenschaft gezogen werden, die diesem Massenmorden untätig zuschauen.

Am 3. Juni 1996 durfte der österreichische Autor Peter Handke im Parlament aus seinem Buch ,Gerechtigkeit für Serbien‘ vorlesen. Wir meinen, daß unser Anliegen für Österreich noch bedeutsamer ist und ersuchen die Volksvertreter, auch uns anzuhören.

Gleiches Recht für alle! Wir möchten unseren Abgeordneten den weltbekannten Kurzfilm ,Der Stumme Schrei‘ vorführen. Wir setzen uns für Gerechtigkeit und das Lebensrecht in Österreich ein.

Wir ersuchen die Sprecher der Parlamentsklubs, uns einen Termin zu nennen, an dem wir den Abgeordneten den Film zeigen dürfen.”

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat in seiner Sitzung am 7. Mai 1997 beschlossen, von der weiteren Behandlung der gegenständlichen Bürgerinitiative Nr. 10 Abstand zu nehmen. Weiters richtete die Obfrau des Ausschusses auf einstimmigen Beschluß folgendes Schreiben an den Erst­unterzeichner:

“Die von Ihnen eingebrachte Bürgerinitiative Nr. 10 betreffend ,§ 97 StGB, Straflosigkeit des Schwanger­schaftsabbruches – Schutz der ungeborenen Kinder‘ ist am 6. Dezember 1996 im Parlament eingelangt und wurde am 9. Dezember 1996 durch den Präsidenten des Nationalrates dem Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen zugewiesen.

Bereits in der XVII., XVIII. und XIX. Gesetzgebungsperiode hat sich der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen mit Bürgerinitiativen der gegenständlichen Thematik befaßt und zuletzt von einer weiteren Behandlung Abstand genommen.

Aus diesem Grund hat der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen in seiner Sitzung am 7. Mai 1997 einstimmig den Beschluß gefaßt, von einer weiteren Behandlung der erwähnten Bürgerinitiative Nr. 10 Abstand zu nehmen.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997

II. Sonstiges

Nachstehend werden jene Petitionen und Bürgerinitiativen aufgezählt, die der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen in Verhandlung genommen hat, und die nicht unter dem Abschnitt I anzuführen sind. Dies betrifft diesfalls jene Petitionen und Bürgerinitiativen, die auf Grund eines Ersuchens des Ausschusses vom Präsidenten des Nationalrates einem anderen Fachausschuß zugewiesen worden sind.

1. Petitionen

Ausschuß für Arbeit und Soziales

Petition Nr. 22

überreicht vom Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger betreffend “die gesetzliche Anerkennung des Berufes der AltenfachbetreuerInnen und FamilienhelferInnen”

Die vorliegende Petition, mit welcher ein Anliegen der Berufsvereinigung der Tiroler Altenfach­betreuerInnen und der Berufsgemeinschaft der FamilienhelferInnen Tirols aufgegriffen wurde, fordert eine gesetzliche Berufsanerkennung der FamilienhelferInnen und AltenfachbetreuerInnen.

Dazu wird ausgeführt, daß die notwendige verstärkte Inanspruchnahme sozialer Einrichtungen zur Betreuung und Pflege älterer oder behinderter Menschen sowie die Zunahme familiärer Betreuungs­maßnahmen im gesamten Bundesgebiet – so auch in Tirol – zu einem größeren Bedarf an qualifiziertem Betreuungspersonal geführt hat.

Weiter wörtlich:

“Die berufliche Tätigkeit verlangt neben persönlichem Engagement entsprechende fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten, welche die AltenfachbetreuerInnen und qualifizierte FamilienhelferInnen nachweislich erbringen. Deshalb ist auch für Tirol – wie bereits in anderen österreichischen Bundesländern – die gesetzliche Berufsanerkennung ,AltenfachbetreuerIn ‘ und ,FamilienhelferIn‘ durch die Schaffung eines entsprechenden Gesetzes erforderlich.

Es sollen darin folgende Anliegen verwirklicht werden:

–   die Formulierung eigenständiger und zeitgemäßer Berufsbilder für AltenfachbetreuerInnen und qualifizierter FamilienhelferInnen;

–   die Beschreibung allgemeiner Befugnisse;

–   die Festlegung von geschützten Berufsbezeichnungen;

–   die Regelung der theoretischen und praktischen Ausbildung;

–   die Möglichkeiten der freiberuflichen Tätigkeit sowie

–   allgemein gültige kollektive Rahmenbedingungen für die Dienstverhältnisse.”

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 hat der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen beschlos­sen, Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundes­ministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie sowie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten einzuholen.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat nachstehenden Inhalt:

“Die Regelung von Berufsbild und Ausbildung der Altenbetreuer, Familienhelfer und Heimhilfen fällt in die Zuständigkeit der Länder. Bisher haben Oberösterreich, Steiermark, Niederösterreich und Wien entsprechende Gesetze erlassen.

Das Anliegen der Berufsvereinigung der Tiroler AltenfachbetreuerInnen nach einer Berufsanerkennung ist berechtigt und wird seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales befürwortet. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Land Tirol nicht bereit ist, ein entsprechendes Gesetz zu erlassen.

Der Bund ist zuständig zur Regelung von Berufsbild und Ausbildung des diplomierten Kranken­pflegepersonals und der Pflegehelfer. Im Rahmen der Begutachtungsverfahren zu den einschlägigen landesgesetzlichen Regelungen im Altenbereich hat das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales stets darauf aufmerksam gemacht, daß entsprechende Regelungen nicht in die Bundes­kompetenzen und somit nicht in Berufsbilder dieser bundesgesetzlich geregelten Pflegeberufe, denen die Pflege kranker Menschen und somit auch alter kranker Menschen vorbehalten ist, eingreifen dürfen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß im Bereich der Kompetenz ,Schulen‘ eine Mitzuständigkeit des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sowohl bei ,Altenhelferausbildungs­stätten‘ als auch bei ,Krankenpflegeschulen‘ gegeben ist.

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat sich wiederholt positiv zur Entwicklung in Richtung Kombinationsberufe ,Altendienste/Pflegehilfe‘, die auf eine Doppelqualifikation ,Alten­helferIn/PflegehelferIn‘ abzielen, ausgesprochen. Die Ausbildungen in diesen Kombinationsberufen integrieren zusätzlich zu den Ausbildungsinhalten der bisherigen Schulen für Altendienste die Lehrpläne der in der Pflegehelferverordnung geregelten Pflegehelferausbildung und vermitteln damit eine Doppel­qualifikation sowohl für den pflegerischen als auch für den sozialen Bereich.

Wenig zweckdienlich erscheint die unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Bundesländern, die sowohl die Mobilität des Personals wie auch die Rechtssicherheit der Betroffenen nicht immer gewährleistet, da einerseits unterschiedliche Ausbildungsbedingungen und andererseits unterschiedliche Berufszugangsbedingungen und Berufsbezeichnungen normiert sind. Bemühungen zur Vereinheitlichung sind vom Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales stets unterstützt worden, haben aber bis dato zu keinen konkreten Ergebnissen geführt.

Zu erwähnen ist weiters, daß mehrfach angesichts der unterschiedlichen landesgesetzlichen Regelungen im Altenbereich vorgeschlagen wurde, eine ,Art. 15a-Vereinbarung‘ zwischen den Bundesländern anzustreben, um eine Vereinheitlichung in diesem Bereich zu erzielen. Eine solche Vereinbarung würde die Mobilitätshindernisse für die Berufsgruppe beseitigen und einheitliche Ausbildungsbedingungen und Berufszugangsbedingungen sowie einheitliche Berufsbezeichnungen zwischen den Bundesländern herbeiführen können.”

Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten verwies in seiner Stellungnahme darauf, daß die in der Petition angesprochenen Punkte Rechtsbereichen wie Gewerberecht, Krankenpflege (Kompetenztatbestände der Bundesverfassung) zugeordnet seien und daher seitens des Bundes­ministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten für diese Rechtsmaterien keine Zuständigkeit bestehe.

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie nahm wie folgt Stellung:

“Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie befürwortet grundsätzlich die gesetzliche Anerkennung der Berufszweige der ,AltenfachbetreuerInnen‘ und der ,FamilienhelferInnen‘.

In einem weiteren Schritt wäre es wünschenswert, die Ausbildung in Form eines Modulsystems zu organisieren, sodaß ein Wechsel zwischen den verschiedenen Pflegeberufen jedenfalls möglich ist. Eine solche Regelung könnte beispielsweise Pflegenden, die jahrelang in der Altenbetreuung tätig waren, den Wechsel in eine andere Pflegearbeit ermöglichen und auch erleichtern.

In der Betreuung alter pflegebedürftiger Menschen nimmt neben der medizinischen Versorgung die allgemeine Pflege und besonders die fortlaufende, auf den vorhandenen Fähigkeiten basierende Aktivierung, einen gleichwertigen Stellenwert ein.

Auf dem Sektor der Altenbetreuung bedarf es, dem dänischen Modell des Sozial- und Gesundheitshelfers bzw. Sozial- und Gesundheitsassistenten folgend, einer Berufsgruppe, die die fachübergreifenden Funktionen des Beistandes, der Pflege, Fürsorge und Aktivierung sowohl in der ambulanten wie auch stationären Betreuung eigenständig und ohne Zuhilfenahme weiter Professionen ausführen kann, um zu ermöglichen, daß in Zukunft dem alten pflegebedürftigen Menschen nur eine primäre Bezugsperson zur Abdeckung seiner gesamten alltäglichen Bedürfnisse beigestellt werden kann.

Darüber hinaus ist der professionelle Rat und Beistand von AltenfachbetreuerInnen und Familien­helferInnen für pflegende Familienangehörige unverzichtbar und wird künftig von dieser Berufsgruppe zunehmend wahrgenommen werden müssen.

Die Forderung der Zukunft wird es sein, Personen mit einer umfangreichen geriatrischen Ausbildung auszustatten, die befähigt, selbständig und gemeinsam mit dem alten Menschen Probleme aller Art aktiv und kritisch zu lösen. Ausgangspunkt dabei muß immer die Gesamtsituation und die Sicherstellung einer maximalen Lebensqualität darstellen.”

Seitens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde zur gegenständlichen Petition ausgeführt:

“Im vorliegenden Ausbildungskonzept für die Altenbetreuung und die Familienhilfe fällt auf, daß es offensichtlich im Bereich des Krankenpflegegeldgesetzes angesiedelt werden soll. Das bedeutet, daß die Ausbildung wahrscheinlich ebenfalls schwerpunktmäßig im Krankenanstaltenbereich erfolgen soll.

Aus der Sicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zu sagen, daß ein solches Konzept jedenfalls auch eine Berufsausbildung entsprechend dem Berufsausbildungsgesetz enthalten sollte, um auch außerhalb des engen Krankenanstaltenbereiches Ausbildungen im Bereich der Alten­betreuung und Familienhilfe vermitteln zu können.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Ausschuß für Arbeit und Soziales

Petition Nr. 29

eingebracht vom Abgeordneten Johann Maier betreffend “Dem Staat sein Geld – Dem Arbeitnehmer seine Rechte”

Die erwähnte Petition hat folgenden Inhalt:

“Die Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr und die Rechtsabteilung der Kammer für Arbeiter und Angestellte müssen feststellen, daß vom Güterbeförderungsgewerbe Österreichs und dem privaten Autobusgewerbe Österreichs laufend die Bestimmungen der zutreffenden Kollektivverträge, des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Einkommen­steuergesetzes massiv verletzt werden. Durch diesen Mißstand entgehen einerseits der Republik Österreich Steuereinnahmen (geringe Lohnsteuerbemessungsgrundlagen) und andererseits der Sozial­versicherung Beiträge (geringere Sozialversicherungsbemessungsgrundlagen).

Dies ist deshalb möglich, weil die Kontrolle der Transportwirtschaft kompliziert und damit arbeitsintensiv ist. Deswegen wurden nachweislich auch Absprachen zwischen einzelnen Gebietskrankenkassen und Unternehmerverbänden getätigt, die sozusagen einen sozialversicherungsrechtlichen ,Mindestlohn samt Überstunden‘ regelt. Ist in Salzburg zB ein Lenker mit 40 Normalstunden und 15 Überstunden mit einem Zuschlag von 50% versichert, so gilt er sozialversicherungsgrechtlich als korrekt entlohnt, und es wird nicht mehr näher geprüft. Die tatsächlich geleisteten Überstunden werden nicht vergütet und Mehrleistungen häufig über steuer- und sozialversicherungsfreie Diäten abgegolten.

Die Duldung dieses Systems führt zu Wettbewerbsverzerrung und Mindereinnahme des Staates einerseits und zu unterkollektivvertraglicher Entlohnung und geringeren arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen (einschließlich des Pensionsanspruches) der Lenker andererseits.

Das Sündenregister im Einzelnen:

Die Höchstgrenzen der Arbeitszeit werden laufend überschritten und die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht gewährt (EG-Verordnung 3820/85):

–   Unzulässige akkordähnliche Lohnsysteme, wie Kilometergeld, Tourengeld, Umsatzbeteiligungen nach Fracht oder vereinbarte Pauschalentlohnung werden angewandt. Diese werden über die Lohnverrech­nung so ,manipuliert‘, daß der Anschein erweckt wird, dem Kollektivvertrag und den sozial- und steuerrechtlichen Vorschriften zu entsprechen.

–   Geleistete Überstunden werden in Form von steuer- und sozialversicherungsfreien Diäten abgerechnet.

Bei der Beweisführung zur Durchsetzung arbeits- und sozialrechtlicher Ansprüche für die Lenker stoßen die Interessenvertretungen, aber auch Arbeitsinspektion und Sozialversicherung an die Grenzen des Machbaren, weil häufig ,Tachographenmanipulationen‘ den Nachweis über tatsächlich geleistete Arbeitszeiten unmöglich machen. Durch die Vornahme persönlichen und wirtschaftlichen Drucks werden die Lenker durch die Gegend gehetzt und gezwungen, Manipulationen vorzunehmen, um allfälligen Strafen zu entgehen.

Damit berauben sie sich selbst ihrer sozialrechtlichen Absicherung. Da geht der Spruch um: ,Wenn’st nicht weißt wie es geht, dann bist als Lenker untauglich.‘ Dadurch verlieren die Lenker arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche, wie geringeres Urlaubsentgelt, Feiertagsentgelt, niedrigere Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und geringere Abfertigung.

Krankengeld, Arbeitslosenunterstützung und Pension sind durch niedrigere Anmeldung bei der Sozialversicherung auch noch geschmälert. Der alleinige Vorteil liegt bei diesen Unternehmern. Sie haben geringere Lohnnebenkosten! Geschädigt werden weiter die öffentliche Hand sowie die Unternehmen, die korrekt ihre Abgaben bezahlen (Wettbewerbsverzerrung).

Und zu alledem kommt, daß die zuständigen Behörden trotz vieler Aufforderungen durch die Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr und die Arbeiterkammern nicht konsequent und effizient prüfen (Das Geld liegt auf der Straße, und keiner will sich bücken!!!):

Um diesen Zuständen Abhilfe zu verschaffen, müssen zumindest nachstehende Maßnahmen umgesetzt werden.

Forderungen

 1.    Der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Arbeit und Soziales werden aufgefordert, die ihnen unterstellten Dienststellen anzuweisen und aufzufordern, unverzüglich im Rahmen einer ,Aktion scharf‘ das österreichische Güterbeförderungs- und private Autobusgewerbe auf die korrekte Anwendung der Bestimmungen des ASVG, des EStG und des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes zu überprüfen. Der Überprüfung der Lohnverrechnung sind die Arbeitszeitauf­zeichnungen (Tachographenschaublätter) zugrunde zu legen. Nach Abschluß der Aktion ist den jeweiligen Bundesministern von den einzelnen Behörden Bericht zu erstatten und sind diese zu veröffentlichen.

 2.    Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, den Hauptverband der Sozialver­sicherungsträger anzuweisen, Beitragsprüfungen in den Betrieben nur auf Grundlage der von den Unternehmern vorzulegenden Arbeitszeitaufzeichnungen (Tachographenschaublätter) vorzu­nehmen. Bei Nichtvorlage der Arbeitszeitaufzeichnungen ist der jeweilige Betrieb entsprechend einzuschätzen. Absprachen über die pauschale Abrechnung von Überstundenvergütungen zur vereinfachten Beitrags­prüfung sind ausdrücklich zu untersagen und die Sozialversicherungen aufzufordern, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Beitragsprüfungen vorzunehmen.

 3.    Der Bundesminister für Arbeit und Soziales und der Bundesminister für Finanzen werden aufge­fordert, die Arbeitsinspektorate und die Beitragsprüfungsabteilungen personell aufzustocken. Durch das damit zu erzielende Mehraufkommen an Sozialversicherungsbeiträgen und Bußgeldern wären die damit verbundenen Kosten finanziert. Die technische Ausstattung (zB Arbeitszeitkontrolle Kraft­fahrer für Windows) ist für die Arbeitsinspektorate und Beitragsprüfungsabteilungen der Gebiets­krankenkassen anzuschaffen, was eine exaktere Prüfung möglich macht. Dies ist auch ein Beitrag im Kampf gegen Wettbewerbsverzerrung.

 4.    Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, für eine Änderung des Strafrahmens im EStG für Abgabenhinterziehung oder bei der Anwendung von steuer- und beitragsmindernden Lohn­systemen einzutreten und die Strafe so zu erhöhen, daß die Rechnung mit dem erschlichenen Vorteil nicht aufgeht.

 5.    Der Bundesminister für Arbeit und Soziales wird aufgefordert, eine Vorlage auszuarbeiten, wodurch der Strafrahmen im ASVG, AZG und ARG erhöht wird, daß Übertretungen sich nicht rechnen können.

 6.    Die zuständigen Bundesminister für Finanzen, Inneres und Arbeit und Soziales werden aufgefordert, eine ministeriumsübergreifende, ständig zusammenarbeitende ,schnelle Eingreiftruppe‘, bestehend aus Beitragsprüfern, Lohnsteuerprüfern, Arbeitsinspektoren und Sicherheitskräften zu bilden, die vor allem als Anlaufstelle der Bevölkerung bei unterkollektivvertraglicher Bezahlung oder Schwarzarbeit dient. In beiden Fällen werden Abgaben hinterzogen, was für den Staat und den Bürger einen echten Nachteil bedeutet.

 7.    Der Bundesminister für Arbeit und Soziales soll für die nächste große ASVG-Novelle zwingend eine Bestimmung vorschlagen, die regelt, daß der Arbeitnehmer eine Chipkarte oder ein Anmeldebuch mitführen muß, dem die Anmeldung zur Sozialversicherung und der jeweilige Dienstgeber zu entnehmen ist. Dies ist ein notwendiger Beitrag im Kampf gegen ,Schwarzarbeit‘.

 8.    Das ,Datenschutzgesetz‘ bzw. die sogenannte ,Amtsverschwiegenheit‘ darf nicht als Vorwand dienen, den notwendigen Informationsaustausch zwischen Behörden und Sozialversicherungsträgern zu unterdrücken (etwa Arbeitsinspektorat Salzburg – Salzburger Gebietskrankenkasse oder Zentrales Arbeitsinspektorat – Bundesprüfzug). Durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung ist diese Zusammenarbeit und Informationsaustausch sicherzustellen.

 9.    Die derzeitige Beweisführung gegenüber den Unternehmen stellt sich als äußerst schwierig dar. Beweisführungen scheitern an mangelhaften oder bewußt manipulierten Aufzeichnungen – eine Änderung der Beweislast in den einschlägigen Verfahren wird gefordert.

10.   Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird aufgefordert, im Kraftfahrgesetz (KFG) eine Bestimmung vorzusehen, die regelt, daß die Tachographenschaublätter lenkerbezogen mit einer fortlaufenden Seriennummer auszustatten sind.”

Die Gewerkschaft Handel, Transport und Verkehr ist im Rahmen der gegenständlichen Petition unter dem Titel “Dem Staat sein Geld! Dem Lenker seine Rechte” für die Einhaltung des Kollektivvertrages im Rahmen folgender Aktion eingetreten:

“HTV: Aktion für die Einhaltung des KV!

Die Einhaltung des Kollektivvertrages ist wohl das mindeste, was den Arbeitnehmern zusteht. In der österreichischen Transportwirtschaft und im privaten Autobusgewerbe sieht die Realität aber anders aus: an der Tagesordnung sind

–   Überschreitungen der Höchst-Arbeitszeit und Unterschreitungen der zwingend vorgeschriebenen Ruhezeiten,

–   unzulässige, akkordähnliche Lohnsysteme,

–   Abrechnung von Überstunden als steuer- und sozialversicherungsfreie Diäten,

–   und vieles mehr – alles, was die Unternehmerkassen schont und zu Lasten der Beschäftigten und des Staates geht.

,Das Geld liegt auf der Straße, und keiner will sich bücken!‘

Deshalb fordern wir:

–   ,nur die Einhaltung bestehender Gesetze (ASVG, EStG, Arbeitzeit- und Arbeitsruhegesetz);

–   êine ,Aktion scharf‘ durch Sozialversicherung, Arbeitsinspektion und Finanzbehörden;

–   keine gesetzwidrigen Absprachen zwischen einzelnen Gebietskrankenkassen und Unternehmerver­bänden (zB Verbot von pauschalen Überstundenabrechnungen);

–   Aufrüstung der Beitragsprüfungsabteilungen der Gebietskrankenkassen und der Arbeitsinspektorate mit personellen und technischen Ressourcen;

–   härtere Strafen bei Abgabenhinterziehung oder bei Anwendung von steuer- und beitragsmindernden Lohnsystemen – die Strafe darf nicht billiger sein als der erschlichene Vorteil;

–   härtere Strafen bei Verstößen gegen Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetz – Gesetzesübertretung darf sich nicht lohnen!;

–   schnelle Eingreiftruppe aus Beitrags- und Lohnsteuerprüfern sowie Arbeitsinspektoren;

–   Kampf der Schwarzarbeit: jeder Lenker muß ein Anmeldebuch oder eine Chipkarte mit dem Dienstgeber und Sozialversicherung bei sich haben.

Heute ist es die Transportwirtschaft – wer ist es morgen?

Mit Deiner Unterschrift unterstützt Du die Aktion:

HTV für die Einhaltung des KV!”

In seiner Sitzung am 26. November 1997 hat der Ausschuß beschlossen, je eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Inneres einzuholen.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr hat zu Punkt 10 der gegenständlichen Petition mitgeteilt, daß nach seiner Ansicht auch derzeit schon die Schaublätter des Fahrtenschreibers lenker­bezogen und nicht fahrzeugbezogen zu führen sind.

“Die EG-Verordnung 3820/85/EWG über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßen­verkehr und die EG-Verordnung 3821/85/EWG über das Kontrollgerät im Straßenverkehr enthalten auch Bestimmungen über das Schaublatt bzw. die Schaublattführung. Da eine zusätzliche fortlaufende Serien­nummer nicht vorgesehen ist, würde der diesbezügliche Wunsch über die Regelung in den EU-Verord­nungen hinausgehen. Angesichts der bevorstehenden Änderungen der EU-Verordnungen in Richtung digitales Kontrollgerät mit vollautomatisierter Lenkzeitaufzeichnung erscheint eine Verwirklichung des Vorschlages daher nicht mehr zielführend.”

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales nahm zu dieser Petition wie folgt Stellung:

“Soweit die Forderungen zu den Punkten 1, 2, 3 und 6 darauf abzielen, daß das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales beziehungsweise die Frau Bundesministerin den Sozialversicherungs­trägern oder deren Hauptverband Weisungen hinsichtlich einer bestimmten Vorgangsweise erteilt, ist zunächst ganz allgemein auf das die Organisation der Sozialversicherung bestimmende Prinzip der Selbst­verwaltung hinzuweisen:

Die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung sind Körperschaften öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit, die vom Gesetzgeber nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung eingerichtet sind und deren Geschäftsführung durch autonome Verwaltungskörper wahrzunehmen ist. Auf diese eigen­verantwortliche Geschäftsführung kann das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales lediglich nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes VI des Achten Teiles des ASVG über die Aufsicht des Bundes Einfluß nehmen. Demnach haben die zur Wahrung dieser Aufsicht des Bundes berufenen Behörden gemäß § 449 Abs. 1 ASVG die Gebarung der Versicherungsträger dahin gehend zu überwachen, daß im Zuge dieser Gebarung nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Die Aufsicht kann auf Fragen der Zweckmäßigkeit erstreckt werden; sie soll sich in diesem Fall auf wichtige Fragen beschränken und in das Eigenleben und die Selbstverantwortung der Versicherungsträger nicht unnötig eingreifen. Keinesfalls kann aus dem Aufsichtsrecht eine Befugnis zur Weisungserteilung beziehungs­weise zu einer Disposition in operativen Angelegenheiten der Sozialversicherungsträger abgeleitet werden.

Zu Punkt 1:

Die Arbeitsinspektion führt ausreichende und effiziente Kontrollen durch. Über die Kontrollen wird jährlich dem Parlament berichtet, außerdem alle zwei Jahre der EU-Kommission. Zur Rechtslage, zur Aufgabenteilung und zu den EU-Richtlinien siehe die beiliegende Unterlage.

Die Arbeitsinspektion kontrolliert wesentlich mehr Lenktage, als die EU-Richtlinie 88/599/EWG vorschreibt: Laut EU-Richtlinie waren im Jahr 1996 in Österreich insgesamt mindestens 277 205 Lenk­tage zu kontrollieren, davon mindestens 69 307 durch Betriebskontrollen der Arbeitsinspektion. Die Arbeitsinspektion hat tatsächlich 162 289 Lenktage überprüft, dazu kommen noch 347 von den anderen Arbeitnehmerschutzbehörden kontrollierte Lenktage. Polizei, Gendarmerie und Zollwache haben zusammen insgesamt 193 049 Lenktage kontrolliert, davon 133 855 von österreichischen Lenkern. (Anmerkung: Diese Zahlen beziehen sich nur auf Fahrzeuge, die unter die EG-Verordnungen 3820 und 3821 fallen, also im wesentlichen LKWs und Busse).

Eine weitere Steigerung der Lenkerkontrollen der Arbeitsinspektion wäre nicht vertretbar, weil sie die Vernachlässigung anderer wichtiger Arbeitnehmerschutzaufgaben zur Folge hätte.

Die Arbeitsinspektion stellt zahlreiche Übertretungen fest und geht – entsprechend § 9 des Arbeits­inspektionsgesetzes 1993 (ArblG), BGBl. Nr. 27, in der Fassung BGBl. Nr. 871/1995, mit Aufforde­rungen oder Strafanzeigen vor. Ergebnisse 1996: 10 806 Übertretungen von der Arbeitsinspektion festgestellt, 891 Strafanzeigen der Arbeitsinspektion gegen Arbeitgeber/innen.

Die Arbeitsinspektorate erstatten bereits derzeit einen Bericht über ihre Kontrollen, der Tätigkeitsbericht wird jährlich dem Parlament vorgelegt. Zu den Lenkerkontrollen wird außerdem alle zwei Jahre ein Bericht an die EU-Kommission erstattet. Dieser Bericht wird vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr erstellt. Die Arbeitsinspektion liefert für diesen Bericht einen Beitrag (Kontrollen, Ergebnisse usw.). Zusätzliche Berichte und Veröffentlichungen erscheinen nicht notwendig.

Die Sozialversicherungsträger kommen ihrer Aufgabe zur Überprüfung der korrekten Anwendung der Bestimmungen des ASVG insbesondere in Form von Beitragsprüfungen nach. Die Erstellung von Schwerpunkten hinsichtlich der Prüfungen von Dienstgebern verschiedener Branchen liegt im Eigen­bereich der Sozialversicherungsträger. Aus der Sicht des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist lediglich festzuhalten, daß eine Verstärkung der Überprüfung von Unternehmen des Güterbeförderungs- und Autobusgewerbes letztlich nicht zur einer Vernachlässigung der erforderlichen Prüfung anderer Dienstgeber führen darf.

Zu Punkt 2:

Zur Klarstellung ist hier zunächst zu bemerken, daß der Hauptverband keine Beitragsprüfungen vornimmt und ihm auch keine Kompetenz hinsichtlich der Durchführung von Beitragsprüfungen durch die Kranken­versicherungsträger zukommt.

Zur Behauptung pauschaler Abrechnungen von Überstundenvergütungen beziehungsweise entsprechender Vereinbarungen zwischen der Salzburger Gebietskrankenkasse und dem Fachverband der Güterbeförde­rungsgewerbe hat die Sektion II des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales unter einem eine nähere Prüfung veranlaßt und zunächst die Salzburger Gebietskrankenkasse zur Berichterstattung eingeladen.

Zu Punkt 3:

Die technische Ausstattung der Arbeitsinspektion ist für die Lenkerkontrollen ausreichend.

Die Petition zielt vermutlich auf die Anschaffung von Auswertgeräten durch die Arbeitsinspektion ab. Das Zentral-Arbeitsinspektorat hat die Eignung solcher Auswertgeräte geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß sie für die Zwecke der Arbeitsinspektion nicht besonders geeignet sind, weil das Arbeitsinspektorat – anders als die Sicherheitsbehörden – bei den Auswertungen auf die Sonder­regelungen und abweichenden Regelungen des Arbeitszeitrechtes und der Kollektivverträge Bedacht nehmen muß.

Dispositionen über personelle Ressourcen und Investitionen der Sozialversicherungsträger fallen in die autonome Geschäftsführung der Versicherungsträger. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Krankenversicherungsträger bis vor kurzem mit einer prekären finanziellen Situation konfrontiert waren, die erst durch das Maßnahmenpaket des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996 (das ua. die 53. Novelle zum ASVG beinhaltet) entschärft werden konnte. Als Teil dieser Maßnahmen waren auch Einsparungen bei den Verwaltungskosten vorgesehen, die ua. durch einen mit der zuständigen Gewerk­schaft vereinbarten Einstellungsstopp für die Jahre 1996 und 1997 bewirkt werden sollten.

Zu Punkt 5:

Die Strafbestimmungen des ASVG (§§ 111 ff. ASVG) wurden zuletzt mit dem Antimißbrauchsgesetz, BGBl. Nr. 895/1995, empfindlich erhöht. Nach Einschätzung vieler Experten ist jedoch die Effektivität der Strafbestimmungen weniger durch die Höhe der Strafdrohung als durch die vielfach als mangelhaft kritisierte Vollziehung dieser Bestimmungen durch die hiefür zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden bestimmt.

Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften dürfen sich für den Arbeitgeber nicht lohnen. Dies gilt umso mehr für Verstöße gegen die Sonderbestimmungen für Lenker im Arbeitsruhegesetz (ARG) und Arbeitszeitgesetz (AZG) beziehungsweise der Verordnungen (EWG) 3820/85 und 3821/85, weil die Übermüdung eines Lenkers eine außergewöhnliche Gefahr für Gesundheit und Leben des Lenkers, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer zur Folge hat. Verwaltungsstrafen wirken nur dann abschreckend, wenn sie den wirtschaftlichen Vorteil aus der Gesetzesübertretung zumindest ausgleichen. Durch die Novelle zum AZG und ARG, BGBl. Nr. 446/1994, mit der Begleitmaßnahmen zu den Verordnungen (EWG) 3820/85 und 3821/85 normiert wurden, erfolgte daher auch eine wesentliche Erhöhung der Strafsätze in diesem Bereich (Geldstrafen von 1 000 bis 25 000 S, bei Verstößen gegen Vorschriften über das Kontrollgerät von 3 000 bis 30 000 S, im Wiederholungsfall von 5 000 bis 50 000 S). Damit bestehen für die Übertretung der Sonderbestimmungen für Lenker wesentlich höhere Strafsätze als für die Über­tretung der übrigen Bestimmungen dieser Gesetze.

Eine weitere Erhöhung der Strafsätze war Gegenstand der Sozialpartnerverhandlungen über die Novelle zum AZG und ARG, BGBl. I Nr. 46/1997, die am 1. Mai 1997 in Kraft getreten ist und durch die ua. einzelne lenkerspezifische Bestimmungen geändert wurden. Diese Forderung der Arbeitnehmervertreter scheiterte aber letztlich am Widerstand der Arbeitgeberseite. Wichtig für eine effiziente Kontrolle wäre auch eine Aufnahme des Art. 15 der VO (EWG) 3820/85 über die Harmonisierung der Sozialvorschriften im Straßenverkehr in die Strafkataloge. Dies wurde jedoch auch von der Arbeitnehmerseite abgelehnt.

Derzeit sind keine weiteren gesetzlichen Änderungen der Arbeitszeit- und Arbeitsruhevorschriften in Aussicht genommen. Die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen wird aber bei künftigen Änderungen wieder zur Diskussion gestellt werden.

Zu Punkt 6:

Eine “Eingreiftruppe” aus Beitragsprüfern, Lohnsteuerprüfern, Arbeitsinspektoren und Sicherheitskräften in Arbeitnehmerschutzfragen erscheint nicht sinnvoll:

Wesentlich effizienter ist, wenn jede Behörde gesondert ihre Aufgaben wahrnimmt, also die Sicherheitsbehörden entsprechend der EU-Richtlinie die Kontrollen auf den Straßen und an den Grenz­übergängen (gemeinsame Kontrollen mit anderen EU-Staaten) durchführen und die Arbeitsinspektion entsprechend der EU-Richtlinie die Betriebskontrollen durchführen. Bei den Betriebskontrollen der Arbeitsinspektion in Arbeitnehmerschutzangelegenheiten besteht keinerlei Bedarf nach einer Assistenz­leistung der Sicherheitsbehörden.

Eine zeitgleich durchgeführte Kontrolle durch Beitragsprüfer der Gebietskrankenkasse, Lohnsteuerprüfer und Arbeitsinspektion in den Betrieben wäre für die Arbeitsinspektion nicht effizient, weil die Arbeits­inspektion andere Kontrollaufgaben (Lenkzeit, Ruhezeit, Lenkpausen) hat als die Beitragsprüfer oder die Lohnsteuerprüfer und sich diese Prüforgane nur gegenseitig behindern würden.

Zu Punkt 7:

Nach den derzeitigen Plänen soll eine Chipkarte als (Daten)Sicherheitskarte, Servicekarte, Schlüsselkarte bei der Arztverrechnung beziehungsweise Krankenscheinersatz und nicht zuletzt als unbürokratisches Werkzeug zur Vereinfachung des Verfahrens im Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht der Sozialversicherung fungieren. Hingegen wurden Vorschläge zu einer Verpflichtung der Dienstnehmer, einen Sozialversicherungsausweis beziehungsweise eine Chipkarte ständig bei sich führen zu müssen, bis dato aus grundsätzlichen politischen Erwägungen stets abgelehnt. Eine derartige Verpflichtung müßte nämlich im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz alle Dienstnehmer erfassen und könnte letztlich die illegale beziehungsweise nicht ordnungsgemäß angemeldete Beschäftigung von Dienstnehmern nicht verhindern, so daß die vorgeschlagene Maßnahme überschießend erscheint.

Zu Punkt 8:

Die bestehenden Regelungen über die Amtshilfe erscheinen für die Wahrnehmung des Arbeitnehmer­schutzes ausreichend. Für einen Informationsaustausch zwischen Zentral-Arbeitsinspektorat und Bundesprüfzug besteht kein Bedarf.

Zu Punkt 9:

Auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist davon auszugehen, daß für alle wesentlichen Übertretungen betreffend Kontrollgerät und Schaublatt nur mehr die Lenker/innen zur Verantwortung zu ziehen sind, nicht die Arbeitgeber/innen. Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat sich bei der letzten AZG-Novelle um eine Änderung dieser Rechtslage bemüht, damit für falsche Schaublätter auch die Arbeitgeber/innen verantwortlich gemacht werden können. Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist jedoch am vehementen Widerstand der Interessenvertretungen – auch der Arbeitnehmerseite – gescheitert.

Die Forderung nach Änderung der Beweislast im Strafverfahren müßte generell durch das Bundeskanzler­amt behandelt werden. Eine Sonderregelung im Strafverfahren gegen Arbeitgeber/innen wegen der Beschäftigung von Lenkern wäre sicherlich verfassungswidrig.”

Dazu wurden Übersichten über die Lenkerkontrollen der Arbeitsinspektion in den Jahren 1995 und 1996 sowie die Unterlage “LENKERREGELUNGEN – LENKERKONTROLLEN”, die seit 1996 allen interessierten Personen und Stellen zur Verfügung gestellt wird, übermittelt, welche im folgenden dar­gestellt wurden.

“LENKERKONTROLLEN in den Betrieben und im Amt

im Jahr 1996

 

 

EG-VO FAHRZEUGE

 

 

 

Personenverkehr

Güterverkehr

 

 

 

Werkverkehr

Gewerblicher Kraftverkehr

Werkverkehr

Gewerblicher Kraftverkehr

Sonstige Fahrzeuge

Überprüfte Lenker/innen

10 940

53

667

3 109

6 260

851

Überprüfte Arbeitstage

170 253

750

11 555

37 537

112 447

7 964

Beanstandungen

 

Tageslenkzeit

1 182

1

78

200

879

24

Wochenlenkzeit

144

0

6

49

86

3

2-Wochen-Lenkzeit

78

0

0

2

76

0

keine Lenkpause

744

7

24

149

541

23

zu kurze Lenkpause

1 306

2

88

317

878

21

tägliche Ruhezeit

870

0

76

73

691

30

wöchentliche Ruhezeit

47

0

1

1

37

8

kein Linienplan

0

0

0

0

0

0

Mißbrauch Linienplan

1

0

1

0

0

0

Einsatzzeit

916

1

59

118

705

33

Fahrtenbuch und
Kontrollgerät


5 518


3


261


1 631


2 827


796

Gesamt

10 806

14

594

2 540

6 720

938

 

Arbeitstag pro Lenker

16

Beanstandungen pro Lenker

1

Beanstandungen pro Tag

0,06


 


“LENKERREGELUNGEN – LENKERKONTROLLEN

ÜBERSICHT

1.      EG-Regelungen

2.      Kraftfahrgesetz

2.1    Kontrollgerät

2.2    Lenkzeit, Ruhezeit, Lenkpause/Unterbrechung

2.3    Zwangsmaßnahmen

3.      Arbeitszeitrecht

3.1    Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes

3.2    EG-Anpassung

4.      Kontrollen

4.1    Kontrollen nach dem Kraftfahrgesetz

4.2    Kontrollen der Arbeitsinspektion

1. EG-Regelungen

Mit Inkrafttreten des EWR-Abkommens am 1. Jänner 1994 wurden in Österreich auf dem Gebiet des Straßenverkehrs zwei EG-Verordnungen unmittelbar wirksam. Der EU-Beitritt bewirkt auf diesem Gebiet keine Neuerungen.

Die EG-Verordnung 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr regelt ua. das Mindestalter der Lenker, die Lenkzeiten, die tägliche und wöchentliche Ruhezeit, die Lenkpausen  (Unterbrechungen genannt) und das Verbot bestimmter Entgeltformen. Diese Verordnung verpflichtet zum Teil die Lenker (unabhängig davon, ob sie Arbeitnehmer sind oder nicht), zum Teil die Unternehmer bzw. Arbeitgeber. Diese Verordnung ist zum Teil dem Verkehrsrecht bzw. Kraftfahrrecht zuzurechnen, zum Teil dem Arbeitnehmerschutzrecht.

Die EG-Verordnung 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr regelt die Kontrollgeräte­pflicht, die Bauartgenehmigung, Einbau und Prüfung sowie die Benützung des Kontrollgerätes. Diese Verordnung ist zum Teil dem Kraftfahrrecht, zum Teil dem Arbeitnehmerschutzrecht zuzurechnen.

Außerdem ist die EG-Richtlinie 88/599 über einheitliche Verfahren zur Anwendung der Verordnung Nr. 3820 und der Verordnung Nr. 3821 mit 1. Jänner 1995 umzusetzen. Diese Richtlinie wird nicht unmittelbar wirksam, sondern ist durch innerstaatliche Rechtsvorschriften umzusetzen. Diese Richtlinie schreibt ein Mindestausmaß der Kontrollen vor (mindestens 1% der Arbeitstage aller Lenker), wobei davon mindestens 15% auf Straßen- und Grenzkontrollen und mindestens 25% auf Betriebskontrollen entfallen müssen. Außerdem sieht die Richtlinie umfassende Berichtspflichten vor. Für diese Berichte hat die Kommission Berichtsformulare aufgelegt (getrennt nach Straßenkontrollen und Betriebskontrollen, Aufschlüsselung der Übertretungen, Berichte über Maßnahmen und Ahndung).

2. Kraftfahrgesetz

Durch die 15. KFG-Novelle erfolgten insbesondere die erforderlichen Begleitregelungen zu den oben angeführten Verordnungen, soweit sie dem Kraftfahrrecht zuzurechnen sind. Diese Regelungen sind am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten. Diese Regelungen stellen kein Arbeitnehmerschutzrecht dar und sind nicht von der Arbeitsinspektion zu vollziehen.

2.1 Kontrollgerät

Diese KFG-Novelle enthält die erforderlichen Begleitregelungen betreffend das Kontrollgerät (zB Bauartgenehmigung, Einbau, Plombierung und Prüfung). Die Lenker haben dafür zu sorgen, daß der Wegstreckenmesser und der Fahrtschreiber auf Fahrten in Betrieb sind und daß im Fahrtschreiber ein ordnungsgemäß ausgefülltes Schaublatt eingelegt ist. Pro Person und pro Einsatzzeit im Sinne des § 16 AZG darf nur ein Schaublatt im Fahrtschreiber eingelegt sein, in das der Name des Lenkers einzutragen ist. Die Schaublätter der laufenden Woche und das Schaublatt für den letzten Tag der vorangegangenen Woche, an dem der Lenker gefahren ist, sind mitzuführen. Lenker müssen den Sicherheitsorganen auf Verlangen die Schaublätter aushändigen (§ 102 Abs. 1 KFG). Die Einhaltung dieser Vorschriften ist von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht (sowie von der Zollwache gemäß § 109 KFG) zu kontrollieren. Bei Übertretungen sind Strafen bis zu 30 000 S vorgesehen. Organstrafverfügungen sind bis zu 500 S zulässig (§ 134 Abs. 3 KFG).

2.2 Lenkzeit, Ruhezeit, Lenkpause/Unterbrechung

Unmittelbar auf Grund der EG-Verordnung sind die Lenker zur Einhaltung der Lenkzeiten, Ruhezeiten und Lenkpausen (in der EG-Verordnung als ,Unterbrechung‘ bezeichnet) verpflichtet. Diese Lenkzeiten, Ruhezeiten und Unterbrechungen/Lenkpausen stimmen nur zum Teil mit den einschlägigen Arbeitszeit- und Arbeitsruheregelungen überein. Diese Regelungen richten sich nicht an die Arbeitgeber, sondern an die Lenker. Dies gilt für alle Lenker der unter die EG-Verordnung fallenden Fahrzeuge unabhängig davon, ob es sich bei den Lenkern um Arbeitnehmer handelt oder nicht. Das KFG enthält die notwendigen kraftfahrrechtlichen Begleitregelungen. Die Einhaltung der Lenkzeiten, Ruhezeiten und Unterbrechun­gen/Lenkpausen ist seit 1. Jänner 1994 von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht sowie der Zollwache zu kontrollieren. Wenn Lenker die Lenkzeiten, Ruhezeiten oder Unterbrechungen/Lenkpausen nicht einhalten, sind sie mit Strafen bis zu 30 000 S zu bestrafen, Organstrafverfügungen bis zu 500 S sind zulässig.

2.3 Zwangsmaßnahmen

Wenn Lenker die Regelungen der EG-Verordnung oder des AETR über die Lenkzeiten, die Ruhezeiten oder die Unterbrechungen/Lenkpausen nicht einhalten, können die Sicherheitsbehörden Zwangsmaß­nahmen gemäß § 102 Abs. 12 KFG setzen (den Lenker am weiteren Lenken bzw. an der Inbetriebnahme hindern). Gleiches gilt, wenn ein Lenker die erforderlichen Schaublätter nicht mitführt, sie nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hat oder sie nicht aushändigt, oder wenn  er die Vorschriften der EG-Verordnung Nr. 3821/85 über die Benutzung des Schaublattes verletzt. Bei diesen Maßnahmen kommt der Arbeitsinspektion keine Kompetenz und auch keine Mitwirkungsbefugnis zu.

3. Arbeitszeitrecht

Die oben angeführten EG-Verordnungen enthalten auch Arbeitnehmerschutzregelungen, deren Um­setzung in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales fällt. Diese Arbeitnehmer­schutzregelungen richten sich an die Arbeitgeber, während die oben angeführten kraftfahrrechtlichen Regelungen sich an die Lenker oder die Zulassungsbesitzer richten.

3.1 Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes

Das Arbeitszeitgesetz gilt für die Beschäftigung von Lenkern durch Arbeitgeber, die ihren Sitz bzw. Betriebsstandort in Österreich haben, und zwar unabhängig von der Fahrtroute. Das Arbeitszeitgesetz gilt daher auch für Fahrten ins Ausland. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist von der Arbeitsinspektion zu überwachen. Übertretungen sind nach dem Arbeitszeitgesetz strafbar. Als Tatort ist jener (in Österreich gelegene) Ort anzunehmen, an dem der Arbeitgeber (bzw. ein allfälliger verantwortlicher Beauftragter oder Bevollmächtigter) gehandelt hat oder hätte handeln müssen.

Für Arbeitgeber, die ihren Sitz bzw. Betriebsstandort nicht in Österreich haben, ist hingegen das Arbeitszeitgesetz nicht anzuwenden, und zwar auch dann nicht, wenn Fahrten durch oder nach Österreich durchgeführt werden. Wenn zB ein Unternehmen mit Sitz in Bayern Lenker beschäftigt, und diese Lenker Fahrten nach Österreich durchführen, gelten für die gesamte Fahrt die einschlägigen Regelungen der BRD, also insbesondere das Fahrpersonalgesetz und das Arbeitszeitgesetz. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist nicht von der Arbeitsinspektion zu überwachen, sondern von den in der Bundesrepublik Deutschland für die Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes zuständigen Behörden.

Es besteht somit ein wesentlicher Unterschied zwischen den kraftfahrrechtlichen Regelungen und den arbeitszeitrechtlichen Regelungen: für den Bereich des Kraftfahrrechtes haben die österreichischen Sicherheitsbehörden die Ruhezeit aller Lenker unabhängig vom Herkunftsland (Zulassungsort) zu überwachen, während die Arbeitnehmerschutzbehörden nur die Ruhezeit jener Lenker zu kontrollieren haben, deren Arbeitgeber seinen Sitz bzw. seinen Betriebsstandort in Österreich hat.

3.2 EG-Anpassung

Die arbeitnehmerschutzrechtlichen Regelungen der EG-Verordnung wurden – ebenso wie die kraftfahrrechtlichen Regelungen – mit Inkrafttreten des EWR-Vertrages unmittelbar wirksam, ohne daß es einer innerstaatlichen Umsetzung bedarf. Es mußten aber innerstaatliche Begleitregelungen (Behördenzu­ständigkeit, Strafbestimmungen) erlassen werden.

Die in der EG-Verordnung vorgesehenen Grenzen der Lenkzeiten, Ruhezeiten und Unterbrechun­gen/Lenkpausen sind zum Teil weniger streng als die früher geltenden entsprechenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes und Arbeitsruhegesetzes, zum Teil strenger. Nach der EG-Verordnung 3820/85 kann jeder Mitgliedstaat längere Ruhezeiten und Unterbrechungen/Lenkpausen sowie kürzere Lenkzeiten für die Lenker von Fahrzeugen, die in seinem Hoheitsgebiet zugelassen sind, festlegen.

Die Anpassung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes erfolgte mit BGBl. Nr. 446/1994. Diese Änderungen sind mit 1. Juli 1994 in Kraft getreten. Die Sonderbestimmungen für Lenker wurden zum Teil gelockert, soweit dies innerhalb der von der EG-Verordnung vorgegebenen Grenzen zulässig war, zum Teil strenger gefaßt, um den EG-Regelungen Rechnung zu tragen.

Diese AZG- und ARG-Novelle ändert aber nichts daran, daß die EG-Verordnungen grundsätzlich unmittelbar gelten und Vorrang gegenüber den innerstaatlichen Rechtsvorschriften haben. Soweit daher das AZG und ARG keine strengeren Regelungen vorsehen, gelten die Bestimmungen der EG-Verordnung unmittelbar und verdrängen das AZG und ARG.

4. Kontrollen

Das Kraftfahrrecht ist durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht zu kontrollieren, das Arbeitszeitrecht durch die Arbeitsinspektion.

4.1 Kontrollen nach dem Kraftfahrgesetz

Nach § 102 Abs. 11a und Abs. 11b KFG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Straßenaufsicht die Einhaltung der Verordnung Nr. 3820/85 und der Verordnung 3821/85 sowie des AETR zu kontrollieren. Die Kontrollen sind regelmäßig und in der Weise durchzuführen, daß jedenfalls die Richtlinie 88/599 (siehe oben Punkt 1) erfüllt wird.

Auf Grund der 15. KFG-Novelle und der oben dargestellten Anpassung im Arbeitszeitrecht ist davon auszugehen, daß immer dann, wenn von einem Lenker die kraftfahrrechtlichen Regelungen über die Lenkzeit, die Ruhezeit und die Unterbrechungen/Lenkpausen übertreten werden, auch eine Übertretung der Arbeitnehmerschutzvorschriften vorliegt, sofern es sich beim Lenker um einen Arbeitnehmer handelt, und sofern für den Arbeitgeber dieses Lenkers das Arbeitszeitgesetz bzw. Arbeitsruhegesetz gilt. Der umgekehrte Schluß ist hingegen nicht zulässig, weil die Arbeitnehmerschutzvorschriften strenger sein können, und daher zB bei einer unzulässigen Lenkzeit nach dem Arbeitszeitgesetz noch keine unzulässige Lenkzeit nach dem Kraftfahrrecht vorliegen muß.

In der 15. KFG-Novelle wurde auf diesen Umstand Bedacht genommen und eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeitsinspektorat vorgesehen. Wenn die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht bei einem Lenker, der Arbeitnehmer ist, zB eine Überschreitung der zulässigen Lenkzeit oder eine Unterschreitung der Mindestruhezeit oder die Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Unterbrechungen/Lenkpausen feststellen, haben sie hievon das zuständige Arbeitsinspektorat zu verständigen (§ 102 Abs. 11c KFG). Diese Mitteilungspflicht stellt auf die Lenkzeiten, Ruhezeiten und Unterbrechungen/Lenkpausen nach dem Kraftfahrrecht (also EG-Verordnung und AETR) ab, nicht auf die Lenkzeiten, Ruhezeiten und Lenkpausen nach dem Arbeitszeitgesetz.

Solche Mitteilungen an das Arbeitsinspektorat sollen die Grundlage dafür bilden, daß das Arbeits­inspektorat gegen die Arbeitgeber bzw. die sonst verantwortlichen Personen wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes nach § 9 ArbIG vorgehen kann. Die Arbeitsinspektorate leiten einlangende Mitteilungen, für die sie örtlich unzuständig sind, unverzüglich direkt an das örtlich zuständige Arbeits­inspektorat weiter.

4.2 Kontrollen der Arbeitsinspektion

Für die Kontrollen ist das Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG), BGBl. Nr. 27, maßgeblich.

Im Rahmen der Kontrollen der Arbeitsinspektion in den Betriebsstätten und auf den Baustellen wird die Einhaltung der Sonderbestimmungen für Lenker überprüft (Arbeitszeitgesetz, Arbeitsruhegesetz, Verordnung Nr. 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, Verordnung Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr). Die Kontrollen sind regelmäßig und in der Weise durchzuführen, daß jedenfalls die Richtlinie 88/599 (siehe oben Punkt 1) erfüllt wird. Bei Übertretungen ist mit Aufforderung oder Strafanzeige gemäß § 9 ArbIG vorzugehen.

Über Ausmaß und Ergebnis dieser Kontrollen wird dem Nationalrat jährlich ein Bericht vorgelegt.”

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erstattete zur Petition betreffend “Dem Staat sein Geld – dem Arbeitnehmer seine Rechte” Leermeldung, da die Forderungen in dieser Petition nicht an sein Ressort gerichtet seien.

Das Präsidium des Bundesministeriums für Finanzen teilte zur Petition Nr. 29 betreffend “Dem Staat sein Geld – dem Arbeitnehmer seine Rechte” folgendes mit:

“Ziel der Bundesregierung ist es, Beschäftigungsmöglichkeiten zu ordnungsgemäßen Entgelt- und Arbeitsbedingungen sicherzustellen. Dies setzt Chancengleichheit für alle selbständig und unselbständig Erwerbstätigen voraus.

Eine ausreichende Finanzierungsbasis für staatliche Aufgaben ist nur dann gesichert, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Abgaben auch tatsächlich entrichtet werden. Insbesondere soziale Sicherheit geht von korrekter Anmeldung aller Beschäftigungen und von Ordnung am Arbeitsmarkt hinsichtlich der Beschäftigung von ausländischen Staatsbürgern aus.

Die neue Aktion der Bundesregierung ,Sauberer Arbeitsplatz‘ soll auf drei Ebenen zu Ergebnissen führen, die eine merkbare Verbesserung der Anmelde- und Beschäftigungsmoral in Österreich bewirken:

           1. Durchsicht und Verbesserung der entsprechenden Rechtsvorschriften (Sozialversicherungs-, Steuer- und Gewerberecht, zB Verschärfung der Meldevorschriften, Verbesserung der Straf­bestimmungen)

           2. Verbesserung der diesbezüglichen Behördenorganisation und Kontrollmöglichkeiten (zB Über­prüfung der Möglichgkeiten einer Behördenkonzentration, Schaffung von Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit von aus verschiedenen Behörden gebildeten ,Teams‘)

           3. Aufklärungs- und Meinungsbildungsarbeit – der ,saubere Arbeitsplatz‘ soll ,in‘ werden

Mit Ministerratsbeschluß vom 28. Oktober 1997 wurde daher die Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales zur Umsetzung obiger Ziele mit der Einsetzung einer Arbeitsgruppe unter Einbezug aller betroffenen Bundesministerien, Vertretern der Bundesländer und der Sozialpartner beauftragt, die Vorschläge zur Umsetzung des Programmes ausarbeiten sollen.

Ein Projektzwischenbericht soll der Bundesregierung im ersten Quartal 1998 vorgelegt werden.

Ergänzend wird angemerkt, daß der Einkommensteuer (Lohnsteuer) nur das tatsächlich zugeflossene Einkommen unterzogen werden kann, nicht aber Bezugsbestandteile, auf die zwar ein arbeitsrechtlicher Anspruch besteht, die aber nicht ausbezahlt werden. An diesem Grundprinzip des Einkommensteuer­rechtes muß auch in Zukunft festgehalten werden.”

Das Bundesministerium für Justiz hält zur Petition Nr. 29 fest:

“Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die in der Petition enthaltenen Anliegen grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundes­ministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr fallen. Der Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz ist nur insoweit berührt, als eine Änderung der Beweislast in ,einschlägigen‘ (arbeits- und sozialgerichtlichen) Verfahren gefordert wird, wobei aber entsprechende Regelungen nicht im Arbeits- und Sozialgerichts­gesetz, sondern im jeweiligen arbeitsrechtlichen Materiengesetz getroffen werden müßten.

Grundsätzlich hat das Bundesministerium für Justiz gegen Regelungen, die eine Umkehr der Beweislast vorsehen, gewisse Vorbehalte. Eine Beweislastumkehr sollte jedenfalls nur dann in Betracht gezogen werden, wenn – entgegen sonstigen Grundsätzen – diejenige Partei, die auf Grund der diesbezüglichen Umkehr die Beweislast treffen soll, typischerweise ,näher am Beweis‘ und daher der Gegenpartei die Beweisführung nicht zumutbar ist. Ob dies auch im vorliegenden Fall zutrifft, müßte anhand der konkret vorgesehenen materiellrechtlichen Regelungen noch näher geprüft werden.”

Das Bundesministerium für Inneres nahm zur Petition Nr. 29 wie folgt Stellung:

“Die Beamten der Sicherheitsexekutive führen laufend Kontrollen des Schwerverkehrs durch, und es werden bei Unzukömmlichkeiten die entsprechenden Anzeigen gelegt. Bei Übertretungen der einschlägigen Bestimmung der EG-VO 3820/85 und 3821/85 werden die entsprechenden Maßnahmen getroffen und auch das zuständige Arbeitsinspektorat verständigt.

In diesem Zusammenhang darf insbesonders auf den Art. 15 EG-VO 3820/85 hingewiesen werden, wo im Abs. 1 eindeutig der Unternehmer dafür verantwortlich zeichnet, daß der Fahrer die Bestimmungen der zitierten Verordnung auch einzuhalten vermag.

Eine Abhilfe ist nur möglich, wenn die Unternehmer verstärkt sowohl einer arbeits- wie auch einer steuerrechtlichen Überprüfung unterzogen werden.

Bemerkt wird, daß zu diesem Problembereich bereits ein Erlaß des Bundesministeriums für Inneres, Zl. 15.004/20-II/18/91, vom 8. September 1991 ergangen ist, in dem die Vorgangsweise bei der Kontrolle von Lenkern von Fahrzeugen bezüglich Übermüdung festgelegt wird, wobei die dafür in Betracht kommenden Bestimmungen (§ 58 Abs. 1 StVO 1960, Arbeitszeitgesetz 1969, Arbeitsruhegesetz 1983 sowie das Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals, AETR, BGBl. Nr. 518/1975) herausgearbeitet wurden.

Außerdem erging ein Erlaß des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, Zl. 179.733/33-1/7/95, vom 21. Dezember 1995, zu den beiden oa. EG-VO, wo insbesondere auf folgende Punkte bei Straßenkontrollen zu achten ist:

Tageslenkzeiten, Unterbrechungen, Ruhezeiten, Handhabung der Schaublätter und des Kontrollgerätes.

Außerdem ist bei jeder Kontrolle ein Formblatt auszufüllen. Diese Daten dienen dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr zum erforderlichen Bericht gemäß Art. 16 Abs. 2 EG-VO 3820/85 an die EG-Kommission.

Es wird darin auch auf die Richtlinie 88/599/EWG hingewiesen, wo eine bestimmte Kontrollintensität (1% der Arbeitstage gemäß Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung) gefordert wird.

Durch permanente Kontrolltätigkeit der Exekutive wird dieses Mindestmaß an Kontrollen bei weitem überschritten und dadurch die Verkehrssicherheit direkt positiv beeinflußt.

Eine ,schnelle Eingreiftruppe‘ – gemeinsame Kontrollen durch die Exekutive in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsinspektorat – ist nicht zielführend, da einerseits die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes als Organe der Straßenaufsicht bei Lenkerkontrollen über sämtliche erforderlichen Befugnisse verfügen und bei Übertretungen die erforderlichen Maßnahmen treffen können; die einzig wünschenswerte Erweiterung, nämlich eine Klärung vor Ort (Computeranfrage), ob eine Person sozialversichert ist, ist derzeit auch dem Arbeitsinspektorat nicht möglich.”

Einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen am 1. Juli 1998:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales.

Bautenausschuß

Petition Nr. 21

überreicht von der Abgeordneten Mag. Brigitte Ederer betreffend “Schutz der Anrainer von Bundesstraßen”

Die vorliegende Petition zum Schutz der Anrainer von Bundesstraßen hat eine Abänderung des Bundes­straßengesetzes, insbesondere der §§ 7 und 7a dieses Gesetzes zum Inhalt.

Wörtlich wird dazu ausgeführt: “So sollen im letzten Halbsatz des § 7 Abs. 1 die Worte ,Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs‘ gestrichen und dieser Halbsatz wie folgt lauten:

,; hiebei ist auf die Sicherheit des Verkehrs, die Verträglichkeit für Anrainer und die Umwelt­verträglichkeit Bedacht zu nehmen.‘

Im § 7a Abs. 1 soll der Satzteil ,. . . als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand errreicht werden kann.‘ gestrichen werden.

Im § 7a Abs. 2 soll der letzte Halbsatz ,sofern die Erhaltung und allfällige Wiederherstellung durch den Eigentümer oder einen Dritten sichergestellt ist.‘ gestrichen werden.

Stattdessen sollen im Bundestraßengesetz folgende Maßnahmen festgelegt werden:

Schallschutzbauten sind beim Bau von Bundesstraßen und auch an bestehenden Bundesstraßen zu errichten, wenn der von der WHO festgelegte Grenzwert von 55 dB bei Tag und 45 dB bei Nacht (energieäquivalenter Dauerschallpegel) überschritten wird, sofern dies technisch durchführbar ist.

Sind Schallschutzbauten auf Grund der örtlichen Gegebenheiten technisch nicht durchführbar, so sind über Anforderung von Anrainern Baumaßnahmen an Gebäuden, Einbau von Schallschutzfenstern und dergleichen vorzusehen und die Kosten hiefür, wie auch für die Wartung und deren allfälliger Ersatz, durch den Straßenerhalter zu übernehmen. Über Anforderung der Anrainer sind in diese Gebäude auch Klimatisierungseinrichtungen einzubauen und die Kosten hiefür, wie auch für deren Betrieb und Wartung, durch den Straßenerhalter zu übernehmen.

Die durch die geänderten Bestimmungen verursachten Kosten könnten nach dem Verursacherprinzip durch zweckgebundene Zuschläge zur KFZ-Steuer und bzw. oder zur Mineralölsteuer vom KFZ-Verkehr aufgebracht werden.

Begründung: Bei der Planung und beim Bau von Bundesstraßen wird stets größter Wert auf die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs gelegt. Dies führt zu entsprechend hohen Fahr­geschwindigkeiten und damit einer hohen Lärmbelastung für die Anrainer, die bei der Planung und beim Bau von Bundesstraßen kaum ein Mitspracherecht haben.

Nach der entsprechenden Dienstanweisung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten werden Schallschutzbauten an Straßen nur dann als wirtschaftlich vertretbar erachtet, wenn diese nicht mehr als die dreifachen Kosten von Schallschutzfenstern verursachen. Dazu kommt noch, daß bei straßenseitigen Schallschutzbauten den Anrainern durch diese Maßnahmen keine Kosten, auch nicht aus dem Titel von Wartungsarbeiten an diesen Bauten, erwachsen, wogegen beim Einbau von Schallschutz­fenstern die Anrainer einen beträchtlichen Teil der Kosten hiefür selbst tragen müssen und für die Wartung der Fenster und deren allfälligen Ersatz selbst aufkommen müssen.

Hiedurch ist eine wesentliche Schlechterstellung jener Anrainer gegeben, in deren Bereich keine straßenseitigen Schallschutzbauten errichtet werden.

Dabei ist es wohl unbestreitbar, daß Schallschutzfenster eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität darstellen, da insbesondere im Sommer ein Leben hinter ständig geschlossenen Fenstern eine sehr erheb­liche Belastung darstellt und andererseits ein Öffnen der Fenster wegen der oft extremen Lärmbelastung an Bundesstraßen von zB 80 dB und mehr kaum möglich ist.

Aus diesen Gründen sollen an Bundesstraßen, an denen die Lärmbelastung über dem WHO-Wert liegt, wo immer dies möglich ist, straßenseitige Baumaßnahmen getroffen werden. Wo dies nicht möglich ist, soll das Leben der betroffenen Anrainer durch den Einbau von Klimatisierungseinrichtungen entsprechend erleichtert werden und im Sinne einer Gleichbehandlung die Kosten hiefür von der Allgemeinheit übernommen werden.”

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat in seiner Sitzung am 7. Mai 1997 dazu beschlossen, Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundes­ministeriums für Wissenschaft und Verkehr sowie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegen­heiten einzuholen.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr teilt in seiner Stellungnahme mit, daß gegen die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesstraßengesetzes keine Einwände bestehen.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten lautet wie folgt:

“Der in der Petition Nr. 21 der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Brigitte Ederer gewünschte neue Grenzwert für Lärmschutz an Bundesstraßen würde eine Herabsetzung des geltenden Grenzwertes bei bestehenden Bundesstraßen um 10 dB, bei neu gebauten Bundesstraßen um 5 bis 9 dB bedeuten. Da die Erhöhung einer Lärmschutzwand um 0,5 m rechnerisch eine Lärmreduktion um ca. 1,5 dB bewirkt, müßten die an bestehenden Bundesstraßen bereits vorhandenen Lärmschutzmaßnahmen um ca. 3,5 m erhöht werden, die Lärmschutzmaßnahmen an neu gebauten Bundesstraßen um ca. 2,0 m.

Unter der Annahme, daß von den bisher in Österreich errichteten rund 600 km langen Lärmschutz­maßnahmen zirka 50% an bestehenden und 50% an neu gebauten Bundesstraßen liegen, errechnet sich der Erhöhungsbedarf mit 1,65 Millionen m2. Bei Durchschnittskosten von 3 500 S/m2 Wanderhöhung ergeben sich Kosten von 5,775 Milliarden Schilling allein für die Adaptierung bereits gebauter Lärmschutz­maßnahmen.

Da in der Petition auch ein Wegfall des Wirtschaftlichkeitskriteriums verlangt wird, ist weiters mit Kosten von 2,0 Milliarden Schilling für die Erweiterung (Verlängerung) bestehender Lärmschutzmaßnahmen und von mindestens 2,0 Milliarden Schilling für neue Lärmschutzmaßnahmen zu rechnen.

Insgesamt wird der finanzielle Bedarf der aus dem Petitionsverlangen sich ergebenden Maßnahmen auf 9,775 Milliarden Schilling geschätzt. In diesem Betrag sind nicht Kosten für Lärmschutztunnel, Tieflagen, Einhausungen, Brückentragwerksverstärkungen oder gestalterisch aufwendigere Wandkonstruktionen (zB transparente oder künstlerisch gestaltete Wandelemente) enthalten. Wenn sich selbst nur wenige solcher aufwendigen Maßnahmen ergäben, würde sich der vorgenannte Betrag auf das Drei- bis Fünffache erhöhen. Dieser Fall könnte rasch eintreten, da die aus den geforderten neuen Grenzwerten resultierenden beträchtlichen Wandhöhen kaum die Zustimmung des Natur- und Landschaftsschutzes bzw. der für das Stadt- oder Ortsbild zuständigen Stellen finden werden.

Unter der Voraussetzung, daß bei der Realisierung des Petitionsbegehrens überwiegend straßenseitige Lärmschutzmaßnahmen (Lärmschutzwände/-dämme, Einhausungen, lärmdämmende Fahrbahndecken) möglich sind, werden die Kosten für zusätzliche Lärmschutzfenster mit rund 300 bis 500 Millionen Schilling abgeschätzt. Für Schalldämmlüfter würde ein Bedarf von 200 bis 300 Millionen Schilling entstehen, wenn unter dem Begriff ,Klimatisierung‘ der Einbau von Schalldämmlüftern verstanden wird. Der Erhaltungsaufwand für diese Lärmschutzfenster wird mit zirka 1 Milliarde Schilling in 50 Jahren abgeschätzt.

Bei diesen Beträgen handelt es sich nur um durch die Petition verursachten Kosten, zusätzlich zu den Kosten der ohnehin schon geplanten Maßnahmen.

Im Hinblick auf die bekannte finanzielle Situation des Bundesstraßenbaues kann daher den Vorschlägen der Petition Nr. 21 nicht nähergetreten werden.”

Eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales langte nicht ein.

Folgende Stellungnahme der Volksanwaltschaft konnte den Beratungen zugrunde gelegt werden:

“Immer wieder wenden sich Anrainer von Bundesstraßen mit dem Ersuchen um Hilfestellung bei der Errichtung von Lärmschutzmaßnahmen bzw. Maßnahmen zur Verkehrssicherheit entlang von Bundes­straßen an die Volksanwaltschaft. Einige dieser Fälle betreffen auch die Errichtung von straßenseitigen Schallschutzbauten.

Besonders hervorzuheben ist jener Fall, der auch im Bericht der Volksanwaltschaft an den Österreichi­schen Nationalrat über das Jahr 1996 aufgezeigt wurde. Die betroffenen Anrainer sahen sich mit der Situation konfrontiert, daß eine nach jahrelanger Planungsarbeit vom Bundesministerium für wirtschaft­liche Angelegenheiten zugesagte Errichtung einer Lärmschutzwand auf der A 2, Abschnitt Laßnitztal, vom Land Steiermark im Ergebnis deswegen hinausgezögert wurde, weil seitens der Gemeinde mit Unterstützung des Landes die Realisierung einer Halbanschlußstelle in diesem Bereich mit Nachdruck betrieben wurde. Zuletzt teilte der Bundesminister im Dezember 1996 der Volksanwaltschaft mit, daß ,sich in der Zwischenzeit die Notwendigkeit ergeben hat, die getroffene Entscheidung auf Grundlage eines neuen von der Bundesstraßenverwaltung Steiermark vorgelegten Straßenprojektes nochmals zu über­prüfen‘. In einer ersten Baustufe soll nun nur jener Bereich der Lärmschutzmaßnahme zur Ausführung gelangen, der nicht von der eventuell zu errichtenden Anschlußstelle betroffen ist.

Weitere Beschwerdefälle betreffen die Realisierung von Lärmschutzwänden in Oberösterreich an der B 148, Altheimer Straße im Baulos ,Reichersberg‘, in Niederösterreich an der B 37, Gföhler Straße auf dem Bauabschnitt ,Großmotten‘, in Salzburg-Stadt entlang der Innsbrucker Bundesstraße, in Vorarlberg entlang der B 204, Lustenauer Straße, sowie in Kärnten an der B 85, Rosental Straße, Baulos ,Görtschach‘.

All den aufgezeigten Fällen ist gemeinsam, daß die betroffenen Anrainer oft nur unzureichend über ihre Möglichkeiten informiert sind. Sie sind gezwungen, selbst aktiv zu werden, um sich über das Straßen­bauvorhaben und die Voraussetzungen für die Errichtung von Schallschutzbauten entlang von Bundes­straßen informieren zu lassen. Die Volksanwaltschaft stellt fest, daß die Betroffenen sich letztendlich selbst um die Lösung ihres konkreten Problems kümmern müssen, da klare gesetzliche Regelungen fehlen.

In diesem Sinne begrüßt die Volksanwaltschaft Bemühungen zur Schaffung von Regelungen auf gesetzlicher Ebene für die Errichtung von Schallschutzbauten zum Schutz der Anrainer von Bundes­straßen. Der Vorteil der gesetzlichen Verankerung entsprechender Maßnahmen zum Schutz von Anrainern von Bundesstraßen basierend auf von der WHO festgelegten Grenzwerten liegt darin, daß der betroffene Anrainer sich konkret auf die gesetzliche Bestimmung stützen und ihre Vollziehung auch von der Verwaltung erwarten kann.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Bautenausschuß.

Familienausschuß

Petition Nr. 16

überreicht von der Abgeordneten Brigitte Tegischer betreffend “die finanzielle Gleichstellung der Fahrtkosten zwischen Heimschülern und Fahrschülern”

Die Abgeordnete Brigitte Tegischer überreichte mit dieser Petition ein Anliegen des Herrn Johann Mair, das wie folgt begründet ist:

“Antrag auf Schülerfreifahrten für Heimschüler

Die Schüler entlegener Gebiete Österreichs beantragen die Schülerfreifahrten, um eine finanzielle Gleichstellung mit den Fahrschülern zu erreichen.

Was ist das für ein Lastenausgleich?

18 144 S müssen Virger Heimschüler für die Erreichbarkeit der Schule aus der eigenen Tasche zahlen. Dazu kommen noch die Heimkosten in Höhe von 40 000 S bis 60 000 S. Trotz dieser hohen Ausbildungs­kosten bekommen Heimschüler aus dem Lastenausgleich nichts.

Fahrtkosten für 42 Schulwochen Virgen–Imst.

Über 18 000 S bekommen Virger Fahrschüler, die daheim wohnen und daher keine Ausbildungskosten haben, als Schülerfreifahrten Virgen–Lienz aus dem Lastenausgleich.

Auch wenn der Schulweg nicht täglich (steht nicht im Familienlastenausgleichsgesetz) zurückgelegt werden kann, müssen die Schüler aus entlegenen Gebieten die Erreichbarkeit der Schule wie die Fahr­schüler aus dem Familienlastenausgleich bezahlt bekommen.

Die bestehende Vergabepraxis diskriminiert Heimschüler aus entlegenen Gebieten, weil sie sie aus dem Familienlastenausgleich ausschließt.

Sie verstößt gegen:

–   den Art. 7 unserer Verfassung (Heimschüler und Fahrschüler sind gleich),

–   gegen das Gleichbehandlungsgesetz und

–   gegen die guten Sitten.

Diese bestehende Diskriminierung muß beseitigt werden!”

In seiner Sitzung am 7. Mai 1997 beschloß der Ausschuß, eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen einzuholen. Dieses nahm zur gegenständlichen Petition wie folgt Stellung:

“Die in der Petition angesprochene Problematik basiert auf der Außerkraftsetzung des § 30c Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz. Die Vollziehung dieses Gesetzes obliegt grundsätzlich dem Bundes­minister für Umwelt, Jugend und Familie, von dem auch eine allfällige Reform der von den Petitions­werbern als unbefriedigend empfundenen Situation in die Wege zu leiten wäre.

Auch wenn das Bundesministerium für Finanzen auf Grund dieser Gegebenheiten keine umgehende Änderung der Rechtslage bewirken oder in Aussicht stellen kann, wird es bemüht sein, das Anliegen in die Diskussion um die Reform der Familienförderung einzubringen und an einer auch budgetär vertret­baren Lösung mitzuwirken.”

Weiters übermittelte die Volksanwaltschaft eine an den Bundesminister Dr. Bartenstein gerichtete Eingabe des Katholischen Familienverbands Tirol den Wegfall der Heimfahrtbeihilfe betreffend:

“Im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1995 wurde neben mehreren allgemeinen Belastungen und etlichen Kürzungen im Familienbereich auch die Heimfahrtbeihilfe gestrichen.

Bereits damals hat der Katholische Familienverband auf die besondere Härte und Ungerechtigkeit dieser Maßnahme hingewiesen. Trifft es hier genau die ärmsten Familien aus entlegenen Gebieten, die zu den Internatskosten, die oft nur unter größten Entbehrungen aufgebracht werden, jetzt auch noch die Kosten für die Fahrt vom Schulort zum Heimatort aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Würden diese Kinder täglich zur Schule fahren, hätten sie natürlich Anspruch auf die Schüler,frei‘fahrt.

Eine Umfrage unter betroffenen Tiroler Familien hat diese Tatsachen untermauert: Es sind österreichweit zirka 25 000 Familien, größtenteils Großfamilien, Bergbauern und Familien mit geringem Einkommen, die hier zu den bekannten Sparmaßnahmen noch einmal getroffen werden!

Aus den eingegangenen Fragebögen einige Beispiele:

–   AlleinerzieherInnen: monatliches Nettoeinkommen 11 000 S,

–   Familie in Osttirol (vier Kinder): monatliches Nettoeinkommen 21 000 S,

–   Pensionist: monatliches Nettoeinkommen 13 000 S,

–   Bergbauernfamilie: Einheitswert 21 000 S.

Daß mit dieser unsozialen Maßnahme die Chancengleichheit für alle Kinder verletzt wird, ist offen­sichtlich!

Leider blieben unsere bisherigen Interventionen bis jetzt ohne Echo. So wenden wir uns heute an Sie in der Hoffnung, daß endlich etwas unternommen wird, diese unsoziale Maßnahme zu entschärfen oder zurückzunehmen. Es ist absurd, daß gerade Kindern aus einkommensschwachen Familien aus Gegenden mit fehlender Infrastruktur überhaupt keine weiterführende Ausbildung ermöglicht werden kann!”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung des Ausschusses am 9. Juli 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Familienausschuß.

Finanzausschuß

Petition Nr. 20

überreicht vom Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer betreffend “Initiative 96 Entschuldung”

Die vorliegende Petition hat folgende Forderungen der “Initiative 96 Entschuldung” zum Inhalt:

“1. Entschuldung der ärmsten Entwicklungsländer

–   durch Streichung aller Schulden aus Entwicklungshilfe-Krediten gegenüber den ärmsten Entwicklungs­ländern und

–   durch Streichung von Schulden aus öffentlich geförderten Exportkrediten gegenüber den Schwerpunkt­ländern der österreichischen Entwicklungshilfe.

Ein Teil der erlassenen Devisenschulden soll im Schuldnerland in nationaler Währung Sozialprojekten für die ärmsten Bevölkerungsschichten zugute kommen (in Form von Gegenwertfonds).

2. Transparenz bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln für die Länder des Südens

–   bei öffentlich finanzierten bzw. geförderten Exportkrediten und

–   bei Beiträgen Österreichs an die multilateralen Finanzinstitutionen.

3. Gesetzlich verankerte Kriterien für Umwelt- und Sozialstandards für Projekte, die durch öffentlich geförderte bzw. finanzierte Exportkredite finanziert werden. Damit soll sichergestellt werden, daß diese Projekte einer nachhaltigen Entwicklung des jeweiligen Landes dienen.

4. Zusätzliche, zweckgebundene Mittel für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit vorrangig für die Verdoppelung von Gegenwertmitteln im Schuldnerland.”

Das Mitglied des Ehrenschutz-Komitees der “Initiative 96 Entschuldung”, Oberkirchenrat Univ.-Prof. Dr. Johannes Dantine, richtete in dieser Angelegenheit ein Schreiben mit folgendem Wortlaut an den Präsidenten des Nationalrates:

“Sehr geehrter Herr Präsident!

Als Mitglied des Ehrenschutz-Komitees der Initiative 96 Entschuldung möchte ich die Gelegenheit der Überreichung der Unterstützungserklärungen von mehr als 50 000 Personen wahrnehmen, diese Initiative nochmals ausdrücklich zu unterstützen.

Auch wenn Österreich gegenwärtig in einer Situation empfindlicher Sparmaßnahmen ist, kann nicht daran vorbeigegangen werden, daß es einer der reichsten Staaten ist und diesen Reichtum auch den günstigen Handelsbedingungen zur weiten Welt verdankt, und zusätzlich Österreich bisher einen mehr als bescheidenen Beitrag dafür geleistet hat, daß es in dieser Welt gerechter zugeht.

Im konkreten Fall geht es ja darum, dadurch einen wesentlichen Beitrag für die soziale Gerechtigkeit und damit für den Frieden – der unser aller Lebensbedingung heute und für die Zukunft darstellt – zu leisten, daß im Grunde genommen schon längst abgeschriebene Schuldenlasten von den ärmsten Ländern genommen werden, bzw. zu leistende Zahlungen in sinnvolle Projekte jeweils ins eigene Land gesteckt werden sollen. Genau genommen geht es darum, daß eindeutige Vorhaben, etwa des ,Pariser Clubs‘ und internationaler Finanzgremien, durch das Parlament und die österreichische Regierung schneller und umfassender durchgeführt werden.

Ich appelliere an Sie, sehr geehrter Herr Präsident, diese Initiative positiv aufzunehmen und zu vertreten.”

Ebenfalls war folgendes Schreiben von Kardinal Dr. Franz König, Mitglied des Ehrenschutz-Komitees der “Initiative 96 Entschuldung”, der gegenständlichen Petition beigefügt:

“Sehr geehrter Herr Präsident des Österreichischen Nationalrates!

Als Mitglied des Ehrenschutz-Komitees der Initiative 96 Entschuldung erlaube ich mir, eine Bitte zu befürworten, die – unterstützt durch mehr als 50 000 Unterschriften – dem Nationalrat und der Österreichischen Bundesregierung vorgelegt wird. Damit schließe ich mich indirekt auch einer Erklärung der Österreichischen Bischofskonferenz zur internationalen Verschuldung der ärmsten Länder der ,Dritten Welt‘ an.

Angesichts der fortschreitenden Globalisierung der Völker und Staaten auf der Weltebene geht es damit auch um eine Frage des Friedens in der Welt, der Sicherheit und Völkerverständigung, die alle staatlichen Gemeinschaften angehen.

Aus diesem Grunde habe ich mit entschlossen, eine solche Bitte zu unterstützen. Praktisch handelt es sich darum, daß Österreich, das österreichische Parlament und die österreichische Regierung, das vom ,Pariser Club‘ und von internationalen Finanzgremien bereits beschlossene Vorhaben – schneller und umfassender – durchführen als zunächst vorgesehen.

Ein solches Beispiel grenzüberschreitender Solidarität durch ein kleines, wohlhabendes Land würde das internationale Ansehen Österreichs stärken und dem friedlichen Ausgleich zwischen reichen und armen Ländern dienen.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung des Ausschusses am 7. Mai 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Finanzausschuß.

Finanzausschuß

Petition Nr. 18

überreicht vom Abgeordneten Mag. Johann Maier “Wider die Parkplatzsteuer”

Die vorliegende Petition wurde von knapp 10 000 Salzburger Arbeitnehmern initiiert, die in einer Unterschriftenaktion in den Betrieben gegen die sogenannte “Parkplatzsteuer” Partei ergriffen haben und einen weiteren Ausnahmetatbestand im EStG fordern. Wörtlich führen sie dazu aus:

“Der Sachverhalt:

Seit 1. Juli 1996 gilt nach § 4a Einkommensteuergesetz:

1.  Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, das von ihm für Fahrten Wohnung–Arbeitsstätte genutzte Kraftfahrzeug während der Arbeitszeit in Bereichen, die einer Parkraumbewirtschaftung unterliegen, auf einem Abstell- oder Garagenplatz des Arbeitgebers zu parken, ist ein Sachbezug von 200 S monatlich anzusetzen.

2.  Abs. 1 ist sowohl bei arbeitnehmereigenen Kraftfahrzeugen als auch bei arbeitgebereigenen Kraftfahr­zeugen (…) anzuwenden.

3.  Parkraumbewirtschaftung im Sinne des Abs. 1 liegt vor, wenn das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen für einen bestimmten Zeitraum gebührenpflichtig ist.

29 Befreiungen gibt es bereits laut § 3 Einkommensteuergesetz. Unter anderem ,der geldwerte Vorteil aus der Benützung von Einrichtungen und Anlagen, die der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen seiner Arbeitnehmer zur Verfügung stellt‘ (zB Sportanlagen), freie oder verbilligte Mahlzeiten und Getränke, freiwillige soziale Zuwendungen, der Haustrunk im Brauereigewerbe, Freizigaretten für Arbeitnehmer in tabakverarbeitenden Betrieben, bei Auslandsbeamten die Zulagen und Zuschüsse sowie Kostenersätze und Entschädigungen für den Heimaturlaub …

Warum sollte es nicht möglich sein, eine 30. Befreiung für Firmenparkplätze zu formulieren, den Parkplatz als Anlage des Arbeitgebers zu interpretieren oder wie in der BRD den Parkplatz nicht als Vorteil, sondern als ,bloße Annehmlichkeit‘ einzustufen?

Über einen Kamm geschert haben die Finanzämter alle Betroffenen. Egal wie oft ein Arbeitnehmer den Parkplatz in Anspruch nimmt, und sei es einmal im Monat; egal, ob überhaupt genügend Parkplätze zur Verfügung stehen; egal, ob sich die Arbeitszeit nur eine halbe Stunde mit den Zeiten der Parkraum­bewirtschaftung überschneidet oder zur Gänze – die Arbeitnehmer werden zur Kasse gebeten!

Forderung

Die Zurverfügungstellung eines Kfz-Abstellplatzes durch den Dienstgeber im Nahbereich des Arbeits­platzes soll als Vorteil aus dem Dienstverhältnis von der Einkommensteuer befreit werden. Dazu wäre im § 3 EStG 1988 eine entsprechende Befreiungsbestimmung aufzunehmen!

Diese kann lauten:

§ 3 Abs. 1 Von der Einkommensteuer sind befreit:

Z 30 die Möglichkeit des Arbeitnehmers, das von ihm für Fahrten Wohnung–Arbeitsstätte genutzte Kraftfahrzeug während der Arbeitszeit auf einem Abstell- oder Garagenplatz des Arbeitgebers zu parken.”

Im Zusammenhang mit der von der Petition aufgeworfenen Problematik hat der Ausschuß in seiner Sitzung am 7. Mai 1997 den Beschluß gefaßt, Stellungnahmen des Bundesministeriums für Finanzen sowie des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr einzuholen.

Dazu ist folgende Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen mit der Mitteilung eingelangt:

“Ein Prinzip erfolgreicher und international anerkannter Steuerpolitik der letzten Jahre ist es, die Ausnahmetatbestände sowie Steuerbefreiungen einzuschränken, um damit Spielraum für die Gestaltung von Steuertarifen zu schaffen. Schon aus diesem Grund ist die Einführung neuer Steuerbefreiungen grundsätzlich abzulehnen.

Nach der gegenwärtigen Rechtslage ist der Sachwert des unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellten Wohnraumes steuerpflichtig. Umso mehr erscheint die Forderung nach Steuerbefreiungen für unentgeltlich zur Verfügung gestellten Parkraum problematisch.

Hinzu kommt, daß der Parkraum bei zunehmender Parkraumbewirtschaftung einen immer größeren Wert erhält und somit die Gewichtigkeit als Sachvorteil zunimmt. Auch wäre es ökologisch und verkehrs­politisch bedenklich, die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eignen PKW dadurch indirekt zu fördern, daß dem Arbeitnehmer gratis und steuerfrei Parkraum zur Verfügung gestellt wird.

Was den Vergleich mit den erwähnten 29 Steuerbegünstigungen anbelangt, ist zu bemerken, daß ein Großteil dieser Begünstigungen – anders als kostenloser Parkraum – soziale Aspekte hat. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, daß grundsätzlich alle bestehenden Steuerbefreiungen sehr kritisch auf ihre Rechtfertigung zu überprüfen sind.”

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr verwies zur gegenständlichen Petition “Wider die Parkplatzsteuer” darauf, daß seinem Ressort in dieser Angelegenheit keine Kompetenz zukommt.

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung des Ausschusses am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Finanzausschuß.

Gesundheitsausschuß

Petition Nr. 12

überreicht von den Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Edeltraud Gatterer und Georg Wurmitzer betreffend “Erhaltung der Akutversorgung im Krankenhaus Waiern”

Die gegenständliche Petition enthält folgende Begründung:

“Das österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen hat im Zuge der Erstellung des österreichischen Krankenanstaltenplans (ÖKAP) die Akutversorgung im Krankenhaus Waiern in Frage gestellt. Der ÖKAP soll im Einvernehmen mit den Bundesländern erstellt werden, wobei die Fakten für die Erhaltung der Akutversorgung sprechen. Das Diakoniewerk Waiern bringt für das Krankenhaus in besonderer Weise ein:

–   Die Standortgarantie für den Bereich Innere Medizin ist mit den Planungen für den Ausbau und Neuerrichtung einer Dialyse gegeben.

–   Unter Annahme einer optimalen Versorgung von sechs Betten auf 1 000 Einwohner würde dies für Waiern eine Standardkrankenanstalt mit 200 Betten bedeuten.

–   Wirtschaftliche Führung; überdurchschnittliche Wirtschaftlichkeit der konfessionellen Krankenhäuser.

–   Waiern ist das einzige evangelische Krankenhaus in Kärnten.

–   Steigende Ambulanzzahlen, vorwiegend Erstversorgung, auch Ambulanz für Physiotherapie, geringe Transportkosten.

–   Bedeutung des Krankenhauses in der Basis-Akutversorgung, zunehmende Verkürzung der Belagsdauer und Steigung der Belegung, Erreichbarkeit, Transportkosten, Besuche von Angehörigen.

–   Bezirk Feldkirchen 40 000 Einwohner, Größe und Entfernungen.

–   Es ist der eindeutige politische Wille aller im Landtag vertretenen Fraktionen, daß ,der Standort des Krankenhauses des Evangelischen Diakoniewerkes Waiern aufrechterhalten und diese Spitals­einrichtungen zu einer wirtschaftlich sinnvollen Einheit im Sinne der Zusage des Landes ausgebaut wird‘. (Beschluß des Kärntner Landtages, 16. Februar 1995)

–   Das Krankenhaus wird rationell und kostengünstigst mit einer guten Auslastung (1994: 83,5% bei einer Verweildauer von 11,8 Tagen; 1995: 88,03% bei einer Verweildauer von 10,7 Tagen) geführt.”

In seiner Sitzung am 3. Juli 1996 hat der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen den Beschluß gefaßt, eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz einzuholen.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz nahm zu der gegenständlichen Petition wie folgt Stellung:

“Ein zentrales Anliegen der Gesundheitsreform ist die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung durch leistungsfähige, bedarfsgerechte und in ihrem Leistungsspektrum aufeinander abgestimmte Krankenanstalten.

Ziel des gesamtösterreichischen Krankenanstaltenplanes – dessen Entwurf vom Österreichischen Bundes­institut für Gesundheitswesen ausgearbeitet wurde – ist es, sinnvolle Standorte für einzelne Fach­richtungen festzulegen, sodaß die Infrastruktur sowohl in wirtschaftlicher als auch in medizinischer Sicht optimal genutzt werden kann. Neben wirtschaftlichen und medizinischen Aspekten soll eine möglichst gleichmäßige und bestmöglich erreichbare Versorgung der österreichischen Bevölkerung gewährleistet werden.

So ist es auch eine Zielsetzung des ÖKAP, im Bereich der öffentlichen und der privat-gemeinnützigen Krankenanstalten die Errichtung und Vorhaltung isolierter Fachabteilungen in dislozierter Lage, so wie sie beispielsweise derzeit im Krankenhaus Waiern (Fachrichtung innere Medizin) gegeben ist, zu vermeiden.

Neue Funktionsbestimmungen von und Strukturveränderungen in Krankenanstalten sind notwendig, um diesen Zielvorstellungen gerecht werden zu können. In den Verhandlungen mit Vertretern des Bundeslandes Kärnten wird sich die Frau Bundesministerin für eine vernünftige Lösung einsetzen, die eine optimale Versorgung der Bevölkerung sicherstellt und von allen Beteiligten mitgetragen werden kann.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung des Ausschusses am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Gesundheitsausschuß.

Die Petition wurde mit dem Bericht des Gesundheitsausschusses 432 der Beilagen mit Regierungsvorlage 382 der Beilagen, Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 miterledigt.

Gesundheitsausschuß

Petition Nr. 30

überreicht von der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat betreffend “Der Gesetzgeber soll handeln, bevor es zu spät ist!”

Von der “Aktion Leben Österreich” wurde die folgende Unterschriftenaktion durchgeführt und von Frau Grit Ebner als Bürgerinitiative sowie von der Abgeordneten Maria Rauch-Kallat als Petition Nr. 30 eingebracht:

“Bevor es zu spät ist

Mensch mit Würde oder Mensch als biologischer Rohstoff?

Sollen Kinder ins Leben gerufen werden, um Ersatzteillager für andere zu sein?

Die Fortschritte der Biomedizin lassen Entwicklungen wirklich werden, die noch vor kurzem nur in utopischen Romanen und Filmen vorkamen:

–   Menschen werden wie eine Ware auf Vorrat hergestellt.

–   Menschen werden als Embryonen tiefgefroren, später zu Föten weitergezüchtet – als bloßes Ersatzteillager.

–   Menschen werden geklont (= kopiert), vervielfältigt, nach Bedarf produziert.

–   Menschen werden getestet, verwertet, ausgeschlachtet.

–   Föten und Embryonen werden wie Abfall wiederverwertet.

Es stehen dramatische Entwicklungen bevor, die jeden Menschen in seinem innersten Wesen betreffen! Menschen werden der Willkür anderer total ausgeliefert: nicht nur, wenn sie krank, alt, behindert oder hilfsbedürftig werden, sondern auch bei ihrer Entstehung, als Ungeborene, als Frau und Mann.

Föten und Embryonen werden als ,idealer biologischer Rohstoff‘ angesehen, nach dem eine rapid wachsende Nachfrage besteht. Sie eignen sich für Transplantationen, als Gewebeersatz, ja sogar zur Herstellung von Embryonen für einen künftigen Bedarf!

Die Frau verstanden als Lieferantin des Rohstoffes Mensch?

Klonen ermöglicht die Herstellung völlig identischer Lebewesen. Die Vermischung der Gene von Vater und Mutter nach dem Zufallsprinzip wird umgangen. Individualität und Weiterentwicklung gehen verloren. Männer werden für die Fortpflanzung überflüssig. Was mit dem Schaf ,Dolly‘ gelang, geht prinzipiell auch beim Menschen. Von einem Menschen können gleich mehrere hergestellt werden, als ,Arbeitstiere‘, Supersportler oder als Ersatzteillager für andere und sich selbst. Wie verhält es sich dann noch mit meiner Einmaligkeit und meiner Würde? Wer bin ich dann wirklich noch?

All diesen Entwicklungen muß sofort Einhalt geboten werden! Wir fordern daher:

–   Ein klares Verbot jeder entgeltlichen wie unentgeltlichen Verwertung eines lebenden oder toten Embryos oder Fötus, auch von seinen Teilen.

–   Ein klares Verbot des Eingriffs in die menschliche Keimbahn (Genmanipulation).

–   Ein klares Verbot der Erzeugung von Embryonen durch Klonung.

Wir richten diesen Appell an alle Politikerinnen und Politiker Österreichs. Handeln ist dringend geboten, bevor unverantwortliche Forschung und Profitgier vollendete Tatsachen schaffen.

Begründung der Forderungen

1.  Die Entwicklung rund um die sogenannte Biomedizin-Konvention des Europarates und die Diskussionen im Rahmen des Symposiums des Europarates über Embryonen vom Dezember 1996 [1]) haben gezeigt, daß auf europäischer Ebene derzeit kein wirksamer Schutz gegen Forschung und Verwertung von Embryonen oder Föten bzw. von ihren Teilen erzielbar ist. Gleichzeitig geht die Entwicklung der Forschung rasant voran, wie die erfolgreiche Klonung eines Schafes in Groß­britannien, die Leihmutterschaft einer Großmutter in Italien oder die Schaffung eines transgenen Schweines [2]) ebenfalls in Großbritannien beweisen. Erfolgreiche Versuche an Tieren werden auf Menschen übertragen, wenn dem nicht durch Gesetze Einhalt geboten wird. Jede anderslautende Behauptung hat sich bislang als Beschwichtung oder Fehlbeurteilung erwiesen, denn die Methoden der künstlichen Befruchtung oder der in-vitro-Fertilisation, die heute selbstverständlich bei Menschen angewandt werden, wurden zunächst auch nur an Nutztieren erprobt.

2.  Unbestritten kann national wie international derzeit der Bedarf an Organen für Transplantations­zwecke trotz großzügiger Regelung der Organentnahme nicht befriedigt werden, was bereits zu kriminellen Praktiken wie Organhandel, Tötung oder Ausschlachtung von Straßenkindern, gewaltsame Organentnahme an Lebenden oder Organspenden aus Notlage geführt hat. Neben der Übertragung von Genen auf Tiere und deren Nutzung bieten sich vor allem menschliche Föten als Organquelle an. Die Vorteile gegenüber Tieren oder auch fremden menschlichen Organspenden Geborener sind gute Verträglichkeit (geringere Immunabwehr), rasches Wachstum, kaum Gewebeschäden.

3.  Im Fall eines Schwangerschaftsabbruchs hat im Regelfall niemand Interesse, was mit dem Fötus passiert. Der große Bedarf infolge Überalterung der Bevölkerung, umweltbedingte Krankheiten, ungesunden Lebenswandel läßt aber erwarten, daß aus dem Schwangerschaftsabbruch ein Fötenverwertungsgeschäft wird, ja daß Kinder gezeugt werden, um sie für Transplantationszwecke zu verwenden. Die Frau wird zur Organlieferantin degradiert, möglicherweise auf Grund einer Notlage dazu gezwungen.

4.  Eine weitere Möglichkeit zur Beschaffung von Organen bzw. menschlichem Gewebe ist die Erzeugung von Embryonen durch Klonung. Zu einem Fötus oder gar zur Geburtsreife herangezüchtet, ließen sich dessen Organe verpflanzen. Damit wäre die Möglichkeit gegeben, sich selbst ein Organersatzteillager aufzubauen, wobei der Embryo tiefgefroren aufbewahrt würde und bei Bedarf in eine Leihmutter (vielleicht später auch in Tiere) implantiert werden könnte, um zur erforderlichen Größe gewachsen, nach Bedarf verwertet zu werden.

5.  Die gegenwärtigen österreichischen Vorschriften sind unzureichend:

        a)   Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG), BGBl. Nr. 275/1992, erfaßt nicht den Bereich der Erzeugung von Embryonen durch Klonung uä., sondern stellt ausschließlich auf die Erzeugung durch Verschmelzung von Samen- und Eizelle ab [3]). Die Herstellung von Embryonen ohne Verschmelzung von Ei- und Samenzellen für Forschungszwecke ist durch das FMedG nicht erfaßt und daher zulässig! Dies gilt sowohl für Geborene als auch für Ungeborene oder Verstorbene [4]).

        b)   Durch das Fortpflanzungsmedizingesetz werden indirekte Eingriffe in die Keimzellbahn nicht erfaßt, wenn genetisch veränderte Zellen, die nicht Samen- oder Eizellen sind, mit Samen- oder Eizellen verschmolzen werden [5]). Dies wiegt umso schwerer, als das Gentechnikgesetz (GTG), BGBl. Nr. 510/1994, bezüglich des Eingriffes in das Erbmaterial der menschlichen Keimbahn (§ 64 GTG) auf § 9 Abs. 2 FMedG verweist.

        c)   Was mit abgestorbenen, abgetriebenen oder aus sonstigen Gründen anfallenden Embryonen und Föten geschieht, ist teilweise in den Leichen- und Bestattungsgesetzen der Länder geregelt bzw. sind diese als Krankenhaussondermüll nach den Anstaltsordnungen zu entsorgen. Die abfall­rechtlichen Bestimmungen (Vermeidung, Wiederverwertung) zielen derzeit nicht auf Fötal- und Embryonalgewebe. Dies wie auch ihre weitere Nichtunterstellung unter die Organtransplanta­tionsbestimmungen des Krankenanstaltengesetzes ist durch ein Verbot abzusichern.

6.  Das Verbot der Verwertung von Embryonal- und Fötalgewebe muß deshalb strikt gefordert werden, da ansonsten eine Verkommerzialisierung des Schwangerschaftsabbruchs, eine Entwicklung zur Begün­stigung des Schwangerschaftsabbruchs wie ein vermehrter Druck auf Frauen, ihn durchzuführen, unaufhaltsam erscheint. Nur ein Verbot erscheint auch geeignet, die Ausnutzung des Körpers der Frau als Produktionsstätte und des (lebenden) Menschen überhaupt als ausschlachtbares Ersatzteillager für begehrte Gewebe zu verhindern.”

In seiner Sitzung am 26. November 1997 hat der Ausschuß beschlossen, je eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes (Frauenangelegenheiten), des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr und des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten einzuholen.

Das Bundeskanzleramt, Sektion VI, hat zur angeführten Petition wie folgt Stellung genommen:

“Die Forderungen der Unterschriftenaktion der ,Aktion Leben Österreich‘ nach einem Verbot jeder entgeltlichen wie unentgeltlichen Verwertung eines lebenden oder toten Embryos oder Fötus, einem Verbot des Eingriffs in die menschliche Keimbahn und dem Verbot der Erzeugung von Embryonen durch Klonung sind aus Sicht des für Gentechnik zuständigen Ressorts zur Kenntnis zu nehmen.

Es darf darauf hingewiesen werden, daß in Österreich bereits derzeit auf Grund der geltenden Rechtslage, nämlich auf Grund des § 64 Gentechnikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994, und § 9 Abs. 2 Fortpflanzungs­medizingesetz, BGBl. Nr. 275/1992, jeglicher Eingriff in die menschliche Keimbahn verboten ist.

Die in der Petition angesprochene Problematik hängt eng zusammen mit Fragen der Bioethik, wie sie insbesondere auch im Rahmen der Bioethikkonvention des Europarats geregelt werden. Die Konvention enthält auch die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, ethische Grundsatzfragen der Biologie und Medizin öffentlich zu diskutieren und entsprechende Konsultationen zu pflegen. Dieser Bereich geht naturgemäß über die Gentechnik weit hinaus.

In diesem Zusammenhang darf auf die diesbezüglichen Zuständigkeiten des Bundesministeriums für Justiz bzw. des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr verwiesen werden.”

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem richtete an den Präsidenten des Nationalrates zu dem als Petition überreichten Anliegen der Unterschriftenaktion “Aktion Leben Österreich – Der Gesetzgeber soll handeln, bevor es zu spät ist – Mensch mit Würde oder Mensch als biologischer Rohstoff?” ein Schreiben mit folgendem Inhalt:

“Zunächst ist festzustellen, daß in der österreichischen Rechtsordnung ein Verbot des Klonens im Bezug auf den Menschen besteht, weil generell entwicklungsfähige Zellen nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden dürfen. Eingriffe in die Keimzellbahn sind unzulässig (Gentechnikgesetz, Fortpflanzungsmedizingesetz). Auf die konkreten diesbezüglichen Bestimmungen gehe ich bei den konkreten Forderungen der vorliegenden Petition näher ein.

Im Zusammenhang mit der Frage der Unterzeichnung des Europarats-Übereinkommens über Menschen­rechte und Biomedizin wird wegen der vor allem gegebenen Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz vorgeschlagen, auch eine Stellungnahme des Bundesministers für Justiz einzuholen.

Österreich tritt für einen größtmöglichen Schutz der Rechte des Menschen und für die beste Wahrung der menschlichen Würde in Bereichen ein, in denen der Mensch Forschung und Medizin gegenübersteht. Das österreichische Recht sieht aber in vielen Punkten einen weit über die Konvention des Europarates über Menschenrechte und Biomedizin hinausreichenden Schutz vor. Die Europaratskonvention definiert nur einen Mindeststandard, sodaß die Österreichische Bundesregierung das Übereinkommen für Menschen­rechte und Biomedizin zwar für durchaus geeignet hält, das Verständnis für menschenrechtliche Schutzstandards und das Erfordernis des Schutzes der Menschenwürde und der menschlichen Identität im Bereich der Biomedizin und Biologie in allen Mitgliedstaaten des Europarates zu fördern, aber es als unbefriedigend empfinden muß, daß der in diesem Übereinkommen vorgesehene Mindestschutzstandard hinter dem im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Schutzstandard in vielen Punkten zurückbleibt.

Österreich hat daher das genannte Übereinkommen am 4. April 1997 noch nicht unterzeichnet und schon am 19. November 1996 die bestehenden Vorbehalte gegen das Übereinkommen in einer Erklärung ausgesprochen. Für eine Unterzeichnung des Übereinkommens über Menschenrechte und Biomedizin und in weiterer Folge für eine Ratifizierung sieht die Österreichische Bundesregierung derzeit keinen dringenden Handlungsbedarf, solange es nicht gelingt, in Zusatzprotokollen doch deutlich höhere Schutzstandards zu erzielen.

Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung ist das vom Europarat am 12. Jänner 1998 in Paris angenommene und zur Unterzeichnung aufgelegte Zusatzprotokoll über ein uneingeschränktes Verbot des Klonierens von Menschen.

3

Solange Österreich das Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin noch nicht unterzeichnet hat, kann es allerdings auch das Zusatzprotokoll über das Klonierungsverbot an Menschen nicht unter­zeichnen.

Schließlich wurde im Rahmen der 29. UNESCO-Generalkonferenz am 11. November 1997 die vom UNESCO’s International Bioethics Committee (IBC) vorgelegte ,Universal Declaration on the Human Genome and Human Rights‘ (Deklaration über das menschliche Genom) angenommen. Dabei wurde für Österreich (BMaA) eine interministeriell (BKA, BMWV und BMJ) erarbeitete Erklärung abgegeben, die eine Reihe von sehr deutlichen die Grundprinzipien der UNESCO-Deklaration spezifizierenden Aussagen enthält. Vor allem müsse die Deklaration als Beginn eines großen intensiven Diskussionsprozesses für ethische Grundsatzregelungen in Übereinstimmung auch mit der Bioethikkonvention (Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin) des Europarates, nicht aber als ein final point verstanden werden. Zu Art. 2 und 6 der UNESCO-Deklaration wurde auf Art. 11 des Europaratsdokumentes verwiesen, das nicht erst bei einer Verletzung der Menschenrechte Genmanipulationen verbietet, sondern dies grundsätzlich und wesentlich umfassender festhält. Zu Art. 5 der UNESCO-Deklaration wurde betont, daß eine Intervention in die Keimbahn ohne Bindung an zwingende ethische Kriterien abzulehnen ist. Zu Art. 11 wurde als österreichischer Vorbehalt angemeldet, daß jegliches Klonen untersagt sein sollte. Im Zusammenhang mit Art. 23 der UNESCO-Deklaration über das menschliche Genom wurde auf eine Förderung einer kontinuierlichen öffentlichen Debatte verwiesen.

Es ist festzuhalten, daß mit dieser Deklaration nunmehr eine Erklärung zu Grundsatzprinzipien vorliegt, deren Fundament der Schutz der Menschenwürde und des Genoms als Erbe der Menschheit ist.

Schon bisher war für ethische Fragestellungen in der Biotechnologie von der EU-Kommission eine Beratergruppe (Group of Advisers on the Ethical Implications of Biotechnology, GAEIB) eingesetzt, welche kürzlich mit einem neuen (erweiterten) Mandat für Fragen der Ethik, Wissenschaft und neuer Technologien ausgestattet und personell erweitert wurde. Die Sachverständigengruppe für Ethik in der Biotechnologie, das Europaparlament und der Europäische Rat haben das Klonieren von Menschen eindeutig verurteilt.

Schließlich wurde anläßlich der Auflage des Zusatzprotokolls des Europarates zur Bioethik-Konvention über das Verbot des Klonens von Menschen eine ,European Conference of National Ethics Committees‘ eröffnet, welche sich mit den ethischen Aspekten auseinandersetzen wird.

–   Ein klares Verbot jeder entgeltlichen wie unentgeltlichen Verwertung eines lebenden oder toten Embryos oder Fötus, auch von seinen Teilen.

Österreich hat dem geänderten Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (gemeinsamer Standpunkt) entsprechend dem Beschluß des Hauptausschusses des Nationalrates am 18. November 1997 im EU-Rat auf Grund einer einschränkenden Protokolländerung zu Art. 16 am 20. November 1997 zugestimmt.

Der vorliegende Richtlinienvorschlag bringt in vielen Bereichen Klarstellungen aber auch Einschrän­kungen der gegenwärtig gegebenen patentrechtlichen Möglichkeiten auf dem Gebiet der Biotechnologie und ist von einer deutlichen Bemühung um eine Lösung für Forschungs- und Verwertungstätigkeiten unter Bedachtnahme auf die ethischen Probleme gekennzeichnet.

Der menschliche Körper in den verschiedenen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung und die einfache Entdeckung eines seiner Elemente, einschließlich die Sequenzierung oder Teilsequenzierung eines Gens, kann nicht patentierfähig sein. Der Entwuf der Richtlinie folgt auch der Erwägung, daß der Schutz des Menschen und die Achtung der Würde und Unversehrtheit des Menschen unveräußerliche Grundprinzipien darstellen und das Klonen bzw. die Änderung der genetischen Keimlinienidentität von Menschen auch eindeutig verurteilt wird (GAEIB, Europäischer Rat, Europarat).

Der Richtlinienvorschlag wird nach der Behandlung im Rat dem Gesetzgebungsverfahren im EU-Parlament weiter unterzogen werden. Mit der Richtlinie über den Schutz biotechnologischer Erfindungen wird einerseits eine größere Rechtssicherheit für Forschung und Wirtschaft durch Harmonisierung der patentrechtlichen Bestimmungen erreicht und werden andererseits die unerläßlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Biotechnologie und im besonderen die Gentechnologie benötigen.

Dazu wird auch auf die Beratungen in der Sitzung des Ausschusses zur Behandlung des Gentechnik-Volksbegehrens am 24. Oktober 1997 hingewiesen und vorgeschlagen, auch eine Stellungnahme des zuständigen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten einzuholen.

Auch wurden in Übereinstimmung mit der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin (Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin) auch in der UNESCO-Deklaration zum Schutz des menschlichen Genoms die Schutzbestimmungen verstärkt und die Zulässigkeit von Forschung, die das Genom nicht zustimmungsfähiger Personen betrifft, stark eingeschränkt. Sie muß unmittelbar der Gesundheit der betreffenden Person nützen. Forschung, die der Gesundheit der betreffenden Person nicht unmittelbar nützt (sog. ,Fremdnutzen‘), ist nur ausnahmsweise, mit äußerster Zurückhaltung und nur dann zulässig, wenn die Person nur minimaler Belastung oder minimalem Risiko ausgesetzt wird und diese Forschung intendiert, zum gesundheitlichen Nutzen von Personen derselben Altersgruppe oder mit demselben genetischen Leiden beizutragen.

Schließlich enthält § 21 des österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetzes ein Vermittlungsverbot von entwicklungsfähigen Zellen.

Gemäß Art. 18 des Menschenrechtsübereinkommens des Europarates zur Biomedizin ist die Erzeugung menschlicher Embryonen für Forschungszwecke verboten. Österreich wird sich um einen effektiven Schutz von Embryonen im Rahmen eines weiteren Zusatzprotokolls zur ER-Konvention bemühen. Gemäß Art. 21 und 22 dürfen der menschliche Körper und Teile davon nicht zur Erzielung eines finanziellen Gewinns verwendet werden. Ähnliches statuiert Art. 4 der UNESCO-Deklaration über den Schutz des menschlichen Genoms. Wenn auch die Europarats-Konvention bisher von Österreich nicht unterzeichnet wurde, wendet die universitäre Forschung diese ethischen Grundsätze doch schon an. Bei der künstlichen In-vivo- und In-vitro-Befruchtung wird gemäß den Bestimmungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, und den schon in der Entschließung des Europäischen Parlaments Dok. A2-372/88 enthaltenen Grundsätzen vorgegangen. Für die Vollziehung des Fortpflanzungsmedizingesetzes ist die Zuständigkeit des Bundesministers für Justiz und der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegeben.

–   Ein klares Verbot des Eingriffs in die menschliche Keimbahn (Genmanipulation).

In Österreich besteht ein klares und striktes Verbot von Eingriffen in die menschliche Keimbahn (§ 64 im IV. Abschnitt des Gentechnikgesetzes, BGBl. Nr. 510/1994, Genanalyse und Gentherapie am Menschen):

,Für Eingriffe in die menschliche Keimbahn gilt das Verbot des § 9 Abs. 2 Fortpflanzungsmedizingesetz, BGBl. Nr. 275/1992.‘

§ 9 Abs. 2 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, lautet:

,Eingriffe in die Keimzellbahn sind unzulässig.‘

–   Ein klares Verbot der Erzeugung von Embryonen durch Klonung.

Klonieren bzw. Klonen in bezug auf den Menschen ist ethisch nicht mit den Prinzipien der Menschen­würde vereinbar und durch die österreichische Gesetzgebung untersagt.

Weder Kerntransplantation als Klonierungstechnik noch Embryonenteilung sind in Österreich in Hinblick auf den Menschen zulässig. Entsprechend der Präambel der vorliegenden Unterschriftenaktion der Aktion Leben Österreich ,Bevor es zu spät ist, Mensch mit Würde oder Mensch als biologischer Rohstoff?‘ wird in der vorliegenden Stellungnahme nur auf den Menschen abzustellen sein.

Gemäß § 9 Abs. 2 Fortpflanzungsmedizingesetz, BGBl. Nr. 275/1992, in Verbindung mit § 64 Gen­technikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994, besteht einerseits das Verbot des Eingriffs in das Erbmaterial der menschlichen Keimbahn.

Andererseits geht jede Klonierungstechnik eindeutig über die zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderliche Behandlung hinaus und ist daher auch aus diesem Grunde untersagt (§ 9 Abs. 1 Fortpflanzungsmedizingesetz).

§ 9 Fortpflanzungsmedizingesetz:

,(1) Entwicklungsfähige Zellen dürfen nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden. Sie dürfen nur insoweit untersucht und behandelt werden, als dies nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwanger­schaft erforderlich ist. Gleiches gilt für Samen oder Eizellen, die für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden sollen.

(2) Eingriffe in die Keimzellbahn sind unzulässig.‘

Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (das sind im Sinne des Fortpflanzungsmedizin­gesetzes die Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als durch Geschlechtsverkehr) sind im § 1 Abs. 2 des Fortpflanzungsmedizingesetzes beispielhaft genannt. Das Klonen stellt keine Methode der medizinisch unterstützten Fortpflanzung dar, weil sie keine zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderliche Behandlung im Sinne des Fortpflanzungs­medizingesetzes ist.

Aus der Bestimmung des § 9 Fortpflanzungsmedizingesetz, daß entwicklungsfähige Zellen nur insoweit untersucht und behandelt werden dürfen, als dies dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich ist, folgt, daß das Klonen von Menschen nicht erlaubt ist.”

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wies in seiner Stellungnahme zur Petition Nr. 30 darauf hin, daß die führende Zuständigkeit zur Beantwortung der gegenständlichen Petition dem Bundesministerium für Justiz zukomme. Weiter wörtlich:

“Im gegebenen Zusammenhang ist insbesondere auf das Fortpflanzungsmedizingesetz, BGBl. Nr. 275/1992, aufmerksam zu machen, in dessen § 9 Regelungen zur Verwendung, Untersuchung und Behandlung von Samen, Eizellen und entwicklungsfähigen Zellen getroffen werden.

Nach § 9 Abs. 1 FMedG dürfen entwicklungsfähige Zellen nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden. Sie dürfen nur insoweit untersucht und behandelt werden, als dies nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft erforderlich ist. Gleiches gilt für Samen und Eizellen, die für medzinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden sollen.

Forschung an entwicklungsfähigen Zellen ist ebenso wie die Verwendung zu anderen Zwecken aus­nahmslos verboten. Untersuchungen und Behandlungen, die die neue Methode des ,nuclear transfer‘ erfordern würde, verstoßen ebenso wie die im Vorfeld erforderlichen Forschungen gegen das umfassende Forschungsverbot des FMedG.

Nach § 9 Abs. 2 FMedG sind Eingriffe in die Keimzellbahn unzulässig. Auch in § 64 Gentechnikgesetz wird auf das Verbot des § 9 FMedG verwiesen.

Durch § 9 leg. cit. sind auch die in der Petition angeführten ,indirekten Eingriffe in die Keimzellbahn‘ durch Verschmelzung gentechnisch veränderter somatischer Zellen mit Keimzellen erfaßt.

Im übrigen ist zu den Forderungen der Petition auf zivilrechtliche Aspekte zu verweisen, wobei für die umfassende Behandlung der Fragestellung auch landesgesetzlichen Regelungen (Leichen- und Bestattungsgesetze der Länder) ebenso Relevanz zukommt wie bundesgesetzlichen Normen, insbesondere hinsichtlich der Entsorgung von Abfällen aus dem medizinischen Bereich.

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales betont abschließend, daß der Schutz menschlichen Lebens – gerade vor dem Hintergrund leidvoller historischer Erfahrungen – vordringlich sein muß und Forschungsfreiheit und medizinischer Nutzen nur unter dem Aspekt der Würde und der Achtung menschlichen Lebens gesehen werden können.”

Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten teilte unter Bezugnahme auf die Petition Nr. 30 mit, daß ein Ressortbezug nicht gegeben sei und sich eine Stellungnahme daher erübrige.

Einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen am 1. Juli 1998:

Ersuchen um Zuweisung an den Gesundheitsausschuß.

Innenausschuß

Petition Nr. 8

überreicht von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits betreffend “Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes”

Die gegenständliche Petition betreffend “Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes”, initiiert durch AusländerInnenberatungstelle der Stadt Graz; Caritas; Verein ISOP; ÖIE; Verein ZEBRA sowie UTR, ruft zur Solidarität mit den Opfern des österreichischen Asylgesetzes auf. Dazu wird folgendes ausgeführt:

“Herr A. war Mitglied einer Oppositionsbewegung in Ghana. Er wurde 1990 verhaftet und mehrere Tage lang schwer gefoltert. Ende 1990 flüchtete er nach Österreich, wo er politisches Asyl beantragte. Das Verfahren wurde 1993 negativ abgeschlossen, die Behörden schenkten seinen Ausführungen keinen Glauben. Drei Jahre lang hatte Herr A. versucht, eine Arbeit in Österreich zu finden. Obwohl vier Firmen Herrn A. einstellen wollten und er über einen ordentlichen Wohnsitz in Östereich verfügt, wurde für ihn nie eine Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitsamt erteilt. Mit dem Abschluß des Asylverfahrens verlor Herr A. sein Aufenthaltsrecht in Österreich. Nun droht ihm die Abschiebung in jenes Land, in dem er gefoltert wurde und die schlimmsten Repressalien zu erwarten hat.

Herr A. ist einer von vielen Flüchtlingen, die in Österreich Schutz vor Verfolgung suchten und nun Gefahr laufen, von den österreichischen Behörden wieder den Verfolgern ausgeliefert zu werden. Schon jetzt wehren sich österreichische MitbürgerInnen gegen die Auswirkungen des unmenschlichen Fremdenrechts und gewähren Flüchtlingen, die nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkönnen, Schutz und Unterkunft. Flüchtlinge, die sich in Österreich keines Deliktes schuldig gemacht haben, werden in die Illegalität abgedrängt und verlieren jegliche Basis einer Existenzsicherung.

Die UnterzeichnerInnen rufen zur Solidarität mit diesen ,doppelten‘ Opfern – Opfer von staatlichem Terror im Heimatland und Opfer des österreichischen Asylgesetzes – auf.

Die Hilfsaktionen für Bosnien signalisieren uns, daß ein großer Teil der österreichischen BürgerInnen sich gegen politische Gewalt und Verfolgung wendet und sich mit den Betroffenen solidarisch erklärt. Deshalb appellieren wir an die BürgerInnen mit politischer Zivilcourage, diesen Aufruf an die österreichische Bundesregierung zu unterzeichnen und sich damit für die Einhaltung von Menschenrechten auch in unserem Land einzusetzen.

Die UnterzeichnerInnen fordern von der österreichischen Bundesregierung,

–   denjenigen Flüchtlingen, deren Fluchtgründe von den österreichischen Behörden nicht anerkannt bzw. unter Berufung auf die Drittlandklausel ignoriert worden sind und die dennoch nicht in ihre Heimat­länder zurückkehren können, ein Aufenthaltsrecht zu gewähren und damit die Basis für ein menschen­würdiges Leben in Österreich zu schaffen;

–   Flüchtlingen bei der Stellung eines Asylantrages auch ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zu gewähren und sie in Bundesbetreuung aufzunehmen;

–   die inhaltliche Überprüfung der Gründe für ein Rückschiebungsverbot eines Flüchtlings durch ein unabhängiges RichterInnengremium und nicht mehr wie bisher durch die Fremdenpolizei;

–   eine Gesamtnovellierung des österreichischen Fremdenrechts und dessen Vollzugspraxis im Sinne der Menschenrechte, denn eine rein rhetorische Erfüllung von Menschenrechtsstandards im Sinne politischer Lippenbekenntnisse erschüttert die Idee der Menschenrechte auch in Österreich.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten.

Die Petition Nr. 8 wurde mit dem Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten 755 der Beilagen miterledigt.

Justizausschuß

Petition Nr. 11

überreicht von der Abgeordneten Hannelore Buder betreffend “Abschaffung des § 188 des StGB”

Die gegenständliche Petition war in Form einer Bürgerinitiative (Nr. 90 in der XVIII. GP) vom Freidenkerbund Österreichs schon einmal eingebracht worden, ist aber durch das Auslaufen der Legislaturperiode im Nationalrat sowohl 1994 als auch 1995 verfallen. Deshalb überrreichte die Abgeordnete Hannelore Buder diese Initiative des Freidenkerbundes Österreichs in Form einer Petition betreffend Abschaffung des § 188 StGB dem Präsidenten des Nationalrates und fordert die ersatzlose Streichung dieses Paragraphen aus dem Österreichischen Strafgesetzbuch mit folgender Begründung:

“Artikel 7 der Bundesverfassung verbietet Vorrechte auf Grund des religiösen Bekenntnisses. Trotz dieser eindeutigen Feststellung sind die Religionsgemeinschaften in Österreich gegenüber den religionsfreien Bürgern in finanzieller, aber auch in rechtlicher Hinsicht privilegiert. So wurde der § 188 des Strafgesetzbuches (,Schutz vor Herabwürdigung religiöser Lehren‘) in den letzten Jahren regelmäßig vor allem gegen Kirchen- und Religionskritiker und Kunstwerke (,Das Gespenst‘ von Herbert Achternbusch, ,Das Liebeskonzil‘ von Oskar Panizza, ,Tod und Teufel‘ von Peter Turrini, ,Habsburg Recyclings Fröhliche X-Nacht‘ von Thomas Gratzer und Harald Posch usw.) angewendet bzw. versucht anzuwenden. Dabei ist es immer wieder zu Verboten und Verurteilungen gekommen.

Dieser an das Mittelalter erinnernde Paragraph steht unserer Meinung nach im Widerspruch zu der in der Verfassung garantierten Meinungs- und Kunstfreiheit. Keine anderen Organisationen als die Kirchen genießen diesen Schutz.

Wir fordern daher die ersatzlose Streichung des § 188 aus dem Österreichischen Strafgesetzbuch!

Die Volkszählung 1991 und der § 188

Die Volkszählung 1991 hat ergeben, daß die traditionellen christlichen Kirchen Mitglieder verloren haben, während etwa die Personen ohne Religionsangehörigkeit sowie die, welche keine Angaben gemacht haben, zugenommen haben. Damit hat sich dieser Trend, der schon in der Dekade von 1971 bis 1981 festgestellt worden ist, weiter fortgesetzt.

Seit 1981 hat die katholische Kirche in Österreich mehr als 5% ihrer Mitglieder verloren. Dagegen ist die Zahl der Konfessionslosen in den letzten zehn Jahren um fast die Hälfte auf 670 000 gestiegen (8,6% der Bevölkerung). Somit liegen diese zahlenmäßig schon deutlich an zweiter Stelle, weit vor der evangelischen Kirche (5%). Dazu kommen noch die 3,6% der Bevölkerung (zirka 300 000), die keine Angaben über ihr Bekenntnis gegeben haben und sich zu keiner Religionsgemeinschaft bekannt haben. Die Summe dieser beiden Gruppen macht daher 12,2% aus, was ungefähr eine Million Menschen bedeutet.

Im Widerspruch zur sinkenden Zahl der Kirchenmitglieder stehen die verschiedenen Privilegien der Kirchen, angefangen vom Konkordat aus dem Jahr 1934, welches vom austrofaschistischen Ständestaat mit einer ausländischen Macht abgeschlossen wurde und zahlreiche Einflußmöglichkeiten dieser ausländischen Macht auf österreichische Institutionen festlegt (zB Ernennung der Bischöfe). Zugenommen haben auch die direkten und indirekten Subventionen der Kirchen, ebenso auch deren Sendezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nach unseren schon vor Jahren angestellten Berechnungen beträgt die Summe der Subventionen vom Bund heute etwa 7,2 Milliarden Schilling. Davon sind zirka 500 Millionen auf Grund von Vermögensvertrags- und Kirchengesetzen, 3 000 Millionen für Steuerprivilegien (Absatzmöglichkeit des Kirchenbeitrags, Ausnahmeregelungen im Grundsteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Vermögensteuergesetz usw.), 2 900 Millionen für die Bezahlung der Religionslehrer und Erhaltung der Theologischen Fakultäten und 800 Millionen fiktiven Werbetarif für die religiösen Sendungen im ORF. Dies bedeutet auch die Nichteinhaltung der propagierten Trennung von Staat und Kirche, welche sich auch immer wieder in der Einmischung von Kirchenvertretern in gesellschaftspolitischen Fragen bemerkbar macht (Schul-, Erziehungs-, Frauenfragen usw.).

Den so mit diesen Vorteilen ausgestatteten Religonsgemeinschaften werden auch eine Reihe von rechtlichen Privilegien zugestanden. So besitzen rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften durch den § 188 Schutz vor Herabwürdigung ihrer religiösen Lehren. Diesen Schutz genießen keine anderen Weltanschauungsgemeinschaften, seien es Parteien oder andere Gruppierungen. Dieser Paragraph wird in regelmäßigen Abständen anzuwenden versucht, um unbequeme Künstler und Kritiker zu kriminalisieren und zum Schweigen zu bringen. Zuletzt wurde gegen die jungen Regisseure Thomas Gratzer und Harald Posch nach Aufführung ihres letzten Theaterstückes ,Habsburg Recyclings Fröhliche X-Nacht‘ auf Grund von Anzeigen von konservativer katholischer Seite ein Strafverfahren in Hinblick auf den § 188 eingeleitet. Inzwischen wurde gegen ein neues Stück der beiden Kunstschaffenden, ,Neuevangelisierungs­tour 93‘, vom katholischen Familienverband (Anzeige auch im oben genannten letzten Fall) protestiert und die Absetzung nicht nur des Stückes, sondern auch der zuständigen Person der Politik gefordert.

Die Einleitung des erwähnten Strafverfahrens konnte leider nicht wie zuletzt im Fall gegen den in der Öffentlichkeit bekannten Literaten Peter Turrini wegen dessen Theaterstück ,Tod und Teufel‘ abgewendet werden. Der Freidenkerbund Österreichs sieht daher den § 188 des Strafgesetzbuches im Widerspruch zu der in der Verfassung garantierten Meinungs- und Kunstfreiheit. Die Tatsache entspricht auch kaum mehr einem aufgeklärten demokratischen Staat. Der Freidenkerbund als eine über 100 Jahre alte demokratische Organisation protestiert daher gegen die Existenz dieses an das Mittelalter und die Inquisition erinnernden Paragraphen und fordert seine ersatzlose Streichung.

Es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet diese Organsation diesen Schutz genießt, die in der Geschichte Millionen Menschen verfolgt, gefoltert und umgebracht hat, oft nur wegen geringfügigster Glaubensabweichungen, und allzu oft an der Seite undemokratischer Regimes gestanden ist.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 3. Juli 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Justizausschuß.

Justizausschuß

Petition Nr. 31

überreicht von den Abgeordneten zum Nationalrat Brigitte Tegischer und Dr. Elisabeth Hlavac für eine Novellierung des Adoptionsrechtes

“Die letzte Novelle zum österreichischen Adoptionsrecht fand 1960 statt.

Inzwischen sind die UN-Deklaration aus 1986 zum Kindeswohl mit besonderer Berücksichtigung von Pflegeverhältnis und Adoption, die UN-Kinderrechtskonvention aus 1989 und die Haager Konvention von 1993 zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen beschlossen worden, deren Grundgedanken ins österreichische Recht einfließen sollten.

Konkret ersuchen die Unterzeichner die Umsetzung folgender Maßnahmen:

1.  Dekretadoption statt Vertragsadoption

     Dies würde zu schnelleren, unbürokratischeren Adoptionsverfahren führen.

2.  Einführung der Volladoption

     Die jetzige Regelung bewirkt keine vollständige familienrechtliche Loslösung von den leiblichen Eltern, aber auch öffentliche Rechte werden Adoptivkindern im Gegensatz zu leiblichen Kindern vorenthalten.

     Unbestrittenermaßen ist für das Kindeswohl primär die leibliche Familie verantwortlich.

     Werden diese Pflichten jedoch nicht wahrgenommen, ist die Adoption die nächstbeste Lösung im Sinne dieses Kindeswohles, die dem Bedürfnis des Kindes nach stabilen Beziehungen entspricht. Die Adoption ist daher auch unauflöslich. Im Sinne der Rechtssicherheit des Adoptionsverhältnisses – sowohl für die Wahleltern wie auch für das Wahlkind – sollten etwa unterhalts- oder erbrechtliche Ansprüche der leiblichen Eltern hinkünftig nicht mehr möglich sein.

3.  ,Verlassenheitserklärung‘

     Haben die Eltern trotz mehrmaliger Aufforderung und schließlicher Verwarnung das Kind, das in einem Kinderheim (oder einer anderen Fremdunterbringung) untergebracht ist, für die Dauer eines Jahres nicht mehr besucht oder sonst kontaktiert, soll das Gericht eine ,Verlassenheitserklärung‘ aussprechen können.

4.  Haager Konvention

     Ratifizierung der Haager Konvention (1993) zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen.”

In der Ausschußsitzung am 26. November 1997 wurde die Einholung je einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie, des Bundes­kanzleramtes (Frauenangelegenheiten) und des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten beschlossen.

Das Bundesministerium für Justiz nahm zur gegenständlichen Petition wie folgt Stellung:

“I. Vorbemerkung

Das Bundesministerium für Justiz stellt bereits seit längerer Zeit Überlegungen darüber an, das österreichische Kindschaftsrecht, das zuletzt im Jahr 1989 einer größeren Reform unterzogen wurde, erneut weiterreichend umzugestalten. Die in diesem Kontext durch Jahre hindurch vorgenommene Stoff­sammlung ergab allerdings, daß konkrete Forderungen nach Änderungen auch im Adoptionsrecht bis vor kurzem nicht erhoben wurden.

II. Zu den geforderten Änderungen des Adoptionsrechts im einzelnen:

Zu 1. Dekretadoption statt Vertragsadoption:

Diese Forderung wird in der Petition damit begründet, daß dies zu schnelleren, unbürokratischen Adoptionsverfahren führen würde. Diese Begründung ist jedoch nicht stichhältig. Mit der Ersetzung der Vertragsadoption durch die Dekretadoption fiele lediglich der kaum formaufwendige Abschluß eines Adoptionsvertrags weg, während der Umfang der vom Gericht im Verfahren zur Bewilligung der Adoption zu ermittelnden und zu prüfenden Tatsachen, wie etwa das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses, die Wahrung des Wohles des Kindes, der Altersunterschied oder die Statusverhältnisse des Kindes, unverändert bliebe. Der Vorteil der Vertragsadoption liegt jedoch darin, daß nach österreichi­schem Recht die Wirkungen der Adoption – im Fall ihrer Bewilligung – mit dem Abschluß des Adoptionsvertrags (§ 179a Abs. 1 zweiter Satz ABGB) und nicht erst wesentlich später mit dem Eintritt der Rechtskraft des gerichtlichen Adoptionsdekrets eintreten. Der Abschluß eines Adoptionsvertrags ist nach österreichischem Recht der einfachen Schriftform vorbehalten. Der Vertragsinhalt hat sich ausschließlich auf den Umstand der Annahme an Kindes Statt – heute auch nicht mehr auf bestimmte namensrechtliche Folgen – zu beziehen. Eine auch nur einigermaßen professionell geführte Adoptions­vermittlungsstelle – wie etwa der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger oder die von diesem als freie Träger zugelassenen Rechtsträger – sollte in der Lage sein, in kürzester Zeit einen Adoptionsvertrag aufzusetzen.

Zu 2. Einführung der Volladoption:

Zur Begründung dieser Forderung wird in der Petition angeführt, daß die jetzige Regelung keine vollständige familienrechtliche Loslösung von den leiblichen Eltern bewirke, aber auch öffentliche Rechte Adoptivkindern im Gegensatz zu leiblichen Kindern vorenthalten würden. Für das Kindeswohl sei unbestrittenermaßen die leibliche Familie verantwortlich. Würden diese Pflichten jedoch nicht wahr­genommen, sei die Adoption die nächstbeste Lösung im Sinn des Kindeswohls, die dem Bedürfnis des Kindes nach stabilen Beziehungen entspreche. Die Adoption sei daher auch unauflöslich. Im Sinn der Rechtssicherheit des Adoptionsverhältnisses sollten unterhalts- und erbrechtliche Ansprüche der leiblichen Eltern in Zukunft nicht mehr möglich sein.

Hiezu ist zunächst auszuführen, daß die Frage der Anknüpfung anderer Rechtsgebiete als des Zivilrechts an die Adoption von der Frage einer Voll- oder Teiladoption losgelöst zu betrachten ist. Wenn etwa das Staatsbürgerschaftsrecht und auch das Aufenthaltsrecht an den bloßen familienrechtlichen Bestand einer Adoption nicht sofort Rechtswirkungen knüpfen, so entspricht das einer vom Justizressort bereits seit längerer Zeit befürworteten Art und Weise der Bedachtnahme auf familienrechtliche Tatbestände. Es erscheint vielfach nicht zweckmäßig, allein aus dem Bestehen eines familienrechtlichen Rechts­verhältnisses ohne das Hinzutreten weiterer Kriterien einen Anspruch auf staatliche Vorteile abzuleiten. An dieser Überlegung würde auch ein Übergang zur Volladoption nichts ändern.

Das geltende österreichische Adoptionsrecht versucht den Ansprüchen der unterschiedlichen Alters­gruppen von Wahlkindern gerecht zu werden. Einerseits läßt es im Verhältnis zu den Wahleltern und deren Nachkommen die gleichen Rechte wie zu leiblichen Eltern entstehen, andererseits läßt es subsidiäre Unterhaltsansprüche weiterhin zu und läßt auch die erbrechtlichen Ansprüche des Wahlkindes gegenüber seinen leiblichen Eltern unberührt (§§ 182 bis 182b). Darüber hinausgehende familienrechtliche Bindungen zu den leiblichen Eltern im persönlichen Bereich – wie etwa ein Besuchsrecht der leiblichen Eltern – kennt das geltende Adoptionsrecht aber nicht. Eine Änderung in Richtung Volladoption würde auf das in Österreich weiterhin bestehende Bedürfnis an einer Adoption auch volljähriger Personen (,Erwachsenenadoption‘) nur ungenügend Bedacht nehmen. Nach der Statistik der Rechtspflege für das Jahr 1995 betrug der Anteil der Volljährigen an Adoptionen immerhin 26%. Die Umstellung des herrschenden österreichischen Systems auf eine Volladoption würde daher dem Wunsch eines Teiles der an einer Adoption Interessierten nach einem Aufrechtbleiben gewisser familien- und erbrechtlicher Beziehungen nicht entsprechen.

Im übrigen ist es ein Irrtum in der Begründung der Petition, daß die Adoption unauflöslich wäre. Das österreichische Recht kennt – etwa bei bestimmten Fällen des Mißbrauchs dieses Rechtsinstituts sowie bei groben Fehlern – den Widerruf, in anderen Fällen die Aufhebung der Adoption. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß auch das deutsche Adoptionsrecht – ungeachtet der dort bestehenden Volladoption – die Möglichkeit der Aufhebung der Adoption kennt (§§ 1760, 1763 BGB).

Zu 3. Verlassenheitserklärung:

Als Begründung für diese Forderung wird angeführt, daß das Gericht die Möglichkeit haben soll, eine ,Verlassenheitserklärung‘ auszusprechen, wenn die Eltern trotz mehrmaliger Aufforderung und schließlicher Verwarnung das in einem Kinderheim oder einer anderen Art der Fremdunterbringung befindliche Kind für die Dauer eines Jahres nicht mehr besucht oder sonst kontaktiert haben. Trotz dieser Begründung ist der Sinn der Forderung unverständlich. Wenn es darum gehen sollte, eine Verjährung der Elternrechte einzuführen, so scheint dies mit den grundsätzlichen Wertungen des Familienrechts nur schwer vereinbar. Wenn es aber darum gehen soll, Adoptionen zustande zu bringen, obwohl die leiblichen Eltern ihre Zustimmung hiefür verweigern, ist auf § 181 Abs. 2 und 3 ABGB hinzuweisen, der bereits jetzt in angemessener Weise die Möglichkeit vorsieht, daß Adoptionen trotz fehlender Zustimmung der leiblichen Eltern zustande kommen.

Zu 4. Ratifizierung der Haager Konvention zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen:

Die Ratifikation des Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption schien dem Justizressort bisher nicht vordringlich, weil danach kein praktischer Bedarf bestand.

Was Adoptionen aus Rumänien betrifft, hat das rumänische Adoptionskomitee den Verein Initiative Pflegefamilien seinerzeit zwecks Vermittlung rumänischer Adoptivkinder nach Österreich anerkannt. Als Folge einer Änderung des innerstaatlichen rumänischen Adoptionsrechts durch die Anfang Juni 1997 erlassene Dringlichkeitsverordnung der rumänischen Regierung hat das Bundesministerium für Justiz vor kurzem die Arbeiten zur Vorbereitung der Ratifikation des genannten Übereinkommens in Angriff genommen. Da einzelne Bestimmungen des Übereinkommens einer näheren Ausführung durch ein Durchführungsgesetz bedürfen und ein Gesetzentwurf dafür zunächst mit den zur Vollziehung der Jugendwohlfahrt berufenen Bundesländern besprochen und anschließend einem allgemeinen Begutach­tungsverfahren unterzogen werden muß, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden, wann das Übereinkommen samt dem hiefür erforderlichen Entwurf eines Durchführungsgesetzes dem Nationalrat zur Behandlung zugeleitet werden kann.

III. Zusammenfassung

Zusammenfassend ergibt sich, daß derzeit nur die Ratifikation des Haager Übereinkommens vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption sowie die Durchführung dieses Übereinkommens durch ein Bundesgesetz erforderlich sind; darüber hinausgehende Änderungen des Adoptionsrechts sind aus der Sicht des Bundesministeriums für Justiz nicht erforderlich.”

Das Bundesministerium für Umelt, Jugend und Familie bedauert in seiner Stellungnahme grundsätzlich, daß die Forderungen, die kinder- und menschenrechtliche Fragen betreffen, in der Petition nicht näher begründet bzw. die Begründungen nicht näher ausgeführt sind.

“Zu Punkt 1: ,Dekretadoption‘ statt ,Vertragsadoption‘

a)  Es ist nicht ersichtlich, aus welchen Erwägungen die Einführung einer ,Dekretadoption‘ unbüro­kratischere Adoptionsverfahren bewirken würde: Ausführungen darüber, bei welcher Behörde eine solche ,Dekretadoption‘ angesiedelt sein würde, fehlen. Da auch im Falle einer ,Dekretadoption‘ – auf Antrag anstelle des derzeitigen bewilligungspflichtigen Adoptionsvertrags – eine Willenserklärung der Eltern, und zwar deren Zustimmung, eingeholt werden müßte (siehe unter Punkt 1/b und c), scheint eine Bürokratieersparnis auch bei einer ,Dekretadoption‘ nicht gegeben.

     Ferner ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß die notwendige behördliche Sorgfalt in Adoptionsfällen in erster Linie dem Schutz des zu adoptierenden Kindes dient.

b) Sollte im Sinne der Petition beabsichtigt sein, in Adoptionsfällen generell auf eine Willenserklärung der leiblichen Eltern, und zwar auf ihre Zustimmung zur Adoption des Kindes, zu verzichten, um Adoptionsverfahren ,schneller und unbürokratischer‘ durchführen zu können, so bedeutete dies einen massiven und daher bedenklichen Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grund- und Menschenrechte: und zwar in das Recht, eine Familie zu gründen (Art. 12 EMRK) sowie in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK).

c)  Hingewiesen sei weiters darauf, daß auch nach der jetzigen Rechtslage ein leiblicher Elternteil nicht willkürlich durch die Verweigerung seiner Zustimmung die Adoption seines Kindes verhindern kann, wenn dafür keine gerechtfertigten Gründe bestehen: Gemäß § 181 Abs. 3 ABGB hat nämlich das Gericht die – an sich notwendige – Zustimmung eines leiblichen Elternteils zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.

d) Bereits nach der derzeitigen Rechtslage kommt eine Adoption nicht allein durch das Handeln der abgebenden und annehmenden Eltern (Adoptionsvertrag) zustande, denn sowohl für den Vorgang der Vorbereitung einer Adoption wie auch für die Durchführung einer solchen ist staatliches hoheitliches Handeln vorgesehen: Eine Adoption darf, sofern es sich um minderjährige Wahlkinder handelt, nur durch den Jugendwohlfahrtsträger (oder durch von diesem anerkannte freie Wohlfahrtsträger) vermittelt werden, darüber hinaus bedarf der Adoptionsvertrag zu seiner Wirksamkeit der Bewilligung des Gerichts. Beide Behörden sind bei ihren Entscheidungen primär dem Kindeswohl verpflichtet (§ 24 Abs. 2 JWG, § 180a ABGB).

Zu Punkt 2 ,Einführung der Volladoption‘

Aus dem Wortlaut der Petition läßt sich nicht erkennen, welche ,öffentlichen Rechte‘ den Adoptivkindern im Gegensatz zu den nichtadoptierten Kindern vorenthalten werden.

Zu den angesprochenen Fragen des Unterhalts- bzw. Erbrechts der leiblichen Eltern gegenüber einem Adoptivkind wird angemerkt, daß solche Problemlagen in der Realität kaum vorkommen, was im folgenden nähert ausgeführt wird:

1.  Sowohl allfällige unterhalts- als auch erbrechtliche Ansprüche der leiblichen Eltern gegenüber dem Adoptivkind sind von subsidiärer Natur, dh. sie kommen nur dann zum Tragen, wenn es keine näheren unterhaltspflichtigen Angehörigen gibt bzw. wenn die primär erbberechtigten Adoptiveltern und deren Nachkommen weggefallen sind.

2.  Unterhalts- bzw. erbrechtliche Ansprüche der leiblichen Eltern kommen weiters nicht zum Zuge, wenn diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber ihrem unmündigen Kind (§ 182 Abs. 2 ABGB, Unterhalt) bzw. ganz allgemein ihre sonstigen aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sich ergebenden Pflichten gegenüber dem Erblasser (§ 540 ABGB, Erbrecht) gröblich vernachlässigt haben.

3.  Den – in der Realität kaum vorkommenden – unterhalts- bzw. erbrechtlichen Ansprüchen der leiblichen Eltern gegenüber dem Adoptivkind entsprechen umgekehrt Ansprüche des Adoptivkindes gegenüber seinen leiblichen Eltern: Soweit nämlich die Adoptiveltern – aus welchen Gründen auch immer – zur Leistung des Unterhaltes des Adoptivkindes nicht in der Lage sind, haben diese ihm Unterhalt zu gewähren (subsidiärer Unterhaltsanspruch des Adoptivkindes); das Erbrecht des Adoptivkindes gegenüber seinen leiblichen Verwandten bleibt sogar voll bestehen. Zudem besteht noch ein subsidiärer Anspruch des Adoptivkindes auf Ausstattung bzw. Heiratsgut.

     Eine vollständige familienrechtliche Loslösung, wie sie in der Petition gefordert wird, würde zum Entfall all dieser Rechte des Adoptivkindes (nicht nur der genannten Pflichten) führen; dies erscheint – gerade im Hinblick auf die Rechte des Kindes im Sinne des 1989 verabschiedeten ,UN-Überein­kommens über die Rechte des Kindes‘ (KRK) – problematisch.

Zu Punkt 3 ,Verlassenheitserklärung‘

In der Petition wird nicht näher ausgeführt, welche erwünschten Folgen eine solche ,Verlassenheits­erklärung‘ nach sich ziehen sollte, wobei auch die bedenkliche psychologische Wirkung, die es auf ein Kind haben kann, wenn es vom Gericht für ,verlassen‘ erklärt wird, in einer Gesamtbewertung mitzuberücksichtigen ist.

Zu Punkt 4 ,Ratifikation der Haager Konvention zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen‘

Bezüglich der Ratifikation der Haager Konvention zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen wird auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz verwiesen.”

Seitens der Sektion VII im Bundeskanzleramt erging nachstehende Stellungnahme:

“ad 1. Dekretadoption statt Vertragsadoption:

Das österreichische Adoptionsrecht sieht vor, daß die Annahme an Kindes Statt durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles zustande kommt.

Es handelt sich dabei um einen schriftlichen Formalvertrag, dessen Inhalt vom Gesetz zwingend vorgegeben ist. Die vertragliche Vereinbarung erfaßt nur das ,ob‘, nicht jedoch das ,wie‘, weil die Wirkungen der Adoption nicht modifiziert werden können.

Bei der Bewilligung einer Adoption ist das Gericht insbesondere an die in § 180a ABGB festgelegten Voraussetzungen und die Wahrung der in §§ 181 und 181a ABGB vorgesehenen Zustimmungs- und Anhörungsrechte gebunden.

Bei der in der Petition geforderten Dekretadoption entscheidet die zuständige Behörde über die Adoption.

Die Unterzeichnerinnen der Petition führen dazu aus, daß dies zu schnelleren, unbürokratischeren Adoptionsverfahren führen würde.

Eine Beschleunigung der Adoptionsverfahren ist jedoch durch Einführung einer Dekretadoption nicht zu erwarten.

Da eine Adoption in erster Linie dem Kindeswohl des Wahlkindes zu dienen hat, sind zu dessen Sicher­stellung Erhebungen über das Umfeld, die konkreten Lebensumstände, die wirtschaftlichen Verhältnisse und die persönliche Eignung der Wahleltern unabdingbar. Ermittlungen und Erhebungen wären daher zur Sicherstellung des Kindeswohls auch im Falle der Dekretadoption durchzuführen.

Weiters wären die gesetzlich vorgesehenen Zustimmungsrechte, insbesondere der leiblichen Eltern, und die gesetzlich vorgesehenen Anhörungsrechte, insbesondere des Jugendamtes bei der Adoption minder­jähriger Kinder, auch bei der Dekretadoption zu wahren.

Dem Interesse der Wahleltern nach einer möglichst raschen Durchführung des Adoptionsverfahrens kann daher durch die Forderung nach Einführung der Dekretadoption nicht Rechnung getragen werden.

ad 2. Einführung der Volladoption:

Die Rechtssicherheit des Adoptionsverhältnisses steht entgegen dem diesbezüglichen Wortlaut der Petition in keinem Zusammenhang mit den unterhalts- oder erbrechtlichen Ansprüchen der leiblichen Eltern.

Hinsichtlich der in der Petition gestellten Forderung nach Abschaffung dieser Ansprüche der leiblichen Eltern wird festgehalten, daß diesen Ansprüchen entsprechende Rechte des Kindes gegenüberstehen.

Gemäß § 182a ABGB haben nämlich die leiblichen Eltern und deren Verwandte weiterhin für den Unterhalt, das Heiratsgut und die Ausstattung des Kindes aufzukommen, wenn die Adoptiveltern dazu nicht in der Lage sind. Gemäß § 182b ABGB bleibt auch das Erbrecht des adoptierten Kindes gegenüber den leiblichen Eltern und deren Verwandten aufrecht. Das Wahlkind hat also sowohl das Erbrecht gegen­über seinen Wahleltern als auch gegenüber seinen leiblichen Verwandten.

Eine vollständige rechtliche Lösung der Beziehungen des Wahlkindes zu seinen leiblichen Eltern hätte auch das Erlöschen der Ansprüche des Kindes zur Folge. Ein Wegfall der Ansprüche des Wahlkindes gegenüber den leiblichen Eltern wird jedoch als Verschlechterung der Rechtsposition des Kindes nicht befürwortet.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß durch die Adoption nur zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits die gleichen Rechte, wie sie durch eheliche Abstammung begründet werden, entstehen. Zwischen dem Wahlkind und den übrigen Verwandten der Wahleltern existiert keine Rechtsbeziehung, somit auch kein gesetzliches Erbrecht.

Was die erbrechtlichen Ansprüche der leiblichen Eltern gegenüber dem Kind anlangt, ist festzuhalten, daß im Konkurrenzfall die Adoptiveltern den leiblichen Eltern im Range vorgehen, sodaß die leiblichen Eltern neben den Wahleltern nicht zum Zug kommen können.

Hinsichtlich des Anspruchs der leiblichen Eltern auf Unterhalt gegenüber dem Kind ist festzuhalten, daß dieser gemäß § 182a Abs. 2 ABGB nur dann besteht, wenn diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem noch nicht 14 Jahre alten Kinde vor dessen Adoption nicht gröblich vernachlässigt haben. Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle steht auch dieser Anspruch der leiblichen Eltern dem der Wahleltern im Range nach.

ad 3. ,Verlassenheitserklärung‘:

Da der konkrete Inhalt und die rechtlichen Konsequenzen einer solchen ,Verlassenheitserklärung‘ aus der Petition nicht hervorgehen, wird von einer Stellungnahme abgesehen.

Es wird jedoch ausdrücklich auf die in Art. 8 und Art. 12 MRK verankerten Menschenrechte hingewiesen, wonach jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens bzw. das Recht, mit Erreichen des heiratsfähigen Alters gemäß den einschlägigen nationalen Gesetzen eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, hat.

ad 4. Ratifizierung der Haager Konvention zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen:

Gegen die in der Haager Konvention über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption verankerten Ziele, Grundsätze und Bestimmungen bestehen aus frauenpolitischer Sicht keine Bedenken.”

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nahm wie folgt Stellung:

“Die Petition Nr. 31 betreffend eine Novellierung des Adoptionsrechts berührt keine Materien, die vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten federführend wahrzunehmen wären, so daß eine substantielle Stellungnahme seitens des ho. Ressorts nicht erfolgt.

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten befürwortet jedoch eine rasche Ratifikation der Haager Konvention (1993) zum Schutz des Kindes bei Auslandsadoptionen.”

Einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen am 1. Juli 1998:

Ersuchen um Zuweisung an den Justizausschuß.

Justizauschuß

Petition Nr. 48

überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Volker Kier und Dr. Irmtraut Karlsson betreffend “3 Forderungen zur rechtlichen Verankerung von PartnerInnenschaften”

Durch die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Volker Kier und Dr. Irmtraut Karlsson wurde folgendes Anliegen des Österreichischen Lesben- und Schwulenforums dem Präsidenten als Petition überreicht:

“3 Forderungen zur rechtlichen Verankerung von PartnerInnenschaften

1. Eingetragene PartnerInnenschaften für homosexuelle und heterosexuelle PartnerInnen

–   Gemeinsamer Kauf von Eigentumswohnungen,

–   Aufenthaltsrecht für ausländische PartnerInnen,

–   Erbrecht,

–   Auskunftsrecht und Besuchsrecht im Krankenhaus (Intensivstation).

Im österreichischen Recht fehlt eine Grundlage für gleichberechtigte, moderne Lebensformen. Diese ist neu zu schaffen. Sie soll offen sein für alle PartnerInnen, unabhängig von ihrem Geschlecht.

Wir wollen keine Kopie der Ehe, sondern die rechtliche Verankerung einer PartnerInnenschaft, die sich an den realen Bedürfnissen moderner Beziehungen orientiert. Diese PartnerInnenschaft bedeutet nicht lebenslange Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Sie resultiert aus dem Willen, für die Dauer einer eingetragenen PartnerInnenschaft füreinander Verantwortung zu übernehmen.

2. Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften

–   Gemeinsame versicherungsrechtliche Absicherung,

–   Zeugnisentschlagungsrecht im strafgerichtlichen Verfahren und

–   Eintrittsrecht in Mietverträge auch für homosexuelle Lebensgefährten/Lebensgefährtinnen.

Das österreichische Recht definiert die Lebensgemeinschaft als das in wirtschaftlicher Hinsicht eheähn­liche Zusammenleben zweier Personen in einer Wohnung. Trotz dieser neutralen Formulierung hat der Oberste Gerichtshof 1996 entschieden, daß damit nur heterosexuelle Lebensgefährten/Lebensgefährtinnen gemeint sind. Es ist rechtlich klarzustellen, daß auch Lesben und Schwule ihre Rechte als Lebensgefähr­ten/Lebensgefährtinnen erhalten.

3. Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger vor dem Gesetz erfordert:

–   Schutz vor Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung und sexueller Identität in der Ver­fassung.

Zur Umsetzung diese Katalogs fordern wir die Einsetzung einer Kommission, in die auch die Betroffenen einzubeziehen sind.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 1. Juli 1998:

Ersuchen um Zuweisung an den Justizausschuß.

Landesverteidigungsauschuß

Petition Nr. 15

überreicht vom Abgeordneten Herbert Scheibner betreffend “Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungsplanes 85 (LVP 85)”

Durch den Abgeordneten Herbert Scheibner wurde folgende Initiative des Österreichischen Kamerad­schaftsbundes (Landesverband für Oberösterreich) als Petition unter dem Titel “Vorrang für Österreichs Sicherheit durch eine österreichische Sicherheitsdoktrin und die Anpassung des Landesverteidigungs­planes 85 (LVP 85)” eingebracht:

“Trotz Zustimmung aus dem Bereich der für Wehr- und Verteidigungsbereitschaft einstehenden politischen Mandatare der drei staatstragenden Parteien im Jahre 1995 erfolgten auch im Jahr der RK 96 keine konkreten Aussagen über eine Neuanpassung des LVP 85. Stattdessen wird aus ,Kostengründen‘ an dringendst notwendigen Nachrüstungsschritten medial herumdiskutiert und ideologie Standpunkte vertreten und ein Vierjahresprogramm erneut auf den Herbst verschoben.

Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen sicherheitspolitischen Strukturen (Innen­politisch) und militärstrategische Entwicklungen (Außenpolitisch) ist

a)  die Teilnahme an der NATO-Partnerschaft für den Frieden,

b) die Fixierung des Beobachterstatus bei der Westeuropäischen Union

nur als erster Schritt zur Integration und Solidarität Österreichs in einem föderativen Europa der Regionen, Völker und Volksgruppen zu sehen. Ein Abwarten über Aufgabenzuteilung seitens der Beschlüsse durch die laufende RK ist daher nicht verantwortbar.

Die Abänderung, bzw. Anpassung des Neutralitätsgesetzes kann und darf nur unter dem Aspekt der eigenen, auf demokratischer Basis aufzubauenden sicherheitspolitischen Stärke im Inneren und auf Wehr- und Verteidigungsbereitschaft abgestützten Stärke nach außen erfolgen.

Denn:

Die europäische Sicherheitspolitik befindet sich in einer Phase der Beratungen und des Umdenkens (RK). Es wird in Zukunft keine Rolle spielen, wie das europäische Sicherheitssystem nach der RK 96 aussehen mag. Welche Stellung Österreich in diesem Sicherheitssystem einnehmen wird. Die Umfassende Landesverteidigung (ULV) in allen ihren Facetten wird trotz dieser Strukturen für Oberösterreich und Österreich unerläßlich sein.

Ein sicherheitspolitisches Trittbrettfahren und nach österreichischen Lösungen ausgerichtetes taktierendes Lavieren wird nach dem Gemeinschafts- und Solidaritätsgedanken und damit einer europäischen Friedensordnung nicht zuträglich sein.

Es müssen die Verteidigungsdoktrin und der neuzuerstellende Landesverteidigungsplan in den Gesamt­rahmen einer ,Österreichischen Sicherheitdoktrin‘ eingebunden sein. Auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungen in Osteuropa, der Balkankrise, der bedrohlich wachsenden organisierten Kriminalität (O.K.) usw. und des wieder arbeitsfähigen Parlaments fordert der OÖKB, mit dem demokratischen Recht der Petition, die ohnehin nach einer zehnjährigen Geltungsdauer vorgesehene Anpassung des LVP 85 in Angriff zu nehmen und trotz ausstehenden RK-Beschlüssen umzusetzen.

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU-Mitgliedstaaten wird in der RK 96 erörtert und diskutiert. Österreichs Regierungsverantwortliche müßten bereits wissen, was unser Land will und kann. Eine einstimmig politische Akzeptanz aller staatstragenden und damit politisch verantwortlichen Parteien sollte über Absichtserklärungen und Positionspapiere bereits weit hinausgehen.

Forderung nach zehnjähriger Überarbeitung

In dieser Petition wird gefordert, daß in zeitlichen Abständen den sich ergebenden Änderungen der Rechts- und Sachlage entsprochen wird und daher mindestens alle zehn Jahre ein grundsätzliches Nachdenken und – wenn notwendig – eine Überarbeitung des LVP und der als Basis dienenden Sicherheitsdoktrin stattzufinden hat. Hat man im Jahre 1990 in Anbetracht der Entwicklung im Osten und im Bestreben um den Beitritt Österreichs in die EU von einer Überarbeitung Abstand genommen, so ist es jetzt höchst an der Zeit, dies zu tun. Den Verhandlungen bei der RK 96 über die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU muß ein maßgeschneidertes Konzept der österreichischen Wehr- und Verteidi­gungsbereitschaft und Möglichkeiten des weiteren solidarischen Handelns zugrunde liegen.

Forderung nach politischer Verantwortung

Die österreichische Position muß auf der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der nationalen inneren Sicherheit bei Beschäftigungspolitik sowie Asyl- und Umweltfragen und Militärischer Landesverteidigung (MLV) liegen.

Wichtige Punkte sollten sein:

–   Die Mitwirkungsrechte kleinerer und mittlerer Staaten müssen im Rahmen von föderativen Strukturen, Regionen und freien Völkern gewahrt bleiben.

–   Übergang zu einer Mehrheitsentscheidung ist anzustreben, im Bereich der militärischen Landes­verteidigung sollte jedoch das Einstimmigkeitsprinzip gewahrt werden.

–   Für die Petersburger Aufgaben sollte der militärische Arm den Richtlinien der EU unterstellt werden.

–   Dem anzustrebenden gesamteuropäischen Sicherheitsdialog muß auch ein geänderter Landesverteidi­gungsplan LVP Neu) zugrunde liegen.

Festzustellen ist, daß der militärische Teil des LVP zu überarbeiten ist und seitens der Politik eine dementsprechende Aussage getroffen wird, damit auch die notwendigen finanziellen Mittel für

a)  Abfangjäger (nicht Luftraumüberwachungsflugzeuge),

b) Ankauf vom Kampf- und Transporthubschraubern

langfristig zur Verfügung stehen.

Denn:

Österreich verfügt derzeit über 32 Mehrzweckflugzeuge Saab 105Ö (nach Abgang von der Jabo- und Aufklärungsvariante nur mehr Schulungsflugzeug) und 24 Luftraumüberwachungsflugzeuge/Abfangjäger Saab 35Ö-Draken. Im Bereich der Kampfflugzeuge bildet Österreich das eindeutige Schlußlicht im inter­nationalen Vergleich. Das Fehlen von Kampfhubschraubern, trefferrobusten Erdkampfflugzeugen, Trans­porthubschraubern bzw. Großraumtransporthubschraubern wird nur angeführt und nicht einmal begründet.

Bedenkt man, daß der ,Draken‘ ursprünglich als Luftraumüberwachungsflugzeug eingeführt und nur durch Nachrüstung mit Luft-Luftlenkwaffen Typ AIM 9 ,Sidewinder‘ als Abfangjäger brauchbar gemacht werden konnte, so ist festzustellen, daß hier ein moderner Ersatz immer dringender notwendig wird.

c)  Vergrößerung der Transportkapazität im Bereich der Transporthubschrauber, aber auch der Flächen­flugzeuge (Unabhängigkeit im Transportraum für die Katastrophen und UN-Einsatzkräfte zu erlangen) ist eine dringende Notwendigkeit, um logistische Kapazitäten nicht von langen Anmietungsproze­duren und teuren Leasingkosten abhängig zu machen. Die dafür notwendigen personellen Rahmen­bedingungen sind einer langfristigen Planungs- und Personalpolitik durch klare politische Auftrags­erteilung an die MLV zu unterwerfen.

d) Ausbau der Bodenluftabwehr bzw. die Verdichtung in diesem Bereich ist durch Beschaffung von

     –  radargesteuerten Rohrwaffen

     –  Fliegerabwehrlenkwaffen der nahen, mittleren und großen Reichweite (2 000, 4 000, über 4 000 m) vehement fortzusetzen,

     um die Operationsfähigkeit der präsenten Kräfte auch im gepanzerten Bereich mit analogen Waffen­systemen übergreifend zu erhalten und zivile sowie industrielle Ballungszentren ansatzweise abdecken zu können.

Denn:

Die Fliegerabwehr des Bundesheeres war nie in der Lage, einen umfassenden Schutz vor Luftbedrohun­gen zu gewährleisten. Derzeit sind im Bundesheer zwei Typen von Fliegerabwehrgeschützen eingeführt. Die leichte Fliegerabwehrkanone mit einem Kaliber von 2 cm und einer Reichweite von 2 000 m ist vor allem zur Hubschrauberabwehr mit entsprechender Hartkernmunition (derzeit nicht vorhanden) einsetz­bar. Das radargesteuerte Fliegerabwehrgeschütz mit einem Kaliber von 3,5 cm und einer Reichweite von 4 000 m bietet nur einen örtlich ernstzunehmenden Schutz vor tieffliegenden Kampfflugzeugen. Bedenk­lich ist vor allem, daß die mechanisierten Truppen über keinen gepanzerten Schutz vor Luftbedrohungen mehr verfügen. Gänzlich ungeschützt ist Österreich – sowohl Soldaten als Zivilbevölkerung – vor Luftan­griffen aus großer Höhe oder größerer Entfernung. Das Bundesheer hat keine mittleren oder schweren Fliegerabwehrlenkwaffen zur Verfügung. Daran ändert auch die begrüßenswerte Einführung der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe Mistral nichts, da auch dieses Waffensystem für den Truppenschutz nur eine begrenzte Reichweite hat. Alle Nachbarstaaten Österreichs (ausgenommen Slowenien) verfügen über eine umfangreiche Palette von schweren und mittleren Fliegerabwehrlenkwaffen. So hat die Schweiz etwa 60 ,Rapir‘ und 64 ,Bloodhound‘ in Verwendung. Die Ungarn verfügen über insgesamt 118 mittlere und 120 schwere Fliegerabwehrsysteme. Prinzipiell muß festgehalten werden, daß die Einführung der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe ,Mistral‘ mit dem bereits beschafften Wärmebildzielgerät und der noch zu beschaffenden Radarausrüstung eine notwendige Ergänzung (im 2 000 m Bereich) der Fliegerabwehr­kanonen von 2 bis 3,5 cm darstellt. Trotzdem besteht nach wie vor dringender Bedarf an entsprechenden weitreichenden Systemen, die eine Abwehr von modernen Kampfflugzeugen (Flächen, Rotor oder Propeller) ermöglichen und somit erst den Schutz von Städten oder industriellen Einrichtungen erlauben.

e)  Nachrüstung von schweren Waffen für die mechanischen Kräfte, wie zB

     –  Panzer, Radpanzer, Schützenpanzer, Radschützenpanzer, Artillerie und deren Logistik auf europäi­schem Standard zu berücksichtigen und nicht neutralitätsmäßigen Entscheidungen zu unterwerfen.

Unter den mechanisierten Kräften werden vor allem Truppen (jetzige PzGrenBrigaden) verstanden, die unter Panzerschutz von den jeweiligen Fahrzeugen aus kämpfen. Diese werden nach Bauweise und Funktion unterteilt: in Kampfpanzer, Schützenpanzer, Jagdpanzer, Panzerhaubitzen sowie gepanzerte Sonderfahrzeuge (zB: Bergepanzer, Sanitätspanzer, Kommandopanzer usw.).

Das Österreichische Bundesheer verwendet derzeit ausschließlich den mittleren Kampfpanzer M60. Trotz der verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen darf nicht vergessen werden, daß der bereits 1964 eingeführte M60 letztlich auf potentielle Gegner der sechziger Jahre ausgerichtet ist. Also Kampfpanzern, die derzeit der Verschrottung zugeführt werden. Ersatzteile nach der Jahrhundertwende werden nicht mehr erhältlich sein. Mit den Kampfpanzern unserer Nachbarstaaten, wie dem Leopard 2 oder dem T 72, die zusätzlich auch laufend modernisiert werden, kann der M60 hinsichtlich seines Kampfwertes nicht mehr verglichen werden. Die Besatzungen sind nicht mehr gefechtsfeldüberlebensfähig. Die nicht vorhandene Durchschlagsleistung der vor kurzem an T72 erprobten Pfeilmunition ist Faktum (hier wird mit politischem Restrisiko spekuliert). Die Kaufoption der NL Armee zum Verkauf von modernisierten 114 Leopard 2A4 sollte so rasch als möglich realisiert werden.

Noch dramatischer stellt sich die Situation bei den Schützenpanzern dar. Sie dienen vor allem als Transportfahrzeuge für Panzergrenadiere auf dem Gefechtsfeld und als Waffenträger zum Aufbau eines Feuerschutzes. Die 480 österreichischen Schützenpanzer sind bereits über 30 Jahre in Verwendung. Panzerschutz (offener Kampfraum), Feuerkraft und die ergonomischen Gegebenheiten entsprechen schon lange nicht mehr dem internationalen Standard – wie auch die Erkenntnisse der österreichisch-schweizeri­schen Übung ,Mobility 96‘ deutlich aufzeigten –, der etwa durch die Typen ,Marder‘ (Deutschland) oder ,BMP‘ (Ungarn, Tschechien, Slowakei) sowie ,M2-Bradley‘ (USA) repräsentiert wird. Die Zuführung von 76 Stück Radpanzer ,Pandur‘ für UN-Einsätze ist keine adäquate Nachrüstung für den gepanzerten Schutz von Infanterie und Panzergrenadieren. Diese Schützenpanzer – die dringend durch moderne ersetzt werden müssen – dienen vor allem dem Schutz der Soldaten, dh. unseren jungen österreichischen wehrbereiten Staatsbürgern, von denen wir gemäß ihres Eides den Einsatz ihres Lebens erwarten.

Die Lage im Bereich der Jagdpanzer unterscheidet sich nur unwesentlich von der der Kampf- und Schützenpanzer. Der leicht gepanzerte Jagdpanzer ,Kürassier‘ ist mit einer 10,5 cm Kanone ausgestattet und wird hauptsächlich zur Panzerabwehr eingesetzt. Wenn es auch möglich sein wird, die bereits mehr als 20 Jahre im Dienst stehenden Jagdpanzer, insbesondere nach entsprechenden Kampfwertsteigerungen (Restlichtverstärker usw.), noch einige Jahre zu verwenden, so muß bereits jetzt die Beschaffung von modernem Nachfolgegerät, etwa mit Lenkwaffen (2 000-m- und 4 000-m-Bereich), nicht nur geplant, sondern eingeleitet werden. Im Panzerabwehrlenkwaffenbereich der Panzerartillerie erfolgte durch den Zukauf von modernem Gerät, welche die bisherigen in Verwendung stehenden Panzerhaubitzen M109A1 älterer Bauart ablösen, eine geringfügige Qualitätssteigerung. Die vorgesehene Stückzahl erlaubt es jedoch auf Grund des Fehlens von Mehrfachraketenwerfern nicht, jedem großen Verband des Heeres die notwendige Artillerieunterstützung zuzuordnen.

Zusammenfassend ist in diesem Bereich festzustellen, daß die mechanisierten Truppen unseres Bundes­heeres nur unzureichend ausgestattet sind. Das bedeutet nicht nur eine Schwächung dieser Waffengattung, sondern auch ein unnotwendig hohes Risiko für die wehrpflichtigen Bedienungs­mannschaften in einem Ernstfall.

f)  Anpassung der Mannesausrüstung an europäischen Standard (Bekleidung, Kampfgeschirr, Helm, Splitterschutz usw.) und die Ausstattung für den gesamten Heeresbereich.

g) Die Kommunikationsmittel in ihrer breiten Palette des Bedarfs und der Anwendungsnotwendigkeit bei und in den einzelnen Waffengattungen sind dem Stand des Eurokorps anzupassen, um bei der bereits stattfindenden europäischen Zusammenarbeit kostenintensive und zeitaufwendige Nachrüstungen zu vermeiden.

h) Weitere qualitative Steigerung der Kaderausbildung (UO und Offz) durch weitere Aufwertung der jeweiligen Ausbildungsstätten,

     –  Unteroffiziersakademie HUAk,

     –  Milak durch zusätzliche Einrichtung eines Fachhochschullehrganges,

     mit bestmöglicher logistischer Infrastruktur ist anzustreben, um unsere Bürger in Uniform auf gegenwärtige und zukünftige Aufgabenbereiche im Rahmen eines demokratischen Europäischen Sicherheits- und Friedenssystems bestmöglich vorzubereiten.

i)   Rascheste Realisierung (noch 1996) des in der Entwurfbearbeitung befindlichen Militärbefugnis­gesetzes. Damit dezidiertes Festlegen der Rechtsgrundlagen für die MLV in Frieden und Einsatz.

Abschließend ist in diesem Bereich festzustellen:

Die MLV im Rahmen der ULV läuft Gefahr, bereits in naher Zukunft seiner Hauptaufgabe – dem Schutz der Bevölkerung vor allen Bedrohungsformen – nicht mehr nachkommen zu können. Die deutlichsten Auswirkungen der finanziellen Aushungerungspolitik im Bereich des Wehrbudgets (Österreich hat im europäischen Vergleich nach wie vor das geringste Wehrbudget, 0,8 Prozent für1996/97) sind bereits dramatisch zu erkennen. Wenn nicht schnellstens in eine moderne Ausrüstung investiert wird (zB Brückenlegegerät für Katastropheneinsatz), läuft die MLV Gefahr, den internationalen Anschluß endgültig zu verlieren. Ein Blick auf die Grafiken des Jahres 1994/95 zeigen die dramatische Situation auch für die nächsten Jahre auf.

Wehrbudget: Österreich im europäischen Vergleich (Quelle: CIA-World-Factbook 1994, Internet: world94.zip auf mrcnet.cso.uiuc.edu)

Die ULV (GLV, ZLV, WLV, MLV) beruhend auf dem LVP 85 muß auf Grund der geänderten innen- und außenpolitischen Situation und der Zugehörigkeit Österreichs zur EU als gesamtpolitisch getragene österreichische Sicherheitspolitik gefaßt sein. Ebenso sind Vorgaben zu friedenserhaltenden Maßnahmen bei der UNO und der Mitwirkung an der Verteidigung der Europäischen Gemeinschaft für den Krisen- und Konfliktfall in der Nachbarschaft Österreichs und den Verteidigungsfall klar durch die Politiker aller staatstragenden Parteien durch eine Verteidigungsdoktrin zu definieren und mitzutragen. Daher ist durch Analysen auf Fragen, wie allgemeine Dienstpflicht, Dauer der Präsenzdienstzeit, Milizdienst (Profimiliz) und die Aufnahme von Frauen (Freiwilligenbasis) zum Heer und die Neutralität (ja oder nein) raschest eine entsprechende Antwort zu finden.

Forderung für eine innere Sicherheit im Rahmen der ZLV

Die Forderung nach entsprechender Umsetzung der zivilen Landesverteidigung im Zivilschutz (Kata­strophen- und Umweltschutz) und Aufrechterhaltung der staatlichen Infrastruktur sind die Schwerpunkte in diesem Bereich (zB wehrdienstuntauglich eingestufte Staatsbürger können im Bereich des Zivil­schutzes Wehrersatzdienst leisten). Eine einmalige landesweite Sirenenprobe darf nicht alles gewesen sein. Überarbeiten vieler unklarer und überholter gesetzlicher Bestimmungen. Eine Neufassung ist uner­läßlich, um Funktionalität und Flexibilität zu gewährleisten. Überdies müssen in vielen Bereichen klare Verantwortlichkeiten festgelegt werden, damit die gesetzlichen Bestimmungen auch erfüllt und umgesetzt werden können.

Den für den innenpolitischen Sicherheitsbereich zuständigen Behörden und Exekutivorganen sind jene Mittel, zB:

–   elektronische Fahndungsmöglichkeiten (großer Lauschangriff),

–   Beweislastumkehr bei der Abschöpfung von Verbrechensgewinnen,

–   die Kronzeugen-Regelung, die eine besondere Strafmilderung für Täter vorsieht, die ihre Komplizen preisgeben,

–   eine intensive verdeckte Fahndung, so etwa durch Kriminalbeamte, die mit anderer Identität in die jeweilige Szene eintauchen, um Netze oder Hintergründe aufzuklären,

–   Rasterfahndung zur EDV-mäßigen Vernetzung gespeicherter, dem Datenschutz unterliegender Daten,

–   der Scheinkauf von Drogen, radioaktiv strahlendem Material durch die Exekutive,

–   dazu kommen noch neue Observationsformen, verstärkter Schutz der Zeugen, ein Einschaurecht in Datenbanken, die Überprüfung des Zahlungsverkehrs usw.,

gesetzmäßig zuzuordnen, die es ihnen ermöglicht, die Sicherheit und den Schutz der österreichischen Bevölkerung auf den Grundlagen rechtsstaatlicher Gesetze und demokratischer Grundlagen sicherzu­stellen.

Denn:

Die Zeit drängt. Die Exekutive benötigt mehr Rechte für die Wiedererlangung der innerstaatlichen Sicherheit zum vorrangigen Schutz der eigenen Bürger gegen internationale organisierte Verbrecher­kartelle, Kriminaltourismus usw.

Forderung nach Neuorientierung der GLV

Die Geistige Landesverteidigung sollte unter dem Titel Kooperation und Solidarität laufen. Zielführend wäre, eine hauptverantwortliche Persönlichkeit in jedem Bundesland zu bestellen, welche die Agenden der Geistigen Landesverteidigung (GLV) wahrnimmt. Die Umsetzung der Aufgaben und die Ziele der GLV in allen Wirkungsbereichen ist unerläßlich und ist von jedem staatlich Verantwortlichen entsprechend seiner Stellung mitzutragen und einzufordern.

Denn:

Die bisher gehandhabte Form des österreichischen Bildungssystems gefährdet unsere ,demokratisch‘ aufgebaute Republik, wie zwei im Jahre 1995 veröffentlichte Umfragen verdeutlichen. Der Wehrwille ist in Österreich auf ein gefährlich niedriges Niveau gesunken. Bereits jetzt würde die Mehrheit der Österreicher nicht mehr zur Verteidigung der Demokratie eintreten, also jener Staatsform, die den Einwohnern ein freies und friedliches demokratisches Leben ermöglicht. Deshalb wird gefordert, schnellstmöglich korrigierende Maßnahmen im Bereich der österreichischen Bildungs- und Informations­einrichtungen zu setzen. Ein Überdenken der österreichischen Bildungspolitik ist mehr denn je ein Gebot der Stunde. Denn die Geschichte zeigt, daß alle Demokratien, in denen die Bürger nicht bereit waren, notfalls auch mit dem eigenen Leben zu deren Schutz einzutreten, über kurz oder lang dem Untergang preisgegeben waren.

Nur 35 Prozent der männlichen und 25 Prozent der weiblichen StaatsbürgerInnen würden im Ernstfall für Österreich kämpfen. Von den 15- bis 25jährigen ÖsterreicherInnen sind überhaupt nur 11,5 Prozent bereit, für die Verteidigung der Demokratie zur Waffe zu greifen. Angesichts dieser dramatischen Zahlen stellt sich die Frage:

1.  Mit welchem Recht verlangen die österreichischen Bürger, die mehrheitlich nicht bereit sind, selbst für Demokratie und somit für ihr Recht auf Frieden und Freiheit zu kämpfen, daß Bürger in Uniform unter potentiellem Lebensrisiko für ihren Schutz und für ihre Hilfe eintreten? Diese Frage wiegt um so schwerer, als die MLV nach wie vor finanziell ausgehungert wird, so daß Wehrbürger im Ernstfall meistens ohne ausreichende Ausrüstung, ohne ausreichenden Schutz für die Verneiner einer Wehr- und Verteidigungsbereitschaft kämpfen müßten!

2.  Der erschreckende Mangel an Solidarität und Idealismus unter den jungen Österreichern, von denen nur mehr jeder zehnte bereit ist, die Demokratie notfalls auch mit der Waffe zu verteidigen, zeigt auf, daß die Ursache nur im Bereich der Bildungs- und Informationspolitik liegen kann. Das Prinzip ,Geistige Landesverteidigung‘ wurde praktisch nicht umgesetzt. Nur eine verschwindend kleine Minderheit der an den österreichischen Schulen unterrichtenden Lehrpersonen vermittelt den Schülern das Bewußtsein um die Wichtigkeit einer starken Wehr- und Verteidigungsbereitschaft unserer gemeinsamen Republik Österreich. Auch die öffentlich-rechtlichen Medien tragen derzeit so gut wie nichts zur ,Geistigen Landesverteidigung‘ bei. So werden dem Bereich MLV keine eigenen Belang- oder Informationssendezeiten zur Verfügung gestellt, Jugendsendungen fallen dadurch auf, daß deren Beiträge zum Themenbereich ULV (ZLV, WLV, MLV) so gut wie nie dem Wehrwillen junger Mitbürger förderlich sind und der … (Lücke im Original) nicht bzw. nur mangelhaft und deshalb demokratie- und staatsgefährdend umgesetzt wird.

4

Forderung nach effizienter Wirtschaftlicher Landesverteidigung

Die Wirtschaftliche Landesverteidigung (WLV) hat der Meinung des wehrrelevanten überparteilichen OÖKB nach den Handlungsbedarf in diesem Zusammenhang mit sozialem und wirtschaftlichem Wohl­stand zu sehende Teilbereiche besonders zu erkennen und zu berücksichtigen. Früherkennung von Krisen, Analysen der geänderten Situation nach dem EU-Beitritt Österreichs, Verkauf von Waren und Boden an mehrzahlende EU-Nachbarn und fälschungssichere Bezugskarten zur Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung in Krisenfällen sind nur ein kleiner Teil.

Eine Verbesserung der rechtlichen Grundlagen ist eine dringende Notwendigkeit. Die Energieversorgung, die Roh- und Grundstoffversorgung gehören ebenfalls zu den vielfältigen Themen einer vorsorglichen WLV. Ebenso ist eine Neufassung der Ausfuhrregelung von Kriegsmaterial notwendig und gehört dem EU-Standard angepaßt.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die qualitativen und quantitativen Mängel in allen Bereichen der auf dem LVP 85 beruhenden ULV ein Ausmaß erreicht haben, welches die Wehr- und Verteidigungs­bereitschaft unseres gemeinsamen demokratischen Vaterlandes Österreich entscheidend beeinträchtigt.

Deshalb fordert der 42 000 Mitglieder starke OÖKB als Landesverband des 250 000 Mitglieder zählenden Österreichischen Kameradschaftsbundes (ÖKB) als überparteiliche wehrrelevante Organisation in dieser neuerlichen Petition die politisch Verantwortlichen der drei staatstragenden Parteien auf, den LVP 85 durch eine zu erstellende und gesamtpolitisch zu tragende Sicherheitsdoktrin schnellstmöglich nachzujustieren. Mit politischem Restrisiko zum Nachteil der gesamten österreichischen Bevölkerung zu spekulieren wird seitens des OÖKB auf das schärfste verurteilt.

Stabilität und Berechenbarkeit der österreichischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ist auch bei der EU-RK 96 nachvollziehbar und glaubhaft auf das 21. Jahrhundert ausgerichtet darzustellen, dies auch dann, wenn angesichts von veränderten politischen Situationen und militärstrategischen Entwicklungen der Landesverteidigungsplan durch Fachleute aller Teilbereiche der Militärischen, Geistigen, Zivilen und Wirtschaftlichen Landesverteidigung auf seine Anwendungen hin an neuen politischen Realitäten gemessen werden muß und nicht durch ein, wenn auch noch so notwendiges, Sparpaket unterlaufen werden darf.

Grunderlaß ,Politische Bildung in den Schulen‘ Wiederverlautbarung 1994 – Auszug

1. Grundsätzliches:

Die österreichische Schule kann die umfassende Aufgabe, wie sie ihr im § 2 des Schulorganisations­gesetzes gestellt ist, nur erfüllen, wenn sie die Politische Bildung der Schuljugend entsprechend berücksichtigt. Politische Bildung ist eine Voraussetzung sowohl für die persönliche Entfaltung des einzelnen wie für die Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Ganzen. Sie ist in einer Zeit, die durch zunehmende Kompliziertheit in allen Lebensbereichen gekennzeichnet ist, ein aktiver Beitrag zur Gestaltung der Gesellschaft und zur Verwirklichung der Demokratie. Wesentliche Anliegen der Politischen Bildung sind die Erziehung zu einem demokratisch fundierten Österreichbewußtsein, zu einem gesamteuropäischen Denken und zu einer Weltoffenheit, die vom Verständnis für die existentiellen Probleme der Menschheit getragen ist.

Politische Bildung ist einem Demokratieverständnis verpflichtet, das in der Anerkennung legitimer Herrschaft und Autorität keinen Widerspruch zur postulierten Identität von Regierenden und Regierten sieht.

Im Mittelpunkt steht aber die Frage, wodurch Herrschaft und Autorität von der Gesellschaft als rechtmäßig anerkannt werden: In einem demokratischen Gemeinwesen wird unabänderliches Merkmal sein, daß Autorität und Herrschaft aus der Quelle der freien Bestellung, der freien Kontrolle und der freien Abrufbarkeit durch die Regierten eingesetzten Organe geschöpft werden. Dabei wird ein demokratisches Regierungssystem umso erfolgreicher arbeiten können, je mehr der Gedanke der Demokratie auch in anderen Bereichen der Gesellschaft anerkannt wird.

Politische Bildung in den Schulen wird davon auszugehen haben, daß die politische Sphäre im Zeichen von Wertvorstellungen steht. Friede, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind Grundwerte, auf denen jede menschliche Gesamtordnung und somit jedes politische Handeln beruhen muß. Dabei muß aber bewußt bleiben, daß diese Grundwerte oft in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen und daß auch bei gleichen ideellen Ausgangsvorstellungen verschiedene Auffassungen über die Verwirklichung dieser Ideen in einer bestimmten Situation bestehen können.

Politische Bildung soll das Verständnis des Schülers für die Aufgaben der Umfassenden Landesverteidi­gung im Dienste der Erhaltung der demokratischen Freiheiten der Verfassung- und Rechtsordnung, der Unabhängigkeit und territorialen Unversehrtheit unserer Republik wecken. Auf den defensiven Charakter unserer Landesverteidigung und auf Fragen der zivilen Schutzvorkehrungen und wirtschaftlichen Vorsorgemaßnahmen soll dabei besonders eingegangen werden.

Erlaß des BMUK zum Thema Zivildienst (Zl. 47.518/2-I/GLV/92):

Die Politische Bildung, die als Unterrichtsprinzip für alle Lehrer Österreichs gilt, verpflichtet auch, Fragen der Umfassenden Landesverteidigung, insbesondere Vorsorgemaßnahmen für Krisenfälle, im Unterricht zu behandeln. Als ein Teil der Umfassenden Landesverteidigung werden dabei in der Schule sicherlich auch Fragen der militärischen Landesverteidigung, insbesondere der Präsenzdienstzeit, diskutiert werden. Hier hat auch die Information über den Zivildienst ihren Platz. Entgegen immer wieder vorgebrachten Stellungnahmen ist jedoch der Zivildienst keine Alternative zum Wehrdienst, sondern ein vom Gesetzgeber genau definierter Wehr-Ersatzdienst unter bestimmten für den einzelnen wehrpflich­tigen männlichen Staatsbürger gegebenen Voraussetzungen. Eine Gleichstellung der Information Umfassende Landesverteidigung – Zivildienst kann allein schon aus diesem Grund nicht sinnvoll sein. Der schulische Unterricht hat sich vielmehr an der Gesamtheit dieses Themas im Rahmen der Friedens­erziehung und Krisenvorsorge zu orientieren.

Natürlich bleibt es zB den Schulgemeinschaftsausschüssen unbenommen, sich im Rahmen von Aktionen zur Politischen Bildung auch Referenten aus dem Bereich des Innenministeriums zusätzlich zur Information über den Zivildienst einzuladen.”

In seiner Sitzung am 7. Mai 1997 beschloß der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen, Stellung­nahmen des Bundeskanzleramtes sowie folgender Ministerien einzuholen: Bundesministerium für Inneres, Bundesministerium für Landesverteidigung, Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten.

Das Bundeskanzleramt nahm zur Petition Nr. 15 betreffend Österreichs Sicherheit wie folgt Stellung:

“In einer Zeit bewegter Übergänge und der noch unbestimmten Gestaltung der europäischen Sicherheits­strukturen wäre es wenig zielführend, den Landesverteidigungsplan – der trotz aller neuen Umstände nach wie vor eine trag- und konsensfähige Basis der österreichischen Sicherheitspolitik und der umfassenden Landesverteidigung ist – einzelnen und unter den gegebenen Bedingungen auch kurzfristigen Änderungen zu unterziehen.

Gerade der allgemeine Teil des LV-Planes versteht sich nicht als statische oder gar endgültige sicherheitspolitische Doktrin, sondern stellt ,eine Gegenwartsanalyse von Variablen dar, die sich in ständiger und zum Teil rascher Veränderung befinden‘.

Schon aus diesem Grund müssen die Entwicklung und ihre Auswirkungen ständig und systematisch verfolgt werden, um – und auch das hebt der Landesverteidigungsplan ausdrücklich hervor – ,rechtzeitig die erforderlichen Adaptierungsvorschläge für die österreichische Sicherheitspolitik erarbeiten zu können‘.

Es liegt auf der Hand, daß ein umfassendes und weiträumigeres Verständnis des Begriffs ,Sicherheit‘ auch eine politische Konzeption erfordert, die geeignet ist, den in mancher Hinsicht veränderten Ängsten, Sorgen und Bedrohungsempfindungen der Bevölkerung wirksam zu begegnen.

Gleichzeitig muß seit dem Beitritt Österreichs in die Europäische Union darauf Bedacht genommen werden, daß die vereinbarte gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Abstimmung mit den Partnern konzipiert werden wird und Österreich ein klares Bekenntnis zur aktiven und solidarischen Mitwirkung beim Aufbau eines europäischen Sicherheitssystems abgelegt hat; unser Land wird also seine eigenen Vorstellungen über die sicherheitspolitische Zukunft nicht ohne intensive Konsultationen mit den Partnern in Europa gestalten.

Nicht nur die in den vergangenen Jahren für Österreich bereits eingetretenen Veränderungen – Teilnahme an der ,Partnerschaft für den Frieden‘, Beobachterstatus bei der WEU – sondern auch die aus den Resultaten des bis spätestens zum ersten Quartal 1998 vorzulegenden Berichts der Bundesregierung an den Nationalrat über die sicherheitspolitischen Optionen abzuleitenden Folgerungen werden Grundlage dafür sein, die geltende Verteidigungsdoktrin und den Landesverteidigungsplan einer eingehenden Analyse zu unterziehen.

Es wäre daher nicht zielführend, in einer so bedeutenden Frage den sicherheitspolitischen Spielraum aufzugeben und sich zB auf eine einzige sicherheitspolitische Option festzulegen. Auch gilt es die traditionelle Linie fortzusetzen, wonach die österreichische Außen- und Sicherheitspolitik von einem größtmöglichen innerösterreichischen Konsens getragen wird.”

Vom Bundesministerium für Landesverteidigung ist folgende Stellungnahme eingelangt:

“Hinsichtlich der sicherheitspolitischen Konzeption der Bundesregierung darf auf das Koalitionsüberein­kommen der Regierungsparteien vom 11. März 1996 verwiesen werden. Daraus geht insbesondere auch hervor, daß die Bundesregierung alle sicherheitspolitischen Optionen einer umfassenden Prüfung unterziehen und dem Parlament hierüber spätestens im Laufe des ersten Quartals des Jahres 1998 berichten wird.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht ist zu bemerken, daß die Zuständigkeiten in der gegenständlichen Materie entsprechend den Teilbereichen der Umfassenden Landesverteidigung auf mehrere Ressorts verteilt sind, wobei die Koordinierungskompetenz dem Bundeskanzleramt zukommt.

Seitens des ho. Ressorts, dem der Teilbereich der Militärischen Landesverteidigung obliegt, werden Entwicklungen des sicherheitspolitischen Umfeldes Österreichs laufend analysiert. Veränderten Rahmenbedingungen wurde jeweils durch Änderungen im Bereich der Struktur des Bundesheeres, zuletzt durch die Heeresgliederung-Neu, Rechnung getragen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die im Dezember 1996 veröffentlichte Studie ,Sicherheitspolitisches Umfeld und Streitkräfteentwicklung II‘, die allen Abgeordneten zum Nationalrat und Mitgliedern des Bundesrates übermittelt wurde, zu verweisen. Eine weitere aktuelle Analyse einschließlich der daraus abzuleitenden Folgerungen, insbesondere auch in sicherheitspolitischer Hinsicht, ist dem Situationsbericht 1996 (III-73 der Beilagen, XX. GP) zu entnehmen, der vom Nationalrat am 27. Februar 1997 zur Kenntnis genommen wurde.”

Das Bundesministerium für Inneres nahm zum Punkt “Forderung für eine innere Sicherheit im Rahmen der ZLV” der im Betreff genannten Petition wie folgt Stellung:

“Zivilschutz

Die konkreten Aufgaben der Zivilen Landesverteidigung sind in dem 1985 von der Österreichischen Bundesregierung beschlossenen Landesverteidigungsplan mit

–   Vorsorgen zum Schutz der Bevölkerung, also dem sogenannten Zivilschutz und

–   der Sicherung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe und sonstiger wichtiger Einrichtungen umschrieben.

Unter den letztgenannten Bereich fallen

–   die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit,

–   Vorkehrungen für die Aufnahme von Flüchtlingen,

–   der Objektschutz,

–   die Sicherung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe in Krisenzeiten und

–   der Kulturgüterschutz.

Der Bereich des eigentlichen Zivilschutzes umfaßt

–   Einsatzvorsorgen, also den Katastrophenschutz,

–   Selbstschutzmaßnahmen,

–   den Warn- und Alarmdienst,

–   den Schutzraumbau,

–   Sanitätsvorsorgen,

–   veterinärmedizinische Vorsorgen und den

–   Strahlenschutz.

Dies bedeutet, daß sich der Zivilschutz in Österreich grundsätzlich in drei Bereiche gliedern läßt:

Vorkehrungen der Behörden

Die Angelegenheiten des Zivilschutzes sind in Österreich nicht auf eine Gebietskörperschaft beschränkt. Sowohl Bund, Land als auch Gemeinden haben Maßnahmen zur Katastrophenabwehr getroffen, wobei der Warnung und der Information der Bevölkerung eine ganz besondere Bedeutung zukommt. Die behördlichen Maßnahmen stellen somit die erste Säule des österreichischen Zivilschutzes dar.

Vorkehrungen der Einsatzorganisationen

Die zweite Säule des österreichischen Zivilschutzes baut auf dem Prinzip der Freiwilligkeit auf. Die Hilfs- und Rettungsorganisationen stellen das Rückgrat des österreichischen Zivilschutzes dar. Über 300 000 Helfer und Helferinnen sind rund um die Uhr bereit, ihren Mitmenschen in Notsituationen beizustehen.

Vorkehrungen im Privatbereich

Der Selbstschutz ist die dritte Säule des österreichischen Zivilschutzes. Organisierte Hilfe kann bei Großkatastrophen nicht überall und gleichzeitig einsetzen. Die Zeit bis zum Wirksamwerden dieser Hilfe muß daher durch Selbstschutzmaßnahmen überbrückt werden. Selbstschutz aktiv ausüben können, das heißt daher vor allem, die Bereitschaft zum Lernen mitzubringen, die Bereitschaft, auch Zeit dafür aufzuwenden, um später sich selbst und anderen rasch und richtig helfen zu können.

Die Tätigkeiten auf dem Gebiet des Zivilschutzes gehen daher weit über eine einmalige landesweite Sirenenprobe hinaus.

Innere Sicherheit

Das österreichische Parlament hat bereits durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 762/1996, und das Bundesgesetz über ,besondere Ermittlungsmaßnahmen‘ (Bundesgesetz, mit dem zur Bekämpfung organisierter Kriminalität besondere Ermittlungsmaßnahmen in die Strafprozeßordnung eingeführt sowie das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, das Staatsanwaltschaftsgesetz und das Sicher­heitspolizeigesetz geändert werden), BGBl. I Nr. 105/1997, umfangreiche Gesetzesänderungen durch­geführt und hiedurch verbesserte Bedingungen für die Abwehr und Verfolgung strafbarer Handlungen, insbesondere im Bereich der Bekämpfung organisierter Kriminalität, geschaffen. Durch diese Maßnahmen sollte es gelingen, den ohnehin hohen Standard in Österreich auf dem Gebiet der inneren Sicherheit zu erhalten. In diesem Bereich besteht daher kein Handlungsbedarf.”

Eine Stellungnahme des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten ist nicht eingelangt.

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Landesverteidigungsausschuß.

Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft

Petition Nr. 28

überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend “Kennzeichnungspflicht genmanipulierten Saatguts (Saatgutgesetz 1997)”

Diese Petition betreffend “Kennzeichnungspflicht genmanipulierten Saatguts (Saatgutgesetz 1997)” ist wie folgt begründet:

“Durch das Fehlen der Kennzeichnungspflicht für Genmanipulation im Saatgut ist dem unkontrollierten Eindringen genmanipulierter Pflanzen in die Landwirtschaft Tür und Tor geöffnet und stellt dadurch eine existentielle Bedrohung der tüchtigen Biobauern dar; ebenso eine Gefahr für den gesamten Landbau, welche die Wissenschaft nicht abschätzen oder gar ausschließen kann.

Die Einlagerung gentechnisch veränderter Erbinformation in das Edaphon der Fläche eines Öko-Bauern würde eine Substanzverletzung seines Eigentums darstellen, wenn zB von einem mit gentechnisch verändertem Saatgut oder Pflanzgut arbeitenden Nachbarn etwas überspringt. Dies würde zu Schadenersatz verpflichten, weil die Erzeugnisse des Öko-Bauern nicht mehr als ,biologisch‘ verkauft werden könnten. Aber der effektive Schaden für den Boden könnte mit Geld gar nicht gutgemacht werden.

Für Landwirte, Gärtner und private Kleingärtner, die ihr Saatgut nicht selbst erzeugen können, ist beim zugekauften ohne Deklarationspflicht keine Gewähr, daß es nicht genmanipuliert ist. Die sogenannte Nachbarschaftshilfe soll nun auch durch Verordnung wieder eingeschränkt werden. Daher wird das Recht auf freie Entscheidung mißachtet. Auch der Konsument von Lebensmitteln weiß nicht, ob er genmanipulierte bekommt oder nichtgenmanipulierte Nahrung kaufen kann, die er mit Recht erwartet.

Es ist völlig unverständlich, daß einfach über 1,25 Millionen Bürger hinweggegangen wird, die sich im Volksbegehren gegen Gentechnik aussprachen.

Österreich könnte die Forderung ,Feinkostladen Europas‘ zu werden nur verwirklichen, in dem Sie als positive Vorreiter in der EU auftreten und damit Ihrer Verantwortung, auch künftigen Generationen gegenüber, gerecht werden. Die Bevölkerung würde es Ihnen danken, für die Sie ja arbeiten wollen. In meinem ersten Brief vom 24. Mai 1997 an die Abgeordneten und an den Landwirtschaftsminister konnte ich über 500 Unterstützungsunterschriften beifügen (am 17. Juni 1997).

Daher die Forderung:

1.  Gesetzesänderung: Kennzeichnung allen genmanipulierten Saatguts (aber auch des Pflanzguts!)

2.  Geeignetes Zulassungsverfahren für sogenannte ,Landsorten‘ zur Erhaltung der pflanzen­genetischen Ressourcen zur Förderung der biologischen Vielfalt

3.  Erhaltung und Förderung der gegenseitigen bäuerlichen Nachbarschaftshilfe unter Einbeziehung von Kleingartenvereinen u. dgl.”

Dazu wurde in der Ausschußsitzung am 9. Juli 1997 beschlossen, eine Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Land- und Forstwirtschaft einzuholen.

Vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft ging die nachstehende Stellungnahme zu den drei in der Petition genannten Forderungen ein:

“1. Gesetzesänderung (Saatgutgesetz) bzw. Gentechnikkennzeichnung:

Derzeit sind noch keine gentechnisch veränderten Sorten und somit auch kein gentechnisch verändertes Saatgut am EG-Binnenmarkt zugelassen.

Eine Kennzeichnung gentechnisch veränderter Sorten wurde bereits in der österreichischen Sortenliste (in einer eigenen Spalte) vorsorglich vorgesehen. Auf freiwilliger Basis (derzeit keine Rechtsbasis gegeben) einigten sich die Vertreter der Mitgliedstaaten im Ständigen Saatgutausschuß auf eine Kennzeichnung gentechnisch veränderter Sorten in den gemeinsamen Sortenkatalogen der EU.

Da am amtlichen Etikett von Saatgutverpackungen immer auch die Sortenbezeichnung stehen muß, wird empfohlen, sich darüber zu informieren, ob die Sorte gentechnisch verändert ist. Wenn die ersten gentechnisch veränderten Sorten auf den Binnenmarkt gelangen, ist davon auszugehen, daß auf Grund der Kennzeichnung dieser in den genannten Katalogen eine weitgehende Zugänglichkeit zu diesen Informationen bestehen wird. Die österreichische Sortenliste ist über das Internet (http://www.bfl.at) abrufbar. Generelle Informationen über Sorten sind am Institut für Pflanzenbau im Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft erhältlich.

Die landwirtschaftlichen Zeitungen werden sicherlich infolge des öffentlichen Interesses die Namen der ersten transgenen Sorten veröffentlichen. Eine zusätzliche Kennzeichnung des gentechnisch veränderten Saatgutes (auch Pflanzengutes) am amtlichen Etikett wird ins Auge gefaßt, da die Kommission voraussichtlich im Herbst 1997 dem Rat einen diesbezüglichen Vorschlag vorlegen wird. Eine Kennzeichnung wird voraussichtlich in den ,Methoden für Saatgut und Sorten‘ gemäß § 5 Saatgutgesetz, BGBl. I Nr. 72/1997, welche Verordnungscharakter haben, verbindlich festgehalten werden.

2. Zulassungsverfahren für Landsorten:

Das Europäische Parlament hat sich mit der Kommission darauf geeinigt, daß diese dem Rat einen Vorschlag für ein vereinfachtes Zulassungsverfahren für Landsorten vorschlagen wird; es ist die Rede von ,Erhaltungssorten‘.

Darüber hinaus wird demnächst in Österreich eine Saatgutverordnung in Kraft treten, wonach zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen beschränkte Mengen Saatgut (entsprechen etwa einem Flächenäquivalent von 1 bis 3 ha je nach Kulturart) von den saatgutverkehrsrechtlichen Bestimmungen bzw. Auflagen befreit werden sollen!

3. Nachbarschaftshilfe:

Die Nachbarschaftshilfe ist als Grundprinzip im neuen obgenannten Saatgutgesetz (§ 2 Abs. 3) verankert und ebenso von den saatgutverkehrsrechtlichen Verpflichtungen bereits jetzt befreit! Sie bezieht sich gemäß § 7 Abs. 1 der bereits genannten Saatgutverordnung auf Landwirte und Saatgutanwender (somit auch auf Mitglieder von Kleingartenvereinen), die sich nicht mit dem Saatguthandel oder der Vermehrung von Saatgut der auszutauschenden Sorte zu Verkaufszwecken befassen. Der Austausch ist innerhalb der Gemeindegrenzen und mit Nachbargemeinden möglich.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für Land- und Forstwirtschaft.

Umweltausschuß

Petition Nr. 5

überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr “gegen eine Änderung des Abfallwirtschafts­gesetzes und des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger”

Nachdem diese Petition schon einmal in Form der Bürgerinitiative Nr. 5 in der XIX. GP eingebracht worden ist, aber durch das Auslaufen der Legislaturperiode nicht weiter behandelt werden konnte, wurde diese Initiative in Form einer Petition dem Präsidenten des Nationalrates überreicht. Wörtlich wurde dazu vorgebracht:

“Im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren für eine geplante Giftmüllverbrennungsanlage in Ranshofen wurden von Herrn Landesrat Dr. Pühringer Änderungsvorschläge zum Allgemeinen Verwal­tungsverfahrengesetz ausgearbeitet, die von Herrn Nationalrat Mag. Kukacka auf parlamentarischer Ebene eingebracht werden sollen.

Weiters sind Pläne bekannt, wonach § 29 des Abfallwirtschaftsgesetzes wesentlich geändert werden soll.

Beide Maßnahmen zielen darauf ab, die Rechte der Bürgerinnen und Bürger im Genehmigungsverfahren wesentlich zu beeinträchtigen bzw. die im konkreten Fall erhobenen 60 000 Einwendungen in ihrem rechtlichen Wert zu schmälern.

Wir wenden uns daher an den Nationalrat und erheben die Forderung, die geplanten Änderungen des AVG und des AWG zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger nicht Gesetz werden zu lassen.

Erläuterungen

1. Abfallwirtschaftsgesetz

1.1 Probebetrieb

Nach den uns vorliegenden Informationen soll im § 29 Abs. 8 Abfallwirtschaftsgesetz die Möglichkeit des Vorbehalts einer Betriebsbewilligung mit Anordnung eines Probebetriebes sowie die Parteistellung des im Abs. 5 genannten Personenkreises für das Betriebsbewilligungsverfahren entfallen.

1.2 Genehmigungsbescheid des Landeshauptmannes

Nach den Änderungsplänen für § 29 Abs. 10 AWG soll eine Anlage auch dann bereits vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet oder betrieben werden dürfen, wenn sie vom Landeshauptmann genehmigt wurde. Das heißt, eine Errichtung und/oder Inbetriebnahme ist auch trotz fehlender Rechtskraft des Genehmigungsbescheides des Landeshauptmannes möglich.

Bemerkung: Unter dem Deckmantel der ,Vereinfachung‘ des Verfahrens, soll das Betriebsbewilligungs­verfahren entfallen, den Parteien soll dabei die Mitsprachemöglichkeit genommen werden und Parteieneinwendungen bzw. eingebrachte Rechtsmittel brauchen drei Jahre nicht berücksichtigt werden. Dies soll eine dem Gleichheitsgrundsatz völlig widersprechende Beschleunigung der Inbetriebnahme hochsensibler Anlagen, wie zB Müllverbrennungsanlagen, zugunsten der Betreiber ermöglichen. Bedenkt man, daß in Oberösterreich etwa nicht einmal mit dem Bau eines Garagenobjektes von mehr als 12 m2 vor Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides begonnen werden darf, ist eine im Gesetzesentwurf vorgesehene Zielsetzung bei derartigen Großanlagen mit entsprechender Relevanz für Nachbarschaft und Umwelt völlig absurd. Die Zielsetzung, die sich hinter der angestrebten Gesetzesänderung verbirgt, ist eindeutig die geplante Giftmüllverbrennungsanlage Ranshofen.

Der massive Widerstand der Bevölkerung gegen diese Anlage soll durch ein eigenes Gesetz gebrochen bzw. soll damit einer nicht gerechtfertigten frühzeitigen Inbetriebnahme nach den Vorstellungen der im französischen Eigentum stehenden Betreiberfirma Vorschub geleistet werden (Lex Ranshofen).

Ein nachträgliches ,ordentliches‘ Rechtsmittelverfahren, nachdem eine Anlage bereits errichtet und in Betrieb genommen wurde, kann man nur als Farce bezeichnen. Es werden kaum Milliarden Schillinge in eine Anlage investiert, Mitarbeiter/innen aufgenommen und Infrastrukturen aufgebaut, um dann letztendlich die Genehmigung im Rechtsmittelverfahren nicht zu erteilen. Das Beispiel Zwentendorf dürfte den Abgeordneten zum Nationalrat wohl kaum als Vorbild für ein volkswirtschaftlich sinnvolles Handeln dienen.

Es ist also davon auszugehen, daß eine einmal errichtete und in Betrieb gegangene Anlage in einer Größenordnung von mehreren Milliarden Schilling auch in Betrieb bleibt. Die geplanten Änderungs­wünsche im AWG sind daher weder sinnvoll noch demokratiepolitisch vertretbar, außer man beabsichtigt bewußt die Einschränkung der Bürgerrechte.

1.3 Inkrafttreten

Entwurf: ,Verfahren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht abgeschlossen sind, sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abzuschließen.‘

Bemerkung: Für die geplante Anlage in Ranshofen hätte dieser Passus eine ganz besonders hinterhältige Auswirkung:

a)  Obwohl ein Rechtsgutachten vom Ordentlichen Universitätsprofessor Dr. Heinz Peter Rill eindeutig die Notwendigkeit einer Standortverordnung gemäß § 26 AWG nachweist, wird diese von der Umwelt­ministerin nicht erlassen. Der Grund ist klar: nach § 26 würden erweiterte Mitspracherechte der BürgerInnen bestehen.

b) Der Antrag auf Bewilligung der Giftmüllverbrennungsanlage in Ranshofen wurde kurz vor Inkrafttreten des UVP-Gesetzes gestellt. Der Grund ist klar: es würden erweiterte Mitspracherechte der BürgerInnen bestehen.

     In diesem Zusammenhang läuft ein Verfahren bei der EFTA-Überwachungsbehörde in Brüssel gegen Österreich.

c)  Die einzige rechtliche Möglichkeit sich gegen die geplante Anlage zur Wehr zu setzen, waren Einwendungen gemäß § 29 Abs. 5 AWG. Die erhobenen 60 000 Einwendungen sollen nun durch eine rückwirkende Gesetzesänderung rechtlich wertlos gemacht werden.

Wird der Gedanke einer Anwendung der geplanten Gesetzesänderung auf noch nicht abgeschlossene Verfahren weitergesponnen, müßte konsequenterweise auf diese Verfahren das in der Zwischenzeit in Kraft getretene UVP-Gesetz angewendet werden. Sonst ist die Anhäufung von legistischen Nachteilen perfekt. Auf ein und dasselbe Verfahren werden die Vorteile des UVP-Gesetzes noch nicht, die Nachteile einer AWG-Novelle jedoch rückwirkend angewendet.

Daß durch solche offensichtlichen rechtlichen Tricks das Vertrauen in eine demokratische Rechtsordnung nicht gestärkt wird, das versteht sich von selbst.

2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz

2.1 Anberaumung einer mündlichen Verhandlung

Nach den Vorstellungen von Landesrat Dr. Pühringer soll die Zustellung der Einladung zur mündlichen Verhandlung nicht mehr zu eigenen Handen erfolgen, sondern durch Ediktalkundmachung. Gesonderte Einladungen sollen den Gemeinden oder Bürgerinitiativen überlassen bleiben.

Bemerkung: Es würden sich dadurch zwei Kategorien von Verfahren ergeben. Kleinere Genehmigungs­verfahren, bei denen wie bisher zu eigenen Handen zu laden ist, und Großverfahren, bei denen eine zweite Klasse von Nachbarn geschaffen wird, die zufällig – oder auch nicht – von einer Verhandlung erfahren. Die Verantwortung dabei den Gemeinden oder Bürgerinitiativen zu überwälzen, denen der Parteienkreis nicht bekannt ist, stellt eine Zumutung dar. Was dann, wenn eine Gemeinde diesen Informationsservice nicht anbietet, aus finanziellen Gründen nicht anbieten kann, oder keine Bürgerinitiative besteht?

Zum Nachteil der Bürger würden sich Kundmachungen über Weihnachten oder in der Urlaubszeit direkt einbieten.

2.2 Frist von schriftlichen Einwendungen oder Anträgen

Laut Entwurf von Landesrat Dr. Pühringer sollen schriftliche Einwendungen oder Anträge spätestens eine Woche vor der Verhandlung eingebracht werden können. Als Begründung wird angeführt, daß die Behörde dann ausreichend Zeit zur Vorbereitung hätte.

Bemerkung: Dieser Passus wäre wohl für die Behörde kontraproduktiv, denn diese kurzfristigen Anträge werden dann eben bei der Verhandlung als mündliche Anträge vorgebracht. Dann ist die Zeit für die Behörde noch knapper. Außerdem verfolgt die derzeitige Regelung, daß schriftliche Anträge bis spätestens am Tag vor der Verhandlung bei der Behörde einlagen müssen, ja bekanntlich nur das Ziel, daß der Behörde bei der Verhandlung alle Anträge (dh. vorher eingegangene schriftliche und während der Verhandlung eingebrachte mündliche) vorliegen und alle Anträge behandelt werden können. Von einer bisherigen Absicht des Gesetzgebers, bezüglich schriftlicher Anträge der Behörde eine ,Vorbereitungs­zeit‘ einzuräumen, kann ohnedies nicht die Rede sein. Das Argument der notwendigen Vorbereitung wird offensichtlich nur vorgeschoben, um den Zeitraum für die Einbringung von Anträgen zum Nachteil der Parteien weiter einzuschränken.

2.3 Mündliche Verhandlung

Laut Entwurf von Landesrat Dr. Pühringer sollen Großverfahren in Verfahrensschritte aufgeteilt werden, in denen nur gewisse Einwendungen, die zum jeweiligen Verfahrensschritt gelten, vorgebracht werden können.

Der Lokalaugenschein soll praktisch abgeschafft werden.

Bemerkung: Die Vorschläge zum Ablauf der mündlichen Verhandlung in Verbindung mit der Unter­lassung der Einladung (die entsprechende Informationen und Hinweise enthält) zu eigenen Handen zielen darauf ab, die BürgerInnen von der Teilnahme an der Verhandlung abzuhalten und sie nur mehr rechts­kundigen Personen zugänglich zu machen.

2.4 Protokollführung

Laut Entwurf von Landesrat Dr. Pühringer soll auf die stenographische Protokollführung verzichtet werden.

2.5 Bescheidzustellung

Laut Entwurf Landesrat Dr. Pühringer soll die Bescheidzustellung analog der Einladung zur Verhandlung mittels Ediktalverständigung erfolgen. Der Bescheid und die Verhandlungsschrift sollen bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen.

Bemerkung: Es gelten hier die gleichen Bedenken wie zu der Ladung mittels Ediktalverständigung. Wenn die BürgerInnen durch Zufall per Anschlag an einer Informationstafel von der Bescheiderlassung erfahren haben, müssen sie sich zu den Amtsstunden zur zuständigen Behörde zur Einsichtnahme in den Bescheid begeben. Erst dann können sie von ihrem Rechtsmittel Gebrauch machen – wenn nicht die zweiwöchige Berufungsfrist bereits verstrichen ist. Wochenenden, Feiertage, Tage, an denen sich von der Arbeit nicht freigenommen werden kann, sind für die Wahrnehmung eines Rechtsmittels verloren. Die ohnedies kurze Rechtsmittelfrist von zwei Wochen soll so zum Nachteil der BürgerInnen de facto noch weiter verkürzt werden. Außerdem ist der Besitz einer eigenen Bescheidausfertigung für die Parteien unbedingt erforderlich, um sich ordentlich mit der Entscheidung und der Auswirkung auf die eigene Interessenslage befassen zu können. Weiters wird eine eigene Bescheidausfertigung benötigt, um sich mit einem Rechtsvertreter beraten zu können. Es müßte sich somit jede Partei von der Gemeinde eine Kopie eines möglicherweise sehr umfangreichen Bescheides anfertigen lassen. Herr Landesrat Dr. Pühringer beabsichtigt offensichtlich, die Kosten von der Behörde auf die Bürger zu verlagern. Abgesehen davon wäre diese Form der Bescheidzustellung bei mehreren tausend Parteien innerhalb der Rechtsmittelfrist administrativ nicht zu bewältigen.

2.6 Verlesung der Verhandlungsschrift

Laut Entwurf von Landesrat Dr. Pühringer soll von der Verlesung der Verhandlungsschrift Abstand genommen werden können.

Bemerkung: Die Parteien in einem Verfahren sollen offensichtlich im unklaren gelassen werden, was von der Behörde protokolliert wurde und was nicht. Wenn die Verhandlungsschrift den Parteien auch nicht mehr zustellt werden soll (siehe Punkt 2.5), kann dies nur als Versuch angesehen werden, die Rechte der BürgerInnen zu schmälern.

Am Schluß seiner Vorschläge schreibt Herr Landesrat Dr. Pühringer: ,Abschließend ist darauf hinzu­weisen, daß diese Veränderungen keinerlei Schmälerungen der Rechte der Parteien beinhalten, aber doch einen wesentlich zügigeren Ablauf des Verfahrens gewährleisten würden.‘

Bemerkung: Insgesamt ist allerdings das Gegenteil der Fall. Mit den vorgeschlagenen Gesetzesände­rungen sollen Bürgerrechte massiv beschnitten werden. Es wird hier ein Problem von hinten aufgerollt. Anstelle gesetzliche Schlupflöcher für Anlagenbetreiber und Behörden zu schaffen, um die BürgerInnen zu benachteiligen, wäre es sinnvoller, bei Großprojekten mit Information und umfangreicher Bürger­beteiligung Vertrauen zu schaffen.

Für die Behörde würde sich eine Entlastung bei der Verfahrensabwicklung dadurch ergeben, wenn die Kosten des Verfahrens der Antragsteller zu tragen hätte. Dadurch wären die Firmen von der Kostenseite her gezwungen, sich mit den Anliegen der Bevölkerung auseinanderzusetzen und es nicht bei Schein­beteiligungsmodellen zu belassen. Wenn es wirklich darum geht, wie Herr Landesrat Dr. Pühringer schreibt, ,Überlegungen anzustellen, wie man in Zukunft effizient und auch Steuergelder sparend Groß­verfahren abwickeln kann‘, würde eine Gesetzesänderung dahin gehend mehr bringen, als die von ihm vorgebrachten Vorschläge. Seine Vorschläge gehen nämlich nur in die Richtung einer Einschränkung der Bürgerrechte. Als Nebeneffekt wird durch die diffusen Ladungs- und Zustellungsbestimmungen Rechts­unsicherheit geschaffen.

Sollten trotz Bürgerbeteiligung und Information für bestimmte Projekte die BürgerInnen nicht zu gewinnen sein, sollte man den demokratiepolitischen Gesichtspunkt in den Vordergrund rücken und dem Willen der BürgerInnen entsprechen. Auch dieser Aspekt sollte berücksichtigt werden, wenn wir in einer Demokratie – im wahrsten Sinne des Wortes – leben wollen.

Wie in der Petition angeführt, ersuchen daher die UnterzeichnerInnen den Nationalrat, die geplanten Änderungen des AVG und des AWG zum Nachteil der Bürgerinnen und Bürger nicht Gesetz werden zu lassen.”

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 3. Juli 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Umweltausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 1

überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Kfm. Mag. Josef Mühlbachler betreffend “Änderung des § 7 Abs. 1 Volksbegehrengesetz”

Mit dieser Petition, die auf eine Initiative der Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes Freistadt erfolgt ist, wird der Österreichische Nationalrat aufgefordert, das Volksbegehrengesetz im § 7 Abs. 1 zu ändern. Die Änderung sollte darauf abzielen, daß die Gemeinden die Zugänglichkeitszeiten der Gemeindebevölkerung zur Unterschriftenleistung für ein Volksbegehren während der achttägigen Auflagefrist im autonomen Bereich selbst festlegen können.

Wörtlich wird dazu weiter ausgeführt:

“Begründung:

Unbeschadet der Einwohnerzahl und der Dienstzeiten der Kommunen haben diese im Bundesgesetz exakt festgelegte Öffnungszeiten einzuhalten, wodurch bundesweit allein durch Mehrdienstleistungsver­gütungen Kosten in Höhe von mindestens 25 Millionen Schilling je Volksbegehren verursacht werden.”

In der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996 wurde beschlossen, Stellungnahmen des Bundesministeriums für Inneres, des Bundeskanzleramtes sowie des Städte- und des Gemeindebundes zu dieser Petition einzuholen.

Zur gegenständlichen Petition nahm das Bundesministerium für Inneres wie folgt Stellung:

“Eine Veränderung des § 7 Abs. 1 des Volksbegehrengesetzes 1973 zum Nachteil demokratischer Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger wird für nicht zweckmäßig erachtet. § 7 Abs. 1 des Volksbegehrengesetzes 1973 enthielt in der ursprünglichen Fassung der Wiederverlautbarung eine Regelung, die ziemlich genau dem in der Petition enthaltenen Vorschlag entspricht. Diese Regelung hatte seinerzeit dazu geführt, daß Eintragungswilligen in manchen Gemeinden die Möglichkeit, ein Volks­begehren zu unterstützen, auf Grund der knapp bemessenen Eintragungszeiten praktisch verwehrt war. Bei der Novellierung des Volksbegehrengesetzes 1973 im Jahr 1982 (BGBl. Nr. 233/1982) hat sich der Gesetzgeber daher dafür entschieden, die Eintragungszeiten generell auf die geltende Länge festzulegen.

Zur vorliegenden Problematik ist allgemein festzuhalten, daß der ,Andrang‘ bei zurückliegenden Volks­begehren nicht notwendigerweise einen Rückschluß auf den Zustrom bei Volksbegehren mit anderen Themen zuläßt. Jedenfalls geht es aber bei der Möglichkeit, ein Volksbegehren durch Unterschriften zu unterstützen, nicht nur um das subjektive Recht jedes einzelnen Wahlberechtigten, seine Unterschrift zu leisten, sondern vor allem um die Frage, zu welchen Bedingungen Proponenten eines Volksbegehrens die für die Behandlung des Anliegens im Parlament erforderlichen Eintragungen erreichen können. Jede Einschränkung der in der kritisierten Bestimmung normierten Eintragungsfristen würde jedenfalls die – bislang – bestehende Möglichkeit von Proponenten eines Volksbegehrens schmälern, die erforderliche Zahl von das Anliegen unterstützenden Unterschriften zu erhalten.”

Das Bundeskanzleramt-Ministerratsdienst teilte zur gegenständlichen Petition folgendes mit:

“§ 7 Abs. 1 letzter Satz des Volksbegehrengesetzes 1973 bestimmt, daß die Eintragungslokale an Werktagen zumindest von 8.00 bis 16.00 Uhr, an zwei Werktagen zusätzlich bis 20.00 Uhr, und an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen zumindest von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr offenzuhalten sind.

Dem Bundeskanzleramt ist bewußt, daß diese Regelung auf Grund der anfallenden Mehrdienst­leistungsvergütungen nicht unbeträchtliche Kosten verursacht. Es weist jedoch darauf hin, daß die in den Mindestöffnungszeiten gelegene Garantie der Zugänglichkeit des Eintragungsverfahrens für die effektive Ausübung der den Bürgern gewährleisteten direktdemokratischen Mitwirkungsinstrumente von wesent­licher Bedeutung ist und daß sie überdies eine gewisse Gleichbehandlung aller Volksbegehren sichert, die bei einer ad hoc erfolgenden Festsetzung der Eintragungszeiten nicht gewährleistet wäre. Außerdem sollte die Möglichkeit, ein Volksbegehren auch am Abend und am Wochenende unterstützen zu können, im Interesse der Berufstätigen und der Pendler unbedingt erhalten bleiben.”

Der Österreichische Städtebund bezog zur Petition Nr. 1 folgende Stellung:

“Aus der Sicht größerer Städte ist eine Abänderung der derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nicht erforderlich. Für kleinere Gemeinden scheint jedoch eine autonome Festlegung der Öffnungszeiten für das Eintragungsverfahren durchaus sinnvoll, sodaß eine jeweils angepaßte flexible Eintragungszeit als alternative Regelung dem § 7 Abs. 1 Volksbegehrengesetz 1973 angefügt werden sollte.”

Der Österreichische Gemeindebund übermittelt dem Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen des Nationalrates folgende Stellungnahme zum angeführten Gegenstand:

“Seitens des Österreichischen Gemeindebundes wird die Petition Nr. 1 auf Abänderung des § 7 Abs. 1 Volksbegehrengesetz unterstützt.

Die Festsetzung der Öffnungszeiten für das Eintragungsverfahren ist für alle Magistrate und Gemeinde­ämter einheitlich vorgenommen worden. Dabei wurde keinerlei Rücksicht auf strukturelle, geo- und demographische sowie andere regionale und örtliche Umstände der Gemeinden genommen.

Die Praxis, vor allem in kleinen Gemeinden, zeigt immer wieder, daß die bundesgesetzlich festgelegten Öffnungszeiten vielfach an der Realität vorbeigehen und für die Gemeinden mit erheblichen unnötigen Kosten verbunden sind. Die bestehende Regelung ist daher völlig unbefriedigend, und eine Flexibili­sierung der Öffnungszeiten wird begrüßt.

Grundsätzlich sollten jedoch die Gemeinden die erforderlichen Öffnungszeiten ohne Unterschreitung selbst festlegen können, dies jedoch bei der Gewährleistung von Mindestöffnungszeiten.

Auf Grund dieser Erwägungen erachtet es der Österreichische Gemeindebund als sinnvoll, die Ein­tragungsfrist mit maximal acht Stunden außerhalb der Amtszeit zu beschränken. Dabei ist vorzusehen, daß während der Woche nur einmal bis 20 Uhr die Eintragung möglich ist. Zusätzlich wäre am Samstag und/oder Sonntag eine Eintragungsmöglichkeit vorzusehen, die insgesamt vier Stunden nicht über­schreiten soll.

Außerdem wird angeregt, die derzeitige Regelung betreffend Auflage der Wählerverzeichnisse am Wochenende auf deren Erforderlichkeit zu überprüfen, da festgestellt wurde, daß von Privatpersonen am Wochenende fast nie Einsicht genommen wurde.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 2

überreicht vom Abgeordneten Dkfm. Mag. Josef Mühlbacher betreffend “Änderung des § 124 der Nationalrats-Wahlordnung 1992”

Die auf Initiative der Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes Freistadt eingebrachte Petition hat zum Inhalt, Kostenersätze für die Durchführung von Nationalratswahlen zukünftig pauschal, gemessen an der im Wählerverzeichnis einer Gemeinde angeführten Wählerinnen und Wähler, abzugelten.

Dies wird wie folgt begründet:

“Die Abrechnung der Wahlentschädigung für Gemeinden und Magistrate verursacht nach derzeitiger Rechtslage im Verhältnis zu den tatsächlich abgegoltenen Kosten einen ungebührlich hohen Verwaltungs­aufwand, der mit einer Pauschalabgeltung je Wahlberechtigten vermieden werden könnte. Darüber hinaus sollte durch eine Pauschalabrechnung eine rasche Auszahlung der Wahlentschädigung gewährleistet sein. Es wird in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß ein Großteil der Gemeinden bis zum heutigen Tag auf die Refundierung der Wahlausgabe anläßlich der NR-Wahl 1994 harrt.

Im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung hofft die Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes Freistadt auf eine positive Reaktion des Nationalrates.”

In der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996 wurde beschlossen, Stellungnahmen des Bundesministeriums für Inneres, des Bundeskanzleramtes sowie des Städte- und des Gemeindebundes zu dieser Petition einzu­holen.

Das Bundesministerium für Inneres nahm zur Petition Nr. 2 wie folgt Stellung:

“Die gemäß § 124 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 gegenwärtig bestehende Kostenersatzregelung hat sich aus der Sicht des Bundesministeriums für Inneres in der Vergangenheit gut bewährt. Im Hinblick auf das Gebot der Sparsamkeit erscheint es vor allem zweckmäßig, daß die Gemeinden die ihnen bei der Durchführung einer Nationalratswahl tatsächlich erwachsenden Kosten nachweisen müssen, wenn diese die Bemessungsgrundlage für einen Kostenersatz darstellen sollen.

Es steht außer Zweifel, daß pauschalierte Kostenersätze unbürokratischer zu administrieren wären, als dies bei der gegenwärtigen Kostenersatzregelung möglich ist. Es bestehen seitens des Bundesministeriums für Inneres gegen entsprechende Regelungen auch keine prinzipiellen Einwände, sofern dem Bund keine Mehrkosten entstehen würden. Voraussetzung für die Einführung von pauschalierten Kostenersätzen für Nationalratswahlen wäre jedoch, daß die Länder sich auf einen Vorschlag hinsichtlich der Höhe des Kostenersatzes einigen, der im Gesamtergebnis für den Bund kostenneutral ist. Von dieser Möglichkeit wurden die zuständigen Vertreter der Länder bereits Anfang des Jahres in Kenntnis gesetzt.”

Zur gegenständlichen Petition teilte das Bundeskanzleramt folgendes mit:

“Die gemäß § 124 der Nationalrats-Wahlordnung 1992 gegenwärtig bestehende Kostenersatzregelung hat sich in der Vergangenheit gut bewährt. Im Hinblick auf das Gebot der Sparsamkeit erscheint es vor allem zweckmäßig, daß die Gemeinden die ihnen bei der Durchführung einer Nationalratswahl tatsächlich erwachsenden Kosten nachweisen müssen, wenn diese die Bemessungsgrundlage für einen Kostenersatz darstellen sollen.

Es steht außer Zweifel, daß pauschalierte Kostenersätze unbürokratischer zu administrieren wären, als dies bei der gegenwärtigen Kostenersatzregelung möglich ist. Es bestehen seitens des Bundesministeriums für Inneres gegen entsprechende Regelungen auch keine prinzipiellen Einwände, sofern dem Bund keine Mehrkosten entstehen würden. Voraussetzungen für die Einführung von pauschalierten Kostenersätzen für Nationalratswahlen wäre jedoch, daß die Länder sich auf einen akkordierten Vorschlag hinsichtlich der Höhe des Kostenersatzes einigten, welcher für den Bund jedenfalls kostenneutral ist. Von dieser Möglichkeit wurden die zuständigen Vertreter der Länder bereits Anfang des Jahres in Kenntnis gesetzt.”

Der Österreichische Gemeindebund übermittelte dem Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen zur angeführten Petition folgende Stellungnahme:

“Seitens des Österreichischen Gemeindebundes wird die Petition Nr. 1 auf Abänderung des § 124 NRWO 1992 vollinhaltlich unterstützt.

Die bestehende Regelung auf Wahlkostenersatz für die Gemeinden ist unverhältnismäßig niedrig. Sie ist darüber hinaus auch mit großem administrativen Aufwand für den Antragsteller verbunden und könnte viel einfacher gestaltet werden.

Es wird die Ansicht vertreten, daß die Wahlentschädigung für Gemeinden auf Grund einer Pauschal­abgeltung entsprechend der Anzahl der Wahlberechtigten zu erfolgen hat. Wir verweisen diesbezüglich auf bereits bestehende entsprechende landesrechtliche Regelungen wie etwa im Burgenland oder in Oberösterreich.”

Von seiten des Österreichischen Städtebundes erging folgende Stellungnahme:

“Im Sinne des Beschlusses des parlamentarischen Ausschusses für ,Petitionen und Bürgerinitiativen‘ betreffend Änderung des § 124 der Nationalratswahlordnung 1995 gibt der Österreichische Städtebund folgende Stellungnahme ab:

Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung wäre eine Pauschalierung von Ersätzen der Wahlkosten durchaus zu begrüßen, jedoch analog Regelungen bei statistischen Erhebungen lassen befürchten, daß die Ersätze nicht dem gesetzlichen Auftrag entsprechend abgegolten werden. Es müßte daher durch gesetz­liche Regelungen gesichert werden, daß infolge einer Pauschalierung keine Einnahmenminderung für die Gemeinden entsteht. Die Voraussetzungen für eine pauschalierte Kostenabgeltung wären jedenfalls mit der Interessensvertretung der Gemeinden, dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund, zu verhandeln und einvernehmlich festzulegen.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 3

überreicht von den Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Dr. Volker Kier, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Walter Guggenberger und Dr. Gottfried Feurstein betreffend “Bus und Bahn für alle – Resolution für ein Gleichstellungsgesetz”

Die gegenständliche Petition ist in XIX. GP als Bürgerinitiative Nr. 8 im Nationalrat durch das Auslaufen der Legislaturperiode verfallen und nun in Form einer Petition neu eingebracht worden. Sie hat folgenden Wortlaut:

“BUS UND BAHN FÜR ALLE!

RESOLUTION FÜR EIN GLEICHSTELLUNGSGESETZ

Behinderte Menschen (zB mit Rollstuhl) können die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benutzen. Deshab verlangen wir, daß alle öffentlichen Verkehrsmittel (für den Personennahverkehr und Personen­fernverkehr) behindertengerecht ausgestattet und mit Hubplattformen als Einstiegshilfe ausgerüstet werden. Die Kosten dieser zukünftigen Ausstattung der öffentlichen Verkehrsmittel sollen über die erhöhte Mineralölsteuer abgedeckt werden.

Wir fordern auch eine gesetzliche Regelung, die sicherstellt, daß Diskriminierungen von behinderten Menschen nicht nur im Bereich Verkehr, sondern in allen Lebensbereichen – wie: öffentlicher Raum, Wohnen, Ausbildung, Arbeit – verhindert werden. Solche Regelungen zur Gleichstellung (Anti-diskriminierung) müssen erreichen, daß behinderte Menschen aus keinem Lebensbereich ausgeschlossen und mit allen anderen gleichgestellt werden; sie müssen diese (Menschen-)Rechte auch einklagen können.

ERLÄUTERUNGEN ZUR PETITION

Menschen mit Behinderungen sind täglich in vielen Lebensbereichen erheblicher Diskriminierung ausgesetzt. Sie werden nicht gleich geachtet, in ihren Entfaltungsmöglichkeiten behindert, in ihren Entscheidungen bevormundet, durch vielfältige Formen alltäglicher Gewalt (durch Institutionen, aber auch durch einzelne Personen) diskriminiert. Es gibt bisher kein rechtliches Instrumentarium, mit dem sich behinderte Menschen zur Wehr setzen können.

Deshalb verlangen wir ein Gleichstellungs- oder Antidiskriminierungsgesetz bzw. die verfassungs­rechtliche Gleichstellung behinderter Menschen in allen Lebenslagen. Wenn es um Menschenrechte und Gleichberechtigung geht, müssen behinderte Menschen ihre Rechte gerichtlich einfordern und durchsetzen können. Die amerikanische Behindertenbewegung hat 1990 ein solches Gesetz bereits erkämpft. Seither gibt es von Behinderten in ganz Europa immer wieder Aktionen und Versuche, entsprechende gesetzliche Regelungen zu erreichen.

Was “Bus und Bahn für alle” betrifft, so ist damit der gesamte öffentlich finanzierte Personenah- und Personenfernverkehr, wie zB städtische Busse, Bundes- und Postbusse, Schülertransporte, Linien im Schülerverkehr, Straßenbahnen, U-Bahn, S-Bahn, Bundesbahn usw. gemeint. Es geht darum, die öffentlichen Verkehrsmittel barrierefrei für alle Menschen zugänglich zu machen und zB mit Hubplatt­formen (bzw. Hubliften) auszustatten. Als Vorbild kann auf die amerikanischen Gesetze zur Antidiskrimi­nierung verwiesen werden, die bewirkt haben, daß in den gesamten USA die Busse mit Hubplattformen ausgerüstet sind. Auch in Deutschland sind inzwischen schon viele hunderte Niederflurbusse mit entsprechenden Einstiegshilfen im Einsatz.

Beispiele für Diskriminierung:

–   Wenn Gesetze und Verordnungen gelten, die Stufen bei Fußgängerübergängen, vor Geschäften und öffentlichen Gebäuden (Schule, Post usw.) zulassen, so ist dies diskriminierend;

–   wenn nicht genügend barrierefreie und behindertengerechte Wohnungen gebaut und an Behinderte vergeben werden und damit ein Zwang zu Heimeinweisungen erzeugt wird, so ist dies diskriminierend;

–   wenn Menschen aus Mangel an Pflegegeld und ambulanten Diensten nicht wählen können, ob sie zu Hause oder im Heim, Assistenzdienste und pflegerische Hilfen bekommen, so ist dies diskriminierend;

–   wenn Kinder für bildungsunfähig erklärt werden, so ist dies diskriminierend;

–   wenn behinderte Kinder in Kindergarten und Schule nicht integriert werden, weil sich die Kindergärten und Schulen nicht entsprechend organisieren, so ist dies diskriminierend;

–   wenn sich Ämter, öffentliche und private Betriebe von der Pflicht, behinderte Menschen anzustellen, freikaufen können oder behinderte Menschen schlechter bezahlt werden als nichtbehinderte, so ist dies diskriminierend;

–   wenn behinderte Menschen ohne ihre Zustimmung sterilisiert werden können, so ist dies diskriminierend.

Diese Resolution ist eine Initiative folgender Vereinigungen:

Behinderten-Informationszentrum BIZEPS, Wien. Evangelischer Diakonieverein, Salzburg. Initiative Minderheitenjahr 1994, Österreich. Integration Österreich – Elterninitiativen für gemeinsames Leben behinderter und nichtbehinderter Menschen. Interessengemeinschaft privater Behinderteneinrichtungen, Tirol. Lebenshilfe Salzburg. Mobiler Hilfsdienst, Dornbirn, Innsbruck, Salzburg. Österreichischer Blindenverband. Österreichisches Forum der Behinderten- und Krüppelinitiativen. Österreichische Gesellschaft für Muskelkranke. Österreichischer Zivilinvalidenverband. Sozialberatung für Menschen mit Behinderung, Tirol. Tiroler Sozialparlament. Treffpunkt für Behinderte und Nichtbehinderte, Dornbirn. Verein Arche, Tirol. Verein Domino, Linz. Verein i-Punkt, Hallein. Verein Integriertes Wohnen IWO, Innsbruck. Verein Miteinander, Linz. Verein zur Förderung körperbehinderter Menschen, Tirol. Verein zur Integration geistig behinderter Menschen IGB, Tirol. Österreichische Arbeitsgemeinschaft Rehabilitation ÖAR – Dachorganisation der österreichischen Behindertenverbände. Unterstützer sind noch viele weitere Vereine, die hier nicht einzeln erwähnt werden und die Mitglieder der genannten über­regionalen Verbände sind.”

In der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996 wurde einstimmig beschlossen, ein Hearing zur gegenständlichen Petition durchzuführen, welches für den 17. Oktober 1996 angesetzt worden ist.

Zum Hearing wurden folgende Experten geladen:

Univ.-Doz. Dr. Volker Schönwiese, Mag. Silvia Oechsner, Martin Ladstätter, Andreas Oechsner, Dr. Adolf Joksch, Dr. Klaus Voget, Prof. Dr. Heinz Barazon, Manfred Srb.

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß unter Anschluß der folgenden Ausschuß­empfehlung: Die in der Petition Nr. 3 angeführten Forderungen sind auf ihre Durchsetzungsmöglichkeit zu überprüfen sowie konkrete Vorschläge über eine Verwirklichung auszuarbeiten.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 9

überreicht von den Abgeordneten Mag. Johann Maier, Rudolf Anschober und Mag. Helmut Peter betreffend “Aufhebung des Fahrverbots für Fahrräder auf Forststraßen”

Da diese Petition als Bürgerinitiative Nr. 2 in der XIX. GP bereits eingebracht wurde, durch das Aus­laufen dieser Legislaturperiode jedoch verfallen ist, wurde sie als Petition erneut eingereicht. Zu dieser Petition ist anzumerken, daß eine gleichlautende

Petition Nr. 7

überreicht von der Abgeordneten Bruni Fuchs

eingelangt ist. Diese beiden Petitionen sind folgenden Inhalts:

“Das Radfahren auf Forststraßen ist gegenwärtig nur in Ausnahmefällen erlaubt. Laut Forstgesetz darf zwar jeder den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort auch aufhalten. Für Radfahrer aber ist die Benützung der Forststraßen an die Zustimmung der Waldeigentümer bzw. Straßenerhalter gebunden.

Wir meinen, daß jene Waldstraßen, die zur Nutzung durch LKWs und Traktoren angelegt wurden, auch von Fahrrädern befahren werden könnten. Radfahrer sollen – wie Fußgänger auch – die Forststraßen zu Erholungszwecken nutzen können. Wir fordern die Aufhebung des Fahrverbotes für Fahrräder auf Forststraßen, zumal auch kein sachlicher Grund erkennbar ist, wie ein ordnungsgemäßes Fahrradfahren die Interessen der Waldeigentümer beeinträchtigen könnte.

Die Unterzeichner fordern den Nationalrat auf, eine entsprechende Änderung des Forstgesetzes (§ 33) zu beschließen.”

Hinsichtlich dieser beiden Petitionen wurde in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1997 der einstimmige Beschluß gefaßt, den Präsidenten zu ersuchen, sie dem Verfassungsausschuß zuzuweisen.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 10

überreicht vom Abgeordneten Ing. Leopold Maderthaner betreffend “Stopp der Gesetzesflut”

Der Abgeordnete Ing. Leopold Maderthaner hat mit der Petition Nr. 10 betreffend “Stopp der Gesetzes­flut” ein Anliegen des Österreichischen Wirtschaftsbundes mit breiter Unterstützung dem Präsidenten des Nationalrates überreicht. Darin sind folgende Ziele ausformuliert:

“1. Die Aufforderung an alle Bundes- und Landesregierungsmitglieder, in ihrem Zuständigkeitsbereich eine bedarfsorientierte Rechtsbereinigung durchzuführen.

  2. Ausbau bzw. Einrichtung eines Legislativdienstes in Parlament und Landtagen, der Gesetzesvorlagen auf ihre Notwendigkeit, Verständlichkeit und Wirtschaftlichkeit (Folgekosten für die Wirtschaft) überprüft.

  3. Vereinfachung und Beschleunigung von Behördenverfahren zur Kostensenkung für die Wirtschaft.

  4. Kundmachung aller Gesetze sechs Monate vor Inkrafttreten.”

Am 4. Dezember 1996 fand zu dieser Petition ein Hearing statt, an dem folgende Experten teilgenommen haben:

von seiten der Initiatoren der gegenständlichen Petition:

Ing. MADERTHANER

Generalsekretär Dr. MITTERLEHNER

Univ.-Prof. Dr. KYRER

von seiten der parlamentarischen Klubs:

Dr. SCHNIZER

Univ.-Prof. Dr. HENGSTSCHLÄGER

Univ.-Prof. DI PICHLER

Dr. STAUDINGER

von seiten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten:

Dr. HANDLER

Dr. FUCHS

von seiten des Bundeskanzleramtes:

Univ.-Doz. Dr. LACHMAYER

von seiten der Volksanwaltschaft:

Dr. MAUERER

Dr. PETERNELL

In dieser Sitzung beschlossen die Mitglieder des Ausschusses einstimmig folgendes:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 23

überreicht vom Abgeordneten Dr. Volker Kier betreffend “Anerkennung der Gebärdensprache”

Die gegenständliche Petition enthält die Forderung des Gehörlosenbundes nach Anerkennung der Gebärdensprache. Das Forderungsprogramm lautet:

“Früherziehung:

–   Recht der Eltern gehörloser Kinder auf Information über Gebärdensprache und Gebärdensprach­gemeinschaft;

–   Recht der Eltern gehörloser Kinder auf bezahlten Gebärdensprachunterricht;

–   Recht der gehörlosen Kinder auf Angebot der Gebärdensprache.

Schule:

–   Recht der gehörlosen Schüler auf zweisprachigen Unterricht;

–   Recht der gehörlosen Schüler auf qualifizierte bilinguale gehörlose Lehrer;

–   Recht hörender Lehrer, welche Gehörlose unterrichten, auf Gebärdensprachausbildung.

Berufsausbildung:

–   Recht der gehörlosen Schüler auf Gebärdensprachdolmetscher in Berufsschulen, AHS, BHS und Universitäten;

–   Recht auf entsprechend aufgearbeitetes Lehr- und Unterrichtsmaterial für gehörlose Schüler.

Dolmetscher:

–   Finanzierung einer Ausbildungsstätte für Gebärdensprachdolmetscher;

–   Finanzierung von Gebärdensprachforschung als Grundlage für die Ausbildung von Dolmetschern und Lehrern;

–   Recht der Gehörlosen auf Dolmetscher vor Gericht, Verwaltungsbehörden und allen öffentlichen Einrichtungen.

ORF (Österreichisches Fernsehen):

–   Erfüllung der Informationspflicht des ORF durch den Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern;

–   Eine feste Sendezeit für Gehörlose und detaillierte Untertitel bei Informationssendungen.”

Im Zuge der Beratungen am 7. Mai 1997 hat der Ausschuß beschlossen, Stellungnahmen des Bundes­kanzleramtes-Verfassungsdienst, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, des Bundes­ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten sowie des ORF einzuholen.

Das Bundeskanzleramt – Verfassungsdienst wies in seiner Stellungnahme darauf hin, daß der Nationalrat “die Bundesregierung mit Entschließung vom 28. Jänner 1993 (E 92-NR/XVIII) ersucht hat, alle Maßnahmen zu ergreifen, damit die Lebenssituation von gehörlosen und schwerhörenden Personen in Österreich verbessert werde, und daß die Bundesregierung hiezu an den Nationalrat den Bericht betreffend Anerkennung der Gebärdensprache Gehörloser in Österreich auf Grund der Entschließung des Nationalrates vom 28. Jänner 1993, E 92-NR/XVIII. GP (III-188 BlgNR XVIII. GP) erstattet hat.

Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die einzelnen Punkte des den Gegenstand der fraglichen Petition bildenden Forderungsprogramms großteils in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, daneben auch in den des Bundesministeriums für Wissen­schaft und Verkehr fallen. Im Hinblick auf die unter ,Früherziehung‘ geforderten Rechte ist auch auf die Grenzen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes hinzuweisen, in die die Normierung eines Rechts der Eltern gehörloser Kinder auf Information über Gebärdensprache und Gebärdensprachgemeinschaft ebensowenig fällt wie etwa das Kindergartenwesen und das Hortwesen (vgl. Art. 14 Abs. 4 lit. b B-VG).

Was die unter ,Berufsausbildung‘ geforderten Rechte betrifft, darf von einer Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Wissenschaft und Verkehr (GZ 5130/2-Pr/S/1997 vom 21. Mai 1997), die in einem vergleichbaren Zusammenhang erstattet wurde, Mitteilung gemacht werden:

Demnach bietet das Institut für Übersetzer- und Dolmetscherausbildung der Karl-Franzens-Universität Graz bereits jetzt eine große Anzahl von Lehrveranstaltungen (als Lehrveranstaltungen für alle Sprach­richtungen) an, die der Ausbildung von Gebärdensprachdolmetschern dienen. Die Universität Graz habe somit bereits erhebliche Vorarbeiten auf dem Sektor der gebärdensprachlichen Ausbildung geleistet. Auch wird darauf hingewiesen, daß die Universität für Bildungswissenschaften Klagenfurt, Institut für Sprach­wissenschaft und Computerlinguistik, gebärdensprachliche Lehrveranstaltungen anbietet; im Sommer­semester 1997 sei zB ein Seminar ,zur Grammatik der Österreichischen Gebärdensprache‘ abgehalten worden. Über studienrechtliche Konzeptionen der Zukunft könne allerdings derzeit noch keine Aussage getroffen werden.

Zum unter ,Dolmetscher‘ geforderten Recht der Gehörlosen auf Dolmetscher vor Gericht, Verwaltungs­behörden und allen öffentlichen Einrichtungen ist auszuführen:

–   Soweit ein Recht der Gehörlosen auf Dolmetscher vor Gericht gefordert wird, ist primär eine Zustän­digkeit des Bundesministeriums für Justiz gegeben, dies angesehen von Verfahren vor dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und vor dem Verwaltungsgerichtshof. § 62 Abs. 1 VwGG bestimmt, daß im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, soweit das VwGG nicht anderes vorsieht, das AVG (dazu sogleich) anzuwenden sei. Da entgegenstehende Regelungen nicht vorhanden sind, ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof insbesondere auch § 39a AVG anzuwenden. Für Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof gelten in dieser Hinsicht die Vorschriften der ZPO und des EGZPO.

     Im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren darf von einer Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Justiz (GZ 11.850/73-I 6/97 vom 9. Mai 1997), die in einem vergleichbaren Zusam­menhang erstattet wurde, Mitteilung gemacht werden:

     Demnach führen die Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz gemäß dem Bundesgesetz über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und Dolmetscher (SDG), BGBl. Nr. 137/1975, Sachverständigen- und Dolmetscherlisten, in die die allgemein beeideten gerichtlichen Sachver­ständigen und Dolmetscher eingetragen werden. In diese Listen werde die Taubstummensprache (Gebärdensprache) als eigene Sprache geführt. Wie bei den listenführenden Gerichtshofpräsidenten erhoben worden sei, gebe es bei der Verwendung der Gebärdensprachdolmetscher keine praktischen Probleme. Die erforderliche Sachkunde dieser Dolmetscher werde nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 14 SDG vor der Eintragung in die Listen geprüft. Zum Teil werden dabei Vorschläge bzw. Stellungnahmen der betreffenden Landesgehörlosenverbände eingeholt, zum Teil werde die Eignung des Bewerbers unter Heranziehung bereits in die Liste eingetragener Dolmetscher für die Gebärdensprache geprüft. Teilweise handelt es sich bei den eingetragenen Dolmetschern sogar um einschlägige Fachpädagogen, teilweise auch um Personen, deren Angehörige selbst taubstumm seien und die die Taubstummensprache erlernt haben. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Justiz seien daher die Rechte der Gehörlosen im gerichtlichen Verfahren ausreichend gewährleistet. Weitere Verbesserungen seien für die nahe Zukunft insofern geplant, als im Rahmen einer SDG-Novelle, die demnächst zur allgemeinen Begutachtung versendet werde, die nähere Vorgangsweise bei der Prüfung der Sachkunde der Sachverständigen und Dolmetscher auf eine einheitliche gesetzliche Basis gestellt werden solle.

–   Soweit ein Recht der Gehörlosen auf Dolmetscher vor Verwaltungsbehörden gefordert wird, ist auf den § 39a AVG hinzuweisen. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn eine Partei oder eine zu vernehmende Person insbesondere taub oder stumm ist, erforderlichenfalls der der Behörde beigegebene oder zur Verfügung stehende Dolmetscher beizuziehen. Die Kosten, die in Gestalt der einem solcherart beigezogenen Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren anfallen, gelten gemäß § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG nicht als Barauslagen und unterfallen daher der Regel des § 75 Abs. 1 AVG, wonach die Kosten für die Tätigkeit der Behörden in Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen sind. Mit dieser im Jahr 1995 geschaffenen Regelung wurde dem vorgetragenen Anliegen für den Bereich der dem Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 unterliegenden Verfahren entsprochen.

     Dabei ist einzuräumen, daß die Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers im Verwaltungsverfahren nur für einen bestimmten Abschnitt desselben, nämlich das Ermittlungsverfahren, vorgesehen ist. Welche konkreten, wohl weitergehenden Vorstellungen der gegenständlichen Petition zugrunde liegen, ist dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nicht klar erkennbar. Es könnte an die Schaffung einer Regelung gedacht sein, wie sie in einem vor allem territorial begrenzten Umfang für die slowenische und die kroatische Sprache besteht. Dabei ist jedoch festzuhalten, daß es sich bei den Benützern der Gebärdensprache nicht um eine Volksgruppe im Sinne des Volksgruppengesetzes handelt: Unter Volksgruppen versteht nämlich § 1 Abs. 2 Volksgruppengesetz, BGBl. Nr. 396/1976, ,die in Teilen des Bundesgebietes wohnhaften und beheimateten Gruppen österreichischer Staatsbürger mit nicht deutscher Muttersprache und eigenem Volkstum‘. Damit ist für den Begriff der Volksgruppe konstitutiv, daß eine Beheimatung als Gruppe in (bestimmten) Teilen des Bundesgebietes vorliegt (auch wenn man der Ansicht sein könnte, daß die Gebärdensprache eine ,nicht deutsche‘ Sprache und ihr eine eigene Kultur zugeordnet sei). Die Erlassung einer Amtssprachenverordnung auf der Grund­lage des Volksgruppengesetzes kommt daher nicht in Betracht.

     Bereits im Zusammenhang mit einer früheren Petition wurde auch an die Schaffung einer gesetzlichen Regelung nach dem Vorbild der §§ 13 bis 17 des Volksgruppengesetzes gedacht. Nach den Bestim­mungen des Volksgruppengesetzes haben die Träger der Behörden und Dienststellen sicherzustellen, daß im Verkehr mit den Behörden und Dienststellen nach Maßgabe näherer Bestimmungen die Sprache einer Volksgruppe gebraucht werden kann (§ 13 Abs. 1). Eine Person, die in einer Tagsatzung oder mündlichen Verhandlung von der Sprache einer Volksgruppe Gebrauch zu machen beabsichtigt, hat dies unverzüglich nach Zustellung der Ladung der Behörde oder Dienststelle bekanntzugeben, widrigenfalls ihr die durch schuldhafte Unterlassung einer solchen Bekanntgabe verursachten Mehr­kosten auferlegt werden können (§ 15 Abs. 1). Wird entgegen den Bestimmungen des Volks­gruppengesetzes die Sprache einer Volksgruppe nicht verwendet oder die Verwendung der Sprache nicht zugelassen, so gilt für den betreffenden Verfahrensschritt der Anspruch derjenigen Partei auf rechtliches Gehör als verletzt, zu deren Nachteil der Verstoß unterlaufen ist; ein Verstoß gegen § 15 begründet Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 3 StPO bzw. § 68 Abs. 4 Z 4 AVG.

     Wenngleich derartige Regelungen für Gehörlose nicht unvorstellbar sind, so dürften doch gesetzlichen Vorkehrungen, die über die im Jahr 1995 bereits geschaffene, weiter oben skizzierte Regelung hinausgehen – etwa der (Finanzierung der) Beiziehung von Dolmetschern zur Ermöglichung mündlicher Anbringen – vor allen Dingen Schwierigkeiten praktischer und finanzieller Natur entgegenstehen. Bereits nach der geltenden Rechtslage ist es jedoch möglich, daß ein Gehörloser in Begleitung eines Gehörlosendolmetschers vor einer Verwaltungsbehörde erscheint, dessen er sich bei seinem Anbringen bedient.

–   Eine Prüfung des in Rede stehenden Anliegens für den Bereich anderer Verfahrensordnungen (zB Bundesabgabenordnung, Landesabgabenordnungen, Abnahme mündlicher Prüfungen) wäre vom jeweils zuständigen Bundesministerium bzw. den Ämtern der Landesregierungen vorzunehmen. An dieser Stelle kann allerdings immerhin auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen (GZ 61 2105/60-II/11/94 vom 21. November 1994) verwiesen werden. Darin wird insbesondere ausgeführt, daß Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden des Bundes durch den Grundsatz der Schriftlichkeit geprägt seien und Mündlichkeit die Ausnahme bilde; so habe etwa die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 3 BAO mündliche Anbringen nur entgegenzunehmen, wenn dies in den Abgaben­vorschriften vorgesehen ist – was die Ausnahme und nicht die Regel bilde –, wenn dies für die Abwicklung des Abgabenverfahrens zweckmäßig ist oder wenn die Schriftform dem Einschreiter nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht zugemutet werden kann. Die Vernehmung eines Gehörlosen als Auskunftsperson oder Zeuge könne auch schriftlich geschehen (§ 143 Abs. 3 und § 173 Abs. 1 BAO), womit die Beiziehung eines Gehörlosendolmetschers entbehrlich werde. Das Bundesmini­sterium für Finanzen räumte freilich ein, es müsse für die Abgabenbehörde grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, in Abgabenverfahren auch mit gehörlosen Parteien in mündlichen Kontakt zu treten, was aber nur durch die Beiziehung von Gehörlosendolmetschern möglich sei. Das Bundes­ministerium für Finanzen wolle sich daher einer Kostentragungsregelung in der Bundesab­gabenordnung zugunsten gehörloser Parteien keineswegs verschließen, wenngleich die Schaffung einer solchen Regelung im Hinblick auf den für Abgabenverfahren geltenden Grundsatz der Schriftlichkeit nicht von höchster Priorität erscheine; es nehme eine diesbezügliche Änderung der Verfahrensgesetze für die nächste erforderlich werdende BAO-Novelle in Vormerkung.

5

Zum Abschnitt ,ORF (Österreichisches Fernsehen)‘:

Wenngleich das Anliegen des Österreichischen Gehörlosenbundes durchaus verständlich erscheint, ist zu betonen, daß die Tätigkeit des Österreichischen Rundfunks oder seiner Organe keinen Bereich der Gesetzgebung oder eine Maßnahme der Vollziehung darstellt. Die Organe des ORF sind keine Organe des Bundes. Ihnen stehen in keinem Fall hoheitliche Befugnisse zu – sie handeln im Bereich der Privatautonomie (vgl. VfSlg. 7593/1975, 7717/1975). Im Sinne der von Art. I Abs. 2 des Bundesver­fassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, geforderten Unabhängigkeit wurde der ORF als selbständige Anstalt öffentlichen Rechts durch das Rundfunkgesetz eingerichtet. Die verfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgarantie verbietet eine Ausgestaltung der Aufsicht in der Weise, daß der Staat bestimmenden Einfluß etwa auf Programminhalte bzw. Gestaltungsgrundsätze erhält. Dem Bundeskanzler ist entsprechend diesen Ausführungen jede Einflußnahme auf die Tätigkeit des Österreichischen Rundfunks verwehrt.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, daß – wie dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst bekannt ist – der ORF ein im Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz hohes Ausmaß seines Fernsehprogramms, nämlich rund 150 Stunden pro Monat, untertitelt und auch teilweise Sendungen parallel durch einen Gebärdendolmetsch präsentiert werden.”

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr nahm betreffend Anerkennung der Gebärden­sprache wie folgt Stellung:

“Das Institut für Übersetzer- und Dolmetscherausbildung der Universität Graz bietet bereits jetzt eine große Anzahl von Lehrveranstaltungen an, die der Ausbildung von Gebärdensprachdolmetschern dienen. Ein Auszug aus dem Studienführer der Universität Graz für das Sommersemester 1997 ist in der Anlage angeschlossen.

Wie diesem Auszug aus dem Studienführer der Universität Graz zu entnehmen ist, hat die Universität Graz somit bereits erhebliche Vorarbeiten auf dem Sektor der gebärdensprachlichen Ausbildung geleistet. Über studienrechtliche Konzeptionen der Zukunft kann allerdings derzeit noch keine Aussage getroffen werden.

Ergänzend darf auch darauf hingewiesen werden, daß die Universität Klagenfurt (Institut für Sprachwissenschaft und Computerlinguistik) unter der Leitung von Univ.-Doz. Dr. Franz Dotter gebärdensprachliche Lehrveranstaltungen anbietet. Im Sommersemester 1997 wird zB ein Seminar ,zur Grammatik der Österreichischen Gebärdensprache‘ abgehalten.”

Dieser Auszug wurde dem Schreiben als Anlage beigelegt:

17. Übersetzer- und Dolmetscherausbildung

Inst.: Merang. 70

Für die mit ANM bezeichneten Lehrveranstaltungen ist eine eigene Anmeldung am Institut erforderlich. Für die mit TZB bezeichneten Lehrveranstaltungen besteht zusätzlich eine Beschränkung der Teilnehmer­zahl. Beachten Sie auch die Anschläge im Institut zu Beginn des Semesters.

Studierende, welche die erste Diplomprüfung abgelegt haben, müssen sich für den StZw. Übersetzerausbildung oder den StZw. Dolmetscherausbildung entscheiden und dies bei der Inskription bekanntgeben.

Nähere Auskünfte über das Studium sowie über die Anrechnung von Lehrveranstaltungen anderer Studienrichtungen erteilt das Sekretariat. Außerdem bietet die Studierendenvertretung zu Semesterbeginn eine Inskriptionsberatung an.

17.1. Lehrveranstaltungen für alle Sprachrichtungen

520.772   Pruné E.: Einführung in die Übersetzungswissenschaft (II), VO, 2st., Mi. 13.45–15.15, UR 33.1.010

520.920   Grbie/Stachl-Peier: Übersetzungswissenschaftliches Proseminar (II), PS, 2st., Do. 10.15–11.45, SR 33.1.090, ANM, TZB

520.695   Pruné E./Grièé: Übersetzungswissenschaftliches Sem. (II), SE, 2st., Mo. 17.15–18.45, SR 33.1.090, ANM

520.696   Pruné E./Wolf: Seminar für Diss. und Dipl. (II), SE, 2st., Mi. 17.15–18.45, SR 33.1.090, ANM

520.248   Mitteregger: Deutsche Stilistik (für dt. Muttersprachler), VU, 2st., Di., 10.15–11.45, UR 33.1.006, ANM

520.479   Götz: Deutsche Stilistik (für Deutsch, 1. Fremdsprache), VU, 2st., Mi. 13.45–15.15, UR 33.1.102, ANM

520.983   Färber: Probleme des Konsekutivdolm. inkl. Notizentechnik,VO, 2st. (Block), Z.u.O.n.V.

520.??2   Pacher: Einführung in Recht und Wirtschaft (II), VO, 2st.,, Mi. 17.15–18.45, ÜR 33.1.010

520.896   Mittelberger I.: Internationale Organisationen (II), VO, 1st., Fr. 12.00–12.45, ÜR 33.1.010

520.932   Balluch: Sprecherziehung und Stimmschulung (II), VU, 2st., Di. 15.30–17.00, ÜR 33.0.5.030

520.883   Schubert: EDV für Sprachmittler/innen (II), VU, 2St., Di. 17.15–18.45, ÜR 33.1.010

520.882   Schubert: UE zu EDV für Sprachmittler/innen (II), UE, 1st., Mi. 17.00–18.30, EDV-Lehrsaal

520.506   Grbie: Linguistische Grundlagen der Gebärdensprache (II), PS, 2st., Do. 8.30–10.00, SR 33.1.090, ANM, TZB

520.641   Holzinger: Einführung in die Analyse der Gebärdensprache, VU, 2st. (Block), Z.u.O.n.V

520.861   Hofstätter/Stalzer: Gebärdensprache Grundkurs (II), UE, 4st., Mo. 17.15–18.45, UR 33.1.108, Do. 17.15–18.45, UR 33.1.108, ANM, TZB

520.860   Hofstätter/Stalzer: Gebärdensprache Aufbaukurs (II), UE, 2st., Mi. 17.15–18.45, UR 33.1.108

520.853   Schodterer: Gebärdensprache Grammatik, UE, 2st. (Block), Z.u.O.n.V.

520.503   Jedinger: Gebärdensprache Konversation (II), UE, 2st., Di. 8.30–10.00, ÜR 33.0.5.026

520.505   Tischmann: Nonverbale Kommunikation für Gebärdensprachstud. (II), UE, 2st., Mi. 15.30–17.00, SR 33.0.226

520.507   Mikulasek: Österr. Gebärdenspr. – Community Interpreting (I), UE, 2st. (Block), Z.u.O.n.V.

520.481   Schodterer: Österreichische Gebärdensprache – Simultandolm. (II), UE, 2st. (Block), Z.u.O.n.V.”

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales gab zur Petition Nr. 23 folgende Stellung­nahme ab:

“Bereits im Behindertenkonzept der Österreichischen Bundesregierung vom Dezember 1992 wurde auf die Wichtigkeit der Gebärdensprache als Mittel zur Kommunikation gehörloser Menschen hingewiesen sowie festgestellt, daß es einen großen Bedarf an Untertitelung von Fersehsendungen gibt. Gehörlose als sprachliche Minderheit sollten daher mehr als bisher unterstützt werden.

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist bestrebt, in seinem Kompetenzbereich die Integration gehörloser und hörbehinderter Menschen zu fördern:

In den Bundessozialämtern wird eine qualifizierte Beratung gehörloser Menschen, zum Teil auch in Gebärdensprache, angeboten. Sowohl im Rahmen der beruflichen als auch der sozialen Rehabilitation können aus Mitteln des Ausgleichstaxfonds unter bestimmten Voraussetzungen Zuschüsse oder Kosten­ersatz für Kommunikationshilfsmittel sowie Dolmetschkosten geleistet werden.

Gemeinsam mit anderen Bundesministerien und dem Land Oberösterreich fördert das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Projekt ,MUDRA‘ das erste österreichische Gebärdensprach­lexikon auf CD-Rom.

Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales unterstützt die Forderung nach Anerkennung der Gebärdensprache. Gebärdensprachen sind komplizierte räumliche Sprachen, die sich – wie andere Hörsprachen – in jeder Nation unterschiedlich entwickeln. Für die Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache im Sinne der Amtssprachenverordnung ist allerdings das Bundeskanzleramt zuständig.”

Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wies darauf hin, daß Fragen im Zusammenhang mit der Anerkennung der Gebärdensprache in Österreich nach einem parlamentarischen Entschließungsantrag bereits detailliert im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe behandelt wurden. Dabei wurde seitens des Bundeskanzleramtes festgestellt, “daß eine Anerkennung der Gebärden­sprache im Sinne der Sprache einer Minderheit formalrechtlich nicht erfolgen könne, da Minderheiten verfassungsrechtlich nur im ethnischen Sinne anerkannt werden. Gehörlose Menschen stellen keine Minderheit im ethnischen Sinne dar.

Eine in anderen Rechtsbereichen erfolgende Anerkennung der Gebärdensprache kann nicht nur in einem Teilbereich des Lebens erfolgen, sondern erfordert konkret Möglichkeiten und Maßnahmen, die dem Lebensabschnitt der verpflichtenden Schulbildung voran- und auch nachgehen. Somit setzen generelle Überlegungen und die notwendigen Konsequenzen für das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten erst nach einer allfälligen allgemein rechtlichen Anerkennung der Gebärden­sprache an.

Vom derzeit rechtlichen Status der Gebärdensprache abgehoben, hat das Bundesministerium für Unter­richt und kulturelle Angelegenheiten bereits mit der Lehrplannovelle 1976 für den Bereich der Schule für Gehörlose Formen der Verwendung von Gebärden im Unterricht eröffnet. In der spezifischen Lehrerbil­dung ist der Besuch eines Gebärdensprachkurses verpflichtend; in der theoretischen Ausbildung ist ein eigenes Blockseminar für Gebärdensprache integriert. Darüber hinaus sind bereits an fast allen österreichischen Schulen für Gehörlose auch gehörlose Lehrer, Sozialpädagoginnen und Unterrichts­assistentinnen pädagogisch tätig. Nach einem Angebot oder einer entsprechenden Förderempfehlung wird Gebärdensprache im Einvernehmen mit den Schulpartnern im Unterricht berücksichtigt. Auf lexikalischer Ebene oder bilingual.

Durch den schwerpunktmäßigen Einsatz von tatsächlich gebärdensprachkompetenten Pädagoginnen und Pädagogen (Gehörlose oder aufgewachsen als Kinder mit gehörlosen Eltern), einer einschlägigen Versuchstätigkeit und Evaluation sowie der Verwendung von medialen Materialien und Hilfen (Gebärdensprachlexikon auf CD-Rom, Motivationsvideos), wird an einer qualitativen Optimierung gearbeitet.

Das Interesse und insbesondere die Annahme eines gebärdensprachlichen Angebots durch die Eltern erlaubt derzeit nur die Umsetzung in einzelnen Klassen und Gruppen oder in Form eines eigenen Unter­richtsgegenstandes als unverbindliche Übung. In der Volks- und Hauptschule für gehörlose Kinder, Klagenfurt, mit dem Schwerpunkt eines bilingualen Unterrichtsangebotes sind für das kommende Schul­jahr nur mehr vier (!) Kinder angemeldet. Selbst gehörlose Eltern mit hörbehinderten Kindern bevorzugen deutlich für den Bildungsweg ihrer Kinder Schulen ohne Gebärdensprachangebot. Der Großteil der Eltern mit hörbehinderten Kindern erwartet in den neuen technischen Hilfen (Cochlea-Implantat) und in der Sprachrehabilitation eine den hörenden Kindern angenäherte Entwicklung.

Zusammenfassend kann bemerkt werden, daß das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten für den Bereich der verpflichtenden Schulbildung die Gebärdensprache in verschiedenen Ausprägungen als Kommunikationsform und als Sprachmittel zur kognitiven Bildung im Einverständnis der Schulpartnerschaft berücksichtigt und somit in einer praktischen Form anerkennt. Hingegen kann ein allgemeiner Rechtsanspruch auf den Einsatz der Gebärdensprache im Unterricht für Kinder, deren Eltern eine Integration in die Sprach- und Kulturgemeinschaft der Gehörlosen wünschen, erst bei einer offiziellen Anerkennung als Minderheitensprache erfolgen.”

Der ORF-Generalsekretär, Gerhard Weis, verweist, was die gewünschte Stellungnahme des Österrei­chischen Rundfunks zur Forderung nach Anerkennung der Gebärdensprache angeht, auf die ausführliche Beantwortung zu Petition Nr. 25 vom 9. Juni 1997 (Forderung nach mehr Untertiteln im Fernsehen) (vgl. Seite 68 f).

Einstimmiger Beschluß in der Sitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 25

überreicht vom Abgeordneten Dr. Volker Kier mit der Forderung an den Österreichischen Rundfunk nach mehr Untertiteln im Fernsehen.

Mit der gegenständlichen Petition überreichte der Abgeordnete Dr. Volker Kier folgendes Anliegen des Gehörlosenbundes:

“In dieser Unterschriftenaktion des Österreichischen Gehörlosenbundes an den ORF geht es darum, gehörgeschädigten bzw. gehörlosen Menschen das Verstehen von Nachrichten- und wissenschaftlichen Sendungen durch Einblendung von Untertiteln zu ermöglichen. (Untertitel sollen bei Bedarf dazugeblendet werden können.)”

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 wurde beschlossen, eine Stellungnahme des BKA sowie des ORF einzuholen.

Der Bundeskanzler nahm zu der in der Petition genannten Forderung wie folgt Stellung:

“Wenngleich das Anliegen des Österreichischen Gehörlosenbundes durchaus verständlich erscheint, ist zu betonen, daß die Tätigkeit des Österreichischen Rundfunks oder seiner Organe keine Maßnahme der Vollziehung darstellt. Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind keine Organe des Bundes. Ihnen stehen in keinem Fall hoheitliche Befugnisse zu – sie handeln im Bereich der Privatautonomie (vgl. VfSlg. 7593/7717/1975). Im Sinne der von Art. I Abs. 2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396/1974, geforderten Unabhängigkeit wurde der Österreichische Rundfunk als selbständige Anstalt öffentlichen Rechts durch das Rundfunkgesetz eingerichtet. Die verfassungsrechtliche Unabhängigkeitsgarantie verbietet eine Ausgestaltung der Aufsicht in der Weise, daß der Staat bestimmenden Einfluß etwa auf Programminhalte bzw. Gestaltungsgrundsätze erhält. Dem Bundeskanzler ist entsprechend diesen Ausführungen jede Einflußnahme auf die Tätigkeit des Österreichischen Rundfunks verwehrt.

Der Vollständigkeit halber ist zu bemerken, daß – wie mir der Verfassungsdienst mitteilt – der ORF pro Monat im Vergleich zu den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern in den Nachbarländern Deutschland und Schweiz in hohem Ausmaß, nämlich rund 150 Stunden, Fernsehprogramm untertitelt und auch teilweise Sendungen parallel durch einen Gebärden-Dolmetsch präsentiert werden.

Ferner weise ich darauf hin, daß dem der Petition zugrundeliegenden Anliegen durchaus auf Grund einer entsprechenden Empfehlung der gemäß § 15 des Rundfunkgesetzes zur Wahrung der Interessen der Hörer und Seher eingerichteten Hörer- und Sehervertretung Rechnung getragen werden müßte. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Generalintendant innerhalb einer angemessenen Frist der Hörer- und Sehervertretung zu berichten, ob und in welcher Form der Empfehlung entsprochen worden ist oder aus welchen Gründen der Empfehlung nicht gefolgt wird. Die Hörer- und Sehervertretung ist überdies gemäß § 16 Abs. 2 befugt, den Generalintendanten über alle zu besorgenden Aufgaben des Österreichischen Rundfunks zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen.”

Vom Generalsekretär des ORF ging zur Petition Nr. 25 nachstehendes Schreiben ein:

“Ich schicke der guten Ordnung halber voraus, daß diese Stellungnahme nur für die vom ORF veranstalteten und verantworteten Fernsehprogramme ORF 1 und ORF 2 gilt. Diese Erklärung erscheint mir deswegen angebracht, weil in den österreichischen Fernsehhaushalten eine Vielzahl vor allem auch deutschsprachiger Fernsehprogramme zu empfangen sind, die nicht dem ORF zugeordnet werden können.

1980 hat der ORF mit der Einführung von TELETEXT in Österreich mit seinem Service für Gehörlose und Gehörbehinderte begonnen und diesen Dienst konsequent erweitert und verbessert.

Heute untertitelt der ORF pro Monat rund 150 Stunden Fernsehprogramm. Zum Vergleich: das Schweizer Fernsehen untertitelt 130, ARD und ZDF untertiteln gemeinsam 110 Stunden. Kommerzielle TV-Anstalten untertiteln keine Fernsehprogramme. Auf Grund von Untersuchungen der Bedürfnisse von Hörbehinderten hat der ORF schwerpunktmäßig die Untertitelung von Informationssendungen forciert. Mit Beginn 1997 wurde auch die Untertitelung im Bereich der Unterhaltungsprogramme sowie Spielfilme und Serien beträchtlich ausgeweitet. Seit März 1996 wird das TV-Magazin “Wochenschau” parallel durch einen Gebärdendolmetsch präsentiert.

1997 setzt der ORF für die Untertitelung von Sendungen ein Jahresbudget von rund 11 Millionen Schilling ein und für den Gebärdendolmetsch etwa eine halbe Million Schilling.

Ich füge eine Graphik bei, die die Entwicklung der Untertitelung in unseren Fernsehprogrammen ausgehend vom Jahr 1985 bis heute veranschaulicht.

Angesichts des Umfanges der Untertitelung unserer Fernsehprogramme im Vergleich zu anderen, vor allem öffentlich-rechtlich veranstalteten Fernsehprogrammen aus dem benachbarten Ausland, nimmt der ORF daher diesbezüglich eine führende Stellung ein. Dessen ungeachtet sind wir nach Maßgabe der technischen Entwicklung, der programmlichen Eignung, aber auch der wirtschaftlichen Tragbarkeit bestrebt, diese Form der Versorgung mit Untertiteln weiterhin auszubauen.”

Diesem Schreiben waren folgende Tabellen beigefügt:

UT-Entwicklung von 1985 bis 1997

(1997 als Prognose)

 

Alle Angaben

 

in Stunden

 

85

86

87

88

89

90

91

92

93

94

95

96

97

 

 473

 548

 857

 871

1020

1070

1111

1154

1419

1526

1644

1589

1878

Vergleich FI–FP seit 1990

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 26

überreicht von der Abgeordneten Mag. Terizija Stoisits betreffend “Rassismus; Presseförderung, Anregung eines Initiativantrages uä.”

Mit der gegenständlichen Petition überreicht die Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits folgendes Anliegen von Freda Meissner-Blau und Gerhard Oberschlick:

“Rassismus; Presseförderung. Anregung eines Initiativantrages uä.

Das von der Europäischen Union für 1997 mit Entschließung des EU-Ministerrates ausgerufene ,Europäische Jahr gegen Rassismus‘ gibt Gelegenheit, die Bundesregierung, den National- und Bundesrat sowie die Kommission für die Presseförderung an einige völkerrechtliche Verpflichtungen der Republik zu erinnern:

Mit dem ,Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung‘ vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II S. 962 Art. 2 Abs.1b, d, e) hat sich Österreich ua. verpflichtet,

b) eine Rassendiskriminierung durch Personen oder Organisationen weder zu fördern noch zu schützen noch zu unterstützen,

d) jede durch Personen, Gruppen oder Organisationen ausgeübte Rassendiskriminierung mit allen geeigneten Mitteln einschließlich der durch die Umstände erforderlichen Rechtsvorschriften zu verbieten und zu beendigen,

e)  alle eine Rassenintegration anstrebenden vielrassischen Organisationen und Bewegungen zu unter­stützen.

,Die ,Neue Kronen Zeitung‘ ist die Speerspitze einer politischen und gesellschaftlichen Entwicklung, die sich in den letzten drei bis vier Jahren in Österreich etabliert hat. Seit dem Ausländervolksbegehren beobachten wir, daß der rassistische Rand, der früher in rechtsradikalen Zeitschriften vertreten war, in die politische und gesellschaftliche Mitte eingebrochen ist.‘ So Martin Schenk, ehemaliger Obmann von ,SOS Mitmensch‘, beim Hearing zur ,Medienfreiheit in Österreich‘, am 25. September 1996. Wie und mit welchen Folgen die ,Neue Kronen Zeitung‘ ihre Marktmacht für die Verbreitung von Rassismus, Aus­länderInnenfeindlichkeit, Frauendiskriminierung, Sexismus und Homosexuellenfeindlichkeit mißbraucht, haben beim genannten Hearing neben Martin Schenk auch die Beiträge von Fritz Hausjell, Chucks Ugbor, Kilian Okanwikpo, Sintayahu Tsehay, Susi Riegler und Christian Michelides eindrucksvoll gezeigt (Dokumentation in: Impuls. Das grüne Monatsmagazin, 8. Jahrgang Nr. 7, Dezember 1996, S. 39–49).

Schon aus diesen Gründen verbietet sich jede Förderung, jeder Schutz und jede Unterstützung rassistischer Medien, zB der ,Neuen Kronen Zeitung‘, aus Budgetmitteln, insbesondere der Presse­förderung des Bundes (1996: ,Neue Kronen Zeitung‘ 4,9 Millionen) und der Länder (Land Steiermark: ,Neue Kronen Zeitung‘ 5,6 Millionen).

Um diese Beträge könnten

a)  die für Initiativen gegen Rassendiskriminierung im Europäischen Jahr gegen Rassismus vorgesehenen Mittel erhöht werden; oder

b) die Förderungsbeträge für Zeitschriften erhöht werden; oder

c)  die jeweiligen Presseförderungen zum Zwecke der Budgeteinsparung gekürzt und damit Kürzungen zu Lasten würdigerer Zeitungen ungefähr vermieden werden.

Die ,Neue Kronen Zeitung‘ dürfte sich darüber schon deshalb nicht einmal aufregen, weil sie sich – ungeachtet der von ihr selbst beantragten und genossenen Zuwendungen – immer wieder über die Presseförderung mokiert hat. Sie verdient aber auch deshalb keine wie immer geartete Förderung aus öffentlichen Mitteln, weil sie

–   seit Jahren mit weitem Abstand am öftesten vom Österreichischen Presserat verurteilt wird; weil sie

–   sich diesen Verfahren unter Mißachtung des Presserates und des Ehrenkodex der Österreichischen Journalisten kaum jemals stellt, und weil sie am 23. März 1997, Seite 2 f.,

–   bezeichnenderweise im Einklang mit der FPÖ, die österreichische Bevölkerung dagegen aufzuhetzen versucht hat, daß das Wissenschaftsministerium Geld ,für den ,Kampf gegen Rassismus‘ lockermacht.‘

So verteidigen sie ihre parteipolitische bzw. Blattlinie; so decouvrieren sie sich; und so beweisen sie ihre absolute Förderungsunwürdigkeit. Dafür wäre die schelmische Zustimmung des tonangebenden Kolumnisten zu Le Pen (,Neue Kronen Zeitung‘, 2. April 1997, S. 10) schon nicht mehr nötig gewesen.

Daher bitten wir und schlagen wir vor, daß alle nichtrassistischen Mitglieder der Bundesregierung, Abgeordneten zum Nationalrat, Mitglieder der Kommission für die Presseförderung bzw. die entsen­denden Organisationen den obigen Vorschlägen (oder ihren Zielen noch besser) entsprechende Beschlüsse fassen bzw. Initiativanträge einbringen bzw. Initiativen ergreifen.”

Der Ausschuß hat in seiner Sitzung am 9. Juli 1997 beschlossen, eine Stellungnahme des BKA einzuholen.

Das Bundeskanzleramt/Verfassungsdienst nahm zu dieser Petition wie folgt Stellung:

“Der gemäß § 4 Abs. 3 leg. cit. eingerichteten Presseförderungskommission wurde der Text der Petition Nr. 26 in Form eines mit der Petition identischen offenen Briefes vorgelegt und bei der Gutachtens­erstellung mitberücksichtigt. Das Kommissionsgutachten sprach sich bezüglich des Antrages der ,Neuen Kronen Zeitung‘ auf Allgemeine Presseförderung für eine Förderung aus. In ihrer Sitzung am 8. Juli 1997 ist die Bundesregierung dem Gutachten der Presseförderungskommission gefolgt.

Zu der ebenfalls in der Petition angeführten steirischen Landespresseförderung kann keine Stellungnahme abgegeben werden, da diese nicht der Vollziehung durch den Bund unterliegt.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 26. November 1997.

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verfassungsausschuß

Petition Nr. 27

überreicht von den Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger und Dr. Günther Kräuter betreffend “Österreichische Note – Präzisierung des Rundfunkgesetzes”

Diese Petition enthält folgende Punkte:

“1. Der Nationalrat wird ersucht, das Rundfunkgesetz dahin gehend zu präzisieren,

–   daß der ORF verpflichtet wird, nicht nur allgemein Kunst, Kultur und Wissenschaft, sondern inbesonders lebende österreichische Kunst, Kultur und Wissenschaft ausgewogen zu fördern;

–   daß öffentlich-rechtliche und private Hörfunk- und Fernsehprogrammanbieter, die in Zukunft von österreichischem Hoheitsgebiet Programme verbreiten werden, Auflagen hinsichtlich einer dem europäischen Standard entsprechenden Berücksichtigung des heimischen Kunstschaffens erfüllen müssen;

–   daß die Einhaltung dieser Auflagen jährlich überprüft wird und ein grober Verstoß bis zum Entzug der Sendelizenz führen kann.

     Der einzuhaltende, europäische Durchschnittswert soll im Amtsblatt zur Wiener Zeitung veröffentlicht werden und für das jeweils kommende Jahr gelten. Die dazu erforderlichen Daten kann die Verwertungsgesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger (AKM) sowie das European Music Office (EMU) liefern.

2. Hinsichtlich der Behandlung dieser Initiative fordern die Bevollmächtigten:

–   der Ausschuß für Bürgerinitiativen möge die vorliegende Initiative gesondert behandeln;

–   deren Behandlung noch vor dem Erscheinen der neuen AKM-Statistik für 1997;

–   deren Weiterleitung nach der Vorberatung an den Verfassungsausschuß;

–   der Ausschuß soll als Ergebnis die Bundesregierung auffordern, auf den ORF-Generalintendanten einzuwirken, in den Programmen des ORF unverzüglich deutlich mehr österreichische Gegenwarts­kunst einzusetzen.

3. Die Betreiber der Initiative wünschen:

–   eine Ausschußfeststellung hinsichtlich der Erhöhung des Anteils österreichischer Gegenwartskunst vor allem im Bereich der Musik zumindest auf den in Europa üblichen Standard;

–   diese Erhöhung soll bei allen Musiksparten unter besonderer Berücksichtigung des Nachwuchses und der weltweit ständig steigenden wirtschaftlichen Bedeutung der Musik- und Urheberrechtsindustrie erfolgen.

4. Zu den Ausschußsitzungen sollen eingeladen werden und während der gesamten Dauer der Veranstaltungen das Wort ergreifen dürfen:

–   der Erstunterzeichner;

–   bis zu sechs Sachverständige, die vom Erstunterzeichner nominiert werden;

–   der ORF-Generalintendant;

–   der ORF-Generalsekretär;

–   der zuständige Minister (Bundeskanzler);

–   der zuständige Staatssekretär;

–   die Mediensprecher der im Parlament vertretenen Parteien;

–   die Kultursprecher der im Parlament vertretenen Parteien.”

In der Ausschußsitzung am 9. Juli 1997 wurde einstimmig beschlossen, je eine Stellungnahme des ORF und des Bundeskanzleramtes einzuholen. Auch erfolgte in dieser Sitzung der Beschluß auf Durchführung eines Hearings und auf Ladung von Experten.

Das Bundeskanzleramt – Verfassungsdienst nahm dazu wie folgt Stellung:

“Einleitend darf bemerkt werden, daß das Anliegen der Petition im Hinblick auf ihren Titel unklar erscheint: Das Rundfunkgesetz bezieht sich ausschließlich auf die Tätigkeit des Österreichischen Rundfunks. Zugleich verfolgen die Einbringer aber auch die Intention, bestimmte Verpflichtungen für private Rundfunkveranstalter zu schaffen, was aber systematisch nicht Gegenstand einer allfälligen Novellierung des Rundfunkgesetzes sein könnte.

Im weiteren ist nicht klar, welchen Inhalt die in der Petition erwogenen ,Auflagen‘, die den aus Österreich sendenden Rundfunkveranstaltern aufzuerlegen wären, nach Auffassung der Einbringer haben sollten: So zielt die Petition darauf ab, daß Hörfunk- und Fernsehprogrammanbietern in Österreich die Verpflichtung aufzuerlegen wäre, einen ,europäischen Standard … des heimischen Kunstschaffens‘ zu berücksichtigen, wobei im Falle der Nichteinhaltung dieser Auflagen Sanktionen greifen sollen.

Zunächst ist unverständlich, welcher ,europäische Standard‘ angesprochen wird. Denkbar erscheint allenfalls, daß die Einbringer die Regelungen Kapitel III der EU-Richtlinie ,Fernsehen ohne Grenzen‘ (89/552/EWG in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG) in Erwägung gezogen haben, wonach die Mitgliedstaaten im Rahmen des praktischen Durchführbaren und mit angemessenen Mitteln dafür Sorge zu tragen haben, daß die ihrer Hoheitsgewalt unterliegenden Fernsehveranstalter den Hauptteil ihrer Sendezeit europäischen Werken vorzubehalten haben. Art. 6 der genannten Richtlinie definiert dabei in umfassender Weise den Begriff der ,europäischen Werke‘, demzufolge darunter Werke aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und unter bestimmten Bedingungen auch aus europäischen Drittländern verstanden werden. Diese Bestimmungen sind in der österreichischen Rechtsordnung hinsichtlich der Programme des ORF in § 2b des Rundfunkgesetzes, BGBl. Nr. 379/1984 in der Fassung BGBl. Nr. 917/1993, sowie hinsichtlich der Programme der Kabel- und Satellitenrundfunkveranstalter in den §§ 33 bis 36 des Kabel- und Satellitenrundfunkgesetzes, BGBl. I Nr. 42/1997, umgesetzt. Der Anteil der von den Fernsehveranstaltern ausgestrahlten europäischen Werke wird vom Bundeskanzleramt alle zwei Jahre auf Grund einer in der Richtlinie festgelegten Verpflichtung an die Europäische Kommission übermittelt.

Aus dem Gemeinschaftsrecht ergibt sich hingegen keine Anordnung, daß Fernsehveranstalter in einem Mitgliedstaat einen bestimmten Anteil von Produktionen aus ihrem jeweiligen Heimatstaat auszustrahlen hätten. Zweck der Quotenregelungen in der Richtlinie ,Fernsehen ohne Grenzen‘ ist vielmehr eine Förderung der gesamteuropäischen Programmindustrie. Eine nationale Vorschrift, die rein auf die Förderung österreichischer Programme abzielt, könnte somit im Konflikt mit dem Gemeinschaftsrecht stehen, da sie dem genannten Zweck der Richtlinie entgegenstünde.

Darüber hinaus ist zu bedenken, daß die geforderten Maßnahmen für die Hörfunk- und Fernsehver­anstalter einen wesentlichen Eingriff in die Programmveranstaltungsfreiheit und damit in die verfassungs­rechtlich gewährleistete Meinungsäußerungsfreiheit im Sinne des Art. 10 der Europäischen Menschen­rechtskonvention bedeuten würden. Ein Eingriff in diese Freiheiten ist nur im Rahmen des Art. 10 Abs. 2 EMRK denkbar, wobei keiner der Eingriffstatbestände dieser Gesetzesbestimmung geeignet erscheint, die in der Petition geforderten Maßnahmen zu rechtfertigen. Ebenso dürfte auch die Rundfunkklausel des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 EMRK keinen adäquaten Eingriffstatbestand enthalten. Im besonderen würden die geforderten Maßnahmen eines Lizenzentzuges im Widerspruch zum Verhältnismäßigkeitsgebot bei Grundrechtseingriffen stehen.

Diese Auffassung wird auch dadurch bekräftigt, daß bereits den Quotenregelungen in der zitierten Richtlinie ,Fernsehen ohne Grenzen‘ vielfach Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Art. 10 EMRK entgegengebracht wurden und diese letztlich nur auf Grund einer Kompromißlösung in der Formulierung Eingang in die Richtlinie gefunden haben.”

In der Stellungnahme des Generalintendaten des ORF zur Bürgerinitiative “Österreichische Note” wird einleitend ausgeführt, “daß die in der Petition angeführten Prämissen

1.  europäischer Standard

2.  ,österreichische Gegenwartskunst‘

3.  Änderung des RFG

von falschen Voraussetzungen ausgehen:

EUROPÄISCHER STANDARD

Zur Frage, ob es einen europäischen Standard überhaupt gibt, kann ich zunächst auf mein Schreiben vom 10. Juni 1997 an den Herrn Nationalratspräsidenten verweisen, das sich ausführlich mit diesem Thema auseinandersetzt. Solche Standards, die die Petition wiederholt fordert, haben sich nämlich weder in anderen Ländern bewährt, noch wären Quoten einzelner österreichischer Musikschaffender in einem bestimmten Sender einem Rundfunkveranstalter oder seinen Hörern zumutbar. Es besteht ein gefestigte Rechtsprechung der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes, daß niemandem Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung des ORF zukommt. Wenn die Proponenten hier protektionistische Maßnahmen in Form von Quotenregelungen, also Proporzradio einzelner Interpreten fordern, so kann ich dies aus den in meinem oben genannten Schreiben genannten Gründen nur zurückweisen.

Soweit die Petition die Belebung der österreichischen Popszene vor Augen hat, so bitte ich nicht zu übersehen, daß die Vertreter des Austropop in den letzten Jahren vor allem in den ORF Regional- und Lokalprogrammen (Ö2) ein neues Zuhause gefunden haben und sich aus heutiger Sicht dieser Trend weiter verstärken dürfte. Auf dem österreichischen Radiomarkt hat insofern bloß eine Verlagerung stattgefunden. Für österreichische Musikschaffende kann diese Entwicklung nur von Vorteil sein, sind doch die Regional- bzw. Lokalprogramme, infolge ihres erwiesenermaßen höheren Marktanteils und größerer Tagesreichweite, im Vergleich zu Ö3, die wirklichen Marktführer der österreichischen Radiolandschaft. Andererseits gehören gerade neuere Produktionen österreichischer Musiker auch zum festen Repertoire von Ö3.

Daneben ist es ein Anliegen des ORF, gemeinsam mit der österreichischen Musikszene erfolgver­sprechende Talente zu entdecken und ihnen professionelle qualitätsvolle Studioproduktionen zu ermöglichen. Zuletzt waren bei zahlreichen Open-Air-Veranstaltungen von Ö3, wie etwa bei dem ,U 2‘-Konzert (16. 8. 1997) von 72 000 Zuschauern, österreichische Gruppe wie ,Paradise Now‘ als Vorgruppen zu hören. Solche Chancen, sich vor entsprechendem Publikum zu präsentieren, werden mit durchaus erfolgversprechenden Ergebnissen genutzt.

Weitere Beispiele zu den Aktivitäten des ORF, mit denen heimisches Musikschaffen unterstützt werden soll, sind in Anhang 1 angeschlossen.

Ich bitte auch nicht zu übersehen, daß gerade die vorliegende AKM-Studie für das Jahr 1996 nicht den immer behaupteten Einbruch des Anteils österreichischer Künstler in den Radioprogrammen des ORF – auch nicht in Ö3 – ausweist. Der Österreicher-Anteil ist vielmehr relativ stabil geblieben, gerade weil es in der Vergangenheit wie auch in Zukunft immer ein Anliegen  der Geschäftsführung des ORF gewesen ist, sich um einen möglichst hohen Anteil österreichischer Komponisten in allen Programmen des Radios – daher auch in Ö3 – zu bemühen.

Hinter diesem Dauerstreit stecken aber auch handfeste materielle Interessen, die nichts mit dem ORF zu tun haben. Da es in Österreich für die kleinen musikalischen Rechte zwei Gesellschaften gibt, nämlich AKM und Austro-Mechana, wohingegen in der Schweiz und in Deutschland die kleinen musikalischen Rechte und die kleinen mechanisch-musikalischen Rechte jeweils von einer Gesellschaft verwaltet werden und da überdies der ORF an AKM und Austro-Mechana verhältnismäßig viel bezahlt hat, ist es zu einer Reduktion des Entgeltanspruches im Vertrag ORF/AKM gekommen. Diese Verhandlungen sind sehr schwierig gewesen, schlußendlich hat man sich auf einen Kompromiß geeinigt.

Die damals unterlegene Meinung versucht nun immer wieder, über eine Erhöhung des Anteils österreichi­scher Musik in den Radioprogrammen dieses Verhandlungsergebnis gewissermaßen nachzubessern. Der ORF hat wiederholt angeboten, die von österreichischen Komponisten stammenden Werke höher zu bewerten, dafür aber die Hintergrundmusik bei Filmen und Serien niedriger. Sein Bestreben ist es also gewesen, bei gleicher Belastung für den ORF finanziell mehr für die österreichischen Komponisten zu tun. Derartige Vorschläge sind aber immer wieder abgelehnt worden. Auch diese Hintergründe muß man kennen, wenn man über die Frage des Anteils österreichischer Komponisten in den Programmen des ORF diskutiert und der ORF-Geschäftsführung dabei implizite eine benachteiligende Einstellung zu öster­reichischer Musik unterstellt.

DEFINITION ,ÖSTERREICHISCHER GEGENWARTSKUNST‘

Unklar bleibt, was die Petitionsbetreiber mit der Umschreibung ,Österreichische Gegenwartskunst vor allem im Bereich der Musik‘ verstanden haben wollen. Ist ein Werk dann ,österreichisch‘, wenn dessen Schöpfer (Komponist, Autor usw.) ÖsterreicherIn ist/in Österreich seinen Hauptwohnsitz hat oder sich das Werk inhaltlich mit Österreich beschäftigt/in Österreich produziert/geschaffen wurde? Ist im Bereich der Musik erforderlich, daß der Text deutschsprachig ist?

Ebenso scheint der Wortlaut der Petition Österreichische Gegenwartskunst und österreichische zeitgenössische Musik zu vermischen. Unter Punkt 1 wird darauf hingewiesen, daß die AKM bzw. das European Music Office die Daten zur jährlichen Überprüfung liefern könne, ob die geforderte Berücksichtigung des heimischen Kunstschaffens erfolgt ist. Die AKM verfügt jedoch nur über die Daten aus dem Bereich der Musik und nicht zB der Literatur oder bildenden Kunst. Da auch die Unterstützer dieser Petition allein aus dem Bereich der Musik kommen, ist die Petition – wie auch aus deren Titel ersichtlich – im Grunde ausschließlich auf die Förderung der Musik und wie sich aus den im Vorfeld dieser Petition geführten Diskussionen und ihren Teilnehmer ergibt, in erster Linie auf U-Musik im (ORF) Hörfunk beschränkt.

RUNDFUNKGESETZ (RFG)

Eine Änderung des Rundfunkgesetzes (Punkt 1 der Petition) würde nur den ORF betreffen, nicht aber wie von den Petitionsbetreibern gefordert sämtliche öffentlich-rechtliche und private Hörfunk- und Fernseh­anbieter, die Programme von Österreich aus verbreiten.

Abgesehen davon, daß der Entzug der Sendelizenz des ORF im Falle der Nichteinhaltung des geforderten Österreich-Anteils am Programm wohl etwas überzogen erscheint, ist diese Maßnahme im Rundfunk­gesetz nicht vorgesehen (wohl aber im Regionalradiogesetz und im Kabel-Satelliten-Rundfunkgesetz).

Der ORF als Unternehmen, das den öffentlichen Auftrag ernst nimmt, ist an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit allen österreichischen Künstlern und dabei natürlich auch den Musikschaffenden außerordentlich interessiert. Er braucht und will Erfolg gemeinsam mit den Künstlern. Wir sind allerdings überzeugt, daß polemische Auseinandersetzungen nichts fruchten und letztlich beiden Seiten nicht dienlich sein können. Der bereits eingeschlagene Weg des Dialogs soll daher im Sinne einer gedeihlichen Zusammenarbeit beibehalten werden.”

Anhang 1 zum Schreiben vom 19. August 1997/Petition Nr. 27

“Übersicht über einige Aktivitäten des ORF zur Unterstützung des heimischen Musikschaffens

Musik bildet in den Hörfunkprogrammen des ORF einen integralen Bestandteil. Im Sinne des öffentlichen Auftrages, zu dem sich das Unternehmen in vollem Umfang bekennt, ist der ORF ein wesentlicher Träger und Vermittler österreichischer Identität im Medienzeitalter. Eine Abwägung zwischen adäquater Förderung heimischer Musikschaffender durch vermehrten Einsatz auf der einen und Publikumswünschen gerecht werdender Programmgestaltung auf der anderen Seite muß Tag für Tag getroffen werden. Punkt 1.5 der Programmrichtlinien des ORF gesteht österreichischer Musik – grob gesprochen – Heimvorteil zu, der in allen Programmen des ORF gilt. Im Zweifelsfall werden sich alle Verantwortlichen für österreichische Produktionen entscheiden. Das Unternehmen ist sich aber auch der Tatsache bewußt, daß es sein Angebot am Interesse seiner Hörer orientieren muß, weil ansonsten nicht zuletzt ökonomische Nachteile zu befürchten wären, die der Aufrechterhaltung des kostenintensiven öffentlichen Auftrags entgegenstehen würden. Dennoch ist der Anteil österreichischer Musik hoch, was die folgenden Ausführungen über die einzelnen Programme des ORF belegen.

Ö1

Der Anteil österreichischer Musik an der Programmgestaltung des Senders ist in den letzten Jahren angestiegen. 1996 wude bei weitem mehr E-Musik österreichischer lebender Komponisten gespielt als vergleichbarer ausländisch lebender.

In diesem Zusammenhang darf auch die Existenz des Radio-Symphonieorchesters (RSO) nicht vergessen werden, für dessen Bestehen der ORF jährlich zirka 140 Millionen Schilling aufwendet. Es nimmt im Programm des ORF und darüber hinaus im österreichischen Musikleben einen zentralen Platz ein. Neben den Aufgaben eines Medienorchesters, die durch den Programmauftrag des ORF und die Pflege österreichischer Musik – nicht zuletzt der zeitgenössischen – gegeben sind, und einer wechselnden Präsenz im Fernsehen wird das RSO von Konzertveranstaltern in Wien bzw. den großen österreichischen Festspielen mehr und mehr zu speziellen Aufgaben herangezogen. In den letzten Jahren wurden mit vielen Aufführungen bedeutender Werke des 20. Jahrhunderts und zahlreicher Uraufführungen wesentliche Akzente für das heimische zeitgenössische Musikschaffen gesetzt.

Für die Saison 1997/98 sind immerhin 22 Kompositionsaufträge für österreichische Komponisten vorgesehen, deren Gesamtvolumen fast 600 000 Schilling beträgt. Weitere Kompositionsaufträge prägen das Programm des Festivals ,Musikprotokoll‘ beim Steirischen Herbst, das österreichischen Musik­schaffenden als internationale Plattform dient. Rechnet man die drei Orchesterwerke hinzu, die bereits vor längerer Zeit bei heimischen Komponisten bestellt wurden, kommt man auf ein Gesamtauftragsvolumen von rund einer Million Schilling. Ö1 wird auch durch Uraufführungen dafür sorgen, daß eine adäquate Veröffentlichung gewährleistet ist. Darüber hinaus wird auf die CD-Reihe verwiesen, die diese österreichischen Kompositionen einer breiten Öffentlichkeit nahebringen wird. Konzerte des RSO sowie weitere Mitschnitte und Produktionen bilden die Grundlage der umfangreichen Präsenz der österreichischen zeitgenössischen Musik auf Österreich 1.

Regionalprogramme

Die neun lokalen Radioprogramme des ORF, die zur Hauptsendezeit in jedem Bundesland ein lokales Vollprogramm ausstrahlen und das bzw. die regionalen Programme, sind als föderalistisches und identitätsförderndes Instrument unerläßlich geworden. Gelegentlich hat es jedoch den Anschein, als würde die Bedeutung der Landesstudios unterschätzt. Die Regional- bzw. Lokalprogramme erreichten 1996 eine Tagesreichweite (Hörerschaft, die pro Tag erreicht wird; dies bei einer Mindestverweildauer von 15 Minuten) von 40,9%; wohingegen Ö3 auf 35,5% kam. Noch klarer ist das Ergebnis, was den Marktanteil (Anteil des Senders an den pro Tag von allen Hörern vor den Geräten verbrachten Minuten) betrifft. Dieser lag für die Lokalradios bei 47%, für Ö3 bei 36%. Die Bundesländerstudios sind somit die eigentlichen Marktführer der österreichischen Radiolandschaft. Das Programm der Lokalradios umfaßt neben spezifischen Informationen, Unterhaltung und Landeskultur auch Musik, wobei der Österreicher-Anteil an den neun Lokalprogrammen des ORF ungebrochen hoch ist.

Insbesondere die Vertreter des Austropop im strengen Wortsinne, also große Namen wie Wolfgang Ambros, Georg Danzer oder Peter Cornelius, haben in den letzten Jahren auf den ORF-Lokalsendern ein neues Zuhause gefunden. Aus heutiger Sicht dürfte sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter verstärken. Durch die großen Veränderungen auf dem österreichischen Radiomarkt, die sich in den schrittweise vollzogenen Justierungen der Programm- und Musikfarben ebenso widerspiegeln wie in der veränderten Publikumszusammensetzung der einzelnen Stationen, wurden Interpreten, die man zum Zeitpunkt ihrer ersten großen Erfolge zum Repertoire von Ö3 zählen mußte, nach und nach zu Kernkünstlern der Lokal- wie der Regionalprogramme (das sind solche, die von mehreren Bundesländer­studios gemeinsam produziert werden).

Das inhaltliche Erscheinungsbild der Lokalsender war und ist einem ständigen Wandel unterworfen. Für den Bereich der heimischen Popmusik bedeutet dies große Chancen. Denn der noch genauer zu erörternden Neupositionierung des Senders Ö3 zufolge wird der klassische Austropop dort nicht mehr jene große Berücksichtigung finden können, die man bisher gewohnt war; diese Tendenz ist einzig und allein auf die Wünsche des Ö3-Publikums zurückzuführen, die sich durch großangelegte Analysen belegen lassen. Dies bedeutet, daß die Regional- und Lokalprogramme des ORF vermehrt zur Heimat der österreichischen Popmusik werden. Für heimische Musikschaffende kann diese Entwicklung nur von Vorteil sein, sind doch die Ö2-Programme – wie bereits erwähnt – die wirklichen Marktführer der österreichischen Radiolandschaft.

Ö3

Prinzipiell wird bei der Programmgestaltung von Ö3 von der Prämisse ausgegangen, daß beim Einsatz österreichischer Musik dieselben Kriterien angewendet werden, wie für das ausländische Repertoire. Der jeweilige Titel wird ausschließlich nach musikalischen Eigenschaften eingestuft. Ist er jenen Genres zuzuordnen, die Ö3-Hörer gerne hören? Ist die Tonalität eine, die in das von Ö3 abgedeckte Spektrum paßt? Eine lediglich untergeordnete Rolle spielen in diesem Zusammenhang etwaige Charts-Plazierungen. Somit wird gegenüber heimischen Künstlern keine restriktive oder feindliche Haltung eingenommen; im Gegenteil: gemäß Punkt 1.5 der Programmrichtlinien des ORF werden österreichische Titel vergleichbaren ausländischen vorgezogen. Grundbedingung für den Einsatz bleibt aber eine gewisse Mindestakzeptanz bei der Zielgruppe des Senders.

Der ORF ist in dieser Richtung bestrebt, heimischen Nachwuchs zu fördern und einem breiteren Publikum näherzubringen. Im Herbst 1995 wurde die Initiative ,Ich will auch‘ gestartet, bei der Nachwuchs­musikern die Möglichkeit geboten wurde, eingesandte Demos in den Digitalstudios des ORF zu produzieren. Junge Musiker haben somit die Möglichkeit, jene Hürde zu überspringen, die in anderen Ländern nur mit der Hilfe von Plattenfirmen genommen wird. Darüber hinaus wurden durch verstärkten Einsatz in den Hörfunkprogrammen des ORF die Nachwuchsbands einem breiteren Publikum präsentiert. Der kommerzielle Erfolg war nicht übermäßig groß, dennoch fördert der ORF diese Aktion durch die Produktion eines zweiten Demobandes.

Eine Zwischenbilanz der Aktion ,Ich will auch‘, die den Zeitraum vom Beginn im Oktober 1995 bis Mai 1997 umfaßt, zeigt folgendes: Bisher haben 27 Bands bzw. Solo-Interpreten im Studio RP2 des Wiener Funkhauses Aufnahmen gemacht. Insgesamt wurden etwa 180 Studiotage, das entspricht etwa 1 600 Stu­diostunden, aufgewendet. Auf dem freien Markt wären hiefür, selbst wenn man dieser Überlegung einen sehr bescheidenen Tarif zugrunde legt, Kosten von ungefähr 4,3 Millionen Schilling zu kalkulieren, die der ORF für österreichische Musikschaffende aufgewendet hat.

Als erster zählbarer Erfolg kann gewertet werden, daß die Künstler Eichhorn und Steve Nick von zwei österreichischen Major Labels unter Vertrag genommen wurden. Die Bands ,Loose Lips‘ und ,H-Ant-Orange‘ wurden aus den ,Ich will auch‘-Samplern auf Single gekoppelt. Durch starkes Airplay auf Ö3 bzw. FM4 wurde beiden Gruppen ermöglicht, einen Promotion- bzw. Management-Vertrag abzu­schließen.

Anfragen von Plattenfirmen, zum Teil auch aus dem Ausland, gelten derzeit folgenden Künstlern, denen ,Ich will auch‘ eine erste Plattform geboten hat: ,Loose Lips‘, ,H-Ant-Orange‘, ,Hertz‘, ,Between‘, ,The Next‘. Bei der Band ,Clarence‘ geben sich zur Zeit die Talentesucher und Produzenten quasi die Klinke in die Hand. Diese erfolgreiche Aktion wird nun unter dem Titel ,POP!‘ weitergeführt.

Hierfür wurde vor kurzem zwischen der Gesellschaft zur Förderung österreichischer Musik (GFÖM), der AKM und dem ORF eine Vereinbarung geschlossen, die die Durchführung des Projektes ,POP!‘ zum Gegenstand hat. Ziel dieser Idee ist es, Produktion und Verbreitung österreichischer Popmusik zu unterstützen und (neben einer Verbesserung des Stellenwertes in der Öffentlichkeit) der Popmusikszene neue Impulse zu geben. Es wird eine Kontakt- und Servicestelle für österreichische Musikschaffende eingerichtet, die einerseits der Kontaktaufnahme zwischen Musikern, Musikindustrie und Verwer­tungsgesellschaften erleichtern und andererseits Beratungstätigkeit im Hinblick auf Möglichkeiten von (Demo-)Aufnahmen leisten soll.

Ein weiteres Ziel dieser Aktion ist die Produktion von sendefertigen Aufnahmen von Werken, die in hiefür veranstalteten Wettbewerben ausgewählt werden. Diese Produktionen können auch mit einer Nachbetreuung durch die Veranstalter rechnen, die aus Presse- und PR-Arbeit und der Vermittlung von Live-Auftritten besteht.

Der ORF unterstützt diese Aktion darüber hinaus durch kostenlose Zurverfügungstellung seiner Aufnahmestudios im Ausmaß von zumindest 80 Arbeitstagen und der Übernahme der Gesamtkosten für Presseaussendungen, Pressekonferenzen und ähnliche Veranstaltungen. Zudem verpflichtet er sich, Trailer und redaktionelle Beiträge über das Projekt oder aus dem Projekt hervorgehender Produktionen in den Programmen des ORF zu senden und die auflaufenden Kosten zu übernehmen.

Des weiteren hat die konkrete Planungsphase des Projektes ,Live Music Award 98‘ eingesetzt. In vier Kategorien (Pop/Rock, Jazz, Volksmusik, E-Musik) soll jungen Musikern die Möglichkeit eröffnet werden, sich bei Live-Auftritten für die jeweilige Schlußveranstaltung zu qualifizieren, im Zuge derer eine Fachjury (in Anwesenheit der wichtigsten Musikkritiker) die Sieger auswählt. Diese Schlußveran­staltungen sollen in das Donauinselfest integriert werden und somit eine breite Publikumsresonanz garantieren.

FM4

Die Förderung zeitgemäßer österreichischer Pop- und Rockmusik war eine der Hauptgründe für die Einführung der Sendeleiste FM4 auf den Frequenzen von Blue Danube Radio am 16. Jänner 1995. Durch das breite Spektrum des FM4-Programmangebotes sind dabei auch keine genrespezifischen Grenzen gesetzt. Von ,Experimental House‘ bis ,Death Metal‘ können auf FM4 alle Untergruppen zeitgemäßen Musikschaffens beleuchtet werden. Hier übernehmen vor allem die Musik-Spezialsendungen, die werktags zwischen 22 und 24 Uhr ausgestrahlt werden, den Hauptteil der Verantwortung. Die Musikexperten des Senders sind bemüht, möglichst viele beachtenswerte Interpreten zu fördern.

Die bereits etablierten Szenestars, die nicht zuletzt durch FM4 diesen Status erlangen konnten, bleiben auf FM4 auch weiterhin präsent. Hier seien vor allem das Magazin ,Homebase‘, von Künstlern selbst gestaltete Gästesendungen oder auch Live-Konzert-Mitschnitte erwähnt. Die Duos ,Kruder & Dorfmeister‘ sowie ,Pulsinger & Tunakan‘ haben es so zu internationaler Anerkennung gebracht. Auch Interpreten wie Heinz oder Hans Platzgumer sind im deutschsprachigen Ausland nicht nur in Fachkreisen ein Begriff.”

In der Sitzung des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen fand am 26. November 1997 ein Hearing zu dieser Petition statt, zu dem folgende Experten geladen waren:

     Dipl.-Kfm. Nikolaus Kalita (Austro Mechana Vorstand)

     Prof. Wolfgang Arming (früherer Geschäftsführer der Polygram)

     Manfred Brunner (AKM-Generaldirektor)

     Dr. Heinz Wittmann (Verlag “Medien und Recht”)

     Prof. Dr. Hannes Tretter (Ludwig-Boltzmann-Institut)

     Peter Vieweger (Austrian Music Office)

     Peter Paul Skrepek (Musiker-Komponisten-Autorengilde/KMfB)

     Bogdan Roscic (Ö3-Chef)

     Andy Baum (Austropop-Musiker)

     Gerhard Weis (ORF-Hörfunkintendant)

     Gerhard Zeiler (ORF-Generalintendant)

     Mag. Werner Dujmovits (Hörfunkintendanz)

Mehrheitlicher Beschluß in dieser Sitzung:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Verkehrsausschuß

Petition Nr. 24

überreicht vom Abgeordneten Peter Rosenstingl betreffend “Tariferhöhung im Verkehrsverbund Ostregion”

Der Abgeordnete Peter Rosenstingl überreichte mit gegenständlicher Petition ein Anliegen der Freiheit­lichen Bürgerinformation Wien Penzing mit folgenden Forderungen:

“STOPP für alle Planungs- und Vorarbeiten im Zusammenhang mit der geplanten Parkgarage in Hütteldorf (Hannappistadion).

NEIN zur geplanten Verkehrshölle Hütteldorf

stattdessen:

Entlastung Hütteldorfs durch

–   Errichtung einer Park-&-Ride-Anlage in Auhof,

–   Verlängerung der U4 nach Auhof.

Eine Protestaktion der Freiheitlichen – Bezirk Wiental:

PENDLER

MELKKÜHE des VOR? (Verkehrsverbund Ost-Region)

Ab. 1. Februar 1996 Tariferhöhung bis zu 20%

WIR SIND DAGEGEN!

Wien baut das Verkehrsnetz aus – die Tarife bleiben gleich!

Wer soll die Zeche für Wien zahlen?

Die Pendler sollen zahlen!

Die Folge davon:

–   Pendler steigen wieder auf das Auto ,zurück‘, daher

–   noch längere Staus an den Einfahrtsstraßen,

–   noch weniger Parkplätze in Wien,

–   noch mehr Umweltschäden durch Abgase.

Wir fordern:

–   sofortige Senkung des VOR-Tarifes,

–   attraktive Umsteigemöglichkeiten,

–   mehr Parkplätze bei allen Bahnhöfen,

–   U-Bahn-Verlängerung zumindest bis Auhof,

–   Parkraumschaffung im Auhof,

–   mehr Kapazitäten zu Spitzenzeiten,

–   ,keine Stehplätze!‘ ”

Der Ausschuß hat in seiner Sitzung am 7. Mai 1997 beschlossen, Stellungnahmen des Bundes­ministeriums für Wissenschaft und Verkehr sowie der Verbindungsstelle der Bundesländer einzuholen.

Die Verbindungsstelle der Bundesländer hat folgende Stellungnahmen von Bundesländern dem Ausschuß übermittelt:

Stellungnahme der Steiermärkischen Landesregierung:

“Zur gegenständlichen Petition wird aus steirischer Sicht folgende Stellungnahme abgegeben:

In der Steiermark sind die Tarife der Verbundkarten nicht hoch. Es kann nachgewiesen werden, daß fast jede Fahrtrelation im Verbundgebiet pro Kilometer weniger als 1 S kostet und die finanzielle Situation der Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen immer angespannter werden läßt. Das bedeutet, daß zur Verbesserung der Ertragssituation einerseits und zur Entlastung der öffentlichen Haushalte andererseits ,gebündelte Tariferhöhungen‘ notwendig und sinnvoll sind, wenn gleichzeitig die Angebote wirksam verbessert werden, wie zB Bedienungshäufigkeit, Ausstattung der öffentlichen Verkehrsmittel, Betriebslogistik, usw. Die Argumentation der Petition kann daher aus unserer Sicht nicht nachvollzogen werden.”

Zur gegenständlichen Petition konnte von der Tiroler Landesregierung direkt keine Stellungnahme abgegeben werden, da der Tiroler Landesregierung die Umstände im VOR im Detail nicht bekannt sind.

Weiter wörtlich:

“Grundsätzlich besteht jedoch bei den Verkehrsverbünden in Österreich überall dieselbe Situation dahin gehend, daß zur Attraktivierung des ÖPNV ua. auch wesentliche Zuschüsse für die Tarife erforderlich sind. Dabei übernimmt im Bereich des VOR – und nur im Bereich des VOR – der Bund 50% der Kosten. Bei den übrigen Länderverbünden werden vom Bund nur 33% getragen. Da wahrscheinlich alle Verbünde hinsichtlich der Abgeltungen an die Verkehrsunternehmen eine Wertsicherungsklausel enthalten, müssen die den Verbund unterstützenden Gebietskörperschaften laufend höhere Beträge aufwenden, die über Tariferhöhungen wenigstens teilweise hereingebracht werden sollten. In Tirol erfolgt daher jährlich eine moderate Tarifanpassung, die jedoch leider auch nicht ausreicht, um die aus der Wertanpassung und der Alteinnahmensicherung entstehenden laufenden Mehrkosten für die Gebietskörperschaften abdecken zu können.

Da die Verbundregelungen und die daraus entstehende ÖPNV-Finanzierung auf keiner gesetzlichen Grundlage aufbauen und die Zuschüsse der Länder (und eventuell Gemeinden) im Finanzausgleich bisher nicht geregelt sind, muß aus der Sicht der Länder und Gemeinden nach wie vor darauf gedrängt werden, daß endlich das sogenannte ,Nahverkehrsfinanzierungsgesetz‘ geschaffen wird.”

Das Amt der Wiener Landesregierung gab folgende Stellungnahme bekannt:

“Die letzte Tariferhöhung der Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe erfolgte mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1994 für die Kernzone 100 des VOR. Seit diesem Zeitpunkt wurde von einer weiteren Tariferhöhung Abstand genommen, obwohl seither zahlreiche Verbesserungen des Verkehrsangebotes sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht vorgenommen wurden, die entsprechende Kostensteigerungen zur Konsequenz hatten. Anmerkungsweise sei nur erwähnt, daß – neben zahlreichen Verbesserungen im Oberflächenverkehr – die U3 am 3. September 1994 vom Westbahnhof zur Johnstraße sowie die U6 am 15. April 1995 von der Philadelphiabrücke nach Siebenhirten und am 4. Mai 1996 nach Floridsdorf verlängert wurden.

Hinsichtlich der Begründung für die Erhöhung der Tarife in den VOR-Außenzonen darf auf die beigeschlossene Stellungnahme des VOR vom 28. Februar 1996 (Beilage) verwiesen werden.

Zu den die Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe betreffenden Forderungen der Petition wird folgendes bemerkt:

1.  U-Bahn-Verlängerung zumindest bis Auhof:

     Im Rahmen der Wiener Stadtplanung (Magistratsabteilung 18) wurde hinsichtlich der in Zukunft zu errichtenden Verlängerungen von U-Bahn-Strecken eine Reihung nach Ausbauprioritäten vorgenommen.

     Demnach erweist sich eine U4-Verlängerung nach Auhof unter den derzeitigen strukturellen Gegebenheiten gegenüber anderen Linienverlängerungen als nachrangig. Eine Weiterverfolgung wurde daher von der Magistratsabteilung 18 unter den gegebenen Umständen nicht in Aussicht genommen.

2.  Mehr Kapazitäten zu Spitzenzeiten (,keine Stehplätze‘):

     Im allgemeinen weisen die Fahrzeuge der Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe einen Sitzplatzanteil von zirka 30% der gesamten angebotenen Plätze auf. Diese Aufteilung stellt einen Kompromiß zwischen Komfort und Wirtschaftlichkeit dar. Außerhalb der Spitzenzeiten ist es damit möglich, dem Großteil der Fahrgäste einen Sitzplatz anzubieten, in den Spitzenzeiten hingegen müssen einige Fahrgäste stehen. Es darf aber darauf hingewiesen werden, daß für behinderte Fahrgäste, gebrechliche Personen oder Personen mit Kleinkindern besonders gekennzeichnete Sitzplätze zur Verfügung stehen. Bei Fahrzeiten, beispielsweise von Hütteldorf bis zum Karlsplatz, von unter 20 Minuten erscheinen Stehplätze durchaus zumutbar. Vor allem dann, wenn man bedenkt, daß die mittlere Auslastung des gesamten Platzangebotes in Spitzenzeiten zirka 60% beträgt. Die Erfüllung der Forderung, ausschließlich Sitzplätze anzubieten, hätte eine Halbierung der Intervalle zur Voraussetzung, was zur Folge hätte, daß doppelt so viele Fahrzeuge als derzeit eingesetzt werden müßten. Dies ist aus wirtschaftlichen Gründen nicht vertretbar.”

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr teilte zur gegenständlichen Petition – nach Einholung einer Stellungnahme der Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen – mit, “daß die Erhöhung der VOR-Tarife mit 1. Februar 1996 vor allem auf Grund gestiegener Kosten bei den ÖBB durchgeführt werden mußte. Da diese Tarifmaßnahme nunmehr allerdings mehr als ein Jahr zurückliegt, erscheint ein ausführlicheres Eingehen auf diese Maßnahme nicht mehr sinnvoll.

Was die anderen Forderungen – die aber ebenfalls in das Jahr 1996 zurückreichen – anlangt, so darf angemerkt werden, daß die ÖBB zur Erleichterung des Umsteigens vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr die Errichtung von Park-and-Ride-Flächen in Zusammenarbeit mit den Gebietskörperschaften forcieren.

Der Bau einer Park and Ride-Anlage in Auhof ist derzeit weder seitens der ÖBB noch seitens der Stadt Wien vorgesehen, auch eine Verlängerung der U4 bis Auhof durch die Stadt Wien wird nach ho. Informationen mittelfristig nicht realisiert werden.

Im Raum Hütteldorf ist die Errichtung einer herkömmlichen Park-and-Ride-Anlage auf Grund der örtlichen Bebauung nicht realisierbar. Die ÖBB haben aber im Nahbereich des Bahnhofes Wien Hütteldorf (Kreißlergasse, Deutschordensstraße) auf eigenem Grund PKW-Stellplätze im Straßenniveau geschaffen. Diese sind jedoch kostenpflichtig (Monatsmiete zirka 500 S) und an das polizeiliche Kennzeichen des Fahrzeuges des jeweils berechtigten Benützers gebunden.

Im Bereich der Pendlerachse Wien West–St. Pölten wird aber insbesondere das sich in Realisierung befindliche Parkdeck St. Pölten eine spürbare Entlastung bringen. Das Projekt umfaßt zirka 1 000 PKW-Stellplätze und erfordert einen Investitionsaufwand von rund 100 Millionen Schilling. Geplanter Fertigstellungstermin ist der Mai 1998.

Weitere Park-and-Ride-Anlagen werden nach Maßgabe der Bereitschaft der Gemeinden zur Mitfinanzierung bzw. Übernahme der Erhaltung und Betriebskosten errichtet.”

In seiner Sitzung am 26. November 1997 hat der Ausschuß den einstimmigen Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Verkehrsausschuß.

Verkehrsausschuß

Petition Nr. 19

überreicht von der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend “Das Österreichische Tiertransportgesetz muß bleiben!”

Mit gegenständlicher Petition überreichte die Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic ein Anliegen des Vereins gegen Tierfabriken folgenden Wortlauts:

“Die Österreichischen Tierschutzorganisationen fordern:

Das österreichische Tiertransportgesetz muß bleiben!

Das österreichische Tiertransportgesetz ist wesentlich besser als die Tiertransportrichtlinien der Euro­päischen Union. Daher fordere ich mit meiner Unterschrift die Bundesregierung auf, dafür zu sorgen, daß das österreichische Tiertransportgesetz im EU-Land Österreich vollinhaltlich aufrecht bleibt und endlich exekutiert wird.

Die Regierung darf sich auch durch die Androhung einer Klage vor dem europäischen Gerichtshof nicht zum Nachgeben zwingen lassen.”

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 wurde beschlossen, je eine Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Wissenschaft und Verkehr sowie der Europäischen Kommission einzuholen:

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr antwortete dahin gehend, daß seitens seines Ressorts nicht die Absicht besteht, das Tiertransportgesetz-Straße zu novellieren, “es wird vielmehr die Ansicht vertreten, daß die Bestimmungen des Tiertransportgesetzes-Straße vorbildlich für die gesamte Europäische Union sind.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, daß sich derzeit auch ein Entwurf eines Tiertransportgesetzes-Eisenbahn betreffend den Bahntransport lebender Tiere in Begutachtung befindet. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes wird auch der Verkehrsträger Schiene in das System des Schutzes der Tiere beim Transport einbezogen.”

Von seiten der Europäischen Kommission langte hinsichtlich der Petition Nr. 19 eine Stellungnahme des Kommissionsmitgliedes Dr. Franz Fischler ein, der in seinem Schreiben ausführt, daß die Kommission den Inhalt dieses Dokumentes sorgfältig geprüft hat und dem Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen des Nationalrates für die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen, dankt.

Er führt in seinem Schreiben weiters aus:

“Die Kommission begrüßt das Engagement der Tierschutzorganisationen in Ihrem Land für angemessene Bedingungen beim Tiertransport sowie die Tatsache, daß Österreich bereits vor dem Beitritt zur Union wirksame Bestimmungen für den Schutz von Tieren beim Transport erlassen hat. Darüber hinaus respektiert die Kommission die Kompetenz des österreichischen Nationalrates, Petitionen im Zusammenhang mit dem Wohlergehen von Tieren zu beurteilen.

Dessenungeachtet müssen die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie 91/628/EWG des Rates über den Schutz von Tieren beim Transport, geändert durch die Richtlinie 95/29/EG, einhalten. Diese Richtlinie enthält genaue Standards, die die Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen müssen. Es handelt sich dabei nicht um eine Richtlinie mit Mindestanforderungen, weshalb die Mitgliedstaaten insbesondere in den grundlegenden Bereichen wie Fahrzeiten, Fütterungs- und Tränkanforderungen usw. keine strengeren nationalen Bestimmungen erlassen dürfen.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie darauf hinweisen, daß Österreich die Kommission bis heute noch nicht vollständig über die Umsetzung der genannten Richtlinie in nationales Recht informiert hat. Die Kommission war daher gezwungen, in dieser Angelegenheit gemäß Artikel 169 EG-Vertrag ein Verstoßverfahren einzuleiten.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Verkehrsausschuß.

Verkehrsausschuß

Petition Nr. 13

überreicht vom Abgeordneten Josef Edler betreffend “20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht”

Die Initiatoren dieser Petition ersuchen den Nationalrat, der permanent zunehmenden Fluglärmbelastung in der Donaustadt endlich Maßnahmen entgegenzusetzen.

“Die Piste 16/34 wurde von der betroffenen Bevölkerung von Anfang an massiv abgelehnt. 40 000 Bürger bekundeten dies mit ihrer Unterschrift. Alle für die Entscheidung des Baus vorliegenden Gutachten sprachen sich ebenfalls gegen den Bau der Piste aus.

Die seinerzeitigen Befürchtungen wurden durch die tatsächliche Entwicklung noch bei weitem übertroffen.

Als besonders belastend wird von der ansässigen Bevölkerung empfunden:

1.  Die seinerzeit von den zuständigen Ministern zugesagte Belastungsgrenze von maximal 17% des Gesamtflugverkehrs wird nachweislich permanent überschritten. Ebenso wird das Versprechen, keine Starts in Richtung Donaustadt durchzuführen, in zunehmendem Maße gebrochen.

2.  Die verbindlichen Zusagen aller politischen Gruppierungen zur Einführung eines Nachtflugverbotes wurden nie erfüllt.

3.  Die vorgeschriebene Mindesthöhe beim Anfliegen wird fast nie eingehalten.

Aus den oben angeführten Gründen hat sich die Bürgerinitiative ,20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht‘ entschlossen, den Nationalrat dringend aufzufordern, folgende Sofort­maßnahmen zu beschließen:

1.  Einhaltung der zugesagten Belastungsgrenze von maximal 17% des Flugaufkommens und des Verbots von Starts in Richtung Donaustadt.

2.  Einführung eines ,Schönwetter-ILS‘, das eine Verschwenkung des Anflugverfahrens bei Errichtung eines eigenen Radarsystems ermöglicht.

3.  Sofortige Einführung eines Nachtflugverbotes in der Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, wie es in anderen Großstädten Europas bereits selbstverständlich ist.

4.  Lückenlose Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Anflugverfahren (zB Mindestflughöhe) und Einführung von Sanktionen bei Nichteinhaltung.

5.  Zur Vermeidung von Gesundheitsschäden durch Lärmbelästigung sind anstelle der derzeit üblichen Durchschnittswerte ausschließlich die Spitzenwerte zur Beurteilung heranzuziehen, zu kontrollieren und deren Überschreitung zu sanktionieren.


6.  Sofortiges Verbot der Kapitel-3-Flugzeuge.

6

Die Bürgerinitiative ,20 Jahre Fluglärm sind genug – Die Donaustadt fordert ihr Recht‘ fordert daher, 20 Jahre nach Bau der Piste angesichts des seither stark gestiegenen und voraussichtlich noch stärker steigenden Flugaufkommens diese Mindestanforderungen unverzüglich zu erfüllen.”

IFR Starts 1994

Piste

11

16

29

34

 

 

06–22

%

22–06

%

06–22

%

22–06

%

06–22

%

22–06

%

06–22

%

22–06

%

Gesamt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jänner

302

5,99

23

0,46

773

15,34

15

0,30

3 804

75,48

110

2,18

10

0,20

3

0,06

5 040

Februar

650

13,15

65

1,31

1 553

31,42

10

0,20

2 545

51,49

102

2,06

12

0,24

6

0,12

4 943

März

1 379

24,43

54

0,96

231

4,09

9

0,16

3 797

67,26

151

2,67

21

0,37

3

0,05

5 645

April

1 903

32,91

81

1,40

190

3,29

1

0,02

3 425

59,23

153

2,65

28

0,48

2

0,03

5 783

Mai

966

15,18

67

1,05

1 306

20,52

17

0,27

3 771

59,26

215

3,38

18

0,28

3

0,05

6 363

Juni

751

11,78

75

1,18

608

9,54

3

0,05

4 601

72,20

313

4,91

20

0,31

2

0,03

6 373

Juli

958

14,82

41

0,63

438

6,78

8

0,12

4 533

70,14

425

6,58

57

0,88

3

0,05

6 463

August

478

7,54

60

0,95

801

12,63

4

0,06

4 565

72,00

366

5,77

63

0,99

3

0,05

6 340

September

463

7,15

71

1,10

1 189

18,37

10

0,15

4 447

68,72

275

4,25

14

0,22

2

0,03

6 471

Oktober

511

8,21

88

1,41

1 423

22,85

12

0,19

3 507

56,32

163

2,62

498

8,00

25

0,40

6 227

November

401

6,84

53

0,90

996

16,99

14

0,24

4 211

71,84

166

2,83

21

0,36

0

0,00

5 862

Dezember

411

7,34

54

0,96

1 087

19,42

14

0,25

3 831

68,44

162

2,89

36

0,64

3

0,05

5 598

Summe

9 173

12,90

732

1,03

10 595

14,90

117

0,16

47 037

66,15

2 601

3,66

798

1,12

55

0,08

71 108

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr hat dazu folgende Stellungnahme abgegeben:


“Zu 1.: Einhaltung der zugesagten Belastungsgrenze von maximal 17% des Flugaufkommens und des Verbotes von Starts in Richtung Donaustadt

Diese behaupteten Zusagen sind nicht aktenkundig. Bescheidmäßige Erledigungen dieser Art existieren nicht.

Es wird jedoch darauf hingewiesen, daß laufend Maßnahmen zur Verbesserung der Lärmimmissions­situation durchgeführt und auch entsprechend überwacht werden. Im übrigen muß darauf hingewiesen werden, daß trotz Kenntnis der Gegebenheiten seitens der Stadt Wien im betroffenen Bereich laufend Umwidmungen im Wohngebiet erfolgen.

Dem Bund stehen diesbezüglich keine Einflußmöglichkeiten zu.

Zu 2.: Einführung eines ,Schönwetter-ILS‘, das eine Verschwenkung des Anflugverfahrens bei Errichtung eines eigenen Radar-Systems ermöglicht

Gemeint ist hier offensichtlich ein Instrumentenanflugverfahren zu Piste 16 mit ,verschwenkterAnflug­grundlinie.

Gemäß den hiefür relevanten international gültigen Vorschriften der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation ICAO (ICAO-Doc. 8168-OPS) ist eine Verschwenkung eines ILS-Localizers maximal um 5° zulässig, wenn dadurch Luftfahrthindernisse umflogen werden können.

Das Verschwenken eines Localizers aus Lärmgründen ist unzulässig (,an offsetcourse shall not be established as a noise abatement measure‘). Eine Verschwenkung der derzeit bestehenden ILS-16 ist aus den erwähnten Gründen somit nicht möglich; überdies würde das den Verlust der Cat.III-Tauglichkeit
(= Allwettertauglichkeit) bedeuten. Gegenwärtig ist nur die Piste 16 des Flughafens Wien für einen solchen Flugbetrieb zugelassen.

Die Errichtung eines VOR- bzw. eines LLZ-Anfluges mit einer um mehr als 5° bis 8° verschwenkten Anfluggrundlinie würde den Bereich Donaustadt/22. Wiener Gemeindebezirk lärmmäßig praktisch nicht entlasten, bereits bestehende Wohngebiete anderer Gemeinden in Niederösterreich jedoch neu treffen.

Andere Anflugvarianten mit den derzeit einsetzbaren Navigationsanlagen sind nicht zielführend. Eine diesbezügliche Verbesserung wird möglicherweise die seinerzeitige Einführung von MLS- bzw. GPS-Anflügen bringen, deren Einführung jedoch vor 2010 unwahrscheinlich ist.

Im Bereich Donaustadt wird gemäß den von der Flughafen Wien-AG durchgeführten Messungen der Grundgeräuschpegel durch den Flugverkehr lediglich um 0,7 bis 1,1 dB(A) erhöht.

Die als Richtmaß für die Zulassung von ständig zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden anzuwendende 66 dB(A)-Isophone (äquivalenter Dauerlärm) verläuft südlich der Donau, somit weit entfernt vom 22. Wiener Gemeindebezirk.

Zu 3.: Sofortige Einführung eines Nachtflugverbotes in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr, wie es in anderen Großstädten Europas bereits selbstverständlich ist

Ein generelles Nachtflugverbot ist nur dann sinnvoll, wenn Anrainergebiete mit Lärmpegeln belastet werden, die zu Aufweckreaktionen führen. Eine international anerkannte Studie von Prof. Jansen sagt, daß eine Aufweckreaktion dann vorliegt, wenn pro Nacht öfter als sechsmal Schallereignisse mit einem Maximalpegel von mehr als 60,6 dB(A) – gemessen am Ohr des Schläfers – auftreten. Dies würde zulässige Außenpegel von etwa 75 dB(A) bei gekippten Fenstern (Dämpfung zirka 15 dB) bzw. von 84,6 dB(A) bei geschlossenen Fenstern (Dämpfung bei normalen Fenstern zirka 24 dB) bedeuten.

Im 22. Bezirk wurden jedoch während des gesamten Jahres 1995 an der ortsfesten Lärmmeßstelle ,Schafflerhof‘ während der Nachtstunden nur insgesamt 13 Maximalpegel erfaßt, die höher als 75 db(A) waren. Eine Analyse der an dieser Meßstelle erfolgten Messungen ergab weiters, daß der Fluglärm bei weitem nicht an die Lärmentwicklung anderer Geräuschquellen herankommt. Durch den Flugverkehr wird dort ein äquivalenter Dauerschallpegel von 45,5 dB(A) bei Tag bzw. von 39,3 dB(A) bei Nacht verursacht. Demgegenüber beträgt der äquivalente Dauerschallpegel, der dort durch den Straßenverkehr verursacht wird, 54,8 dB(A) bei Tag und 46,6 dB(A) bei Nacht.

Um die Fluglärmbelastung in den Nachtstunden so gering wie möglich zu halten, wurde in der Zivilluftfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung ZLZV-1993 festgelegt, daß der Flughafen Wien während der Nachtstunden nur mehr von den sogenannten Kapitel-3-Flugzeugen – das ist die derzeit leiseste Kategorie von Strahlverkehrsflugzeugen – benützt werden darf.

Der größte Anteil der während der Nachtstunden am Schafflerhof gemessenen Fluglärmmaximalpegel wird derzeit von Flugzeugen der Type MD-80 verursacht. Die MD-80 gehört zu den derzeit lautesten Kapitel-3-Flugzeugen. Austrian Airlines, die zur Zeit noch über eine relativ große MD-80-Flotte verfügen, haben unter enormem Kostenaufwand die Umrüstung ihrer Flotte auf Airbus A-321 begonnen, wodurch in absehbarer Zukunft eine neuerliche Reduktion der Lärmbelastung zu erwarten ist. Anzumerken ist ferner, daß ein Nachtflugverbot nicht unbedingt zu einer Abnahme des Gesamtverkehrs­aufkommens führen wird, vielmehr wird insbesondere an den Tagesrandzeiten mit einer Verstärkung der Verkehrskonzentration und damit auch mit einer Erhöhung der Lärmbelästigung zu diesen Zeiten gerechnet werden müssen.

Auch würde ein Nachtflugverbot für den Flughafen Wien – abgesehen von schwerwiegenden wirtschaft­lichen Folgen, da die für die österreichische Wirtschaft wichtigen Langstreckenverbindungen insbeson­dere nach dem Fernen Osten nicht im erforderlichen Umfang aufrechterhalten werden könnten – kaum eine wesentliche Verbesserung der Gesamtlärmbelastung mit sich bringen.

Ferner ist darauf hinzuweisen, daß auf mit Wien vergleichbaren europäischen Flughäfen mit Nacht­flugverbot annähernd so viele Ausnahmebewilligungen genehmigt werden, wie das derzeitige Nachtflug­aufkommen auf dem Flughafen Wien ist.

Der Stellenwert der Fluglärmbelastung kann besonders auch aus der erst kürzlich vom Österreichischen Statistischen Zentralamt publizierten Mikrozensus-Erhebung ersehen werden, wonach sich zwei Drittel der Wiener Bevölkerung vom Straßenlärm bei Nacht gestört fühlen, jedoch nur 0,8% durch Fluglärm.

Zu 4.: Lückenlose Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Anflugverfahren (zB Mindest­flughöhe) und Einführung von Sanktionen bei Nichteinhaltung


Sämtliche Instrumentenanflüge zum Flughafen Wien werden von der Flugsicherung mittels Radar überprüft, und zwar sowohl hinsichtlich der einzuhaltenden Höhe als auch des vorgeschriebenen Kurses. Unzulässige Abweichungen von den freigegebenen Verfahren haben eine Anzeige bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde (Landeshauptmann) wegen Übertretung luftfahrtrechtlicher Bestimmungen zur Folge bzw. werden die zuständigen ausländischen Luftfahrtbehörden mit dem Ersuchen um weitere Veranlassung in Kenntnis gesetzt. Zusätzlich wird die Einhaltung dieser Verfahren stichprobenartig von der Flughafen Wien-AG durch das bereits eingerichtete Flugweg- und Fluglärmüberwachungssystem FANOMOS überprüft.

Zu 5.: Zur Vermeidung von Gesundheitsschäden durch Lärmbelästigung sind an Stelle der derzeit üblichen Durchschnittswerte ausschließlich die Spitzenwerte zur Beurteilung heranzuziehen, zu kontrollieren und deren Überschreitung zu sanktionieren

Wie schon zu drittens ausgeführt, werden im Bereich des 22. Bezirks mit der ortsfesten Fluglärm­meßanlage nicht nur der äquivalente Dauerschallpegel, sondern natürlich auch die Spitzenpegel, ins­besondere für die Nachtzeit, gemessen, wo sie als ein Maß für die Aufweckreaktion herangezogen werden. Ansonsten ist festzuhalten, daß die Beurteilung der Fluglärmsituation in der Umgebung von Flughäfen mittels des äquivalenten Dauerschallpegels dem internationalen Standard entspricht.

Schon jetzt dürfen auf dem Flughafen Wien bei Nacht nur mehr die sogenannten Kapitel-3-Flugzeuge – das ist die derzeit leiseste Kategorie von Strahlverkehrsflugzeugen – eingesetzt werden.

Die EU-Richtlinien 92/14 EWG-1992 sieht ein Verbot der nächstlauteren Flugzeugkategorie (der sogenannten Kapitel-2-Flugzeuge) per 1. April 2002 vor. Dann ist auch eine weitere Reduktion des durch den Flugverkehr verursachten Maximalpegels zu erwarten.

Die für den Flughafen Wien relevante 66 dB(A)-Isophone verläuft in ihrem nördlichen Bereich derzeit noch südlich der Donau, somit in einer relativ großen Entfernung von Essling.

Zu 6.: Sofortiges Verbot der Kapitel-3-Flugzeuge

Es wird vermutet, daß es sich hier um einen Schreibfehler gehandelt hat und daß vermutlich Kapitel-2-Flugzeuge gemeint waren. Dieser Forderung kann nicht entsprochen werden, weil es einerseits gegen geltendes EU-Recht verstoßen würde, und andererseits würde der Flughafen Wien von einer Reihe von Flugverbindungen nach osteuropäischen Staaten abgeschnitten werden, deren Fluggesellschaften nur über Kapitel-2-Flugzeuge verfügen.

Es könnte eventuell daran gedacht werden, das derzeitige Nachtflugverbot für Kapitel-2-Flugzeuge zeitlich auszudehnen, wozu jedoch eine Änderung der Zivilluftfahrzeug-Lärmzulässigkeitsverordnung ZLZV-1993 notwendig wäre.”

IFR Starts 1994

Gesamt

 
Piste

11

16

29

34

 

 

06–22

22–06

06–22

22–06

06–22

22–06

06–22

22–06

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jänner

302

23

773

15

3 804

110

10

3

5 040

Februar

650

65

1 553

10

2 545

102

12

6

4 943

März

1 379

54

231

9

3 797

151

21

3

5 645

April

1 903

81

190

1

3 425

153

28

2

5 783

Mai

966

67

1 306

17

3 771

215

18

3

6 363

Juni

751

75

608

3

4 601

313

20

2

6 373

Juli

958

41

438

8

4 533

425

0

3

6 406

August

478

60

801

4

4 565

366

63

3

6 340

September

463

71

1 189

10

4 447

275

14

2

6 471

Oktober

511

88

1 423

12

3 507

163

498

25

6 227

November

401

53

996

14

4 211

166

21

0

5 862

Dezember

411

54

1 087

14

3 831

162

36

3

5 598

Summe

9 173

732

10 595

117

47 037

2 601

741

55

71 051

IFR Landungen 1994

Gesamt

 
Piste

11

16

29

34

 

 

06–22

22–06

06–22

22–06

06–22

22–06

06–22

22–06

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jänner

160

6

1 921

107

2 244

276

334

3

5 051

Februar

900

18

1 741

116

1 673

234

248

2

4 932

März

228

16

1 438

89

3 530

351

22

0

5 674

April

538

45

1 604

125

3 062

322

99

0

5 795

Mai

507

22

2 183

156

2 467

434

625

8

6 402

Juni

220

20

1 550

117

2 853

564

1 071

3

6 398

Juli

883

38

1 429

72

2 331

674

1 037

3

6 467

August

383

21

1 696

65

2 865

637

710

5

6 382

September

533

40

2 239

148

1 995

498

1 039

2

6 494

Oktober

400

38

2 742

183

1 105

264

1 468

73

6 273

November

317

22

1 959

150

2 178

325

945

3

5 899

Dezember

402

20

1 863

170

2 088

280

747

31

5 601

Summe

5 471

306

22 365

1 498

28 391

4 859

8 345

133

71 368


Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Verkehrsausschuß.

Dem Bericht 621 der Beilagen des Verkehrsausschusses vom 7. März 1997 wurde ein Entschließungs­antrag beigedruckt, welcher in der 67. Sitzung des Nationalrates am 20. März 1997 mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

Wirtschaftsausschuß

Petition Nr. 4

überreicht von den Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Mag. Walter Guggenberger, Klara Motter und Dr. Helene Partik-Pablé betreffend “die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen”

Die Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Mag. Walter Guggenberger, Klara Motter und Dr. Helene Partik-Pablé haben folgendes Anliegen des Berufsausbildungswerkes Wien als Petition eingebracht:

“Die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen
(Reform in der Rehabilitation)

I. Ihre Situation

1. Lernbehinderte Jugendliche im System der beruflichen Eingliederung

In Österreich beginnen jedes Jahr zirka 5 000 lernbehinderte Jugendliche [6]) den schwierigen Weg der sozialen und beruflichen Eingliederung. Für viele dieser jungen Männer und Frauen verläuft dieser Weg hoffnungsvoll. Sie nehmen an unserem gesellschaftlichen Leben teil, sind in den Arbeitsmarkt eingegliedert und ihre ursprüngliche Behinderung hat ihre Einschränkung weitgehend verloren. Die gesetzlichen Regeln und die vorhandenen Hilfen und Bedingungen genügen als Grundlagen, diesen jungen Menschen einen Einstieg ins Berufsleben und damit eine soziale Integration zu ermöglichen.

Unser System der beruflichen Rehabilitation kann einen großen Teil der jugendlichen Rehabilitanden in das Arbeitsleben eingliedern. Für einen beachtlichen Teil dieser jungen Schulabgänger greift aber das System der Rehabilitation noch nicht ausreichend. Teile in der Eingliederungskette fehlen gänzlich oder sind nicht immer organisch miteinander verbunden. Ziele und Instrumente der Rehabilitation müssen daher ergänzt und angepaßt werden, um auch diesen Jugendlichen die Perspektive eines erfüllten und möglichst selbständigen Lebens zu eröffnen. Immerhin bleiben etwa 30% der ehemaligen Sonderschüler, besonders die Leistungsschwächeren unter ihnen, langfristig arbeitslos.

Vor diesem Hintergrund und aus langjährigen Erfahrungen lassen sich Grundlagen erarbeiten, die das System der beruflichen Rehabilitation der Schulabgänger mit Lernproblemen abrunden und die für jenen Rehabilitanden Hilfe bedeuten, denen das heutige Eingliederungsbemühen noch nicht befriedigt.

In Bayern bewähren sich folgende Instrumente der beruflichen Rehabilitation – sie könnten bei uns Ansätze bieten:

Eine behinderungsgerechte Ausrichtung der Berufswahlvorbereitung durch Schule und Berufsberatung kann die Probleme der Jugendlichen beim Übertritt von der Schule in die Arbeitswelt wesentlich verringern.

Gezielte Bildungsmaßnahmen einer Berufsvorbereitung können vielen jungen behinderten Menschen nach der Schulentlassung helfen, ihre vorläufigen Arbeits- und Ausbildungsprobleme abzubauen. Diese Maßnahmen bewähren sich in Bayern.

Sozialpädagogische Hilfen an den Nahtstellen zeigen – wie zB beim Übergang zum Arbeits- und Berufsleben oder beim Lernen für die Berufsschule –, daß Maßnahmen der persönlichen Förderung zu einem sinnvollen und notwendigen Bestandteil der beruflichen Rehabilitation werden können.

Die Berufsausbildung Lernbehinderter in Betrieben hat in Bayern in den vergangenen Jahren, insbesondere auch durch den Einsatz begleitender sozialpädagogischer Hilfen, durch die Lernförderungen in den Berufsschulen oder durch Kombination einer Ausbildung von Betrieb, Berufsschule und Bildungswerken zu eindrucksvollen Ergebnissen geführt.

Die Berufsausbildung von Sonderschülern in Lehrwerkstätten entwickelte sich in Österreich in den letzten zwanzig Jahren sehr positiv. Rund 90% von ihnen verlassen nach gesetzlich vorgeschriebener Ausbildungszeit und nach bestandener Lehrabschlußprüfung in einem anerkannten Beruf diese Einrichtungen. Leider sind diese Ausbildungsplätze in Wien stark zurückgegangen, anstatt sie dem wirklichen Bedarf entsprechend zu erhöhen.

In der Europäischen Union ist die berufliche Qualifizierung von Randgruppen und daher auch von behinderten Jugendlichen bereits seit geraumer Zeit ein bedeutendes Anliegen der europäischen Sozialpolitik.

Der Europäische Sozialfonds (ESF) fördert solche Vorhaben unter der Voraussetzung der innerstaat­lichen Mitfinanzierung mit beträchtlichen Mitteln. Nach ersten Schätzungen sollte Österreich im Falle eines Beitrittes jährlich etwa 1,5 Milliarden aus diesem Fonds erhalten, sodaß im Sinne der Verwirk­lichung des Prinzips der Chancengleichheit auch behinderte Jugendliche an diesen Mitteln beteiligt werden können.

Wir besitzen langjährige Erfahrungen als Eltern, Lehrer und Fachleute der beruflichen Rehabilitation mit Sonderschülern und haben ernste Sorgen um die Zukunft dieser unversorgten jungen Menschen. Wir beabsichtigen jetzt, Vorschläge zur Verbesserung des derzeitigen Systems der beruflichen Eingliederung von Jugendlichen mit Lernproblemen einzubringen.

Zusammen mit Politikern, Beamten und Sozialpartnern wollen wir uns konzentriert an einer verbesserten Berufseingliederung dieser benachteiligten Gruppe beteiligen.

2. Beschreibung der Personengruppe

Welche junge Menschen meinen wir, wenn wir von Jugendlichen sprechen, die Lernprobleme erleben und daher Lernförderung brauchen? Zunächst sind hier Schüler der Allgemeinen Sonderschulen zu nennen. Zur Zeit besuchen zirka 40 000 Schüler diese Schulform. Außerdem finden wir unter den Hauptschülern mit und ohne Abschluß zunehmend solche, die ebenfalls vielfältige Formen von Lernstörungen und Lernbehinderungen aufweisen.

Nach den Unterlagen der Schulen und Arbeitsämter müßten jährlich allein in Wien etwa 1 000 förderungsbedürftige Schulabgänger eine berufliche Rehabilitation erhalten. Der Begriff ,lernbehindert‘ ist bei uns kein schulrechtlicher Begriff. Wir wollen ihn daher kurz umschreiben. In Bayern gelten solche Kinder als lernbehindert, die in ihrem Lernen schwerwiegend, umfänglich, langandauernd beeinträchtigt sind und in den allgemeinen Pflichtschulen nicht ausreichend gefördert werden können. Lernbehinde­rungen drücken sich  unter anderem dadurch aus, daß die Betroffenen oftmals Schwierigkeiten bei der Aufnahme von komplexen Sachverhalten haben, daß sie langsamer lernen und klare überschaubare Instruktionen benötigen. In der Regel sind Motorik und Wahrnehmung zu fördern.

Lernbehinderung ist eine nicht direkt sichtbare Form von Behinderung, die oft von den Betroffenen selbst nicht akzeptiert wird. Ihre Symptome sind Mangel an Selbstvertrauen und Kritikfähigkeit gegenüber der eigenen Leistung, in Problemen der Motivation und Ausdauer sowie des Verhaltens und Selbstvertrauens. Diese Merkmale können auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden, zB hirnorganische Schädigungen, genetische Bedingungen sowie ungünstige Sozialisationsbedingungen.

Damit wird deutlich, daß Lernbehinderung kein einheitliches Schädigungsbild darstellt. Fähigkeiten, Fertigkeiten und und somit der individuelle Förderungsbedarf müssen vielmehr exakt diagnostiziert werden. Bei zutreffender Diagnose und zielgerichteter Förderung werden heute in der Rehabilitation oft Lernfortschritte und Abschlüsse erreicht, die ursprünglich nicht erwartet und vorausgesagt werden konnten.

3. Hemmnisse auf dem Weg zur beruflichen Qualifikation

Der Zugang zu einer dauerhaften Berufstätigkeit führt in unseren Überlegungen in der Regel über eine qualifizierte Berufsausbildung im dualen System, deren Grundlagen in Berufsausbildungsgesetz (BAG) im wesentlichen festgelegt sind. In Deutschland gelten auch gesetzliche Regelungen für Behinderte. In den Inhalten und Abschlüssen nehmen die Sozialpartner neben anderen Beteiligten einen entscheidenden Einfluß. Das Ziel aller Bemühungen um eine berufliche Eingliederung Lernbehinderter muß eine berufliche Qualifikation sein, die die Leistungsfähigkeit des Lernbehinderten ausschöpft und Chancen zu einer dauerhaften und krisenfesten Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnet.

Für dieses wichtigste Ziel, das sich die gesamte Rehabilitation zu eigen machen sollte, werden heute bei uns noch viel zu wenig Anstrengungen gemacht und im Verhältnis zu anderen Bereichen nur unbeträchtliche Budgetmittel aufgewendet.

Allerdings gibt es derzeit auf dem Weg zur qualifizierten Ausbildung Hindernisse, deren Abbau im Sinne des Rehabilitationsgedankens notwendig ist. Diese Hemmnisse tragen dazu bei, daß jahrelange sonder­pädagogische Förderung und begonnene Eingliederungsmaßnahmen nicht zur dauerhaften Eingliederung, sondern zur Ausgliederung, zu einem Leben mit Sozialhilfe und zu Arbeitslosigkeit führen.

Die wichtigsten Gesichtspunkte wollen wir hier anführen:

3.1 Unzureichende Berufsvorbereitung durch die Sonderschule

Die Vorbereitung auf die Berufswelt gehört unter anderem auch zum Auftrag der Schule. Bis heute fehlt es häufig an einem angemessenen berufswahlvorbereitenden Unterricht. In Deutschland wurde dazu die fächerübergreifende ,Arbeitslehre‘ eingeführt, die die Zusammenarbeit von Schule, Berufsberatung und Eltern regelt.

Aus Industrie, Handel und Gewerbe sowie Berufsschulen wird vielfach die Kritik vorgetragen, daß die abgebenden Schulen zu wenig und zu unrealistisch auf eine Berufsausbildung vorbereiten.

3.2 Mangelnde Hilfen beim Übergang Schule/Beruf

Die Jugendlichen mit Lernproblemen sind in der Regel überfordert, eigene fundierte Entscheidungen über ihren Berufsweg zu treffen. Obwohl sich die Berufsberater in vielfältiger Weise um diese Jugendlichen bemühen, bleibt bis heute für Förderungsbedürftige das Angebot an Vorbereitungsmaßnahmen und Überbrückungslehrgängen relativ klein und individuell wenig angepaßt.

Zudem verfügen die Jugendlichen und ihre Familien auch nicht über die Fähigkeit, die Informationen sinnvoll und unter Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten und Grenzen auszuwerten. Hier fehlt es an Ansprechpartnern, die in Zusammenarbeit mit Elternhaus, Berufsberatung und Schule den Jugendlichen bei der Berufswahlvorbereitung, Berufswahlentscheidung und Berufsausbildung begleiten können.

3.3 Zu wenig Ausbildungsplätze für Sonderschüler

In der gegenwärtigen Lage auf dem Ausbildungsstellenmarkt sind Vorbehalte der Betriebe gegenüber der Leistungsfähigkeit von Lernbehinderten besonders groß. Dabei wurden zB in Wien vor allem im Handwerk gute Erfahrungen bei der Berufsausbildung mit diesen Jugendlichen gemacht.

3.4 Hohe theoretische Anforderungen in den Ausbildungsberufen

Viele Ausbildungsberufe sind heute mit hohen theoretischen Anforderungen verbunden. Sie verlangen von den Auszubildenden ein großes Abstraktionsvermögen und fundierte schulische Kenntnisse. Es hat den Anschein, daß durch Hochtechnologie immer mehr Ausbildungsberufe für Lernbehinderte ausfallen.

3.5 Probleme in beruflichen Schulen

Die Berufsschulen als Teil des dualen Systems sind unter normalen Bedingungen nicht in der Lage, lernbehinderten Schülern die vorgegebenen Lerninhalte zu vermitteln. Wir empfehlen daher, hier Maßnahmen zu setzen, wodurch auf Grund verschiedener Beeinträchtigungen die Schülerzahlen in Integrationsklassen von Berufsschulen herabgesetzt und die Lehrer mit sonderpädagogischen Kenntnissen ausgestattet werden. Jeder Schüler soll ein individuelles Förderangebot erhalten.

3.6. Eingeschränktes Ausbildungsangebot

Wie bereits erwähnt haben sich heutzutage die Anforderungen einer qualifizierten Berufsausbildung in vielen Berufen so verändert, daß nur noch eine geringe Anzahl an Ausbildungsberufen zur Verfügung steht, die von Lernbehinderten erfolgreich abgeschlossen werden können. Noch kleiner ist das Angebot für weibliche Jugendliche, die fast ausschließlich zur Ausbildung in die Bereiche Hauswirtschaft, Textil und Verkauf abgedrängt werden.

3.7 Ungenügende Ausbildungsregelungen, die auch für Lernbehinderte geeignet sind

Für Lernbehinderte, deren Behinderung so umfangreich ist, daß sie den theoretischen Anforderungen der Ausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz nicht genügen können, müssen qualifizierende Möglichkeiten mit Schwerpunkt auf fachpraktische Ausrichtung geschaffen werden.

In Deutschland bestehen bereits konkrete Regelungen im § 48 BBiG und im § 42b HwO, die zu Abschlüssen in anerkannten Ausbildungsberufen führen. Bei uns gibt es zwar Ansätze derartiger Maß­nahmen, aber keine durchdiskutierte und gesetzlich geregelten Ausbildungsangebote. Dieses Vakuum verführt zu unfertigen Projekten, die die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können. Die Nachteile sind offensichtlich.

3.8 Starke Ausprägung der Lernbehinderung

Unter den Abgängern der Sonderschule gibt es darüber hinaus Jugendliche, die auf Grund ihrer umfassenden Behinderung und trotz aller Bemühungen und Förderung nicht oder mittelfristig noch nicht in der Lage sind, eine Berufsausbildung im Sinne eines reformierten Berufsausbildungsgesetzes anzutreten (mit Regelungen wie für Punkt 3.7). Für sie sind auch qualifizierende Regelungen zu setzen. Unter den jetzigen Bedingungen sind sie vom Erwerb als Arbeitnehmer völlig ausgeschlossen.

II. Vorschläge

Verbesserung der beruflichen Eingliederung

Damit das System der beruflichen Rehabilitation stärker als bisher die nicht ausreichend versorgten Jugendlichen unter lernbehinderten Rehabilitanden erfaßt werden, haben wir Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Sie werden allen Beteiligten und der Öffentlichkeit unterbreitet werden. Wichtig erscheint dabei, daß nicht jeder Lösungsvorschlag an jedem Ort in Österreich verwirklicht werden kann. Selbstverständlich müssen zusätzlich die regionalen Bedingungen berücksichtigt werden.

Wir vom Berufsausbildungswerk Wien richten einen dringenden Appell an alle in Österreich bestehenden Parteien und an die Sozialpartnerschaft, aber auch an die Ressortminister der Bundesregierung und an die Landesregierungen, an die Organe der Behörde und Verwaltung. Wir übergeben vor allem unseren Volksvertretern im Parlament diese vorliegende Petition:

Im Interesse der betroffenen jungen Menschen fordern wir von Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, Unterstützung und appellieren dringend, sich dafür einzusetzen:

–   den Anspruch der beschriebenen Personengruppe auf eine geeignete berufliche Qualifikation und eine berufliche Rehabilitation nicht nur anzuerkennen, sondern auch zu verwirklichen,

–   alle ordnungsrechtlichen Möglichkeiten des Berufsausbildungsgesetzes auszuschöpfen, um jungen Menschen mit einer starken Ausprägung der Lernbehinderung zu einem beruflichen Abschluß zu verhelfen.

In unsere Arbeit setzen wir die Hoffnung, daß sich die Politiker und Verantwortlichen schon heute mit den wahrscheinlichen Entwicklungen der kommenden Jahre auseinandersetzen. Ihre entsprechenden Entscheidungen werden die Zukunft vieler benachteiligter Menschen berühren. Und nur sie werden schließlich die Verantwortung für ihre verbesserte und gesicherte Lebensqualität tragen. Wir können Sie mit unserem Wissen und einer großen Erfahrung nachhaltig unterstützen.”

In der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996 haben die Mitglieder des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen beschlossen, zu der gegenständlichen Petition je eine Stellungnahme des Bundesministerium für Arbeit und Soziales, für wirtschaftliche Angelegenheiten und für Unterricht und kulturelle Angelegen­heiten einzuholen.

Das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten beruft sich in seiner Stellungnahme auf die Beantwortung der gleichlautenden Petition Nr. 5 der XIX. GP.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt aus, daß der Inhalt dieser Petition ident sei mit dem Inhalt der Petition Nr. 5 aus dem Jahre 1995 und bereits damals eine Stellungnahme ergangen sei. Das Ministerium legt diese Stellungnahme daher neuerlich vor:

“In Entsprechung des Beschlusses des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen vom 27. April 1995 nimmt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Petition Nr. 5 ,Die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen‘ wie folgt Stellung:

Einleitend muß festgestellt werden, daß einige der angesprochenen Problembereiche nicht in den Wirkungsbereich des Bundesministers für Arbeit uns Soziales fallen. So bestehen insbesondere in den Bereichen der schulischen Ausbildung und der betrieblichen Berufsfortbildung bzw. Berufsausbildung Zuständigkeiten anderer Bundesminister.

Für die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen sind jedoch Maßnahmen des Arbeitsmarktservice von großer Bedeutung. Dabei werden im Jahr 1995 die Grundlagen für die Verbesserung der Qualifizierung behinderter Personen sowie der Verbesserung der Berufswahl von lern- und geistig behinderten Personen weiterentwickelt. Als Leitlinie dient hierbei insbesondere Punkt 5 – ,Berufsausbildung‘ – des Behindertenkonzeptes der Bundesregierung, das sich im wesentlichen mit den Ausführungen und Zielsetzungen der gegenständlichen Petition deckt.

Im Zuge dieses Vorhabens wurde bei der Abteilung für Angewandte und Klinische Psychologie der Universität Wien eine Studie ,Arbeitsintegration lern- und geistig behinderter Menschen‘ in Auftrag gegeben; der Endbericht der Studie wird in den nächsten Tagen erwartet. Weiters werden Einrichtungen zur Qualifizierung behinderter Personen evaluiert und die Ergebnisse in die weitere Planung eingebaut. Um die Berufswahl von lern- und geistig behinderten Jugendlichen zu unterstützen, werden Handlungsan­leitungen für BeraterInnen im Arbeitsmarktservice sowie LehrerInnen ausgearbeitet.

Speziell für die RehaberaterInnen wurde ein Lehrgang für die Weiterentwicklung der Beratungs­kompetenz im Bereich der beruflichen Rehabilitation erstellt. Die einzelnen Module des Lehrgangs umfassen Themen wie ,Organisation der beruflichen Rehabilitation für NeueinsteigerInnen in der Reha-Beratung‘, ,Medizinische Grundlagen auf dem Gebiet der Rehabilitation‘ sowie ,Berufskunde für RehaberaterInnen‘. Der Lehrgang und die einzelnen Module werden laufend evaluiert und den erforderlichen Gegebenheiten angepaßt.

Für die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen ist besonders das Konzept der ,Arbeitsassistenz‘ relevant, das bundesweit umgesetzt werden soll. Die bisher stattgefundene Evaluierung der Arbeitsassistenz hat sich auf psychisch Beeinträchtigte konzentriert und wird auf lernbehinderte Jugendliche ausgedehnt.

Das Arbeitsmarktservice fördert (bis zu 100%) eine Reihe von Organisationen, die sich mit der beruf­lichen Integration von lernbehinderten Jugendlichen befassen. Innerhalb des Budgets des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Förderung von jugendlichen Behinderten sind auch spezielle Maßnahmen für lernbehinderte Jugendliche vorgesehen, deren Konkretisierung noch verhandelt wird. Dadurch wird eine Ausweitung der entsprechenden Programme ermöglicht.

Da laut Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung grundsätzlich dem Zugang zu allgemeinen Ausbildungsplätzen Vorrang gegenüber Sondereinrichtungen gegeben wird, wird das Arbeitsmarktservice die Flexibilisierung der Aus- und Weiterbildung auch in den nächsten Jahren betreiben, um dadurch Qualifizierungsmaßnahmen zu erhalten, die auf die indivudellen Bildungs­bedürfnisse der SchulungsteilnehmerInnen abgestellt sind.

Eine laufende Überprüfung und Anpassung der Angebote an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes ist für alle Maßnahmen im Auftrag des Arbeitsmarktservice verpflichtend und wird in Zukunft durch die Entwicklung eines Controllingsystems noch verstärkt werden.”

Vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ist zur Petition Nr. 4 folgende Stellung­nahme eingelangt:

“1. Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ist bewußt, daß die Möglichkeit der Erlangung eines rechtlich anerkannten Ausbildungsabschlusses von wesentlicher Bedeutung für die berufliche Eingliederung von lernbehinderten Jugendlichen ist. Derzeit fehlen im Berufsausbildungs­gesetz rechtliche Vorkehrungen zur Einrichtung spezifischer Ausbildungsgänge, die auch lern­schwächeren Personen die Absolvierung einer anerkannten Berufsausbildung ermöglichen.

2. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten hat daher in einem vorerst für den internen Gebrauch ausgearbeiteten Entwurf einer Berufsausbildungsgesetz-Novelle auch eine rechtliche Grundlage für die Ausbildung von Lehrlingen in Ausbildungsstufen mit der Möglichkeit der Ablegung von Zwischenprüfungen nach dem zweiten Lehrjahr vorgesehen. In dieses System einer Modulausbildung könnte dann auch die ,Anlehre‘ integriert werden. Damit stünde auch lernschwächeren Personen der Erwerb eines gesetzlich geregelten, formalisierten, jedoch etwas niedrigeren Ausbildungsabschlusses offen.

Im allgemeinen Begutachtungsverfahren der Berufsausbildungsgesetz-Novelle wird sich herausstellen, ob diese Vorschläge für eine entsprechende Adaptierung des Berufsausbildungsgesetzes politisch durch­setzbar sind.

3. Von einer Übermittlung der betreffenden Textpassagen des Entwurfes zur Berufsausbildungsgesetz-Novelle wird abgesehen, um dem Begutachtungsverfahren nicht vorzugreifen und allfällige Irritationen der politischen Willensbildung in dieser Frage zu vermeiden.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Wirtschaftsausschuß.

Der Wirtschaftsausschuß hat die gegenständliche Petition Nr. 4 am 10. Juni 1998 in Verhandlung genom­men und in seinem Bericht an den Nationalrat (1268 der Beilagen) dem Präsidenten des Nationalrates eine Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales empfohlen.

2. Bürgerinitiativen

Ausschuß für Arbeit und Soziales

Bürgerinitiative Nr. 5

eingebracht von Dr. Andreas Stippler betreffend “Arbeitszeit für Ärzte in Krankenanstalten”

Mit dieser Bürgerinitiative wird darauf hingewiesen, daß sich auf Grund der derzeitigen Rechtslage betreffend die Arbeitszeit für Ärzte in Krankenanstalten grundsätzlich eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung nach dem Rechtsträger der Krankenanstalt (Dienstgeber) ergibt.

“So gilt für private Rechtsträger, wie Sozialversicherungsträger, Orden usw. das Arbeitszeitgesetz, BGBl. Nr. 461/1969. Für Krankenanstalten von Gebietskörperschaften gelten jedoch keine geregelten Arbeits­zeitbegrenzungen für Ärzte.

Durch diesen ,regelungsfreien Raum‘ bedingt, werden Spitalsärzte vielfach weit über ein sozial vertretbares Ausmaß zur Dienstleistung herangezogen. Unabhängig von den persönlichen Konsequenzen der betroffenen Spitalsärzte kann diese übermäßige Inanspruchnahme auch dazu führen, daß für Patienten nicht mehr die optimale medizinische Versorgung gewährleistet werden kann. Darüber hinaus, neben diesen ,patientenfeindlichen‘ Arbeitsbedingungen, die EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeits­zeitgestaltung unter anderem die Realisierung einer durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden ab 23. November 1996 auch für Ärzte in Österreich, unabhängig vom Rechtsträger, vorschreibt.

Die nunmehr von niederösterreichischen Spitalsärzten gesammelten Unterschriften zur Unterstützung der parlamentarischen Bürgerinitiative sollen dazu beitragen, ein bundeseinheitliches Arbeitszeitgesetz für Ärzte an Krankenanstalten entsprechend den Bestimmungen der EU-Richtlinien fristgerecht durch den Nationalrat zu verabschieden, um dadurch einerseits die Vital-EU-Integration Österreichs zu dokumen­tieren und andererseits den Patienten österreichischer Krankenanstalten eine tatsächlich patientengerechte ärztliche Betreuung im ausreichenden Maß zu gewährleisten.

Ein wesentlicher Bestandteil eines Arbeitszeitgesetzes für Ärzte ist, daß den betroffenen Dienst­nehmern/Ärzten die Gestaltungskompetenz bezüglich der Einteilung der Arbeitszeit zuerkannt wird. Wie in den diversen Vorentwürfen zu einem Arbeitszeitgesetz für Ärzte enthalten, dürfen Regelungen für ,verlängerte Dienste‘, also jene Dienste, die über die normale tägliche Arbeitszeit von 13 Stunden hinausgehen, von Vertretern der jeweiligen Ärzteschaft mit dem Dienstgeber vereinbart werden.

Um entsprechend den demokratischen Grundsätzen derartige ,Betriebsvereinbarungen‘ schließen zu können, ist es erforderlich, daß in den einschlägigen Gesetzen (wie Arbeitsverfassungsgesetz und Personalvertretungsgesetz) den Ärzten ein eigenständiges Vertretungsrecht eingeräumt wird. Nur durch diese gesetzliche Verankerung von ,Ärzte-Betriebsräten‘ mit entsprechender Kompetenz zur Verein­barung von menschenwürdigen Arbeitszeitbedingungen für Ärzte und für eine optimale Patienten­versorgung, erscheint eine bundeseinheitliche und sozial vertretbare Arbeitszeitgestaltung für Ärzte möglich.

Da eine detaillierte Darstellung aller Argumente und Anliegen im Zusammenhang mit der vorliegenden parlamentarischen Bürgerinitiative im Korrespondenzwege nicht möglich ist und ich gleichermaßen an sämtlichen Aspekten bzw. offenen Fragen der im Ausschuß vertretenen Parlamentarier interessiert bin, darf ich mit dem Wunsch auf entsprechende Information auch die Bitte an den Vorsitzenden des Ausschusses richten, mich  zu der Beratung mit den hochgeschätzten Abgeordneten einzuladen, um im persönlichen Gespräch die Problematik erörtern zu können.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales.

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Bürgerinitiative in Verhandlung gezogen und dem Nationalrat am 4. Dezember 1996 berichtet (siehe 538 der Beilagen). Dieser Bericht wurde in der 53. Sitzung des Nationalrates am 13. Dezember 1996 mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

Ausschuß für Arbeit und Soziales

Bürgerinitiative Nr. 8

eingebracht von Herrn Josef Bürger betreffend “gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich”

Die Bürgerinitiative wurde mit folgendem Inhalt eingebracht:

“Führhunde für Blinde, Partnerhunde für Rollstuhlfahrer und schwer Körperbehinderte, sowie Signal­hunde für Gehörlose und Gehörbehinderte, zusammengefaßt unter dem Überbegriff Rehabilitationshunde, vermögen durch ihre spezielle Ausbildung die Selbständigkeit behinderter Menschen und somit deren soziale Integration zu erhöhen. Dieser wichtigen Funktion trägt die derzeitige Gesetzeslage nur in höchst ungenügender Weise Rechnung, sodaß sich die Halter von Rehabilitationshunden zahlreichen Hindernissen rechtlicher und tatsächlicher Natur gegenübersehen.

An den Nationalrat wird daher der Antrag gestellt:

Der Nationalrat möge die erforderlichen legistischen und politischen Rahmenbedingungen schaffen, um die Anerkennung des Rehabilitationshundes herbeizuführen. Er möge insbesondere in folgender Hinsicht alle erforderlichen Schritte setzen:

I. Anerkennung als Hilfsmittel durch die Krankenkassen

Der Rehabilitationshund ist als Hilfsmittel im Sinne der Sozialversicherungsgesetze, zB § 154 ASVG, anzuerkennen. Darüber hinaus sollte zur Vereinheitlichung der Finanzierung dieses Hilfsmittels eine gesetzliche Pflichtleistung eingeführt werden, um die Gewährung von Zuschüssen durch die Sozial­versicherungsträger nicht der Entscheidung im Einzelfall vorzubehalten. Die derzeitige Praxis ist extrem uneinheitlich.

II. Anerkennung als Diensthund

a) Verankerung des weißen Führgeschirres in der Straßenverkehrsordnung als Verkehrsschutzzeichen:

Das weiße Führgeschirr soll dem weißen Blindenstock gleichgestellt und im § 3 der Straßenverkehrs­ordnung (Ausnahmen von Vertrauensgrundsatz) ausdrücklich verankert werden.

b) Zutrittsrecht zu allen öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen

Der Rehabilitationshund befähigt den Behinderten, sich ohne Begleitperson auch außerhalb seiner Wohnung zu bewegen. Diese Möglichkeit endet für ihn allerdings an der Eingangstür öffentlicher Gebäude, wie zB Schulen, Gerichte, Ämter, kulturelle Einrichtungen, da deren Hausordnungen keine Ausnahmen für Rehabilitationshunde vorsehen. Auch hier ist dringend Abhilfe zu schaffen, damit auch behinderte Staatsbürger ihren Bürgerpflichten nachkommen und ihre kulturellen Rechte wahrnehmen können.

c) Verankerung der Mitnahmepflicht in den Beförderungsrichtlinien (Bus, Bahn) öffentlicher und privater (Taxi) Beförderungsunternehmen

Sowohl in öffentlichen Verkehrsmitteln als auch bei privaten Fuhrunternehmen stößt die Mitnahme von Rehabilitationshunden auf Schwierigkeiten, auf deren Beseitigung hinzuwirken wäre.

d) Zutrittsrecht in allen Geschäften des täglichen Bedarfes

Es soll nach Möglichkeit ein Rahmen geschaffen werden, der Behinderten das Betreten von Geschäften mit ihrem Rehabilitationshund erlaubt.”

In der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996 beschloß der Ausschuß, je eine Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Arbeit und Soziales, des Bundeskanzleramtes, des Blindenverbandes sowie der Volks­anwaltschaft einzuholen.

Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales lautete folgendermaßen:

“Ad I. Anerkennung als Hilfsmittel durch die Krankenkassen:

Die Frage der Anerkennung des Blindenführhundes und des Partner-, Therapie- bzw. Rehabilitations­hundes als Hilfsmittel im Sinne des ASVG sowie die Forderung nach einer Kostenübernahme als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach behandelt. Im folgenden werden diese Problemkreise zusammenfassend dargestellt:

1. Blindenführhund als Hilfsmittel im Sinne des ASVG:

Aus der Sicht der Sozialversicherung ist zur Frage der Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen festzuhalten, daß das Bundesministerium für Arbeit und Soziales – entgegen der Rechtsmeinung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger – stets die Auffassung vertreten hat, daß Blindenführhunde bei extensiver Auslegung dem gesetzlichen Hilfsmittelbegriff des § 154 ASVG unterstellt werden können. Nach § 154 ASVG (,Hilfe bei körperlichen Gebrechen‘) kann die Satzung der Krankenversicherungs­träger bei Verstümmelungen, Verunstaltungen und körperlichen Gebrechen, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen, Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie für deren Instandsetzung vorsehen. Nach der Legaldefinition des § 154 ASVG sind als Hilfsmittel solche Gegen­stände oder Vorrichtungen anzusehen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verunstaltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Die durch die Satzung festzulegende Höhe der Kostenzuschüsse für Hilfsmittel ist durch gesetzliche Höchstbeträge begrenzt.

Das Sozialversicherungsrecht stellt also lediglich eine Definition des Begriffes Hilfsmittel auf und überläßt die nähere Ausgestaltung dieses Leistungsbereiches den Satzungen der Krankenversicherungs­träger. Auch die geltende Mustersatzung 1994 des Hauptverbandes für die Krankenversicherungsträger sieht zur Regelung von Zuschüssen für Hilfsmittel durch die Träger der Krankenversicherung keine verbindliche Bestimmung vor. Damit obliegt die konkrete Regelung des Anspruches auf einen Kosten­zuschuß für ein Hilfsmittel infolge der diesbezüglichen Satzungsermächtigung der Selbstverwaltung der Krankenversicherungsträger. Die diesbezüglichen Satzungsbestimmungen der einzelnen Versicherungs­träger stellen durchwegs auf die gesetzliche Definition der notwendigen Hilfsmittel ab und nehmen von einer Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel Abstand, was angesichts der Vielzahl in Betracht kommender Hilfsmittel wohl als zweckmäßig angesehen werden muß.

Zur Durchsetzung eines vermeintlichen Anspruches auf einen von der anzuwendenden Satzung vorgesehenen Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel kann der sozialgerichtliche Klageweg beschritten werden.

2. Partner-, Therapie- oder Rehabilitationshunde als Hilfsmittel:

In den letzten Jahren wird verstärkt für verschiedene Behinderungsformen die Beistellung eines speziell trainierten Hundes propagiert, der unter den Bezeichnungen Partnerhund, Therapiehund oder neuerdings Rehabilitationshund firmiert. Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Rollstuhlfahrer, Gehörlose sowie geistig und körperlich behinderte Menschen. In Salzburg gibt es ein diesbezügliches Ausbildungs­zentrum ,Partnerhunde für Behinderte‘ unter der Leitung von Frau Elisabeth Färbinger.

Aus Sicht der Sektion II ist zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung dieser Hunde zunächst auf die obigen Ausführungen zum Hilfsmittelbegriff zu verweisen.

Ungeachtet der einzelnen Satzungsbestimmungen setzt die Leistung eines Zuschusses für ein Hilfsmittel nach der Bestimmung des § 154 ASVG jedenfalls voraus, daß es sich um ein notwendiges Hilfsmittel handelt. Dies folgt dem allgemeinen, für die Krankenbehandlung ausdrücklich gesetzlich festgelegten Grundsatz, wonach diese ausreichend und zweckmäßig sein muß, das Maß des Notwendigen jedoch nicht überschreiten darf. Damit ist die Feststellung der Notwendigkeit einerseits am individuellen, durch die vorliegende Erkrankung bzw. Behinderung bedingten Bedarf und andererseits an der Verwendung des jeweils zweckmäßigsten und kostengünstigsten Mittels zur erforderlichen Hilfe zu messen. Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Voraussetzungen kann angesichts der beschränkten Einsatz­möglichkeiten eines Partner-, Therapie- oder Rehabilitationshundes die Leistung eines Kostenzuschusses für einen solchen Hund (mit Ausnahme eines Blindenführhundes) aus Mitteln der Krankenversicherung aus ho. Sicht nicht befürwortet werden.

Vielmehr scheint die vorrangige Zielsetzung der Beistellung eines Partnerhundes wohl im Bereich der sozialen Rehabilitation zu liegen. In diesem Sinne hat auch der Hauptverband in einem Schreiben an Frau Volksanwältin Horätin Mag. Messner vom 20. Jänner 1994 mitgeteilt, daß nach seiner Auffassung die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die Versicherungsträger nicht erfüllt werden. Durch den Partnerhund würde aber sicherlich die gesellschaftliche Integration des behinderten Menschen gefördert. Der Partnerhund werde daher als soziale Eingliederungshilfe anzusehen sein. Daraus ergebe sich, daß nicht die Krankenversicherungsträger, sondern die Länder auf Grund der Sozialhilfe­gesetze leistungszuständig wären.

3. Blindenführhund oder Rehabilitationshund als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung

Mit ha. Schreiben vom 30. Mai 1994, Zl. 26 060/5-5/94, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zur Bürgerinitiative Nr. 103 betreffend Anerkennung des Mobilitätstrainings für Blinde und von geprüften Blindenführhunden als medizinische Rehabilitation eine Stellungnahme an die Parlaments­direktion abgegeben, aus der im folgenden die zur sozialversicherungsrechtlichen Fragestellung hinsichtlich des Blindenführhundes relevanten Passagen auszugsweise wie folgt wiedergegeben werden:

,Aus der Sicht der Sozialversicherung ist zu den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation hinsichtlich des Blindenführhundes und des Mobilitäts­trainings für Blinde zunächst festzuhalten, daß das gegenständliche Anliegen der Bürgerinitiative Nr. 103 offenbar auf die mit der 50. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 676/1991, sowie die entsprechenden Novellierungen der Parallelgesetze mit 1. Jänner 1992 neu eingeführten ,medizinischen Maßnahmen der Rehabilitation in der Krankenversicherung‘ gemäß § 154a ASVG Bezug nimmt. Nach dieser Bestimmung gewähren die Krankenversicherungsträger, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder die Folgen der Krankheit zu erleichtern, im Anschluß an die Krankenbehandlung nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe des Ökonomiegebotes des § 133 Abs. 2 ASVG (,die Krankenbehandlung muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten‘) medizinische Maßnahmen der Rehabilitation. Das Ziel der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen besteht nach dem Gesetzeswortlaut darin, den Gesundheitszustand der Versicherten und ihrer Angehörigen so weit wiederherzustellen, daß sie in der Lage sind, in der Gemeinschaft einen ihnen angemessenen Platz möglichst dauernd und ohne Betreuung und Hilfe einzunehmen.

Als Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation sieht das Gesetz die Unterbringung in vorwiegend der Rehabilitation dienenden Krankenanstalten, die Gewährung von Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln sowie damit im Zusammenhang stehende ärztliche Hilfe und Reise­kosten vor.

Zur Anerkennung von geprüften Blindenführhunden als Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation wird folgendes ausgeführt: Wie aus den der Bürgerinitiative Nr. 103 beigelegten Unterlagen (insbe­sondere den ho. Schreiben vom 27. Mai 1993, Zl. 26 060/11-5/92) ersichtlich ist, hat das Bundesministe­rium für Arbeit und Soziales – entgegen der Rechtsmeinung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger – stets die Auffassung vertreten, daß Blindenführhunde bei extensiver Ausle­gung dem gesetzlichen Hilfsmittelbegriff des § 154 ASVG unterstellt werden können. Nach § 154 ASVG (,Hilfe bei körperlichen Gebrechen‘) kann die Satzung der Kranken­versicherungsträger bei Verstümme­lungen, Verunstaltungen und körperlichen Gebrechen, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen, Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie für deren Instandsetzung vorsehen. Die durch die Satzung festzulegende Höhe der Kostenzuschüsse für Hilfsmittel ist durch gesetzliche Höchst­beträge begrenzt. Damit obliegt die konkrete Ausgestaltung des Anspruches auf einen Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel infolge der diesbezüglichen Satzungsermächtigung der Selbstverwaltung der Kranken­versicherungsträger. Zur Durchsetzung eines vermeintlichen Anspruches auf einen von der anzuwenden­den Satzung vorgesehenen Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel kann der sozialgerichtliche Klageweg beschritten werden.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales spricht also dem Blindenführhund die Qualifikation als Hilfsmittel im Sinne des § 154 ASVG nicht ab und hält daher eine Zuschußgewährung nach Maßgabe der jeweils anzuwendenden Satzung für zulässig. Allerdings kann sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dem Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative, die Beistellung eines Blindenführhundes müsse als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung gelten, nicht anschließen, weil damit den im § 154a ASVG normierten Voraussetzungen und Zielsetzungen der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen in der Krankenversicherung, wie sie eingangs bereits dargelegt wurden, nicht entsprochen wird.

Der über do. Auftrag ebenfalls mit der gegenständlichen Bürgerinitiative befaßte Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat sich im wesentlichen folgendermaßen geäußert: Zwar neigt der Hauptverband nach wie vor der Meinung zu, ein Blindenführhund könne im Hinblick auf die Legaldefinition des § 154 ASVG nicht als Hilfsmittel angesehen werden, doch ist er bestrebt, eine Gesamtlösung zu finden, die nicht zu Lasten der betroffenen Menschen geht. Er will daher im Hinblick auf die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder für Angelegenheiten der Behindertenhilfe mit den Soziallandesräten Gespräche aufnehmen, um eine Gesamtfinanzierung von Blindenführhunden unter Kostenbeteiligung der Krankenversicherung sowie der Länder zu erreichen. Der Qualifikation des Blindenführhundes als medizinische Rehabilitationsmaßnahme steht der Hauptverband ablehnend gegenüber und begründet seine Haltung damit, daß mit der Beistellung eines Blindenführhundes die gesetzlich definierte Zielsetzung der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nicht erreicht werden kann und es sich hiebei überdies primär um eine soziale bzw. allenfalls eine berufliche Rehabilitations­maßnahme handelt.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß auch seitens der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter – entgegen den Ausführungen im Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative – keine Finanzierung von Blindenführhunden als medizinische Rehabilitationsmaßnahme vorgenommen wird. Eine Kostenübernahme für Blindenführhunde in der Krankenversicherung erfolgt durch die genannte Anstalt lediglich unter dem Titel der erweiterten beruflichen Rehabilitation gemäß § 70b B-KUVG. Leistungen der erweiterten Rehabilitation durch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter entsprechen im Bereich der übrigen Sozialversicherungsträger den beruflichen und sozialen Rehabili­tationsmaßnahmen der Pensionsversicherungsträger. Diese leistungsrechtliche Sonderstellung der Ver­sicherungsanstalt öffentlich Bediensteter resultiert daraus, daß öffentlich Bedienstete im Hinblick auf ihren Ruhegenußanspruch keiner Pensionsversicherung unterliegen, weshalb die Erbringung beruflicher und sozialer Rehabilitationsmaßnahmen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter übertragen wurde. Dementsprechend erfolgt die Finanzierung der Maßnahmen der erweiterten Rehabilitation durch einen zweckgebundenen Beitragszuschlag.

Auch aus einem Vergleich mit den von Trägern der Unfallversicherung erbrachten Leistungen läßt sich für das Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative nichts gewinnen, weil der Gesetzgeber den Leistungsumfang der gesetzlichen Unfallversicherung aus in der Eigenart dieses Versicherungszweiges liegenden Gründen besonders weit definiert hat. Analoges gilt für die Leistungen nach den Versorgungsgesetzen des Bundes.

Zusammenfassend vertritt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales daher den Standpunkt, daß eine Kostenübernahme für Blindenführhunde und für das Mobilitätstraining für Blinde aus Mitteln der Krankenversicherung als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung nicht in Betracht kommt. Eine diesbezügliche Gesetzesänderung kann aus ho. Sicht nicht befürwortet werden, weil damit der Aufgabenbereich der Krankenversicherung auf Leistungen erstreckt würde, die als Maßnahmen der beruflichen und sozialen Rehabilitation anzusehen sind.‘

Diese Auffassung wird seitens der Sektion II aufrechterhalten. Umso mehr gilt diese ablehnende Haltung den sonstigen Partner-, Therapie- bzw. Rehabilitationshunden, zumal diese – in Übereinstimmung mit der Haltung des Hauptverbandes – auch nicht als notwendige Hilfsmittel gemäß § 154 ASVG angesehen werden können. Wie telefonisch eruiert werden konnte, hält auch der Hauptverband an seiner oben ausgeführten Haltung fest; weiters wurde mitgeteilt, daß sich seither keine wesentliche Änderung der Sachlage ergeben habe; insbesondere sei nach wie vor keine Bereitschaft der Länder zu einer substantiellen Mitfinanzierung erkennbar.

Zusammenfassend wird zu der konkret erhobenen Forderung folgendes festgestellt:

Ein Blindenführhund kann nach ho. Rechtsauffassung unter den Hilfsmittelbegriff des § 154 ASVG subsumiert werden. Hinsichtlich anderer Rehabilitationshunde scheint die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zumindest fraglich. Zuschüsse für Hilfsmittel sind in den Satzungen der einzelnen Krankenversicherungsträger zu regeln. Die Einführung einer gesetzlichen Pflichtleistung bezüglich Blindenführhunden oder Rehabilitationshunden ist als systemwidrig abzulehnen, weil sie dem Konzept des Gesetzgebers widerspräche, wonach die Leistung von Kostenzuschüssen für (alle) Hilfsmittel den Satzungen der einzelnen Krankenversicherungsträger – und damit der jeweiligen Selbstverwaltung – überlassen ist. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, daß Leistungen der Krankenversicherung für Hilfsmittel als ,Hilfe bei körperlichen Gebrechen‘ nach dem Willen des Gesetzgebers nur beschränkt möglich sind, zumal es sich hiebei um keine Kernaufgabe der Krankenversicherung handelt und eine Reihe weiterer Kostenträger – insbesondere aus dem Bereich der Behindertenhilfe – für derartige Leistungen zuständig ist.

Eine Übernahme der Kosten für Rehabilitationshunde als medizinische Maßnahme der Rehhabilitation in der Krankenversicherung wird aus ho. Sicht nicht befürwortet, weil sie den gesetzlich normierten Voraussetzungen und Zielsetzungen der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen in der Kranken­versicherung nicht entspricht, sondern als primär soziale (allenfalls berufliche) Rehabilitationsmaßnahme anzusehen ist.

Ad II. Anerkennung als Diensthund:

Durch eine entsprechende erlaßmäßige Regelung wurde sichergestellt, daß Blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen im Behindertenpaß gemäß §§ 40 ff. des Bundesbehindertengesetzes auf Antrag zusätzlich zur Eintragung ,blind‘ bzw. ,hochgradig sehbehindert‘ der Vermerk ,Ist auf den Blinden­führhund angewiesen‘ angebracht werden kann.

Diese Eintragung im Behindertenpaß bewirkt allerdings keinen Rechtsanspruch auf Mitnahme des Hundes in alle öffentlich zugänglichen Lokalitäten (zB Lebensmittelgeschäfte), da nach der derzeitigen Rechts­lage berechtigte Interessen des behinderten Menschen mit anderen (zB sanitätspolizeilichen) Vorschriften kollidieren können.”

Das Bundeskanzleramt teilte auf der Grundlage der Stellungnahmen der Bundesministerien folgendes mit:

“Ad 1:

Anerkennung als Hilfsmittel durch die Krankenkassen

Die Frage der Anerkennung des Blindenführerhundes und des Partner-, Therapie- bzw. Rehabilitations­hundes als Hilfsmittel im Sinne des ASVG sowie die Forderung nach einer Kostenübernahme als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach behandelt.

1.1 Blindenführhund als Hilfsmittel im Sinne des ASVG

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat – entgegen der Rechtsmeinung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger – stets die Auffassung vertreten, daß Blindenführhunde bei extensiver Auslegung dem gesetzlichen Hilfsmittelbegriff des § 154 ASVG unterstellt werden können. Nach § 154 ASVG kann die Satzung der Krankenversicherungsträger bei Verstümmelungen, Verunstal­tungen und körperlichen Gebrechen, welche die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit oder die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, wesentlich beeinträchtigen, Zuschüsse für die Anschaffung der notwendigen Hilfsmittel sowie für deren Instandsetzung vorsehen. Die durch die Satzung festzulegende Höhe der Kostenzuschüsse für Hilfsmittel ist durch gesetzliche Höchstbeträge begrenzt. Damit obliegt die konkrete Ausgestaltung des Anspruches auf einen Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel in Folge der diesbezüglichen Satzungsermächtigung der Selbstverwaltung der Krankenver­sicherungsträger.

Das Sozialversicherungsrecht stellt lediglich eine Definition des Begriffes Hilfsmittel auf und überläßt die nähere Ausgestaltung dieses Leistungsbereiches den Satzungen der Krankenversicherungsträger. Auch die geltende Mustersatzung 1994 des Hauptverbandes für die Krankenversicherungsträger sieht zur Regelung von Zuschüssen für Hilfsmittel durch die Träger der Krankenversicherung keine verbindliche Bestimmung vor. Damit obliegt die konkrete Regelung des Anspruches auf Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel in Folge der diesbezüglichen Satzungsermächtigung der Selbstverwaltung der Krankenver­sicherungsträger. Die diesbezüglichen Satzungsbestimmungen der einzelnen Versicherungsträger stellen durchwegs auf die gesetzliche Definition der notwendigen Hilfsmittel ab und nehmen von einer Aufzählung der einzelnen Hilfsmittel Abstand, was angesichts der Vielzahl in Betracht kommender Hilfsmittel vom Bundesministerium für Arbeit und soziales als zweckmäßig angesehen wird.

Zur Durchsetzung eines vermeintlichen Anspruchs auf einen von der anzuwendenden Satzung vorgesehenen Kostenzuschuß für ein Hilfsmittel kann der sozialgerichtliche Klageweg beschritten werden.

1.2 Partner-, Therapie- oder Rehabilitationshunde als Hilfsmittel

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung dieser Hunde auf die Definition des Hilfsmittelbegriffes zu verweisen. Ungeachtet einzelner Satzungsbestimmungen setzt die Leistung eines Zuschusses für ein Hilfsmittel nach der Bestimmung des § 154 ASVG jedenfalls voraus, daß es sich um ein notwendiges Hilfsmittel handelt. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist der Auffassung, daß die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch die Versicherungsträger nicht erfüllt werden. Durch den Partnerhund würde aber sicherlich die gesellschaftliche Integration des behinderten Menschen gefördert. Daher wäre der Partnerhund als soziale Eingliederungshilfe anzusehen, was bedeutet, daß nicht die Krankenversicherungsträger, sondern die Länder auf Grund der Sozialhilfegesetze leistungszuständig wären.

1.3 Der Blindenführhund oder Rehabilitationshund als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann sich allerdings dem Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative, die Beistellung eines Blindenführhundes müsse als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation in der Krankenversicherung gelten, nicht anschließen, weil damit den in § 154a ASVG normierten Voraussetzungen und Zielsetzungen der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen in der Krankenversicherung nicht entsprochen wird.

Der mit der gegenständlichen Bürgerinitiative befaßte Hauptverband der österreichischen Sozialversiche­rungsträger neigt nach wie vor der Meinung zu, ein Blindenführhund könne im Hinblick auf die Legaldefinition des § 154 ASVG nicht als Hilfsmittel angesehen werden. Er ist jedoch bestrebt, eine Gesamtlösung zu finden, die nicht zu Lasten der betroffenen Menschen geht. Daher will er im Hinblick auf die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder für Angelegenheiten der Behindertenhilfe mit den Soziallandesräten Gespräche aufnehmen, um eine Gesamtfinanzierung von Blindenführhunden unter Kostenbeteiligung der Krankenversicherung sowie der Länder zu erreichen. Der Qualifikation des Blindenführhundes als medizinische Rehabilitationsmaßnahme steht der Hauptverband allerdings ablehnend gegenüber und begründet seine Haltung damit, daß mit der Beistellung eines Blindenführ­hundes die gesetzlich definierte Zielsetzung der medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nicht erreicht werden kann und es sich hiebei überdies vornehmlich um eine soziale bzw. allenfalls eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme handle.

Abschließend kann also festgehalten werden:

Ein Blindenführhund kann nach der Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter den Hilfsmittelbegriff des § 154 ASVG subsumiert werden. Hinsichtlich anderer Rehabilitations­hunde scheint die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit zumindest fraglich. Zuschüsse für Hilfsmittel sind in den Satzungen der einzelnen Krankenversicherungsträger zu regeln. Die Einführung einer gesetzlichen Pflichtleistung bezüglich Blindenführhunden oder Rehabilitationshunden wird als systemwidrig abgelehnt, weil sie dem Konzept des Gesetzgebers widerspreche, wonach die Leistung von Kostenzu­schüssen für (alle) Hilfsmittel den Satzungen der einzelnen Krankenversicherungsträger – und damit der jeweiligen Selbstverwaltung – überlassen ist.

Eine Übernahme der Kosten für Rehabilitationshunde als medizinische Maßnahme der Rehabilitation in der Krankenversicherung wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht befürwortet, weil sie den gesetzlich normierten Voraussetzungen und Zielsetzungen der medizinischen Rehabilitationsmaß­nahmen in der Krankenversicherung nicht entspricht, sondern als primär soziale (allenfalls berufliche) Rehabilitationsmaßnahme anzusehen ist.

Ad 2:

Anerkennung als Diensthund

Durch eine erlaßmäßige Regelung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurde sichergestellt, daß Blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen im Behindertenpaß gemäß §§ 40 ff. des Bundes­behindertengesetzes auf Antrag zusätzlich zur Eintragung ,blind‘ bzw. ,hochgradig sehbehindert‘ der Vermerk ,Ist auf den Blindenführhund angewiesen‘ angebracht werden kann. Diese Eintragung im Behindertenpaß bewirkt allerdings keinen Rechtsanspruch auf Mitnahme des Hundes in alle öffentlich zugänglichen Lokalitäten (zB Lebensmittelgeschäfte), da nach der derzeitigen Rechtslage berechtigte Interessen des behinderten Menschen mit anderen (zB sanitätspolizeilichen) Vorschriften kollidieren können.

2.1 Hinsichtlich der Aufnahme des weißen Führgeschirres in § 3 der Straßenverkehrsordnung ist laut Stellungnahme des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eine genaue sachliche Prüfung dahin gehend anzustellen, inwieweit die Verwendung eines solchen Behelfes zur Zeit tatsächlich üblich ist. Die Aufnahme des weißen Führgeschirres in die Straßenverkehrsordnung erscheint erst dann sinnvoll, wenn der Bekanntheitsgrad dieses Behelfes so groß ist, daß für einen durchschnittlichen Straßen­benützer die Assoziation zu sehbehinderten Straßenbenützern herstellbar ist. Seitens des genannten Ressorts werden in dieser Angelegenheit sachliche Ratschläge und Erkundigungen eingezogen und eine allfällige Aufnahme in die Straßenverkehrsordnung bei deren nächster Novellierung zur Diskussion gestellt werden.

7

2.2 Zutrittsrecht zu allen öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen

Laut Stellungnahme aller Bundesministerien ist der Zutritt für blinde Personen in Begleitung von Blindenhunden jederzeit möglich. Das Bundesmininisterium für Justiz weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß für das der Anfrage zugrundeliegende Anliegen unter Umständen auch die Bestimmungen des Zivilrechts mittelbar nutzbar gemacht werden können. Der Oberste Gerichtshof hat nämlich – in anderem Zusammenhang – in seinem Erkenntnis vom 24. Oktober 1990 ausgesprochen, daß selbst außerhalb des eigentlichen ,Kontrahierungszwangs‘ jeder diffamierende Ausschluß von der Inanspruch­nahme einer Leistung unzulässig sei, sofern nicht eine hinreichende sachliche Rechtfertigung gegeben sei. Das Höchstgericht hat diese Ausführungen mit der ,mittelbaren Drittwirkung‘ des Grundrechts auf Ehre und dem Gebot der verfassungskonformen Auslegung zivilrechtlicher Bestimmungen begründet. Demnach kann ein unbegründeter und diffamierender (also diskriminierender) Ausschluß Behinderter und insbesondere auch blinder Menschen von Leistungen – selbstverständlich unvorgreiflich der unab­hängigen Rechtsprechung – den guten Sitten im Sinne des § 879 Abs. 1 ABGB widersprechen. Bei einer solchen Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines allfälligen (Lokalverbots) wird entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen sein.

2.3 Verankerung der Mitnahmepflicht in den Beförderungsrichtlinien öffentlicher und privater Beförderungsunternehmen

Wie das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst mitteilt, sind bei den ÖBB bereits folgende Regelungen im Tarif verankert: Bei Lösen eines Halbpreispasses für Zivilblinde (mit Ausweis des jeweiligen Landesverbandes) können Behinderte eine Fahrkarte zum halben Preis lösen sowie einen Führhund und eine Begleitperson gratis befördern. Beim Kraftwagendienst können aus Platzgründen nur entweder ein Führhund oder eine Begleitperson gratis befördert werden.

Abschließend wird festgehalten, daß nach dem Dafürhalten des Bundesministeriums für Justiz die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen für die legitimen Anliegen behinderter und insbesondere auch blinder Menschen einen ausreichenden Schutz bieten. Es scheint auch fraglich, ob und inwieweit ein ,Antidiskriminierungsgesetz‘ dem in der Bürgerinitiative behaupteten Mißstand abhelfen kann. Auch ein solches Gesetz wird nämlich nicht umhinkönnen, diejenigen Fälle ausdrücklich oder zumindest erschließbar zu umschreiben, in denen ein Verbot der Mitnahme von Hunden – und damit auch von Blindenhunden – sachlich gerechtfertigt ist.”

Betreffend die gesetzliche Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel und Diensthund in Österreich nahm die Volksanwaltschaft wie folgt Stellung:

“1. Anerkennung des Blindenführhundes als Hilfsmittel durch Krankenkassen

Die Volksanwaltschaft war mit der hier angesprochenen Problematik der Finanzierung der Anschaffung für Blindenhunde bereits befaßt und hat zur Frage der Qualifikation von Blindenhunden als Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Bürgerinitiative Nr. 103/1994, betreffend die Anerkennung des Mobilitäts­trainings für Blinde und von Blindenführhunden als Teil der medizinischen Rehabilitation, Stellung genommen.

Nach § 154 Abs. 1 lit. a und b ASVG in der geltenden Fassung sind als Hilfsmittel Gegenstände oder Vorrichtungen anzusehen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verunstaltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Mit Schreiben vom 27. Mai 1993 zu Zl. 26 060/11-5/92 und vom 30. Mai 1994 zu Zl. 26 060/5-5/1994 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgestellt, daß Blindenführhunde unter die zitierte Legaldefinition des § 154 ASVG subsumierbar sind und daher als Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes angesehen werden können (vgl. auch: Gehrmann – Rudolph – Teschner – Fürböck, ASVG, § 154 Anm. 4). Diese auf die Grundsätze der Wort­interpretation und der sozialen Rechtsanwendung gestützte Auffassung wird von der Volksanwaltschaft vollinhaltlich geteilt.

Die gegenteilige Rechtsauffassung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, wonach Blindenführhunde keine Hilfsmittel im Sinne des § 154 ASVG in der geltenden Fassung seien, zumal in jener Bestimmung von körperlichen Sachen (,Gegenstände oder Vorrichtungen‘) die Rede sei, Tiere aber gemäß § 285a ABGB nicht (mehr) als Sachen gelten könnten, erachtet die Volksanwaltschaft als nicht tragfähig. Dies insbesondere deshalb, weil die besondere teleologische Ausrichtung und Einbettung des § 285a ABGB keine Rückschlüsse auf die inhaltliche Determinierung des Heilmittel­begriffes nach § 154 ASVG erlaubt.

Im Sinne der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit würde es die Volksanwaltschaft aber jedenfalls begrüßen, wenn die Legaldefinition des Hilfsmittels in § 154 ASVG und der korrespondierenden Bestim­mungen in den sozialversicherungsrechtlichen Parallelgesetzen (§ 93 Abs. 6 GSVG, § 96 Abs. 1 BSVG, § 65 Abs. 1 B-KUVG) durch eine ausdrückliche Einbeziehung des Tierbegriffes ergänzt würde.

Zum besonderen Problem einer Vereinheitlichung der Gewährung von Zuschüssen durch die Kranken­versicherungsträger zu den Kosten der Anschaffung eines Blindenführhundes ist festzuhalten, daß gemäß § 154 ASVG in der geltenden Fassung ein Anspruch eines Versicherten auf Kostenzuschuß für die Anschaffung von Hilfsmitteln nur dann und – innerhalb bestimmter gesetzlicher Höchstgrenzen – insoweit besteht, als der zuständige Krankenversicherungsträger einen solchen in seiner Satzung ausdrücklich normiert. Kostenzuschüsse für Hilfsmittel liegen daher weithin im Ermessen der zuständigen Krankenversicherungsträger und damit im Verantwortungsbereich der Selbstverwaltung. Ohne eine entsprechende Novellierung des § 154 ASVG könnte eine verpflichtende bundesweite Vereinheitlichung der Finanzierung von Hilfsmitteln durch die Krankenversicherungsträger daher nur über eine verbindliche Regelung im Rahmen der Mustersatzung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungs­träger gemäß § 453 in Verbindung mit § 455 Abs. 2 ASVG erfolgen. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger gemäß § 455 Abs. 1 erster Satz ASVG Bestimmungen der Mustersatzung für verbindlich zu erklären hat, insoweit dies zur Wahrung der Einheitlichkeit der Durchführung sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen notwendig erscheint.

Eine allfällige Novellierung des § 154 ASVG im Sinne der Schaffung eines unmittelbar ex lege bestehenden Anspruches auf Kostenzuschuß zu Hilfsmitteln unter Ausschaltung oder unter weitgehender Beschränkung des bestehenden Ermessens der Krankenversicherungsträger dürfte nach Ansicht der Volksanwaltschaft nicht isoliert nur für Blindenhunde erfolgen, sondern müßte sich aus Gleichheits­gründen auf den gesamten Hilfsmittelbereich erstrecken.

2. Ausdrückliche Verankerung des weißen Führgeschirrs im Rahmen der Vertrauensgrundsatz­regelung des § 3 StVO

Ein derartiges Anliegen war bisher noch nicht Gegenstand eines Prüfverfahrens der Volksanwaltschaft.

Gemäß § 3 Abs. 1 StVO in der geltenden Fassung sind unter anderem sehbehinderte Menschen mit weißem Stock oder gelber Armbinde vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen. Unterläßt es ein sehbehinderter Mensch, sich solcherart zu kennzeichnen, darf unter der Voraussetzung, daß nicht aus seinem sonstigen Gehaben geschlossen werden muß, daß er unfähig ist, die Gefahren des Straßenverkehrs einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, darauf vertraut werden, daß er die für die Benützung der Straße maßgeblichen Rechtsvorschriften befolgt (vgl. K. Glassl, Der Vertrauensgrundsatz, ZVR 1961, 77; Dittrich – Veit, Straßenverkehrsordnung, 3. Auflage, § 3 StVO, Anm. 20). Vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß ein blinder Mensch ohne weißen Stock und Armbinde, der mit seinem Blindenhund am Verkehrs­geschehen teilnimmt, vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen ist.

Die Verankerung des weißen Führgeschirrs des Blindenhundes als ex lege Ausnahmetatbestand vom Vertrauensgrundsatz gemäß § 3 StVO erscheint der Volksanwaltschaft im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung einer derartigen Regelung nicht unproblematisch. Blindenhunde werden sehr umfassend und kostenintensiv gerade dazu ausgebildet und trainiert, den blinden Menschen sicher zu führen und insbesondere auch durch das Verkehrsgeschehen zu geleiten. Es ist daher nicht ohne weiteres nach­vollziehbar, warum das weiße Führgeschirr des Blindenhundes gesetzlich gleichsam als Signal dafür festgelegt werden soll, daß der/die Blinde nicht in der Lage ist, die maßgeblichen Rechtsvorschriften im Straßenverkehr zu befolgen. Für die Volksanwaltschaft stellt sich im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob eine derartige Regelung tatsächlich geeignet wäre, die Verkehrssicherheit von blinden Menschen zu erhöhen oder letztlich nur dazu führen würde, die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit für eine sorgfältige Schulung und Ausbildung der Blindenführhunde vom Hundeausbildner bzw. Hunde­trainer auf die an § 3 StVO gebundenen Verkehrsteilnehmer zu überwälzen. Wenn der Nationalrat beab­sichtigen sollte, das weiße Führgeschirr in § 3 StVO in der geforderten Form einzufügen, wäre es aus der Sicht der Volksanwaltschaft jedenfalls erforderlich, genaue Vorschriften für die Gewährleistung einer guten optischen Erkennbarkeit des Führgeschirrs (zB fluoreszierender Anstrich oder Reflektoren) zu schaffen.

3. Zutrittsrecht zu öffentlichen Gebäuden, Einrichtungen und Geschäften des täglichen Bedarfs

Bei der Volksanwaltschaft hat eine Beschwerdeführerin, die auf Grund ihrer starken Sehbehinderung auf einen Blindenführhund angewiesen ist, ausgeführt, daß sie gelegentlich Schwierigkeiten habe, mit ihrem Blindenführhund Zutritt zu diversen öffentlichen Einrichtungen zu erhalten. Die Beschwerdeführerin legte dar, daß ein behördlicher Ausweis, aus dem hervorgeht, daß ihr Hund ein geprüfter Blindenführhund ist, von dem keine Gefahr ausgeht, den Zutritt erheblich erleichtern würde.

Die Volksanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales Kontakt aufgenommen und konnte erreichen, daß seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit Erlaß vom 24. Jänner 1996 zu Zl. 45 360/1-7/96 die Möglichkeit der Eintragung eines ,Blinden­hundevermerkes‘ im Behindertenpaß vorgesehen und die Voraussetzungen hiefür festgelegt wurden. Der gegenständliche Erlaß stützt sich auf § 42 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) in Verbindung mit § 1 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. Nr. 86/1991. Auf Antrag eines blinden oder stark sehbehinderten Menschen, der einen Blindenführhund besitzt, ist demnach vom zuständigen Bundessozialamt zusätzlich zur Eintragung ,Blind oder stark Sehbehindert‘ ohne gesonderte Befassung des Ärztlichen Dienstes die Eintragung ,Ist auf den Blindenführhund angewiesen‘ in den Behindertenpaß vorzunehmen. Kann für das Tier eine positive Bewertung durch die Blindenführhundkommission nachgewiesen werden, so ist ohne weiteres davon auszugehen, daß für den behinderten Menschen der Blindenführhund erforderlich ist.

Aus der Sicht der Volksanwaltschaft wird durch den ,Blindenhundevermerk‘ im Behindertenpaß die besondere Qualität und Zuverlässigkeit des Tieres amtlich dokumentiert und zugleich die Notwendigkeit des Hundes für den blinden Menschen im Rahmen einer öffentlichen Urkunde bescheinigt. Durch den ,Blindenhundevermerk‘ dürfte der Zutritt für Blindenführhunde zu öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen grundsätzlich gewährleistet sein, wenngleich der Bundesminister für Arbeit und Soziales der Volksanwaltschaft gegenüber darauf hingewiesen hat, daß die Eintragung des Vermerks keinen Anspruch auf die Mitnahme des Hundes in alle öffentlich zugänglichen Lokalitäten (zB Lebensmittel­geschäfte) vermitteln könne, da gegebenenfalls berechtigte Interessen behinderter Menschen mit anderen (zB sanitätspolizeilichen) Rechtsvorschriften kollidieren könnten.

Der Bundestheaterverband hat der Volksanwaltschaft jedenfalls zugesichert, daß in den ihm unterstehenden Theatern der Zutritt für Blinde und deren Blindenführhunde gewährleistet wird.

4. Beförderungspflicht von Verkehrsträgern für blinde Menschen mit Blindenführhund

Auch zu diesem Punkt der Bürgerinitiative wurde bei der Volksanwaltschaft bisher noch keine Beschwerde eingebracht.

Grundsätzlich ist dazu von der Volksanwaltschaft festzuhalten, daß die Verankerung einer besonderen Mitnahmepflicht im Rahmen des Verkehrsrechts keine systemwidrige Besonderheit darstellen würde. In allgemeiner Form besteht für die linienmäßige Personenbeförderung eine Beförderungspflicht bereits in § 8 Z 2 Kraftfahrliniengesetz sowie in § 3 Eisenbahnbeförderungsgesetz. Für den Bereich des Taxige­werbes eröffnet § 10 Abs. 1b Gelegenheitsverkehrsgesetz dem zuständigen Landeshauptmann die Möglichkeit, durch Verordnung eine ausdrückliche Beförderungspflicht vorzuschreiben. Eine entsprech­ende Regelung wurde beispielsweise durch § 24 Abs. 1 Wiener Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung, LGBl. Nr. 71/1993, geschaffen, wobei aber nach § 9 Abs. 1 leg. cit. Hunde, die keinen Maulkorb tragen, und ,bösartige oder beschmutzte Tiere‘ von der Beförderung ausgeschlossen werden können. Hinzuweisen ist auch auf die bestehende Judikatur des Obersten Gerichtshofes zum Kontrahie­rungszwang, der insbesondere auch im Bereich von Verkehrsunternehmen, die den Personenverkehr in einer bestimmten Region als Monopolisten besorgen, angenommen wird (zB OGH 30. November 1993 WBL 1994, 169); ist im konkreten Fall Kontrahierungszwang dem Grunde nach anzunehmen, so kann die Verweigerung eines Vertragsabschlusses nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen erfolgen (zB OGH 7. November 1990 EvBl 1991/66).

Nach Ansicht der Volksanwaltschaft müßte daher bereits bei bestehender Rechtslage die Beförderung von blinden Menschen mit Blindenführhund durch öffentliche Verkehrsmittel und private Fuhrunternehmen weitestgehend sichergestellt sein. Dies insbesondere dann, wenn etwa durch den Behindertenpaß mit eingetragenem ,Blindenhundevermerk‘ die Notwendigkeit und Zuverlässigkeit des Hundes dargetan werden kann.

Gleichwohl würde die Volksanwaltschaft eine ausdrückliche Verankerung einer Beförderungspflicht von blinden bzw. stark sehbehinderten Menschen mit Blindenführhund im Rahmen der bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen über die allgemeine Beförderungspflicht unter dem Aspekt der Rechtssicherheit positiv beurteilen.

Der Volksanwaltsschaft ist zur Kenntnis gelangt, daß die Führhundreferentin des Österreichischen Blindenverbandes, Frau MR. Dr. Wanecek, mit Schreiben vom 11. September 1996 zur gegenständlichen Bürgerinitiative Stellung genommen hat.

In diesem Zusammenhang wurde gegenüber der Volksanwaltschaft sowohl von ihr als auch von MR Dipl.-Ing. Gloria Petrovics (p. A. Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, 1010 Wien, Stubenring 1) das Ersuchen um Einladung zu den Beratungen in die zu erfolgenden Erörterungen im Ausschuß als Auskunftsperson bzw. Expertin herangetragen. Diesem Ersuchen könnte aus der Sicht der Volksanwaltschaft auf Grund des Engagements und der Fachkenntnisse beider Damen nähergetreten werden.”

Der Österreichische Blindenverband hat Stellung genommen wie folgt:

“Die im Rahmen der vorliegenden Bürgerinitiative der Blindenführhundfirma Josef Bürger in großer Anzahl abgegebenen Unterschriften zeigen, daß sich viele Menschen für die Probleme blinder Hundeführer interessieren und eingesetzt haben. Wenn auch die Pflichten der Hundeführer und ihrer Hunde (objektiver Nachweis einer entsprechenden Ausbildung und Zusammenschulung der Gespanne) vom Einbringer weggelassen wurden, ist die Notwendigkeit einer sauberen gesetzlichen Regelung unumstritten. Der Österreichische Blindenverband versucht bereits seit Jahren, eine solche zu erreichen, jedoch war das Sozialministerium bisher auf keine Weise dazu zu bewegen, in diesem Zusammenhang Verantwortung zumindest mitzutragen. Daß eine ungeheure Rechtsunsicherheit besteht, zeigt sich auch darin, daß gegenwärtig vier langwierige Verfahren bei Gerichten bzw. Verwaltungsbehörden anhängig sind, wobei die Entscheidungsträger große Schwierigkeiten haben, Rechtsgrundlagen zu finden.

1. Allgemeines

Obwohl die Begriffe ,Blindenführhunde‘ und ,Rehabilitationshunde‘ in der Präambel korrekt definiert werden, fällt auf, daß sie in der Folge alternierend gebraucht werden, so daß aus der Initiative nicht schlüssig hervorgeht, ob nur Blindenführhunde oder alle Rehabilitationshunde gesetzlich verankert werden sollen. Die Forderung nach Zutrittsrecht zu Geschäften zB betrifft alle Rehabilitationshunde, die Verankerung des weißen Führgeschirrs in der StVO nur die Blindenführhunde.

2. Anerkennung als Hilfsmittel

Für die Anerkennung der Blindenführhunde sowie der übrigen Rehabilitationshunde als Hilfsmittel ist keine Gesetzesänderung notwendig, sondern lediglich eine Aufnahme in den Hilfsmittelkatalog des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger. Gleichzeitig wäre natürlich bei dieser Gelegenheit zur Qualitätssicherung der Begriff ,Rehabilitationshund‘ zunächst im Erlaßwege genau zu definieren, solange die unter Punkt 3 unserer Stellungnahme angeführte angestrebte gesetzliche Regelung noch nicht erfolgt ist. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Bürgerinitiative des ÖBV aus 1994 hingewiesen, in der gefordert wurde, das Mobilitäts-(Restsinnen-)Training und geprüfte Blindenführ­hunde als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation durch alle Kostenträger anzuerkennen. Diese Initiative wurde vom Petitionsausschuß nach Einholung aller Stellungnahmen dem BMG zugewiesen und ruht seither dort trotz mehrfacher Urgenzen durch den Einbringer.

3. Anerkennung der Rehabilitationshunde als Diensthunde

Die gesetzliche Verankerung aller Gruppen von Rehabilitationshunden ist aus der Sicht des ÖBV die einzige Möglichkeit, sowohl den auf diese Hunde angewiesenen behinderten Menschen als auch den in rechtlicher Hinsicht mit den Hunden konfrontierten Personen Rechtssicherheit zu geben. Ist die Aufgabe der einzelnen Hundeberufe gesetzlich festgelegt, ist auch eher einsichtig, daß der Hund fast überallhin mitgenommen werden können muß. Es ist so zu erwarten, daß die dazu erforderlichen Gesetzesänderun­gen auch in der Bevölkerung eine gute Akzeptanz finden werden. Ebenso können Personen, die nach der derzeitigen Gesetzeslage in bestimmten Situationen unweigerlich in Konflikte geraten (zB ein Blinder möchte mit seinem Führhund in ein Lebensmittelgeschäft gehen – der Geschäftsführer mußte ihn unmenschlicherweise nach dem Lebensmittelgesetz hinausweisen), menschlich handeln und trotzdem gesetzeskonform agieren. Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt, daß wirklich nur die Besitzer entsprechend ausgebildeter Rehabilitationshunde die eingeräumten Rechte in Anspruch nehmen können.

Die Bezeichnung von Rehabilitationshunden als Diensthunde sieht der ÖBV jedoch als bedenklich an. In Österreich wird die Bezeichnung ,Diensthund‘ wahllos sowohl für den völlig unausgebildeten Wachhund an der Kette als auch für den gut ausgebildeten Sprengstoff-, Suchtgift- oder Polizeihund oder vereinzelt auch für Rettungs- und Blindenführhunde verwendet. Eine rechtliche Definition ist uns jedoch nicht bekannt. Unserer Meinung nach sollte demnach der Ausdruck ,Diensthund‘ den im Eigentum der öffentlichen Hand stehenden für einen bestimmten Zweck ausgebildeten Hunden vorbehalten bleiben.

Im übrigen wird mit der Entwicklung von immer mehr ,Hundeberufen‘ durch mehr oder weniger geschulte Trainer die Begriffsvielfalt für die gleiche Tätigkeit auch international gesehen immer verwirrender. Wesentlich zielführender wäre es daher, den Begriff ,Rehabilitationshund‘ mit seinen Untergruppen Blindenführhund, Partnerhund für Körperbehinderte und Signalhund für Hörbehinderte sowie Kombinationshund für mehrfach Behinderte gesetzlich, beispielsweise im Bundesbehinderten­gesetz, zu definieren und zu verankern. Erst im Anschluß daran ist es sinnvoll, die notwendigen Rechte und Pflichten des Hundeführers in den einzelnen Rechtsvorschriften festzulegen.

Die sogenannten ,Therapie-‘ und ,Sozialhunde‘ fallen nicht unter den Oberbegriff Rehabilitationshund, weil sie vom Ausbildungsstand sowohl des Hundes als auch des Hundeführers nicht geeignet sind, ausgefallene Körper- oder Sinnesfunktionen kompensieren zu helfen und benötigen daher grundsätzlich keine besonderen Rechte.

Aus der Sicht des ÖBV muß unbedingt festgelegt werden, daß der Ausbildungsstand sowohl des Hundes als auch des Hundeführers in einer speziellen Prüfung nachgewiesen wird. Für Blindenführhunde, für die Zuschüsse aus öffentlicher Hand gewährt werden, geschieht dies durch eine seit sieben Jahren beim Österreichischen Blindenverband eingerichtete provisorische Prüfungskommission, deren Mitglieder öffentlich Bedienstete sind, die jedoch ohne gesetzliche Grundlage oder erlaßmäßige Absicherung agiert. Die Erfahrungen zeigen von Anfang an die dringende Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der Prüfung. So hat zB eine Hundeschule, die mit Entscheidungen der Kommission nicht einverstanden war, einen Verein gegründet, die Prüfung jahrelang boykottiert und eine eigene Prüfungsordnung mit einer ,objektiven‘ Kommission präsentiert, die auch gleich die Hunde der anderen diese Schule konkurrenzierenden Schulen prüfen wollte. Weiters ist die Bezahlung auch nicht geprüfter Hunde aus öffentlichen Mitteln trotz Erlasses des BMAS wiederholt erfolgt. Die dienstrechtliche Stellung der Kommissionsmitgelider in Ausübung ihrer Tätigkeit als Führhundprüfer ist bisher ungeklärt. Im übrigen gibt es gegen die Entscheidungen der Prüfungskommission kein Rechtsmittel.

Die derzeitige erlaßmäßige Regelung (Eintragung des geprüften Blindenführhundes mit Zeugnisnummer in den Bundesbehindertenausweis) ist zwar schon ein gewisser Fortschritt, das Ziel muß aber ein weltweit, aber mindestens EU-weit anerkannter Ausweis mit Foto des Rehabilitationshundes mit Tätowiernummer bzw. elektronischer Identifizierung sein.

Was die in der Bürgerinitiative verlangten Zutrittsrechte betrifft, ist zu bemerken, daß dies bereits ein langjähriges Anliegen des Österreichischen Blindenverbandes darstellt. Allerdings zeigt ein Blick über unsere Grenzen, daß die Vorgangsweise, Zutrittsrechte ohne vorherige Definition der Hunde zuzuge­stehen, mit großen Problemen verbunden ist.

Wie aus einem bestimmten Buch hervorgeht, hat die USA eine beachtliche Tradition auf dem Gebiet des Rehabilitationshundewesens. Tausende von Hunden sind im Einsatz, die Bedeutung der Tiere hat ihren Niederschlag sogar im amerikanischen Behindertengesetz, dem ,American with Disabilities Act‘ (ADA) gefunden, das den behinderten Hundeführern mit ihren Rehabilitationshunden ein einklagbares Zutritts­recht zu Orten garantiert, an denen Hunde ansonsten verboten sind. Ein ungelöstes Problem jedoch, das gerade jetzt heftig USA-weit diskutiert wird, ist die Definierung und einwandfreie Identifizierung eines Rehabilitationshundes. Die Zutrittsrechte gelten natürlich nur für ausgebildete Hunde, jedoch ist der Nachweis der Ausbildung nicht einheitlich geregelt. In manchen Staaten dürfen bzw. müssen die Hunde von gewissen Ausbildungsstätten zertifiziert werden, wobei deren Hunde selbst von keiner unabhängigen Stelle kontrolliert werden und es dabei oft zu Monopolstellungen der größeren Stiftungen kommt, wobei diese großteils überhaupt nicht interessiert sind, Zertifizierungen für kleinere Schulen oder private Trainer durchzuführen. Je nach Bundesstaat werden für die Hunde unterschiedliche, manchmal auch gar keine Identifizierungen verlangt: meist ein Führgeschirr für den Blindenführhund, ein Brustgeschirr in einer bestimmten Farbe für den Partnerhund, Leine und Halsband in Orange für den Signalhund, ein Ausweis von einer Ausbildungsstätte, ein Ausweis von der Gemeinde, dem Bundesstaat …

Dieses Durcheinander führt trotz an sich vorbildlicher Zutrittsregelungen zu einer Vielzahl von Problemen für die Hundeführer, aber auch für alle anderen Betroffenen. Wenn ein Geschäftsinhaber einen Behinderten mit Hund in sein Lebensmittelgeschäft hereinläßt, riskiert er eine Anzeige nach dem Hygienegesetz, wenn der Hund kein Rehabilitationshund ist. Läßt er dagegen einen Reha-Hund nicht herein, riskiert er eine Verurteilung nach dem ADA.

4. Vorgeschlagene Vorgangsweise

Es wolle ein Initiativantrag zur Aufnahme des Begriffes ,Geprüfter Rehabilitationshund‘ mit den einzelnen oben angeführten Untergruppen und deren jeweiliger Definition in die Österreichische Rechtsordnung (beispielsweise ins Bundesbehindertengesetz) im Nationalrat eingebracht werden. Aus den bisherigen Erfahrungen mit den einschlägigen Bundesbehörden (Bundesministerium für Arbeit und Soziales und Bundesministerium für Gesundheit) hat sich nämlich ergeben, daß sie sich entweder für unzuständig erklären oder mit den bestehenden Rechtsvorschriften das Auslangen zu finden glauben. Wie das amerikanische Beispiel zeigt, sollte eine bundeseinheitliche Regelung getroffen werden. Da es bisher keine einschlägigen Regelungen in den Ländern gibt, werden keine besonderen Widerstände seitens der Länder zu erwarten sein, umso mehr sich die meisten Ämter der Landesregierungen im Falle der Blindenführhundprüfungen an dem Erlaß des BMAS orientieren.

Abschließend darf der ÖBV ersuchen, ihn bei der weiteren Behandlung der Materie ebenfalls einzubinden.”

Der Österreichische Blindenverband erstattete weiters folgenden Bericht über die Kongresse für Rehabilitationshunde vom 10. bis 14. Jänner 1997 in den USA:

“Bericht über die Kongresse für Rehabilitationshunde vom 10. bis 14. Jänner 1997 in den USA.

Vom 10. Jänner 1997 bis 14. Jänner 1997 fanden in Orlando, Florida, zwei internationale Kongresse über Rehabilitationshunde (Blindenführhunde, Partnerhunde für Körperbehinderte, Signalhunde für Hörbe­hinderte) statt:

1. International Association of Assistance Dog Partners (IAADP), das ist die Vereinigung der Rehabili­tationshundehalter und

2. Assiostance Dogs International (ADI), das ist die Vereinigung der Rehabilitationshundeschulen.

Frau Dipl.-Ing. Petrovics (die Leiterin der Prüfungskommission für Blindenführhunde) und ich (Dr. Wanecek) waren von beiden Organisationen eingeladen, Vorträge zu halten. Die Hundehalter wollten über die Entwicklung und den Stand des Rehabilitationshundewesens in Österreich informiert werden, die Schulen interessierten sich für die Durchführung der Blindenführhundeprüfung in Österreich.

Wilson Hulley, President’s Committee On Employment Of People With Disabilities (Komitee des Präsidenten zur Beschäftigung Behinderter) und selbst Partnerhundeführer, gab einen Überblick über die Zutrittsrechte und die damit verbundenen Probleme. Die Zutrittsrechte sind an die Behinderung des Hundeführers gebunden, nicht aber an eine Zertifizierung, das heißt, Nachweis der Eignung und Ausbildung des Hundes einschließlich der Zusammenschulung mit dem Hundeführer. Seit Inkrafttreten des ADA (Americans with Disabilities Act) ist eine wirklich weitgehende Bewegungsfreiheit für Schwerstbehinderte gewährleistet: Stufenlose und barrierefreie Zugänge für Rollstuhlfahrer sowie Braillebeschriftungen bzw. erhabene tastbare Buchstaben für Sehbehinderte und Blinde sind in öffentlichen und privaten Gebäuden selbstverständlich. Wir wurden mit dem Blindenführhund überall freundlich und zuvorkommend behandelt, und das Zutrittsrecht für den Hund wurde als selbstverständlich betrachtet.

Trotz dieser erfreulichen Situation kam in den Diskussionen, die die Frage der nationsweiten Zertifizierung berührten, zum Ausdruck, daß in den USA noch immer angestrengt nach einer für alle Teile brauchbaren Lösung dieses Problems gesucht wird. Es gibt eine Vielzahl von einzelstaatlichen Regelungen, die Kennzeichnung der Hunde oder Vergabe von Ausweisen betreffend, die häufig auch zu Gerichtsverfahren führen, insbesondere bei Personen mit einer nicht auf den ersten Blick sichtbaren Behinderung. In solchen Verfahren wird häufig die Frage releviert, ob dieser betreffende Hund wirklich ordnungsgemäß ausgebildet und als Rehabilitationshund zu behandeln ist. Die Hundeführer haben, sofern sie Hunde aus kleineren Schulen oder von privaten Trainern beziehen, oft große Schwierigkeiten, ihre Hunde zertifizieren zu lassen, da die Überprüfung in vielen Bundesstaaten nicht von unabhängigen Stellen, sondern von großen ,anerkannten‘ Schulen durchgeführt werden muß, die aber oft kein Interesse daran haben, nicht von ihnen ausgebildete Hunde anzuerkennen.

Die Schulen äußerten große Besorgnis darüber, daß die sogenannte Delta-Society, eine Organisation, die sich mit Tierschutz, der Verwendung von Tieren und der Mensch-Tier-Beziehung beschäftigt, dabei ist, in Schnellsiederkursen Trainer auszubilden (Einnahmequelle für umstrittene Ausbildner, die für einen Sechswochenkurs 6 000 $ verlangen), Hunde massenhaft auf den Markt zu werfen und überdies noch die Zertifizierung sämtlicher Hunde nationsweit übertragen bekommen möchte. Eine der wesentlichen Triebfedern ist dabei Dr. Bonita Bergin, die auch Europa (Holland, Schweiz, Italien, Österreich) mit den von ihr im Kurzverfahren ausgebildeten Trainern beglückt. Ob man in sechs Wochen lernen kann, Hunde ordentlich auszubilden, sei dahingestellt, die pädagogische Qualifikation für eine gründliche Zusammen­schulung der Teams und die medizinischen Kenntnisse über verschiedenste Krankheiten und Behinde­rungen der zu schulenden Klienten wird man in der kurzen Zeit sicher nicht erreichen können.

Eine interessante Umfrage, die während der Tagung der Schulen durchgeführt wurde, ergab, daß mit überwältigender Mehrheit festgestellt wurde, daß die Ausbildung des Hundes 30% Anteil am Erfolg des Teams hat, die Zusammenschulung jedoch 70%. Dies war eine Bestätigung für unsere Erfahrungen im Laufe der seit sieben Jahren bestehenden österreichischen Führhundprüfung und unterstreicht auch die Notwendigkeit einer individuellen Schulung sowohl am Ort der Hundeschule als auch unbedingt am Wohnort. Betont wurde auch die Wichtigkeit einer qualifizierten Nachbetreuung durch erfahrene Gebietstrainer.

Äußerst positiv ist zu bemerken, daß beide Konferenzen für die jeweils andere Gruppe offen waren und die Meinung der Betroffenen von den seriösen Schulen äußerst ernstgenommen wurde. Die fachlichen Ausführungen über ein tiergerechtes Taining mit der ,Click and Treat-Methode‘ und eine Methode zum Beruhigen und Konzentrieren der Hunde, beispielsweise beim Tierarzt oder nach einem beunruhigenden Erlebnis, brachten viele Gedankenanstöße.

Die ausführlichen Darstellungen, daß man sich schon bei der Übernahme eines Tieres, sei es als Paten­familie für Junghunde, als Hundehalter für pensionierte Hunde oder als Rehabilitationshundeführer selbst, über den Verlust und das Ende der Beziehung Gedanken machen sollte, war für alle Anwesenden von großem Interesse und machten Aspekte bewußt, die man eigentlich lieber verdrängt.

Wir haben den Kongreß auch zum Anlaß genommen, die aus ganz Amerika zusammengekommenen Hundeführer mit den verschiedensten Behinderungen zu befragen, wo sie ohne ihren Hund Probleme hätten. Aus der Vielzahl der Antworten möchten wir einige markante Beispiele vorstellen:

Mrs. Joan Froling, die Obfrau des IAADP, leidet an multipler Sklerose, wäre ohne ihren Partnerhund nicht in der Lage, einen Handrollstuhl zu benützen, könnte daher kein Taxi nehmen, wenn sie ihren PKW nicht zur Verfügung hat, auch ist mit dem Elektrorollstuhl die Benützung eines Flugzeuges äußerst erschwert bis unmöglich. Der Arztbesuch ohne menschliche Begleitung ist auch nur möglich, weil der Partnerhund die schwere Eingangstüre zum Haus des Arztes öffnet und ihr die Lifttüre aufhält. Bei größeren Einkäufen ist sie anschließend so erschöpft, daß sie nicht in der Lage wäre, ihre Waren selbst vom Wagen ins Haus zu befördern, wobei zB die Kühlkette unterbrochen wird. Daher hat sie spezielle Tragtaschen anfertigen lassen, die ihr der Hund der Reihe nach bringt.

Mrs. Jean Levitt, die Pressereferentin des IAADP, hatte vor einigen Jahren einen schweren Autounfall. Ihr linker Arm ist gebrauchsunfähig, auf Grund einer Wirbelsäulenverletzung versagen ihr ganz plötzlich und unerwartet alle Muskeln, und sie fällt zusammen. Ihr Collie ist in der Situation darauf trainiert, sich parallel so hinzustellen, daß sie sich auf ihn stützen und dadurch wieder hochrappeln kann. Da sie nicht in der Lage ist, Gegenstände über weitere Entfernung zu tragen, hat der Hund Packtaschen bzw. zieht mit einem Wägelchen größere Einkäufe vom Auto ins Haus.

Mrs. Kris Baker ist nach einer Verschlechterung ihrer Kinderlähmung, die erst Jahre nach der Ersterkrankung auftrat, auf den Rollstuhl angewiesen und fand sich eines Tages ohne Treibstoffe zirka drei Kilometer von der nächsten Tankstelle entfernt auf einer ziemlich schwach befahrenen Straße wieder. Ohne ihren Golden Retriever wäre es ihr unmöglich gewesen, eine Tankstelle zu erreichen. Der gut trainierte Partnerhund zog sie mit dem Rollstuhl über die ganze Entfernung zur Tankstelle, wo sie Treibstoff bekam und zu ihrem Auto zurückgebracht wurde.

Dr. Miriam Clifford ist schwer hörbehindert und hat eine kleine Signalhündin, die ihr verschiedene Geräusche anzeigt. Als ihr Mann im Nebenzimmer einen Herzanfall erlitt, konnte sie seine schwachen Rufe natürlich nicht hören, die Hündin alarmierte sie jedoch sofort, und die Rettung konnte rechtzeitig verständigt werden.

Die ganze Problematik einer fehlenden Zertifizierung zeigte sich im übrigen auch im Zusammenhang mit der Partnerhundeschule ,New Horizons Service Dogs‘ aus Orlando, von welcher wir einige Trainer mit ihren Hunden auf dem Kongreß trafen. Sie hat sich von der großen und USA-weit bekannten Schule ,Canine Companions for Independence (CCI)‘ abgespalten und bildet Hunde aus, die von CCI wegen ihres problematischen Wesens ausgeschieden wurden. Der gut ausgebildete und vollkommen friedfertige Partnerhund Austin von Mrs. Levitt wurde von einem dieser Hunde während des Kongresses angefallen, ein weiterer Hund zeigt sich sehr ängstlich. Wenn diese Tiere bereits bei ihren Trainern ein derartiges Verhalten zeigten, bedarf es keiner ausgeprägten Phantasie, sich vorzustellen, wie sie sich bei behinderten Hundeführern verhalten werden.

Anschließend an den Kongreß besuchten wir Ausbildungsstätten für Rehabilitationshunde, und zwar:

die Blindenführhundschule ,Southeastern Guide Dogs‘ in Palmetto, Florida,

die Partner- und Signalhundeschule ,Paws with a Cause‘ in Michigan und

die Blindenführhundschule ,Leader Dogs‘ in Rochester, Michigan.

Der geplante Besuch bei der Signalhundeschule ,Florida Dog Guides for the Deaf‘ konnte nicht stattfinden. Wir hatten uns telefonisch und per Fax angemeldet. Zwei Absolventen der Schule waren auch bei der Konferenz, ein Gespräch mit Verantwortlichen der Schule, die an sich anwesend sein sollten, kam jedoch nicht zustande. Eine weitere telefonische Nachfrage ergab, daß die Schule selbst keine Hunde hat, sondern die Trainer nur den Hörbehinderten behilflich sind, selbst einen Hund aus einem Tierheim auszuwählen. Der neue Besitzer muß den Hund allein auf sich gestellt zunächst 30 Tage bei sich sozialisieren und dann mit dem Tier in einem lokalen Hundeverein Unterordnung üben. Dann zeigen die Trainer dem Hundeführer, wie man den Hund zur Geräuscharbeit ausbildet. Das bedeutet, daß das volle Risiko beim Behinderten liegt. Der Hund kann trotz Beratung durch den Trainer ungeeignet sein, wenn man jedoch bedenkt, daß die Hunde in den Tierheimen in den USA meist getötet werden, so wird ein tierliebender Mensch ein solches Tier dann doch nicht zurückgeben.

Dieses Beispiel zeigt, welche Auswüchse auf dem Rehabilitationshundegebiet möglich sind. Auch in Österreich gab es bereits mehrere ähnliche Fälle bei Blindenführhunden. Nachdem die Führhundeprüfung noch immer nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, gaukeln gewissenlose Trainer ahnungslosen Behinderten vor, ihnen einen Hund ,herzurichten‘ – ohne Rechnung und Garantie, daß eine Ausbildung auch abgeschlossen wird, und natürlich auch ohne Prüfung. Einer dieser ,hergerichteten‘ Hunde ließ seine Besitzerin in den Presseggersee stürzen, sodaß sie sich den Arm brach.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 9. Juli 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für Arbeit und Soziales.

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Bürgerinitiative Nr. 8 am 10. Juni 1998 in Verhandlung genommen und nach der Kenntnisnahme seines Berichtes (1264 der Beilagen) auch die Zustimmung zu einer Entschließung beantragt. Diese Anträge hat der Nationalrat in seiner Sitzung am 16. Juni 1998 mit Stimmenmehrheit angenommen.

Gesundheitsausschuß

Bürgerinitiative Nr. 6

eingebracht von Dr. med. Lothar Krenner betreffend “Gentechnologie – nein danke!”

Die Bürgerinitiative “Gentechnologie – nein danke!” fordert:

1. Eine klare, eindeutige und umfassende Kennzeichnungspflicht für alle genmanipulierten Lebensmittel und Zusatzstoffe.

2. Einen Gesetzesbeschluß, der für die Dauer von zehn Jahren jede gentechnologische Anwendung – mit Ausnahme spezieller medizinischer Forschungsprojekte – untersagt (10-Jahres-Moratorium).”

In der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996 wurde der Beschluß gefaßt, eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz einzuholen.

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz teilte zur Bürgerinitiative Nr. 6 betreffend “Gentechnologie – nein danke!” folgendes mit:

“Zu Punkt 1 (Eine klare, eindeutige und umfassende Kennzeichnungspflicht für alle genmanipu­lierten Lebensmittel und Zusatzstoffe):

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz hat sich von Anfang an für eine umfassende Kennzeichnung von Lebensmitteln oder Lebensmittelzutaten, die aus gentechnisch veränderten Organismen bestehen oder aus solchen hergestellt werden, ausgesprochen, um dem mündigen Konsumenten die Wahlmöglichkeit für eine bewußte Kaufentscheidung zu geben.

Auch bei den Vermittlungsverhandlungen zur Schaffung einer Europäischen Verordnung über neuartige Lebensmittel und Lebensmittelzusatzstoffe, der sogenannten ,Novel-Food-Verordnung‘, vertrat Österreich gemeinsam mit Deutschland, Dänemark und Schweden diesen Standpunkt.

Frau Bundesministerin Dr. Christa Krammer hat mehrmals bei EU-Abgeordneten interveniert, um eine weitestgehende Kennzeichnungsregelung auf EU-Ebene zu erreichen. Da aber noch nicht abzusehen war, ob und wann eine EU-Kennzeichnungsregelung kommen wird, hat sie zwei Verordnungen unterschrieben, die auf Grund des Lebensmittelgesetzes bzw. des Gentechnikgesetzes eine eindeutige Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und anderen Produkten anordnen. Diese beiden Verordnungen setzen allerdings das Einvernehmen des Wirtschaftsministers bzw. des Umweltministers voraus. Im Vermittlungsausschuß in Brüssel wurde am 28. November 1996 ein Einvernehmen über eine weitgehende Kennzeichnung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die aus gentechnisch veränderten Organis­men hergestellt sind, erzielt. Damit ist – die formelle Zustimmung des EU-Ministerrates und des EU-Parlaments vorausgesetzt – die Frage der Kennzeichnungspflicht positiv gelöst.

Zu Punkt 2 (Forderung nach einem Gesetzesbeschluß, der für die Dauer von zehn Jahren jede gentechnologische Anwendung – mit Ausnahme spezieller medizinischer Forschungsprojekte – untersagt ,10-Jahres-Moratorium‘):

Ein solcher Schritt wäre weder rechtlich möglich noch faktisch sinnvoll. Zum einen verpflichtet uns das Gemeinschaftsrecht der EU (im konkreten die Richtlinien 90/219/EWG und 90/220/EWG), Arbeiten mit GVO im geschlossenen System, deren Freisetzung in die Umwelt und das Inverkehrbringen von Pro­dukten, die aus GVO bestehen oder solche enthalten, nach eigens dafür vorgesehenen Zulassungs­verfahren unter Beachtung der in den Richtlinien festgelegten Sicherheitsmaßstäbe zu genehmigen.

Diese Richtlinien fanden ihre innerstaatliche Umsetzung im Gentechnikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994, welches mit 1. Jänner 1995 in Kraft getreten ist und das Verfahren für die obengenannten Bereiche der Gentechnik sowie auch den Bereich der Gentherapie und Genanalyse regelt.

Ein zehnjähriges Moratorium, das heißt, die Aussetzung aller gentechnologischen Anwendungen mit Ausnahme medizinischer Forschungsprojekte, würde dem Gesetz als solchem sowie vor allem dem darin normierten ,Zukunftsprinzip‘, das heißt, der Förderung der Forschung auf diesem Gebiet, zuwiderlaufen und eine Nutzung der positiven Aspekte der Gentechnik, die nicht nur im Bereich der Medizin zu finden sind, unmöglich machen.

Zum anderen würden wir uns dadurch auch die Chance nehmen, durch Forschung und wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich der Gentechnik am internationalen Entwicklungsprozeß beteiligt zu sein und dadurch jene immer wieder diskutierten Risken der Gentechnik genauer einschätzen und durch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen vermeiden zu können.”

Am 7. Mai 1997 wurde vom Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen der einstimmige Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Gesundheitsauschuß.

Der Gesundheitsausschuß hat die gegenständliche Bürgerinitiative in seiner Sitzung vom 25. Juni 1997 in Verhandlung gezogen und sodann einen Unterausschuß mit der Vorbehandlung dieser Bürgerinitiative betraut.

Gesundheitsausschuß

Bürgerinitiative Nr. 13

eingebracht von Frau Monika Zöhrer betreffend “Klonierungsverbot von Tieren”

Das Tierhilfswerk Austria hat die Bürgerinitiative zum Thema Klonierungsverbot von Tieren initiiert und bringt folgende Punkte vor:

“– Das Klonen von Tieren ist bis zum heutigen Tag nicht gesetzlich geregelt.

  – Das Klonen von Tieren erfordert eine einheitliche Regelung, gleichermaßen gültig für alle Bundes­länder, wie dies bereits beim Klonierungsverbot von Menschen (geregelt im Fortpflanzungsgesetz) der Fall ist.

  – Ein Klonierungsverbot von Tieren kann nur ein endgültiges Verbot sein, welches keine Abstufungen bezüglich seiner Explizität haben darf und deshalb durch ein für alle Bundesländer einheitliches Gesetz geregelt werden muß, wie dies beim Tierversuchsgesetz bereits der Fall ist.

  – Eine unterschiedliche Regelung von den Ländern hätte zur Folge, daß Forschungsinstitute und Konzerne, die an der Anwendung dieser Technologie Interesse haben, sich in den Bundesländern mit der offensten Regelung, ansiedeln werden.

  – Aus den gleichen Gründen ist es wünschenswert, wenn sich die Bundesregierung auch auf EU-Ebene für ein Klonierungsverbot von Tieren einsetzt.

ARGUMENTE GEGEN DIE ANWENDUNG DES KLONENS VON TIEREN

1. Klonen in der Viehwirtschaft

–   Die herrschende Überproduktion von Fleisch und Milch im EU-Raum steht im Widerspruch zu den Ambitionen der Wissenschaft, gentechnische Manipulation und Klonierung im Sinne einer Leistungs­steigerung bei Tieren in der Viehwirtschaft einzusetzen.

–   Klonierung von Tieren in diesem Bereich ist ein Schritt hin zur Massentierhaltung, da durch vorher­gehende genetische Manipulation die Tiere an Haltungsbedingungen und Krankheiten (hervorgerufen durch die in der Massentierhaltung herrschenden schlechten Lebensbedingungen) angepaßt und ihre Produktivität gesteigert werden sollen.

–   Die Patentierung von Tieren – hergestellt durch Klonierungsverfahren – führt zur Abhängigkeit der Bauern von einigen wenigen Großkonzernen.

–   Das Kreuzen von Arten und Rassen, die bis dato einer natürlichen Artenschranke unterlagen, und deren Vervielfältigung durch Klonierung, öffnet der Übertragung von Krankheiten Tür und Tor (eine Herde genetisch identer Tiere kann durch einen einzigen Virus getötet werden).

2. Medizin und Forschung

–   Bei der Klonierung von Tieren handelt es sich um eine Biotechnologie, deren Anwendung unabsehbare Folgewirkungen haben kann. Es gibt keine Kenntnisse über Auswirkungen vor allem in bezug auf die Übertragung von Krankheiten!

Bei der Klonierung handelt es sich um eine Biotechnologie, deren Auswirkungen auf die Evolution nicht absehbar und vor allem nicht umkehrbar sind, weshalb eine Nicht-Regelung nicht verantwortet werden kann!

Deshalb fordert das TIERHILFSWERK AUSTRIA eine umgehende Regelung dieser Problematik und fordert die Bundesregierung auf, ein Klonierungsverbot, verankert im Tierversuchsgesetz, zu erlassen.”

In der Ausschußsitzung am 26. November 1997 wurde betreffend diese Bürgerinitiative beschlossen, eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes (Konsumentenschutz), des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft und des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr einzuholen.

Das Bundeskanzleramt führte zur gegenständlichen Bürgerinitiative folgendes aus:

“Frau Bundesministerin Mag. Barbara Prammer unterstützt grundsätzlich die Forderung nach einem Klonierungsverbot, sei es in der Landwirtschaft oder in der Industrie. Die Zuständigkeit für diesen Bereich liegt jedoch nicht bei ho. Ressort. Wir übermitteln Ihnen zu dieser Fragestellung ein Gutachten des Verfassungsdienstes betreffend die kompetenzrechtliche Zuständigkeit einer allfälligen Regelung für das Klonieren von Tieren.”

Diesem Schreiben war folgende Stellungnahme des Bundeskanzleramtes beigefügt:

“Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr trat an das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst mit dem Ersuchen heran, die kompetenzrechtliche Zuständigkeit einer allfälligen Regelung für ,Klonieren‘ bzw. ,Klonen‘ von Tieren zu klären:

Bezugnehmend auf die gegenständliche Anfrage nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst zur Frage der Zuständigkeit einer allfälligen Regelung des Klonierens wie folgt Stellung:

1. Ausgangssituation:

Der Ausgangspunkt der kompetenzrechtlichen Einordnung ist der Begriff des Klonierens. Wie in der zitierten Note des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr dargelegt ist, wird unter Klonieren eine Methode verstanden, die auf eine ungeschlechtliche, identische Vermehrung genetischer Infor­mationen auf zellulärer, organischer und molekularer Ebene abzielt. Die Naturwissenschaften definieren einen Klon als eine ungeschlechtlich aus einem Organismus entstandene erbgleiche Nachkommenschaft. Man kann verschiedene Techniken des Klonierens unterscheiden, insbesondere die Monozygot-Klonierung, die Chimären-Klonierung, die Embryo-Klonierung, die Züchtungsklonierung und die Individualklonierung (Adulte-Klonierung).

Klonieren ist deutlich von der Gentechnik zu unterscheiden; es fällt nicht unter den Geltungsbereich des Gentechnikgesetzes (vgl. § 2 GentechnG).

Das Klonieren kann sich auf Pflanzen, Tiere und Menschen beziehen. Das menschliche Klonieren ist bereits im § 9 des Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992, mittelbar geregelt (verboten; vgl. RV 216 der Beilagen XVIII. GP, 20). Aus Art. 13 des Europäischen Übereinkommens über Menschen­rechte und Biomedizin (Verbot der Eingriffe in menschliches Erbgut) könnte ein Klonierungsverbot menschlicher Lebewesen erschlossen werden. Derzeit wird allerdings ein ausdrückliches Klonierungs­verbot menschlicher Lebewesen im Zuge eines Zusatzprotokolls zum Europäischen Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin beraten. Im gegenständlichen Fall wird ein mögliches Klonierungs­verbot für Tiere diskutiert. Es ist offensichtlich derzeit nicht daran gedacht, die Regelung auch auf das Klonieren von Pflanzen auszuweiten. Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion ist somit ausschließ­lich das Klonieren von Tieren.

Ein grundsätzliches Problem bei der gegenständlichen Kompetenzbeurteilung ist jedoch der Umstand, daß derzeit die Technik des Klonierens sich teilweise noch im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befindet, sodaß die möglichen Entwicklungslinien des Klonierens keineswegs absehbar sind. Einzelne Techniken des Klonierens werden zum Teil schon erfolgreich zu landwirtschaftlichen Zuchtzwecken verwendet. Insbesondere der Embryonaltransfer wird bereits im größeren Umfang im Rahmen der Tierzucht eingesetzt (vgl. dazu das Gutachten von Prof. Brem). Die nachstehenden Ausführungen sind daher auf den derzeitigen Stand der Entwicklung bezogen zu sehen.

2. Zur kompetenzrechtlichen Einordnung des Klonierens:

Bei neu auftretenden Sachmaterien, wie etwa dem Klonieren von Tieren, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob diese Angelegenheiten im Sinne des Enumerationsprinzipes den Bundeskompetenzen zugeordnet werden können, oder ob nicht vielmehr die Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG zugunsten der Länderkompetenzen in Betracht zu ziehen ist. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob die betreffende neue Sachmaterie nicht auf schon bestehende Bundes- und Länderkompetenzen verteilt ist [vgl. dazu insbesondere Funkt, das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980), 84 ff.]. Solche geteilten Materien sind entweder grundsätzlich allen Kompetenztatbeständen akzessorisch (echte Annexmaterie) oder nur im Anhang einiger Hauptmaterien anzutreffen (sogenannte Querschnittsmaterie). Dabei können folgende Kompetenztatbestände des Bundes in Betracht gezogen werden:

a) Kompetenztatbestand Veterinärwesen (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG):

Im Zusammenhang mit den Klonieren von Tieren wäre zunächst zu untersuchen, ob der Kompetenz­tatbestand ,Veterinärwesen‘ eine ausreichende Grundlage bietet. Zu diesem Zweck ist der Begriff des Veterinärwesens vermittels der juristischen Methodik, insbesondere der Versteinerungs­theorie, näher zu ermitteln.

Der Inhalt des Begriffes Veterinärwesen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG bestimmt sich nach dem Stand der Bundesgesetzgebung im Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginns des Kompetenztatbestandes (Versteinerungszeitpunkt), in diesem Fall am 1. Oktober 1925. Veterinärwesen umfaßte alle staatlichen Normen, die den Zweck verfolgten, die Heilung kranker Tiere zu fördern, sowie den Ausbruch ansteckender Tierkrankheiten zu verhüten und die ausgebrochenen möglichst rasch zu tilgen [vgl. Mayerhofer/Pace, Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst5 VI (1900), 534]. Eine deutliche Abgrenzung des Begriffes der Veterinärangelegenheiten wurde mit der Verordnung betreffend die Bestimmung des Wirkungskreises des Ministeriums des Inneren bzw. des Ackerbauministeriums in Veterinärangelegenheiten, RGBl. Nr. 174/1906, vorgenommen. Die dem Ackerbauministerium zuge­ordneten Agenden des Veterinärwesens umfaßten demnach insbesondere Bestimmungen über die Gefahrenabwehr und Tilgung verschiedener Tierkrankheiten, betreffend die Organisation des öffentlichen Sanitätsdienstes, sofern Fragen des Veterinärdienstes in Betracht kommen, sowie Regelungen der staatlichen Veterinärverwaltung. Der Wirkungsbereich dieses Ministeriums wurde mit Art. 9 Z 4 des Gesetzes über die Staatsregierung, StGBl. Nr. 180/1919, beim Staatsamt für Land- und Forstwirtschaft belassen und galt nach der auf Grund ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Ermächtigung erlassenen Verordnung der Bundesregierung über die Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung vom 9. April 1923, BGBl. Nr. 199, am 1. Oktober 1925 mittelbar weiter. Dieser Begriff lag somit auch noch zum Versteinerungszeitpunkt dem Begriff des Veterinärwesens zugrunde. Im Zentrum des Komplexes des Veterinärwesens standen somit Maßnahmen, welche die Verhütung und Tilgung der ansteckenden Tierkrankheiten zum Gegenstand hatten, dh. die Abwendung der aus der Nutztierhaltung resultierenden Gefahren, und nur mittelbar Regelungen bezüglich des Veterinärpersonals sowie einiger mit dem Veterinärwesen verbundener Gewebe (vgl. Mayrhofer/Pace, a.a.O., 535; Mischler/Ulbrich, Österrei­chisches Staatswörterbuch VI, 819). Wesentlich für den Begriff ,Veterinärwesen‘ ist somit jener der Gefahrenabwehr hinsichtlich der menschlichen Gesundheit.

Veterinärwesen umfaßt nach ständiger Rechtsprechung des VfGH die Maßnahmen, die zur Erhaltung des Gesundheitszustandes von Tieren und zur Bekämpfung der sie befallenden Seuchen sowie zur Abwendung der aus der Tierhaltung und der bei der Verwertung der tierischen Produkte mittelbar der Volksgesundheit drohenden Gefahren erforderlich sind (VfSlg. 2073/1950, 4817/1964, 8466/1978, 12 331/1990 ua.; Mayer, B-VG Kurzkommentar, 45).

Soweit durch das Klonieren von Tieren derartige oben beschriebene Gefahren ausgehen können, wäre die Technik des Klonierens als eine Angelegenheit der Veterinärpolizei zu betrachten und somit in dieser Hinsicht unter den Kompetenztatbestand Veterinärwesen einzuordnen. Der Eingriff der zum Klonieren notwendigen Entnahme des Zellmaterials wird offensichtlich von einem Veterinär durchgeführt. Es ist jedoch angesichts des Erkenntnisses VfSlg. 2073/1950 eher zweifelhaft, den Kompetenztatbestand des Veterinärwesens gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG als Kompetenzgrundlage für das Klonieren generell heranzuziehen, soweit es bloß um den Eingriff beim Spendertier geht. der VfGH hat nämlich anläßlich des genannten Erkenntnisses festgestellt, daß rein tierzüchterische Maßnahmen, wie etwa die künstliche Befruchtung von Rindern durch Tierärzte, nicht zum Veterinärwesen im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 12
B-VG zu rechnen sind. Derartige mit tierzüchterischen Maßnahmen in Verbindung stehende Eingriffe sind demnach nicht Angelegenheiten des Veterinärwesens, sondern Angelegenheiten der Tierzucht, welche in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache sind.

b) Kompetenztatbestand Gesundheitswesen (Art. 10 Abs. 1 B-VG):

Wegen der engen Verbindung des Klonierens mit Gesundheitsrisiken ist auch der Begriff ,Gesundheits­wesen‘ heranzuziehen. Der Inhalt des Begriffes ,Gesundheitswesen‘ im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 12
B-VG bestimmt sich nach dem Stand der Bundesgesetzgebung im Zeitpunkt des Wirksamkeitsbeginns des Kompetenztatbestandes (Versteinerungszeitpunkt), in diesem Fall am 1. Oktober 1925. Zu dieser Zeit galt noch das den medizinischen Bereich regelnde Generalsanitätsnormativum vom 2. Jänner 1770. Es enthielt einerseits sanitätspolizeiliche Vorschriften zur Seuchenbekämpfung, welche durch das Reichssanitäts­gesetz, RGBl. NR. 68/1870, materiell derogiert wurden, andererseits Regelungen der Pflichten der Wund­ärzte und Bader, der Medici, der Apotheker und der Hebammen, die erst mit der Ärzteordnung, BGBl. Nr. 430/1937, aufgehoben wurden. Weitere Anhaltspunkte für die Auslegung des Begriffes ,Gesundheits­wesen‘ lassen sich aus der Anlage zur Kundmachung des Ministeriums für Volksgesundheit vom 8. August 1918, RGBl. NR. 297, entnehmen. Der darin umschriebene Wirkungsbereich des Ministeriums umfaßte alle Maßnahmen der Volksgesundheit, insbesondere sanitätspolizeiliche Maßnahmen, aber auch die Vollziehung im Bereich des Ärztewesens, des ärztlichen Hilfspersonals, der Apotheker und der Hebammen. Der Wirkungsbereich dieses Ministeriums ging später auf das Staatsamt für soziale Verwaltung über (Art. 9 Z 6 des Gesetzes über die Staatsregierung, StGBl. Nr. 180/1919) und galt nach der auf Grund ausdrücklicher verfassungsrechtlicher Ermächtigung erlassenen Verordnung der Bundesregierung über die Besorgung der Geschäfte der Bundesverwaltung vom 9. April 1923, BGBl. Nr. 199, am 1. Oktober 1925 mittelbar weiter. Zum Begriff ,Gesundheitswesen‘ im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG zählen demnach Maßnahmen der Sanitätspolizei – also die Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung (Volksgesundheit) – es sei denn, daß eine für eine bestimmte Kompetenzmaterie allein typische Abart dieser Gefahr bekämpft wird (vgl. VfSlg. 3650/1959, 7582, 8035 ua.).

Klonieren gehörte natürlich noch nicht zum ,Versteinerungszeitpunkt‘ nicht zum Gegenstand einschlägiger Regelungen. Hinsichtlich der von der Methode des Klonierens von Tieren ausgehenden Gefahren für die Volksgesundheit ist jedoch nicht daran zu zweifeln, daß unter diesem Aspekt Klonieren sich im ,institutionellen Rahmen‘ des Gesundheitswesens befindet. Ein derartiger Bezug genügt nach herrschender Lehre den Kriterien der intrasystematischen Fortentwicklung des Kompetenztatbestandes [vgl. Schäffer, Verfassungsinterpretation in Österreich (1971), 109 f.]. Somit kann die Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit, die durch das Klonieren von Tieren entstehen können, auf Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG gestützt werden, da derartige Gefahren für die Volksgesundheit sachlich mit dem Regelungsinhalt der ,Angelegenheiten des Gesundheitswesens‘ zusammengehören.

c) Kompetenztatbestand Hochschulwesen (Art. 14 Abs. 1 B-VG):

Hinsichtlich der wissenschaftlichen Erforschung der Technik des Klonierens kommt auch der Kompetenztatbestand des Hochschulwesens in Betracht. Grundlage hiefür bildet in erster Linie Art. 14 Abs. 1 B-VG (Schulwesen, Teil des Erziehungswesens). Nach ständiger Lehre und Rechtsprechung [vgl. Walter/Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2 (1987) 178; Klecatsky/Morscher, Bundes­verfassungsrecht3 (1982), 202 f.; VfSlg 2604/1953; 4020/1961; 8136/1977] sind Angelegenheiten der Universitäten auch von diesem Kompetenztatbestand erfaßt, obwohl der Begriff ,Hochschulwesen‘ nicht ausdrücklich in Art. 14 Abs. 1 B-VG erwähnt ist. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch auf Art. 17 StGG für die kompetenzrechtliche Beurteilung zu achten, da die Garantie der Freiheit von Wissen­schaft und Lehre eine materielle Schranke für die Regelung der Forschung Lehre durch die Gesetzgebung bildet, die es Bund und Ländern verbietet, in diesen geschützten Bereich vorzudringen [vgl. dazu insbesondere auch Koja, Wissenschaftsfreiheit und Universität (1976); Schäffer, a.a.O., 113]. In Fragen der Forschungs- und Lehrfreiheit – und nur in diesem eng begrenzten Rahmen – besteht demnach gar keine einfachgesetzliche Regelungskompetenz. Zudem liefert Art. 17 StGG in seinen Abs. 2 bis 5 Einschränkungen hinsichtlich des Unterrichts- und Erziehungswesens, die für die Interpretation des Art. 14 Abs. 1 B-VG von Bedeutung sind. Art. 17 Abs. 5 StGG normiert die Aufsicht und oberste Leitung des Staates für das gesamte Unterrichts- und Erziehungswesen. Diese Einschränkung bezieht sich nur auf die Lehre, nicht aber auf die Forschungstätigkeit, was auch in der einfachgesetzlichen Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kompetenztatbestandes des Art. 14 Abs. 1 B-VG am 18. Juli 1962 zum Ausdruck kommt. Geregelt werden die Errichtung von Universitäten, Hochschulen, Fakultäten, Instituten usw., die Voraussetzungen für die Verleihung akademischer Grade sowie Organisationsvorschriften usw. Auch wenn organisatorische Regelungen der Lehre zum Teil in auch Einfluß auf die Forschung haben, fehlt dennoch jeder Anhaltspunkt für die kompetenzrechtliche Möglichkeit, inhaltliche Regelung für die Forschungstätigkeit zu treffen, also etwa Regelungen über anzuwendende Methoden zu treffen.

Art. 14 Abs. 1 B-VG betrifft somit nicht Zulässigkeit der Forschung des Klonierens, sondern vielmehr die organisatorische Seite, zB die Einrichtung von Instituten, welche sich mit dem Klonieren beschäftigen sollen oder entsprechende Ausbildungvorschriften. Nur die organisatorischen Einrichtungen zur Erforschung des Klonierens von Tieren, nicht aber die materielle Regelung, können daher – innerhalb des Hochschulwesens – auf Art. 14 Abs. 1 B-VG gestützt werden.

d) Kompetenztatbestand der wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes (Art. 10 Abs. 1 Z 13
B-VG):

Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG schafft die Kompetenz des Bundes, wissenschaftliche Einrichtungen hoheitlich zu bilden, zu fördern usw. Die einschlägigen Normen, die zum Versteinerungszeitpunkt (1. Oktober 1925) dem Kompetenztatbestand ,wissenschaftliche Einrichtungen des Bundes‘ zuzuordnen sind, betrafen Organisationsrechtliches [Schlag, Verfassungsrechtliche Aspekte der künstlichen Fortpflanzung (1990), 76; vgl. auch VfSlg. 2670/1954]. Zum ,Versteinerungszeitpunkt‘ bestanden zB folgende wissenschaft­liche Einrichtungen des Bundes: die Akademie der Wissenschaften (kaiserliches Patent vom 14. Mai 1847); veterinärmedizinische Forschungsanstalten (§ 3a des Gesetzes betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen, RGBl. Nr. 177/1909); das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BGBl. Nr. 550/1923, BGBl. Nr. 613/1923) ua.

Die Vorschriften, welche derartige wissenschaftliche Einrichtungen regeln, enthalten nur Bestimmungen über die Errichtung, den Aufbau, das Personal und deren Dienstpflichten sowie deren Besoldung und Dotation. Die Forschungstätigkeit derartiger wissenschaftlicher Einrichtungen wird dagegen nicht geregelt.

Der Bund könnte somit – gestützt auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG – etwa eine ,Versuchsanstalt für die Klonierung von Tieren‘ einrichten, deren Aufgaben festlegen und sie organisieren. Die wissenschaftliche Tätigkeit der dort Beschäftigten kann aber nicht auf diesen Kompetenztatbestand gestützt werden.

e) Länderkompetenzen:

Was die Länderkompetenzen betrifft, so ist in diesem Zusammenhang auf mehrere Regelungsbereiche hinzuweisen:

aa) Tierzucht:

In erster Linie ist auf die Angelegenheiten der Tierzucht aufmerksam zu machen, welche grundsätzlich dem Kompetenzbereich der Länder zugeordnet werden (vgl. zB VfSlg. 2073/1950; vgl. Mayer, a.a.O., 85). Das Klonieren könnte unter gewissen Gesichtspunkten sehr wohl der Züchtung und der Reproduktions­genetik der Tiere zugeordnet werden. So kann insbesondere der Zuchtfortschritt durch die Verviel­fältigung gentechnisch besonders profilierter Tiere, die anschließend in der konventionellen Zucht eingesetzt werden, beschleunigt werden, um eine in Neukombination der Erbanlagen optimierten Genotypen zu erhalten (vgl. dazu das Gutachten von Prof. Brem, Klonieren und Klone 2). Bestimmte Arten des Klonierens, zB der Embryonaltransfer, werden schon derzeit zuchtmäßig im größeren Stil angewendet (geschätzte Anzahl EU-weit bei zirka 112 000 durchgeführten Embryonaltransfers). Eine derartige Vorgangsweise, die gewisse Ähnlichkeiten mit der künstlichen Besamung aufweist, würde dementsprechend unter den Überbegriff der Tierzucht fallen und daher – was den Aspekt der Tierzucht anbelangt – vom jeweiligen Landesgesetzgeber zu regeln sein.

bb) Tierschutz:

Der Tierschutz fällt nach der derzeitigen Kompetenzlage in den Bereich der Länder. Die Entnahme einer Zelle ist dann kein Tierschutzproblem, sofern dies schmerzfrei durchgeführt wird. Beim Klonieren kommen zwei verschiedene Tiere in Betracht: einerseits das Spendertier, dem die Zelle entnommen wird, und andererseits das Leihmuttertier, welches das geklonte Tier austrägt. Wenngleich auch die Entnahme einer Zelle beim Spendertier möglicherweise nicht mit Schmerzen verbunden ist, kann eine weiter Tierschutzproblematik möglicherweise bei dem Leihmuttertier gegeben, zumal die Geburt des geklonten Tieres für das Leihmuttertier mit Problemen verbunden sein kann. Insbesondere könnte sich die artgerechte Haltung der Tiere als Problem herausstellen, wenn durch den Eingriff beim Spendertier bzw. Leihmuttertier unnötige Qualen zugeführt werden.

3. Résumé: Fehlen bzw. Schaffen eines ausdrücklichen Kompetenztatbestandes:

Ein ausdrücklicher Kompetenztatbestand ,Klonieren‘ findet sich nicht in der geltenden Bundesverfassung.

Es wäre jedoch theoretisch denkbar, einen solche ausdrücklichen Kompetenztatbestand im B-VG zu schaffen, wie dies etwa hinsichtlich der Angelegenheiten des ,geschäftlichen Verkehrs mit Saat- und Pflanzgut‘ geschehen ist (vgl. Art. 10 Abs. 1 Z 12 in der Fassung der B-VG-Novelle BGBl. Nr. 445/1990) oder als Verfassungsbestimmung. Doch ist in einem solchen Falle zu beachten, daß diese Verfassungsänderung nicht isoliert zu sehen ist, sondern im Kontext der Bundesstaatsreform. So etwa wurde im Zusammenhang mit dem diskutierten Kompetenztatbestand ,Tierschutz‘ von den Ländern (zB vom Verfassungsdienst des Landes Steiermark) sehr deutlich auf diese verfassungspolitische Situation hingewiesen.

Im Zusammenhang mit dem Klonieren ist offensichtlich jedoch nicht daran gedacht, die Verfassung, also das B-VG, direkt zu novellieren oder eine eigene Verfassungsbestimmung zu schaffen.

4. Vergleichbare Technologiegesetze:

In den letzten Jahren sind wiederholt neue Regelungsbereiche auf medizinisch-naturwissenschaftlichem Gebiet aufgetreten, die kompetenzrechtlich als Querschnittsmaterien qualifiziert wurden. Die dies­bezüglichen Bundesgesetze stützen sich auf eine Reihe unterschiedlicher Kompetenztatbestände. Im einzelnen ergibt sich diesbezüglich folgende Übersicht:

Fortpflanzungsmedizingesetz, BGBl. Nr. 275/1992 (RV 216 der Beilagen XVIII GP, AB 4255 Seite 553):

–   Angelegenheiten des Zivilrechtswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG)

–   Angelegenheiten des Gesundheitswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG).

Tierversuchsgesetz, BGBl. Nr. 501/1989 (gemäß § 1 TVG, RV 707 der Beilagen XVII GP, AB 1019 Seite 111):

–   Angelegenheiten des Hochschulwesens (Art. 14 Abs. 1 B-VG)

–   Angelegenheiten der wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes (Art. 10 Abs. 1 Z 13 B-VG)

–   Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG)

–   Angelegenheiten des Gesundheitswesens, des Veterinärwesens und des Ernährungswesens einschließ­lich der Nahrungsmittelkontrolle (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG)

–   Angelegenheiten betreffend Maßnahmen des Umweltschutzes, soweit der Bund gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG zuständig ist (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG).

Soweit das Klonieren rechtlich als Tierversuch qualifiziert werden kann, gelten hinsichtlich der Zuständigkeitsregelungen die gleichen Bestimmungen wie für den Tierversuch. Die rechtliche Qualifizierung des Klonierens als Tierversuch gemäß dem Tierversuchsgesetz kommt wohl nur insofern in Betracht, als dies für die wissenschaftliche Forschung unerläßlich ist und dem Tier Belastungen im Sinne des § 2 TVG mit sich bringt. Möglicherweise jedoch kommt dem Klonieren von Tieren eine andere Finalität zu, als dies bei den Tierversuchen der Fall ist. Das legistische Problem, ob eine solche Regelung in das Tierversuchsgesetz selbst aufgenommen werden sollte oder ob es legistisch zweckmäßiger wäre, dieses Problem gesondert zu regeln, ist demgegenüber sekundär.

Gentechnikgesetz, BGBl. Nr. 510/1994 (RV 1465 der Beilagen XVIII GP, AB 1730):

–   Angelegenheiten des Gesundheitswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG)

–   Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG)

–   Angelegenheiten des Wasserrechtes (Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG)

–   Angelegenheiten des Hochschulwesens (Art. 14 Abs. 1 B-VG)

–   Angelegenheiten der Luftreinhaltung und der Abfallwirtschaft, soweit der Bund gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG zuständig ist (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG).

5. Grundrechtsproblematik:

Unabhängig von der Kompetenzzuordnung eröffnet sich die Frage, inwieweit Grundrechtsprobleme auftreten können. Insbesondere geht es uns um die Freiheit der Wissenschaft. Maßgebliche Ausführungen finden sich diesbezüglich bereits in den Materialien zur Erlassung des Tierversuchsgesetzes.

6. Ressortzuständigkeit:

Von der Kompetenzfrage der Verteilung der Angelegenheiten zwischen Bund und Ländern ist die Frage nach der Ressortzuständigkeit zu trennen. Hier geht es weniger um vorgefundene verfassungsrechtliche Strukturen als vielmehr um das rechtspolitische Problem, welches Bundesministerium in dem allenfalls zu schaffenden Bundesgesetz mit der Vollziehung betraut werden soll bzw. welche Einvernehmens­regelungen zu schaffen sein werden.

7. Zusammenfassung:

Abschließend kann gesagt werden, daß – neben der theoretisch bestehenden Möglichkeit einer Verfassungsbestimmung – vor allem ein Bundesgesetz in Betracht kommt, welches sich auf die (im Sinne einer Querschnittsmaterie) bestehenden, obengenannten Bundeskompetenzen stützt und demnach nur Teilsaspekte des Klonierens zu regeln vermag. Dieser zweite Weg scheint insbesondere deshalb gangbar zu sein, weil es bereits eine Reihe moderner Technologiegesetze gibt, welche sich kompetenzrechtlich auf die Bundesaspekte der jeweiligen Querschnittsmaterie stützen.”

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft nahm zur Bürgerinitiative betreffend “Klonierungs­verbot von Tieren” wie folgt Stellung:

“1. Unter einem Klon ist die ungeschlechtlich (= asexuell) entstandene, erbgleiche Nachkommen­schaft aus einem Mutterorganismus zu verstehen. Als Beispiel wäre etwa die Vermehrung der Erdäpfel mittels Anbau der Knollen zu nennen. Diese Form der Fortpflanzung wird darüber hinaus von vielen Mikroorganismen und Einzellern praktiziert. Bei niederen Tieren ist die Regeneration sogar aus Teilstücken möglich. ,Natürliche Klone‘ bei den Säugern – und somit auch beim Menschen – sind die eineiigen Zwillinge bzw. Mehrlinge.

  2. In der Humanmedizin liegen die Erwartungen für das Klonen in der Nutzung transgener Tiere zur Erzeugung von Hormonen, Impfstoffen usw. sowie in der Xenotransplantation.

      In der Tierzucht kann durch den Einsatz dieser Technologie kaum Fortschritt erzielt werden, da durch das Klonen nur der momentane Zustand eingefroren und somit keine züchterische Weiterentwicklung möglich ist. Es ist daher auch nicht zu erwarten, daß die Klonierung in die Züchtung Eingang finden wird.

  3. Für ein einheitliches Bundesgesetz besteht keine Kompetenzgrundlage; beim Klonieren handelt es sich vielmehr um eine Querschnittmaterie, die je nach der Zuständigkeit für die Hauptmaterie vom Bund oder von den Ländern geregelt werden kann.

  4. Abschließend wird bemerkt, daß nach wie vor Zweifel am Bericht des wissenschaftlichen Journals ,Nature‘ (Nature, Volume 385, 810–813, February 27, 1997 ,Viable offspring derived from fetal and adult mammalian cells‘), wonach es möglich sein soll, auch Kerne von Feten und adulten Zellen durch Kerntransfer zur Entwicklung von Embryonen und in weiterer Folge zu lebensfähigen Individuen anzuregen (,Schaf Dolly‘), bestehen, da Körperzellen bereits ,ausdifferenziert‘ sind und ihnen erst in einem speziellen Verfahren die Undifferenziertheit (Totipotenz) von Embryonalzellen zurückgegeben werden muß.

In ihrer Position vom 4. März 1997 bzw. 22. April 1997 hat die Bundesregierung festgehalten, daß in jedem Fall Österreich an der internationalen Diskussion zur Frage der Klonierung von Tieren aktiv mit dem Ziel teilnehmen wird, auf EU-Ebene einheitliche, ethisch begründete Richtlinien zu erarbeiten und umzusetzen. Weiters wird Österreich auf internationaler Ebene für ein mehrjähriges Moratorium bei der Anwendung der Klonierung im Nutztierbereich eintreten.”

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, Dr. Caspar Einem, richtete hinsichtlich Bürger­initiative Nr. 13 betreffend “Klonierungsverbot von Tieren” an den Präsidenten des Nationalrates eine Stellungnahme folgenden Inhalts:

“Es ist richtig, daß auf Grund der österreichischen Rechtsordnung kein generell abstraktes Klonierungs­verbot für Tiere besteht. Zu der von den Einbringern der Bürgerinitiative behaupteten Bundeskompetenz anläßlich einer materiellen Regelung des Klonierens von Tieren (einschließlich eines Verbotes hiefür) stellt sich die grundsätzliche Frage, ob diese Angelegenheit im Sinne des Enumerationsprinzipes den Bundeskompetenzen zugeordnet werden kann, oder ob nicht vielmehr die Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG zugunsten der Länderkompetenzen in Betracht zu ziehen ist. Dabei ist insbesondere zu untersuchen, ob die betreffende neue Sachmaterie nicht auf schon bestehende Bundes- und Länder­kompetenzen verteilt ist. Solche geteilten Materien sind entweder grundsätzlich allen Kompetenz­tatbeständen akzessorisch oder nur im Anhang einiger Hauptmaterien anzutreffen (,Querschnittsmaterie‘). Von der Kompetenzverteilung der Angelegenheiten zwischen Bund und Ländern ist die Ressort­zuständigkeit zu trennen. Sie stellt sich (nur) im Falle einer (eindeutigen) Bundeskompetenz, zB im Falle der Inanspruchnahme einer Bundeskompetenz auf Grund des Vorliegens einer ,Querschnittsmaterie‘. Im letzteren Fall würde allerdings auch die Federführung und das Zusammenwirken mehrerer Bundes­ministerien bei einer allfälligen Gesetzesvorbereitung noch zu klären sein.

Die Tierversuchskommission im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr (Kommission gemäß § 13 Tierversuchsgesetz) ist gegenwärtig damit befaßt, die erforderlichen Prüfungen vorzunehmen und Stellungnahmen der mitzubefassenden Stellen einzuholen. Die Tierversuchskommission hat ihre diesbezüglichen Tätigkeiten noch nicht abgeschlossen.

Es ist weiters auch festzuhalten, daß auch auf EU-Ebene bisher noch keine das Klonen von Tieren betreffenden gemeinschaftlichen Regelungen bestehen und kein Klonierungsverbot für Tiere erlassen wurde.

Auf Grund der unterschiedlichen Bewertung der neuen Technik wird die EK eine gründliche Analyse der möglichen Auswirkungen dieser Entwicklungen vornehmen, um die aufgeworfenen Fragen objektiv und zuverlässig zu struktruieren und zu bewerten. Die neuen Entwicklungen werden auch dahin gehend zu prüfen sein, welche grundlegenden neuen Erkenntnisse über die Vorgänge der Zeitdifferenzierung und Regenerationsfähigkeit von Geweben damit verbunden sind, ob und welche Beiträge zur Erhaltung der genetischen Vielfalt gefährderter Tierarten geleistet werden und Therapien für bisher nicht behandelbare Krankheiten oder Verletzungen entwickelt werden können. Dies wird ua. auch Aufgabe der von der EK Eingesetzten neuen ,Europäischen Gruppe‘ (Sachverständigengruppe) für Ethik der Naturwissenschaften und der Neuen Technologien sein, welche die Arbeiten der schon bisher befaßten Beratergruppe (Group of Advisers to the European Commission on the Ethical Implication of Biotechnology – GAEIB) fortsetzen wird.

1. Klonen in der Viehwirtschaft

Zur Beurteilung der Frage, ob und inwieweit ,Klonieren‘ als etablierte Methode der Fortpflanzungs­biologie im Rahmen der Züchtung von Tieren bereits zur Anwendung kommt, ist auf Bundesebene das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft zuständig. Da bei der Zuordnung des ,Klonierens‘ bzw. ,Klonens‘ von Tieren von der jeweiligen Finalität auszugehen sein wird, wäre in diesem Fall als Angelegenheiten der Tierzucht die Kompetenz der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung gegeben.

2. Medizin und Forschung

Auch mit den im Zusammenhang damit auftretenden Fragen setzt sich derzeit die Tierversuchs­kommission gemäß § 13 Tierversuchsgesetz im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr auseinander. Die Diskussion hierüber ist noch nicht abgeschlossen. Das Verhältnis der Klonierung zum Tierversuch einerseits und der Klonierung zur landwirtschaftlichen Nutzung, etwa zum Zwecke der Züchtung von Tieren andererseits, wird dabei zu untersuchen sein. Als erstes Ergebnis könnte davon ausgegangen werden, daß es sich dann um einen Tierversuch handeln dürfte, wenn unter der Voraus­setzung des § 2 Tierversuchsgesetz, BGBl. Nr. 501/1989, experimentelle Eingriffe an oder Behandlungen von lebenden Wirbeltieren vorgenommen werden, die für das Tier belastend, insbesondere mit Angst, Schmerzen, Leiden oder dauerhaften Schäden verbunden sind und das Ziel haben, eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen, Informationen zu erlangen, einen Stoff zu gewinnen oder zu prüfen oder die Wirkung einer bestimmten Maßnahme am Tier festzustellen.

Zusammenfassung:

Ein ausdrücklicher Kompetenztatbestand ,Klonieren‘ findet sich nicht in der geltenden Bundesverfassung. Bei einer Schaffung eines solchen Kompetenztatbestandes im B-VG (Verfassungsbestimmung) dürfte eine solche Maßnahme nicht isoliert gesehen werden, sondern wäre im Kontext der Bundesstaatsreform zu diskutieren. Im Zusammenhang mit dem diskutierten Kompetenztatbestand ,Tierschutz‘ wurde von den Ländern sehr deutlich auf diese verfassungspolitische Situation hingewiesen.

Sofern in der Bundeskompetenz eine spezielle (nicht als Tierversuch zu subsumierende) materielle Regelung des ,Klonierens‘ bzw. ,Klonens‘ erfolgen soll, so müßte dies einem Gutachten des Bundes­kanzleramtes-Verfassungsdienst zufolge durch eine bundesgesetzliche Regelung unter Inanspruchnahme der möglichen zur Regelung einer Querschnittsmaterie in Betracht kommenden Kompetenztatbestände vorgenommen werden, wobei für diesen Fall in formaler Hinsicht sich ein eigenes neues Bundesgesetz anböte. Das Fortpflanzungsmedizingesetz bezieht sich nur auf Human-Fortpflanzung, das Gentechnik­gesetz regelt Gentechnik, wobei Klonieren nicht der Gentechnik zuzuordnen ist, und das Tierversuchs­gesetz könnte entsprechend seinem Regelungsinhalt nur zur Regelung des ,Klonierens‘ im Zusammen­hang mit einem Tierversuch (nämlich in Vollziehung des Tierversuchsgesetzes) in Betracht kommen. Wie schon oben ausgeführt, kommt die rechtliche Qualifizierung des Klonierens als Tierversuch gemäß dem Tierversuchsgesetz wohl nur insofern in Betracht, als dies für die wissenschaftliche Forschung unerläßlich ist (§ 3 Tierversuchsgesetz, BGBl. Nr. 501/1989) und dem Tier Belastungen im Sinne des § 2 Tierversuchsgesetz. BGBl. Nr. 501/1989, mit sich bringt.

Sofern ,Klonieren‘ mit der Finalität des § 2 Tierversuchsgesetz Anwendung finden soll (siehe oben zu Z 2), würde schon jetzt ,Klonieren‘ unter das Tierversuchsgesetz mit seinen inhaltlichen und verfahrens­rechtlichen Bestimmungen fallen und ist die Zulässigkeit bis hin zum Verbot der Klonierung von Tieren ausschließlich unter den Kriterien des Tierversuchsgesetzes nach den Voraussetzungen für die Genehmigung eines Tierversuches von den zuständigen Behörden entsprechend den im Tierversuchs­gesetz festgelegten strengen ethischen Regeln zu beurteilen. Hiefür – und nur hiefür – ist die Zuständig­keit entsprechend dem Tierversuchsgesetz (§ 1 bzw. § 21 Tierversuchsgesetz) in dessen Vollziehung gegeben.”

Einstimmiger Beschluß des Ausschusses für Petition und Bürgerinitiativen am 1. Juli 1998:

Ersuchen um Zuweisung an den Gesundheitsausschuß.

8

Ausschuß für innere Angelegenheiten

Bürgerinitiative Nr. 2

eingebracht von Felix M. Bertram betreffend “ein Bundesgesetz über ein umfassendes Verbot von Antipersonenminen (Verbot von Erzeugung, Lagerung, Beschaffung, Einsatz, Handel, Aus-, Ein- und Durchfuhr)”

Zum Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative wurde folgendes ausgeführt:

“Mit der Beschlußfassung eines Bundesgesetzes über ein umfassendes Verbot von Antipersonenminen würde der Nationalrat einen wichtigen Beitrag zu den weltweiten humanitären Bemühungen für ein Verbot dieser grausamen und heimtückischen Waffen leisten, und Österreich würde damit zu den ersten Ländern gehören, die durch nationale Gesetzgebungen in diesem Sinn wirkungsvolle Maßnahmen ergreifen.

In den Schriften der ,Österreichischen Kampagne gegen Personenminen‘ und in vielen Artikeln und Fernsehberichten sind die entsetzlichen Auswirkungen von Antipersonenminen auf die Zivilbevölkerung in vielen Teilen der Welt beschrieben worden, und die Dringlichkeit von nationalen und internationalen Verboten ist begründet worden.

Auf dem beiliegenden Blatt wird durch Hinweis auf entsprechende österreichische Bundesgesetze der Nachweis erbracht, daß ein Verbot von Antipersonenminen in Gesetzgebung und Vollziehung eine Bundessache ist.

Die Initiatorinnen und Initiatoren der Bürgerinitiative haben einige Bemerkungen zur Ausarbeitung des beantragten Bundesgesetzes verfaßt. Dabei wurde auf den vor kurzem fertiggestellten Entwurf des Österreichischen Roten Kreuzes Bezug genommen. Diese Bemerkungen werden als Beilage übermittelt. Sie sind als Unterlage für die Behandlung der Bürgerinitiative im Ausschuß des Nationalrates für Petitionen und Bürgerinitiativen bzw. in einem Fachausschuß gedacht.”

Der Bürgerinitiative war folgender Text beigefügt:

“Bemerkungen zur Ausarbeitung eines Bundesgesetzes über ein umfassendes Verbot von Antipersonen­minen, vorgelegt von der Österreichischen Kampagne gegen Personenminen in Verbindung mit der Einbringung der Bürgerinitiative im Nationalrat am 29. März 1996.

1.  Die ,Österreichische Kampagne gegen Personenminen‘ (im folgenden kurz: ,Kampagne‘) erachtet den ,Entwurf des Österreichischen Roten Kreuzes für ein österreichisches Bundesgesetz über das Verbot von Antipersonenminen‘ (überarbeitete Fassung, März 1996) für eine sehr geeignete Grundlage, um in dem damit betrauten Parlamentsausschuß mit der Ausarbeitung des Gesetzes zu beginnen. Diese Einschätzung ergibt sich insbesondere auf Grund der in § 2 Abs. 1 des Entwurfes formulierten Verbotsbestimmung, die ,Beschaffung, Verkauf, Ein-, Aus- und Durchfuhr, Gebrauch und Besitz von Antipersonenminen und Antiortungsmechanismen sowie von Teilen derselben‘ betrifft.

2.  Die Kampagne macht auf die Notwendigkeit aufmerksam, bei der Ausarbeitung der Definition von ,Antipersonenminen‘ (§ 1 Abs. 1) die Frage der Richtsplitterladungen zu berücksichtigen. In Österreich wurden bzw. werden einige Arten von Richtsplitterladungen erzeugt. Hinsichtlich der im Bundesgesetz festzulegenden Definitionen sind die Unterschiede im Auslösungsmechanismus wesentlich. Folgende Arten von Auslösemechanismen sind zur Anwendung gekommen: Stolperdraht, Infrarotsensoren, Zündung durch Fernsteuerung, dh. bei Beobachtung der Annäherung einer Person (von Personen) an die aufgestellte Richtsplitterladung wird der Befehl zur Zündung ausgesendet.

     Nach den in internationalen Abkommen verwendeten Definitionen (siehe ,Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung bestimmter konventioneller Waffen, BGBl. Nr. 464/1983‘) gehören Vorrichtungen, die bei Berührung oder Annäherung einer Person detonieren, zu den ,Antipersonen­minen‘, hingegen gelten ähnliche Waffen, deren Detonation durch Fernsteuerung ausgelöst wird, als ,andere Vorrichtungen‘. Aus den international verbreiteten Handbüchern und Dokumentationen ist ersichtlich, daß in Österreich längere Zeit Richtsplitterladungen erzeugt wurden, bei denen Auslösung auf verschiedene Weise möglich war, zB sowohl durch Stolperdraht wie durch Fernbefehle. Derartige Waffen sind gewiß als Antipersonenminen zu klassifizieren.

     Von den Vertretern der Erzeugerfirmen wird nun in letzter Zeit behauptet, daß jetzt nur noch Richtsplitterladungen mit Detonation durch Fernbefehl erzeugt werden, daß es sich bei der österreichischen Erzeugung also nicht um Antipersonenminen handle. Hier ist aber darauf hinzuweisen, daß ein Umbau von Richtsplitterladungen mit einem Auslösemechanismus einer Art (zB durch Fernbedienung) in eine mit einem anderen Mechanismus (durch Stolperdraht oder Infrarotsensoren) in praktisch allen Fällen ohne großen Aufwand möglich wäre. Die in einem österreichischen Werk gefertigten Richtsplitterladungen könnten das Werk oder österreichisches Gebiet also in Form einer ,anderen Vorrichtung‘ verlassen, dann aber in Antipersonenminen umgebaut werden und in dieser Form zum Einsatz gelangen.

     Daraus folgt: Soll ein wirklich umfassendes Verbot von Antipersonenminen ausgearbeitet werden, das natürlich auch einen Export der betreffenden Militärtechnik zu verbieten hätte, so muß die Definition von Antipersonenminen im Gesetz so formuliert werden, daß alle Arten von Richtsplitterladungen unter das Verbot fallen. Es dürften keine Formulierungen verwendet werden, bei denen zwischen mehr oder weniger einfachen Formen der Anbringung eines Auslösemechanismus bzw. der Modifikation einer Richtsplitterladung unterschieden wird.

     Die entsprechende Stelle im Gesetzentwurf des Roten Kreuzes bedarf unter diesem Gesichtspunkt einer genauen Überprüfung bzw. Korrektur. Jedenfalls wäre die Streichung der Worte ,ohne weiteres‘ (in § 1 Abs. 1 4. Zeile) und die Weglassung der Ausnahmebestimmung in § 3 Abs. 1 letzter Satz, zu empfehlen.

     Nach Meinung der Kampagne ist die Frage dieser Formulierungen auch in Zusammenhang mit der Absicht zu sehen, ein österreichisches Bundesgesetz mit Vorbildwirkung für die Gesetzgebung anderer Staaten zu schaffen. Dies wird nur erreicht werden, wenn das Verbot von Antipersonenminen wirklich umfassend ist und nicht der Eindruck entstehen kann, daß der österreichische Gesetzgeber den Wünschen erzeugender Firmen nachgekommen ist, indem Bestimmungen so formuliert wurden, daß es sich nicht mehr um ein wirklich umfassendes Verbot von Antipersonenminen handelt.

3.  Eine bestimmte Anzahl von ,Antipersonenminen‘ und ,Antiortungsmechanismen‘ für Zwecke der Ausbildung zur Minendetektion, Minenräumung und Minenvernichtung in Österreich zur Verfügung zu haben, ist eine berechtigte Forderung der für diese Tätigkeiten verantwortlichen staatlichen Stellen. Dies wird in § 3 Abs. 2 des vom Roten Kreuz ausgearbeiteten Gesetzentwurfes berücksichtigt. Der Wortlaut dieses Absatzes sollte jedoch unter Berücksichtigung einiger Gesichtspunkte überprüft werden:

       a) Der Zweck dieser Ausnahmeregelung vom umfassenden Verbot (des § 2) sollte klarer ausgedrückt werden. Es soll sich nicht um die Zurverfügungstellung für ,Ausbildungs, Übungs- und Test­zwecke‘ handeln, vielmehr geht es um Ausbildung für Zwecke der Minendetektion, Minenräumung und Minenvernichtung bzw. Unschädlichmachung (Zerlegung) von Minen.

      b) Solche Ausbildungsaufgaben sind nicht nur als Aufgabe des Bundesheeres anzusehen, sie können auch sehr wohl von anderen staatlichen Stellen bzw. unter deren Anleitung durchgeführt werden. Hier ist insbesondere an Lehrgänge für Minendetektion und Minenräumung in den heute von ungeräumten Minen am meisten betroffenen Entwicklungsländern zu denken. Die heute dort tätigen Minenräumer sind vor allem in nichtmilitärischen Einrichtungen ausgebildet worden. Daher sollten in diesem Absatz des Gesetzes andere staatliche Organe ausdrücklich genannt werden.

       c) Der Gesetzgeber sollte eine zahlenmäßige Begrenzung für den Besitz von Antipersonenminen und Antiortungsmechanismen im Gesetz festlegen und nicht durch die Worte ,in angemessener Stückzahl‘ auf eine solche Festlegung verzichten. Dabei wird zu berücksichtigen sein: Es werden kleine Stückzahlen ausreichend sein, insbesondere weil die Ausbildung in Minendetektion und Minenräumung in erster Linie mit Attrappen erfolgen kann, dh. mit Vorrichtungen ohne Spreng­stoff, die jedoch mit einer geeigneten Anzeige über das Wirksamwerden des Auslöse­mechanismus ausgestattet sein können. Solche Anzeigen können so konstruiert werden, daß durch sie keine mit der Attrappe hantierende Person verletzt wird. Auf diese Möglichkeit wäre in den Erläuterungen zum Gesetz ausdrücklich hinzuweisen.

4.  Der Gesetzgeber wird wie bei jeder Waffenbegrenzung bzw. jedem Waffenverbot zu prüfen haben, was die Auswirkung des hier beantragten Gesetzes auf die Sicherheitslage Österreichs sein werden. Da Antipersonenminen vom Bundesheer überhaupt nicht zur Verwendung vorgesehen sind und auch die in Punkt 2 dieser Stellungnahme erörterten Richtsplitterladungen mit Fernauslösung nur eine ganz nebensächliche Rolle in den Plänen des Bundesheeres spielen, wird das umfassende Verbot von Antipersonenminen und Antiortungsmechanismen keine negativen Auswirkungen auf die Sicherheit des Landes haben. Vielmehr wird der Beschluß des Gesetzes beweisen, daß Österreich mit Konsequenz zur Abschaffung derartig grausamer, vor allem die Zivilbevölkerungen treffender Waffen beitragen will, und es wird so den weltweiten Bemühungen für ein Verbot der Antipersonenminen einen wichtigen Dienst erweisen.”

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 3. Juli 1996:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten.

Ausschuß für innere Angelegenheiten

Bürgerinitiative Nr. 9

eingebracht von Christian Mokricky betreffend “Freiheit für das Gewissen”

Für die Neufassung des Zivildienstgesetzes fordern die UnterzeichnerInnen dieser Bürgerinitiative von den Parlamentsabgeordneten:

“–           Keine Einschränkung der Gewissensfreiheit. Die Abgabe einer Zivildiensterklärung muß jeder­zeit möglich sein!

  – Gleiche Dauer von Wehr- und Zivildienst (= acht Monate)!

  – Der Aufschub aus Gründen der Berufsausbildung muß bleiben – jetzige Regelung beibehalten!

  – Gleiche Entlohnung von Wehr- und Zivildienern!”

Der gegenständlichen Bürgerinitiative war folgende “Politische Vorbemerkung” und sogenannte “Rechtliche Begutachtung” angeschlossen.

“Politische Vorbemerkung

Der vorliegende Beamtenentwurf zu einer ZDG-Novelle entspricht dem Koalitionsübereinkommen. Insgesamt wird damit die Schlechterstellung der Zivildiener institutionalisiert. Der um die Hälfte längere Dienst, die schlechtere Bezahlung und die Schikanen im Zugang zum Zivildienst sind die offensicht­lichsten Punkte dieser Benachteiligung der Gewissensverweigerer. Aber auch zahlreiche Bestimmungen im Detail befestigen den Zivildienst als Ersatzwehrdienst und geben keinen Raum für die Entwicklung alternativer Ansätze zu militärischer Konfliktlösung, die den Gewissensgründen vieler Wehrdienst­verweigerer entgegenkämen.

Zugang und Antragfristen:

Die Wehrpflichtigen, die aus Gewissensgründen den Wehrdienst verweigern wollen, werden mit einem Fristendschungel konfrontiert, der nur für juristisch vorgebildete Personen verständlich ist:

–   neu gemusterte Wehrpflichtige sind mit einem unbestimmten Fristende konfrontiert. Der Erhalt des Einberufungsbefehls zum Wehrdienst ist keinem Betroffenen bekannt. Der Tag vor Erhalt des Einberufungsbefehls als Ende der Zivildienstantragsfrist schafft ein unerträgliches Informationsgefälle zwischen Behörde und Staatsbürger. In jedem anderen Behördenverfahren ist eine derartige unbe­stimmte Frist unvorstellbar.

–   Die Regelung betreffend der im Aufschub befindlichen wehrpflichtigen Gewissensverweigerer ist völlig willkürlich. Nicht die Gewissensgründe geben den Ausschlag für die Zugangsmöglichkeit, sondern sogenannte militärische Notwendigkeiten. Altfälle, die vor dem 1. Jänner 1992 gemustert wurden, sind von jedem Antragsrecht ausgeschlossen. Jene, die nach dem 1. Jänner 1992 tauglich wurden, können genau fünf Jahre nach dem Tauglichkeitsbescheid sechs Wochen lang erneut eine Zivildiensterklärung einbringen. Sie müssen allerdings erfahren wann. Das heißt, alle die älter als 22 bis 23 Jahre alt sind, bleiben von der Gewissensfreiheit ausgeschlossen.

Die Informationspflicht über die Antragsfristen hat in den Beamtenentwurf Eingang gefunden. Kommen die Militärbehörden dieser nicht oder nur mangelhaft nach, fehlt jedoch jegliches Durchsetzungs­instrument für den Betroffenen.

Verlängerung des Zivildienstes auf zwölf Monate:

De facto wird der Zivildienst auf zwölf Monate verlängert. Sowohl die Einrichtung von Dienstfrei­stellungen als auch von kurzen Krankheiten in den 14tägigen Urlaubsanspruch führt diesen Anspruch selbst ad absurdum. Der 14tägige Urlaub ist die Mogelpackung, um die drohende Zivildienstdauer von zwölf Monaten zu verdecken.

Wir rufen in Erinnerung, welche Verschärfungen des Zivildienstrechtes von der SPÖ in Kauf genommen wurden, um eine Zivildienstdauer von zwölf Monaten zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist das Resultat jetzt als niederschmetterndes Ergebnis visionsloser sozialdemokratischer Rückzugsstrategien zu würdigen. Der europäische Vergleich der Relationen von Wehr- und Zivildienstlänge unterstreicht dieses Urteil. In diesem Lichte wird das weitergehende Drängen der ÖVP, insbesondere von Verteidigungs­minister Fasslabend, auf weitere Zivildienstverlängerungen als illiberal und rückschrittlich entlarvt.

Die Erweiterung der Einsatzgebiete auf Umwelt, Kinder und Jugendliche ist als Ansatz für einen alternativen Zivildienst zu begrüßen. Solange es jedoch gleichzeitig Dienstleistungen bei der Polizei gibt, kann keineswegs von einem alternativen Friedensdienst, wie ihn der Internationale Zivildienst seit langem fordert, gesprochen werden.

Rechtliche Begutachtung

Zugang, Fristen, Gewissensfreiheit (§§ 2, 76a, 5, 5a)

Das Grundrecht auf Befreiung von der Wehrpflicht durch Einbringung einer Zivildiensterklärung wird wieder grundsätzlich allgemein und unbefristet gewährleistet (§ 2 Abs. 1). Das Recht kann aber – einfachgesetzlich – ausgeschlossen werden (§ 2 Abs. 3); es ruht in einer Frist, die frühestens sechs Monate nach Rechtskraft des Stellungsbeschlusses, sonst am Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst beginnt und mit dem Ende der Einberufung endet (§ 2 Abs. 2). Das Grundrecht wird weiters erheblich dadurch eingeschränkt, daß Wehrpflichtige, die vor 1992 für ,tauglich‘ befunden wurden und seither tauglich sind, überhaupt ausgeschlossen sind und Wehrpflichtige, die danach bis 1. Jänner 1994 ,tauglich‘ wurden, das Grundrecht nur innerhalb einer bestimmten Sechswochenfrist ausüben können (§ 76a Abs. 1).

Damit wird, wie auch die Erläuterungen bemerken, die Möglichkeit der Befreiung von der Wehrpflicht nach einer Gewissensentwicklung durch eine Verfassungsbestimmung ausgeschlossen, um die Über­prüfung durch den Verfassungsgerichtshof zu verhindern. Das zeugt nicht nur von einem geringen Verfassungsethos, sondern auch von einem leichtfertigen Umgang mit Grundrechten und mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit.

Eine Frist, die durch eine rückläufige Frist ausgelöst wird, ist ungewöhnlich und führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Das fristauslösende Ereignis ist für den Berechtigten nicht vorhersehbar. Daran ändert auch die – im übrigen sanktionslose – Informationspflicht der Stellungskommission (§ 5 Abs. 1) nichts, da ihr schon durch die Angabe ,frühestens in vier Wochen, in der Regel bis zu Vollendung Ihres 30., späte­stens Ihres 35. Lebensjahres haben Sie mit der Einberufung zu rechnen‘ genügt wird. Überhaupt ist das Abstellen auf die ,Einberufung‘ problematisch. ,Einberufung‘ ist der Vorgang, mit dem der Wehrpflich­tige verpflichtet wird, zu einem bestimmten Zeitpunkt (Einberufungstermin) und an einem bestimmten Ort seinen Präsenzdienst anzutreten (§ 35 WG). Sie erfolgt durch Bescheid des Militärkommandos (Einbe­rufungsbefehl) oder Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung (allgemeine Bekannt­machung). Nur ausnahmsweise, bei kurzfristigen Truppen- oder Kaderübungen, wird die Dauer des Präsenzdienstes im Einberufungsbefehl verfügt, in der Regel endet der Präsenzdienst durch einen gesonderten Bescheid (Entlassungsbefehl; § 39 WG). Der vorliegende Entwurf läßt offen, ob das Grundrecht ab Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Einberufungsbefehls, mit dessen Rechtskraft oder dem Inkrafttreten der allgemeinen Bekanntmachung oder aber mit dem Einberufungstermin ruht und ob es mit dem dem Einberufungstermin folgenden Tag oder erst mit der Entlassung aus dem Präsenzdienst wieder ausgeübt werden kann. Daß diese Bestimmung im Verfassungsrang steht, hat wohl auch den Grund, eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof in Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG auszuschließen. Das wird zu einer vermeidbaren Belastung des Verfassungs­gerichtshofes, der über die Interpretation zu entscheiden hat, führen.

Auch die Möglichkeit, das Recht auf Einbringung der Zivildiensterklärung durch einfaches Gesetz auszuschließen, birgt erhebliche Probleme. Es stellt sich nämlich die Frage nach dem Wesensgehalt des Rechts auf Befreiung von der Wehrpflicht. Über diesen wird – vermeidbar – der Verfassungsgerichtshof zu entscheiden haben. Die derzeitige Regelung, die Angehörige von Wachkörpern, auch unbewaffnete, erfaßt, den Exekutivdienst versehende, bewaffnete rechtskundige Beamte der Sicherheitsbehörden jedoch nicht (§ 5a Abs. 1 Z 2), ist jedenfalls unsachlich.

Die Möglichkeit, Zivildienstwerber, die den Grundwehrdienst vollständig geleistet haben, innerhalb eines Jahres ausschließlich im Verteidigungs- oder Bürgerkriegsfall (Einsatzpräsenzdienst) und zur Drohung mit dem kriegerischen Einsatz durch Manöver (außerordentliche Übungen) einzuberufen (§ 5 Abs. 2), steht in auffallenden Widerspruch zum Zweck der Befreiung von der Wehrpflicht, nämlich der Vermeidung von Straftaten aus der Gewissensnot bei Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen.

Dauer des ordentlichen Zivildienstes (§ 7)

Der ordentliche Zivildienst dauert ein Jahr (§ 7 Abs. 2), also um die Hälfte länger als der ordentliche Präsenzdienst. Damit wird gegen die völkerrechtliche Verpflichtung des Verbotes der Zwangs- und Pflichtarbeit (Art. 4 EMRK) verstoßen. Ersatzdienst der Verweigerer aus Gewissensgründen für verpflichtenden Wehrdienst ist zwar vom Verbot ausgenommen, jedoch darf der Verweigerer nur für die Dauer des Wehrdienstes zu Zwangsarbeit angehalten werden. Der Zivildienst ist, da strafsanktioniert, jedenfalls Pflichtarbeit, deren längerer Dauer wegen der Möglichkeit des außerordentlichen Zivildienstes auch keinerlei Vorteile gegenüber den Wehrdienst bringt und daher nicht als freiwillig angesehen werden kann.

Die Regelung über die Dauer des ordentlichen Zivildienstes jener Zivildienstpflichtigen, die bereits Präsenzdienst geleistet haben (§ 7 Abs. 2), ist außerordentlich schwer verständlich und vage. Das ist im Lichte des Bestimmtheitsgebotes des Art. 18 Abs. 1 B-VG aber auch des Gleichheitssatzes des Art. 7 Abs. 1 B-VG bedenklich.

Sonstiges

Zuweisung (§ 8)

An die Stelle des bisherigen Rechts auf Erlassung des Zuweisungsbescheides mindestens vier Wochen vor dem Zuweisungstermin (parallel zu § 35 Abs. 1 Z 1 WG) tritt eine Ordnungsvorschrift, nach der der Zuweisungsbescheid sechs Wochen vor dem Zuweisungstermin zu genehmigen und unverzüglich die Zustellung zu verfügen sei (§ 8 Abs. 2). Ein schriftlicher Bescheid wird erst durch seine Zustellung erlassen (§§ 62 Abs. 1, 18 Abs. 3, 21 AVG). Dabei kommt es darauf an, daß der Bescheid dem Adressaten überhaupt zugänglich werden kann, mithin stellt das Zustellgesetz auf die regelmäßige Benutzung der Abgabestelle ab und rechnet die Tätigkeit des Zustellorgans der bescheiderlassenden Behörde zu. Weiters ist die Bescheiderlassung, sohin die Zustellung, alleine maßgebend für den Eintritt der Rechtskraft (§§ 63 Abs. 5, 68 Abs. 2 bis 5, 69 Abs. 1, 71 Abs. 1 AVG). Ein Instanzschluß wie in  § 416 Abs. 2 ZPO ist im AVG nicht vorgesehen, die Verwaltungsbehörde soll sich rasch auf veränderte Bedingungen einstellen können. Für diese Grundsätze des Verwaltungsverfahrens erachtete der Bundesgesetzgeber ein Bedürfnis nach einheitlichen Vorschriften als gegeben. Er darf daher in seinen Materiegesetzen nur dann davon abweichen, wenn dies zur Regelung des Gegenstandes durch besondere Umstände unerläßlich ist. Davon kann im Fall des Zuweisungsbescheides nicht die Rede sein. Die vorgesehene Bestimmung verstößt daher gegen Art. 11 Abs. 2 B-VG. Zudem ist der Eintritt der Rechtsfolge des Zuweisungsbescheids, nämlich des Antritts und der Leistung des Zivildienstes, in hohem Maße von bloß manipulativen Umständen (Postlauf) abhängig, damit steht diese Regelung in Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot des Art. 7 Abs. 1 B-VG.

In gleicher Weise ist das Abstellen auf die Genehmigung des Zuweisungsbescheides für andere Zivil­dienstpflichtige beim Antrag des Rechtsträgers auf Zuweisung (§ 10 Abs. 2) verfassungsrechtlich bedenklich.

Versetzung (§ 19)

In Zweifelsfällen hat sich die Bezirksverwaltungsbehörde über die gesundheitliche Eignung des Zivildienstleistenden vor dessen Versetzung zu äußern (§ 19 Abs. 2). Sie hat damit an der Willensbildung des Bundesministers für Inneres mitzuwirken. Ihre Stellung im Versetzungsverfahren ist unklar, sie könnte – ohne den erforderlichen Sachverstand des den Willen bildenden Organs – Sachverständiger, Organpartei oder aber zweite bescheiderlassende Behörde sein. Das ist im Licht der Kompetenzbe­stimmungen des § 1 und des Art. 102 B-VG aber auch des einheitlichen Verwaltungsverfahrens nach Art. 11 Abs. 2 B-VG bedenklich. Die bisherige gesetzliche Regelung des dem Bundesminister für Inneres zur Verfügung stehenden Amtssachverständigen (§ 52 Abs. 1 AVG) ist vorzuziehen.

Urlaub (§ 23a)

Über den Zeitraum des Erholungsurlaubes ist ein Vertrag zwischen dem Zivildienstleistenden und seinen Vorgesetzten, nicht aber ein Recht des Zivildienstleistenden vorgesehen (§ 23a Abs. 3). Das erscheint in Hinblick auf das hoheitliche Verhältnis zwischen dem durch den Vorgesetzten handelnden Rechtsträger und dem Zivildienstleistenden verfassungsrechtlich bedenklich.

Vertrauensarzt (§ 23c)

Die Pflicht, die Weisung, sich im Falle jedweder Dienstverhinderung der Untersuchung durch den Vertrauensarzt – der weiterhin der Verschwiegenheitspflicht unterliegt – der Einrichtung zu unterziehen (§ 23c Abs. 2 Z 3), zu befolgen, ist sachlich nicht gerechtfertigt. Damit könnte auch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung verbunden sein. Beides ist verfassungsrechtlich bedenklich.

Verpflegungsabfindung (§ 28)

Die Bezirksverwaltungsbehörde hat der Abfindung für die Verpflegung des Zivildienstleistenden bei einer Dienstverhinderung durch Krankheit über vier Tage mit Bescheid zuzustimmen (§ 28 Abs. 3). Da die Rechtskraft dieses Bescheides von manipulativen Umständen abhängt und bis dahin der Zivildienst­leistende die Kosten seiner Verpflegung selbst zu tragen hat, erscheint diese Bestimmung im Licht des Gleichheitssatzes (Art. 7 Abs. 1 B-VG) bedenklich.

Reinigung der Bekleidung (§ 30)

Daß für die Reinigung der Bekleidung des Zivildienstleistenden der Bund oder Rechtsträger der Einrichtung nur in den Fällen außergewöhnlicher Verschmutzung durch die Dienstleistung oder den Einsatz aufzukommen hat (§ 30), ist, da einerseits zufallsabhängig und andererseits Präsenzdienern die Dienstkleidung in jedem Fall gereinigt wird, ebenfalls gleichheitswidrig.

Übergangsbestimmungen (§§ 76b, 76c)

Durch einfaches Gesetz (§ 76b Abs. 2) wird die Anwendung der Verfassungsbestimmungen des Ruhens des Rechts auf Einbringung der Zivildiensterklärung und Eintritt der Zivildienstpflicht von Wehr­pflichtigen, die den Grundwehrdienst vollständig geleistet haben, erst binnen Jahresfrist sowie der Ausschluß vom Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht von vor 1994 für ,tauglich‘ befundenen Wehrpflichtigen angeordnet. Das ist einerseits unklar und andererseits außerhalb der Kompetenz des einfachen Gesetzgebers. Damit wird gegen Art. 18 Abs. 1 B-VG verstoßen.

Rückwirkend wird das Inkrafttreten der ZDG-Nov 1994, die am 10. März 1994 im Bundesgesetzblatt herausgegeben und versendet worden ist und somit am 11. März 1994 seine verbindende Kraft erhalten hat, mit 10. März festgesetzt (§ 76c Abs. 1 und 2). Damit soll das vom Verfassungsgerichtshof festgestellte Ende der Monatsfrist zur Einbringung der Zivildiensterklärung von Wehrpflichtigen, die vor 1994 ,tauglich‘ wurden, um einen Tag verkürzt werden. Das ist ein Mißbrauch der Kompetenz zu Verfassungsänderungen.”

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 wurde bezüglich der gegenständlichen Bürgerinitiative beschlossen, je eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Inneres sowie des Bundesministeriums für Landesverteidigung einzuholen.

Zu der gegenständlichen Bürgerinitiative betreffend “Freiheit für das Gewissen!” wurde vom Bundes­ministeriums für Inneres wie folgt Stellung genommen:

“Durch die mit Jahresbeginn in Kraft getretene umfassende Novellierung des Zivildienstgesetzes ist eine weitgehende Liberalisierung des Zuganges zum Zivildienst erfolgt. Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, besteht nun zumindest sechs Monate ab Abschluß des Stellungsverfahrens. Auch danach können Wehrpflichtige eine Zivildiensterklärung bis zwei Tage vor einer Einberufung zum Präsenzdienst abgeben. Im Anschluß daran ruht das Erklärungsrecht und lebt nach Behebung des Einberufungsbefehls oder nach Entlassung aus dem Präsenzdienst wieder auf. Auch für “Altfälle” – also Wehrpflichtige, deren Tauglichkeit vor dem 1. Jänner 1994 festgestellt worden ist – wurde eine nochmalige Möglichkeit zur Abgabe einer Zivildiensterklärung vorgesehen.

Diese Regelungen der ZDG-Novelle 1996, BGBl. Nr. 788, tragen somit einem nach der Stellung eingetretenen Gewissenswandel Rechnung. Ein während des Präsenzdienstes bestehendes Erklärungsrecht ist jedoch unter Bedachtnahme auf Erfordernisse der militärischen Landesverteidigung nicht möglich und daher auch in den meisten anderen europäischen Staaten nicht vorgesehen.

Durch die Liberalisierung des Zuganges zum Zivildienst wurde jedenfalls – wie auch zahlreiche dem Bundesministerium für Inneres zugegangene Schreiben beweisen – einem wesentlich größeren Anliegen entsprochen, als es die Angleichung der Dauer von Zivildienst und Präsenzdienst darstellt. Diese gleiche Dauer war im übrigen nur zur Zeit der “Gewissensprüfung” durch die Zivildienstkommission möglich, deren Rückkehr jedoch von niemandem mehr gewünscht wird.

In der ZDG-Novelle 1996 ist zwar – für Präsenzdiener und Zivildiener in gleicher Weise – eine Beschränkung der Aufschubmöglichkeit vorgesehen worden, durch entsprechende Ausrichtung der auch weiterhin bestehenden Aufschubmöglichkeit wurde aber sichergestellt, daß in die Lebensplanung des Betroffenen so wenig wie möglich eingegriffen wird. Die durch diese Neuordnung angestrebte möglichst rasche Umsetzung der nach Abschluß der Stellung vom Wehrpflichtigen getroffenen Entscheidung ist nicht zuletzt im Interesse der Betroffenen selbst gelegen, da die Dienstleistung im Alter der Stellungspflicht offensichtlich leichter fällt, als in späteren Jahren, etwa nach Abschluß eines Hochschulstudiums. Häufig werden dann nach in der Zwischenzeit erfolgten Familiengründungen auch Angehörige durch die Verzögerung der Erfüllung der Dienstpflicht in Mitleidenschaft gezogen. Für den Fall, daß eine rasche Zuweisung aus vom Zivildienstpflichtigen nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist, besteht auch weiterhin die Möglichkeit, für den Abschluß einer mittlerweile begonnenen Ausbildung Aufschub zu erhalten.

Eine generelle Anhebung der den Zivildienstleistenden gebührenden Pauschalvergütung und somit auch eine zuletzt nicht mehr im vollen Umfang gegebene Gleichstellung in finanziellen Belangen gegenüber den Präsenzdienstleistenden ist jedenfalls wünschenswert und angesichts der im ordentlichen Zivildienst erbrachten Leistungen auch als gerechtfertigt anzusehen. Das Bundesministerium für Inneres wird um eine solche Erhöhung, die leider im Zuge der parlamentarischen Behandlung der letzten ZDG-Novelle nicht durchgesetzt werden konnte, weiterhin bemüht sein.”

Vom Bundesministeriums für Landesverteidigung ist zu der Bürgerinitiative betreffend “Freiheit für das Gewissen” wie folgt Stellung genommen worden:

“Die in der gegenständlichen Bürgerinitiative enthaltenen Anliegen wurden im Rahmen der Begutachtung bzw. der parlamentarischen Behandlung der Zivildienstgesetznovelle 1996 im Herbst 1996 erschöpfend erörtert und letztlich einer – im Gegensatz zu früheren ZDG-Novellen – unbefristeten gesetzlichen Regelung zugeführt, die am 30. Dezember 1996 unter der BGBl. Nr. 788 kundgemacht wurde.

Die gegenständliche, im Juni 1996 unterzeichnete Bürgerinitiative erscheint somit durch den vorerwähnten Gesetzesbeschluß obsolet. Eine inhaltliche Stellungnahme zu den einzelnen Forderungen der Unterzeichner dieser Initiative erübrigt sich daher.”

In der Ausschußsitzung am 26. November 1997 wurde hinsichtlich dieser Bürgerinitiative der einstimmige Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Ausschuß für innere Angelegenheiten.

Justizausschuß

Bürgerinitiative Nr. 3

eingebracht von Herrn Heinz Schubert betreffend “die rechtliche und soziale Gleichstellung homo­sexueller Menschen”

Die gegenständliche Bürgerinitiative war wie folgt dargestellt:

“Seitens der EinbringerInnen wird das Vorliegen einer Bundeskompetenz in folgender Hinsicht ange­nommen:

Vorschriften, die die Gleichbehandlung von Minderheiten und Angehörigen der Mehrheit gebieten bzw. die Diskriminierungen verbieten, stellen sich im wesentlichen als spezifische Ausprägungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes gemäß Art. 7 B-VG dar. Schwule Männer und lesbische Frauen sind als qualifizierte Minderheit anzusehen, da davon auszugehen ist, daß rund 6% bis 10% aller Menschen eine ausschließlich homosexuelle Orientierung aufweisen.

Obwohl außer Streit steht, daß eine homosexuelle Orientierung weder ein (psycho-)pathologischer oder genetischer Defekt (die Weltgesundheitsorganisation WHO hat mit Wirkung vom 1. Jänner 1993 ,Homosexualität‘ endgültig aus ihrem Krankheitskatalog eliminiert) noch eine soziokulturelle Fehl­leistung ist, gibt es in der österreichischen Rechtsordnung noch unzählige Rechtsnormen, die homosexuell empfindende Menschen nur auf Grund ihrer sexuellen Orientierung diskriminieren.

Derartige, die Menschenwürde mißachtende, Regelungen finden sich noch immer im Zivil-, Arbeits-, Verwaltungs-, Verfassungs-, Steuer- und insbesondere im Strafrecht. Es ist vehement zu bedauern, daß die österreichische Rechtsordnung in diesem Bereich weder den gesellschaftspolitischen Anforderungen noch dem internationalen Standard Rechnung trägt. Gerade im Hinblick auf den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union vom 1. Jänner 1995 sollte dafür Sorge getragen werden, daß hier umgehend die längst notwendigen Rechtsanpassungen in die Wege geleitet werden.

Ausdrücklich genannt werden darf die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. März 1984, in der jede Diskriminierung von Homosexuellen am Arbeitsplatz ausdrücklich verboten wird. In dieser Entschließung wird darüber hinaus die Kommission beauftragt, alle Mitgliedstaaten aufzufordern, so bald wie möglich eine Übersicht über alle in den einschlägigen Rechtsvorschriften enthaltenen Bestim­mungen, die speziell homosexuelle Menschen betreffen, aufzustellen. Auf der Grundlage dieser Über­sichten sind die Fälle von Diskriminierungen von Homosexuellen zu ermitteln und gemäß Art. 122 des EWG-Vertrages ein Bericht über die Beschäftigung, das Wohnrecht und andere soziale Bereiche auszu­arbeiten.

Verwiesen sei auch auf die Resolution des Europäischen Parlaments vom 8. Februar 1994, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, jede Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung zu beseitigen und insbesondere einheitliche Mindestaltersgrenzen, die Zulassung zu eheähnlichen Rechts­instituten sowie gleiche Rechte im Adoptions- und Pflegschaftsrecht zu schaffen.

In diesem Zusammenhang darf demonstrativ auch auf die Landesverfassungen der bundesdeutschen Länder Brandenburg (Art. 12 Abs. 2) und Thüringen (Art. 2 Abs. 3) verwiesen werden, in denen die Nichtdiskriminierung als soziales Grundrecht verfassungsrechtlich abgesichert ist.

Art. 12 Abs. 2 der Landesverfassung Brandenburg lautet:

,Niemand darf wegen seiner Rasse, Abstammung, Nationalität, Sprache, seines Geschlechtes, seiner sexuellen Identität, seiner sozialen Herkunft oder Stellung, seiner Behinderung, seiner religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung bevorzugt oder benachteiligt werden.‘

Art. 2 Abs. 3 der Landesverfassung Thüringen lautet:

,Niemand darf wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechtes oder seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden.‘

Verwiesen sei auch auf die am 8. Juni 1995 mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit verabschiedeten Berliner Landesverfassung, die ua. die Benachteiligung Homosexueller untersagt und im Oktober dieses Jahres einer Volksabstimmung zugeführt wird.

Daraus folgt, daß es im internationalen Vergleich geradezu erschreckend ist, wie homosexuelle Menschen im EU-Mitgliedstaat Österreich nicht nur sozial, sondern auch rechtlich behandelt werden.

Anliegen betreffend die rechtliche und soziale Gleichstellung homosexueller Menschen

Der Nationalrat wird ersucht,

           1. alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, damit jede Diskriminierung homosexuell orientierter Menschen sowohl in rechtlicher als auch in sozialer Hinsicht möglichst umgehend beseitigt wird,

           2. die Bestimmung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 7 B-VG derart auszugestalten, daß jede Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung als verfassungswidrig zu qualifizieren ist,

           3. einen Unterausschuß zu etablieren, der eine Evaluation aller Rechtsnormen vorzunehmen hat, die geeignet sind, eine rechtliche, wirtschaftliche, soziale oder sonstige faktische Benachteiligung homosexueller Menschen zu bewirken. Dieser Unterausschuß hat insbesondere die geltenden Bestimmungen des Familien- und Erbrechtes, des Wohnungseigentums- und Mietrechtes, des Arbeits- und Sozialrechtes, des Steuerrechtes, des Strafrechtes sowie des Verfahrensrechtes einer kritischen Überprüfung zu unterziehen,

           4. folgende Rechtsbereiche im Sinne eines Antidiskriminierungsgebotes einer sofortigen Lösung zuzuführen:

                a) Im Strafgesetzbuch sind die Bestimmungen der §§ 209, 220 und 221 StGB ersatzlos zu streichen.

               b) Es ist dafür Sorge zu tragen, daß homosexuelle Lebensgemeinschaften denselben Schutz wie heterosexuelle Lebensformen genießen. Daraus folgt, daß umgehend eine adäquate Novellie­rung des ABGB nach dänischem Muster sowie eine Adaptierung aller Verfahrensbestim­mungen (zB: Legaldefinition: Angehöriger) forciert werden muß.”

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat in der Sitzung am 3. Juli 1996 den einstimmigen Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Justizausschuß.

Der Justizausschuß nahm die gegenständliche Bürgerinitiative in seiner Sitzung vom 20. November 1996 in Verhandlung, wobei die von der Bürgerinitiative gestellten Anliegen nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit fanden, und berichtete darüber dem Nationalrat (456 der Beilagen). Der Nationalrat hat diesen Bericht in seiner 47. Sitzung am 27. November 1996 mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

Verfassungsausschuß

Bürgerinitiative Nr. 12

eingebracht von Frau Hilde Edinger betreffend “Wiederholung der EU-Volksabstimmung”

Die gegenständliche Bürgerinitiative ist folgenden Inhalts:

Bürgerinitiative betreffend die Wiederholung der EU-Volksabstimmung

“Der Nationalrat wird ersucht, die EU-Werbung nach dem Wahrheitsgehalt zu überprüfen. In den Printmedien kann man nachlesen:

Dr. Mock (Außenminister): ,Neutralität in EU voll gewahrt‘.

Dr. Vranitzky (Bundeskanzler): ,Neutralität auch in der EU‘.

Diese Schlagzeilen sind der Beweis, daß die Österreicher absichtlich getäuscht worden waren, um die Mehrheit für den EU-Beitritt zu erhalten. Zwei Juristen (ein Wiener und ein Tiroler) hatten an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, das EU-Beitrittsgesetz auf seine Gültigkeit zu prüfen – vergebens.

Beide Politiker haben sich der Verantwortung entzogen (Dr. Mock und Dr. Vranitzky). Im Parlament haben die Abgeordneten die Möglichkeit (unabhängig von der Meinung der Regierung und von der eigenen Meinung), die Wiederholung der EU-Volksabstimmung zu erwirken. Damit wäre ein klarer Volksentscheid gewährleistet – und ein Sieg der Wahrheit. 80 Prozent der Österreicher wollen die Beibehaltung der Neutralität. Als Herr Dr. Mock als Außenminister in Moskau war, um die Zustimmung der Russen zu Österreichs EU-Beitritt zu erhalten, hatten die Russen NEIN gesagt (Übertragung in FS 1 um Mitternacht). Aber im Morgenjournal am nächsten Tag hatte Herr Dr. Mock gesagt: ,Die Russen haben nichts dagegen.‘ War die Übersetzung falsch? Es wäre zu prüfen. Der österreichische Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 kann nur von den Signatarstaaten geändert werden – nicht von der österreichischen Regierung.”

In der Ausschußsitzung am 9. Juli 1997 wurde beschlossen, eine Stellungnahme des Bundeskanzleramtes zur gegenständlichen Bürgerinitiative einzuholen.

Das Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst) hält im Hinblick auf den Umstand, daß am 12. Juni 1994 eine Volksabstimmung über den Beitritt zur Europäischen Union stattgefunden hat, aus verfassungsrechtlicher Sicht folgendes fest:

“Die Bundesverfassung schließt zwar eine neuerliche Abstimmung über denselben Gegenstand nicht grundsätzlich aus; im vorliegenden Fall ist aber von der in Art. I des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 774/1994, über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union enthaltenen Ermächtigung zum Abschluß des Staatsvertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bereits Gebrauch gemacht worden, und das in Art. II vorgesehene parlamentarische Verfahren hat ebenfalls schon stattgefunden. Beide Ereignisse könnten nicht mehr ungeschehen gemacht werden.

Der Bürgerinitiative Nr. 12 ist nicht zu entnehmen, wie sich die Initiatoren im einzelnen die Wiederholung der EU-Volksabstimmung vorstellen, insbesondere aber nicht, wie sie sich die Gestaltung eines einer solchen Volksabstimmung zugrunde gelegenen Gesetzesbeschlusses des Nationalrates vorstellen. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst ist daher nicht in der Lage, sich näher zu dieser Frage zu äußern.”

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat in seiner Sitzung am 26. November 1997 den einstimmigen Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Verfassungsausschuß.

Der Verfassungsausschuß hat die gegenständliche Bürgerinitiative am 28. Jänner 1998 in Verhandlung gezogen und mit der Vorberatung einen Unterausschuß betraut. Nach Abschluß der Vorberatung des Unterausschusses erstattete der Verfassungsausschuß Bericht an den Nationalrat (1252 der Beilagen). Das Anliegen der Bürgerinitiative Nr. 12 hatte nicht die Zustimmung der Mehrheit des Verfassungsausschus­ses gefunden. Diesen Bericht nahm der Nationalrat in seiner 129. Sitzung am 17. Juni 1998 zur Kenntnis.

Verkehrsausschuß

Bürgerinitiative Nr. 7

eingebracht von Herrn Dipl.-Ing. Erhard Scheffenegger betreffend “Tieflegung der Verbindungsbahn im 13. Wiener Gemeindebezirk anstatt Bau des ,Lainzer Tunnels‘ ”

Die Initiative “Hietzing ohne Schranken”, welche die Einbringung der gegenständlichen Bürgerinitiative zum Ziel hat, hält folgendes Forderungsprogramm fest:

“– STOPP DER ARBEITEN FÜR DAS PROJEKT DES LAINZER TUNNELS;

  – ERSTELLUNG EINES VERNETZTEN INFRASTRUKTURKONZEPTES: REGIONALER (NAH)VERKEHR – ÜBERREGIONALER VERKEHR – PERSONENVERKEHR – GÜTER­VERKEHR;

  – AUSBAU DER VORHANDENEN VERBINDUNGSBAHN DURCH EINE VIERGLEISIGE TIEF­LEGUNG UND EINDECKUNG ZUM ZWECK DER HERSTELLUNG EINER HOCHLEISTUNGS­STRECKE GEMÄSS § 3 Abs. 1 DES HL-GESETZES, BGBl. Nr. 135/1989, NOVELLE 1994 ZWISCHEN WEST- UND SÜDBAHN UND EINER STRECKE FÜR DEN REGIONALVERKEHR.

A. Die Verbindungsbahn trennt den gesamten 13. Bezirk in zwei Teile. Sechs schienengleiche Straßen­übergänge, verteilt auf eine Länge von zirka 3,0 km, sind durch täglich mindestens acht Stunden dauernde Schrankenschließzeiten unterbrochene Bindeglieder der zwei Bezirkshälften.

     Wartende Autokolonnen vor geschlossenen Schranken kosten volkswirtschaftlich ein Vermögen. Diese Vergeudung wird durch den Bau des Lainzer Tunnels noch verstärkt. Denn die derzeitige Frequenz der Verbindungsbahn durch Güterzüge soll zwar zum Teil vom Lainzer Tunnel aufgenommen werden. Aber anstelle dessen soll der Schnellbahnverkehr auf der Verbindungsbahn mindestens mit der Frequenz des verlagerten Güterzugverkehrs geführt werden.

     Güterzüge fahren vermehrt zu nächtlicher Zeit, die Schnellbahn – für Personenverkehr – fährt aber tagsüber. Der verdichtete Schnellbahnverkehr zusammen mit Personen- und Güterzügen bedeutet noch längere Schrankenschließzeiten bei Tag, noch mehr wartende Autos vor geschlossenen Schranken.

     Die Lärm- und Abgasbeeinträchtigung der Anrainer der Verbindungsbahn wird somit tagsüber stärker als bisher sein.

     Der Bau des Lainzer Tunnels bringt nur scheinbar eine Verbesserung, in Wirklichkeit aber eine deutliche Verschlechterung für den 13. Bezirk. – Unterführungen sind untaugliche Notlösungen.

     Eine nachträgliche Tieflegung der Verbindungsbahn wird durch den Lainzer Tunnel äußerst erschwert, wenn nicht sogar vereitelt.

B. Der Lainzer Tunnel wurde bereits vor 1989, also vor der Ostöffnung, ohne Rücksicht auf die Wiener städtebauliche Situation und die Anbindungsmöglichkeiten an das öffentliche Verkehrsnetz – mit Ausnahme des zu errichtenden Zentralbahnhofes – geplant und stellt demnach eine isolierte Planung dar. ZB wird der Bahnhof Hütteldorf nicht als Vorbahnhof genutzt.

     Der Bahnhof Hütteldorf ist aber als Vorbahnhof voll funktionsfähig. Eine Vernetzung mit der Verbindung zwischen West- und Südbahn würde seine Bedeutung verstärken. Ein zusätzlicher Vorbahnhof ist dann nicht erforderlich.

C. Das Hochleistungsstreckengesetz stützt sich auf das ÖBB-Planungskonzept ,Die Neue Bahn‘ 1986, das auf Hochgeschwindigkeitszüge abgestellt ist. ,Bei Planungen änderte die HL-Gesellschaft oft die Trassenführung‘ (Zitat: Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Jahr 1993, S. 356, 10.1), was auch im Falle des Lainzer Tunnels zum Nachteil des Projekts geschah: nach der Bewertung von neun Varianten wurde eine davon im Februar 1992 als günstigste beurteilt. Zur Auflage gelangte eine zehnte schließlich verordnete Trasse mit längeren kritischen Strecken unter verbautem Gebiet und mit kleineren Krümmungsradien, wodurch man vom Planungsziel der hohen Geschwindigkeiten abging. Somit liegt aber eine zusammen mit der Verbindungsbahn tiefgelegte und eingedeckte Trassenführung der HL-Strecke zwischen West- und Südbahn ebenfalls im gesteckten Rahmen.

Die Unterzeichneten fordern von der Bundesregierung,

1.  die Arbeiten für die Planung und den Bau des Lainzer Tunnels einzustellen,

2.  ein Konzept für ein vernetztes großräumiges Schienen-, Wasserstraßen- und Straßenverkehrswegenetz sowie

3.  ein Bahninfrastruktur-Netz, welches die Verknüpfung des Regional-(Nah-)Verkehrs, des Fernverkehrs, des Personen- und Güterverkehrs beinhaltet, zu erstellen und

4.  dementsprechend eine neuerliche Planung der Herstellung einer Verbindung der Westbahn mit der Südbahn, unter Einbeziehung der städtebaulichen Lösung, welche auch die Tieflegung der Verbin­dungsbahn beinhaltet, an eine unabhängige Institution in Auftrag zu geben.

Da die Kosten des Lainzer Tunnels zur Gänze vom Bund bzw. ÖBB zu tragen sind, ein unter Punkt 4 bezeichnetes Projekt jedoch größtenteils bahneigenen Grund betrifft, geringes Risiko infolge weniger direkter Anrainer birgt und in preisgünstigerer Bauweise bei Vergabe von Baulosen an unterschiedliche Firmen ausgeführt werden kann, ist die neuerliche Planung und Ausführung des Projektes gemäß Punkt 4 in Zusammenarbeit von Bund, Land (Gemeinde) und ÖBB, nicht nur ein Beitrag mit höchstmöglicher Effizienz im Sinne des Sparpaketes, sondern entspricht auch § 3 Abs. 1 der HL-Gesetz-Novelle 1994 (BGBl. Nr. 655/1994), in welchem neben einer ,leistungsfähigen‘ auch eine ,wirtschaftliche Eisenbahn‘ gefordert wird.”

In der Ausschußsitzung am 17. Oktober 1996 wurde beschlossen, eine Stellungnahme des Bundesmini­steriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst einzuholen.

Das Bundesministerium teilte zur gegenständlichen Bürgerinitiative mit, daß die “Eisenbahn-Hoch­leistungsstrecken AG per Verordnung BGBl. Nr. 107/1990 mit der Planung einer Hochleistungsstrecke St. Pölten–Raum Wien einschließlich einer Verbindungsstrecke zur Südbahn beauftragt wurde.

Die betreffende Bürgerinitiative wurde an die HL-AG weitergeleitet und nachstehende ausführliche Sachverhaltsdarstellung der Stellungnahme angeschlossen:

“ad A.   Die sechs Eisenbahnkreuzungen sind nicht wie behauptet auf zirka 3 km, sondern auf zirka 1,8 km Abstand verteilt.

              Schrankengesicherte Eisenbahnkreuzungen dienen der Verkehrssicherheit ebenso wie die über 1 000 VLSA’s in Wien. Der angebliche Verlust von volkswirtschaftlichem Vermögen durch ,wartende Autokolonnen vor geschlossenen Schranken‘ ist somit klein (mathematische Aus­drucksweise), nicht meßbar (physikalisch) bzw. vernachlässigbar (realistisch) im Vergleich zur Summe der Wartezeiten vor ,roten Ampeln‘ (vgl. Ergebnis der Gürtelkommission kurz gefaßt: kein Tunnel, Ampeln reichen aus, Stau bleibt!).

              Daß die Abgasbeeinträchtigung der Anrainer durch vorschriftswidriges Verhalten der Verkehrs­teilnehmer (Laufenlassen des Motors) begründet wird, scheint den Einwendern zu entgehen. Darüber hinaus ist klar und nachweisbar, daß Schrankenschließzeiten zufolge S-Bahn-Verkehr wesentlich geringer sind als beim Güterverkehr (Länge S-Bahnzug 75 bis 150 m, Länge Güterzug bis 700 m, dh. Faktor 1 : 5 bis 1 : 9).

              Warum Unterführungen ,untaugliche Notlösungen‘ darstellen sollen, ist nicht nachvollziehbar. Die einfachsten Lösungen

              – Öffnen des ,Mauseloches‘ bei der Beckgasse bzw.

              – Brücke Schrutkagasse/Titlgasse

              werden offenbar bewußt negiert, um eine kunstfertige Argumentation gegen den Lainzer Tunnel aufrechtzuerhalten.

              Der letzte Satz von Punkt A ist schlichtweg falsch: Gerade durch den Lainzer Tunnel wird jede Umbaumöglichkeit der Verbindungsbahn geschaffen und das dann ausschließlich auf Bahn­grund!!!

ad B.     Gedanken über eine neue Verbindungsstrecke gehen in die 30er Jahre zurück, eine Zeit, in der der Osten nicht erst geöffnet werden brauchte. Der Lainzer Tunnel stellt somit keine ,isolierte Planung‘ dar.

              Daß Hütteldorf als Vorbahnhof unverändert bestehenbleibt, ist sonnenklar, ebenso wie die Tatsache, daß Güterzüge, die nach Kledering fahren, einen solchen nicht benötigen. Was mit einen ,zusätzlichen Vorbahnhof‘ gemeint ist, können wir nicht nachvollziehen.

ad C.     Das Zitat aus dem Rechnungshofbericht ist in unzulässiger Weise aus dem Zusammenhang gerissen.

              Zur Auflage gelangte nicht eine zehnte, sondern die optimierte Variante ,HaWei tief-Maxing‘, die jedoch noch weniger Anteile unter verbautem Gebiet aufweist. Die Krümmungsradien (insbeson­dere im Bereich des Speisinger Bogens) sind selbstverständlich so gewählt, daß auch die ursprüngliche Entwurfsgeschwindigkeit beibehalten werden konnte. Der aus dieser aufgestellten Behauptung gezogene Schluß ist somit falsch.

Abschließend ist zu bemerken, daß entlang der Verbindungsbahn nicht weniger, sondern mehr direkte Anrainer ein wieder herbeigeredetes Risiko zu tragen hätten als beim Lainzer Tunnel. Und daß Vergaben von Baulosen an unterschiedliche Firmen möglich sind, ist ho. bekannt.”

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 wurde hinsichtlich der Bürgerinitiative Nr. 7 der einstimmige Beschluß gefaßt:

Ersuchen um Zuweisung an den Verkehrsausschuß.

Nach Aufnahme der Verhandlungen im Verkehrsausschuß am 25. November 1997 wurden diese vertagt.

Verkehrsausschuß

Bürgerinitiative Nr. 11

eingebracht von Herrn Franz Schauer betreffend “Schutz vor alkoholisierten Fahrzeuglenkern”

Die Aktionsgemeinschaft gegen Alkohol am Steuer fordert den Schutz vor Alkoholtätern durch

1.  wirksame Verhinderung der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges durch einen alkoholisierten Lenker wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit;

2.  die Herabsetzung der Höchstgrenze der tolerierbaren Alkoholisierung auf 0,5 Promille und die Durchführung der notwendigen Überwachung;

3.  Punkteführerschein: kein Führerschein für Alkoholkranke, die sich nicht ärztlich behandeln lassen.

In der Ausschußsitzung am 7. Mai 1997 wurde beschlossen, zu dieser Bürgerinitiative Stellungnahmen folgender Stellen einzuholen:

Bundesministerium für Inneres, Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie Kuratorium für Verkehrssicherheit.

Das Bundesministerium für Inneres übermittelte folgendes Schreiben des Herrn Bundesministers für Inneres betreffend “Plattform für 0,5 Promille”:

“Das Bundesministerium für Inneres hat bereits anläßlich des im Sommer 1996 durchgeführten Begutachtungsverfahrens betreffend den vom Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr ver­sendeten Entwurf einer Novelle zur Straßenverkehrsordnung 1960, in dem die von Ihnen angesprochene 0,5-Promille-Regelung vorgesehen war, keine Einwände gegen diese beabsichtigte Änderung geäußert.

Darüber hinaus sind die Vertreter meines Ressorts bei verschiedensten Anlässen – unter anderem auch bei der am 15. Oktober 1996 im Parlament stattgefundenen Enquete zum Thema ,Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit durch weitere Maßnahmen gegen die Fahruntüchtigkeit auf Grund von Alkohol- oder Drogenkonsum‘ – dem gegenständlichen Novellierungsvorhaben durchaus aufge­schlossen gegenübergestanden.

Diese grundsätzlich befürwortende Haltung ist vor allem vor dem Hintergrund einer – durch diese (Gesetzgebungs-)Maßnahme zu erwartenden – weiteren Verbesserung der Verkehrssicherheit zu sehen.

Daneben besteht für mich kein Zweifel, daß die Exekutive auch in Zukunft durch ihre Kontrollmaß­nahmen und den Einsatz der ständig erweiterten technischen Ausrüstung zur effizienten Verkehrsüber­wachung ihren Beitrag zur Sicherheit auf Österreichs Straßen leisten wird.”

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr nahm zur gegenständlichen Bürgerinitiative wie folgt Stellung:

“Die Regierungsvorlage der 20. Novelle zur Straßenverkehrsordnung sieht eine Änderung des § 5b StVO vor. Diese Bestimmung enthält eine – nicht abschließende – Aufzählung der möglichen Zwangsmaß­nahmen, die von der Exekutive gesetzt werden können, um zu verhindern, daß alkoholisierte Fahrzeuglenker ihre Fahrt fortsetzen. In diese Aufzählung wird nunmehr das Anlegen technischer Sperren, sogenannter Radklammern, ausdrücklich aufgenommen. Obwohl diese Möglichkeit rechtlich gesehen bereits bisher bestand, soll durch die ausdrückliche Erwähnung in § 5b StVO das Augenmerk der Straßenaufsichtsorgane verstärkt auf diese Möglichkeit gelenkt werden.

Die Herabsetzung auf 0,5 Promille wird voraussichtlich Gegenstand einer parlamentarischen Abstimmung sein.”

Vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erging folgende Stellungnahme:

“Im Rahmen der dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten eingeräumten Kompetenz des Bundesstraßenbaues wird der Verkehrssicherheit ein hoher Stellenwert eingeräumt. Ein großes Spektrum an entsprechenden baulichen und organisatorischen Maßnahmen wird umgesetzt.

Die Durchsetzung der von der Bürgerinitiative angesprochenen Maßnahmen:

–   wirksame Verhinderung der Inbetriebnahme von Fahrzeugen,

–   Herabsetzung der Höchstgrenze der tolerierbaren Alkoholisierung auf 0,5 Promille,

–   kein Führerschein für Alkoholkranke,

fallen jedoch in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr und

–   die notwendige Überwachung

in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Inneres.”

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit führte aus, daß die Aktionsgemeinschaft gegen Alkohol am Steuer, ins Leben gerufen von Frau Sigrid Benesch und deren Eltern, Sieghilde und Franz Schauer, dem KfV bestens bekannt sind.

“Der tragische Unfalltod von Sigrun Benesch, der Tochter von Frau Sigrid Benesch, hervorgerufen durch einen alkoholisierten Autolenker, hat zu zahlreichen Reaktionen von Politikern und den Medien geführt.

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) unterstützt diese Bürgerinitiative Nummer 11 vollinhaltlich und verweist auf die vielen Unterschriften, die aus der Bevölkerung in Form von Unterstützungs­erklärungen spontan eingetroffen sind.

Das ,Rote Dreieck‘, eine Initiative österreichischer Unfallopfer, hat sich ebenfalls dieser Bürgerinitiative der Aktionsgemeinschaft gegen Alkohol am Steuer angeschlossen und bemüht sich um präventive Maßnahmen zur Vorbeugung derart tragischer Unfälle, die durch Alkohol am Steuer verursacht werden.”

Des weiteren liegt eine Stellungnahme der Volksanwaltschaft vor, die sich zur genannten Initiative wie folgt geäußert hat:

“Die Volksanwaltschaft spricht sich positiv zum Anliegen der gegenständlichen Bürgerinitiative, die von – wie ausgeführt ist – über 45 000 Unterschriften unterstützt ist, aus und teilt dazu mit, daß es nach Ansicht der Volksanwaltschaft durch die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer Reduktion der Anzahl von Unfällen und Unfallopfern kommen könnte.

Die Senkung der zulässigen Alkoholisierung von 0,8 auf 0,5 Promille hat nach Ansicht der Volksanwaltschaft sicherlich eine positive Signalwirkung. Eine solche Maßnahme, die bereits im Entwurf zur 20. Novelle zur Straßenverkehrsordnung enthalten war, wirkt generalpräventiv und bringt zum Ausdruck, daß die Gesellschaft das Lenken von Kraftfahrzeugen auch bei einer geringfügigeren als der derzeit geltenden Grenze der Alkoholisierung verurteilt.

In die gleiche Richtung weist die Anregung der Bürgerinitiative zur Einführung eines Punkteführer­scheines. Auch eine derartige Regelung ist bereits vom Bundesministerium für Verkehr in einem Begutachtungsentwurf vorgeschlagen worden. Es sollte für ein System des Punkteführerscheines nach Ansicht der Volksanwaltschaft ein möglichst einfaches transparentes und für Behörden sowie Bürger klares Punktesystem geben, das bundesweit anzuwenden ist.

Abschließend weist die Volksanwaltschaft darauf hin, daß bereits nach der geltenden Rechtslage konkrete Maßnahmen der Exekutive möglich sind, um das Weiterfahren des Lenkers im alkoholisierten Zustand zu vermeiden. Dazu gehören nicht nur die Abnahme der Fahrzeugdokumente, sondern auch die Abnahme der Schlüssel sowie die Anbringung technischer Sperren (Radklammern).”

Eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist nicht eingelangt.

Einstimmiger Beschluß in der Ausschußsitzung am 26. November 1997:

Ersuchen um Zuweisung an den Verkehrsausschuß.

 

Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat die gegenständlichen Petitionen und Bürger­initiativen in seinen Sitzungen am 3. Juli, 17. Oktober und 4. Dezember 1996, 7. Mai, 9. Juli und 26. November 1997 sowie am 1. Juli 1998 in Verhandlung genommen.

An den Debatten beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Paul Kiss, Mag. Walter Guggenberger, Dr. Gottfried Feurstein, Theresia Haidlmayr, Dr. Helene Partik-Pablé, Maria Schaffenrath, Rainer Wimmer, Dr. Alfred Brader, Edeltraud Gatterer, Dr. Robert Rada, Franz Stampler, Dr. Günther Kräuter, Manfred Lackner, Brigitte Tegischer, Mag. Cordula Frieser, Franz Koller, Hermann Mentil, Dr. Sonja Moser, Ing. Leopold Maderthaner, Anton Blünegger, Franz Morak, Dr. Johannes Jarolim, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Johann Kurzbauer, Klara Motter, Dr. Günther Leiner sowie die Obfrau des Ausschusses Brunhilde Fuchs.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde der Abgeordnete Franz Stampler gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.


Wien, 1998 07 01

                                 Franz Stampler                                                                 Brunhilde Fuchs

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

 

Minderheitsbericht

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann
und Genossen

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

zur Petition Nr. 14

In der Sitzung des Petitionsausschusses vom 17. Oktober 1996 wurde durch Beschluß der Vertreter der SPÖ, ÖVP, GA und LIF von einer weiteren Behandlung der Petition Nr. 14, “Gerechtigkeit bei den Telefongebühren” gemäß § 100b Abs. 1 Abstand genommen.

Begründet wurde dies damit, daß angeblich seit Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes keine Bundes­kompetenz mehr bestehe.

Dies ist insofern unrichtig, als der Wunsch, die Telefonnetzbetreiber zur Installation von Gebühren­zählern beim Telefonkunden zu verpflichten, klar auf bundesgesetzlicher Ebene zu regeln wäre (Fern­meldegesetz bzw. in Ausarbeitung befindliches Telekom-Gesetz). Spätestens ab der Liberalisierung müßte diese Verpflichtung ja auch für die Konkurrenz der Post gelten, kann daher gar keine reine Unter­nehmensentscheidung der PTA sein!

Gleiches gilt für den konsumentenschutzrechtlichen Teil, auch eine solche Regelung wäre, wenn die Netzbetreiber ihre Geschäftsbedingungen nicht freiwillig entsprechend anpassen, selbstverständlich durch Bundesgesetz herbeizuführen.

Ähnlich hinsichtlich des Punktes der finanziellen Ausbeutung durch den Finanzminister: Wohl gibt es seit Inkrafttreten des Poststrukturgesetzes kein Fernmeldeinvestitionsgesetz mehr, doch ist in eben diesem Poststrukturgesetz festgeschrieben, daß Leistungen an den Bund in Gestalt der Abgaben gemäß § 7 Abs. 4 (Dividende) und vor allem der prozentuellen Konzessionsabgabe vom Fernmeldeumsatz gemäß § 9 (21,3% 1996, 18% 1997) zu erbringen sind. Diese Abgaben an den Bund betreffen ausschließlich den klassischen (reservierten) Telefonbereich und wären nur durch Änderung des Poststrukturgesetzes zu verhindern, was wiederum nur dem Nationalrat möglich wäre.

Mit Ausnahme des Punktes Telefongebühren – also eines einzigen von vier Anliegen der Petition – handelt es sich daher klar um Bundeskompetenzen im Sinne des Geschäftsordnungsgesetzes § 100 Abs. 1. Die Petition wäre daher weiter zu behandeln.

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann

Anton Blünegger

Franz Lafer

LENKERKONTROLLEN 1995

 

AUSSENDIENST

INNENDIENST

AUSSENDIENST und INNENDIENST


KFZ-Arten

EG-VO-FZ Personen-
verkehr

EG-VO-FZ Güter-
verkehr

EG-VO-FZ Gesamt

Sonstige
FZ


Summe

EG-VO-FZ Personen-
verkehr

EG-VO-FZ Güter-
verkehr

EG-VO-FZ Gesamt

Sonstige
FZ


Summe

EG-VO-FZ Personen-
verkehr

EG-VO-FZ Güter-
verkehr

EG-VO-FZ Gesamt

Sonstige
FZ


Summe

kontr. Lenker

438

5 685

6 123

1 052

7 175

76

1 128

1 204

47

1 251

514

6 813

7 327

1 099

8 426

kontr. ATage

7 199

70 838

78 037

3 467

81 504

1 114

16 613

17 727

482

18 209

8 313

87 451

95 764

3 949

99 713

Beanstandungen

 

Tageslenkzeit

64

768

832

36

868

14

283

297

7

304

78

1 051

1 129

43

1 172

Wochenlenkzeit

10

59

69

1

70

2

47

49

0

49

12

106

118

1

119

2-Wochen-Lenkzeit

2

19

21

0

21

2

8

10

0

10

4

27

31

0

31

keine Lenkpause

50

345

395

38

433

5

92

97

3

100

55

437

492

41

533

zu kurze Lenkpause

88

928

1 016

26

1 042

13

100

113

2

115

101

1 028

1 129

28

1 157

tägl. Ruhezeit

60

523

583

17

600

25

231

256

2

258

85

754

839

19

858

wöchentl. Ruhezeit

12

28

40

5

45

4

27

31

0

31

16

55

71

5

76

kein Linienplan

0

0

0

5

5

0

0

0

0

0

0

0

0

5

5

Mißbrauch Linienplan


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0


0

Einsatzzeit

54

771

825

26

851

23

264

287

3

290

77

1 035

1 112

29

1 141

Fahrtenbuch/
Kontrollgerät


232


3 780


4 012


282


4 294


56


766


822


31


853


288


4 546


4 834


313


5 147


Summe Beanst.

572

7 221

7 793

436

8 229

144

1 818

1 962

48

2 010

716

9 039

9 755

484

10 239

 

 

 



[1]) 3. Symposium über Bioethik vom 15. bis 18. Dezember 1996 in Straßburg, veranstaltet vom Leitungskomitee für Bioethik des Europarates.

[2]) Diesem Schwein wurden menschliche Gene eingepflanzt. Ziel der Maßnahme ist es, Tierorgane für Trans­plantationszwecke an Menschen zu bereiten.

[3]) Das Gesetz spricht dabei von entwicklungsfähigen Zellen (§ 1 Abs. 3 FMedG).

[4]) Dies ergibt sich aus dem Zusammenhalt der §§ 1 Abs. 3, 9 Abs. 1 und 10 FMedG.

[5]) Eingriffe in die Keimbahn sind unzulässig (§ 9 Abs. 2 FMedG). Damit sind vom Gesetzgeber offenbar unmittelbare Eingriffe in die Samen- oder Eizellen oder deren Verformen gemeint. Ein Lückenschluß durch Analogie auf geklonte Zellen erscheint nicht möglich.

[6]) Schülervergleichszahlen von Wien 1991/92