1401 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über den Antrag 770/A der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1984 geändert wird


Die Abgeordneten Klara Motter und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 13. Mai 1998 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“In den vergangenen Jahren sind die teilweise rigiden Werbeverbote in den Standesrechten der freien Berufe ins Wanken geraten. So wurde der § 25 Ärztegesetz von 1991 bereits dahin gehend novelliert, daß dem Arzt nicht mehr ,jede Art der Werbung‘ verboten ist, sondern seit der Novelle 1992 sich der Arzt ,jeder unsachlichen, unwahren und das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammen­hang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten‘ hat. Dennoch werden nach wie vor alljährlich ÄrztInnen wegen des Verstoßes gegen die restriktive Werberichtlinie der Österreichischen Ärztekammer unter dem Titel ,das Standesansehen beeinträchtigende Information‘ von der Disziplinarkommission verurteilt.

Laut Richtlinie der Ärztekammer liegt eine standeswidrige Information ua. vor bei

a)  vergleichender Bezugnahme auf Standesangehörige;

b) Einbeziehung von Patienten;

c)  Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit;

d) Selbstanpreisung der eigenen Person oder Darstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit durch reklamehaftes Herausstellen in aufdringlicher, marktschreierischer Weise;

e)  Erwecken des Eindruckes einer medizinischen Exklusivität bei Laien;

f)  Verteilung von Flugblättern und Postwurfsendungen an die Bevölkerung und anderen Formen der Telekommunikation.

Besonders die in lit. d und e genannten inkriminierenden Bestimmungen werden häufig ausschlag­gebend für eine Verurteilung durch die Disziplinarkommission: Aus sachlich informativen Einschaltungen in Printmedien beispielsweise werden vom Disziplinaranwalt immer wieder dieselben Unterstellungen entnommen: marktschreierisch, reklamehaft, Eindruck der medizinischen Exklusivität. Damit erweist sich der novellierte § 25 ÄG mit seinem Verweis auf das ,Standesansehen‘ in der Praxis als nicht ausreichend, um eine Liberalisierung der Werbebeschränkungen bei den Richtlinien der Ärztekammer herbeizuführen.

Ausdrücklich erwähnt sei, daß durch die beantragte Novellierung die Tatbestände der unsachlichen oder unwahren Information selbstverständlich weiter einer strengen Überprüfung und eventuellen Verurteilung durch die Disziplinarkommissionen der Österreichischen Ärztekammer unterliegen sollen.

Eine solche Liberalisierung dient in erster Linie dem PatientInneninteresse und -recht auf Information. Derzeit stellen nämlich die einzigen Zugangsmöglichkeiten der PatientInnen zur Information entweder die Mundpropaganda oder die Adreßkartei des Telefonbuchs dar. Diese Einschränkung ist aber durch nichts gerechtfertigt, sondern schadet dem berechtigten Informationsinteresse der PatientInnen. Schließlich kann sich jeder über die unwichtigen Dinge des Lebens frei informieren, bei einer so wichtigen und vielleicht lebensentscheidenden Aktion wie der Wahl des Arztes wird er aber daran gehindert, eine sachgerechte Entscheidung zu treffen.

Die geltende Rechtsauffassung der Disziplinarkommissionen entspricht auf der anderen Seite nicht den Grundsätzen der freien Meinungsäußerung und Erwerbsfreiheit: Insbesondere für die seit dem Sparpaket 1996 schlechtergestellten WahlärztInnen bedeutet ein Abgehen von der restriktiven Spruchpraxis und eine klare Definition von erlaubter und unerlaubter Werbung eine der wichtigsten Voraussetzungen, um im Wettbewerb mit den Vertragsärzten standhalten zu können.


Daneben benachteiligt das Werbeverbot die Ärzteschaft selber und das Ansehen der Medizin an sich. Während sich Nichtärzte nahezu uneingeschränkt zu medizinischen Themen äußern können und unter Umständen obskure Heilmethoden bewerben können, bleibt universitär ausgebildeten ÄrztInnen die Darstellung ihrer anerkannten medizinischen Leistungen vorenthalten. Unter diesen Bedingungen darf es nicht verwundern, wenn fragwürdige und zum Teil gesundheitsgefährdende Behandlungen sich eines steigenden Zuspruchs seitens der Bevölkerung erfreuen, deren mögliche drastische Konsequenzen zB  im Fall Olivia Pilhar in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren.

Mit der beantragten Streichung der Wortfolge ,das Standesansehen beeinträchtigend‘ würde nicht nur eine Gleichstellung mit den gesetzlichen Werbebestimmungen anderer sensibler Gesundheitsberufe (wie dem Psychologen- oder dem Psychotherapiegesetz) erfolgen. Die Herstellung des verfassungskonformen Zustandes, die Erlassung einer zum Teil willkürlichen Richtlinie durch die Ärztekammer zu unterbinden, wäre somit sowohl für die Ärzteschaft als auch die PatientInnen ein eminenter Gewinn.”

Der Gesundheitsausschuß hat den gegenständlichen Initiativantrag (770/A) in seiner Sitzung am 24. September 1998 in Verhandlung genommen. Berichterstatterin im Ausschuß war die Abgeordnete Dr. Martina Gredler.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil, Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Martina Gredler, Dr. Erwin Rasinger, Theresia Haidlmayr, Dr. Gerhard Kurzmann, Mag. Johann Maier, Johann Schuster sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch und der Ausschußvorsitzende Abgeordneter Dr. Alois Pumberger.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschuß­mehrheit.

Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Ridi Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1998 09 24

                                      Ridi Steibl                                                                  Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann