1415 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Justizausschusses


über die Regierungsvorlage (1357 der Beilagen): Bundesgesetz über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Radioaktivität (Atomhaftungsgesetz 1999 – AtomHG 1999) und

über den Antrag der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen betreffend die Änderung des Atomhaftungspflichtgesetzes [100/A(E)]


Das Atomhaftpflichtgesetz stammt aus den sechziger Jahren, also aus einer Zeit, in der in Österreich ebenso wie in anderen Ländern “der friedlichen Nutzung der Kernenergie” wirtschafts- und industrie­politische Priorität zukam. Diesem Ziel diente auch das Haftungsregime für nukleare Unfälle und Schäden. Der Wandel in der gesellschaftlichen, politischen und auch wirtschaftlichen Einstellung zur Kernenergie hat es mit sich gebracht, daß das Atomhaftpflichtgesetz mittlerweile sowohl in seinen Inhalten als auch in seinen Intentionen weitgehend veraltet ist.

Das Atomhaftpflichtgesetz soll durch eine zeitgemäße Regelung ersetzt werden, die dem Standard vergleichbarer Gefährdungshaftungsgesetze entspricht.

Wesentliche Inhalte des Entwurfes sind:

–   Verschärfung der Haftung für Kernanlagen und nukleare Transporte;

–   weitestgehende Beseitigung der Kanalisierung dieser Haftung;

–   Haftung auch für die Kosten vorbeugender Maßnahmen und Sonderregeln für die Haftung bei Umweltbeeinträchtigungen;

–   Einführung von Beweiserleichterungen und Auskunftsrechten zugunsten des Geschädigten;

–   Verschärfung der Versicherungspflichten für den Betrieb von Kernanlagen und für nukleare Transporte;

–   Beseitigung der Haftungshöchstbeträge;

–   Sicherstellung der österreichischen Gerichtsbarkeit und der Anwendung österreichischen Rechts.

Am 27. Februar 1996 haben die Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen einen Entschließungsantrag betreffend die Änderung des Atomhaftpflichtgesetzes im Nationalrat vorgelegt, der dem Justizausschuß zur Vorbehandlung zugewiesen wurde. Dieser Antrag war wie folgt begründet:

“Das Atomhaftpflichtgesetz in seiner geltenden Fassung reicht aus heutiger Sicht nicht mehr aus, weil die im Atomhaftpflichtgesetz normierten Wertgrenzen von Anfang an zu niedrig bemessen waren und im Verhältnis zu den zu erwartenden Schäden im Falle eines Unfalls völlig unzureichend sind.

Insbesondere die Unterstützung der vorsorglich geltend gemachten Ansprüche gegenüber Verantwor­tungsträgern im Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb von atomaren Anlagen im benachbarten Ausland durch verschiedenste Gebietskörperschaften und deren Repräsentanten (zB gegenüber Westinghouse im Fall Temelin) bleibt unglaubwürdig, wenn im eigenen Bereich international übliche haftungsrechtliche Mindeststandards nicht gelten.

Reformbedürftig erscheint aber auch das System der Anspruchsgrundlagen im Sinne einer umfassenden Umwelthaftung (Gefährdungshaftung).

Diese sensible Materie darf nicht der schleichenden, rechtlichen Überalterung überlassen werden, sondern ist einer allen Ansprüchen an ein modernes Haftungsrecht genügenden gesetzlichen Regelung zuzuführen.”

Der Justizausschuß hat beide Vorlagen in seiner Sitzung am 2. Oktober 1998 der Vorbehandlung unterzogen. Zur Regierungsvorlage 1357 der Beilagen berichtete die Abg. Anna Huber, zum An­trag 100/A(E) der Abg. Dr. Volker Kier.

An der sich an die Ausführungen der Berichterstatter anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dr. Volker Kier, Mag. Gabriela Moser, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Dr. Josef Trinkl und Peter Schieder sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abg. Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Johannes Jarolim einstimmig angenommen.

Ein vom Abg. Dr. Volker Kier vorgelegter Abänderungsantrag fand in getrennter Abstimmung keine Mehrheit.

Mit der Beschlußfassung über diesen Gesetzentwurf gilt der Antrag 100/A(E) als miterledigt.

Des weiteren hat der Justizausschuß die beigedruckte Entschließung, die von den Abg. Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Gabriela Moser und Dr. Volker Kier eingebracht wurde, einstimmig angenommen.

Als Berichterstatter für das Haus wurde die Abg. Anna Huber gewählt.

Zu den vom Justizausschuß vorgenommenen Änderungen der Regierungsvorlage ist folgendes zu bemerken:

Zu § 7 Abs. 1:

Die in der Regierungsvorlage (§ 6 Abs. 1 dritter Satz) vorgesehene Ausnahme von der Versicherungs­pflicht für den Betreiber einer Kernanlage soll auch für die Sicherstellungspflicht der Beförderer von Kernmaterial gelten, zumal auch dieses Risiko – trotz geringerer Versicherungssummen – versicherungs­mäßig nur schwer kalkulierbar ist. Diesem Ziel dient die Ergänzung des § 7 Abs. 1 der Regierungs­vorlage. Schäden auf Grund von bewaffneten Auseinandersetzungen im Sinn des Völkerrechts (seien es internationale bewaffnete Konflikte zwischen Staaten oder nicht-internationale bewaffnete Konflikte zwischen organisierten bewaffneten, unter einheitlicher Leitung stehenden Gruppen um die Staatsgewalt) sollen demnach von der Versicherungspflicht ausgenommen sein. Alle anderen Vorgänge (wie zB innere Unruhen und Spannungen mit vereinzelten Gewalttaten, Zusammenrottungen, Sabotage, Terroranschläge, organisierte Gewaltanwendung, Ausschreitungen bei Großdemonstrationen und ähnliche Handlungen) vermögen diesen Ausschluß von der Versicherungspflicht nicht zu begründen.

Zu § 8 Abs. 2 und § 10 Abs. 3:

Die Regierungsvorlage nennt als zuständige Stelle für die in § 158c Abs. 2 VersVG 1958 vorgesehene Anzeige den Bundeskanzler und den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr. Diese Regelung lehnt sich an die im Bundesministeriengesetz 1986 verankerten Zuständigkeiten in Angelegenheiten des Strahlenschutzes und des Verkehrswesens an. Sie könnte freilich zu Verzögerungen führen, weil schon nach geltendem Recht (vgl. § 41 Strahlenschutzgesetz) für strahlenschutzrechtliche Bewilligungen nicht nur der Bundeskanzler, sondern auch weitere Behörden berufen sind. Darüber hinaus sieht ein jüngst zur Begutachtung versendeter Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strahlenschutzgesetz an das EU-Recht angepaßt wird, eine Verlagerung von Bewilligungskompetenzen auf den Landeshauptmann und die Bezirksverwaltungsbehörde vor. Weiters soll nach diesem Entwurf der Abschluß einer Pflicht-Haftpflichtversicherung Voraussetzung einer verwaltungsbehördlichen Bewilligung des Betriebs einer Anlage bzw. des Umgangs mit radioaktiven Stoffen werden. Aus diesen Gründen empfiehlt sich eine Regelung, nach der die Anzeige der Versicherers der für die verwaltungsbehördliche Bewilligung zuständigen Behörde unmittelbar zukommt. Für die Bewilligung des Betriebes von Kernanlagen werden dies der Landeshauptmann, die Gewerbehörde und – im universitären Bereich – der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, für die Bewilligung der Beförderung von Kernmaterial der Bundesminister für Inneres (§ 7 SicherheitskontrollG 1991) oder – soweit eine Bewilligung nach den internationalen Übereinkommen über die Beförderung gefährlicher Güter erforderlich ist – der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, für den Umgang mit Radionukliden die nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für die Bewilligung zuständigen Behörden (vor allem Bezirksverwaltungsbehörde und Landeshauptmann) sein.

Zu § 22:

Mit der vorgesehenen Änderung soll klargestellt werden, daß für Klagen und Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen sachlich der Gerichtshof erster Instanz zuständig ist. Die Zuständigkeit nach § 22 Abs. 1 und 2 des Entwurfs erstreckt sich im übrigen nicht nur auf Schadenersatzprozesse, sondern auch auf allfällige Verfahren über Rückgriffs- und Ausgleichsansprüche.


Der gemeinsame Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

“Der Nationalrat will ein Atomhaftungsgesetz beschließen, das einen eigenen österreichischen Weg geht. Der Nationalrat geht dabei von der Überzeugung aus, daß die bisher bestehenden internationalen Haftungsregelungen nicht dem österreichischen schadenersatzrechtlichen Standard entsprechen, weil durch die Regelung adäquater Schadenersatz nicht gewährleistet ist.

Bei der Beschlußfassung geht der Nationalrat allerdings auch davon aus, daß die internationale Ent­wicklung in diesem Bereich in Richtung einer adäquaten internationalen Deckungsvorsorge weitergeht, so daß im Falle solcher Entwicklungen eine Teilnahme Österreichs an den internationalen Instrumenten wünschenswert wird, ohne österreichische Grundsätze des Schadenersatzrechtes aufgeben zu müssen.”

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle

           1. dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1357 der Beilagen) mit den angeschlossenen Abänderungen (Anlage 1) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

           2. die beigedruckte Entschließung (Anlage 2) annehmen.

Wien, 1998 10 02

                                    Anna Huber                                                      Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage 1

Abänderungen

zum Gesetzentwurf 1357 der Beilagen

1. In § 7 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

“Diese Sicherstellungspflicht erstreckt sich nicht auf Schäden, die auf einen Krieg, ein kriegerisches Unternehmen, einen Bürgerkrieg, einen Aufruhr oder einen Aufstand zurückzuführen sind.”

2. § 8 Abs. 2 hat zu lauten:

“(2) Zuständige Stelle für die in § 158c Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz 1958 vorgesehene Anzeige ist die für die Bewilligung des Betriebs einer Kernanlage oder für die Bewilligung der Beförderung von Kernmaterial zuständige Behörde.”

3. § 10 Abs. 3 hat zu lauten:

“(3) Zuständige Stelle für die in § 158c Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz 1958 vorgesehene Anzeige ist die für die Bewilligung nach strahlenschutzrechtlichen Vorschriften zuständige Behörde.”

4. § 22 hat samt Überschrift zu lauten:

“Zuständigkeit

§ 22. (1) Für Klagen und Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen, die auf Grund dieses Bundesgesetzes oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften wegen Schäden durch ionisierende Strahlung eingebracht werden, ist der Gerichtshof erster Instanz zuständig. Gleiches gilt für Klagen und Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen, mit denen der Ersatz der Kosten von Vorbeugemaßnahmen geltend gemacht wird.

(2) Für die in Abs. 1 genannten Klagen und Anträge ist auch der Gerichtshof erster Instanz örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Schaden verursacht oder eingetreten ist oder die Vorbeugemaßnahmen durchgeführt worden sind.”

Anlage 2

Entschließung

Die Bundesregierung wird ersucht, an völkerrechtlichen Verhandlungen weiterhin aktiv teilzunehmen und sich für eine Verbesserung dieses Systems einzusetzen, um ein auf internationaler Solidarität beruhendes System adäquater Haftungsinstrumente für Atomschäden sicherzustellen. Dabei sollen auch alle Möglich­keiten, die im Bereich der EU bestehen, genutzt werden. In der durch das Gesetz vorgesehenen Bericht­erstattung (§ 30 AtomHG 1999) möge insbesondere auf die Fragen einer adäquaten Schadensdeckung im Rahmen einer internationalen Fondslösung eingegangen werden, um die Prüfung einer Teilnahme Österreichs an internationalen Regelungen zu ermöglichen.

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

des Abgeordneten Dr. Volker Kier

gemäß § 42 Abs. 5 GOG zur Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Radioaktivität (1357 der Beilagen, XX. GP) in der Fassung des Berichts des Justizausschusses vom 2. Oktober 1998

Die Feststellung in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1357 der Beilagen, XX. GP), Allgemeiner Teil, Kapitel 1, daß der Antrag des Abgeordneten Thomas Barmüller betreffend ein Bundesgesetz über die Haftung für nukleare Schäden (705/A, XX. GP) eine Beibehaltung der Kanalisierung der Haftung vorsieht, ist unrichtig.

Richtig ist vielmehr, daß dieser Antrag die Aufhebung der Kanalisierung der Haftung vorsieht.

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Atomhaftungsgesetz 1999 (1357 der Beilagen)

Der Entwurf ist aus Sicht der Grünen natürlich ein Schritt zur Verbesserung der wahrlich hoffnungslos veralteten und rechtspolitisch unvertretbaren Haftungsregelungen. In einigen Punkten ist der Entwurf allerdings noch massiv verbesserungswürdig, um eine adäquate Haftungssituation für Atomschäden in Österreich zu garantieren. Bedauerlich sind aus umweltpolitischer Sicht die “Verwässerungen”, die im Anschluß an das Begutachtungsverfahren vorgenommen wurden. Der Entwurf des Justizministeriums war in einigen wesentlichen Punkten engagierter formuliert und gestaltet als die nun vorliegende Regierungsvorlage.

Der Entwurf enthält einige wesentliche Änderungen der Atomhaftungssituation, die von den Grünen wiederholt eingefordert wurden. Dazu zählt, daß auf Basis des vorliegenden Entwurfes ein Beitritt zu den internationalen Haftungsübereinkommen in der derzeitigen Form nicht möglich ist. Dazu zählt auch die Einbeziehung grenzüberschreitender Schadensfälle, das Einrichten eines österreichischen Gerichtsstandes auch für ausländische Schadensfälle und die Anwendung österreichischen Rechtes. Zu begrüßen ist die Aufhebung der Kanalisierung und der Haftungsobergrenzen, die Regelung der Gehilfenhaftung und die Einbeziehung von Rettungskosten in den Schadensbegriff. Insgesamt ist der Entwurf ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich die Instrumente der innerstaatlichen Rechtsordnung aktiv als Instrument der österreichischen Anti-Atom-Politik zu nutzen.

Heftige Kritik muß allerdings in mehreren Punkten geäußert werden, so insbesondere beim Ausschluß der reinen Umweltschäden, die nicht ausdrückliche Einbeziehung des entgangenen Gewinns und die weitere Privilegierung von Zulieferer und Dienstleister von AKWs.

Eine Haftung für Umweltschäden ist – nach schlechtem Vorbild der Gentechnikhaftungsregelungen – unverständlicherweise nicht enthalten. Nicht argumentierbar ist der Ausschluß des “reinen Umwelt­schadens” mit dem in den Erläuterungen dargelegten Argument, daß diesem Problem eine Lösung auf europäischer Ebene zugeführt werden soll. Die Erfahrungen der Vergangenheit, wie lange auf Kommissionsebene um grundsätzliche Positionen zur Umwelthaftung gerungen wurde und daraus resultierend das Bewußtsein, wie lange dieser Prozeß noch dauern wird – sollte es überhaupt jemals zu einer Richtlinie kommen –, lassen es unverständlich erscheinen, mit der Klärung der Haftung für Ökoschäden auf eine EU-Regelung zu warten.

Der Ausschluß der Haftung für Zulieferer und Konstrukteure wird zwar grundsätzlich aufgehoben, sie sind vor Schadenersatzansprüchen jedoch geschützt, wenn sie nachweisen, daß Klagen gegen den Betreiber erfolgversprechend sein können.

In folgenden Punkten muß der Entwurf ebenfalls noch unbedingt verbessert werden. Dazu gehört die schwache Verursachungsvermutung, die Ausgestaltung der Auskunftspflichten und der Kreis der potentiellen Haftpflichtigen.

Die Beweislastumkehr kann durch den in Anspruch genommenen Betreiber bereits dadurch entkräftet werden, daß er die Unwahrscheinlichkeit der Verursachung des Schadens dartut. Verbunden mit der eher restriktiven Auskunftspflicht erschwert dem Geschädigten die tatsächliche Durchsetzung seiner Ansprüche. Damit wird die Verursachungsvermutung zugunsten des Geschädigten massiv geschwächt. Die Verursachungsvermutung soll nur dann widerlegt werden können, wenn der Betreiber beweist, daß der Schaden oder die Umweltbeeinträchtigung nicht durch seine Tätigkeit verursacht worden ist.

Mängel bestehen bei der konkreten Ausgestaltung der Auskunftspflicht. Die Auskunftspflicht ist eine der Säulen von wirkungsvollen Haftungsbestimmungen. Der Entwurf unternimmt aus Sicht des Geschädigten im § 13 eine massive Verwässerung dieses Rechtes. Der Betreiber kann die Informationen verweigern, wenn er damit unverhältnismäßig belastet würde. Um den Betreiber vor schikanöser Ausnützung des Anfragerechtes zu schützen, hilft jedoch das im Bereich des ABGB hinreichend ausjudizierte allgemeine Instrument des Schikaneverbots. Informationen über umweltrelevante Abläufe im Betrieb sollten in einem organisierten Unternehmen ohnehin jederzeit abrufbar sein. Wenn eine Auskunft tatsächlich erforderlich ist, dann soll sie auch zur Verfügung gestellt werden, wenn für den Betreiber damit Arbeit verbunden ist. Zur Geltendmachung der Auskunftspflicht sollten bei drohenden Umweltbeeinträchtigungen ebenfalls Interessensvertretungen, öffentlich anerkannte und bundesweit tätige Umweltverbände und die Umweltanwälte berechtigt sein.

Auch ein Haftungsdurchgriff auf Konzernmütter ist nicht verwirklicht. Finanziers und der Anlagenstaat können ebenfalls nicht belangt werden. Ob dem Entwurf eine Präventivwirkung im Sinne eines Unsicherheitsfaktors in der europäischen Atomhaftungslage zukommt, wird daher bezweifelt.

Ein Beitritt zu den internationalen Atomhaftungskonventionen, die von einem Fördergedanken der Atomwirtschaft geprägt sind, wird in den Erläuternden Bemerkungen nicht ausgeschlossen.

Unverständlich sind diese Abschwächungen vor allem deshalb, weil die nationale Gesetzgebung einer der wenigen Bereiche ist, wo ohne mühsame Verhandlungen mit atomkraftnutzenden Nachbarstaaten die Situation für die eigene Bevölkerung verbessert werden kann. Zudem könnte ein engagiertes österreichisches Atomhaftungsgesetz zum massiven Störfaktor im atomfreundlichen internationalen Haftungsregime werden und Präventivwirkung entfalten.