1429 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 28. 10. 1998

Regierungsvorlage


Bundesgesetz betreffend Zuwendungen an den Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Die Oesterreichische Nationalbank wird ermächtigt, Zuwendungen an den Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus bis zum Gegenwert des der Oesterreichischen Nationalbank von der Tripartiten Goldkommission anläßlich der Auflösung des Goldpools übermittelten Anteils von 102 108 516,42 Schilling zu leisten.

(2) Der Internationale Fonds für Opfer des Nationalsozialismus ist das von der Regierung des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland am 1. Dezember 1997 zum Zwecke der Unterstützung der Opfer des Nationalsozialismus errichtete Konto bei der Federal Reserve Bank of New York samt den dazu gehörigen Vereinbarungen.

(3) Die Zuwendungen gemäß Abs. 1 sind von sämtlichen Abgaben befreit. Die zur Durchführung der Aufgaben des Fonds erforderlichen Rechtsgeschäfte sind von allen Gebühren befreit.

§ 2. (1) Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die im Zusammenhang mit den Zuwendungen gemäß § 1 erforderlichen Erklärungen dem Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus gegenüber abzugeben.

(2) Als Rechtsträger, dem die in den Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus eingebrachten Geldmittel zukommen sollen, ist der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu bestimmen, der diese Mittel gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995 in der jeweils geltenden Fassung, im Sinne der Statuten des Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus zu verwenden hat.

§ 3. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich des § 1 der Bundesminister für Finanzen, hinsichtlich des § 2 der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut.

Vorblatt

Problem:

Im Jahre 1998 hat die Tripartite Goldkommission (TGC), die 1946 zur Verwaltung und Verteilung der Goldbestände der deutschen Reichsbank, die den zwischen 1938 und 1945 besetzten Staaten geraubt wurden, gegründet worden ist, die restlichen im Goldpool befindlichen Goldbestände aliquot auf die zehn Anspruchsländer (darunter Österreich) verteilt. Es wurde unter diesen Staaten vereinbart, das Gold über einen internationalen Fonds solchen Opfern des Nationalsozialismus zukommen zu lassen, die noch keine oder nur geringe Entschädigung erhalten haben. Auch Österreich hat sich zur Einbringung seines Goldanteils (im Gegenwert von rd. 102 Millionen Schilling) in den “Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus” (International Nazi Persecutee Relief Fund) bereit erklärt.

Problemlösung:

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt darauf ab, einerseits der Oesterreichischen Nationalbank die Überweisung des Goldanteils an den Internationalen Fonds zu ermöglichen und andererseits den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu ermächtigen, die diesbezüglichen, gemäß den Statuten des Internationalen Fonds vorgesehenen, Schritte vorzunehmen. Die Verteilung der österreichischen Mittel soll dabei über die bewährte Struktur des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus erfolgen.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Für den Bund ergeben sich aus der Durchführung des Gesetzes keine Kosten; der österreichische Anteil am Gold steht im Eigentum der Oesterreichischen Nationalbank und wurde lediglich als Rückstellung verbucht.

EU-Konformität:

Gegeben.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil


Mit vorliegendem Gesetzentwurf soll die Übertragung des österreichischen Restanteils am Goldpool auf den Internationalen Fonds für Opfer des Nationalsozialismus ermöglicht werden.

Im Jahre 1998 hat die Tripartite Goldkommission (TGC), die 1946 zur Verwaltung und Verteilung der vom nationalsozialistischen Deutschland geraubten Goldbestände gegründet worden ist, die restlichen im Goldpool befindlichen Goldbestände aliquot auf die zehn Anspruchsländer, und somit auch an Österreich verteilt. Im Zuge dieses Abschlusses ihrer Arbeiten wurden von der Tripartiten Goldkommission in einer offiziellen Note vom 5. August 1997 mitgeteilt, daß Österreich noch Anspruch auf die Rückerstattung von 26 829 Feinunzen Gold hat (das sind zum derzeitigen Marktwert zirka 102 Millionen Schilling) und deren Übertragung an Österreich angekündigt.

Gleichzeitig wurde auf den von den Vereinigten Staaten und Großbritannien gemachten Vorschlag Bezug genommen, das noch im Goldpool verbliebene Restgold im Gegenwert von insgesamt zirka 70 Millionen US-Dollar über einen internationalen Fonds den Überlebenden des Holocaust – und zwar vorwiegend jenen Opfern, die bei den bisherigen Kompensationsleistungen nicht berücksichtigt wurden – zukommen zu lassen. Der wesentlichste Grund für diesen Vorschlag war die Tatsache, daß ein Teil (wieviel, ist nicht präzise festzustellen) des bereits restituierten und des noch zurückzugebenden Goldes nicht nur Währungsgold, sondern auch Gold enthält, das individuellen Opfern geraubt wurde. Dieser Vorschlag auf Einrichtung eines internationalen Fonds hat großes internationales Interesse erweckt und auch Österreich hat sich neben einer Reihe anderer Staaten zur Einbringung seines Goldanteils an diesen Fonds bereit erklärt.

Die Zuwendung an einen internationalen Fonds gegenüber einer rein nationalen Verteilung der Mittel ist zum einen als eine Geste der internationalen Solidarität anzusehen, zum anderen hat eine solche Zuwendung den Vorteil, daß die Beschlüsse über die Verteilung der Mittel nach einheitlichen Richtlinien und unter internationaler Kontrolle erfolgen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll nun die Oesterreichische Nationalbank zur Überweisung des Goldanteils an den Internationalen Fonds berechtigt sowie der Bundesminister für auswärtige Angelegen­heiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen ermächtigt werden, die diesbezüglichen, gemäß den Statuten des Internationalen Fonds vorgesehenen, Schritte vorzunehmen. Weiters ist darin vorgesehen, daß der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus mit der Verteilung der von Österreich dem Internationalen Fonds zur Verfügung gestellten Mittel betraut werden soll. Dies hat den Vorteil, daß keine neuen Strukturen aufgebaut werden müssen und die Aufwendungen für die Verwaltung gering gehalten werden können.

Die Zuwendungen sollen im Sinne der Statuten des Internationalen Fonds in erster Linie an Überlebende des Holocaust – und zwar vorwiegend an jene Opfer mit Österreichbezug, die bei den bisherigen Kompensationsleistungen nicht berücksichtigt wurden und in schwierigen persönlichen Verhältnissen leben – geleistet werden. Die Förderung von geeigneten Projekten soll ebenfalls ins Auge gefaßt werden.

Um eine diesbezügliche Verwendung durch den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen bzw. diesen zur Entgegennahme der Geldmittel zu berechtigen, wird auch eine Änderung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, erforderlich sein.

Besonderer Teil

Zu § 1:

In Abs. 1 wird die Oesterreichische Nationalbank zur Übertragung des in ihrem Eigentum stehenden Restanteils am Goldpool berechtigt. Von dem durch die Brüsseler Goldkommission, die über die Rückstellungsansprüche auf Währungsgold zu entscheiden hatte, mit Beschlußprotokoll vom 9. Juni 1958 anerkannten Anspruch Österreichs auf das am 17. März 1938 im Besitze der Oesterreichischen Nationalbank befindliche Währungsgold von 78 267'1478 kg f wurden auf Grund des 3. Teiles des Abschlußpaktes der Pariser Konferenz vom 9. November 1945 bis 21. Dezember 1945 rund 64%, das sind 50 181'8249 kg f, der Oesterreichischen Nationalbank rückerstattet.

Der nunmehr von der Tripartiten Goldkommission, die am 9. September 1998 ihre Tätigkeit beendet hat, der Oesterreichischen Nationalbank übermittelte Restanteil, welcher nach diesem Bundesgesetz an den Internationalen Fonds übertragen werden soll, beläuft sich auf einen Wert von 102 108 516,42 Schilling und entspricht rund 26 829 Feinunzen Gold.

Rechtsgrundlage des Internationalen Fonds ist ein zivilrechtlicher Vertrag (“Account Agreement”) zwischen der Federal Reserve Bank of New York und der britischen Regierung, dem sieben Anhänge beigegeben sind (Abs. 2). Gemäß diesem Kontovertrag errichtet der Kontoinhaber (die britische Regierung) ein Konto, das lediglich als Zwischenstation für die Gelder fungieren soll. Der Internationale Fonds ist daher kein Fonds gemäß der österreichischen Rechtsterminologie, sondern lediglich ein Konto, in Bezug auf welches Ein- und Auszahlungen gewissen Regeln unterworfen sind. Durch diese Vorgangsweise wird sichergestellt, daß keine Verwaltungskosten anfallen.

Der Anhang A (Terms of Reference) ist das eigentliche Herzstück der Statuten. Darin wird festgelegt, daß der Fonds errichtet wird, um bedürftige Opfer des NS-Regimes, die keine oder nur geringe Entschädigungen erhalten haben, zu unterstützen. Daneben können auch einschlägige Projekte finanziert werden. Im Zusammenhang mit der Errichtung des Kontos haben die Staaten einvernehmlich eine Liste von Rechtsträgern erstellt, die in den Genuß von Zuwendungen kommen können. Diese Rechtsträger, die gewisse inhaltliche Vorgaben erfüllen müssen, sind verpflichtet, eine detaillierte Dokumentation ihrer Tätigkeit und Struktur vorzulegen. Unter anderem befindet sich der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus auf dieser Liste.

Sobald ein Staat seinen Beitrag an den Fonds leistet, hat er binnen zwölf Monaten eine Weisung hinsichtlich seines Beitrags abzugeben. In dieser Anweisung unterwirft sich der Staat den Geschäfts­bedingungen und gibt an, welchen Rechtsträgern oder welchem Projekt er wieviel Geld zukommen lassen will.

Die gewidmeten Gelder werden nach folgendem Verfahren ausgezahlt: Zuerst werden 25% des Betrages an den betreffenden Rechtsträger ausbezahlt. Nach einer Periode von sechs Monaten wird dann schließlich der Restbetrag ausbezahlt. Abhängig von der Gebarung des Rechtsträgers kann der Staat jedoch innerhalb dieser Periode, sollte er mit der Verwendung der Gelder unzufrieden sein, eine zusätz­liche Erklärung vorlegen, gemäß welcher dem Rechtsträger das weitere Geld nicht mehr auszuzahlen ist, sondern die restlichen 75% einem anderen Rechtsträger nach dem gleichen Verfahren zur Verfügung gestellt werden. Sollte er jedoch mit der Verwendung der Gelder zufrieden sein, kann er zur beschleunig­ten Auszahlung der Mittel eine sogenannte “Accelerated Allocation Instruction” vorlegen, gemäß welcher der Restbetrag auch vor Ablauf der oben erwähnten sechs Monate ausgezahlt werden kann.

Sollten die benannten Rechtsträger mit den Geldern auch direkte Hilfszahlungen vorsehen, so bleibt dies (sofern eine Widmung nicht nur für spezielle Projekte erfolgte) dem Rechtsträger im Rahmen der inhaltlichen Vorgaben der Statuten unbenommen. Auf keinen Fall entstehen auf Grund der Statuten direkte individuelle Ansprüche.

Die Rechtsträger sind verpflichtet, auf der jährlichen Tagung des Fonds einen Rechenschaftsbericht vorzulegen.

Zu § 2:

Die Statuten des Internationalen Fonds sehen vor, daß die Geberländer gewisse Schritte setzen müssen, um einerseits die Geldbeträge den betreffenden Rechtsträgern zu widmen und andererseits die Gebarungskontrolle wahrzunehmen. In Abs. 1 ist vorgesehen, daß der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten – im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen – als zivilrechtlicher Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank die entsprechenden Handlungen vornimmt.

Gemäß Abs. 2 hat dabei der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des National­sozialismus als Rechtsträger zu bestimmen. Damit wird der gesamte österreichische Anteil über diese Institution zur Verteilung kommen, was sich angesichts der vorhandenen Erfahrung und des guten Ansehens im In- und Ausland des Nationalfonds anbietet.

Die Verwendung der Mittel durch den Nationalfonds der Republik Österreich hat sich dabei nach den Statuten des Internationalen Fonds zu richten, dh. sie hat die folgenden Ziele zu verfolgen: Einerseits Zuwendungen an Opfer des Nationalsozialismus, die noch keine oder nur eine geringe Entschädigung erhalten haben (wobei der Grund der NS-Verfolgung, das heißt, Religion, Nationalität, sexuelle Orientierung usw. außer acht bleibt) und andererseits die Finanzierung von Projekten, die beispielsweise Gemeinden, die von der NS-Verfolgung schwer betroffen waren, zugute kommen. Hier ist beispielsweise denkbar, daß der Nationalfonds andere (auch nichtösterreichische) Rechtsträger mit der Durchführung dieser Projekte betraut.

Es ist erforderlich, die inhaltlichen Kriterien der Statuten des Internationalen Fonds in einem Bundesgesetz zu umschreiben. Daher ist vorgesehen, daß dies in einer Novelle zum Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, erfolgt. Darin wird im Sinne der Statuten des Internationalen Fonds vorzusehen sein, daß direkte Hilfszahlungen an bedürftige Opfer möglich sind und sonstige Projekte finanziert werden können. Wie auch schon durch den geltenden § 2 Abs. 3 des Nationalfondsgesetzes möglich, könnten jedenfalls auch Projekte ohne Österreichbezug finanziert werden.


Die Bestimmung des Abs. 1, wonach der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einver­nehmen mit dem Bundesminister für Finanzen alle die mit Zuwendungen gemäß diesem Bundesgesetz zusammenhängenden Schritte vorzunehmen hat, bezieht sich auch auf die im Bereich der Geba­rungskontrolle vorgesehenen Aufgaben im Verhältnis zum Internationalen Fonds. Während gemäß § 4 Abs. 1 Z 7 des Nationalfondsgesetzes das Kuratorium des Nationalfonds die Gebarungskontrolle im Innenverhältnis wahrnimmt, obliegt dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten im Einver­nehmen mit dem Bundesminister für Finanzen die Vertretung Österreichs auf den jährlichen Tagungen des Internationalen Fonds.