1468 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 20. 11. 1998

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Telekommunikationsgesetz geändert wird (2. TKG-Novelle)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Telekommunikationsgesetz, BGBI. I Nr. 100/1997, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/1998, wird wie folgt geändert:

1. Im § 3 wird der Punkt nach Z 16 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 17 angefügt:

       “17. “Starkstromleitungsmasten” Tragwerke samt Fundamenten, Erdungen, Isolatoren, Zubehör und Armaturen, die zum Auflegen von Leitungen oder Leitungssystemen mit einer Betriebsspannung von 110 kV oder mehr zur Fortleitung von elektrischer Energie dienen.”

2. § 7 Abs. 2 bis 8 lautet:

“(2) Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte eines Antennentragemastes oder eines Starkstrom­leitungsmastes müssen dessen Mitbenutzung durch Inhaber einer Konzession zur Erbringung eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes, durch Feuerwehren, Rettungsdienste sowie Sicherheitsbe­hörden gestatten, sofern dies technisch, insbesondere frequenztechnisch möglich ist. Aus diesem Grund erforderliche technische Änderungen hat der Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte durchzuführen oder durchführen zu lassen, wenn es sich um geringfügige Änderungen handelt und der Mitbenutzungs­werber die Kosten dafür übernimmt. Das Recht zur Mitbenutzung beinhaltet auch die Mitbenutzung der für den Betrieb notwendigen Infrastruktur. Der Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte darf seine Verfügungsgewalt über die Anlage nicht zu Ungunsten des Mitbenutzers ausüben.

(3) Für die Mitbenutzung gemäß Abs. 1 und 2 ist ein angemessener geldwerter Ausgleich an den Verpflichteten zu leisten. Dabei sind jedenfalls die Kosten für die Errichtung, einschließlich der Kosten der Akquisition, sowie die laufenden Betriebskosten der mitbenutzten Anlage angemessen zu berücksichtigen.

(4) Jeder Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigte eines Antennentragemastes oder eines Starkstromleitungsmastes ist verpflichtet, Inhabern einer Konzession zur Erbringung eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes, Feuerwehren, Rettungsdiensten sowie Sicherheitsbehörden auf Nachfrage ein Angebot zur Mitbenutzung abzugeben. Alle Beteiligten haben hiebei das Ziel anzustreben, Mitbenutzung zu ermöglichen und zu erleichtern.

(5) Kommt zwischen dem Verpflichteten und dem Mitbenutzungswerber eine Vereinbarung über die Mitbenutzung binnen einer Frist von sechs Wochen ab Einlangen der Nachfrage nicht zustande, kann jeder der Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen.

(6) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von sechs Wochen, beginnend mit der Anrufung, über die Anordnung der Mitbenutzung zu entscheiden. Die Regulierungsbehörde kann das Verfahren um längstens vier Wochen verlängern. Die Anordnung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung.

(7) Inhaber einer Konzession zur Erbringung eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes sind verpflichtet, Rahmenvereinbarungen für die Mitbenutzung der von ihnen genutzten Antennentragemasten zu erstellen.

(8) Rahmenvereinbarungen gemäß Abs. 7 und Mitbenutzungsvereinbarungen gemäß Abs. 5 sind der Regulierungsbehörde schriftlich vorzulegen; sie werden von dieser veröffentlicht.

3. Im § 8 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:


“(2a) Befindet sich auf einem Grundstück ein Antennentragemast oder ein Starkstromleitungsmast, dessen Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigter gemäß Abs. 2 verpflichtet, ist Mitbenutzung zu gestatten, ist auch diese Mitbenutzung vom Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten des Grundstücks zu dulden, wenn dadurch die widmungsgemäße Verwendung des Grundstückes nicht dauerhaft zusätzlich eingeschränkt wird. Falls durch diese zusätzliche Mitbenutzung eine vermehrte physische Beanspruchung des Grundstückes nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, hat der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte des Grundstückes ein Zustimmungsrecht.”

4. § 10 Abs. 1 lautet:

“(1) Die Nutzungsrechte (Duldungspflichten) gehen samt den mit ihnen verbundenen Verpflich­tungen kraft Gesetzes auf den jeweiligen Rechtsnachfolger im Eigentum des Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationseinrichtung oder der Telekommunikationslinie und den jeweiligen Eigentümer oder sonst Nutzungsberechtigten des Antennentragemastes oder des Starkstromleitungsmastes über.”

5. Im § 104 Abs. 3 erhalten die bisherigen Z 1 bis 22 die Bezeichnung 2–23; Z 1 lautet:

         “1. entgegen § 7 Abs. 1 und 2 Mitbenutzung nicht gestattet;”

6. Im § 111 lautet die Z 1:

         “1. Erteilung, Entziehung und Widerruf von Konzessionen sowie Zustimmung bei Übertragung und Änderungen von Konzessionen gemäß §§ 15, 16 und 20 bis 23,”

7. Im § 111 lautet die Z 6:

         “6. Festlegung der Bedingungen für die Zusammenschaltung im Streitfall gemäß §§ 37 bis 41,”

8. lm § 111 wird der Punkt nach Z 7 durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 8 angefügt:

         “8. Festlegung der Bedingungen für die Mitbenutzung im Streitfall gemäß § 7 Abs. 2 bis 8 .”

Vorblatt

Problem:

Die durch die Liberalisierung des TK‑Marktes ausgelöste Entwicklung insbesondere der Mobiltelefonie hat dazu geführt, daß innerhalb kurzer Zeit zahlreiche neue Sendestationen errichtet wurden. Diese Situation führte zur Bildung von Bürgerinitiativen, politischen Beschlüssen sowie logistischen Maßnahmen in den Bundesländern.

Ziel dieser Novelle ist es deshalb einerseits die Möglichkeit der Weiterentwicklung der Mobiltelefonie sicherzustellen und andererseits die Errichtung weiterer zusätzlicher Masten möglichst einzuschränken.

Lösung:

Verpflichtung der Inhaber von Antennentrage- und Starkstromleitungsmasten zum Gestatten der Mitbenützung dieser Anlagen.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Das Gesetz verursacht keine zusätzlichen Kosten, da die Behörde, die im Fall der Nichteinigung über die Mitbenutzung von den Beteiligten angerufen werden kann, mit dem TKG, BGBI. I Nr. 100/1197, eingerichtet wurde und seit November 1997 besteht.

Konformität mit EU-Recht ist gegeben.

Erläuterungen


Allgemeines

Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes hat bei den Sprachtelefondiensten mittels Mobilfunk bereits zu bemerkenswerten Entwicklungen geführt. Die wider Erwarten hohen Zuwachsraten bei den Teilnehmerzahlen zeigen dies recht deutlich. Dieser Umstand und die Tatsache, daß mittlerweile auch ein dritter Betreiber eine Konzession mit bundesweiter Geltung erhalten hat, führte aber dazu, daß innerhalb kurzer Zeit viele neue Sendestationen errichtet worden sind. Bürgerinitiativen, politische Beschlüsse und logistische Maßnahmen in den Bundesländern sind Reaktionen auf diese Entwicklung. Um einerseits die weitere Entwicklung der Mobiltelefonie sicherzustellen, um aber andererseits die Errichtung weiterer zusätzlicher Masten möglichst einzuschränken, soll mit der vorliegenden Novelle die Nutzung bereits vorhandener Masten durch mehrere Betreiber vorgeschrieben werden.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu § 3 Z 17:

Aus legistischen Gründen wird an dieser Stelle eine Definition von Starkstromleitungsmasten aufge­nommen.

Zu § 7 Abs. 2:

Verpflichtet ist jedermann, der einen Antennentragemast oder einen Starkstromleitungsmast benutzt. Dies können sowohl der Eigentümer selbst, aber auch ein sonst Nutzungsberechtigter, wie zB ein Mieter oder ein bereits mitbenutzender Betreiber sein. Der Begriff des Antennenmastes ist, nicht zuletzt aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, dem Salzburger Ortsbildschutzgesetz entnommen. Er umfaßt auch Masten, welche ursprünglich nicht zum Zweck der Anbringung einer Antenne errichtet wurden, jedoch auch zu diesem Zweck genutzt werden. Berechtigt sind alle Inhaber einer Konzession gemäß § 14 TKG sowie Feuerwehren, Rettungsdienste sowie Sicherheitsbehörden. Mitbenutzung kann nur dann verlangt werden, wenn dies technisch, insbesondere frequenztechnisch möglich ist. Durch die Mitbenutzung darf jedenfalls die Nutzung des Eigentümers oder sonst Nutzungsberechtigten, auch eines etwa bereits mitbenutzenden Betreibers, nicht beeinträchtigt werden. Zu den geringfügigen Änderungen zählen neben Adaptierungsarbeiten auch betriebliche Einschränkungen in zeitlich geringem Ausmaß, wie kurzfristige Abschaltungen bei der Montage. Im Fall der Nichteinigung entscheidet die Regulierungsbehörde.

Im Rahmen der Mitbenützung muß es auch möglich sein, die Stromversorgung und die sonst erforderliche Infrastruktur der Anlage mitzubenutzen, da ansonsten eine sinnvolle Mitbenutzung nicht möglich ist. Richtfunkstrecken sind von dem Begriff der Infrastruktur nicht mitumfaßt.

Die Verfügungsgewalt über die gesamte Anlage verbleibt beim Eigentümer oder Mieter. Dieser kann daher letztlich auch über die mitbenutzten Teile entscheiden. Trotz aller vertraglichen Regelungen, wie über die Wartung der gemeinsam genutzten Anlage und gegenseitige Eingriffsmöglichkeiten, muß durch eine klare verwaltungsrechtliche Anordnung sichergestellt werden, daß der Inhaber sein Recht nicht zu­ungunsten des Mitbenutzers ausübt.

Zu § 7 Abs. 3:

Es ist selbstverständlich, daß für die Mitbenutzung ein entsprechendes Entgelt zu entrichten ist. Dieses Entgelt hat auch die Kosten für die Errichtung der Anlage, einschließlich der Kosten für die Akquisition des Standortes, und die laufenden Betriebskosten entsprechend angemessen abzugelten. Im Fall der Nichteinigung entscheidet über die Höhe des Entgelts die Regulierungsbehörde.

Zu § 7 Abs. 4 bis 8:

Mitbenutzung gemäß Abs. 2 soll grundsätzlich auf der Basis privatrechtlicher Vereinbarungen erfolgen. Nur für den Fall, daß ein Vertrag nicht zustande kommt, soll die Regulierungsbehörde als Schiedsrichter tätig werden und über die Mitbenützung entscheiden. Die Regulierungsbehörde wird bei dieser Entscheidung auch § 67 Abs. 2 TKG zu berücksichtigen und demnach sicherzustellen haben, daß auch im Fall der Kumulierung emittierter Strahlung die diesbezüglich geltenden ÖNORMEN eingehalten werden. Rahmenvereinbarungen sind von Inhabern einer Konzession zur Erbringung eines öffentlichen Telekommunikationsdienstes zu erstellen und von der Regulierungsbehörde zu veröffentlichen.

Zu § 8 Abs. 2a:

Der allenfalls vom Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten eines Mastes verschiedene Liegenschafts­eigentümer soll verpflichtet werden, den Gebrauch seiner Liegenschaft durch mitbenutzende Betreiber zu dulden. Kann jedoch dadurch eine höhere Belastung des Grundstückes durch mechanische Einwirkungen – zB durch zusätzliche Zufahrten wegen Adaptierungs- oder Wartungsarbeiten – nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, soll dem Grundstückseigentümer diese zusätzliche Mehrbelastung nicht ohne seine Zustimmung auferlegt werden.


Zu § 10 Abs. 1:

Legistische Anpassungen.

Zu § 104:

Der in § 7 Abs. 2 neugeschaffene Tatbestand ist auch in den Strafbestimmungen entsprechend zu berücksichtigen, um bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen gegen diese Verpflichtung die Möglichkeit eines allfälligen Konzessionsentziehungsverfahrens offenzuhalten.

Zu § 111:

Ausweitung der Zuständigkeit der Telekom Control Kommission auf Festlegung der Bedingungen für die durch § 7 Abs. 2 normierten Fälle der Mitbenutzung.