1517 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 14. 12. 1998

Regierungsvorlage


1

Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden (Österreichi­scher Stabilitätspakt)


Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und die Länder

Burgenland,

Kärnten,

Niederösterreich,

Oberösterreich,

Salzburg,

Steiermark,

Tirol,

Vorarlberg und

Wien,

jeweils vertreten durch den Landeshauptmann,

sowie die Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Öster­reichischen Städtebund,

sind – gestützt auf das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes –

übereingekommen, die nachstehende Vereinbarung zu schließen:

Artikel 1

Haushaltskoordinierung

(1) Bund, Länder und Gemeinden haben die Führung ihrer Haushalte im Hinblick auf die gemeinschaftsrechtlichen Regeln (EG-Vertrag in der Fassung des EU-Vertrages, ABl. Nr. C 191 vom 29. 7. 1992, und die auf dessen Grundlage erlassenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften) über die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten zu koordinieren. Zur Wahrnehmung der Aufgaben der Haushalts­koordinierung werden politische Koordinationskomitees eingerichtet:

           a) Für die Haushaltskoordinierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ein gesamtöster­reichisches Koordinationskomitee aus deren Vertretern;

          b) für die Haushaltskoordinierung in den einzelnen Ländern mit Ausnahme Wiens – im Verhältnis zwischen Land und Gemeinden – Länder-Koordinationskomitees, in welchen die Finanz- und Gemeindereferenten des Landes und die jeweiligen Landesverbände des Österreichischen Gemeindebundes und der Österreichische Städtebund vertreten sind.

(2) Gegenstand der Haushaltskoordinierung sind insbesondere

           a) die Festlegung des gesamtstaatlichen Haushaltszieles und dessen Umlegung auf den Bund, die Länder und länderweise auf die Gemeinden,

          b) die Festlegung von Grundsätzen für die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung,

           c) die Festlegung gegenseitiger Informationspflichten und von Grundlagen zur Wahrnehmung von für die Haushaltskoordinierung relevanten Aufsichtsrechten,

          d) die Festlegung von Grundsätzen und Eckdaten für die Erstellung der Voranschläge des nächsten Jahres unter Berücksichtigung der Festlegung gemäß lit. a und die Überwachung ihrer Einhaltung,

           e) die Überwachung der Entwicklung der Haushalte, des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstandes,

           f) die Ausarbeitung von Empfehlungen für Maßnahmen, wenn sich ein übermäßiges Defizit abzeichnet,

          g) die Festlegung von Maßnahmen, wenn vom Europäischen Rat auf Grund einer Entscheidung über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits eine Empfehlung ausgesprochen wurde, und die Überwachung der Einhaltung dieser Maßnahmen,

          h) die Entscheidung über offene Fragen im Zusammenhang mit der Aufteilung von Sanktionslasten.

(3) Die im Absatz 2 genannten Aufgaben gelten sinngemäß auch für die Koordinationskomitees auf Landesebene. Daneben haben diese noch folgende besondere Aufgaben:

           a) Feststellung der Defizitquote der Gesamtheit der Gemeinden des Landes,

          b) Zuteilung allfälliger zusätzlicher Quoten aus der Defizitquote des Landes an die Gemeinden bzw. umgekehrt.

(4) Wenn über Angelegenheiten der Haushaltskoordinierung rechtlich verbindliche Vereinbarungen abgeschlossen werden, so gilt hiefür das Verfahren gemäß Art. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998.

Artikel 2

Mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung

(1) Bund, Länder und Gemeinden haben die mittelfristige Orientierung der Haushaltsführung sicherzustellen.

(2) Bund, Länder und Gemeinden haben sich bei der Beschlußfassung über die jährlichen Haushalts­voranschläge an den mittelfristigen Vorgaben zu orientieren.

Artikel 3

Stabilitätsprogramme

(1) Der Bundesminister für Finanzen hat den Entwurf des Stabilitätsprogrammes unter Bedacht­nahme auf die Ergebnisse der Haushaltskoordinierung zu erstellen (gegebenenfalls zu aktualisieren) und der Bundesregierung zur Beschlußfassung vorzulegen. Der Bundesminister für Finanzen hat sodann das Stabilitätsprogramm dem Nationalrat zur Kenntnis zu bringen sowie den zuständigen Organen der Europäischen Union zu übermitteln.

(2) Der Bundesminister für Finanzen ist zuständig, die gemäß den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Haushaltsdisziplin von Österreich verlangten Meldungen, Stellungnahmen und Berichte abzugeben.

Artikel 4

Aufteilung der Defizitquoten und der Sanktionslasten zwischen dem Bund einerseits sowie den Ländern und Gemeinden andererseits

(1) Die Aufteilung auf den Bund einerseits sowie die Länder und Gemeinden andererseits erfolgt gemäß den nachstehenden Grundsätzen.

(2) Vereinbarte Aufteilungsgrundlage:

           a) Wird eine Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über das gesamtstaatliche Haushaltsziel (Art. 1 Abs. 2 lit. a) getroffen, so bildet dieses die Aufteilungsgrundlage.

          b) Hievon entfallen 90 vH auf den Bund (Bundesquote) und 10 vH auf die Länder und Gemeinden insgesamt (Länder- und Gemeindenquote). Die Vereinbarung einer anderen Aufteilung ist zulässig, wobei den Ländern und Gemeinden jedenfalls eine Defizitquote von 0,3% des BIP zu verbleiben hat.

(3) Aufteilungsgrundlage “Referenzwert”

           a) Wird keine Vereinbarung über ein gesamtstaatliches Haushaltsziel getroffen, so bildet der gemeinschaftsrechtlich festgelegte Referenzwert für das übermäßige Defizit die Aufteilungs­grundlage.

          b) Hievon entfallen jedenfalls 0,3% auf die Länder und Gemeinden insgesamt (Länder- und Gemeindenquote). Die Vereinbarung einer anderen Aufteilung ist zulässig.

2

           c) Im Falle außergewöhnlicher Belastungen, welche zu einer erheblichen Verschiebung im Finanz­ausgleichsgefüge zwischen dem Bund einerseits sowie den Ländern und Gemeinden andererseits führen, haben Bund, Länder und Gemeinden Verhandlungen über die Vereinbarung eines anderen Aufteilungsverhältnisses zu führen. Bund, Länder sowie der Österreichische Gemeinde­bund und der Österreichische Städtebund können die Anberaumung solcher Verhandlungen verlangen.

(4) Bund, Länder und Gemeinden haben den aus der Verhängung allfälliger finanzieller Sanktionen gemäß Art. 104 c Abs. 11 EG-Vertrag resultierenden Aufwand anteilig zu tragen.

         (5) a) Die Aufteilung der Sanktionslasten auf den Bund einerseits sowie die Länder und Gemeinden andererseits erfolgt entsprechend den Beträgen, um welche die tatsächlichen Haushaltsergebnisse die auf Bund bzw. Länder und Gemeinden entfallenden Aufteilungsgrundlagen überschreiten. Grundsätzlich hat jene Gebietskörperschaft eine Überschreitung ihrer Defizitquote zu verantworten, bei der sie eingetreten ist.

          b) Wird der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert, wird der Bund über geeignete Vorschläge der betroffenen Gebietskörperschaften rechtliche Rahmenbedingungen für ausschließliche Abgaben der betroffenen Gebietskörper­schaften schaffen, die bundesweit einen möglichst weitgehenden Ersatz schaffen.

               Bis zum Inkrafttreten einer solchen Regelung erhöht sich die Defizitquote der betroffenen Gebietskörperschaften entsprechend.

               Die Erhöhung wird ab dem Zeitpunkt der Erstattung der Vorschläge im Verhältnis der geltenden Defizitaufteilung von allen Gebietskörperschaften gemeinsam aus ihren Defizitquoten getragen.

           c) Die Grundlagen der Berechnung der Haushaltsergebnisse im Zusammenhang mit der den Ländern und Gemeinden eingeräumten Defizitquote von 0,3% des BIP bilden bis 31. Dezember 2001 die Anlagen 5a und 5b der Verordnung über Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Länder, der Gemeinden und von Gemeindeverbänden. Ab 1. Jänner 2002 sind die Haushaltsergebnisse für alle Gebietskörperschaften nach dem ESVG zu berechnen. Allfällige Defizite oder Überschüsse der Sozialversicherungen und der Kammern sind der Defizitquote des Bundes zuzurechnen.

(6) Für den Abschluß der Vereinbarungen gemäß Abs. 3 lit. b und c gilt das Verfahren gemäß Art. 2 des Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998.

Artikel 5

Aufteilung der Defizitquoten zwischen den Ländern und Gemeinden

(1) Die Aufteilung der auf die Länder und Gemeinden insgesamt entfallenden Defizitquote (im folgenden: Länder- und Gemeindenquoten) erfolgt gemäß den nachstehenden Grundsätzen.

(2) Die den Ländern und Gemeinden zustehende Defizitquote von 0,30% des BIP wird zu einem Anteil von 0,11% auf die Länder ohne Wien, zu einem Anteil von 0,09% auf Wien als Land und Gemeinde sowie zu einem Anteil von 0,10% auf die übrigen Gemeinden aufgeteilt. Ausgehend von der festgelegten Aufteilung der Defizitquote von 0,30% des BIP werden 10% des Anteiles jeder Gebietskörperschaft, insgesamt somit 0,03% des BIP, für eine Manövriermasse, die bundesweit für besondere Erfordernisse der Länder und Gemeinden zur Verfügung steht, gebunden. Über die Zuteilung entscheiden gemeinsam die Landesfinanzreferentenkonferenz, der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund.

(3) Die Länderquote (ohne Wien) wird ausgehend von der Volkszahl unter Berücksichtigung derzeitiger besonderer Erfordernisse in einzelnen Ländern nach folgendem Schlüssel auf die Länder aufgeteilt:

Burgenland                                                                                8,361486%

Kärnten                                                                                     10,507517%

Niederösterreich                                                                      24,457642%

Oberösterreich                                                                         17,067903%

Salzburg                                                                                      6,174039%

Steiermark                                                                                 21,106987%

Tirol                                                                                             8,081744%

Vorarlberg                                                                                  4,242682%

Diese Länderquoten (ohne Wien) sind auf die Dauer der Laufzeit des geltenden Finanzausgleiches befristet und beim Abschluß des nächsten Finanzausgleiches mitzuverhandeln. Wenn keine Einigung erzielt wird, bleiben die bestehenden Quoten in Kraft. Allfällige Sanktionslasten sind durch Abzug bei den Ertragsanteilen dieses Landes aufzubringen.

(4) Die Gemeindenquote (ohne Wien) wird wie folgt aufgeteilt:

Burgenland                                                                                4,055238%

Kärnten                                                                                       9,044265%

Niederösterreich                                                                      22,887226%

Oberösterreich                                                                         21,525546%

Salzburg                                                                                      7,963123%

Steiermark                                                                                 19,078515%

Tirol                                                                                           10,080573%

Vorarlberg                                                                                  5,365514%

(5) Die Gemeinden eines Landes haben gemeinsam eine Überschreitung der Defizitquote der Gemeinden dieses Landes zu verantworten. Allfällige Sanktionslasten sind durch Abzug bei den Ertragsanteilen der Gemeinden dieses Landes aufzubringen. Die Vereinbarung einer anderen Aufteilung ist zulässig.

(6) Jedes Land mit seinen Gemeinden, Länder untereinander, einzelne Gemeinden innerhalb ihres Landes und die Gesamtheit der Gemeinden eines Landes mit den Gemeinden eines anderen Landes können Vereinbarungen schließen, welche Defizitquoten längstens auf die Dauer der jeweiligen Regelung ganz oder teilweise abgetreten werden.

(7) Gebietskörperschaften, die ihre Defizitquoten überschreiten, haben auch dann die Überschreitung ihrer Defizitquoten zu verantworten, wenn wegen Überschreitungen verschiedener Gebietskörperschaften in verschiedenen Jahren eine Sanktionslast verhängt wird. In diesem Fall haben die jeweiligen Gebietskörperschaften die Sanktionslast im Verhältnis der Überschreitungen ihrer Defizitanteile in den jeweiligen Jahren zu tragen.

Artikel 6

Schlußbestimmungen

(1) Diese Vereinbarung tritt außer Kraft, sobald die Vereinbarung über einen österreichischen Konsultationsmechanismus außer Kraft tritt.

(2) In die bundesverfassungsgesetzliche und allenfalls einfachgesetzliche Umsetzung der Verein­barungen über den Konsultationsmechanismus und den Stabilitätspakt wird eine Außerkrafttretens­bestimmung aufgenommen, wonach die jeweilige gesetzliche Umsetzung außer Kraft tritt, wenn die jeweils zugrundeliegende Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden außer Kraft tritt.

Für den Bund gemäß Beschluß der Bundesregierung

(vorbehaltlich der Genehmigung des Nationalrates):

Der Bundeskanzler:

Klima

Für das Land Burgenland

(vorbehaltlich der Genehmigung des Burgenländischen Landtages):

Der Landeshauptmann:

Stix

Für das Land Kärnten

(vorbehaltlich der Genehmigung des Landtages von Kärnten):

Der Landeshauptmann:

Zernatto


Für das Land Niederösterreich


(vorbehaltlich der Genehmigung des Landtages von Niederösterreich):

Der Landeshauptmann:

Pröll

Für das Land Oberösterreich

(vorbehaltlich der Genehmigung des Oberösterreichischen Landtages):

Der Landeshauptmann:

Pühringer

Für das Land Salzburg

(vorbehaltlich der Genehmigung der Landesregierung und des Salzburger Landtages):

Der Landeshauptmann:

Schausberger

Für das Land Steiermark

(vorbehaltlich der Genehmigung des Steiermärkischen Landtages):

Der Landeshauptmann:

Klasnic

Für das Land Tirol

(vorbehaltlich der Genehmigung des Tiroler Landtages):

Der Landeshauptmann:

Weingartner

Für das Land Vorarlberg

(vorbehaltlich der Genehmigung des Vorarlberger Landtages):

Der Landeshauptmann:

Sausgruber

Für das Land Wien

(vorbehaltlich der Genehmigung des Wiener Landtages):

Der Landeshauptmann:

Häupl

Für den Österreichischen Gemeindebund:

Romeder

Für den Österreichischen Städtebund:

Häupl

Vorblatt

Probleme:

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 17. Juni 1997 betrifft nicht nur den Bund, sondern alle öffentlichen Haushalte der Republik Österreich. Die Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur nachhaltigen Einhaltung der Kriterien gemäß Art. 104c des EG-Vertrages durch die öffentlichen Haushalte der Republik Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Regeln des Sekundärrechts über die Haushaltsdisziplin, sind daher zu regeln.

Lösung:

Abschluß einer – im Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeinde­bundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998, bereits grundgelegten – Verein­barung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden, die eine gemeinsame Haushalts­koordinierung regelt und mit der allfällige Sanktionslasten aufgeteilt werden.

Kosten:

Quantifizierbare Kosten werden durch die Vereinbarung nicht verursacht. Die Verpflichtung zur Haus­haltskoordinierung dient vielmehr zur Erreichung dauerhaft stabiler und gesunder öffentlicher Finanzen der österreichischen öffentlichen Haushalte.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Inhalt der Vereinbarung:

Die Verpflichtungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 17. Juni 1997 für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion betreffen nicht nur den Bund, sondern alle öffentlichen Haushalte in Österreich. In der “Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften” wurde daher der Abschluß eines “Österreichischen Stabilitätspaktes” vorgesehen, der die Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur nachhaltigen Einhaltung der Kriterien gemäß Art. 104c des EG-Vertrages durch die öffentlichen Haushalte der Republik Österreich, insbesondere im Hinblick auf die Regeln des Sekundärrechts über die Haushaltsdisziplin, regelt.

Nach längeren Verhandlungen der Finanzausgleichspartner wurde am 10. November 1998 Einvernehmen über den Wortlaut dieses Österreichischen Stabilitätspaktes erzielt, mit dem Bestimmungen über eine gemeinsame Haushaltskoordinierung, die mittelfristige Ausrichtung der Haushaltsführung, die Erstellung der Stabilitätsprogramme und insbesondere auch die Aufteilung der Defizitquoten und allfälliger Sanktionslasten zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden getroffen werden.

Verfassungsrechtliche Erfordernisse:

Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Abschluß dieser Vereinbarung bildet, wie bereits bei der Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus, das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, BGBl. I Nr. 61/1998. Gemäß diesem Bundesverfassungsgesetz sind Bund, Länder und Gemeinden, diese vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund, ermächtigt, miteinander Vereinbarungen über einen Konsultationsmechanismus und einen Stabilitätspakt abzuschließen. Auf diese Vereinbarungen sind gemäß Art. 2 Abs. 1 des genannten Bundesverfassungsgesetzes die für Vereinbarungen gemäß Art. 15a Abs. 1 B-VG geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften mit bestimmten Abweichungen anzuwenden.

Dem Inhalt nach bindet die Vereinbarung auch Organe der Bundesgesetzgebung und bedarf daher gemäß Art. 15a Abs. 1 B-VG der Genehmigung des Nationalrates.

Die Vereinbarung enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Auch die vorgesehene Einrichtung des gesamtösterreichischen Koordinationskomitees und der Länder-Koordinationskomitees, deren Beschlüsse mangels anders lautender Vorschriften einvernehmlich zu fassen sind, ist nicht verfassungsändernd, da Art. 2 Abs. 1 Z 1 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 61/1998 dazu ermächtigt, derartige Organe, die sich aus Vertretern von Organen des Bundes, der Länder, des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zusammensetzen und ihre Beschlüsse einvernehmlich fassen, vorzusehen.

Die Vereinbarung tritt in Übereinstimmung mit den diesbezüglichen Regeln des Völkerrechts einen Monat nach Ablauf des Tages, an dem die nach den Landesverfassungen erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind und beim Bundeskanzleramt die Mitteilungen der Länder darüber vorliegen sowie die nach der Bundesverfassung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, in Kraft.

Das Bundeskanzleramt wird den Ländern und Gemeinden die Erfüllung der Voraussetzungen für das Inkrafttreten sowie den Tag des Inkrafttretens der Vereinbarung mitteilen.

Die Vereinbarung wird in einer Urschrift ausgefertigt. Diese Urschrift wird beim Bundeskanzleramt hinterlegt. Dieses wird allen Vertragspartnern beglaubigte Abschriften der Vereinbarung übermitteln.

Kosten:

Sieht man vom vernachlässigbaren, nicht quantifizierbaren Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Koordinierung der Haushalte ab, werden durch die Vereinbarung keine Kosten verursacht. Im Gegensatz dazu wird der Österreichische Stabilitätspakt zur dauerhaften Erreichung gesunder und stabiler öffentlicher Finanzen beitragen.

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Vertragspartner der Vereinbarung sind der Bund, die Länder und die Gemeinden, wobei die Gemeinden durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund vertreten werden. Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Beteiligung der Gemeinden bildet, wie bereits im Allgemeinen Teil erläutert, ein besonderes Bundesverfassungsgesetz.

Zu Artikel 1:

Das Gemeinschaftsrecht sieht folgende Regeln für die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten vor:

Der EG-Vertrag enthält in Art. 103 Vorschriften zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik sowie in Art. 104c (einschließlich Protokoll Nr. 5) Vorschriften über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit. Hiezu hat der Rat folgende Verordnungen erlassen:

–   Verordnung (EG) Nr. 3605/93 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit, ABl. Nr. L 332 vom 31. Dezember 1993 S 7;

–   Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, ABl. Nr. L 209 vom 2. August 1997 S 1;

–   Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit, ABl. Nr. L 209 vom 2. August 1997 S 6.

Die genannten Verordnungen wurden im Rahmen der Beschlüsse des Europäischen Rates von Amsterdam (17. Juni 1997) durch zwei – rechtlich nicht verbindliche – Entschließungen (97/C 236/01 und 02) ergänzt, welchen Österreich ebenfalls zugestimmt hat.

Gemäß diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften haben alle an der dritten Phase der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Staaten insbesondere per 1. März 1999 Stabilitätsprogramme vorzulegen, welche “das mittelfristige Ziel für einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einen Überschuß” vorsehen. Ferner sind alle teilnehmenden Mitgliedstaaten einem beschleunigten Verfahren bei einem übermäßigen Defizit unterworfen. Hiebei ist vorgesehen, daß jene Staaten, welche ein übermäßiges Defizit (öffentliches Defizit größer als 3% des BIP) aufweisen, in der Regel mit einer finanziellen Sanktion belegt werden (unverzinste Einlage, Geldbuße).

Um die Einhaltung der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommenden Haushaltsziele zu gewährleisten, werden alle Gebietskörperschaften in Art. 1 dieser Vereinbarung verpflichtet, die Führung ihrer Haushalte zu koordinieren und auf die erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Haushaltsdisziplin hin auszurichten.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a haben Bund, Länder und Gemeinden ein gesamtösterreichisches Koordina­tionskomitee einzurichten, in welchem alle Angelegenheiten der Haushaltskoordinierung zwischen diesen Gebietskörperschaften beraten werden. Diesem Koordinationsgremium obliegt jedenfalls die gemeinsame Überwachung des öffentlichen Defizits. Auf der Ebene der Länder sind gemäß Abs. 1 lit. b dazu analog Länder-Koordinationskomitees einzurichten.

Die Haushaltskoordinierung zielt nicht zwingend auf den Abschluß rechtlich verbindlicher Vereinbarungen ab. Ist jedoch der Abschluß rechtlich verbindlicher Vereinbarungen beabsichtigt, so ist hiefür das Verfahren gemäß Art. 2 des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. 61/1998 anzuwenden. Derartige Vereinbarungen bedürfen daher, soweit sie vom gesamtösterreichischen Koordinationskomitee abgeschlossen werden, der Genehmigung des Nationalrates, der Landtage sowie des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes. Soweit solche Vereinbarungen von einem Landes-Koordinationskomitee abgeschlossen werden, bedürfen sie der Genehmigung des jeweiligen Landtages sowie des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes. Die Genehmigung in den Landtagen erfolgt dabei jedenfalls mit einfacher Mehrheit.

Mögliche Gegenstände der Haushaltskoordinierung werden in Abs. 2 beispielsweise genannt; es ist jedoch Angelegenheit der an der Haushaltskoordinierung beteiligten Organe der Gebietskörperschaften, die erforderlichen konkreten Maßnahmen zur Haushaltskoordinierung gemeinsam zu bestimmen.

Entsprechend der bisherigen Praxis sollten im Rahmen des Koordinationskomitees die Grundlagen für die Veranschlagung (gesamtwirtschaftliche Entwicklung, Abgabenschätzung), die in Aussicht genommenen Haushaltsplanungen und -programmierungen sowie die voraussichtlichen und tatsächlichen Haushalts­ergebnisse der Gebietskörperschaftsebenen mindestens zweimal jährlich besprochen werden. Ergibt sich auf Grund dieser Überwachung, daß Abweichungen vom gesamtstaatlichen Haushaltsziel zu erwarten sind, so haben Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam die erforderlichen Maßnahmen zu beraten.

Zu Artikel 2:

Die in Art. 2 vorgesehene Sicherstellung der mittelfristigen Orientierung soll insbesondere durch Budgetprogramme erfolgen, die zwar von den einzelnen Finanzausgleichspartnern jeweils für sich zu erstellen sind, aber ebenfalls dem System der Haushaltskoordinierung unterliegen.

Zu Artikel 3:

Entsprechend den Anforderungen der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften (vgl. etwa Art. 4 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 1467/97) bedarf das Stabilitätsprogramm einer verbindlichen Feststellung durch ein oberstes Staatsorgan (zumindest auf Regierungsebene). Zur Beschlußfassung über das österreichische Stabilitätsprogramm ist daher die Bundesregierung berufen; das Stabilitätsprogramm ist dem Nationalrat zur Kenntnis zu bringen. Ausgangspunkt für die Haushaltskoordinierung ist das zur Zeit des Abschlusses dieser Vereinbarung von der Bundesregierung beschlossene Stabilitätsprogramm. Bei der Erstellung und Beschlußfassung des Stabilitätsprogrammes sind zukünftig die Ergebnisse der Haushaltskoordinierung (in der Regel politische Absprachen zwischen den Gebietskörperschaften) zu berücksichtigen. Die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften vorgesehenen Stellungnahmen und Berichte sind vom Bundesminister für Finanzen abzugeben; er hat hiebei ebenfalls auf die Ergebnisse der Haushaltskoordinierung Bedacht zu nehmen.

Zu Artikel 4:

Grundlage der Aufteilung der Sanktionslasten ist entweder eine – rechtlich verbindliche – Vereinbarung über das gesamtstaatliche Haushaltsziel oder – wenn eine solche nicht zustandekommt – der gemein­schaftsrechtliche Referenzwert. Dieser ist derzeit gemäß dem Protokoll Nr. 5 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit mit 3% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) festgelegt.

Diese Aufteilungsgrundlage wird zwischen dem Bund und den übrigen Gebietskörperschaften im Verhältnis 9 zu 1 aufgeteilt, wobei den Ländern und Gemeinden jedenfalls eine Defizitquote von 0,3% des BIP zu verbleiben hat. Dies entspricht der bisherigen rechtlich unverbindlichen Aufteilung von 2,7% zu 0,3%. Entsprechend den Grundsätzen des Art. 1 kann ein anderes Verhältnis der Aufteilungs­grundlagen vereinbart werden, wobei jedoch auch in diesem Fall die Länder- und Gemeindenquote mindestens 0,3% des BIP zu betragen hat (Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 lit. a und b).

Da die finanzausgleichsrechtlichen Regelungen eine der wichtigsten Grundlagen für die Haushalts­situation der Gebietskörperschaften darstellen, können alle Vertragsparteien im Falle außergewöhnlicher Belastungen mit Verschiebungen im Finanzausgleichsgefüge die Anberaumung von Verhandlungen verlangen (Art. 4 Abs. 3 lit. c).

Besondere Regeln für die Defizitquote gelten für den Fall, daß der Ertrag einer ausschließlichen Abgabe durch ein Urteil eines Höchstgerichtes vermindert wird: In einem derartigen Fall erhöhen sich die Defizitquoten der betroffenen Gebietskörperschaften ab der Erstattung geeigneter Ersatzvorschläge bis zum Inkrafttreten der Ersatzregelung zulasten aller (dh. auch der betroffenen) Gebietskörperschaften um die Höhe des Einnahmenausfalls (Art. 4 Abs. 5 lit. b).

Die Sanktionslast ist im Verhältnis jener Beträge aufzuteilen, um welche die tatsächlichen Haushaltsergebnisse von Bund, Ländern und Gemeinden die jeweiligen Aufteilungsgrundlagen überschreiten (Art. 4 Abs. 4 und Abs. 5 lit. a). Diese Konsequenz ist von allen Gebietskörperschaften, die ihre Defizitquote nicht einhalten, zu gewärtigen, und zwar insbesondere auch dann, wenn eine Sanktionslast durch die Europäische Gemeinschaft wegen der Überschreitung verschiedener Gebietskörperschaften in verschiedenen Jahren verhängt wird (Art. 5 Abs. 7).

Zu Artikel 5:

In Art. 5 wird die Länder- und Gemeindequote auf die Länder ohne Wien, auf Wien (als Land und Gemeinde) und länderweise auf die Gemeinden ohne Wien aufgeteilt. Von den Anteilen der Länder und Gemeinden fließen jeweils 10%, in Summe somit 0,03% des BIP, in eine Manövriermasse, die bundesweit für besondere Erfordernisse der Länder und Gemeinden zur Verfügung steht. Die Entscheidung über die Verwendung dieser Manövriermasse obliegt gemeinsam der Landesfinanz­referentenkonferenz, dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund.

Bei den Gemeinden ohne Wien wird nicht nur bei der Berechnung der Überschreitung der Defizitquote die Gesamtsumme der Haushaltsergebnisse der Gemeinden eines Landes herangezogen, sondern sind auch allfällige Sanktionslasten solidarisch, und zwar grundsätzlich im Verhältnis ihrer Ertragsanteile im Sanktionsjahr, von allen Gemeinden eines Landes zu tragen.


Verschiebungen von Anteilen der Defizitquote sind zwischen einem Land und seinen Gemeinden (Art. 1 Abs. 3 lit. b) und über Landesgrenzen hinaus (Art. 5 Abs. 6) möglich. Auch hinsichtlich der konkreten Aufteilung der grundsätzlich solidarisch im Verhältnis der Ertragsanteile des Sanktionsjahres zu tragenden Sanktionslasten durch die Gemeinden eines Landes ist die Vereinbarung einer anderen Aufteilung zulässig (Art. 5 Abs. 5 letzter Satz).


Die Solidarhaftung aller Gemeinden eines Landes bringt mit sich, daß auch diejenigen Gemeinden, die kein oder nur ein geringes Defizit ausgewiesen haben, allfällige Sanktionslasten mittragen. Es besteht jedoch die Möglichkeit bei der Verteilung der Bedarfszuweisungsmittel in Höhe von 13,5% der Ertragsanteile der Gemeinden (§ 10 Abs. 1 des Finanzausgleichsgesetzes 1997) durch das Land ausgleichend zu wirken.

Zu Artikel 6:

Der enge Konnex zwischen Stabilitätspakt und Konsultationsmechanismus wird auch durch das automatische Außerkrafttreten des Stabilitätspaktes für den Fall, daß der Konsultationsmechanismus außer Kraft tritt, sichtbar.