1652 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 23. 3. 1999

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Umweltinformationsgesetz geändert wird (UIG-Novelle 1999)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Umweltinformationsgesetz (UIG), BGBl. Nr. 495/1993, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 1 Z 2 entfällt die Wendung “mit Ausnahme der Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes”.

2. § 5 Abs. 4 lautet:

“(4) Mitteilungen haben grundsätzlich unentgeltlich zu erfolgen. Kaufpreise oder Schutzgebühren für Publikationen bleiben davon unberührt. Für die Informationsübermittlung hat die Bundesregierung mit Verordnung Kostenersätze festzulegen. Kaufpreise, Schutzgebühren und Kostenersätze für die Informa­tionsübermittlung dürfen jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten.”

3. Im § 5 wird nach dem Abs. 5 folgender Abs. 6 eingefügt:

“(6) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben Begehren auf Mitteilung von Umwelt­daten, die von ihnen ermittelt wurden, ohne unnötigen Aufschub an jene Verwaltungsbehörde, der die sachliche Aufsicht über die für die erstmalige Speicherung der Daten zuständige Stelle zukommt, weiterzuleiten oder den/die Informationssuchende/n schriftlich an diese zu verweisen.”

4. Der bisherige Abs. 6 erhält die Bezeichnung Abs. 7.

Vorblatt

Problem:

Die Europäische Kommission/DG XI stellte in ihrem Schreiben vom 23. Juni 1998 (009552) Mängel bei der Umsetzung der EU-Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt im Umweltinformationsgesetz, BGBl. Nr. 495/1993, fest.

Ziel:

Herstellung der EU-Konformität.

Inhalt:

Neuregelung der Kostenbestimmung des Umweltinformationsgesetzes; Verringerung der derzeitigen Anzahl an Ausnahmeregelungen.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Im Bereich der öffentlichen Hand wird die Neuregelung keine zusätzlichen administrativen Kosten verursachen. Bisher wurde die im § 5 Abs. 4 UIG vorgesehene Kostenverordnung noch nicht erlassen. Es ist vielmehr nach Herstellung der EU-Konformität der bestehenden Regelung und dem Erlass gegenständlicher Verordnung mit Einnahmen zu rechnen. Die Streichung der Ausnahme der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von der Informationspflicht im § 3 Abs. 1 Z 2 UIG wirkt sich kostenmäßig sicherlich nur sehr gering bzw. kaum messbar aus.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil


Das Umweltinformationsgesetz, BGBl. Nr. 495/1993, ist am 28. Juli 1993 in Kraft getreten. Durch das Umweltinformationsgesetz wurde die Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt in das österreichische Recht umgesetzt. Den Bürgern sollten verbesserte Informationsmöglichkeiten im Bereich des Umweltschutzes eingeräumt werden, damit sie im Sinne des Vorsorgeprinzips aktiv an der Verbesserung des Zustandes der Umwelt mitwirken können. Zugang zu Umweltdaten bietet die Basis für die faktische Beteiligung der Bürger an der Gestaltung der Umwelt und insbesondere auch der Umweltpolitik. Die Kenntnis von Umweltdaten ist für die Lebensbe­dingungen und die Gesundheit der einzelnen Menschen von größter Bedeutung.

Die Europäische Kommission/DG XI kritisierte in ihrem Schreiben vom 23. Juni 1998 (009552) die nicht EU-konforme Umsetzung des Art. 5 (“Die Mitgliedstaaten können für die Übermittlung der Informa­tionen eine Gebühr erheben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf.”) und des Art. 6 (“Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Stellen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind, die bei ihnen vorliegenden Informationen über die Umwelt unter den Bedingungen der Artikel 3, 4 und 5 entweder über die zuständige Behörde oder selbst unmittelbar zugänglich machen.”) der Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt im Umweltinforma­tionsgesetz 1993.

Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie hat in seinem Antwortschreiben an die Kommission die unverzügliche Anpassung des UIG an die Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt zugesichert. Die Anpassungen stehen durchaus mit der Zielsetzung des Umweltinformationsgesetzes im Einklang und stellen nur eine geringfügige Änderung des bestehenden Umweltinformationsgesetzes dar. Es würde dem Gesamtkonzept des Umweltinformations­gesetzes widersprechen, entgegen der Meinung der Kommission im Bereich des Informationszuganges restriktiv vorzugehen und keine Anpassung vorzunehmen, was letztendlich einen Rückschritt in der Entwicklung zu mehr Transparenz bedeuten würde und auch im internationalen Kontext für Österreich nicht von Vorteil wäre.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 3 Abs. 1 Z 2:

Die derzeitige Fassung des § 3 Abs. 1 lautet:

“(1) Organe der Verwaltung im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

           1. Verwaltungsbehörden, die bundesgesetzlich übertragene Aufgaben im Bereich des Umwelt­schutzes wahrnehmen, und

           2. sonstige Organe der Verwaltung, die solche Aufgaben unter der sachlichen Aufsicht einer Verwaltungsbehörde erfüllen, mit Ausnahme der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.”

Die gesamteuropäische Entwicklung geht generell in Richtung vermehrter Transparenz und eines erweiterten Zuganges zu Umweltinformationen. Die Kommission lehnt in Bezug auf das Umweltinforma­tionsgesetz die Ausnahme von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes von der Informationspflicht als richtlinienwidrig ab, insbesondere da von der Richtlinie eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches auf Stellen intendiert ist, die selbst keine Behörden sind, aber unter deren Aufsicht handeln und über Umweltinformationen verfügen. Die Richtlinie 90/313/EWG verlangt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Stellen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind, die bei ihnen vorliegenden Informationen über die Umwelt unter den Bedingungen vorangehender Artikel entweder über die zuständige Behörde oder selbst unmittelbar zugänglich machen.

Der Begriff “Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes” wird insbesondere in § 5 Abs. 2 Sicherheits­polizeigesetz (SPG) verwendet. Demnach sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes jene Exekutiv­organe, die mit der Wahrnehmung von Aufgaben der allgemeinen Sicherheitspolizei betraut sind. Dazu zählen vor allem die Bundesgendarmerie, die Wachkörper der Bundespolizeibehörden sowie die in einzelnen Gemeinden bestehenden Gemeindesicherheitswachen.

Zu § 5 Abs. 4:

Die derzeitige Fassung des § 5 Abs. 4 lautet:

“(4) Mitteilungen haben grundsätzlich unentgeltlich zu erfolgen. Kaufpreise oder Schutzgebühren für Publikationen bleiben davon unberührt. Für Mitteilungen, die einen größeren Aufwand erfordern, hat die Bundesregierung mit Verordnung pauschalierte Kostenersätze festzulegen.”

Die Richtlinie 90/313/EWG über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt ermöglicht den Mitgliedstaaten in Art. 5, für die Übermittlung der Informationen eine Gebühr vorzuschreiben, die jedoch eine angemessene Höhe nicht überschreiten darf. Damit räumt die Richtlinie 90/313/EWG den Mitglied­staaten die Möglichkeit ein, für die Übermittlung von Informationen, das heißt, für die tatsächliche Gewährung des Informationszuganges eine Gebührenpflicht zu normieren, nicht aber generell pauscha­lierte Kostenersätze festzulegen, die auch die Kosten für die Informationssuche und Recherche umfassen würden.

Entstehungsgeschichtliche Argumente bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Nach Art. 4 Abs. 1 des ersten Richtlinienvorschlages der EU-Kommission sollte der Informationszugang entweder durch unent­geltliche Einsichtnahme oder durch Erteilung von Abschriften oder Ablichtungen gegen Übernahme der tatsächlichen Kosten durch den Antragsteller erfolgen. Nur die durch den Informationszugang verursachten Aufwände sollten zu entschädigen sein. Demnach hätte der Informationssuchende nur jenen Aufwand zu ersetzen, der durch seinen Informationszugang entsteht – wie etwa Kosten für Fotokopien und Dokumente. Auch in dem geänderten Richtlinienvorschlag betonte die EU-Kommission noch einmal, dass nur die tatsächlichen Kosten maßgeblich sein sollten. Dies verdeutlicht, dass nicht jede mit dem Informationsbegehren verbundene Amtshandlung oder -tätigkeit gebührenpflichtig sein darf. Der Zweck der Richtlinie 90/313/EWG spricht ebenfalls für eine solche restriktive Auslegung des Art. 5; Ziel der Richtlinie 90/313/EWG ist primär der Informationszugang im öffentlichen Interesse, und daher ist auch die Gebührenregelung bürgerfreundlich gestaltet.

Art. 5 der Richtlinie 90/313/EWG verlangt, dass die Gebühren für die Informationsübermittlung eine angemessene Höhe nicht überschreiten dürfen. Die Richtlinie erlaubt demgemäß nicht, alle Kosten in Rechnung zu stellen. Ziel der Richtlinie 90/313/EWG ist es, einen verstärkten Informationsfluss zwischen Verwaltung und Bevölkerung zu ermöglichen, um den Wissensstand und das Umweltbewusstsein in der Öffentlichkeit zu heben. Gleichzeitig darf der freie Informationszugang nicht durch eine überhöhte Gebühr beschränkt werden. Die Informationbeschaffung darf grundsätzlich nicht zu einer finanziellen Frage werden. Die Richtlinie 90/313/EWG sieht keine ausdrückliche Pflicht zur Umsetzung des Art. 5 vor, daher ist auch ein gebührenfreier Informationszugang richtlinienkonform. Grundanliegen des UIG ist ebenfalls der erleichtete Zugang zu Umweltdaten, der durch einen allgemeinen Kostenersatz nicht eingeschränkt werden soll. Dementsprechend ist im § 5 Abs. 4 grundsätzlich Unentgeltlichkeit für Mitteilungen normiert. Ausnahmen von der Unentgeltlichkeit bestehen für Kaufpreise, Schutzgebühren und Kostenersätze für die Informationsübermittlung. Durch die Novellierung des § 5 Abs. 4 wurde der unbestimmte Begriff der “pauschalierten Kostenersätze” durch den klaren richtlinienkonformen Begriff der “Kostenersätze für die Informationsübermittlung” ersetzt. Weiters wurde die Grenze der “ange­messenen Höhe” explizit in die neue Bestimmung aufgenommen.

Die im § 5 Abs. 4 vorgesehene Kostenverordnung wurde noch nicht erlassen, dies insbesondere auf Grund der bis dato bestehenden Unklarheiten über eine richtlinienkonforme Interpretation der Bestimmung.

Bisherige Erfahrungen mit dem UIG zeigen, dass sich die auf das UIG gestützten Anfragen nach Umweltdaten in Grenzen halten und die Behörden dadurch entgegen den ursprünglichen Befürchtungen nicht im Übermaß belastet werden.

Zu § 5 Abs. 6:

Die Richtlinie 90/313/EWG sieht im Artikel 6 die Möglichkeit vor, dass Stellen, die öffentliche Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und die der Aufsicht von Behörden unterstellt sind, die bei ihnen vorliegenden Informationen über die Umwelt auch über die zuständige Behörde zugänglich machen können. In diesem Sinne sieht der neue § 5 Abs. 6 vor, dass die Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes Begehren auf Mitteilung von Umweltdaten, die von ihnen ermittelt wurden, an die für die sachliche Aufsicht zuständige Verwaltungsbehörde weiterleiten bzw. den/die Informationssuchende/n an diese schriftlich verweisen. Unter Berücksichtigung der im § 59 Sicherheitspolizeigesetz vorgesehenen Einrichtung einer Umweltevidenz sind Anfragen über Umweltdaten an jene Stelle zu richten, der die fachliche Aufsicht über die originäre Speicherung der Daten zukommt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass etwa Anfragen über gewerberechtliche oder mit dem Wasserrecht in Zusammenhang stehende Daten an die Sicherheitsbehörde gerichtet werden, bei der die ausschließlich sicherheits­polizeilichen Aufgabenstellungen dienende Umweltevidenz zu führen wäre.