1696 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Umweltausschusses


über den Entschließungsantrag 566/A(E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend Behandlung der Thematik “Sicherung/Sanierung der Fischer-Deponie”


Die Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 19. September 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Das im Bereich der Mitterndorfer Senke befindliche Grundwasservorkommen gehört zu den be­deutendsten in ganz Ostösterreich. Durch die Altlast Fischer-Deponie in Theresienfeld, Niederösterreich, besteht eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung von etwa 450 000 Österreichern.

Besondere Dringlichkeit ist geboten, da auch die 3. Wiener Wasserleitung betroffen ist.

Im Frühjahr 1989 wurde seitens der Wasserrechtsbehörde bei der Fischer-Deponie ,Gefahr in Verzug‘ festgestellt. Daraufhin ließ die damalige Umweltministerin Dr. Marlies Flemming Sofortmaßnahmen zur Sicherung des Grundwassers der Mitterndorfer Senke durchführen.

Als sofortige Sicherungsmaßnahme wurde im Jahre 1989 eine Sperrbrunnenanlage installiert und in Betrieb genommen.

Von unabhängigen Experten wurde allerdings festgestellt, daß die Sperrbrunnen keine ausreichende Sicherheit bieten:

Am 8. Mai 1990 wurde von den Universitätsprofessoren Dr. H. Brandl, Dr. H. Frischherz, Dr. W. Lengyel, Dr. H. Reitinger, Dr. F. Wurst in einer Stellungnahme über weitere Maßnahmen zur Absiche­rung der Fischer-Deponie unter anderem festgestellt:

,… es ist nicht auszuschließen, daß die von der Fischer-Deponie ausgehende Schadstoffkontamination auf ein Vielfaches gegenüber heute ansteigen könnte, falls keine weiteren Schutzmaßnahmen getroffen werden.‘

Der technische Amtssachverständige der obersten Wasserrechtsbehörde im BMLF führt gemäß eines Schreibens vom 22. September 1992 aus:

,Hierorts erscheinen die Sperrbrunnen keine hinreichende Sicherung im Falle des Versagens der technischen Dichtungsmaßnahmen zu geben. (…) Zum anderen ist die Wirksamkeit der Sperrbrunnen noch nicht einmal für den oberen Grundwasserhorizont gewiß, der untere Grundwasserhorizont bleibt durch diese Brunnen ungeschützt.‘

Der Leiter der Fachabteilung Hydrogeologie an der Geologischen Bundesanstalt Wien, Dr. Borowiczeny, stellte am 9. März 1993 hiezu fest:

,Aus den vorliegenden Unterlagen geht hervor, daß eine Kontamination mit Chlorkohlenwasserstoffen (CKW), wie sie in der Fischer-Deponie vorliegt, mit Sperrbrunnen nicht ausreichend zu verhindern ist.‘

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. mont. Johann Golser führte aus:

,Grundlage für das beschriebene Konzept war die Auswertung geologischer Aufschlußbohrungen, die in zirka 30 m Tiefe Hinweise auf eine etwas dichtere Schicht ergaben. Diese dichtere Schicht wurde jedoch nicht in allen Bohrungen nachgewiesen. Zudem weist diese Zwischenschicht eine stark wechselnde, inhomogene Zusammensetzung auf, die Wegigkeiten von Schadstoffen durchaus ermöglichen. Diese qualitativen Mängel der Zwischenschicht, wie das bereits angeführte lokale Fehlen dieser Schicht, lassen eine Bezeichnung als Stauer als nicht gerechtfertigt erscheinen. (…) Eine Erfassung mit den Sperrbrunnen ist somit nicht gegeben.

Nicht nur auf Grund der möglichen Nichterfassung bestimmter Schadstoffe, auch aus zeitlichen und letztlich auch aus finanziellen Gründen sollte als Dauerlösung eine ehestmögliche Räumung der Kontaminationsquelle durchgeführt werden.‘

In einer hydrogeologischen Stellungnahme zum Thema Sanierung Fischer-Deponie stellt Univ.-Prof. Dr. H. Zojer folgendes fest (Auszug):

,Die erwartete lückenlose Sperrfunktion der Förderbrunnen kann aus mehreren Gründen nicht eintreten:

–   Die hydrogeologische Funktion der Zwischenschicht wurde falsch eingeschätzt und bewertet.

–   Die Funktion von Sperrbrunnen muß kritisch betrachtet werden, wenn durch eine Grundwasser­absenkung die Mobilität von Schadstoffen aktiviert wird.

–   Das erarbeitete hydraulische Modell kann sich lediglich auf eine Grundwasserentnahme beziehen und berücksichtigt nicht das Fließverhalten der chlorierten Kohlenwasserstoffe, weil die stoffspezifische Komponente fehlt.

Alle diese Überlegungen lassen den Schluß zu, daß eine Grundwassersanierung von Schadstoffen aus der Fischer-Deponie auf der Grundlage des gegenwärtig laufenden Sicherungsprojektes durch Sperrbrunnen völlig unzureichend ist.‘

Nach Meinung dieser und anderer Experten bieten die errichteten Sperrbrunnen keine ausreichende Sicherheit, da nur eine vollständige Entfernung des Deponiekörpers einen wirklich dauerhaften und vollständigen Schutz des Grundwassers gewährleisten kann.

Denn trotz der Sperrbrunnen ist die Gefahr einer weitreichenden Kontamination durch chlorierte Kohlenwasserstoffe bei einem möglichen Versagen der Problemstoffbehälter gegeben.

Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes herrschte und herrscht ,Gefahr im Verzug‘.

Angesichts der vorhandenen Gutachten wurde von seiten des für Wasserrechtsfragen zuständigen nieder­österreichischen Landesrates auf ,Gefahr in Verzug‘ entschieden und die Vergabe eines Sicherungs­projektes veranlaßt.

Daraufhin erkannte Landwirtschaftsminister Dr. Franz Fischler am 12. September 1994 per Weisung, daß keine Gefahr im Verzug herrsche. Diese Weisung wurde am 23. März 1995 von Bundesminister Dr. Wilhelm Molterer bestätigt.”

Der Umweltausschuß hat den vorliegenden Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 19. März 1999 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Mag. Karl Schweitzer.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Roland Wenitsch, Mag. Karl Schweitzer, Ing. Monika Langthaler, Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Mag. Thomas Barmüller, Josef Schrefel und Dipl.-Ing. Werner Kummerer sowie der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein.

Die Abgeordneten Karlheinz Kopf und Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller brachten einen Ent­schließungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

“Die im Bereich der Mitterndorfer Senke liegende Fischer-Deponie wird auf Grund des rechtskräftigen Bescheides des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, der im Herbst 1998 vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde, nunmehr völlig geräumt. Mit der Vollstreckung des Bescheides ist die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt betraut. Kompetenzrechtlich fällt die Vollstreckung in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Inneres.

Die vom Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie als Sofortmaßnahmen geforderten Sperr­brunnen haben in der Vergangenheit ihre Zweckmäßigkeit bewiesen und werden im Zug der Räumung eine wichtige Monitoringfunktion ausüben. Daher sind die Sperrbrunnen auch während der Sanierung als Sicherungsmaßnahme notwendig.”

Bei der Abstimmung fand der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit. Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf und Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Rainer Wimmer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle


        1.   diesen Bericht zur Kenntnis nehmen;

        2.   die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 1999 03 19

                                Rainer Wimmer                                                            Mag. Karl Schweitzer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Entschließung

Die Bundesregierung wird ersucht, auch weiterhin die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Sanierung und Räumung der Fischer-Deponie zügig fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen.