1828 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für innere Angelegenheiten
über den Antrag 1014/A der Abgeordneten Anton Leikam, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird,
über den Antrag 861/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend einer Novellierung des Personenstandsgesetzes
und
über die Petition Nr. 54 betreffend “Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen”, überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Dr. Heide Schmidt
Der Antrag 1014/A wurde am 16. Februar 1999 im Nationalrat eingebracht und war wie folgt begründet:
Da einer Person erst mit der Geburt Rechte und Pflichten zukommen, kann nach der bestehenden Rechtslage ein totgeborenes Kind keinen Vornamen erhalten. Dieser Umstand ist für Eltern gerade im Fall einer Totgeburt besonders schmerzlich und oft mit einer großen psychischen Belastung verbunden. Die beabsichtigte Änderung soll daher aus menschlichen Erwägungen und aus Respekt vor den Gefühlen der betroffenen Eltern diesen, wenn sie den Wunsch haben, die Möglichkeit eröffnen, die vorgesehenen Vornamen zu dokumentieren. Daraus entstehen keine weiteren Rechte und es ist dies auch keine Verpflichtung zu einer Vornamensgebung. Dementsprechend soll für ein totgeborenes Kind auch nicht bloß eine Abschrift der Eintragung in der Sterbeurkunde erstellt werden, sondern eine der persönlichen Situation der Eltern Rechnung tragende eigene Urkunde.
Der am 17. Juli 1998 im Nationalrat eingebrachte Antrag 861/A war wie folgt begründet:
Totgeborene Kinder dürfen in Österreich keinen Namen haben. Sie werden gewissermaßen als “Sache” behandelt. Dieser Umstand bedeutet für die Eltern oft eine schwere psychische Belastung. Fast immer haben beide Elternteile zu dem ungeborenen Kind eine innige Beziehung entwickelt, die auch über den Tod des Kindes Bestand hat. Zusätzlich zum tragischen Ereignis einer Totgeburt sind Eltern damit konfrontiert, daß ihr totes Kind offiziell namenlos sein muß. Psychologen raten Betroffenen zur Erleichterung der Trauerarbeit, dem verstorbenen Kind einen Namen zu geben. Diese Möglichkeit ist ihnen in Österreich jedoch gesetzlich verwehrt. Im Jahr 1996 wurden in Österreich 399 totgeborene Kinder registriert.
Der Schmerz der Eltern ist nach wie vor ein gesellschaftliches Tabu. Durch die Verweigerung eines offiziellen Namens für totgeborene Kinder wird dieses Tabu noch verstärkt. Die Eltern fühlen sich von der Öffentlichkeit in ihrem Schmerz nicht verstanden.
Es gibt für totgeborene Kinder lediglich einen Auszug aus dem Sterbebuch, in dem der Vorname mit “-x-” angegeben wird, ebenso der Familienname “-x-”. Auch die Religionszugehörigkeit wird mit “-x-” angegeben, selbst wenn die Kinder notgetauft wurden. Während bei ehelichen totgeborenen Kindern sowohl die Mutter als auch deren Ehemann als Vater angegeben werden, scheint bei unehelichen Kindern der Vater nicht auf, auch wenn er noch während der Schwangerschaft die Vaterschaft anerkannt hat. Im Sterbebuch wird lediglich der Tag der Totgeburt und das Geschlecht des Kindes vermerkt. Weitere Angaben werden vom Personenstandsgesetz, § 28 Abs. 2, ausgeschlossen.
Durch eine einfache gesetzliche Änderung nach diesem Beispiel könnten auch in Österreich totgeborene Kinder auf Wunsch der Eltern einen Namen bekommen. Den Eltern könnte damit ihr Schmerz und die Bewältigung des tragischen Ereignisses erleichtert werden. Durch eine gesetzliche Regelung könnte auch das gesellschaftliche Tabu, mit dem die betroffenen Eltern konfrontiert sind, aufgebrochen werden.
Mit dieser Novelle soll eine weitgehende beurkundungsrechtliche Gleichbehandlung mit lebendgeborenen Kindern erreicht werden. Dazu soll das österreichische Personenstandsrecht dahin gehend geändert werden, daß auf Wunsch der Eltern (bei unehelichen Kindern der Mutter) ein Name und die Religionszugehörigkeit für das Kind im Sterbebuch eingetragen werden kann. Für vor dem Inkrafttreten der Novelle totgeborene Kinder soll eine Übergangsbestimmung die Möglichkeit eröffnen, auf Antrag nachträglich einen Vor- und Familiennamen für das verstorbene Kind eintragen zu lassen.
Eine derartige Möglichkeit besteht bereits in den Niederlanden und seit kurzem auch in Deutschland.
Die Petition Nr. 54 wurde dem Nationalrat am 19. November 1998 mit folgendem Titel vorgelegt:
Das Recht von totgeborenen Kindern auf einen eigenen Namen
Der Inhalt der Petition deckt sich im wesentlichen mit oben stehender Begründung des Antrages 861/A.
Der Ausschuß für Petitionen und Bürgerinitiativen hat am 19. März 1999 beschlossen, den Präsidenten des Nationalrates zu ersuchen, die gegenständliche Petition zur weiteren Behandlung dem Ausschuß für innere Angelegenheiten zuzuweisen. Der Präsident des Nationalrates hat diesem Ersuchen entsprochen.
Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat die gegenständlichen Anträge sowie die Petition Nr. 54 in seiner Sitzung am 11. Mai 1999 in Verhandlung genommen und gemäß § 41 Abs. 4 GOG beschlossen, den Verhandlungen den Antrag 1014/A zugrunde zu legen.
Als Berichterstatter im Ausschuß fungierte zum Antrag 1014/A der Abgeordnete Helmut Dietachmayr, zum Antrag 861/A sowie zur Petition Nr. 54 die Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Wolfgang Großruck, Mag. Terezija Stoisits, Walter Murauer, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Volker Kier, Günther Platter sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl.
Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 1014/A unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Anton Leikam, Günther Platter, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits und Dr. Volker Kier einstimmig angenommen.
Der Initiativantrag 861/A sowie die Petition Nr. 54 gelten als miterledigt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1999 05 11
Helmut Dietachmayr Anton Leikam
Berichterstatter Obmann
Anlage
Bundesgesetz, mit dem das Personenstandsgesetz (PStG) geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Personenstandsgesetz (PStG), BGBl. Nr. 60/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 25/1995, wird wie folgt geändert:
1. § 28 Abs. 2 lautet:
“(2) Wurde ein Kind tot geboren, sind das Geschlecht, die allenfalls von den Eltern vorgesehenen und bekanntgegebenen Vornamen, der Tag und der Ort der Geburt des Kindes sowie der Familienname, die Vornamen und der Wohnort der Eltern einzutragen.”
2. § 35 lautet samt Überschrift:
“Urkunden über Todesfälle
§ 35. (1) Die Sterbeurkunde hat die in § 28 Abs. 1 vorgesehenen Angaben zu enthalten. Für totgeborene Kinder wird eine eigene Urkunde ausgestellt; sie hat die Angaben gemäß § 28 Abs. 2 zu enthalten.
(2) Für Personen, deren Tod im Buch für Todeserklärungen eingetragen ist, wird nur eine Abschrift der Eintragung ausgestellt.”
3. § 74 Abs. 2 lautet:
“(2) Auf Grund dieses Bundesgesetzes können ab dem Tag der Kundmachung der dafür jeweils maßgebenden Bestimmung Verordnungen erlassen werden; sie treten frühestens ab dem Tag des Inkrafttretens dieser Bestimmung in Kraft.”
4. § 74 wird folgender Abs. 3 angefügt:
“(3) §§ 28 Abs. 2, 35 und 74 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1999 treten mit 1. September 1999 in Kraft.”