1926 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Justizausschusses

 

über die Regierungsvorlage (1653 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungs­gesetz 1999 – EheRÄG 1999)

 

Im Verlauf einer mehrjährigen Diskussion über eine Erneuerung des Eherechts zeigten sich sehr deutlich einige wichtige punktuelle Änderungsnotwendigkeiten.

Die Regelungsschwerpunkte des Gesetzentwurfs sind:

–   Verdeutlichung der Pflicht zur partnerschaftlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft dahin, daß die damit verbundenen Aufgaben in Summe grundsätzlich gleich zu teilen sind, insbesondere auch eine gesetzliche Klarstellung dahin, daß in einer “Hausfrauen- bzw. Hausmännerehe” auch der berufstätige Teil in seiner Freizeit grundsätzlich zur Mithilfe im Haushalt verpflichtet ist,

–   gesetzliche Regelung der Voraussetzungen für ein einseitiges Abgehen von der bisherigen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft sowie der daraus erfließenden Pflicht zu Bemühungen um eine ausgewogene Neugestaltung,

–   Schaffung der Möglichkeit, die Leistung des Unterhalts auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft – allenfalls nur teilweise – in Geld zu verlangen,

–   effizientere Ausgestaltung des dem eherechtlichen Wohnungsschutz dienenden Provisorialverfahrens,

–   Zusammenfassung aller Scheidungsgründe aus Verschulden in einer Bestimmung im Sinn einer stärkeren Akzentuierung des Zerrüttungsprinzips,

–   zur Vermeidung von Härtefällen Schaffung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs unter eng eingeschränkten Voraussetzungen grundsätzlich unabhängig vom Verschulden an der Scheidung,

–   wertmäßige Berücksichtigung von Investitionen aus dem ehelichen Gebrauchsvermögen oder aus ehelichen Ersparnissen in ein Unternehmen im Aufteilungsverfahren,

–   verfahrensrechtliche Vorkehrungen für die Nutzbarmachung der Mediation im Scheidungskonflikt sowie zur Gewährleistung der allenfalls erforderlichen Beratung unvertretener Parteien im Scheidungs­verfahren über die Scheidungsfolgen.

Die Vollziehung dieses Gesetzes wird auf den Bundeshaushalt keine merklichen Auswirkungen haben. Zu dem von diesem Gesetz nicht unmittelbar geregelten Bereich der Mediation, der sich derzeit noch im Stadium projekthafter Erprobung befindet, werden später im Fall einer Etablierung dieser Konfliktrege­lungsmethode auf breiterer Ebene allenfalls noch gesonderte Finanzierungsüberlegungen anzustellen sein.

In der Europäischen Union bestehen keine Regelungen, die den Gegenstand dieses Gesetzentwurfs betreffen.

Der Justizausschuß hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. Juni 1999 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Dr. Michael Krüger, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, Mag Gisela Wurm, Mag. Dr. Josef Trinkl, Dr. Liane Höbiger-Lehrer und die Ausschußobfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek das Wort.

Von der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt wurden vier Abänderungsanträge, von der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits ein Abänderungsantrag sowie von den Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Johannes Jarolim gleichfalls ein Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage vorgelegt.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Fekter und Dr. Johannes Jarolim in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Die Abänderungsanträge der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Mag. Terezija Stoisits fanden hingegen nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Zu den einzelnen vom Justizausschuß an der Regierungsvorlage vorgenommenen Änderungen ist folgendes zu bemerken:

Zu § 1486a ABGB:

Der geltende § 1486a ABGB, nach dem Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb nach § 98 ABGB in drei Jahren vom Ende des Monats verjährt, in dem die Leistung erbracht worden ist, hat sich in der Praxis als unbefriedigend erwiesen. Im praktischen Rechtsleben wird nämlich ein solcher Abgeltungsanspruch so gut wie nie während aufrechter, nicht von Scheidung bedrohter Ehe erhoben, sondern nahezu ausschließlich im zeitlichen Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die in § 1495 ABGB grundsätzlich vorgesehene Verjährungshemmung zwischen Ehegatten für die Dauer der Ehe nicht für einen Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten gilt. Durch das Zusammenwirken einer nur dreijährigen Verjährungsfrist mit der Unanwendbarkeit der sonst geltenden Verjährungshemmung kommt es tendenziell zu einer Verkürzung des Abgeltungsanspruchs auch bis weit unter die Dauer von drei Jahren, weil im Regelfall eine solche Mitwirkung in den letzten, häufig krisengeschüttelten Ehejahren nicht mehr oder nur in verringertem Ausmaß stattfindet.

Von den verschiedenen zur Lösung der aufgezeigten Problematik in Betracht kommenden Varianten stellt die hier beantragte Änderung einen Kompromiß dar, der einerseits dem Bedürfnis nach einer Verbesserung der Rechtsposition des im Erwerb des anderen mitwirkenden Ehegatten Rechnung trägt und andererseits größere Schwierigkeiten im Gesetzvollzug, wie er insbesondere mit der Einführung der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren für den Abgeltungsanspruch verbunden wäre, vermeidet. Dieser Kompromiß besteht in einer Verlängerung der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 1486a ABGB von drei Jahren auf sechs Jahre. Für eine sechsjährige Verjährungsfrist gibt es im bürgerlichen Recht bereits Vorbilder, und zwar vor allem in § 1472 ABGB. Durch die Mit dieser Änderung herbeigeführte Verdoppelung des Anspruchszeitraums wird – in einer legistisch einfachen Weise – auch für jene Fälle Vorsorge getroffen, in denen ein früher im Erwerb des anderen tätiger Ehegatte später – nämlich etwa in den letzen zwei bis drei Jahren vor dem Zerbrechen der Ehe – diese Mitwirkung eingestellt oder reduziert hat. In solchen Fällen verbleibt ihm auf Grund des verlängerten Anspruchszeitraums immer noch ein Abgeltungsanspruch, beispielsweise für die vier bis sechs Jahre vor der Geltendmachung erbrachten Mitwirkungsleistungen. Bei einem sechsjährigen Verjährungszeitraum sind auch keine gravierenden Probleme hinsichtlich der Beweisbarkeit der für den Abgeltungsanspruch maßgeblichen Umstände zu erwarten.

Unberührt bleibt die Regelung des § 83 Abs. 2 EheG, wonach bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögen und der ehelichen Ersparnisse, die – bisher nicht abgegoltene – Mitwirkung im Erwerb als ein für die Aufteilung maßgeblicher Beitrag zur Anschaffung bzw. Ansammlung des aufzuteilenden Vermögens zu werten ist.

Zu § 68 EheG:

Im Lichte des neuen Unterhaltstatbestandes des § 68a EheG kann die im § 68 EheG vorgesehene Subsidiarität des in dieser Bestimmung geregelten Unterhaltsbeitrags gegenüber den Unterhaltspflichten des Verwandten des unterhaltsbedürftigen Ehegatten als nicht mehr adäquat und zeitgemäß empfunden werden. Um dem § 68 EheG auch im Gesamtgefüge der Gesetzesbestimmungen über den nachehelichen Unterhalt eine den heutigen Verhältnissen entsprechende Aufwertung zu verleihen, wird die diese Subsidiarität normierende Wendung aus dem Gesetzestext eliminiert.

Zu § 68a EheG:

Die neue Unterhaltsbestimmung des § 68a EheG soll gegenüber ihrer Formulierung in der Regierungs­vorlage so präzisiert werden, daß die Wesenselemente dieses Unterhaltstatbestandes noch deutliche zum Ausdruck kommen. Damit ist in erster Linie gemeint, daß dieser Unterhaltsanspruch grundsätzlich nur für beschränkte Dauer bestehen soll, nämlich solange alle Voraussetzungen gegeben sind, ob vom Gericht befristet oder unbefristet festgesetzt, der Anspruch endet jedenfalls bei Wegfall einer Anspruchs­voraussetzung. Zum Zweiten soll der Frage der Unbilligkeit einer Unterhaltsgewährung nach dieser neuen Bestimmung breiterer Raum gewidmet und sollen vor allem dem Rechtsanwender deutliche Hinweise dafür gegeben werden, in welchen Umständen eine solche Unbilligkeit begründet sein kann. Im Zusam­menhang damit soll drittens verdeutlicht werden, daß sich eine solche Unbilligkeit nicht nur auf den Grund des Unterhaltsanspruchs, sondern auch (nur) auf dessen Höhe auswirken kann. Schließlich wird viertens – auch dies im Zusammenhang mit der Unbilligkeit einer Unterhaltsgewährung – eine gesetzliche Aussage darüber getroffen, inwieweit die Möglichkeit des Unterhaltsbedürftigen, seine Bedürfnisse durch eine im sozialrechtlichen Sinn nicht zumutbare Erwerbstätigkeit oder aus dem Stamm seines Vermögens zu decken, für die Unterhaltsgewährung eine Rolle spielt.

Dem erstgenannten Anliegen, nämlich der Verdeutlichung des grundsätzlich nur temporären  Charakters dieses Unterhaltsanspruchs, ist eine Reihe von Neuformulierungen gewidmet. Zunächst weist bereits die am Beginn des Abs. 1 eingefügte Wendung “und solange” nochmals verstärkend darauf hin, daß dieser Unterhaltsanspruch nur für die Dauer des Betreuungserfordernisses gegenüber einem aus der Ehe stammenden Kind besteht. Dementsprechend werden dem Abs. 1 Regelungen über die Befristung des Unterhaltsanspruchs im Fall seiner gerichtlichen Festsetzung angefügt. Grundsätzlich ist in einem solchen Fall eine Befristung auszusprechen. Wenn das zu betreuende Kind – bei mehreren gemeinsamen Kindern das jüngste – das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, wird die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung im Sinn des ersten Satzes des Abs. 1 gesetzlich vermutet; diese Vermutung kann allerdings auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalls auch widerlegt werden. Bei einem Alter des (jüngsten) Kindes unter fünf Jahren hat daher das Gericht – vom Fall der Widerlegung dieser Vermutung abgesehen – die Unterhaltsgewährung zumindest mit dem Zeitpunkt der Vollendung des fünften Lebensjahres zu befristen, kann darüber aber anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls auch hinausgehen (zB bei einem vier Jahre alten Kind, bei dem sich eine Betreuungsbedürftigkeit auch über die Vollendung des fünften Lebensjahres hinaus absehen läßt), dies aber auf längsten drei Jahre ab der Entscheidung über den Unterhalt.

Ein vom Gericht befristet festgesetzter Unterhalt kann aber auch verlängert werden, wenn sich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Unterhaltsgewährung über die ursprünglich angenommene Dauer der Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung oder über die gesetzlichen Höchstgrenzen für die gerichtliche Befristung hinaus weiter andauern. Diese Möglichkeit einer – mehrmaligen – Verlängerung wird im Gesetzestext durch das Wort “jeweils” im dritten Satz des Abs. 1 zum Ausdruck gebracht. Eine Verlängerung des Gerichtlichen Unterhaltszuspruchs kann auf höchstens weitere drei Jahre erfolgen, kann aber – wenn sich ein schon früheres Ende der Unterhaltsvoraussetzungen absehen läßt – auch mit einem kürzeren als dreijährigen Zeitraum festgesetzt werden.

Im letzten Satz des Abs. 1 wird ein Ausnahmefall umschrieben, in dem das Gericht von einer Befristung dieses Unterhaltsanspruchs absehen kann, nämlich dann, wenn infolge der besonderen Umstände des Einzelfalls ein Ende der Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung des bedürftigen Gatten nicht abgeschätzt werden kann; als Beispielsfall für solche besonderen Umstände wird eine besondere Betreuungs­bedürftigkeit des Kindes (etwa wegen einer Behinderung) erwähnt.

Eine Regelung über die Befristung des Unterhalts im Fall gerichtlicher Festsetzung wird auch für den Unterhaltsanspruch nach Abs.  2 vorgesehen. Wenn nach den Umständen des Falles erwartet werden kann, daß der geschiedene Ehegatte nach Ablauf einer bestimmten Zeit wieder in der Lage sein wird, seinen Unterhalt – vor allem durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit – aus Eigenem zu sichern, hat das Gericht nach dem letzten Satz des Abs. 2 den Unterhaltsanspruch auf längstens drei Jahre zu befristen. Dies wird beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn es dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten zwar aktuell an einer am Arbeitsmarkt verwertbaren Berufsausbildung mangelt, auf Grund geeigneter Aus­bildungsmaßnahmen aber erwartet werden kann, daß er in absehbarer Zeit ins Berufsleben eintreten kann. Freilich wird solches nur von Personen verlangt werden können, die auf Grund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes noch einer Berufstätigkeit nachgehen können und noch Chancen auf dem Arbeits­markt haben. Hingegen kommt beispielsweise bei einem Menschen, der bereits nahe der allgemeinen Pensionsaltersgrenze steht oder dauerhaft invalid ist, eine solche Unterhaltsbefristung nicht in Frage.

Bei der Regelung der Befristung des Unterhalts nach dem vorgeschlagenen § 68a sind auch die pensionsversicherungsrechtlichen und pensionsrechtlichen Zusammenhänge zu beachten. Die Antrag­steller gehen dabei davon aus, daß laut Auskunft des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales nach geltendem Recht und herrschender Praxis auch ein im Zeitpunkt des Todes des Unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten bestehender Titel über einen befristeten Unterhaltsanspruch grundsätzlich – also abgesehen insbesondere vom Fall des § 258 Abs. 2 ASVG – einen unbefristeten Pensionsanspruch (Grundsätzlich in Höhe des Unterhaltsanspruchs) auslöst.

Im ersten Satz des Abs. 2 soll neben der Pflege und Erziehung eines allenfalls vorhandenen gemeinsamen Kindes auch die Betreuung eines Angehörigen eines der Ehegatten erwähnt werden, um auch solche – in der Lebenswirklichkeit keineswegs seltenen – Fällen explizit zu berücksichtigen. Zur Klarstellung ist aber darauf hinzuweisen, daß der Unterhaltsanspruch nach Abs. 2 grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Mangel an Erwerbsmöglichkeiten wegen der genannten Gründe, keine den Unterhaltsanspruch ausschließende Unbilligkeit) – auch an die auf der einvernehmlichen Gestaltung der Lebensgemeinschaft basierende Haushaltsführung allein anknüpfen kann. Zumeist wird allerdings als weiteres Element die Pflege und Erziehung eines Kindes oder eben die nun zusätzlich genannte Betreuung eines Angehörigen hinzukommen.

Im neu formulierten Abs. 3 soll gegenüber der Fassung der Regierungsvorlage zweierlei verdeutlicht werden: Zum einen wird durch die nun gewählte Formulierung (“vermindert sich oder besteht nicht”) noch stärker zum Ausdruck  gebracht, daß sich eine Unbilligkeit der Unterhaltsgewährung nicht nur – im Sinn eines “Alles oder nichts” – auf das Bestehen des Unterhaltsanspruchs als solches, sondern auch auf die Höhe des Unterhalts (vermindernd) auswirken kann. Das Gericht ist also nicht nur vor die Alternative gestellt, entweder vollen oder gar keinen Unterhalt zuzusprechen, sondern kann unter dem Billig­keitsaspekt auch einen Teilunterhalt bestimmen.

Zum anderen werden demonstrativ einige Unbilligkeitsgrunde angeführt, nämlich die einseitige Begehung besonders schwerwiegender Eheverfehlungen, die grob schuldhafte Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit und im Fall des Unterhaltsanspruchs nach Abs. 2 auch die nur kurze Dauer der Ehe. Die Umstände, die eine solche Unbilligkeit begründen, haben unterhaltsrechtlich eine zweifache Wirkung, indem sie einerseits – gleichsam schon bei isolierter Betrachtung – den Entfall oder die Reduktion der Unterhaltspflicht bewirken können, andererseits aber auch für die Frage von Bedeutung sind, inwieweit vom Unterhalt ansprechenden Ehegatten gefordert werden kann, seinen Unterhalt auch aus dem Stamm seines Vermögens oder aber durch eine Erwerbstätigkeit zu decken, die ihm im sozialrechtlichen Sinn nicht zumutbar ist. Es wird damit ein bewegliches System der Abwägung von Unterhaltsbedürftigkeit nach den Elementen der Absätze 1 und 2, der Gründe für ein Unbilligkeitsurteil und der Möglichkeit zur Deckung des Lebensbedarfs auch aus sonst nur subsidiär heranzuziehenden Quellen (nämlich dem Stamm des Vermögens und etwa einer Erwerbstätigkeit, die der wesentlich qualifizierteren Berufsausbildung des Unterhaltsansprechers nicht entspricht) geschaffen. Der Mechanismus dieses Systems setzt das Gericht in die Lage, zur Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit nach den jeweiligen Gegebenheiten des Falles den Unterhalt stufenlos zwischen der Abdeckung des Lebensbedarfs und der gänzlichen Versagung auszumessen.

Die nun in einen eigenen Abs. 4 überstellte Verweisung auf § 67 EheG mußte der geänderten Konstruk­tion des § 68a EheG angepaßt werden. Im Besonderen hat die noch in der Regierungsvorlage vorgesehene Verweisung auch auf § 67 Abs. 2 EheG zu entfallen, weil die Frage, inwieweit der Stamm des Vermögens bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen ist, für den Unterhaltstatbestand des § 68a EheG nun ja ausdrücklich in dessen Abs. 3 geregelt ist.

Zu § 230 Abs. 2 AußStrG und § 460 Z 11 ZPO:

In den meisten Krankenversicherungen verliert ein bei seinem Ehegatten Mitversicherter durch die Scheidung der Ehe die sozialversicherungsrechtliche Angehörigeneigenschaft und damit den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Hinblick darauf ist es ein Anliegen, den davon betroffenen Ehegatten rechtzeitig auf die Notwendigkeit einer Selbstversicherung aufmerksam zu machen. Dies soll dadurch gewährleistet werden, daß das über die Auflösung der Ehe entscheidende Gericht, wenn ein Ehegatte durch seine Entscheidung offenbar den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung verliert, den zuständigen Sozialversicherungsträger für den Bereich der Krankenversicherung im Wege des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger – sohin auf elektronischem Weg – zu verständigen hat. Weiter wird dem Krankenversicherungsträger, bei dem der betroffene Ehegatte als Angehöriger mitversichert ist, die Verpflichtung auferlegt, an den Ehegatte heranzutreten und ihn über die zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung erforderlichen Schritte aufzuklären. Die Verständi­gung setzt allerdings voraus, daß der vom Verlust des Krankenversicherungsschutzes bedrohte Ehegatte dem Gericht zu dieser Verständigung seine Zustimmung erteilt.

Zu § 460 Z 6a ZPO:

In dieser Bestimmung soll gegenüber der Fassung der Regierungsvorlage verdeutlicht werden, daß das Gericht in seine Prüfung über die Kenntnis der unvertretenen Partei von den Scheidungsfolgen und in seine Hinweise auf entsprechende Beratungsangebote auch die Frage der sozialversicherungsrechtlichen Folgen der Scheidung einzubeziehen hat.

Weiters hat der Justizausschuß mit Mehrheit folgende Ausschußfeststellung beschlossen:

Zu § 91 EheG:

 

Der Justizausschuß geht davon aus, daß die Neufassung des § 91 ABGB im wesentlichen nichts an dem schon in der bisherigen Fassung ausgedrückten Grundsatz der Gestaltungsautonomie der Ehegatten ändert. Schranken setzen diesem Grundsatz zwingendes Recht einschließlich der guten Sitten sowie die Prinzipien der Rücksichtnahme aufeinander und der Wahrung des Kindeswohls.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 06 09

                               Dr. Helga Konrad                                                 Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außer­streitgesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutionsordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Änderungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999)

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs

Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Juni 1811, JGS Nr. 946, zuletzt geändert durch die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 140/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 90 lautet:

§ 90. (1) Die Ehegatten sind einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet.

(2) Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar, es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich und nicht anderes vereinbart ist.”

2. § 91 lautet:

§ 91. (1) Die Ehegatten sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten.

(2) Von einer einvernehmlichen Gestaltung kann ein Ehegatte abgehen, wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des anderen oder der Kinder entgegensteht oder, auch wenn ein solches Anliegen vorliegt, persönliche Gründe des Ehegatten, besonders sein Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbs­tätigkeit, als gewichtiger anzusehen sind. In diesen Fällen haben sich die Ehegatten um ein Einvernehmen über die Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu bemühen.”

3. In § 94 Abs. 3 wird folgender erster Satz eingefügt:

“Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsge­meinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre.”

4. In § 95 werden der Strichpunkt nach dem Wort “mitzuwirken” durch einen Punkt und der letzte Halbsatz durch folgenden Satz ersetzt:

“Ist jedoch ein Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die Haushaltsführung; der andere ist nach Maßgabe des § 91 zur Mithilfe verpflichtet.”

5.In § 1486a wird das Wort “drei” durch das Wort “sechs” ersetzt.

Artikel II

Änderungen des Ehegesetzes

Das Gesetz vom 6. Juli 1938 zur Vereinheitlichung des Rechts der Eheschließung und der Ehescheidung, dRGBl. I S 807, zuletzt geändert durch das Namensrechtsänderungsgesetz, BGBl. Nr. 25/1995, wird wie folgt geändert:

1. §§ 47 und 48 samt Überschriften sowie die Überschrift vor § 49 werden aufgehoben.


2. § 49 wird wie folgt geändert:

a) Im ersten Satz entfällt das Wort “sonstige”;

b) nach dem ersten Satz wird folgender Satz eingefügt:

“Eine schwere Eheverfehlung liegt insbesondere vor, wenn ein Ehegatte die Ehe gebrochen oder dem anderen körperliche Gewalt oder schweres seelisches Leid zugefügt hat.”

3. In § 68 entfällt die Wortfolge “und der nach § 71 unterhaltspflichtigen Verwandten des Bedürftigen.”

4. Nach § 68 wird folgender § 68a eingefügt:

§ 68a. (1) Soweit und solange einem geschiedenen Ehegatten auf Grund der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes unter Berücksichtigung dessen Wohles nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten, hat ihm der andere unabhängig vom Verschulden an der Scheidung Unterhalt nach dessen Lebensbedarf zu gewähren. Die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung wird vermutet, solange das Kind das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Wird der Unterhaltsanspruch gerichtlich festgesetzt, so ist er jeweils entsprechend zu befristen, über das fünfte Lebensjahr des jüngsten Kindes hinaus jeweils auf längstens drei Jahre. Ist auf Grund der besonderen Umstände des Falles, insbesondere einer besonderen Betreuungsbedürftigkeit des Kindes, nicht abzusehen, wann der geschiedene Ehegatte in der Lage sein wird, sich selbst zu erhalten, so kann das Gericht von einer Befristung absehen.

(2) Hat sich ein Ehegatte während der Ehe auf Grund der einvernehmlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Haushaltsführung sowie gegebenenfalls der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes oder der Betreuung eines Angehörigen eines der Ehegatten gewidmet und kann ihm auf Grund des dadurch bedingten Mangels an Erwerbsmöglichkeiten, etwa wegen mangelnder beruflicher Aus- oder Fortbildung, der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft, seines Alters oder seiner Gesundheit, nicht zugemutet werden, sich ganz oder zum Teil selbst zu erhalten, so hat ihm insoweit der andere Ehegatte unabhängig vom Verschulden an der Scheidung den Unterhalt nach dessen Lebensbedarf zu gewähren. Wird der Unterhaltsanspruch gerichtlich festgesetzt, so hat ihn das Gericht jeweils auf längstens drei Jahre zu befristen, wenn erwartet werden kann, daß der geschiedene Ehegatte danach in der Lage sein wird, seinen Unterhalt, insbesondere durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit, zu sichern.

(3) Der Unterhaltsanspruch nach Abs. 1 oder 2 vermindert sich oder besteht nicht, soweit die Gewährung des Unterhalts unbillig wäre, weil der Bedürftige einseitig besonders schwerwiegende Eheverfehlungen begangen oder seine Bedürftigkeit grob schuldhaft herbeigeführt hat oder ein gleich schwerwiegender Grund vorliegt, im Fall des Abs. 2 auch, weil die Ehe nur kurz gedauert hat. Je gewichtiger diese Gründe sind, desto eher ist vom Bedürftigen zu verlangen, seinen Unterhalt durch die Erträgnisse einer anderen als einer zumutbaren Erwerbstätigkeit oder aus dem Stamm seines Vermögens zu decken.

(4) § 67 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.”

5. In § 69a erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung “(1)” und wird folgender Abs. 2 angefügt:

“(2) Mangels einer rechtswirksamen Vereinbarung über die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten im Fall einer Scheidung im Einvernehmen hat ein Ehegatte dem anderen Unterhalt zu gewähren, soweit dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der geschiedenen Ehegatten und der nach § 71 unterhaltspflichtigen Verwandten des Berechtigten der Billigkeit entspricht; § 67 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.”

6. Nach § 69a wird folgender § 69b eingefügt:

§ 69b. § 68a ist entsprechend anzuwenden, wenn die Ehe aus einem der in den §§ 50 bis 52 und 55 bezeichneten Gründe geschieden worden ist oder es im Fall einer Scheidung im Einvernehmen an einer wirksamen Vereinbarung über die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten fehlt.”

7. § 82 Abs. 2 lautet:

“(2) Die Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht oder von Todes wegen erworben oder die ihm ein Dritter geschenkt hat, ist in die Aufteilung dann einzubeziehen, wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist oder wenn ein gemeinsames Kind an ihrer Weiterbenützung einen berücksichtigungswürdigen Bedarf hat. Gleiches gilt für den Hausrat, wenn der andere Ehegatte auf seine Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist.”

8. § 91 wird wie folgt geändert:

a) Abs. 2 lautet:

“(2) Wurde eheliches Gebrauchsvermögen oder wurden eheliche Ersparnisse in ein Unternehmen, an dem einem oder beiden Ehegatten ein Anteil zusteht, eingebracht oder für ein solches Unternehmen sonst verwendet, so ist der Wert des Eingebrachten oder Verwendeten in die Aufteilung einzubeziehen. Bei der Aufteilung ist jedoch zu berücksichtigen, inwieweit jedem Ehegatten durch die Einbringung oder Verwendung Vorteile entstanden sind und inwieweit die eingebrachten oder verwendeten ehelichen Ersparnisse aus den Gewinnen des Unternehmens stammten. Der Bestand des Unternehmens darf durch die Aufteilung nicht gefährdet werden.”

b) der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung “(3)”

9. Die Abschnittsbezeichnung und die Überschrift vor den §§ 99 ff werden nach § 99 eingereiht.

10. § 99 samt Überschrift lautet:

“IV. Mediation

§ 99. (1) Ein zwischen Ehegatten zur Erzielung einer gütlichen Einigung über die Scheidung und deren Folgen berufsmäßig und auf der Grundlage einer fachlichen Ausbildung in Mediation vermittelnder Dritter (Mediator) ist zur Verschwiegenheit über die Tatsachen verpflichtet, die ihm bei den auf die gütliche Einigung abzielenden Gesprächen anvertraut oder sonst bekannt wurden. Durch solche Gespräche sind der Anfang und die Fortsetzung der Verjährung oder sonstige Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Scheidung der Ehe gehemmt.

(2) Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nach Abs. 1 ist ebenso zu bestrafen wie eine verbotene Veröffentlichung nach § 301 Abs. 1 StGB, sofern dadurch ein berechtigtes Interesse verletzt wird und der in seinem Interesse Verletzte dies verlangt.”

Artikel III

Änderungen des Außerstreitgesetzes

Das Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen vom 9. August 1854, RGBl. Nr. 208, zuletzt geändert durch die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 140/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 222 Abs. 1 lautet:

“(1) Die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Protokolle, die Beweise, die Einholung einer Beratung (§ 460 Z 6a ZPO), die Ermöglichung einer gütlichen Einigung (§ 460 Z 7a ZPO) und, soweit es sich um eine Vereinbarung im Sinn des § 55a Abs. 2 Ehegesetz handelt, über den Vergleich sind anzuwenden.”

2. § 224 wird wie folgt geändert:

a) In Abs. 1 wird nach der Wendung “Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses” das Klammerzitat “(§ 411 Abs. 1 ZPO)” eingefügt;

b) in Abs. 2 zweiter Satz wird nach der Wendung “Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses” das Klammerzitat “(§ 416 Abs. 1 ZPO)” eingefügt.

3. § 230 Abs. 2 lautet:

“(2) Die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Protokolle, die Beweise, die Einholung einer Beratung (§ 460 Z 6a ZPO), die Ermöglichung einer gütlichen Einigung (§ 460 Z 7a ZPO), die Verständigung des Krankenversicherungsträgers und über den Vergleich sind anzuwenden.”

Artikel IV

Änderungen der Zivilprozeßordnung

Die Zivilprozeßordnung vom 1. August 1895, RGBl. Nr. 113, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 21/1999, wird wie folgt geändert:

1. In § 320 wird in Z 3 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 4 angefügt:

         “4. Mediatoren, die im Sinn des § 99 Abs. 1 Ehegesetz zwischen Ehegatten vermitteln, in Ansehung dessen, was ihnen in den auf die gütliche Einigung abzielenden Gesprächen anvertraut oder sonst bekannt wurde.”

2. § 460 wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

       “6a. Ist eine Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten, so hat sich das Gericht durch Befragung der Partei ein Bild von ihren Kenntnissen der gesamten Scheidungsfolgen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Folgen zu machen und auf entsprechende Beratungsangebote hinzuweisen. Mangeln der Partei offenbar diese Kenntnisse, so ist auf ihren Antrag die Tagsatzung zu erstrecken, um der Partei Gelegenheit zur Einholung einer Beratung zu geben, es sei denn, daß bei sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände kein vernünftiger Zweifel darüber besteht, daß durch den Antrag auf Erstreckung der Tagsatzung der Prozeß verschleppt werden soll.”

b) nach Z 7 wird folgende Z 7a eingefügt:

       “7a. Scheint eine Versöhnung der Ehegatten nicht möglich, so hat sich das Gericht durch Befragung der Parteien ein Bild davon zu machen, ob und mit welcher Hilfe die Parteien zu einer gütlichen Einigung gelangen können, und auf entsprechende Hilfeangebote hinzuweisen. Auf gemeinsamen Antrag der Parteien ist die Tagsatzung zur Inanspruchnahme solcher Hilfeangebote zu erstrecken.”

c) in Z 8 wird nach der Wendung “Rechtskraft des Urteils” das Klammerzitat “(§ 416 Abs. 1)” eingefügt;

d) nach Z 8 wird folgende Z 8a eingefügt:

       “8a. Auf ihr Verlangen ist den Ehegatten jederzeit auch eine Ausfertigung der Entscheidung über die Auflösung der Ehe auszustellen, die keine Entscheidungsgründe enthält.”

e) nach Z 10 wird folgende Z 11 angefügt:

       “11. Verliert ein Ehegatte durch eine Entscheidung über die Auflösung der Ehe offenbar den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung, so hat das Gericht mit Zustimmung dieses Ehegatten den zuständigen Sozialversicherungsträger im Weg des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zu verständigen. Die Verständigung hat den Familien- und Vornamen, das Geburtsdatum, die Anschrift sowie die Sozialversicherungsnummer des Ehegatten zu enthalten. Der Versicherungsträger hat dem Ehegatten Informationen über die sozialversiche­rungsrechtlichen Folgen der Eheauflösung und die Möglichkeit der Fortsetzung des Versiche­rungsschutzes zu übermitteln.”

Artikel V

Änderung der Exekutionsordnung

Die Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896, RGBl. Nr. 79, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998, wird wie folgt geändert:

Nach § 382d wird folgender § 382e samt Überschrift eingefügt:

“Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten

§ 382e. (1) Der Anspruch eines Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses sowie die ihm auf Grund einer Verletzung dieses Anspruchs zustehenden, nicht in Geld bestehenden Forderungen können insbesondere durch die Sicherungsmittel nach § 382 Abs. 1 Z 4 bis 7 gesichert werden.

(2) Ist zwischen den Parteien ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig, so kann die einstweilige Verfügung nach Abs. 1 erlassen werden, auch wenn die in § 381 bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen.

(3) Von der Anhörung des Antragsgegners vor Erlassung der einstweiligen Verfügung ist insbesondere abzusehen, wenn zu besorgen ist, daß dadurch der Zweck der einstweiligen Verfügung vereitelt würde.

(4) Die Zeit, für die die einstweilige Verfügung getroffen wird, darf über den Zeitpunkt nicht hinausgehen, ab dem ein die Ehewohnung betreffender Anspruch im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe nicht mehr geltend gemacht werden kann oder ein Verfahren darüber rechtskräftig beendet ist.”

Artikel VI

 

Änderung der Strafprozeßordnung

Die Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 55/1999, wird wie folgt geändert:

§ 152 Abs. 1 Z 5 lautet:

         “5. Psychiater, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer, Mitarbeiter anerkannter Einrich­tungen zur psychosozialen Beratung und Betreuung sowie Mediatoren, die im Sinn des § 99 Abs. 1 Ehegesetz zwischen Ehegatten vermitteln, über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist;”

Artikel VII

Inkrafttreten, Aufhebung einer Gesetzesbestimmung, Übergangsbestimmungen

1. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2000 in Kraft.

2. Der ungarische Gesetz-Artikel XXXI vom Jahre 1894 über das Eherecht wird aufgehoben.

3. Auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht rechtskräftig abge­schlossenen Verfahren über Scheidungsklagen, die auf §§ 47 oder 48 Ehegesetz gestützt wurden, sind die bisher in Geltung gestandenen Bestimmungen anzuwenden.

4. §§ 68a und 69b Ehegesetz sind auf Unterhaltsansprüche auf Grund von Scheidungen anzuwenden, bei denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundes­gesetzes noch nicht geschlossen war.

5. § 82 Abs. 2 und § 91 Ehegesetz sind in der Fassung dieses Bundesgesetzes auf Ansprüche auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse auf Grund von Scheidungen, bei denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesge­setzes noch nicht geschlossen war, ansonsten aber in der bisher in Geltung gestandenen Fassung anzuwenden.

6. § 382e Abs. 1, 2 und 4 EO ist in einem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes anhängigen Verfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses eines Ehegatten anzuwenden, wenn die Entscheidung erster Instanz zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht ergangen ist. § 382e Abs. 3 EO ist auf vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eingeleitete Verfahren dieser Art nicht anzuwenden.

Artikel VIII

Vollziehung

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut.

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

 

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Außerstreit-Gesetz, die Zivilprozeßordnung, die Exekutions­ordnung und die Strafprozeßordnung geändert werden (Eherechts-Ände­rungsgesetz 1999 – EheRÄG 1999) (1653 der Beilagen)

Grundsätzliches

Die Grundstrukturen des Eherechts gehen auf das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch von 1811 und das deutsche Ehegesetz, welches 1938 von “der Reichsregierung” “vorbehaltlich einer abschließenden Neuordnung des gesamten Eherechts” beschlossen worden war, zurück.  Diesen zwei Rechtsschichten wurde mit den Familienrechtsreformen der siebziger Jahre eine dritte hinzugefügt. Das Ergebnis ist ein inkonsistentes Bild, das zudem äußerst veraltete Wertungen und Rechtsinstitute wie zB die “Morgengabe mitschleppt.

Das geltende Eherecht und dessen Auslegung durch die Gerichte ist ungerecht.

–   weil dem bedürftigen Ehegatten nur Naturalunterhalt zusteht und damit insbesondere die nicht berufstätige Ehefrau entmündigt wird,

–   weil dem bedürftigen Ehegatten maximal 40% des Familieneinkommens zusteht und damit insbesondere die berufstätige Ehefrau, die daneben Haushalt und Kinder versorgt, keine ihrer Leistungen adäquate Abgeltung erhält,

–   weil den Frauen im Fall der Scheidung die Leistungen im Haushalt und bei der Kinderbetreuung nicht für sich genommen abgegolten werden,

–   weil gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung verweigert wird,

–   weil der Mann beim Ehenamen nach wie vor privilegiert wird, indem bei getrenntem Ehenamen und Uneinigkeit der Eltern die Kinder von Gesetzes wegen seinen Namen erhalten.

Eine Reform des Eherechts ist daher längst überfällig und nur zu begrüßen. Es ist jedoch bedauerlich, daß aus dem Reformvorhaben des Justizministerium nur mehr ein Minimalkonsens zwischen den Koalitionsparteien übrig geblieben ist und daher von einer Reform kaum mehr gesprochen werden kann. So nehmen in der Regierungsvorlage die nicht verwirklichten Vorschläge beinahe sowie Platz ein wie die Änderungsvorschläge der Regierung.

Festhalten am Verschuldensprinzip

Offensichtlich am Widerstand der ÖVP scheiterte die Streichung des Verschuldensprinzips im Eherecht und damit die Anpassung an die meisten europäischen Länder. In den Nachbarländer Bayern und Schweiz wurde das Verschuldensprinzip schon vor Jahren bzw. vor kurzem abgeschafft und niemand hat Interesse daran, irgend etwas daran zu ändern. Tatsächlich gibt es auch keinen ersichtlichen Grund, neben dem Zerrüttungsprinzip am Verschuldensprinzip im Scheidungsverfahren festzuhalten. Es kann nicht Aufgabe eines Staates sein, eine moralische Bewertung des Eheverhaltens der PartnerInnen im Scheidungsverfahren vorzunehmen. (Diese Funktion soll sinnvoller den Seelsorgern überlassen werden.)

Vielfach wird das Verschuldensprinzip stark verteidigt, weil die Unauflösbarkeit der Ehe aus ökono­mischen Gründen für notwendig erachtet wird. In geringen und durchschnittlichen Einkommensschichten sei der Frau, die eine Hausfrauenehe geführt habe, spätestens ab dem 40. Lebensjahr der Aufbau einer eigenen Existenz nicht mehr möglich. Das Einkommen  des Mannes, gegen den ein Unterhaltsanspruch bestünde, reiche aber nicht für zwei unabhängige Existenzen. Es drohe die Verelendung. Diese Problematik zeigt aber nur, wie notwendig ein selbständiger Anspruch  auf Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung der Ehefrauen wäre, damit rudimentäre Bedürfnisse in jedem Fall abgedeckt sind. Eine Beitragspflicht des verdienenden Ehegatten (im Fall des besserverdienenden Ehegatten eine anteilige Beitragspflicht) würde sicherlich einen Anreiz zur Übernahme von Haus und Kinderarbeit durch die Männer darstellen.

 

Unterhaltsanspruch, unabhängig vom Verschulden, aber nur in Ausnahmefällen und befristet

Zwar hat anders wie nach den derzeit geltenden Bestimmungen in Hinkunft ein Ehegatte/eine Ehegattin unabhängig vom Verschulden an der Scheidung Anspruch auf Unterhalt, wenn ihm/ihr auf Grund der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes nicht zugemutet werden kann, sich selbst zu erhalten. Warum die gesetzliche Vermutung für die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung nur bis zum 5. Lebensjahr eines Kindes angenommen wird, ist nicht nachvollziehbar. Die Festsetzung dieser Frist erscheint vollkommen willkürlich und dürfte zwischen den Regierungsparteien wohl ausgewürfelt worden sein, zumal auch in den Erläuternden Bemerkungen keine Erklärung dafür geliefert wird. Für den Fall, daß es der betroffenen Frau gelingt, den Nachweis zu erbringen, daß die Betreuung des Kindes auch weiterhin notwendig sein wird, kann ihr auch weiterhin – befristet auf drei Jahre – Unterhalt gewährt werden. Davon abgesehen kann einer Ehegattin auf Grund eines Mangels an Erwerbsmöglichkeiten (bedingt aus Mangel an Erwerbsmöglichkeiten wegen fehlender Aus- und Fortbildung bzw. des Alters oder der Gesundheit) ein Unterhalt für drei Jahre gewährt werden. Dieser befristete Unterhaltsanspruch – unabhän­gig vom Verschulden – besteht nicht oder vermindert sich jedoch, bei besonders schwerwiegenden Eheverfehlungen oder wenn die Bedürftigkeit grob schuldhaft herbeigeführt wurde. Was darunter zu verstehen ist, geht allerdings aus den Erläuternden Bemerkungen nicht hervor und bleibt dem Ermessen der Gerichte vorbehalten. Diese Bestimmung wird vor allem dazu dienen, die Ehepartner im Zuge des Scheidungsverfahrens und der Aufteilung des Ehevermögens unter Druck zu setzen. Es ist daher zu befürchten, daß es auch in Hinkunft zu keiner sachgerechten Abgeltung für die in der Ehe geleisteten Haushalts- und Kinderarbeit und der damit in der Regel verbundenen verlorenen Chancen am Arbeits­markt kommt.

Grundsätzlich kann jederzeit eine Herabsetzung oder Streichung des Unterhaltes begehrt werden, wenn sich die Verhältnisse geändert haben. Es bedeutet daher eine krasse Benachteiligung der Frauen, wenn ausgerechnet im Eherecht die betroffenen Personen nach Ende der Befristung (3 Jahre) ihre Unterhaltsansprüche rechtfertigen müssen. Diese unnötige Befristung des Unterhalts, der unabhängig von der Verschuldensfrage gewährt wird, zwingt die betroffenen Personen (in der Regel wird es sich um Frauen handeln), sich regelmäßig auf einen Unterhaltsstreit einzulassen (eine Klage einzubringen) oder auf den Unterhalt zu verzichten. Dies bedeutet praktisch eine Beweislastumkehr wobei das Risiko auf die betroffenen Frauen abgewälzt wird, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt.

Mitwirkungspflicht: Erwerb des Ehegatten bleibt bestehen

Entgegen dem ursprünglichen Ministerialentwurf bleibt nunmehr auch mit Zustimmung der Abgeordneten der SPÖ weiterhin eine Mitwirkungspflicht im Erwerb des Ehegatten gesetzlich verankert. Diese Mitwirkungspflicht widerspricht den ILO-Vorschriften, zumal die EhegattInnen in keiner Form arbeits- und sozialrechtlich abgesichert sind. Die Aufrechterhaltung einer derartigen Bestimmung zum Ausklang des 20. Jahrhunderts ist nicht nachvollziehbar. auch in Österreich sollten wir zur Kenntnis nehmen, daß die EhepartnerInnen auch nach der Eheschließung eigenständige Personen bleiben und nicht Eigentum des Ehegatten/der Ehegattin werden. Diese Regelung grenzt an Sklavenarbeit. Auch wenn die Ausbeutung auf freiwilliger Basis erfolgt, muß von einer solchen gesprochen werden, zumal die Verjährung allfälliger Entgeltsansprüche nach sechs Jahren eintritt.

Zeugung von Kindern bleibt weiterhin Zweck der Ehe

Es ist zu begrüßen, daß im Ehegesetz die Verweigerung der Fortpflanzung als Scheidungsgrund gestrichen wurde. Warum aber in § 44 ABGB unter “Begriff der Ehe” als Zweck “Kinder zu zeugen” gesetzlich verankert bleibt, ist nicht nachvollziehbar. Diese gesetzliche Regelung entspricht längst nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten und sollte daher aus dem Gesetz eliminiert werden. Diese Bestimmung bedeutet eine unzulässige Einmischung des Staates in die Privat- und Intimsphäre des Menschen. Es muß EhepartnerInnen überlassen bleiben, wie sie ihr Leben planen, ob mit oder ohne Kinder.

Abschließend muß leider festgehalten werden, daß die Chance zu einer umfassenden Reform des Eherechts nicht genutzt wurde und auch in Hinkunft die Frauen benachteiligt sind.

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Dr. Heide Schmidt

 

gemäß § 42 Abs. 5 GOG zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1653 der Beilagen) zum Eherechts-Änderungsgesetz 1999

Staat und offene Gesellschaft stehen in einem Spannungsverhältnis, in dem es ständig um die Belange zwischen individuellen und gesellschaftlichen Autonomiebedürfnissen einerseits und staatlichem Rege­lungsbedarf andererseits zu kämpfen gilt. Für Liberale ist die Verteidigung der Autonomie der und des Einzelnen gegen die konservative Ideologie eines starken Staates ein zentrales Anliegen. Dazu gehört auch das Einsetzen dafür, daß die und der Einzelne die individuell ideale Form des Zusammenlebens wählen kann, wobei staatliche Politik für die entsprechenden Rahmenbedingungen zu sorgen hat.

Eine der Lebensformen ist die Ehe. Ihr Begriff wird in § 44 ABGB durch drei Wesenskriterien definiert, nämlich daß zwei Personen verschiedenen Geschlechts gesetzmäßig ihren Willen erklären, erstens “in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben”, zweitens “Kinder zu zeugen, sie zu erziehen” und drittens “ sich gegenseitigen Beistand zu leisten”. Das Recht der Ehescheidung wird durch das Ehegesetz geregelt, wobei nicht nur Scheidungsgründe definiert, sondern vor allem das Verschuldensprinzip festgeschrieben ist, nach dem der oder die RichterIn vorzugehen hat. Über eine Reform dieses Scheidungsrechts wird in Österreich seit dem Jahr 1992 diskutiert, seit September 1995 befaßte sich eine Arbeitsgruppe mit konkreten einschlägigen Fragen. Eines der wesentlichsten Anliegen dabei war, das Verschuldensprinzip längst aus dem Scheidungsrecht eliminiert, in Deutschland etwa seit mehr als 20 Jahren, in der Schweiz und in Irland tritt mit 1. Jänner 2000 das Zerrüttungsprinzip an die Stelle des Verschuldensprinzips. In einigen europäischen Ländern gibt es noch Mischsysteme, wobei eine Empfehlung des Europarates vom Jänner 1989, No R. (89) 1, erwähnenswert ist, nach der die Länder aufgefordert werden, Scheidungs­folgen verschuldensunabhängig zu regeln.

Die zum Beschluß vorliegende Novelle trägt weder der internationalen Entwicklung Rechnung noch hat sie die Erfahrungswerte der in der Diskussion befaßten FamilienrichterInnen und ExpertInnen wirklich berücksichtigt. Vor allem aber bleibt aufrecht, daß der Staat durch seine Regeln und Beurteilung privater Verhältnisse in unzumutbarer Weise tief in die Intimsphäre der Menschen eingreift. Aus liberaler Sicht widerspricht es nicht nur der gesellschaftlichen Befindlichkeit, sondern darf es vor allem nicht Sache des Staates sein, als Voraussetzung für die Eheschließung die Willenserklärung abzuverlangen, “Kinder zu zeugen”. Der Hinweis des Justizminister im Justizausschuß, daß die Judikatur die Nebenabrede, dieses Kriterium der Ehe nicht erfüllen zu wollen, im Gegensatz zu Nebenabreden zu den anderen beide Begriffskriterien nicht als sittenwidrig und daher anerkennen würde, kann in der Argumentation nicht weiterhelfen. Rechtspolitisch kann es nämlich nicht wünschenswert sein, daß bestehende Gesetze durch die Judikatur überholt werden und daneben am gesetzlichen Rechtsbestand festgehalten wird. Vielmehr ist die aufrechte Regelung der verpflichtenden Willenserklärung zur Fortpflanzung ein Akt staatlicher Bevormundung, der ganz bewußt beibehalten wird, wie die Diskussionsbeiträge insbesondere seitens der ÖVP im Ausschuß bewiesen haben.

Ebenso inakzeptabel ist das festhalten am Verschuldensprinzip, weil sich auch hier der Staat anmaßt, über Richtig und Falsch höchstpersönlicher Verhaltensweisen zu entscheiden. Nach liberaler Auffassung kann es einzig Aufgabe des Staates sein, den oder die Schwächere zu schützen, so daß vor allem die Unterhaltsfrage nach einer Scheidung einzig daran zu orientieren ist, ob der oder diejenige der Leistung bedarf. Die nun in der Vorlage enthaltenen Formulierungen, die noch dazu durch einen koalitionären Abänderungsantrag verschärft wurden, sehen zwar für Härtefälle verschuldensunabhängige Unterhalts­leistungen vor, schränken aber die Einzelfallentscheidung der Gerichte unsachgemäß stark ein und stellen darüber hinaus willkürliche Grenzziehungen – wie etwa das 5. Lebensjahr eines zu versorgenden Kindes – auf. Nicht nur die Unsachgemäßheit ist dabei zu beanstanden, sondern auch die Tatsache, daß die realen Lebensumstände Kinderbetreuungseinrichtungen und Horte betreffend, keinerlei Berücksichtung gefunden haben. Im übrigen macht die Vorlage deutlich, daß die Scheidungsregelungen offenbar die Versäumnisse der staatlichen Sozialgesetzgebung insbesondere nicht berufstätige EhepartnerInnen betref­fend, wettmachen sollen. Durch das Fehlen einer eigenen sozial- und pensionsrechtlichen Absicherung des bzw. der nicht berufstätigen Ehepartners oder Ehepartnerin sowie die Beibehaltung der Mitwirkungs­pflicht im Betrieb des Ehepartners ohne sozial- und arbeitsrechtliche Absicherung  – beide trifft in erster Linie Frauen  – wird auch weiterhin ein quasi Eigentumsdenken in ehelichen Beziehungen zum Ausdruck gebracht, das aus der Sicht der Liberalen inakzeptabel ist.

 

Wenn auch einzelne Bestimmungen eine Verbesserung zum gegenwärtigen Zustand darstellen, hat dennoch das Eherechtsänderungsgesetz eine staatlich bevormundende und frauenfeindliche Philosophie behalten. Da es sich dabei um einen sehr prinzipiellen und grundlegenden Auffassungsunterschied zwischen Regierungsvorlage und liberaler Zielsetzung handelt, wurde von der Möglichkeit einer abweichenden Stellungnahme Gebrauch gemacht.