1977 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Umweltausschusses


über den Entschließungsantrag 718/A(E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genos­sen betreffend die Schaffung einer europäischen Atomhaftungsrichtlinie

Die Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 25. März 1998 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Auch nach ersten Schritten einer europaweiten Liberalisierung sind die Energiemärkte noch immer von starken Verzerrungen des Preisgefüges gekennzeichnet. Nachdem die Probleme im Zusammenhang mit staatlichen Interventionen und monopolistischen Strukturen erkannt und deren Beseitigung durch erste Maßnahmen der Marktöffnung in Angriff genommen wurden, harrt das Problem der fehlenden Kosten­wahrheit bei der Gewinnung, dem Transport und der Verwendung von Energieträgern und elektrischer Energie weiterhin einer Lösung.

Da der politische Handlungsspielraum, externe Energiekosten auf einzelstaatlicher Ebene zu internali­sieren, innerhalb der Europäischen Union stark begrenzt ist, ergibt sich in diesem Bereich ein eindeutiger Handlungsbedarf der Organe der Europäischen Union.

Neben den externen Kosten fossiler Energieträger sind bislang vor allem die Kosten der Stillegung (Dekommissionierung), Endlagerung und Risikoabdeckung in den betriebswirtschaftlichen Kalkulationen nukleartechnischer Anlagen unberücksichtigt geblieben. Insbesondere die wirtschaftlichen Folgen mög­licher atomarer Unfälle schlagen auf Grund unzureichender Haftungsbestimmungen bei weitem nicht ausreichend zu Buche.

Aus diesem Grund werden Investitionsentscheidungen, da betriebswirtschaftlich gesehen rentabel, jedoch volkswirtschaftlichen Interessen widersprechend, systematisch zugunsten des Betriebs nukleartechnischer Anlagen gefällt. Neben dem Problem der wirtschaftlichen Begünstigung von Atomkraftwerken durch Überwälzen der Risikokosten auf die Allgemeinheit besteht für etwaige Geschädigte europaweit keine ausreichende Möglichkeit der finanziellen Entschädigung.”

Der Umweltausschuß hat den vorliegenden Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 10. Juni 1999 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller, Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, DDr. Friedrich König und Anna Elisabeth Aumayr.

Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Mag. Thomas Barmüller und Mag. Gabriela Moser brachten einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag in der Fassung des Abänderungsantrags einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 1999 06 10

                         Mag. Thomas Barmüller                                                    Mag. Karl Schweitzer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Entschließung

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, das Bundesministerium für Justiz, das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie werden ersucht, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die Grundbausteine für ein europäisches Atomhaftungsregime erstellen soll, und innerhalb der Europäischen Union die Erarbeitung eines Richtlinienentwurfes voranzutreiben. Diese Regelung soll geeignet sein, im Sinne einer Gefährdungshaftung mittels verpflichtender Haftungsvorsorge die Bereitstellung einer dem Risiko nuklearer Anlagen und radioaktiver Transporte angemessenen, unbeschränkten Haftungssumme zu gewährleisten und die Solidarhaftung vorzusehen sowie die Frage der Kanalisation der Haftung im Interesse potentiell Geschädigter zu regeln. Dem Nationalrat soll bis 31. Dezember 1999 darüber berichtet werden.